Unterernährtes Rotwild
onlineurteile.de - Der Jäger hatte das seit 80 Jahren bestehende Wildgehege 2004 übernommen. Dort bietet er Praxiskurse für Jagdschüler an und schießt im Herbst Jungtiere zum Fleischverkauf. Dafür liegt eine Schießerlaubnis vor. Waldspaziergänger meldeten im Sommer 2021 dem Veterinäramt des Landkreises, die Tiere hätten zu wenig Futter. Zu diesem Zeitpunkt bestand die Herde aus einem Hirsch, elf Hirschkühen und elf Kälbern.
Behördenmitarbeiter kontrollierten das Gehege und stellten fest: Das Rotwild verfügte nur über 0,5 Hektar Fläche, viel zu wenig. Das Gehege war völlig abgeweidet, die Tiere fanden kein Gras mehr, am Futterplatz lagen klägliche Reste von Heu. Die Tiere riefen laut und begannen das von den Kontrolleuren mitgebrachte Futter gierig zu fressen. Fotos zeigten abgemagerte, halb verhungerte Tiere. Der Jäger wurde aufgefordert, das Gehege zu vergrößern und das Wild ausreichend zu füttern.
In Bezug auf das Gehege berief er sich auf Bestandsschutz: So klein sei es ja nun schon seit 80 Jahren Sein Versprechen, das Wild wie gefordert so zuzufüttern, dass es den ganzen Tag über kontinuierlich Nahrung aufnehmen könne, hielt der Jäger nicht: Immer wieder fanden die Kontrolleure Brachland, leere Heuraufen und auffällig rufende Tiere vor, deren Rippen man zählen konnte.
Wegen massiver Verstöße gegen den Tierschutz ordnete das Veterinäramt an, der Jäger müsse den Wildbestand auflösen. Dagegen wehrte sich der Mann: Er benötige das Gehege, um seine wirtschaftliche Existenz zu sichern. Schon jetzt führe er dort Seminare durch, wolle bald eine Jagdschule gründen Seine Klage gegen die Anordnung scheiterte jedoch beim Verwaltungsgericht (VG) München (M 23 K 21.5170).
Die einschlägige Fachliteratur zur artgerechten Haltung von Rotwild gehe von einer Mindestgröße des Geheges von zwei Hektar aus, stellte das VG fest. Für jedes erwachsene Tier mit Nachzucht müssten mindestens 2.000 Quadratmeter zur Verfügung stehen. Es sei zudem das Grundprinzip landwirtschaftlicher Haltung von Rotwild, dass es sich von der Vegetation im Gehege ernähren könne. Das sei in dem abgeweideten, zu Brachland verkommenen Gehege unmöglich.
Dort könne die Herde ihren Nahrungsbedarf weder jetzt, noch künftig mit natürlich wachsendem Futter decken: Das Gehege wäre selbst dann noch zu klein, wenn der Jäger die Hälfte der Tiere abschießen würde. Es gebe daher kein milderes Mittel als die Auflösung der Herde, um den Missstand zu beheben. Auf Bestandsschutz könne sich der Jäger nicht berufen, um Tierschutz-Vorschriften auszuhebeln. Als Besitzer der Herde könne er sie entweder verkaufen oder sie woanders artgerecht unterbringen.