Streit um Omas Erbe zu befürchten?
onlineurteile.de - 2021 war Frau W gestorben. Im Testament hatte sie ihre verheiratete Tochter als Haupterbin eingesetzt. Deren Töchter und Enkelinnen von Frau W sollten — abhängig vom noch zu taxierenden Wert des hinterlassenen Gesamtvermögens — Wertpapiere im Wert von 200.000 Euro erben, eventuell auch mehr.
Darin sah das Familiengericht eine mögliche Interessenkollision: Je nach Auslegung des Testaments könne sich eine unterschiedliche Höhe der Zuwendungen an die minderjährigen Kinder und an die Mutter, die Haupterbin, ergeben. Das Gericht entzog deshalb den Eltern — nur in Bezug auf das Erbverfahren — das Sorgerecht für die Töchter und übertrug es einer Anwältin (als so genannte Ergänzungspflegerin).
Dagegen legten die Eltern Rechtsbeschwerde ein: Sie würden das Erbe der Oma selbstverständlich entsprechend der für die Enkelinnen günstigsten Auslegung aufteilen. Davon war auch das Oberlandesgericht Nürnberg überzeugt und hob den Beschluss des Familiengerichts auf (7 WF 434/22).
Zwar sei es zu Recht von einem Interessengegensatz ausgegangen, da die Höhen des jeweiligen Anteils am Erbe voneinander abhängig seien. In so einem Fall müsse man aber darüber hinaus auch prüfen, ob die Gefahr bestehe, dass die sorgeberechtigten Eltern deshalb das Kindesinteresse vernachlässigen könnten.
Wenn zu erwarten sei, dass Eltern trotz des Interessengegensatzes im Interesse der Kinder handelten, gebe es keinen Grund, warum sie die Kinder im Erbverfahren nicht vertreten sollten. Dass Eltern im Interesse der Kinder handelten, sei die Regel und nach den Ausführungen der Eltern vor Gericht auch im konkreten Fall anzunehmen.
Außerdem sei es Sache des Nachlassgerichts und nicht der Erben, das Testament auszulegen und damit dessen rechtlich geltenden Inhalt festzustellen. Die Anhörung der Erben vor Gericht werde die Entscheidung des Nachlassgerichts nur geringfügig beeinflussen. Auch deshalb sei es unverhältnismäßig, den Eltern in Bezug auf das Erbscheinverfahren das Sorgerecht zu entziehen.