Risikoaufklärung vor der Augen-OP

Ist umstritten, wie sich der richtig informierte Patient entschieden hätte, muss ihn das Gericht dazu anhören

onlineurteile.de - Ein Patient hatte sich einer Laser-Behandlung unterzogen, um seine Kurzsichtigkeit zu beheben. Der Augenarzt hatte ihn über die Risiken der LASIK-Behandlung aufgeklärt, bei der mit dem Laser Gewebe im Inneren der Augenhornhaut abgetragen wird. Bei dem Eingriff in Vollnarkose traten Probleme auf, weshalb der Arzt eine andere Laser-Technik wählte (Photoreaktive EXCIMER-Behandlung = PRK, bei der Hornhautschichten an der Oberfläche abgetragen werden).

Über die Risiken dieser zweiten Operationstechnik war der Patient allerdings nicht informiert worden. Er klagte anschließend über Sehstörungen und Augentrockenheit, die er auf den Eingriff zurückführte. Eine Korrektur-Operation verbesserte die Beschwerden nicht. Schließlich verlangte der Patient vom Augenarzt Schmerzensgeld, weil er seine Aufklärungspflicht verletzt habe.

Anspruch auf Entschädigung besteht in so einem Fall jedoch nur, wenn Patienten plausibel darlegen, dass sie sich bei korrekter Aufklärung gegen die Operation entschieden hätten oder zumindest in einen Entscheidungskonflikt geraten wären.

Im konkreten Fall sei dies dem Patienten schon in seinen Schriftsätzen nicht gelungen, fand das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg. Es wies die Klage ab, ohne den Kläger persönlich dazu anzuhören: Der Augenarzt könne sich auf eine "hypothetische Einwilligung" berufen — d.h. es sei davon auszugehen, dass der Patient dem Eingriff in jedem Fall zugestimmt hätte, so die Begründung des OLG.

Gegen das Urteil wehrte sich der Mann mit Erfolg. Der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit ans OLG zurück (VI ZR 310/21). Wenn die äußeren Umstände der Aufklärung und der tatsächlichen Entscheidungssituation des Patienten so umstritten seien wie hier, dürfe ein Gericht über den Fall nicht entscheiden, ohne den Patienten dazu persönlich anzuhören.

Dem Kläger die Anhörung zu verweigern, verstoße gegen seinen Anspruch auf "rechtliches Gehör". Er müsse Gelegenheit bekommen zu erläutern, wie er sich bei ausreichender Aufklärung über das Operationsrisiko entschieden hätte. Nur so könne das Gericht seine Motive verstehen.

Offen geblieben sei auch die Frage, wie eine vollständige Aufklärung hier hätte aussehen sollen. Müssten Augenärzte prinzipiell über beide Techniken aufklären? Damit habe sich das OLG nicht befasst.