Kampfflugzeug erschreckt Dressurpferd

Hengst stürzt in der Box: BRD haftet zu 80 Prozent für die Folgen eines Tornado-Tiefflugs

onlineurteile.de - Der Überflug eines Tornado-Kampfflugzeugs wurde im Januar 2020 einem Dressurhengst zum Verhängnis, der auf einem niedersächsischen Reiterhof in seiner Pferdebox stand. Das Pferd geriet durch den plötzlichen Fluglärm so in Panik, dass es in der Box wild um sich schlug, stürzte und ein Beckentrauma erlitt. Die Verletzung war derart schwerwiegend, dass der Hengst dauerhaft reituntauglich blieb.

Die Reiterin forderte von der Bundesrepublik Deutschland als Flugzeughalterin und Dienstherrin des Piloten Schadenersatz. Das Landgericht Verden ging von einem Minderwert des Pferdes von 30.000 Euro aus und verurteilte die Bundesrepublik dazu, 80 Prozent des Schadens auszugleichen. Das Oberlandesgericht (OLG) Celle wies die Forderung der Reiterin nach einer günstigeren Haftungsquote zurück (14 U 114/22).

Das Landgericht habe ihren Anspruch um 20 Prozent gemindert, so das OLG, weil das für Tiere typische, unberechenbare Verhalten des Pferdes zu dem Unfall beigetragen habe. Vom Fluglärm abgesehen, sei niemand sonst am Unfall beteiligt gewesen. Das Pferd habe den Lärm nicht "einordnen" können, obwohl in dem Gebiet öfter Tiefflüge durchgeführt werden. Durch das Geräusch total erschreckt, habe sich der Hengst unkontrolliert in der Box bewegt und so selbst den Sturz mit-ausgelöst. Zusätzlich habe sich das Eigengewicht des Pferdes ausgewirkt und die Sturzfolgen verschlimmert.

Mit dem Ausgleich von 80 Prozent des Wertverlustes sei der Tiefflug als Unfallursache angemessen berücksichtigt. Ein Mitverschulden des Piloten durch einen zu niedrigen und damit besonders lauten Überflug sei nicht bewiesen. Allein der Umstand, dass der Tornado (nach den Radardaten der Bundeswehr) ca. 20 Meter tiefer geflogen sei als angemeldet, begründe nicht den Vorwurf fahrlässigen Verschuldens. Das sei bei derartigen Flugmanövern im "Messtoleranzrahmen".

Dass die Reiterin den Hengst eineinhalb Jahre später aufgrund von Koliken einschläfern lassen musste, hänge nicht mit dem Unfall zusammen. Und auch ihre Entscheidung, das Pferd weiterhin zu halten, obwohl schon kurz nach dem Sturz feststand, dass es irreversibel lahmte, könne sie nicht der Bundesrepublik anlasten.