Die Tochter soll das Haus bekommen

Ist sie damit als Erbin eingesetzt oder gilt nach dem Tod des Vaters die gesetzliche Erbfolge?

onlineurteile.de - 2019 verfasste ein Ehepaar ein gemeinschaftliches Testament. Demnach sollten "Wohnhaus und Grundstück" nach dem Tod des länger lebenden Partners als "Erbe" an die gemeinsame Tochter und den Enkel gehen: Es sei ihr "Wunsch, dass das Haus in der Familie verbleibt und nicht verkauft wird", schrieben die Eheleute. Als der Ehemann starb, erteilte das Nachlassgericht der Witwe einen Alleinerbschein. Es nahm an, dass sich die Ehegatten im Testament gegenseitig zu Alleinerben einsetzen wollten.

Damit war der Sohn des Ehepaares nicht einverstanden. Er pochte auf seinen Anteil am Vermögen: Neben der Immobilie im Wert von ca. 500.000 Euro besaßen die Eheleute auch ein Sparvermögen von 250.000 Euro. Weder die Mutter, noch die Schwester seien als Alleinerben eingesetzt worden, meinte der Sohn: Nach dem Tod des Vaters gelte vielmehr die gesetzliche Erbfolge. Er beantragte einen Erbschein, der die Mutter zur Hälfte als Erbin auswies und die drei Kinder als Erben von jeweils einem Sechstel des Vermögens.

Das Oberlandesgericht Brandenburg gab ihm Recht (3 W 67/22). Dem Testament sei nicht zu entnehmen, dass sich die Eheleute gegenseitig als Alleinerben eingesetzt hätten. Was mit dem Nachlass nach dem ersten Todesfall geschehen solle, sei überhaupt nicht geregelt. Das Ehepaar habe sich bewusst dafür entschieden, nur eine Regelung zu "Haus und Grundstück" zu treffen, anstatt das Vermögen erschöpfend aufzuteilen.

Den Eheleuten sei klar gewesen, dass sie im Testament nur über einen Teil ihres Vermögens verfügten. Dass sie das Haus als "Erbe" bezeichneten, ändere daran nichts: Nicht die gewählten Worte, sondern der sachliche Inhalt des Testaments sei entscheidend — zumal juristischen Laien der Unterschied zwischen vererben und "etwas vermachen" meist nicht geläufig sei. Offenkundig wünschten die Verfasser des Testaments nur, dass nach dem Tod beider Partner die Tochter und der Enkel das Haus bekommen sollten.

Diese Verfügung stelle aber keine Erbeinsetzung in Bezug auf den gesamten Nachlass dar, dessen Wert den des Hausgrundstücks allein weit übersteige. Erben des gesamten Nachlasses — und Rechtsnachfolger des Ehepaares — sollten die Tochter und der Enkel gerade nicht werden. In Bezug auf das Sparvermögen gelte die gesetzliche Erbfolge.