20 Stunden Flugverspätung

Eine Fluggesellschaft muss alles Zumutbare tun, um für Ersatzbeförderung zu sorgen

onlineurteile.de - Kuba-Urlauber - ein Ehepaar mit zwei Kindern - hatten einen Rückflug von Santa Clara nach München gebucht. Da ein Unwetter den Flughafen von Santa Clara zerstörte, wurde die Familie auf einen Ersatzflug umgebucht, der in Varadero startete. Diesen Flug verzögerte jedoch ein medizinischer Notfall: Die Ersatzmaschine musste wegen eines anderen Passagiers außerplanmäßig in Florida zwischenlanden.

Dort wurde das Flugzeug überprüft, anschließend musste die Crew eine vorgeschriebene Ruhepause einhalten. Schließlich landete die Familie mit über 20 Stunden Verspätung in München. Der Familienvater forderte von der Fluggesellschaft 2.400 Euro Ausgleichszahlung.

Das Landgericht Landshut wies seine Klage ab: Wenn ein Fluggast lebensbedrohlich erkranke, müsse die Maschine (not-)landen. Das sei — ebenso wie das Unwetter auf Cuba — ein außergewöhnlicher Umstand, der laut EU-Fluggastrechte-Verordnung die Fluggesellschaft von der Pflicht befreie, die Passagiere für eine erhebliche Verspätung zu entschädigen. Sie habe die Verzögerung nicht verhindern können. In so einem Fall könne man von der Airline auch nicht verlangen, allen Fluggästen umgehend eine Ersatzbeförderung anzubieten.

Ob ein Ersatzflug möglich gewesen wäre, sei unklar, betonte dagegen der Bundesgerichtshof: Denn dazu habe das Flugunternehmen nichts vorgetragen - das sei aber keineswegs entbehrlich (X ZR 97/21). Zweifellos sei die Airline nicht für Unwetter oder den Notfall verantwortlich. Die Ausgleichszahlung bleibe ihr trotzdem nur erspart, wenn eine Ersatzbeförderung unmöglich gewesen sei. Denn Fluggesellschaften müssten im Interesse der Passagiere alles Zumutbare versuchen, um eine Flugannullierung oder eine erhebliche Verspätung zu vermeiden.

Welche Maßnahmen zumutbar seien, hänge von den Umständen im Einzelfall ab. Wenn es einen früheren Flug nach München gab — durchgeführt von der betroffenen Fluggesellschaft selbst oder von einem anderen Unternehmen —, hätte die Airline den Fluggästen diesen Flug anbieten müssen. Es sei denn, so ein Angebot hätte für sie angesichts ihrer Kapazitäten an diesem Tag und an diesem Ort ein untragbares Opfer dargestellt. Das Landgericht müsse sich nochmals mit dem Rechtsstreit befassen und aufklären, ob das der Fall gewesen sei.