Ein Auto war vom Gelände einer Autowerkstatt verschwunden. Als der Autobesitzer der Kfz-Versicherung den Verlust meldete, bestritt diese zunächst den Diebstahl: Der Versicherungsnehmer täusche den Versicherungsfall nur vor. Im Prozess vor dem Landgericht Leipzig bestätigten Zeugen jedoch seine Aussagen. Eine Freundin war dabei, als das Fahrzeug im Hof der Werkstatt abgestellt wurde. Und der Werkstattinhaber hatte den Wagen, den er reparieren sollte, am nächsten Tag nicht auf dem Gelände vorgefunden.
"Nach der Lebenserfahrung" steht damit für die Justiz fest, dass der Wagen gestohlen wurde. Das Landgericht urteilte aber, dass die Kfz-Versicherung aus einem anderen Grund den Verlust nicht ersetzen muss: Der Versicherungsnehmer habe nämlich seine Aufklärungspflicht verletzt, indem er in der Schadenanzeige Vorschäden verschwiegen und die Laufleistung des Wagens zu niedrig angegeben habe. So habe er den Wert des Wagens "schöngerechnet", um mehr Schadenersatz herauszuschlagen.
Der Autobesitzer legte gegen das Urteil Berufung ein und hatte beim Oberlandesgericht (OLG) Dresden Erfolg (4 U 1399/18). Über die Vandalismusschäden an Lack und Stoßfängern, die in der Werkstatt repariert werden sollten, habe die Kaskoversicherung aufgrund eines Schadensgutachtens Bescheid gewusst.
Was die Laufleistung betreffe: Nach den Inspektionsunterlagen habe der Wagen im April 2017 104.000 km auf dem Tacho gehabt. In der Schadenanzeige vom Juli 2017 habe der Versicherungsnehmer erklärt, aktuell seien über 100.000 km "drauf". Vor die Kilometerangabe habe er zudem ein Zeichen mit zwei Schlangenlinien gesetzt. Damit habe er ausreichend deutlich gemacht, dass die Zahl nur geschätzt, also ungenau war.
Ungenaue oder unzulängliche Angaben des Versicherungsnehmers verletzten keine schutzwürdigen Interessen des Versicherers, wenn dieser die wesentlichen Fakten bereits kenne, so das OLG. Dann sei es nicht gerechtfertigt, dem Autobesitzer deshalb die Leistung vorzuenthalten. Die Aufklärungspflicht solle den "Versicherer in die Lage versetzen, sachgemäße Entschlüsse zu fassen". Dazu sei der Versicherer hier aufgrund der ihm vorliegenden Informationen allemal in der Lage gewesen.