Verbraucherschutz

Überhöhte Mahngebühr

Ticketportal darf von verspätet zahlenden Kunden keine 10-Euro-Pauschale verlangen

Das Portal "Ticketbande" bietet auf dem Zweitmarkt Veranstaltungstickets an. Schon 2010 hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) den niederländischen Tickethändler wegen unzulässiger Mahngebühren abgemahnt. Aufgrund einer Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Unternehmens sollten damals verspätet zahlende Kunden für jede Mahnung zehn Euro Säumnisgebühr zahlen, um den "Verzugsschaden" auszugleichen.

Unternehmen dürfen jedoch von Kunden keinen pauschalen Schadenersatz fordern, der höher ist als der voraussichtliche Schaden durch den "Zahlungsverzug". Umgekehrt müssen Verbraucher die Chance bekommen nachzuweisen, dass ein geringerer Schaden entstanden ist. So steht es im Gesetz.

2010 hatte "Ticketbande" auf die Abmahnung des vzbv reagiert und die beanstandete AGB-Klausel gestrichen. 2020 ließ sich der Tickethändler etwas Neues einfallen und verschickte "gebührenpflichtige Mahnungen". Der Rechnungsbetrag enthielt eine Mahngebühr von zehn Euro. Diesmal klagte der vzbv gegen das Vorgehen des Ticketportals und bekam vom Landgericht Erfurt Recht (3 O 489/21).

Der Betreiber des Ticketportals umgehe das Verbot, die Kunden per AGB-Klausel abzukassieren, indem er den betroffenen Kunden mit Mahnschreiben planmäßig und konsequent eine Pauschale von zehn Euro abverlange — ohne Prüfung des Einzelfalls. Überhöhte Mahngebühren, die den Kunden systematisch per Mahnschreiben abgeknöpft werden, seien aber genauso unzulässig wie überhöhte Mahngebühren, die per AGB-Klausel festgelegt werden.

Erfolglos pochte der Tickethändler darauf, dass ihn jedes Mahnverfahren wegen des Arbeitsaufwands tatsächlich zehn Euro koste. Das Einziehen offener Forderungen gehöre zu den normalen kaufmännischen Tätigkeiten, erklärte das Landgericht. Kosten, die über die üblichen Porto- und Papierkosten hinausgingen, habe das Unternehmen nicht belegt. Eine Mahngebühr von zehn Euro dürfe "Ticketbande" künftig nur verlangen, wenn im Einzelfall tatsächlich so hohe Mahnkosten entständen oder wenn diese Pauschale individuell mit Verbrauchern vereinbart worden sei.

Online-Shop wirbt mit fünf Sternen

Wenn für so gekennzeichnete Produkte keine einzige Kundenbewertung vorliegt, ist die Reklame irreführend

Der Verbraucherzentrale Bundesverband beanstandete die Webseite der H-GmbH, die über das Internet Fahrräder und Radzubehör verkauft. Rufen Internetnutzer die Produktkategorie Fahrräder auf, sehen sie zunächst eine Übersichtsseite mit Abbildungen der angebotenen Räder, einige geschmückt mit fünf leuchtend gelben Sternen.

Wer auf ein Angebot klickt, bekommt auf der Produktseite die Sterne wieder angezeigt, allerdings mit dem Zusatz "(0)". Der Zusatz Null bezieht sich auf die abgegebenen Kundenbewertungen. Mit guten Augen kann man unten auf der Seite unter der Überschrift "Kundenbewertungen" den kleingedruckten Hinweis lesen: "Leider ist noch kein Eintrag vorhanden."

Die Reklame mit den fünf Sternen tue so, als wären die Räder von Käufern erprobt und gelobt worden, stellten die Verbraucherschützer fest. Da tatsächlich keine Kundenbewertung vorliege, täusche die Werbung die Verbraucher. Der Verband klagte auf Unterlassung und bekam vom Landgericht Berlin Recht (16 O 139/21). Für ein Produkt, für das noch keine Kundenbewertung abgegeben wurde, dürften Online-Shops nicht mit Sternen werben: Das sei irreführend.

Üblicherweise repräsentierten "fünf Sterne" sehr positive Kundenbewertungen, so das Landgericht. Daher fassten Verbraucher die Sterne neben der Abbildung so auf, als wären Käufer mit diesem Rad äußerst zufrieden gewesen. Interessenten würden so dazu verlockt, sich näher mit den Informationen zu dem anscheinend als "sehr gut" beurteilten Produkt zu befassen.

Der falsche Eindruck werde durch den Hinweis auf der folgenden Seite mit den Produktdetails nicht "ausgebügelt". Denn es sei kaum anzunehmen, dass potenzielle Käufer, die wegen der Sterne-Auszeichnung auf der Übersichtsseite das angebliche Spitzenprodukt anklickten, sich auf der folgenden Seite nochmals mit den Sternen beschäftigten. Obendrein seien der Zusatz "(0)" hinter den Sternen und der Hinweis auf fehlende Kundenbewertungen so unauffällig klein, dass man sie sehr leicht übersehen könne.

"Fake-Vertrag" nach Identitätsdiebstahl

Inkassounternehmen will Geld für einen Mobilfunkvertrag eintreiben, den die Betroffene nicht abgeschlossen hatte

Böse Überraschung im Briefkasten: Frau H erhielt ein Schreiben von einem Inkassounternehmen. Darin wurde sie aufgefordert, für einen im November 2017 abgeschlossenen Mobilfunkvertrag 650 Euro zu zahlen. Allerdings hatte die Frau diesen Vertrag nicht selbst geschlossen — eine andere Person hatte beim Mobilfunkanbieter ihre Daten angegeben.

Frau H war das Opfer eines Identitätsdiebstahls geworden. Leistungen vom Mobilfunkunternehmen (z.B. eine SIM-Karte) hatte sie nie erhalten. Deshalb bat sie einen Verbraucherschutzverband um Hilfe. Der Verband mahnte zunächst das Inkassounternehmen wegen unlauterer Geschäftspraktiken ab. Als die Abmahnung erfolglos blieb, zogen die Verbraucherschützer vor Gericht.

Die Inkassofirma dürfe keine Forderungen erheben, denen kein Vertragsverhältnis zugrunde liege, erklärte der Verband. Das seien unlautere Geschäftsmethoden. So sah es auch der Bundesgerichtshof: Die Zahlungsaufforderung sei unlauter und gegenstandslos, da die Behauptung der Inkassofirma falsch sei, Frau H habe einen Mobilfunkvertrag geschlossen (I ZR 17/21).

Solche unbegründeten Forderungsschreiben könnten die betroffenen Adressaten in die Irre führen. Da per Telefon oder per Klick im Internet schnell mal ein Vertrag geschlossen sei, manchmal auch unfreiwillig, könnten sich auch verständige Durchschnittsverbraucher von solchen Forderungen täuschen lassen. Wer davon ausgehe, versehentlich einem Vertrag zugestimmt zu haben, werde wahrscheinlich der Zahlungsaufforderung nachkommen und die vermeintliche "Schuld" begleichen.

Negativer SCHUFA-Eintrag

Erfolgt ein Eintrag rechtswidrig, muss der Landesdatenschutzbeauftragte auf dessen Löschung "hinwirken"

Ein Bankkunde steckte tief im "Minus". Die Bank kündigte sein Kreditkartenkonto und beauftragte ein Inkassounternehmen damit, die Schulden einzutreiben. Das Unternehmen vereinbarte mit dem Schuldner mündlich, dass er sie in Raten zurückzahlen könne. Das funktionierte einwandfrei.

Doch vorher hatte das Inkassounternehmen die Zahlungsschwierigkeiten des Bankkunden der Wirtschaftsauskunftei SCHUFA gemeldet. Die bewertete deshalb die Bonität des Mannes negativ — was bei Vertragsschlüssen aller Art zu Problemen führen kann. Da er seine Schulden tilgte, widerrief zwar das Inkassounternehmen die Meldung gegenüber der SCHUFA. Aber die Auskunftei löschte den Negativeintrag nicht.

Nun wandte sich der Bankkunde an den Datenschutzbeauftragten des Bundeslandes Hessen und forderte ihn auf, gegen den rechtswidrigen Eintrag vorzugehen. Das gehöre nicht zu seinen Aufgaben, erklärte der Datenschutzbeauftragte.

Das Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden sah das allerdings anders: Als Datenschutzbeauftragter sei er sozusagen die Aufsichtsbehörde der SCHUFA und müsse sich für die Löschung des Negativeintrags einsetzen (6 K 549/21).

Darauf habe der Bankkunde Anspruch, wenn die Daten rechtswidrig gespeichert wurden. Zweifelhaft sei schon, ob das Inkassounternehmen der Wirtschaftsauskunftei den Vorgang überhaupt melden durfte, erklärte das VG, denn die Bank habe das Unternehmen mit der Meldung nicht beauftragt. Auf alle Fälle sei der Eintrag aber rechtswidrig erfolgt, weil der Kunde mit dem Inkassounternehmen Ratenzahlung vereinbart habe.

So eine Vereinbarung führe zu einem Zahlungsaufschub, die Forderung sei also nicht mehr fällig gewesen. Halte sich der Schuldner an die Abrede und tilge seine Schulden, gelte die Vereinbarung sogar dann, wenn sie nur mündlich (und damit im Grunde unwirksam) getroffen wurde. Sei eine Forderung nicht mehr fällig, stelle ein Negativeintrag von Seiten der SCHUFA eine unrechtmäßige Datenverarbeitung dar.

"Zahnarztpraxis für Kieferorthopädie"

Wer kieferorthopädische Leistungen ohne Fachzahnarzt-Prüfung anbietet, muss in der Reklame darauf hinweisen

Die regionale Zahnärztekammer rügte den Internetauftritt eines niedergelassenen Zahnarztes als irreführend. Er hat in Österreich eine Zusatzausbildung absolviert und den Titel "Master of Science Kieferorthopädie (MSC)" erworben. Seither erbringt er in seiner Praxis schwerpunktmäßig kieferorthopädische Leistungen.

Die dreijährige Weiterbildung zum Fachzahnarzt für Kieferorthopädie hat er jedoch nicht durchlaufen. Deshalb dürfe er im Internet nicht mit Angaben wie "Zahnarztpraxis für Kieferorthopädie" oder "Kieferorthopädie in der …-Straße" werben, forderte die Zahnärztekammer.

Dass solche Angaben bei Patienten die falsche Vorstellung erwecken, der Mediziner sei Fachzahnarzt für Kieferorthopädie, konnte sich das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf nicht vorstellen: Dem durchschnittlich informierten Verbraucher sei bekannt, dass Zahnärzte kieferorthopädische Leistungen auch ohne die Zusatzqualifikation "Fachzahnarzt für Kieferorthopädie" durchführen dürften, meinte das OLG.

Diese Aussage widerspreche jeder Erfahrung, erklärte jedoch der Bundesgerichtshof (I ZR 114/20). In der Regel wüssten Patienten nicht viel über berufsrechtliche Regelungen für Ärzte. Dass das für Ärzte bestehende Verbot, außerhalb ihres Fachgebiets tätig zu werden, für Zahnärzte nicht gelte, dürfte wohl den meisten Patienten unbekannt sein.

Bei der Angabe "Zahnarztpraxis für Kieferorthopädie" im Internet gingen sie daher ohne Weiteres davon aus, es mit einem Fachzahnarzt zu tun zu haben, der eine entsprechende Prüfung bestanden habe.

Unstreitig biete der Zahnarzt seit Jahren kieferorthopädische Leistungen an, die Angabe sei also zutreffend. Aber auch eine objektiv richtige Angabe könne irreführend sein, wenn sie bei Verbrauchern zu einer falschen Vorstellung führe. Diese Vorstellung könne zudem die Entscheidung von Patienten, ob sie sich in dieser Praxis behandeln lassen, beeinflussen. Denn mit dem Titel "Fachzahnarzt" verbänden die meisten Menschen besondere Kompetenz.

Daher müsse der Zahnarzt mit aufklärenden Hinweisen dafür sorgen, dass bei den Patienten kein Irrtum aufkomme. Er könne z.B. seinen richtigen Titel nennen, auf die Art der erworbenen Zusatzqualifikation und seine praktischen Erfahrungen verweisen.

Vodafone‘s "Selbstzahlerpauschale" ist unzulässig

Kurzartikel

Damit die Kunden möglichst ihre Rechnungen per Bankeinzug beglichen, forderte Vodafone Kabel Deutschland eine so genannte "Selbstzahlerpauschale" von 2,50 Euro, wenn Kunden ihre Rechnungen stattdessen mit SEPA-Überweisung bezahlten. Diese Praxis ist seit Januar 2018 unzulässig. Zwar galt die Regelung von Vodafone nur für ältere Verträge, doch der EuGH stellte nun eindeutig klar: Jede Extra-Gebühr für bestimmte Arten der Zahlung ist verboten - unabhängig davon, wann der Vertrag abgeschlossen wurde.

Klagen gegen Negativzinsen

Verbraucherschützer wollen klären lassen, ob Kreditinstitute Verwahrentgelt für Kontoguthaben verlangen dürfen

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat an mehreren Gerichten Klage gegen unterschiedliche Kreditinstitute eingereicht, die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ein "Verwahrentgelt" für Geld auf Girokonten und Tagesgeldkonten vorsehen. Darunter die Sparda-Bank Berlin, die seit August 2020 entsprechende Klauseln in ihr Preisverzeichnis aufgenommen hat.

Seither verlangt die Bank ein Entgelt von 0,5 Prozent pro Jahr für Einlagen auf Girokonten, die höher sind als 25.000 Euro. Auf Tagesgeldkonten liegt die Grenze bei Guthaben über 50.000 Euro. Die Bankkunden zahlen seither auf einen Teil ihres Kontoguthabens Negativzinsen.

Im Verfahren gegen die Sparda-Bank Berlin setzte sich der vzbv schon mal durch: Das Landgericht Berlin erklärte die einschlägigen AGB-Klauseln für unzulässig (16 O 43/21).

Einlagen auf dem Girokonto seien keine "Sonderleistung" der Bank, für die Kreditinstitute eine Extra-Gebühr berechnen dürften, so das Landgericht: Ohne Geld dort zu verwahren, könne man ein Girokonto schlicht und einfach nicht führen. Das Verwahrentgelt verstoße daher gegen den gesetzlichen Grundgedanken "Leistung gegen Gegenleistung". Und zwar auch dann, wenn die Bank keine Gebühr für die Kontoführung kassiere.

Rechtlich gesehen seien Banken die Darlehensnehmer des Guthabens, das Kunden auf ihren Konten hätten. Und als Darlehensnehmer seien sie zur Zinszahlung verpflichtet. Der Zinssatz auf Einlagen dürfe höchstens auf Null sinken, aber nicht ins Minus abdriften. Dem Bankkunden müsse zumindest der eingezahlte Betrag bleiben. Daran ändere auch die Niedrigzins-Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) nichts, mit der das Verwahrentgelt gerechtfertigt werde. (Abgesehen davon, hätten Banken bei der EZB Freibeträge für geparktes Geld … so horrend seien ihre eigenen Negativzinsen also auch wieder nicht.)

Die Sparda-Bank müsse den betroffenen Kunden die unrechtmäßig kassierten Entgelte unaufgefordert zurückzahlen, entschied das Landgericht. Damit dies überprüft werden könne, müsse die Bank die Kundendaten dem vzbv oder Personen übermitteln, die von Berufs wegen zur Verschwiegenheit verpflichtet seien (Notare, Anwälte).

"Kalorienschönrechnerei" bei Dr. Oetker?

Nährwertangaben auf Verpackungen müssen "einfach und leicht verständlich" sein

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) zog gegen Lebensmittelhersteller Dr. Oetker vor Gericht. Bei dem Streit ging es um das Müsli "Vitalis Knuspermüsli Schoko & Keks", genauer: um die Nährwertangaben auf der Vorderseite der Müsli-Verpackung.

Die angegebenen Mengen an Fett, gesättigten Fettsäuren, an Zucker und Salz beziehen sich erstens nur auf eine 40-Gramm-Portion Müsli. Zweitens stimmen sie nur, wenn Verbraucher diese kleine Portion mit 60 Milliliter Milch (Fettgehalt 1,5%) aufgießen. Das sei "Kalorienschönrechnerei", so der Vorwurf des vzbv. Damit täusche der Lebensmittelhersteller die Verbraucher darüber, was sie tatsächlich konsumierten.

Auch der vom Bundesgerichtshof zu dem Rechtsstreit befragte Europäische Gerichtshof (EuGH) verlangte mehr Klarheit (C-388/20). Nährwertangaben auf Lebensmittelverpackungen dürften sich nicht auf spezielle Zubereitungsarten beziehen, so der EuGH. Sie müssten einfach und verständlich sein sowie den Vergleich von Lebensmitteln erleichtern, anstatt die Verbraucher zu verwirren.

Die Kalorienangabe auf dem Müsli sei verwirrend, weil sie nur zutreffe, wenn es mit fettarmer Milch zubereitet werde. Müsli könne man aber auch mit Vollmilch, mit Joghurt, Quark, Fruchtsäften oder Früchten mischen. Dann nehme der Verbraucher wesentlich mehr Kalorien zu sich. Dazu komme, dass an anderer Stelle auf der Verpackung Werte genannt würden, die Verbraucher mit jeweils 100 Gramm Müsli konsumierten.

Kündigung im Fitnessstudio

Wer trotz einer chronischen Erkrankung einen Fitnessstudio-Vertrag schließt, ist daran gebunden

Im April 2019 hatte eine Frau für die Dauer von zwei Jahren einen Vertrag mit einem Fitnessstudio geschlossen. Im Februar 2020 kündigte sie den Vertrag mit der Begründung, sie könne aus gesundheitlichen Gründen keinen Sport mehr treiben. Die Kundin legte dem Schreiben ein ärztliches Attest bei: Frau X leide unter einer chronischen orthopädischen Erkrankung (rezidivierendes Wirbelsäulenleiden), hieß es darin. Diese schließe ein weiteres Training im Studio aus.

Das Attest sei nichtssagend, erklärte der Studioinhaber. Außerdem hätte die Kundin trotz der behaupteten Einschränkungen — oder gerade deshalb — sein Rückenfitnesszentrum nützen können. Die Kündigung sei unwirksam. Frau X schulde ihm auch für das Jahr 2020 das vereinbarte Entgelt. Wegen der behördlich verfügten Schließungen im Lockdown verlängere sich zudem die Vertragsdauer um ca. neun Monate.

Im ersten Punkt gab das Amtsgericht Singen dem Studioinhaber Recht (30 C 57/20). Frau X dürfe den Vertrag nicht vorzeitig auflösen. Laut Attest sei ihr Rückenleiden "chronisch" und "wiederkehrend" (rezidivierend). Werde eine Krankheit so gekennzeichnet, sei sie nicht 2020 plötzlich aufgetreten.

Die Kundin habe sich trotz einer chronischen Vorerkrankung für die Dauer von zwei Jahren vertraglich gebunden. Dann könne sie aber nicht mit eben dieser Vorerkrankung eine vorzeitige Kündigung des Vertrags begründen. Daher gelte der Fitnessstudiovertrag wie vorgesehen bis zum 31.3.2021. Dem Studioinhaber stehe somit noch eine Zahlung von fast 400 Euro zu.

Weitere Ansprüche könne er aus der — per Corona-Verordnung der Landesregierung Baden-Württembergs angeordneten — Schließung des Studios jedoch nicht ableiten. Frau X schulde ihm für diese Monate kein Entgelt, da sie während des Lockdowns die Geräte nicht fürs Training habe nutzen können. Auch die Vertragslaufzeit verlängere sich wegen der Schließung nicht über die vereinbarte Dauer hinaus.

Zusatzgebühr bei der Online-Flugbuchung

Kunden konnten beim Buchungsportal nur kostenfrei bezahlen, wenn sie die voreingestellte Zahlungsoption anklickten

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen beanstandete die Gestaltung eines Onlineportals für Flugbuchungen. Denn der Betreiber des Portals umging mit einem Trick das Verbot, für die Verwendung üblicher Zahlungsmittel Gebühren zu verlangen.

Und das ging so: Als Zahlungsmittel war auf der Buchungs-Webseite eine Kreditkarte voreingestellt, die vom Portalbetreiber in Zusammenarbeit mit einer Bank kostenlos vertrieben wird. Zahlte der Kunde wie gewünscht mit dieser Karte, bekam er Rabatt in Höhe einer Service-Gebühr. Wer ein anderes Zahlungsmittel nutzte, musste die Gebühr berappen — also fiel der Flugpreis höher aus.

Das Oberlandesgericht Dresden hatte den Verbraucherschützern Recht gegeben: Dieses Vorgehen sei unzulässig. Mithilfe des Umwegs über die Service-Gebühr werde hier für die Nutzung gängiger Zahlungsmittel eine Zusatzgebühr erhoben. So sah es auch der Bundesgerichtshof und wies die Revision des Onlineportals gegen das Urteil des Oberlandesgerichts zurück (X ZR 23/20).

Aus Sicht des Kunden kassiere das Buchungsportal für den Einsatz aller Zahlungsmittel — mit Ausnahme der favorisierten Kreditkarte — ein zusätzliches Entgelt. Der niedrigere Preis beruhe zwar darauf, dass "großzügig" eine vorher aufgeschlagene Service-Gebühr erlassen werde. Das ändere aber nichts daran, dass die Preisdifferenz tatsächlich eine Gebühr für die Nutzung gängiger Zahlungsmittel darstelle. Entscheidend sei der Gesamtpreis. Das Buchungsportal dürfe die Möglichkeit, den Flugpreis kostenlos zu bezahlen, nicht auf die von ihm vertriebene Kreditkarte beschränken, die nicht einmal ein gängiges Zahlungsmittel sei.

Zinsänderungsklausel unwirksam

Erneut streiten Verbraucherschützer mit einer Sparkasse über Prämiensparverträge

Ein Verbraucherschutzverband beanstandete die Vertragsbedingungen einer Sparkasse für ihre Prämiensparverträge. Das Sparguthaben wurde variabel verzinst, ab dem dritten Vertragsjahr zahlte das Kreditinstitut gestaffelt verzinste Prämien. Für den Zinssatz galt folgende Regelung:

"Soweit nichts anderes vereinbart ist, vergütet die Sparkasse dem Kunden den von ihr jeweils durch Aushang im Kassenraum bekannt gegebenen Zinssatz. Für bestehende Spareinlagen tritt eine Änderung des Zinssatzes … mit der Änderung des Aushangs in Kraft …".

Diese Vertragsklausel hielten die Verbraucherschützer für unwirksam. Um die Zinsen für die Sparer besser kalkulierbar zu machen, forderten sie außerdem einen Referenzzinssatz für Prämiensparverträge. Dem Referenzzinssatz müsste der Zins in regelmäßigen Abständen angepasst werden. Mit diesen Forderungen setzte sich der Verband beim Bundesgerichtshof durch (XI ZR 234/20).

Kreditinstitute dürften sich nicht durch Klauseln in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen selbst das Recht einräumen, einseitig die versprochene Leistung zu ändern, erklärten die Bundesrichter. Das gelte jedenfalls dann, wenn die Abweichung für den Vertragspartner unzumutbar sei. Die Zinsänderungsklausel sei unwirksam, weil sich die Sparkasse damit das Recht vorbehalte, den Vertragszinssatz jederzeit per Aushang in ihrem Kassenraum zu ändern. Für die Sparer seien mögliche Zinsänderungen überhaupt nicht kalkulierbar.

Bei Prämiensparverträgen mit langer Laufzeit sei es interessengerecht, als Orientierung für den Zins einen Referenzzinssatz für langfristige Spareinlagen heranzuziehen. Danach könne sich das Oberlandesgericht Dresden richten, das nun einen Referenzzinssatz für Prämiensparverträge festlegen müsse. Da der für "langfristige Spareinlagen in Betracht kommende Referenzzinssatz" in der Zinsstatistik der Deutschen Bundesbank monatlich veröffentlicht werde, sei auch der Zins für Prämiensparverträge monatlich anzupassen.

Lockdown im Fitnessstudio

Studios dürfen die Vertragslaufzeit nicht einseitig um die Dauer des Lockdowns verlängern

Ein Kunde hatte seinen Vertrag mit dem Fitnessstudio VK Bodyfit sogar schon vor Beginn der Corona-Pandemie gekündigt, zum 31.10.2020. Im Frühjahr 2020 teilte ihm der Studiobetreiber per E-Mail mit, sein Vertrag werde sich aufgrund der behördlich angeordneten Schließung um drei Monate verlängern. Vergeblich protestierte der Kunde: Der Studiobetreiber war der Ansicht, ihm stehe der Mitgliedsbeitrag länger zu.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen übernahm den Rechtsstreit für den Kunden. Die einschlägigen E-Mail-Schreiben des Studiobetreibers seien irreführend, beanstandeten die Verbraucherschützer. Sie klagten auf Unterlassung und setzten sich beim Landgericht Würzburg durch (11 O 684/21).

Eine rechtliche Grundlage gebe es weder für die Zahlung von Beiträgen während der Schließung, noch für eine einseitig ausgesprochene Vertragsverlängerung, so das Landgericht. Während der behördlich angeordneten Zeit der Schließung im Corona-Lockdown seien beide Vertragsparteien von ihrer Leistungspflicht befreit.

Das Studio dürfe die Geräte nicht zur Verfügung stellen. Umgekehrt könnten die Kunden an den Geräten nicht trainieren und müssten daher auch keine Beiträge zahlen. Eine Vertragsanpassung in Form einer Verlängerung komme auch deshalb nicht in Frage, weil Verbraucher, die das Studio nicht mehr nutzen könnten — sei es aus gesundheitlichen Gründen oder wegen eines Umzugs —, von einer Verlängerung nicht profitierten.

Die Handelskammer des Landgerichts hatte eine ähnliche Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen 2020 abgewiesen. Dabei hatte der Inhaber des Fitnessstudios die Verträge der Kunden ebenfalls um die behördliche Schließungszeit verlängert — allerdings beitragsfrei.

EC-Karte weg!

Gericht wertet eine Verlustmeldung nach 30 Minuten als "Sorgfaltspflichtverletzung" der Bankkundin

Um 10.42 Uhr rief eine Kontoinhaberin bei ihrer Bankfiliale an und meldete, ihre EC-Karte sei weg und müsse sofort gesperrt werden. In der später nachgereichten schriftlichen Verlustmeldung gab sie an, den Verlust um 10.10 Uhr bemerkt zu haben. Wahrscheinlich habe sie ihr Portemonnaie auf dem Arbeitsweg verloren, möglicherweise habe es auch jemand aus der Handtasche gestohlen.

Als die Frau mit der Bank telefonierte, da war "es" allerdings schon passiert: Gegen 10.15 Uhr waren kurz hintereinander zwei Mal 500 Euro von ihrem Konto abgehoben worden — mit der richtigen PIN-Nummer. Den Verlust von 1.000 Euro müsse das Kreditinstitut ersetzen, forderte die Bankkundin: Die PIN müsse ausgespäht worden sein, sie habe die Nummer nicht bei sich getragen. Zumindest die zweite Abhebung hätte die Bank stoppen müssen, sei doch die PIN einmal falsch eingegeben worden.

Die Schadenersatzklage der Bankkundin scheiterte beim Amtsgericht Frankfurt (32 C 6169/20 (88)). Das Kreditinstitut müsse für den Verlust nicht einstehen, entschied das Gericht. Die Transaktionsprotokolle belegten, dass die Abhebungen mit Originalkarte und PIN stattfanden. Daher könne man nicht ausschließen, dass die Kontoinhaberin gegen ihre Pflicht verstoßen habe, die PIN nicht auf der Karte zu notieren und getrennt von ihr aufzubewahren.

Anhaltspunkte für ein unzureichendes Sicherheitssystem der Bank gebe es dagegen nicht. Dass bei den Abhebungen ein Geldautomat genutzt wurde, der sich ca. 50 km entfernt vom Wohnort der Bankkundin befinde, sei nicht ungewöhnlich. Auch eine einmalige Falscheingabe der PIN falle keineswegs aus dem Rahmen des Üblichen (wie das bei mehrfach falscher Eingabe der Fall wäre oder bei einer ungewöhnlich hohen Auslandsverfügung). Deswegen müsse keine Sicherheitswarnung "anspringen".

Doch der Kundin sei ein weiterer Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten anzulasten: Laut ihrer Schadensanzeige habe sie den Verlust schon bemerkt, bevor das Geld abgehoben wurde. Obwohl sie ein Mobiltelefon bei sich hatte, sei sie zuerst nach Hause gegangen und habe von dort aus die Bankfiliale angerufen. So ging Zeit verloren: Hätte sie sofort telefoniert, hätte die Kartensperre die Abhebungen vielleicht noch verhindern können.

Die Kontoinhaberin habe ihr Verhalten damit erklärt, dass sie ihre IBAN durchgeben wollte, die sie aber nicht bei sich gehabt habe. Das sei jedoch überflüssig: Wer die Kartensperre — nicht beim zentralen Sperrannahmedienst, sondern — bei der kontoführenden Stelle beantrage, benötige nach den Geschäftsbedingungen der Bank die IBAN nicht.

"Retouren" im Onlinehandel

Unterschiedliche Regelungen für die Rücksendung unterschiedlicher Waren sind nicht wettbewerbswidrig

Ein Verein gegen den unlauteren Wettbewerb beanstandete die Regelungen eines Internetshops (Anbieter von Spielgeräten, Kinderbetten etc.) für die Rücksendung bestellter Waren und die entsprechenden Verbraucher-Informationen als wettbewerbswidrig: Verbraucher müssten vor Vertragsschluss erfahren, wie die Ware verschickt werde. Denn bei Standardwaren seien die Retouren anders geregelt als bei Speditionswaren.

Sperrige Speditionsware werde vom Unternehmen auf eigene Kosten abgeholt, die Rücksendung so genannter Standardware müssten die Kunden selbst finanzieren. Auch die Verbraucher-Informationen in Bezug auf das Widerrufsrecht der Kunden seien daher unterschiedlich formuliert.

Das Oberlandesgericht Köln hatte jedoch keine Einwände gegen diese Praxis (6 U 149/20). Sie entspreche den gesetzlichen Vorgaben zu Verbraucher-Informationen im Onlinehandel. Der Verbraucher erfahre alles, was er/sie wissen müsse: Kunden müssten die Kosten der Rücksendung selbst tragen, wenn sie die Ware mit der Post zurückschickten. Was das koste, hänge von den Postgebühren ab. Darüber müsse der Internethändler die Kunden nicht informieren.

Den Transport "nicht paketfähiger" Speditionswaren organisiere das Unternehmen dagegen selbst. Der informierte Durchschnittsverbraucher sei ohne Weiteres in der Lage, diese Formulierung zu verstehen: Gemeint seien Produkte, die man aufgrund ihrer Beschaffenheit (Größe, Sperrigkeit) nicht auf dem Postweg zurückschicken könne. Da der Händler in diesem Fall die Transportkosten trage, müsse er deren Höhe in den Verbraucher-Informationen nicht angeben.

Mobilfunkvertrag vorzeitig verlängert

Bei vorzeitiger Verlängerung mit neuem Smartphone ist eine Vertragsbindung von mehr als zwei Jahren zulässig

Grundsätzlich ist die Laufzeit von Handyverträgen auf 24 Monate beschränkt. Unter bestimmten Bedingungen kann sie aber auch mal länger dauern, wie folgendes Urteil zeigt. Ein Mobilfunkkunde übernahm den Handyvertrag seines Vaters, fünf Monate bevor die Vertragslaufzeit endete. Mit der Deutschen Telekom AG vereinbarte er eine Tarifänderung und bekam ein neues Samsung-Smartphone. Damit verlängerte sich der Vertrag — ab dem Ende der Vertragslaufzeit — um weitere zwei Jahre, lief insgesamt also 29 Monate.

Das dauerte dem Kunden zu lang. In seinem Namen klagte der Bundesverband der Verbraucherzentralen gegen den Mobilfunkanbieter. Die Verbraucherschützer waren der Ansicht, es handle sich um einen neuen Vertrag, weil wesentliche Vertragsbestandteile geändert wurden. Eine Vertragsbindung, die 24 Monate überschreite, sei daher unzulässig.

Kunden hätten mehrere Möglichkeiten, konterte die Telekom: Sie könnten den Vertrag fristgerecht kündigen, ihn um 12 Monate verlängern, einen neuen Tarif vereinbaren, den Vertrag vorzeitig verlängern. Wähle der Kunde die letzte Möglichkeit und wünsche zugleich ein neues Smartphone, stimme er damit zu, den bestehenden Vertrag ab dem Ende der Laufzeit um 24 Monate zu verlängern.

Das Oberlandesgericht Köln gab der Telekom Recht (6 U 160/20). Ausdrücklich erkläre der Mobilfunkanbieter auf seiner Webseite: Wer bereit sei, den Vertrag zu verlängern, könne vorzeitig ein neues Smartphone erhalten. Dass sich die Laufzeit von 24 Monaten an die ursprünglich vereinbarte Laufzeit anschließe, werde ebenfalls deutlich hervorgehoben.

Würden gleichzeitig neue Konditionen vereinbart (Downloadgeschwindigkeit, Datenvolumen, Grundpreis), handle es sich deshalb nicht automatisch um einen neuen Vertrag. Vertragsinhalte könnten auch im Rahmen eines bestehenden Vertrags geändert werden.

Als Ausgleich für die lange Vertragsbindung habe der Kunde die gewünschten, verbesserten Leistungen erhalten (die sofort nach ihrer Vereinbarung wirksam wurden) und dazu ein sehr günstiges Handy. Die verlängerte Laufzeit liege also nicht einseitig im Interesse des Unternehmens, sondern entspreche dem Interesse von Kunden, die neue Vertragskonditionen und ein subventioniertes Smartphone möchten.

Vergleich von Haftpflichtversicherungen

Nur 38 von 89 Versicherungen geprüft: Landgericht rüffelt Vergleichsportal Check24

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) beanstandete das Vorgehen des Internetportals Check24 bei einem Vergleich von Privathaftpflichtversicherungen. Das Vergleichsportal hatte nämlich 38 von 89 Haftpflichtversicherungen geprüft und damit nicht einmal die Hälfte der Anbieter auf dem Markt. Darauf wies Check24 aber auf seiner Webseite nicht hin.

Verbraucher würden die Vergleichsergebnisse und das Vergleichsportal anders bewerten, wenn sie wüssten, dass ihnen nur eine eingeschränkte Auswahl präsentiert werde, so der vzbv. So ein Vergleich bilde den Markt nicht wirklich ab. Das Landgericht Frankfurt gab den Verbraucherschützern Recht (2-03 O 347/19). Check24 müsse in so einem Fall die Internetnutzer ausdrücklich darauf hinweisen, dass nur die Tarife von 38 Versicherungen geprüft wurden.

Das Vergleichsportal müsse die Grundlagen seines Vergleichs offenlegen und zudem seine eigene Rolle als Versicherungsmakler klarstellen, so das Landgericht, andernfalls werde Ordnungsgeld fällig. Hier handle es sich um wichtige Informationen für die Verbraucher.

Verglichen würden nämlich auf der Webseite nur Versicherungen, die dem Portal für die Vermittlung eines Vertragsabschlusses Provision zahlten. Dagegen fehlten bedeutende Versicherungsunternehmen, die keine Provision zahlten. Den Hinweis auf die Tatsache, dass die Mehrheit der Anbieter auf dem Markt in der Auswahl von Check24 gar nicht vorkomme, verstecke das Vergleichsportal auf einer schwer auffindbaren Neben-Webseite. Das seien unlautere Geschäftsmethoden.

Sparkasse darf Prämiensparvertrag kündigen

Die höchste Prämienstufe war längst erreicht: Sparmöglichkeit besteht nicht unbegrenzt

1994 hatte ein Ehepaar bei einer Sparkasse einen Prämiensparvertrag abgeschlossen (d.h. einen Vertrag, bei dem die Prämien auf die Sparbeiträge stufenweise bis zu einem festgelegten Sparjahr steigen).

Die Sparer zahlten monatlich 200 DM — später 102,26 Euro — auf das Sparkonto ein. Die Sparkasse verzinste das Guthaben mit dem "jeweils gültigen Zinssatz" und zahlte ab dem dritten Jahr eine Prämie von drei Prozent. Diese Prämie sollte sich jährlich erhöhen und ab dem 15. Sparjahr 50 Prozent erreichen.

Am 15. Januar 2020 kündigte die Sparkasse den Prämiensparvertrag zum 30. April 2020. Gegen die Kündigung zogen die Sparer vor Gericht: Sie sei unwirksam, meinten sie. Dem widersprach das Oberlandesgericht Celle (3 U 42/21). Wenn die höchste Prämienstufe erreicht sei, dürfe das Kreditinstitut den Vertrag ordentlich kündigen (ordentlich =. unter Einhaltung der vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist von drei Monaten). So würden die Interessen beider Vertragsparteien gewahrt.

Versprochen werde im Vertrag die Zahlung einer Sparprämie nur bis zum 15. Vertragsjahr, das sei längst vorbei. Den Sparern seien die kontinuierlich steigenden Prämien bis 2010 gutgeschrieben worden, die bei einem Prämiensparvertrag den besonderen Sparanreiz bildeten. Sparer könnten "redlicherweise nicht erwarten", dass diese Sparmöglichkeit zeitlich unbegrenzt fortbestehe.

Ein sachgerechter Grund für die Kündigung der Sparkasse sei insbesondere im veränderten Zinsumfeld zu sehen, das es der Sparkasse erschwere, die Erträge zu erwirtschaften, die sie benötige, um die jährlichen Prämienzahlungen aufzubringen.

"Zu 100%" gesicherte Geldanlage

Irreführende Reklame einer Immobiliengesellschaft für eine riskante Kapitalanlage

Eine Münchner Immobiliengesellschaft — die BodenWert Immobilien AG — hatte in einer Zeitung für eine Kapitalanlage in Immobilien geworben. Wer die Überschrift ernst nahm, musste glauben, es handle sich um eine attraktive Anlage: "4,50% FESTZINS und 100% Besicherung" versprach das Unternehmen. Für die Anleger werde eine Grundschuld ins amtliche Grundbuch eingetragen.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) beanstandete die Reklame als irreführend. In Wirklichkeit werde eine hochriskante Anlage angeboten. Um diese Tatsache zu kaschieren, werde der falsche Eindruck erweckt, die Anleger würden durch eine Grundschuld vor Verlust geschützt. Beim Landgericht München I waren die Verbraucherschützer mit ihrer Unterlassungsklage erfolgreich.

Das Oberlandesgericht (OLG) München bestätigte das Urteil der Vorinstanz (29 U 2664/20). Im Zeitungsinserat sei der Zinssatz für die Anleihe geschönt, so das OLG: Real seien es nur 4% statt 4,5%. Und die Anbieterin habe den Fehler auch noch mit der Behauptung verteidigt, Anleger würden nicht auf den Zinssatz achten — ausgerechnet in einer langanhaltenden Niedrigzinsphase, in der jeder Anleger nach einer halbwegs lohnenden Anlage suche!

Irreführend sei die Werbung aber vor allem deshalb, weil das hohe Risiko der Anlage schöngeredet werde. In Wahrheit werde nämlich die Grundschuld nicht auf die Namen der Geldanleger ins Grundbuch eingetragen, sondern zu Gunsten einer zwischengeschalteten Gesellschaft (das nennt man "Inhaberschuldverschreibung"). Gehe in so einem Fall das Immobilienunternehmen Pleite, habe der Anleger überhaupt keinen Zugriff auf die Immobilie.

Zwar weise die Immobiliengesellschaft im Kleingedruckten auf ihrer Webseite darauf hin, dass bei dieser Kapitalanlage ein Totalverlust des Anlagebetrags nicht ausgeschlossen sei. Das ändere aber nichts daran, dass ihre Reklame darauf abzielte, bei potenziellen Anlegern den gegenteiligen Eindruck zu erwecken. Sie könnten das Versprechen "100% Besicherung" nicht anders verstehen, als dass die Immobilie ihren Anlagebetrag absichere und sie im Falle der Insolvenz auf die Immobilie zugreifen könnten.

Irreführende Werbung mit 5G-Leistungen

Mobilfunkunternehmen darf nicht so tun, als könnte es den 5G-Standard überall anbieten

Werbung mit 5G-Leistungen beim Telefonieren und Surfen ist unzulässig, wenn der Telekommunikationsanbieter nicht darauf hinweist, dass der 5G-Tarif noch längst nicht überall verfügbar ist, urteilte das Landgericht Koblenz (4 HK O 51/20).

Ein Telekommunikationsunternehmen hatte die Reklame eines Konkurrenten als irreführend beanstandet. Auf seiner Webseite warb der Konkurrent für seine 5G-Tarife (5G ist der neueste Mobilfunkstandard mit der schnellsten Datenübertragung). Ein Kasten mit verschiedenen Flat-Tarifen versprach Preise "ab 9,99 Euro" monatlich.

Zu dem Preis von 9,99 Euro waren die 5G-Leistungen des Anbieters allerdings nirgendwo erhältlich. Und nicht alle Tarife, die in diesem Kasten angeboten wurden, umfassten 5G-Leistungen. Sie sind bisher ohnehin noch nicht bundesweit verfügbar.

Die Unterlassungsklage war beim Landgericht Koblenz erfolgreich. Wenn Reklame für 5G-Leistungen einen "ab … Preis" groß herausstelle, zu dem diese Leistungen jedoch nicht genutzt werden könnten, täusche dies die potenziellen Kunden. Die Werbung müsse außerdem deutlich darauf hinweisen, dass 5G-Leistungen derzeit nur regional verfügbar seien. Darüber wüssten allenfalls besonders technikinteressierte Verbraucher Bescheid.

Vergeblich pochte der beklagte Mobilfunkanbieter darauf, es sei allgemein bekannt, dass sich das 5G-Netz erst im Aufbau befinde. Schließlich seien die 5G-Lizenzen erst vor kurzer Zeit versteigert worden. Diese Argumentation überzeugte das Landgericht nicht: Der durchschnittlich informierte Verbraucher wisse nicht, wie beschränkt derzeit die 5G-Leistungen nutzbar seien. Das sei nur in wenigen Städten möglich: in Berlin, Hamburg, München, Frankfurt am Main und in Köln.

30% des Reisepreises als Stornopauschale?

Bei einem Reiserücktritt Monate vor Reisebeginn ist diese Stornogebühr zu hoch

Im Januar 2019 hatte eine Frau für den folgenden Sommer eine Pauschalreise nach Hurghada in Ägypten gebucht. Aus beruflichen Gründen musste sie die Reise schon nach wenigen Tagen stornieren. Der Reiseveranstalter verlangte von der Kundin 30 Prozent des Reisepreises als Stornogebühr. Als sie sich beschwerte, verwies er auf seine Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB).

Bei einem Reiserücktritt bis zum 30. Tag vor Reiseantritt würden 30 Prozent als pauschale Entschädigung fällig, so der Reiseveranstalter. So habe er es nun mal in der "Stornostaffel" seiner AGB geregelt. Da sich die Kundin weigerte, die Stornorechnung zu begleichen, klagte das Reiseunternehmen die Stornogebühr ein. Doch das Amtsgericht Bochum entschied den Streit zu Gunsten der Kundin (39 C 9/20).

Die betreffenden AGB-Klauseln benachteiligten die Kunden unangemessen und seien unwirksam. Die Stornogebühr müsse in einem vernünftigen Verhältnis zur Einbuße des Reiseunternehmens durch den Reiserücktritt stehen. Bei einem Reiserücktritt mehrere Monate vor Reisebeginn — wie hier — liege die Einbuße des Reiseveranstalters in der Regel unter 30 Prozent des Reisepreises. Unter diesen Umständen könne er die Reise meistens noch an andere Kunden verkaufen.