Verbraucherschutz

Augenbrauen "falsch" pigmentiert?

Geschmacksabweichungen bedeuten nicht, dass das Kosmetikstudio fehlerhaft gearbeitet hat

Ein Mann ließ sich in einem Kosmetikstudio die Augenbrauen pigmentieren, 280 Euro kostete die Prozedur. Vorher zeichnete die Kosmetikerin das Permanent Make-up vor und zeigte dem Kunden im Spiegel, wie es anschließend "ungefähr" aussehen werde. Dass er mit dem Endergebnis (Form, Farbe) einverstanden sei, bestätigte der Mann schriftlich. Zusätzlich unterschrieb er nach der Pigmentierung ein Schriftstück, indem er zusicherte, er habe das Permanent Make-up überprüft und als einwandfrei beurteilt.

Obwohl sich die Kosmetikerin also doppelt abgesichert hatte, glaubte der Mann, er könne sein Honorar zurückbekommen: Er beschwerte sich nachträglich, die Farbe sei zu dunkel und die Pigmentierung entstelle ihn. Die Kosmetikerin habe ihm in Höhe der Augenbrauen "zwei schwarze Balken" tätowiert. Der Kunde verlangte 3.500 Euro Schmerzensgeld, zusätzlich müsse ihm das Studio die Kosten der Korrekturbehandlung mit einem Laser (289 Euro) ersetzen.

Seine Zahlungsklage scheiterte beim Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt (17 U 116/21). Er rüge die Farbe als zu dunkel, so das OLG, dabei habe er nicht einmal dargelegt, welchen anderen Farbton er ausgewählt habe. Letztlich seien das Geschmacksfragen. Bei der Pigmentierung von Augenbrauen müssten Kunden mit optischen Abweichungen rechnen. Hier gehe es nicht um eine rein handwerkliche Leistung, vielmehr hätten Kosmetiker einen künstlerischen Gestaltungsspielraum.

Aus optischen Abweichungen könne man jedenfalls nicht auf einen Mangel der Arbeit schließen. Fachlich sei die Behandlung einwandfrei durchgeführt worden. Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn der Kunde dem Kosmetikstudio konkrete Vorgaben gemacht hätte. Dass die Tätowierung von einer exakten Absprache zur Gestaltung des Permanent Make-ups abweiche, habe der Kunde jedoch nicht belegt. Im Gegenteil: Er habe dem Permanent Make-up ausdrücklich zugestimmt und das Werk der Kosmetikerin in der Abnahmeerklärung als "einwandfrei" gebilligt.

"Kinder brauchen 7 x mehr"

Viel Vitamin D tut ihnen gut: Irreführende Reklame für Kindermilch verspricht positive Wirkungen

Ein Lebensmittelhersteller wirbt im Internet für seine Kindermilch mit dem Reim: "7 x mehr brauchst du als ich, wirst groß, gesund — ganz sicherlich". Die Aussage bezieht sich auf den Bedarf von Kindern an Vitamin D1: Verglichen mit dem Bedarf von Erwachsenen sei er bei Kindern pro Kilogramm Körpergewicht siebenmal höher, behauptet der Reklametext.

Auch auf der Verpackung der Kindermilch steht: "Bei der Zusammensetzung … wird berücksichtigt, dass ein Kleinkind durchschnittlich 3 x mehr Calcium und 7 x mehr Vitamin D1 als ein Erwachsener benötigt".

Die poetisch formulierte Werbung trifft sachlich nicht zu und erregte deshalb das Missfallen des Bundesverbands der Verbraucherzentralen. Er forderte vom Lebensmittelhersteller, die Irreführung der Verbraucher künftig zu unterlassen. Während das Oberlandesgericht (OLG) München die Klage der Verbraucherschützer abgewiesen hatte, waren sie beim Bundesgerichtshof (BGH) erfolgreich (I ZR 93/21).

Die Kritik des BGH am Urteil der Vorinstanz: Ginge es nach dem OLG, müsste man die tatsächliche Zusammensetzung der Kindermilch mit der Vorstellung vergleichen, die sich Verbraucher aufgrund der Werbeanzeige von den Inhaltsstoffen machten. Da die Kindermilch viel Vitamin D und Calcium enthalte, sei die Werbung nicht irreführend.

Das sei nicht nachvollziehbar, so der BGH, denn die konkrete Zusammensetzung der Kindermilch sei da nicht von Belang. Für die Beurteilung, ob Reklame den durchschnittlich informierten Verbraucher täusche, sei der Gesamteindruck einer Anzeige maßgebend.

Der Verbraucherschutzverband habe das schon richtig formuliert: Die Werbung erwecke bei den Konsumenten den Eindruck, dass Kinder, absolut gesehen, mehr Vitamin D benötigten als Erwachsene — diese Behauptung sei objektiv falsch. Darauf basiere aber der ebenfalls behauptete positive Effekt für die Gesundheit. Deshalb sei die Reklame irreführend.

Unautorisierte Kreditkarten-Abbuchungen

Bank haftet trotz ihres angeblich 100-prozentig sicheren SMS-TAN-Verfahrens für die eingezogene Summe

Laut Kreditkartenabrechnung der Bank hatte Kontoinhaber X sieben Mal Geld an eine Firma "Bigo Live" überwiesen. Doch das bestritt der Bankkunde: Er kenne diesen Empfänger nicht. Weder habe er diese Verfügungen autorisiert, noch habe er SMS-TANs oder andere Sicherheitsmerkmale an Dritte weitergegeben. Dieses Verfahren sei ohnehin nicht besonders sicher. Deshalb müsse die Bank den eingezogenen Gesamtbetrag seinem Konto wieder gutschreiben.

Dazu sei sie keinesfalls verpflichtet, so der Standpunkt der Bank, denn ihr Sicherheitssystem sei technisch quasi unüberwindbar. Die Authentifizierungsprotokolle belegten, dass die Vorgänge ordnungsgemäß abgewickelt wurden: An die Telefonnummer von Herrn X habe man jeweils eine SMS-TAN geschickt, mit der die Überweisung auch bestätigt worden sei.

Dass dieses Verfahren praktisch "unüberwindbar" sei, könne man nicht einfach unterstellen, entschied das Amtsgericht Langen: Das müsse die Bank schon beweisen (56 C 28/22). Nur dann stünde fest, dass die Zahlungsvorgänge mindestens durch grob fahrlässiges Handeln des Kontoinhabers veranlasst wurden, so das Amtsgericht. Herr X habe sich zu Recht darauf berufen, dass verschiedene andere Kreditinstitute das SMS-TAN-Verfahren bereits durch neuere und zuverlässigere Techniken ersetzt haben.

Die betroffene Bank habe sich auf die pauschale Behauptung beschränkt, die Zahlungen müssten vom Kontoinhaber autorisiert worden sein. Dass ihr Sicherheitssystem nach dem aktuellen Stand der Erfahrungen dem höchsten Sicherheitsstandard entspreche, sei jedoch nicht belegt. Also könnten die Abbuchungen auch auf andere Weise als durch Fehlverhalten des Bankkunden zustande gekommen sein.

"Geflügel Salami"

Enthält die Wurst auch Schweinespeck, ist die Produktbezeichnung irreführend

Ein Wursthersteller vertreibt u.a. eine "Geflügel Salami". Diese Produktbezeichnung steht jedenfalls auf der Vorderseite der Verpackung. Der kleingedruckten Zutatenliste auf der Rückseite ist dagegen zu entnehmen, dass die Wurst auch Schweinespeck enthält. Deshalb beanstandete die Lebensmittelüberwachungsbehörde den Produktnamen "Geflügel Salami": Informationen über Lebensmittel dürften nicht irreführend sein.

Der Standpunkt des Herstellers: Schweinespeck sei kein Fleisch, behauptete er. Es werde als technologisch erforderliche Fettquelle verwendet und von den Verbrauchern in einer Salami als Zutat sogar erwartet. Den Rechtsstreit mit der Behörde verlor das Unternehmen: Die irreführende Produktbezeichnung müsse geändert werden, entschied das Oberverwaltungsgericht Münster (9 A 517/20).

In einer "Geflügel Salami" erwarte der Verbraucher Geflügelfleisch und kein Schweinefleisch — dazu gehöre nun einmal auch Speck. Die Aufmachung des Produkts und die Bezeichnung erweckten beim Verbraucher den falschen Eindruck, die Salami bestehe ausschließlich aus Geflügel. Daran ändere auch die vollständige Zutatenliste auf der Rückseite der Verpackung nichts. Denn die Erwartung der Verbraucher werde wesentlich durch den Aufmacher auf der Vorderseite der Verpackung beeinflusst.

Fluggesellschaft annullierte Flüge

Den Ticketpreis darf das Unternehmen nur an den Kunden, nicht ans Reisebüro zurückzahlen

Mit der Lufthansa wollte eine Frau im November 2020 in Urlaub fliegen. Vor der Buchung hatte sie sich im Reisebüro D beraten lassen. Dort zahlte sie schließlich auch: 1.176 Euro für Hin- und Rückflug. Doch aus der Reise wurde nichts. Fünf Tage vorher annullierte die Airline die Flüge. Damit war der Ärger aber noch nicht zu Ende: Über Monate bemühte sich die Kundin vergeblich darum, den Ticketpreis zurückzubekommen.

Schließlich schaltete sie einen Anwalt ein. Dem Anwalt teilte die Lufthansa per E-Mail vom 14. April 2021 mit, sie habe das Geld dem Reisebüro D überwiesen: Gemäß ihren Geschäftsbedingungen erfolgten Rückzahlungen an denjenigen, der die Tickets gezahlt habe. Beim Reisebüro war aber nichts mehr zu holen. Deshalb verklagte die Kundin die Fluggesellschaft auf Rückzahlung.

Zu Recht, wie das Amtsgericht Köln entschied (149 C 269/21). Auch wenn die Lufthansa ans Reisebüro D gezahlt habe, habe die Kundin immer noch Anspruch auf Erstattung. Was in den Geschäftsbedingungen (AGB) der Airline zur Rückzahlung stehe, ändere daran nichts, da die AGB der EU-Fluggastrechteverordnung widersprächen. Demnach müsse die Rückzahlung direkt an den Fluggast erfolgen, wenn ein Flug annulliert werde — unabhängig von Buchungsmodalitäten.

Das ergebe sich schon aus dem Zweck der Fluggastrechteverordnung, den Schutz der Verbraucher zu gewährleisten. Der Fluggast zahle den Ticketpreis und sei daher "Anspruchsinhaber" in Bezug auf die Rückzahlung. An die Kundin habe die Fluggesellschaft aber unstreitig nichts gezahlt.

Das Reisebüro vermittle nur die Flüge und sei nicht berechtigt, die Rückzahlung des Flugpreises entgegenzunehmen. Es sei denn, es werde von einem Fluggast dazu bevollmächtigt. Das treffe hier jedoch nicht zu.

"Unbegrenzt für 0 ct/Min. telefonieren"

Irreführende Werbung von "1&1" für Telefon-Flatrate mit kostenpflichtigen Ausnahmen

Einmal mehr erstritt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) ein Urteil gegen die irreführende Werbung eines Telefonanbieters. Er zog gegen die Internetreklame des Unternehmens "1&1" Telecom vor Gericht, weil sie die Verbraucher täusche: Sie könnten "unbegrenzt für 0 ct/Min. ins deutsche Festnetz telefonieren", werde ihnen da versprochen. Wer einen Mobilfunktarif wähle, erhalte eine Flatrate fürs Festnetz und für alle deutschen Mobilfunknetze.

Klinge erst mal gut, treffe aber nicht zu. Denn nach den Vertragsbedingungen gelte die Flatrate nicht für Servicedienste mit "geographischen Festnetznummern" (Ortsvorwahl), bemängelte der vzbv. Immerhin 100 Seiten lang war die Liste der kostenpflichtigen Festnetznummern … Dazu gehörten u.a. Rufnummern, die es ermöglichen, an Telefonkonferenzen teilzunehmen. Während der Pandemie viel benutzt: Dass dafür trotz Flatrate 2,9 Cent pro Minute fällig wurden, erfuhren viele Homeoffice-Arbeiter erst nachträglich.

Das Landgericht Koblenz gab den Verbraucherschützern Recht und verbot die Reklame als irreführend (3 HK O 43/20). Der Verbraucher verstehe die "1&1"-Werbung so, dass die Flatrate für alle Anrufe ins Festnetz gelte — also über die Entgeltpauschale hinaus keine Kosten anfallen. Wer für eine Telefon-Flatrate werbe, müsse auf kostenpflichtige Ausnahmen klar und unmissverständlich hinweisen, so das Landgericht. Im konkreten Fall seien so viele Servicedienste mit Ortsvorwahl betroffen, dass man kaum noch von Ausnahmen sprechen könne.

Die Reklame für die Festnetz-Flatrate erwecke einen völlig falschen Eindruck und das offenbar absichtlich: Denn der Hinweis auf Ausnahmen und die lange Liste der kostenpflichtigen Rufnummern mit Ortsvorwahl sei auf der Internetseite des Unternehmens schwer zu finden. Während die Flatrate auffällig herausgestrichen werde, müssten Internetnutzer lange klicken und scrollen, um die Informationen zu den kostenpflichtigen Rufnummern zu finden.

Widerspruchsbelehrung muss auffallen!

Kurzartikel

Erhält ein Versicherungsnehmer die Vertragsunterlagen (Versicherungsbedingungen, Verbraucherinformation) nicht schon beim Antrag auf den Abschluss einer Lebensversicherung, sondern erst mit der Übergabe des Versicherungsscheines, hat er 14 Tage lang ein Widerspruchsrecht. Die Information über dieses Recht — "Widerspruchsbelehrung" — ist im Vertrag deutlich hervorzuheben.

"Deutlich" definiert das Oberlandesgericht Dresden so: Die Information müsse durch große Schrift und Schriftart gut lesbar sein und drucktechnisch so stark betont werden, dass der Versicherungsnehmer sie beim Durchblättern der Unterlagen sogar dann nicht übersehen könne, wenn er nicht bewusst nach der Widerspruchsbelehrung suche.

Gekaufte Kundenbewertungen

Sie sind "getarnte Werbung": Amazon muss bezahlte Rezensionen kenntlich machen

Dass kaum eine Kundenbewertung im Internet wirklich von "Otto Normalverbraucher" stammt, dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben. Ausgerechnet eine Firma, die selbst gegen Entgelt Händlern auf Online-Verkaufsplattformen bezahlte Kundenrezensionen vermittelt, klagte nun gegen die Verkaufsplattform Amazon.

Der Firma passte es nicht, dass bei Amazon bezahlte Bewertungen ausländischer "Beurteiler" unerkannt in das Gesamtbewertungsergebnis einfließen. Kunden müssten erfahren, welche Rezensionen bezahlt worden seien und welchen Anteil die bezahlten Rezensionen am Gesamtbewertungsergebnis hätten.

Das Amazon-Bewertungssystem enthalte "unlautere getarnte Werbung", betonte das Oberlandesgericht Frankfurt (6 U 232/21). Zwar sei das Geschäft mit bezahlten Rezensionen nicht verboten. Diese müssten aber für die Kunden erkennbar sein. Künftig müsse die Verkaufsplattform bezahlte Rezensionen kenntlich machen.

Ob Internetnutzer tatsächlich damit rechneten, dass ein Gesamtbewertungsergebnis immer auch Bewertungen enthalte, die nicht sachlich begründet seien, könne offenbleiben. Jedenfalls dürfe dies kein "Freibrief" dafür sein, sachfremd beeinflusste Rezensionen zu verwenden.

Werde ein "Beurteiler" für eine Bewertung belohnt, beeinflusse dieser Umstand naturgemäß den Inhalt der Bewertung. Urteile über ein Produkt fielen dann positiver aus, denn die Rezensenten wollten ja weiterhin Produkte besprechen und dafür belohnt werden.

Intransparentes "Knuspermüsli"?

Unterschiedliche Nährwert-Bezugsgrößen auf der Verpackung verwirren die Verbraucher

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen beanstandete die Nährwertangaben auf der Verpackung eines Knuspermüslis von Dr. Oetker. Zwar hatte der Lebensmittelhersteller auf einer schmalen Seite der Müsliverpackung korrekt die vorgeschriebenen Kalorien-Angaben für die Verbraucher aufgedruckt.

Da waren der Nährwert von 100 Gramm Müsli und der Nährwert des mit Milch zubereiteten Müslis angegeben. Doch auf der Vorderseite stand nur der Brennwert des mit Milch zubereiteten Müslis.

Da fehle die Nährwertangabe in Bezug auf 100 Gramm des Produkts, bemängelten die Verbraucherschützer: Diesen Fehler müsse das Unternehmen beheben.

Nach EU-Recht (Lebensmittel-Informationsverordnung) sei diese Angabe auf Lebensmittel-Verpackungen zwingend vorgeschrieben, bestätigte der Bundesgerichtshof (I ZR 143/19). Sie müsse auch auf der Vorderseite des Kartons wiederholt werden. Unterschiedliche Bezugsgrößen auf der Verpackung verwirrten die Verbraucher.

Zusätzliche Informationen auf der Vorderseite, die sich auf andere Referenzmengen beziehen, führten möglicherweise zu falschen Vorstellungen bei den Kunden. Dadurch könnten Verbraucher Kaufentscheidungen treffen, die nicht ihrem Bedarf entsprächen.

Flug annulliert, Reisebüro informiert

Das reicht nicht: Fluggesellschaft muss die Passagiere selbst rechtzeitig benachrichtigen

Für den Kroatien-Urlaub hatte eine Frau im Reisebüro zwei Flugtickets besorgt, für den Flug von München nach Split. 15 Tage vor dem Flug benachrichtigte die Fluggesellschaft das Reisebüro darüber, dass der Flug nicht stattfinden werde. Doch die Kundin erfuhr davon erst vier Tage vorher — so jedenfalls ihre Aussage vor Gericht. Deswegen verklagte sie die Airline auf 500 Euro Ausgleichszahlung für den annullierten Flug (250 Euro pro Person).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs entfällt der Anspruch der Passagiere auf Entschädigung für einen annullierten Flug, wenn sie über den Ausfall rechtzeitig — d.h. zwei Wochen vorher — informiert worden sind.

Das gelte aber nicht, wenn die Airline nur das Reisebüro benachrichtige, entschied das Amtsgericht Erding (119 C 1903/21). Fluggesellschaften dürften sich nicht darauf verlassen, dass Reisebüros den Reisenden diese Information fristgemäß übermittelten. Airlines dürften ihre Pflicht, die Passagiere zu verständigen, nicht auf Reisevermittler (Reisebüros, Buchungs-Plattformen) abwälzen.

Wenn die Fluggesellschaft einen Flug streiche, müsse sie auch dafür sorgen, dass die Kunden dies früh genug erfahren: damit sie ohne Stress umplanen und sich um Alternativen kümmern könnten. Das sei nur gewährleistet, wenn Reisende mindestens zwei Wochen vorher Bescheid wüssten: Nur dann sei ein Anspruch auf Ausgleichszahlung ausgeschlossen.

Die Airline trage die Verantwortung dafür, dass Fluggäste rechtzeitig benachrichtigt würden — sie müsse daher auch für die Folgen einstehen, wenn ein Reisevermittler die Nachricht nicht rechtzeitig weitergebe.

Lockdown und Fitnessstudios

BGH entscheidet endgültig: In diesem Zeitraum eingezogene Mitgliedsbeiträge sind zurückzuzahlen

Überwiegend lag die Rechtsprechung ja auch bisher schon auf dieser Linie, nun ist es sozusagen "amtlich": Fitnessstudios müssen Mitgliedsbeiträge zurückzahlen, die sie während der Schließung im Corona-Lockdown per Lastschrift eingezogen haben, entschied der Bundesgerichtshof als höchste Instanz im Zivilrecht (XII ZR 64/21).

Studioinhaber könnten dem Rückzahlungsanspruch der Mitglieder nicht entgegenhalten, dass der Vertrag der besonderen Situation anzupassen sei, so die Bundesrichter: Die Vertragslaufzeit müsse nicht um die Lockdown-Zeit verlängert werden.

Aufgrund behördlicher Anordnung geschlossene Fitnessstudios seien für die Mitglieder nicht benutzbar. Sie könnten den Vertragszweck, dort regelmäßig zu trainieren, in dieser Zeit nicht umsetzen. Die Leistung des Studios sei für einen bestimmten Zeitraum vereinbart und nach dieser Zeit nicht mehr nachholbar.

Dazu komme: Der allgemeine Grundsatz, dass Verträge einer veränderten Vertragsgrundlage angepasst werden müssten, gelte hier schon deshalb nicht, weil der Gesetzgeber eine spezielle gesetzliche Vorschrift für solche Corona-Fälle geschaffen habe. Um die Folgen der Pandemie im Veranstaltungs- und Freizeitbereich abzumildern, habe der Gesetzgeber Veranstaltern und Betreibern von Freizeiteinrichtungen vorübergehend erlaubt, statt einer Rückzahlung Wertgutscheine auszustellen.

Wenn eine Veranstaltung ausfalle oder eine Freizeiteinrichtung wie ein Studio nicht genutzt werden könne, könnten die Unternehmer mit einem Gutschein den Schaden der Kunden ausgleichen, ohne selbst finanzielle Einbußen zu erleiden. Die "Gutscheinlösung" vermindere so im Freizeitbereich die Verluste durch die Pandemie-Bekämpfung und berücksichtige dabei die Interessen beider Seiten.

Händler-Auskunft über Herstellergarantie vorgeschrieben?

Onlinehandel muss über die Garantie (nur) umfassend informieren, wenn er sie werbewirksam herausstellt

Eine deutsche Handelsfirma bot auf Amazon das Taschenmesser eines Schweizer Herstellers an. Die Angebotsseite im Internet schwieg sich über eine Garantie für das Messer aus. Erst in der Rubrik "Weitere technische Informationen" fand sich ein Link, über den interessierte Internetnutzer auf ein Informationsblatt des Produzenten zur Garantie zugreifen konnten.

Eine Konkurrentin zog vor Gericht: Die Garantieangaben der Handelsfirma seien unzureichend und damit unzulässig, so ihr Einwand. Doch der Bundesgerichtshof (BGH), der den Rechtsstreit entscheiden sollte, reichte ihn erst einmal an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weiter.

Der BGH zweifelte nämlich daran, ob die EU-Verbraucherrechte-Richtlinie Händler überhaupt dazu verpflichtet, die Verbraucher über Herstellergarantien für die angebotenen Produkte zu informieren.

Ein Händler muss den Verbraucher über die Garantie des Herstellers nur dann umfassend informieren, wenn er sie zu einem zentralen Merkmal seines Angebots mache, erklärte der EuGH (C-179/21). Stelle ein Händler das Garantieversprechen des Produzenten als besonderes Verkaufsargument werbewirksam heraus, bestehe beim Verbraucher — mit Blick auf die Kaufentscheidung — ein besonderes Interesse an genauer Auskunft darüber.

Um diesem berechtigten Interesse Rechnung zu tragen, müsse der Händler Namen und Anschrift des Garantiegebers nennen. Außerdem müsse er die potenziellen Kunden über die Dauer, den räumlichen Geltungsbereich der Garantie und den Reparaturort bei Beschädigungen informieren sowie eventuelle Einschränkungen der Garantie erläutern.

Ein abgestelltes Paket ist nicht zugestellt

Abstellgenehmigung reicht nicht: Paketdienst muss die Empfänger über eine abgestellte Sendung auch informieren

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen beanstandete folgende Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) eines Paket- und Expresszustelldienstes: "Hat der Empfänger eine Abstellgenehmigung erteilt, gilt das Paket als zugestellt, wenn es an der in der Genehmigung bezeichneten Stelle abgestellt worden ist." Die AGB-Klausel benachteilige die Verbraucher in unangemessener Weise und sei unwirksam, fand die Verbraucherzentrale.

Der Bundesgerichtshof gab ihr Recht (I ZR 212/20). Prinzipiell sei es durchaus zulässig, Pakete auf diese Weise zuzustellen. Liege eine Abstellgenehmigung des Empfängers vor, könne der Zusteller Sendungen am vereinbarten Ort ablegen, wenn der Paketempfänger nicht zu Hause sei. In diesem Fall müsse der Zusteller jedoch den Empfänger darüber informieren, dass und wann er das Paket an der "Ablieferungsstelle" hinterlassen habe.

Die Empfänger per E-Mail oder App zu verständigen, dass die Sendung dort abgestellt wurde, sei ohne Weiteres zumutbar. Das sehe aber die strittige AGB-Klausel nicht vor und benachteilige damit die Verbraucher. Wenn sich ein Paketdienst nicht dazu verpflichte, die Empfänger zu benachrichtigen, berücksichtige er die Interessen von Absender und Empfänger unzureichend und befreie sich einseitig von allen Risiken bei Verlust.

Bedeutet "Buchung abschließen" Zahlungspflicht?

Online-Hotelbuchung ist nur wirksam, wenn der Schaltflächen-Text auf die Zahlungspflicht hinweist

Eine Hotelbuchung per "Booking.com" zog ein juristisches Tauziehen nach sich: Ein Verbraucher wollte über die Internet-Plattform für fünf Nächte vier Doppelzimmer in einem Hotel reservieren. Er klickte auf die Schaltfläche "Ich reserviere". Dann gab er seine persönlichen Daten und die Namen der Mitreisenden ein und klickte auf die Schaltfläche "Buchung abschließen". Da zum gebuchten Datum niemand im Hotel erschien, stellte die Hotelinhaberin dem Verbraucher 2.240 Euro Stornierungskosten in Rechnung.

Das Amtsgericht Bottrop hatte über ihre Zahlungsklage zu entscheiden. Das Gericht war der Ansicht, dass die Schaltfläche auf "Booking.com" nicht die Anforderungen des EU-Rechts zum Verbraucherschutz erfüllt. Demnach kommt ein Onlinevertrag mit einem Verbraucher — hier also der "Beherbergungsvertrag" mit dem Hotel — nur zustande, wenn auf der Schaltfläche steht "zahlungspflichtig bestellen". Oder eine andere, ebenso eindeutige Formulierung.

Verbraucher verbänden aber den Begriff "Buchung" nicht zwangsläufig damit, dass sie sich zur Zahlung von Entgelt verpflichten, fand das Amtsgericht. Nach allgemeinem Sprachgebrauch bedeute "buchen" häufig nur "unentgeltlich vorbestellen" bzw. reservieren.

Das Amtsgericht fragte beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach, ob der Vertragsschluss ausschließlich von den Worten auf der Schaltfläche abhänge oder ob Gerichte auch die Begleitumstände des Bestellvorgangs berücksichtigen müssten.

Damit ein Vertrag zustande kommt, muss für den Verbraucher bei Online-Bestellungen — wie der strittigen Hotelbuchung — allein aufgrund der Formulierung auf der Schaltfläche klar sein, dass er durch das Anklicken eine Zahlungsverpflichtung eingeht, urteilte der EuGH (C-249/21). Ansonsten spielte er den "Ball zurück".

Wie im deutschen Sprachraum der Begriff "Buchung" verstanden werde, könne nur das deutsche Amtsgericht klären. Verbinde der durchschnittlich informierte, aufmerksame Verbraucher das Wort "Buchung" automatisch mit einer Zahlungspflicht? Sollte die Antwort darauf "nein" lauten, weil der Ausdruck "Buchung abschließen" mehrdeutig sei, entspreche die Schaltfläche von "Booking.com" nicht den Anforderungen der EU-Richtlinie.

Verbraucher können Online-Ticketkauf nicht widerrufen

Das gilt auch dann, wenn Eintrittskarten bei einer Ticketvermittlerin gekauft wurden

Während des ersten Corona-Lockdowns im Frühjahr 2020 fielen alle Veranstaltungen aus, u.a. ein Konzert in Braunschweig. Verbraucher R hatte dafür Eintrittskarten im Internet erworben — allerdings nicht beim Veranstalter, sondern über die Internetplattform der "CTS Eventim", einer Ticketvermittlerin. Der Konzertveranstalter gab für die verhinderten Konzertbesucher Gutscheine aus.

Damit war Kunde R jedoch unzufrieden: Er zog vor das Amtsgericht Bremen und verlangte das Eintrittsgeld zurück. Doch die deutsche Regierung hatte die Gutscheinregelung vorgesehen, um die von der Pandemie gebeutelte Veranstaltungsbranche zu schützen. Trotzdem sah das Amtsgericht eine Möglichkeit, den Streit zu Gunsten des Verbrauchers zu entscheiden.

Er könnte "Bares" zurückbekommen, wenn er das Recht hätte, seinen Vertrag mit "CTS Eventim" gemäß der EU-Verbraucherschutzrichtlinie zu widerrufen, so das Amtsgericht. Verbraucher, die mit einem Unternehmer einen Fernabsatzvertrag (Versandhandel oder Onlinehandel) schließen, dürfen den Vertrag zwei Wochen lang ohne Angabe von Gründen widerrufen.

Das Amtsgericht bat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Klärung, ob die EU-Verbraucherschutzrichtlinie auch gilt, wenn ein Verbraucher Tickets online bei einer Vermittlerin gekauft hat. Für die Veranstaltungsbranche gebe es eine Ausnahmeregelung, so die Antwort des EuGH: Für termingebundene Freizeitveranstaltungen gelte das Widerrufsrecht nicht (C-96/21).

Die Ausnahmeregelung solle die Veranstalter von Konzerten und Sportevents vor großem wirtschaftlichem Risiko durch das Widerrufsrecht bewahren. Sie müssten nämlich Plätze für Online-Ticketkäufer freihalten, die sie aber im Falle eines Widerrufs sehr wahrscheinlich nicht mehr anderweitig vergeben könnten.

Auch beim Onlinekauf der Eintrittskarten bei einer Vermittlerin sei das Widerrufsrecht ausgeschlossen, da (und sofern) das mit dem Widerrufsrecht verbundene finanzielle Risiko allein den Konzertveranstalter treffen würde. Herr R wird sich also mit dem Gutschein begnügen müssen.

Vitamin-Angaben auf Verpackungen

Kurzartikel

Wird ein Lebensmittel mit Vitaminen versetzt, reicht es aus, wenn auf der Verpackung darüber mit umgangssprachlichen Angaben wie "Vitamin C" oder "Vitamin B9" informiert wird. Wenn der Name des Vitamins angegeben sei, gewährleiste dies eine klare und leicht verständliche Information für die Verbraucher. Auf der Verpackung muss nicht unbedingt die genaue Vitaminverbindung stehen oder Folsäure statt "Vitamin B9".

Die "beste" unter 500 getesteten Matratzen?

Online-Händler streiten über irreführende Reklame mit einem Testergebnis der Stiftung Warentest

Ein Konkurrent beanstandete die Reklame eines Matratzen-Onlineshops als irreführend. Der Händler hatte stolz verkündet, wie gut eines seiner Produkte bei "Stiftung Warentest" abgeschnitten hatte: "Aus über 500 getesteten Matratzen wurde unsere Emma Matratze als Testsieger mit der Bestnote 1,7 ausgezeichnet. (Getestet durch Stiftung Warentest, Ausgabe 10/2019 in der Größe 90x200 im Härtegrad hart)".

Der Haken an der Sache: Die 500 Matratzen waren nicht in einem Test geprüft worden, sondern über Jahre hinweg in mehreren Tests. Zudem kritisierte der Konkurrent, dass der Matratzen-Onlineshop mit dem Testsieg für Matratzen in mehreren Größen und Härtegraden warb, während "Emma" den Sieg doch nur in einer Größe und im "Härtegrad hart" errungen hatte. Mit seiner Unterlassungsklage hatte der Konkurrent nur im ersten Punkt Erfolg.

Aus dem Hinweis in Klammern gehe hervor, dass die "Emma Matratze" in Größe 90x200 im "Härtegrad hart" Testsieger wurde, stellte das Oberlandesgericht Frankfurt fest: In diesem Punkt könne von einer Täuschung der Verbraucher keine Rede sein (6 W 92/21).

Wer sich gezielt im Internet über Matratzen informiere, werde sicher nicht nur den ersten Satz, sondern auch den Hinweis in der Klammer zur Kenntnis nehmen — zumal der Hinweis direkt hinter der Werbeaussage stehe und nicht an anderer Stelle, wie das z.B. bei einem Sternchenhinweis der Fall sei.

Wenn es um hochpreisige und langlebige Produkte gehe, lese der Verbraucher Werbeaussagen in der Regel aufmerksam. Falsch verstehen könnten Internetnutzer allerdings die Aussage "aus über 500 getesteten Matratzen". Wer regelmäßig Testberichte lese, wisse wohl, dass die Stiftung Warentest keine Tests in diesem Umfang durchführe. Viele Menschen wüssten das jedoch nicht.

Und die Angabe einer konkreten Fundstelle des Tests (Ausgabe 10/2019) verstärke noch den falschen Eindruck, dass hier 500 Matratzen auf einmal untersucht wurden. Wenn ein Test mit einer Vielzahl von Produkten zeitgleich stattfinde, werde ihn der Interessent für aussagekräftiger halten als verschiedene Tests, die im Verlauf mehrerer Jahre hintereinander durchgeführt wurden. Das könnte durchaus die Kaufentscheidung von Verbrauchern beeinflussen. Diese Werbeaussage müsse daher unterbleiben.

Irreführende Reklame mit 36 Monaten Garantie

Internetplattform vermittelt den Kontakt zwischen Käufern und Verkäufern gebrauchter Elektronikgeräte

Ein Verein, der gegen unlauteren Wettbewerb kämpft, beanstandete irreführende Werbeangaben der X-GmbH. Die X-GmbH betreibt eine Internetplattform, auf der sie gewerbliche Verkäufer und Käufer von generalüberholten, gebrauchten Elektronikgeräten zusammenbringt. In ihrer Reklame versprach die Firma X den Käufern eine "Garantie von 36 Monaten" für die "renovierten" Smartphones, Tablets usw.

Doch nach ihren Garantiebedingungen galt die "X-Garantie" erst, nachdem die zweijährige Gewährleistungspflicht der Verkäufer abgelaufen war — für ein weiteres Jahr. Und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der X-GmbH enthalten eine Klausel, nach der sie für Produkte, die Käufer über die Plattform erwerben, höchstens 24 Monate lang eine zusätzliche Garantie übernimmt.

Die Firma täusche mit ihrem Garantieversprechen die Verbraucher, kritisierten die Wettbewerbshüter: Sie verspreche 36 Monate Garantie, gewähre sie aber nur 12 bis 24 Monate lang. So sah es auch das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt: Das Garantieversprechen sei irreführend und müsse unterbleiben (6 U 121/21). Die Angabe "36 Monate Garantie" erwecke den Eindruck, die werbende Plattformbetreiberin X-GmbH sei über die gesamte Zeit die Garantiegeberin, erklärte das OLG.

Und so verstehe es auch der Verbraucher, der auf dieser Plattform nach gebrauchten Geräten suche. Tatsächlich setze die Garantie der Firma jedoch erst nach dem Ablauf der gesetzlichen Gewährleistungsfrist der Verkäufer ein. Das irreführende Versprechen einer 36-monatigen Garantie könne Interessenten durchaus in ihrem Beschluss bestärken, die Internetplattform zu nutzen und dort zu kaufen.

Denn: Könne sich ein Käufer 36 Monate an die X-GmbH als Garantiegeberin wenden, sei es für ihn relativ einfach, bei einem Defekt des Geräts die Garantie in Anspruch zu nehmen. Handle es sich nicht um eine Garantiegeberin, sondern um verschiedene Garantiegeber in verschiedenen Zeiträumen, werde es für den Käufer wesentlich komplizierter, bei eventuellen Mängeln seine Rechte geltend zu machen.

Käufer könnten zwar über die Plattform mit dem Verkäufer Kontakt aufnehmen. Sie müssten sich aber in den ersten zwei Jahren mit dem jeweiligen Verkäufer auseinandersetzen, um eine Reparatur oder Rückzahlung abzuwickeln — anstatt sich, wie suggeriert, auf die Kulanz der Betreiberin einer großen Internetplattform verlassen zu können. Daher könne man davon ausgehen, dass viele Verbraucher bei richtiger Information über diese "zusammengesetzte" Garantie davon absehen würden, über die Plattform ein gebrauchtes Gerät zu kaufen.

Energie: Neukunden müssen mehr zahlen

Energiegrundversorger muss nicht alle Kunden zum gleichen Preis beliefern

Ein Verbraucherschutzverband beanstandete die Praxis eines kommunalen Energieversorgers, neuen Kunden in der Grundversorgung teurere Tarife anzubieten. Dieses Vorgehen traf in den letzten Monaten vor allem Kunden, deren Gaslieferanten aufgrund rasch steigender Gaspreise "pleite" gingen und die Lieferungen einstellten. Sie mussten sich notgedrungen nach Alternativen umsehen.

Es sei unzulässig, Haushaltskunden zu unterschiedlichen Preisen zu beliefern und den Tarif vom Datum des Vertragsschlusses abhängig zu machen, kritisierten die Verbraucherschützer. Ihre Unterlassungsklage scheiterte jedoch beim Oberlandesgericht (OLG) Köln (6 W 10/22). Der Grundversorger muss nicht alle Kunden zu gleichen Preisen beliefern, entschied das OLG.

Grundversorger müssten laut Energiewirtschaftsgesetz erstens ihre Vertragsbedingungen und Preise öffentlich bekannt geben und zweitens alle Haushaltskunden zu diesen Bedingungen und Preisen beliefern. Wenn das Gesetz vom Grundsatz der Preisgleichheit ausgehe, sei dies so zu verstehen: Energie dürfe nur zu den veröffentlichten Preisen geliefert werden.

Daraus sei aber nicht die Pflicht zum Einheitstarif abzuleiten. Wenn Energieversorgungsunternehmen in der Grundversorgung ihre Preise festlegten, dürften sie zwischen Altkunden und Neukunden unterscheiden. Natürlich würden so die Neukunden benachteiligt, sie müssten tiefer in die Tasche greifen. Dies sei aber sachlich begründet. Der Einheitstarif als Alternative sähe so aus: Alle Kunden in der Grundversorgung müssten mehr zahlen.

Irreführung auf dem Eierkarton

"Stichprobenartig" getestete Hühner sind nicht "nachweislich salmonellenfrei"

Eine dänische Firma vertreibt ihre Eier auch in Deutschland. Auf den Eierkartons prangt ein auffälliger Aufkleber mit Barcode und dem farblich hervorgehobenen Hinweis: "Eier von nachweislich salmonellenfreien Hühnern". Hintergrund: Seit 2013 werden Legehennen in Dänemark alle zwei Wochen auf Salmonellen getestet. Wegen dieser staatlichen Kontrolle ist Dänemark (mit Schweden und Finnland) in der EU ein Vorreiter im Kampf gegen Salmonellen bei tierischen Produkten.

Trotzdem störte der Aufkleber deutsche Verbraucherschützer. Sie hielten die Angabe auf dem Bio-Eierkarton für irreführend, weil die Legehennen nur alle zwei Wochen stichprobenartig getestet werden. Das stelle keine Garantie dafür dar, dass alle Eier salmonellenfrei seien. Das Landgericht Hannover und das Oberlandesgericht (OLG) Celle gaben dem Verbraucherschutzverein Recht (13 U 84/20).

Die stichprobenartigen, repräsentativen Tests im Stall der Herde stellten zumindest sicher, dass eine Salmonelleninfektion wahrscheinlich entdeckt werde, stellte das OLG fest. Doch die Aussage, die Salmonellenfreiheit der einzelnen Hühner sei nachgewiesen, sei falsch. Der durchschnittlich informierte Verbraucher verstehe so eine Aussage als eine Art Garantie. Tatsächlich sei es aber so: Das Risiko einer Salmonellenbelastung sei bei diesen Eiern gering, keineswegs gleich Null.

Das Versprechen "salmonellenfrei" sei unrealistisch, weil nicht alle Hennen ständig getestet werden könnten. Und mit Tests im Abstand von zwei Wochen könne man unmöglich nachweisen, dass alle Hühner zu dem Zeitpunkt salmonellenfrei waren, als sie genau die Eier im Karton legten. Zwischen zwei Tests könne sich ein Huhn längst infiziert haben und die gelegten Eier verkauft sein.

Darüber mache sich der durchschnittliche Verbraucher angesichts der plakativen und eingängigen Werbeaussage natürlich keine Gedanken. Er werde so beworbene Eier bei gleichem Preis bevorzugen oder auch einen gewissen Preisaufschlag zahlen, weil auf dem Karton "nachweislich" stehe. Die Eierverkäuferin müsse daher die Werbeaussage unterlassen.