Verbraucherschutz

Versicherungsvertrag "untergeschoben"

Unlautere Geschäftsmethoden: Anbieter verlangt Zahlung von Verbrauchern, die keinen Vertrag abgeschlossen haben

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg hat mit der F-GmbH schon einige Streitigkeiten ausgefochten: Das Unternehmen wirbt telefonisch für Gewinnspiele und Zeitschriftenabonnements. Bei Werbegesprächen mit Verbrauchern wird auch eine Testmitgliedschaft für Auslandskrankenversicherungen und Reiserückholversicherungen angeboten und angekündigt.

Die dreimonatige Testmitgliedschaft wandle sich automatisch in einen Versicherungsvertrag um, wenn der Gesprächspartner dem Angebot nicht aktiv widerspreche, behauptet der Anrufer. Diese dubiose Verkaufsmasche war dem Unternehmen schon 2016 verboten worden. Trotzdem mahnte die F-GmbH weiterhin die "Kunden" nach Ablauf des so genannten Testzeitraums, nun den Versicherungsbeitrag zu zahlen. Andernfalls werde sie einen Anwalt einschalten.

So eingeschüchtert, überwies ein Verbraucher einmal den Jahresbeitrag von 89 Euro. Doch als er im nächsten Jahr wieder abgemahnt wurde, wandte er sich an die Verbraucherzentrale. Sie verklagte das Unternehmen erneut auf Unterlassung.

Das Landgericht Limburg untersagte der F-GmbH, Mahnungen zu verschicken und Verbrauchern mit dem Anwalt zu drohen, wenn kein Versicherungsvertrag abgeschlossen wurde (5 O 12/22). Dieses Vorgehen sei unlauter und wettbewerbswidrig.

Ohne wirksame Zustimmung zu einem Versicherungsvertrag habe die F-GmbH dem Verbraucher das "Schutzpaket" in Rechnung gestellt. Dabei habe der Mann nichts unterschrieben und auch mündlich oder mit seinem Verhalten niemals den Willen bekundet, das Angebot annehmen zu wollen. Nicht einmal mit der einmaligen Überweisung des Versicherungsbeitrags habe der Verbraucher dieses Angebot akzeptiert, da er unter Druck gesetzt worden sei.

Nicht erst die Zahlungsaufforderung der F-GmbH unterstelle fälschlicherweise, es sei ein Vertrag geschlossen worden. Schon bei den Werbetelefonaten und in den schriftlichen Unterlagen zur Testmitgliedschaft werde erklärt, Verbraucher müssten "nichts tun", wenn sie das "Schutzpaket" nutzen wollten. Sie müssten nur dem Vertrag widersprechen, falls sie den Vertrag nicht wünschten.

Auch diese irreführende Aussage tue so, als bestünde ein Vertragsverhältnis. Denn nur dann müssten Verbraucher aktiv widersprechen. Niemand sei verpflichtet, eine so genannte Testmitgliedschaft zu kündigen oder anderweitig aktiv zu beenden.

Abspecken mit Genuss

Wer einen Schauspieler für sich werben lässt, muss sich dessen Aussage zurechnen lassen

"Endlich! Ich habe richtig abgespeckt! Und das mit Genuss, ohne dass ich mich quälen muss!" Diese Aussage legte eine Firma einem bekannten Schauspieler in den Mund und warb damit für das Schlankheitsmittel "Figurafit". Ein Gewerbeverband der Pharmaindustrie verlangte von der Firma, diese nachweislich falsche Behauptung nicht weiter mit ihrer Werbung zu verbreiten. Die Firma verteidigte sich damit, das sei eine Äußerung des Schauspielers, die man nicht ihr vorhalten könne.

Das Kammergericht in Berlin untersagte dennoch die unseriöse Werbung (25 U 3069/94). Wer sich fremder Äußerungen bediene, mache sie sich zu eigen und habe daher wettbewerbsrechtlich für sie einzustehen. Die Aussage selbst sei unrichtig: Es entspreche allgemeiner Lebenserfahrung, dass auch nur vorübergehende Unterernährung das Wohlempfinden beeinträchtige. Hungergefühl führe zu besonderer Reizbarkeit, zu Depressionen, Schwindel und Verdauungsstörungen. Die Richter beriefen sich dabei ausdrücklich auf eigene Erfahrungen.

Neutrale Versicherungsvermittler?

Wer von Finanzinstituten oder Versicherungen Provision erhält, ist kein "unabhängiger Berater"

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) beanstandete die Online-Werbung einer Versicherungsmaklerfirma, die Versicherungen und Finanzanlagen vermittelt. Auf ihrer Webseite hatte sich die Firma für "unabhängige Beratung" gelobt. Die Reklame sei unzulässig, fanden die Verbraucherschützer, denn die Firma kassiere von Versicherungen und von Finanzinstituten Provision für erfolgreiche Vertragsabschlüsse.

Das Landgericht Bremen gab dem vzbv Recht (9 O 1081/22). Wer bei Beratungsgesprächen ein eigenes Interesse daran habe, mit Verbrauchern Versicherungsverträge abzuschließen oder ihnen Geldanlagen zu vermitteln, sei kein unabhängiger, neutraler Berater. Das gelte auch dann, wenn die Firma in Einzelfällen — zusätzlich zur Provision vom Finanzinstitut — auch vom Anleger Honorar für die Beratung bekomme. Die Internetreklame sei daher irreführend.

Wer Provisionen kassieren wolle, berate nie komplett unabhängig und "uneigennützig", erklärte der Verband nach seinem Erfolg vor Gericht. Für Verbraucher müsse aber transparent sein, mit wem sie es wirklich zu tun haben: mit einer objektiven, unabhängigen Beratung gegen Honorar oder mit einer provisionsabhängigen Vermittlung. Die Politik müsse hier unbedingt für mehr Klarheit sorgen, welche Vermittler sich in ihren Werbeaussagen als unabhängig bezeichnen dürften. Bisher sei diese Branche für Verbraucher schwer durchschaubar.

"Heißer Flirt — bei uns findest du dein passendes Gegenstück"

Eine Dating-Plattform setzte für "Flirt-Chats" Mitarbeiter mit Scheinprofilen ein

Die Dating-Plattform geizte nicht mit vollmundigen Versprechen wie: "Heißer Flirt — bei uns findest du dein passendes Gegenstück". "Du kannst bei Amourny auf einen Blick erkennen, wer gerade online ist und dich sofort via Flirt, chatten auf die Suche nach interessanten Bekanntschaften begeben. … bietet Menschen mit gleichen Interessen die Möglichkeit, sich näher kennen zu lernen."

Dass der "heiße Flirt" — zu bezahlen mit "Flirtchips" — zum Teil mit Mitarbeitern der Plattform stattfand, wurde den Kunden in den "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" (AGB) des Plattformbetreibers sogar mitgeteilt:

"100% Flirtchance … Allerdings gibt es immer mal einen Mangel an Frauen bzw. Männern, … so dass keine geeigneten Flirtpartner anwesend sind … setzen wir immer mal wieder Controller ein, welche unter anonymen Scheinaccounts Dialoge führen ... unter mehreren Identitäten am Chat teilnehmen … ohne sich zu erkennen zu geben …".

Der Verbraucherzentrale Bundesverband beanstandete die AGB der Dating-Plattform und kritisierte die Werbung als unlauter: Wenn Mitarbeiter unter fiktiven Nutzer-Profilen aufträten, widerspreche dies dem Zweck der Kunden: Sie wollten mit "echten Menschen" flirten, Freundschaften schließen oder sogar eine Partnerschaft erreichen. Dafür zahlten sie Gebühren. "Controller" mit einer Schein-Identität könne aber niemand kennenlernen …

Das Landgericht Flensburg gab den Verbraucherschützern Recht (8 O 29/22). Die einschlägigen AGB-Klauseln seien unwirksam. Angeblich bahne die Dating-Plattform Gespräche und Flirts an, aus denen sich eine persönliche Bekanntschaft entwickeln könne: mit Menschen mit gleichen Interessen. Diesem Vertragszweck widerspreche es aber, beim Chatten Mitarbeiter mit "Fake-Profilen" einzusetzen. Aus einer professionellen Kommunikation entwickle sich kein persönlicher Kontakt.

Controller würden fürs Flirten bezahlt und die Scheinprofile dienten dazu, ihre wahre Identität zu verschleiern. Die Nutzer der Plattform wüssten nie, ob sie es mit einer anderen Nutzerin/einem anderen Nutzer oder mit Controllern zu tun haben. Die Hinweise darauf in den AGB reichten nicht aus, um die mit großspurigen Versprechen geweckten Erwartungen der Kunden auf persönliche Bekanntschaften zu korrigieren. Die Reklame für "Amourny" sei daher irreführend. (Der Betreiber hat die Plattform mittlerweile abgeschaltet.)

Informationspflichten bei Haushaltsgeräten

Reklame für Haushaltsgeräte muss ihre Energieeffizienzklasse und zusätzlich deren Spektrum angeben

Ein deutscher Möbel-Discounter hatte auf seiner Webseite für eine Küchenzeile geworben. Der Internetreklame war zwar die Energieeffizienzklasse des Einbau-Backofens und der Dunstabzugshaube zu entnehmen, doch es fehlte das bei diesen Produkten verfügbare Spektrum der Energieeffizienzklassen. Es ist in der Regel farbig unterlegt auf dem Etikett der betreffenden Geräte abgebildet, z.B. A bis E.

Ein Verband zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hatte die Werbung des Möbel-Discounters als unlauter beanstandet und auf Unterlassung geklagt: Werde nur die Klasse des betreffenden Produkts genannt (der entsprechende Buchstabe), nicht aber das Spektrum, wüssten nicht alle Verbraucher, für welche Qualität dieser Buchstabe im Spektrum der Effizienzklassen stehe. Das mit dem Streit befasste deutsche Gericht legte die Sache dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Klärung vor (C-761/22).

Lieferanten und Händler müssten in der Werbung für Haushaltsgeräte nicht nur die Energieeffizienzklasse der Produkte angeben, bestätigte der EuGH. Sie müssten darüber hinaus auf das Spektrum der Effizienzklassen hinweisen, das auf dem Etikett der Produktgruppen angezeigt werde. Das gelte auch dann, wenn die EU-Kommission — wie bei Backöfen und Dunstabzugshauben — noch keine Details festgelegt habe, wie ein solcher Hinweis in der Reklame aussehen müsse.

Jedenfalls sollte er möglichst so gestaltet sein wie auf den Energieetiketten der Produkte. Energieeffizienzklasse und Spektrum müssten klar und gut sichtbar angegeben werden. Zum Beispiel so: "Die Energieeffizienzklasse dieses Modells/Produkts ist (einschlägiger Buchstabe) innerhalb eines Spektrums von (erster Buchstabe) bis (letzter Buchstabe)". Andere Formulierungen seien aber auch möglich, erklärte der EuGH.

Irreführende Hotelreklame mit Sternen

Nur wer vom Deutschen Hotelverband bewertet wurde, darf mit dessen Klassifizierung werben

Im Internet wurde 2022 für ein Hotel geworben: Drei fünfzackige Sterne prangten auf der Webseite. Klickte der interessierte Verbraucher die Sterne an, folgte der Hinweis, es handle sich um eine Klassifizierung der DEHOGA, d.h. des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes. Tatsächlich war das Hotel jedoch nie vom Branchenverband bewertet worden.

Er forderte deshalb von der Hotelinhaberin, die auch die Internetseite gestaltet, diese Täuschung der Verbraucher künftig zu unterlassen. Zu Recht, entschied das Landgericht Traunstein (1 HK O 2790/22). Internetnutzern werde auf der Webseite vorgespiegelt, den Sternen liege eine offizielle Bewertung durch den Branchenverband DEHOGA zugrunde — was offenkundig nicht zutreffe. Die Reklame sei daher irreführend und verstoße gegen den fairen Wettbewerb.

Wie bei allen Gütesiegeln und Qualitätszeichen gehe der Verbraucher auch bei der Sternebewertung von Hotels davon aus, dass deren Qualität vorher objektiv geprüft worden sei. Eine Klassifizierung sei nur aussagekräftig, wenn die Güte von Produkten — hier eben von Hotels — anhand objektiver Merkmale und Mindestanforderungen von einer neutralen, unabhängigen Stelle kontrolliert wurde, der es dabei nicht um gewerblichen Gewinn gehe.

Irreführender Algorithmus

Unzureichende Ergebnisse bei der Deutsche-Bahn-Suchfunktion "Schnellste Verbindung anzeigen"

Auf der Webseite "bahn.de" und in der App "DB Navigator" bot die Deutsche Bahn AG den Kunden eine Suchmaske an, mit der sie die schnellste Verbindung von A nach B finden konnten. Sie mussten dazu Start und Ziel eingeben, sowie die gewünschte Abfahrtszeit oder Ankunftszeit mit Datum. Standardmäßig voreingestellt: "schnellste Verbindung anzeigen". Regelmäßig bekamen Internetnutzer dann drei Verbindungen genannt.

Der Algorithmus hielt sich stur an die eingegebene Abfahrtszeit und zeigte nach der schnellsten Zugverbindung die jeweils zeitlich folgende zweitschnellste bzw. drittschnellste Verbindung. Nicht angezeigt wurden jedoch schnellere Verbindungen, deren Abfahrtszeit kurz vor der eingegebenen Abfahrtszeit lag.

Das führte im Einzelfall zu absurden Resultaten: Dauerte die schnellste Zugfahrt eine Stunde, wurde ein anderer Zug, der eine Minute vorher abfuhr und für die Strecke ebenfalls eine Stunde brauchte, nicht angezeigt. Während ein Zug, der eine Minute nach der eingegebenen Abfahrtszeit abfuhr und zwei Stunden brauchte, als zweitschnellste Verbindung angezeigt wurde.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt nannte die Suchfunktion "schnellste Verbindung anzeigen" deshalb irreführend (6 W 61/23). Das OLG gab der Deutschen Bahn AG auf, den Algorithmus zu ändern (was vom Bahnunternehmen auch bereits umgesetzt wurde). Verbraucher erwarteten bei so einer Suchanfrage eine Antwort darauf, wie sie möglichst schnell von A nach B gelangten.

Genau das leiste die beanstandete Suchfunktion aber nicht. Letztlich komme es nur auf die objektive Gesamtfahrdauer an. In der Ergebnisliste der Suchfunktion würden aber an zweiter und dritter Stelle nicht die nächstschnelleren Verbindungen genannt, sondern nur solche, die zeitlich später starteten.

Im Laden ist alles teurer als "online"

Auch beim Perückenkauf gilt: Internethandel ist ein "Sondermarkt"

Eine Frau suchte in der Erfurter Innenstadt ein Geschäft für Perücken auf. Eine Verkäuferin beriet sie eineinhalb Stunden lang und stellte ihr diverse Katalogmodelle vor. Einige davon bestellte die Kundin zur Ansicht. Ein paar Tage danach probierte die Frau im Laden fünf Stunden lang nochmals Modelle aus und kaufte dann für 4.000 Euro eine Perücke.

Später stellte die Kundin fest, dass das Modell im Internet zu Preisen zwischen 1.200 und 2.000 Euro angeboten wurde. Daraufhin warf sie der Geschäftsinhaberin Wucher vor. Die Käuferin erklärte den Kaufvertrag für sittenwidrig und verlangte das Geld zurück. Das Amtsgericht Erfurt fand ihre Vorwürfe unberechtigt: Es wies die Klage auf Rückzahlung ab (5 C 522/21).

Mit sittenwidrigem Wucher habe der Preis der Perücke nichts zu tun: Ein Ladengeschäft habe nun einmal deutlich höhere Fixkosten als der Onlinehandel (Ladenmiete, Personal, Energie). Natürlich müsse es daher andere Preise verlangen. Kunden müsse bewusst sein, dass die Preise im stationären Handel in der Regel höher lägen und dafür gebe es objektive Gründe. Der Internethandel stelle einen Sondermarkt dar, der mit dem allgemeinen regionalen Markt nicht vergleichbar sei.

Auch die Leistung, die das Perückengeschäft für die Kundin erbracht habe, sei mit den Online-Angeboten nicht zu vergleichen. Die Perücke sei ja nicht einfach verkauft worden. Vielmehr sei die Kundin in diesem Laden eingehend und umfassend beraten worden. Obendrein habe die Verkäuferin die Perücke für die Kundin individuell angepasst: gekürzt, frisiert und den Wünschen der Kundin entsprechend gestylt. Daher sei der Preis angemessen.

Fluggast trat Billigflug nicht an

Fluggesellschaften müssen Gebühren erstatten, die nur für mitfliegende Passagiere anfallen

Für 27,30 Euro hatte Herr M bei einer Billig-Fluglinie einen Flug von Memmingen nach Kreta gebucht. Vom Flugpreis entfielen 18,41 Euro auf Gebühren, Steuern und Entgelte. Herr M ließ Kreta-Urlaub und Flug sausen.

Seinen Anspruch gegen die Airline auf Erstattung der Gebühren trat er an ein Unternehmen ab, das auf die Durchsetzung von Fluggastrechten spezialisiert ist. Es verlangte von der Airline Rückzahlung der Ausgaben, die sie sich durch den Rücktritt des Kunden erspart hatte.

Mit seiner Klage hatte das Unternehmen beim Bundesgerichtshof (BGH) Erfolg (X ZR 118/22): Wenn ein Passagier einen gebuchten Flug nicht antrete, kündige er damit den Beförderungsvertrag. Dann könne die Fluggesellschaft die vereinbarte Vergütung behalten, so der BGH. Sie müsse aber alle Bestandteile des Flugpreises erstatten, die sie selbst nur dann bezahlen müsse, wenn sie den Passagier tatsächlich befördere.

Vergeblich pochte die Airline im konkreten Fall darauf, dass sie ihre Ticketpreise auch deswegen so günstig gestalte, weil sie mit zusätzlichen Umsätzen rechne (Getränke- und Speisenverkauf, Vermittlung von Mietwagen und Unterkünften). Dieser Gewinn entgehe ihr, wenn ein Kunde einen Flug nicht wahrnehme. Dieses Argument wies der BGH jedoch zurück: Auf Zusatzgewinne habe die Fluggesellschaft keinen Anspruch.

Sie beruhten auf separaten Verträgen und nicht auf dem eigentlichen Beförderungsvertrag. Wenn ein Kunde diesen kündige, solle die Fluggesellschaft zwar dadurch keinen Verlust erleiden. Sie dürfe aber umgekehrt auch nicht von dem Umstand profitieren, dass sie den Vertrag nicht erfüllen müsse. Ausgaben, die nur für mitfliegende Passagiere anfielen, müsse die Airline daher zurückzahlen und zwar unabhängig davon, ob und wie sie diese in ihre Preiskalkulation einbezogen habe.

"Do-Not-Track"

Webseiten müssen so ein Browser-Signal der Internetsurfer beachten

Das soziale Netzwerk LinkedIn, eine Art Internet-Jobbörse, teilte Internetnutzern auf seiner Webseite mit, dass es auf "Do-Not-Track"-Signale nicht reagiere. Mit dieser Funktion ihres Browsers können Internetnutzer signalisieren, dass sie es ablehnen, wenn ihr Surfverhalten für Werbezwecke oder andere Ziele "verfolgt" und ihre persönlichen Daten dafür ausgewertet werden.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband zog gegen das soziale Netzwerk gerichtlich zu Felde und verlangte, LinkedIn müsse — wie alle anderen Webseiten auch — so ein Signal respektieren: Verbraucher, welche die "Do-Not-Track"-Funktion ihres Browsers aktivierten, brächten damit klar zum Ausdruck, dass nicht ausgespäht werden solle, welche Webseiten sie wann und wie oft aufrufen.

So sah es auch das Landgericht Berlin (16 O 420/19). LinkedIn habe auf seiner Webseite den falschen Eindruck erweckt, als sei das "Do-Not-Track"-Signal von Internetnutzern rechtlich bedeutungslos — als könne das soziale Netzwerk dieses Signal einfach ignorieren. Das Gegenteil sei der Fall: Verbraucher widersprächen mit dieser Browser-Funktion wirksam dem Nachverfolgen ihres Surfverhaltens und der Verarbeitung ihrer persönlichen Daten.

Die Verbraucherschützer hatten außerdem beanstandet, dass LinkedIn Nutzern verbot, bei der erstmaligen Anmeldung im Netzwerk die Funktion "Sichtbarkeit des Profils" zu deaktivieren. Auch in diesem Punkt setzte sich der Bundesverband durch: LinkedIn könne seinen Nutzern nicht vorschreiben, dass ihr persönliches LinkedIn-Profil auch für Nicht-Mitglieder und in Suchmaschinen außerhalb des Netzwerkes öffentlich sichtbar sein müsse, entschied das Landgericht.

Exklusive Partnervermittlung

Geld zurück, wenn die Partnervorschläge bei der Kundin keinen Gefallen finden?

Rund 7.400 Euro gab eine Münchnerin aus, um mit Hilfe einer "exklusiven Partneragentur" (so die Eigenwerbung) ihr Liebesglück zu finden. Mit einer Vermittlerin besprach sie ihre berufliche und private Situation. Dann füllte die Frau das Formular "So stelle ich mir meinen Partner vor" aus. Doch von 31 Partnervorschlägen entsprach kein Mann ihrem "Anforderungsprofil".

So blieb die Suche letztlich erfolglos und die Kundin verlangte ihr Geld zurück. Ihr Vorwurf: Anders als vertraglich vereinbart, habe ihr die Agentur keine adäquaten Partner vorgeschlagen. Die Kandidaten hätten nun wirklich keinen besonderen Eindruck gemacht — dabei betone die Agentur doch in der Werbung besonders ihre Exklusivität und verspreche "abgestimmte und handverlesene Partnersuche".

Das Landgericht München I schloss eine Rückabwicklung des Vermittlungsvertrags aus (29 O 11980/22). Darauf habe die Frau keinen Anspruch, so das Landgericht, denn ein grobes Missverhältnis zwischen der Leistung der Agentur und der Höhe des geforderten Betrags sei nicht zu erkennen. Laut Vertrag schulde die Partneragentur der Kundin keine erfolgreiche Vermittlung, sondern "brauchbare Vorschläge", die in etwa ihren Angaben zum Wunschpartner entsprechen. Diese Angaben seien so weit wie möglich berücksichtigt worden (groß, schlank, sportlich ...).

Die Partnervorschläge seien keineswegs als "durchweg unbrauchbar" einzustufen. Die Kundin habe der Agentur u.a. vorgehalten, ihren Wunsch nach einem Partner aus München ignoriert zu haben. Die Agenturmitarbeiterin habe ihr dazu aber mitgeteilt, dass dies die Partnersuche so erschweren würde, dass man sie nicht in die Datenbank aufnehmen könnte.

Dass nur Partner aus München und näherer Umgebung in Frage kämen, sei also nie vereinbart worden, schlussfolgerte das Landgericht. Der Vorwurf der Kundin, dass die Partneragentur die vertraglich vereinbarten Leistungen nicht bzw. schlecht erfüllt habe, sei nicht gerechtfertigt. (Die Kundin hat Berufung gegen das Urteil eingelegt.)

Online-Händler verschickt Waren gegen Aufpreis "per Express"

Diese Option darf auf der Webseite nicht angekreuzt, d.h. voreingestellt sein

Online-Händler Pearl bot auf seiner Webseite einen Kugelgrill zum Preis von 111,99 Euro an. Der Preis galt allerdings nur, wenn der Kunde bei den Versandoptionen anstelle des voreingestellten Expressversands den Standardversand anklickte. Wer keinen Expressversand wollte, musste diese Option aktiv ab-klicken ("Opt-out"). Entschied sich der Kunde dagegen für den voreingestellten Expressversand, musste er einen Euro Expresszuschlag zahlen, also 112,99 Euro.

Dieses Vorgehen verstoße gegen Verbraucherrecht, beanstandete der Verbraucherzentrale Bundesverband. Im elektronischen Geschäftsverkehr dürften Unternehmer für Zusatzleistungen wie den Versand keine Gebühren vereinbaren, indem sie bei dieser Leistung selbst ein Häkchen bzw. ein Kreuz setzten. Das Landgericht Freiburg gab den Verbraucherschützern Recht (12 O 57/22).

Erfolglos hatte der Online-Händler darauf gepocht, er schicke bestimmte Produkte prinzipiell per "Express" und das sei dann keine Zusatzleistung. Er schiebe den Verbrauchern nicht etwa unbemerkt ein Extra-Entgelt unter.

Da der Händler für den Expressversand einen Euro auf den Produktpreis aufschlage, sei der Expressversand als Zusatzleistung anzusehen, stellte das Landgericht fest. Der Expressversand sei angeblich Teil der Hauptleistung, aber im groß herausgestellten Produktpreises von 111,99 Euro sei der Preis für den Expressversand nicht enthalten. Vielmehr komme er "obendrauf", was Verbraucher angesichts der Gestaltung der Internetanzeige leicht übersehen könnten.

Sittenwidriger Ratenkredit

Arbeitnehmer geriet durch weit überhöhte Zinsen in die "Schuldenfalle"

Ein Arbeitnehmer schloss mit einer Bank einen Darlehensvertrag ab, den er online über einen Internet-Marktplatz beantragt hatte. Er lieh sich netto 10.548 Euro. Der Betrag wuchs allerdings durch den effektiven Jahreszins von 18,40 Prozent und eine Restschuldversicherung auf einen Gesamtkredit von 19.339 Euro an. Bei einem Einkommen von 2.000 Euro netto im Monat und einer Miete von 700 Euro war letztlich von vornherein klar, dass sich der Kreditnehmer die Monatsraten von 322 Euro auf Dauer nicht leisten konnte.

Als er tatsächlich mit der Schuldentilgung in Rückstand geriet, zog die Bank vor Gericht und forderte die restliche Kreditsumme (11.548 Euro). Ihr Argument: Die Zinsen seien keineswegs überhöht, denn auf dem Internet-Marktplatz könnten Kreditsuchende die konkreten Konditionen für das Darlehen selbst anhand einiger Vorschläge aussuchen. Außerdem müsse es sich ja für ein Kreditinstitut lohnen, ein so hohes Risiko auf sich zu nehmen. Andere Banken würden einem so wenig kreditwürdigen Kunden gar kein Darlehen gewähren.

Das Landgericht Erfurt wies die Klage der Bank ab (9 O 101/23). Der Kreditvertrag sei wegen sittenwidrig überhöhter Zinsen nichtig. Der vereinbarte effektive Jahreszins (18,40%) stehe in einem auffälligen Missverhältnis zum Marktzins (4,31%), der beim Vertragsschluss für Verbraucherkredite mit einer Laufzeit bis zu fünf Jahren gegolten habe. Von einem auffälligen Missverhältnis sei schon dann auszugehen, wenn die Vertragszinsen doppelt so hoch seien wie der marktübliche Zins.

Hier seien sie vier Mal so hoch. Angesichts eines so massiven Missverhältnisses sei zu vermuten, dass die Bank vorsätzlich oder grob fahrlässig die ökonomisch schwache Lage des Kunden für sich ausgenutzt habe. Dass sich der Kreditnehmer auf dem Internet-Marktplatz selbst für eben dieses Darlehen entschieden habe, ändere daran nichts. Denn online werde die Kreditwürdigkeit der Antragsteller so gut wie nicht überprüft.

Doch die Bank sei dazu verpflichtet. Der Gesetzgeber schreibe "verantwortliche Kreditvergabe" vor (§ 505a Abs.1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch). Das bedeute: Banken dürften Kreditverträge nur abschließen, wenn es keine erheblichen Zweifel daran gebe, dass Kreditnehmer die Raten aufbringen könnten. Einen erhöhten Zinssatz zu vereinbaren, um die von vornherein fehlende Kreditwürdigkeit eines Kunden auszugleichen, sei unzulässig.

Kein Mobilfunknetz in der Wohnung

Der Mobilfunkanbieter muss den Kunden für zehn Monate Netzausfall entschädigen

Ein Mobilfunkkunde konnte in seiner Wohnung nicht mehr telefonieren. Nach ein paar Wochen meldete er dem Unternehmen die Störung: Da sei wohl ein Mobilfunkmast ausgefallen. Neun Monate später funktionierte das Netz immer noch nicht. Nun reichte es dem Kunden: Seit zehn Monaten zahle er für nichts! Der Kunde zog vor Gericht und verlangte finanziellen Ausgleich.

Der Mobilfunkanbieter sah das überhaupt nicht ein: Der Sendemast vor Ort sei gar nicht ausgefallen, sondern nur ausgelastet gewesen, weil andere Basisstationen gestört waren. Und im Übrigen hätte der Kunde ja über WLAN telefonieren können. Mit dieser Argumentation kam das Unternehmen jedoch beim Landgericht Göttingen nicht durch: Es muss dem Kunden 2.800 Euro Entschädigung zahlen (4 O 78/23).

Wenn nach einer Kundenbeschwerde eine Störung nicht innerhalb von zwei Tagen beseitigt werde, könnten Verbraucher laut Telekommunikationsgesetz Entschädigung verlangen: ab dem Folgetag für jeden Tag des vollständigen Ausfalls der vereinbarten Dienstleistungen. Eine Störung liegt nach Ansicht des Landgerichts auch vor, wenn nicht der Sendemast am Wohnort des Kunden ausfällt, sondern andere Basisstationen.

Um eine Störung anzunehmen, sei kein Mindestradius für einen Ausfall des Funkdienstes erforderlich. Letztlich sei der für den Kunden "zuständige" Sendemast nicht funktionsfähig gewesen — nur darauf komme es an. Der Mobilfunkanbieter könne Kunden erst recht nicht auf die Möglichkeit verweisen, ersatzweise mit per WLAN zu telefonieren: Angesichts der Mängel bei der WLAN-Versorgung sei das WLAN kein gleichwertiger Ersatz für das Telefonieren mit Mobilfunk.

Maklervertrag abgeschlossen?

Der Hauskäufer hatte auf der Makler-Webseite einen mit "Senden" beschrifteten Button angeklickt

Auf der Suche nach einem Einfamilienhaus fand Herr B die Makleranzeige einer Sparkasse auf einem Internetportal: Das Objekt interessierte ihn. Er vereinbarte mit einem Sparkassenmitarbeiter und der Hauseigentümerin einen Besichtigungstermin, bekam vom Mitarbeiter Unterlagen zum Haus. Ein Kaufangebot von B über 900.000 Euro lehnte die Sparkasse ab. B gab ein Wertgutachten in Auftrag und bot nach einer zweiten Besichtigung direkt der Verkäuferin einen Kaufpreis von 985.000 Euro an.

Als der Kaufvertrag zustande gekommen war, forderte die Sparkasse von B 29.303 Euro Provision (3,57% des Kaufpreises). Doch der Immobilienkäufer zahlte nicht und ließ es auf einen Rechtsstreit ankommen: Er habe mit der "Maklerin" keine Provisionszahlung vereinbart. Dagegen pochte die Sparkasse auf einen Maklervertrag: Nach dem Besichtigungstermin habe ihr Mitarbeiter dem Kaufinteressenten eine E-Mail mit Link zu ihrer Maklerwebseite mit folgenden Vertragsformular geschickt:

"Ich bestätige, den Maklervertrag, die Informationen für Verbraucher und die Widerrufsbelehrung vollständig gelesen und verstanden zu haben. Ich nehme das Angebot auf Abschluss eines Maklervertrags … an". Diese Willenserklärung habe B durch das Anklicken der Schaltfläche "Senden" an den Mitarbeiter zurückgeschickt und damit einen Maklervertrag geschlossen.

Dem widersprach das Landgericht Stuttgart (30 O 28/22). Die Online-Willenserklärung binde den Käufer nicht, da sich die Sparkassen-Maklerin nicht an die gesetzlichen Vorschriften zum elektronischen Geschäftsverkehr gehalten habe, die Verbraucher vor Kostenfallen im Internet schützen sollten. Demnach müssten Unternehmer — also auch Makler — Schaltflächen so beschriften, dass es für den Verbraucher eindeutig klar sei, wenn er mit einem "Klick" einen Vertrag schließe bzw. sich zu einer Zahlung verpflichte.

Diesen Anforderungen entspreche das Wort "Senden" nicht, daher könne die Sparkasse keine Maklerprovision verlangen. Anders wäre der Fall zu beurteilen, wenn ein Maklervertrag durch individuelle Kommunikation per Mail ausgehandelt worden wäre. Hier habe es sich aber um einen Link zur Internetseite der Sparkasse mit einer vorformulierten Willenserklärung gehandelt. Wenn der Kunde nur die Möglichkeit habe, eine von der Maklerin vorgegebene Willenserklärung auszuwählen, handle es sich nicht um individuelle Kommunikation.

Motorsportboot mit Schäden verkauft

Kann der Verkäufer die Mängel nicht vollständig beseitigen, muss er zusätzlich den Preis mindern

Ein Paar hatte 2018 für 90.000 Euro ein Motorsportboot gekauft (Quicksilver Activ 875 Sundeck), das schon bei der Lieferung Mängel aufwies. Der Verkäufer war bereit, sie auszubessern. Allerdings brauche er dafür eine beheizte Halle mit Wasseranschluss, teilte er mit. So eine Werkstatt hatten die Käufer natürlich nicht.

Nach einigem Hin und Her bot der Verkäufer doch an, das Boot zwecks Reparatur abzuholen. Zusätzlich den Kaufpreis zu mindern, lehnte er aber ab: Werde von den Käufern Nachbesserung verlangt, könnten sie daneben keine weiteren Ansprüche erheben.

Das Landgericht sah das genauso. Doch beim Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hatten die Käufer mit ihrer Berufung Erfolg (8 U 85/23). Käufer einer mangelhaften Sache dürften auch dann Nachbesserung verlangen, wenn feststehe, dass der Verkäufer die Mängel nicht vollständig beseitigen könne, so das OLG. Und so liege der Fall hier: Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen sei das Motorsportboot auch bei fachgerechter Reparatur weniger wert.

An den schadhaften Stellen könnten sich — trotz der Ausbesserungen, allein durch normalen Gebrauch des Bootes — weitere Risse bilden, weil die Struktur von Laminat und Gelcoat dort erschüttert sei. Ebenso an Ecken, Kanten und Nischen. Die Käufer müssten also bei einem Weiterverkauf die Reparatur offenbaren und den Interessenten natürlich einen Preisnachlass anbieten, weil die Möglichkeit bestehe, dass die Mängel wieder auftreten.

Wenn Käufer eine Nachbesserung wünschten, obwohl die Mängel dadurch nicht nachhaltig zu beheben seien, stehe ihnen darüber hinaus finanzieller Ausgleich für den Minderwert der Kaufsache zu. Der Bootsverkäufer müsse den Kaufpreis um 14.590 Euro mindern. Sollte die Kombination von "Mängelreparatur" und Preisminderung für den Verkäufer unzumutbar sein, bleibe ihm noch die Alternative, den Käufern stattdessen ein neues, einwandfreies Ersatzprodukt zu liefern.

Mangelhafte Einbauküche?

Mängel rechtfertigen keinen Rücktritt vom Kauf, wenn es weniger als 5 % des Preises kostet, sie zu beheben

Bei einem Händler hatten Eheleute eine Einbauküche für ihr neu errichtetes Fertighaus gekauft: Inklusive Elektrogeräte und Montage kostete sie 21.250 Euro. Kaum war die Küche montiert, rügten die Käufer unzählige Mängel. Sie setzten dem Händler erst erfolglos eine Frist zur Nachbesserung und erklärten dann den Rücktritt vom Kaufvertrag. Diverse Gutachten zu den Fehlern der Küche wurden angefertigt.

Doch die Klage der Käufer auf Ausbau der Küche und Rückzahlung des Kaufpreises wurde vom Landgericht Landshut abgewiesen. Ihre Berufung scheiterte beim Oberlandesgericht (OLG) München (7 U 4188/21). Da die Vergütung für die Montage nur einen Bruchteil des Gesamtpreises der Küche ausgemacht habe (7,2%), sei der Vertrag als Kaufvertrag einzustufen und nicht als Werkvertrag, stellte das OLG zunächst fest.

Geringfügige Mängel der Kaufsache berechtigten Käufer nicht dazu, vom Kaufvertrag zurückzutreten. Laut Sachverständigengutachten seien viele Mängel, die das Ehepaar beanstandet habe, nicht als solche anzusehen. Ziehe man diese von der langen Liste ab, bleibe Folgendes übrig: Die Dunstabzugshaube sei nicht exakt mittig zwischen den Fenstern platziert. Das sei von einem Handwerker leicht zu korrigieren (für 141 Euro). Des Weiteren fänden sich Lappalien wie eine kratzende Schubladenschiene (46 Euro) und eine fehlende Zierleiste (58 Euro).

Dass es die Monteure des Verkäufers waren, die zusätzlich Kratzer an der Oberfläche verursacht hätten, sei gar nicht bewiesen. Selbst wenn man jedoch die paar Kratzer mit-berücksichtige, koste die Mängelbeseitigung insgesamt nur 538 Euro brutto (inklusive Anfahrt des Handwerkers). Das seien 2,53 Prozent des Gesamtpreises. Wenn es weniger als fünf Prozent des Kaufpreises koste, Mängel zu korrigieren, sei von einer unerheblichen Vertragsverletzung des Verkäufers auszugehen, die die Käufer nicht berechtige, das Geschäft rückgängig zu machen.

Widerruf eines Handwerkervertrags

Kein Widerrufsrecht des Verbrauchers bei telefonischer Auftragsvergabe am Tag nach dem Angebot

Ein Hauseigentümer ließ von einem Dachdeckerbetrieb die Dachrinnen erneuern. Bei dieser Arbeit fiel einem der Handwerker auf, dass der Wandanschluss des Daches undicht war. Darauf wies er den Auftraggeber hin. Vor Ort erläuterte der Dachdeckermeister dem Hauseigentümer, was zu tun wäre und schätzte die Kosten auf ca. 1.200 Euro. Am nächsten Tag meldete sich der Auftraggeber per Telefon und erteilte den zusätzlichen Auftrag.

Nachdem der Handwerksbetrieb alles einwandfrei erledigt hatte, widerrief der Hauseigentümer beide Aufträge schriftlich und verlangte den Werklohn zurück. Diese Möglichkeit, Geld zu sparen, hatte er in einem Flyer entdeckt, den er nun dem Handwerker überreichte. Titel des Flyers: "Der Handwerker-Widerruf — Schützen Sie sich vor unseriösen Handwerkern". Der überaus seriöse Dachdecker ließ sich darauf allerdings nicht ein.

Von der Justiz wurde der Streit unterschiedlich beurteilt: Während das Amtsgericht den Widerruf der Handwerkerverträge für missbräuchlich hielt, gab das Landgericht Hannover dem Hauseigentümer in Bezug auf den Zusatzauftrag Recht.

Doch der Bundesgerichtshof (BGH) hob dieses Urteil wieder auf. Begründung: Wenn das Angebot des Handwerkers und die Vertragsannahme durch den Verbraucher zeitlich und räumlich auseinanderfallen, besteht kein Widerrufsrecht (VII ZR 151/22).

Das Landgericht habe unzulässig den Einwand des Dachdeckers ignoriert, dass die Parteien den Zusatzauftrag nicht schon am Haus geschlossen haben, so der BGH. Beim Ortstermin habe der Handwerker dem Hauseigentümer erklärt, welche Arbeiten erforderlich seien, um den defekten Wandanschluss zu reparieren. Dieser habe das Angebot des Handwerkers aber erst am Folgetag telefonisch angenommen. Erst damit sei der Vertrag zustande gekommen.

Das Widerrufsrecht des Verbrauchers setze nicht nur voraus, dass ein Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden sei. Darüber hinaus müssten auch beide Vertragsparteien beim Vertragsschluss persönlich anwesend sein, Angebot und Annahme müssten gleichzeitig erfolgen. Schließlich solle das Widerrufsrecht Verbraucher davor schützen, außerhalb von Geschäftsräumen — also in einer möglicherweise überraschenden Situation — vorschnell eine geschäftliche Entscheidung zu treffen.

Wenn ein Verbraucher jedoch — wie hier — "eine Nacht drüber schlafen" könne, habe er die Möglichkeit, sich die Entscheidung gründlich zu überlegen. Unter diesen Umständen benötige er kein Widerrufsrecht. Der Hauseigentümer habe weder unter Zeitdruck gestanden, noch habe die Gefahr bestanden, von einem überraschenden Angebot "überrumpelt" zu werden. Wer das Angebot eines Handwerkers vom Vortag telefonisch annehme, bekomme kein Geld zurück, wenn er nach getaner Arbeit den Vertrag widerrufe.

Irreführende E-Mail von der Fluggesellschaft

Kunde klickt die Option "Ich möchte eine Erstattung anfordern" an und storniert damit die Flugbuchung

Herr H hatte bei einer Fluggesellschaft einen Hin- und Rückflug von Nürnberg über Zürich nach Miami gebucht und dafür rund 4.000 Euro gezahlt. Ein halbes Jahr vor dem USA-Urlaub teilte das Unternehmen per E-Mail mit, in Nürnberg werde die Maschine eineinhalb Stunden später starten als geplant. Der Kunde könne die geänderte Buchung akzeptieren, die Reise verschieben oder eine Erstattung anfordern. Diesen drei Optionen waren Buttons zugeordnet, per Mausklick sollte H eine Option wählen.

H klickte Button 3 an, dessen Text lautete: "Ich möchte eine Erstattung anfordern". Eine Warnung, dass er damit den Beförderungsvertrag kündigte, erfolgte nicht. Die Airline bestätigte auch nicht, dass nun die Buchung storniert war. Zwei Tage später erhielt H ohne weitere Hinweise eine Erstattung von 432 Euro. Er meldete sich beim Online-Service-Center und wurde informiert. Nun forderte er die Airline auf, die Buchung wiederherzustellen: Das sei ja wohl ein Irrtum gewesen.

Da das Unternehmen darauf nicht reagierte, kam es zum Streit über die Ticketkosten. Die Fluggesellschaft müsse sie zurückzahlen, entschied das Amtsgericht Köln: H habe mit dem Klick auf Button 3 die Buchung nicht wirksam storniert (133 C 189/22). Formulierungen auf Buttons zum Anklicken müssten eindeutig sein. Die Regeln für Online-Verbraucherbestellungen seien auch auf standardisierte E-Mails anwendbar, in denen Unternehmen Verbrauchern per Auswahl-Button die Vertragsbeendigung ermöglichten.

Zum Schutz der Verbraucher müssten in beiden Fällen die Schaltflächen verständlich sein und korrekt auf alle Konsequenzen des Klicks hinweisen. Gegen diese Regel werde hier im E-Mail-Text und mit dem Button-Text krass verstoßen. Die Formulierung "Ich möchte eine Erstattung anfordern" sei komplett irreführend: Denn der Kunde erhalte nach den Tarifbedingungen des Unternehmens nicht den Ticketpreis zurück, sondern nur Steuern und Gebühren.

Dabei sei im Begleittext der Mail sogar vom "Recht auf eine Erstattung des Ticketpreises" die Rede. Erst bei Prüfung der Reiseunterlagen könnten Kunden entdecken, dass damit in Wahrheit nicht der Ticketpreis, sondern Steuern und Gebühren gemeint seien. Der E-Mail-Text lasse auch keinen Schluss darauf zu, dass der Kunde mit einem Klick auf Option 3 den Beförderungsvertrag kündige — ohne dazwischen geschaltete Sicherheitsabfrage (Wollen Sie die Buchung wirklich stornieren?) und ohne Aussicht auf Erstattung des Flugpreises.

Flug-Handgepäck nur begrenzt kostenfrei

Kurzartikel

Eine Fluggesellschaft kann die kostenfreie Mitnahme von Handgepäck beschränken auf Gepäckstücke einer gewissen Größe (hier: 40 cm x 30 cm x 25 cm). Für das Befördern von Handgepäck dürfen Flugunternehmen prinzipiell keinen Aufpreis verlangen, wenn Gewicht und Größe vernünftigen Anforderungen entsprechen. Das ist hier aber der Fall: Die von der Airline vorgegebenen Maße sind so angemessen, dass sie nicht dazu führen, dass Passagiere praktisch immer Zuschlag für Gepäck zahlen müssen.