Jäger S ist Inhaber eines forstwirtschaftlichen Betriebs in seinem Eigenjagdrevier. Beim Landratsamt beantragte er im Herbst 2022 wegen massiver Bissschäden in seinem Wald zum wiederholten Mal, die Jagdzeit zu verlängern. Genauer: die am 16. Januar beginnende Schonzeit für weibliches Rehwild und Kitze bis 15. Februar 2023 aufzuheben. Andernfalls könne er seine Rehwild-Abschussquote nicht erfüllen.
Das Wild bleibe mittlerweile bis in den Februar hinein auf den Feldern, erklärte Jäger S, und ernähre sich dort von Körnermais. Da könne man wegen der vielen Spaziergänger und anderer Freizeitaktivitäten nicht schießen. Erst im Spätwinter ziehe das Wild in den Wald, in der sensibelsten Zeit für neu angepflanzte Bäume. Knospen seien für Rehwild ein "gefundenes Fressen". In dieser Zeit drohe besonders hoher Schaden, umso wichtiger sei es, Wild zu schießen. Ansonsten werde es fast unmöglich, Laubhölzer neu aufzuforsten.
Das Landratsamt lehnte den Antrag ab: Der Jagdbeirat sei aus wildbiologischen Gründen dagegen, Ausnahmen von der Schonzeit zuzulassen und dem Wild im Winter die Ruhezeit zu nehmen. Das Abschuss-Soll sei bis 15. Januar problemlos zu erreichen, wenn man in der restlichen Jagdsaison richtig vorgehe. Außerdem verringere es den Wildverbiss nicht erheblich, wenn die Jagdzeit verlängert werde.
Das Verwaltungsgericht München stellte sich auf die Seite des Forstwirts (M 7 E 23.132). Er habe nachvollziehbar vorgetragen, dass ihm unzumutbare wirtschaftliche Schäden drohten. Auf Flächen mit Totalausfall könne dies rund 10.000 Euro je Hektar ausmachen, habe der gerichtliche Sachverständige errechnet. Da das Revier von S zwischen landwirtschaftlichen Flächen mit viel Maisanbau liege, ziehe das Rehwild erst in der Schonzeit vermehrt in den Wald und weide dort die ersten Sprösslinge der Forstkulturen ab.
Die Mischbaumarten litten besonders am Schalenwildverbiss. Dass gerade die Neupflanzungen beschädigt werden, störe den Waldumbau massiv, der aufgrund des Klimawandels dringend notwendig sei. Auf den Flächen mit Naturverjüngung sei jetzt schon zu erkennen, dass die Baumarten Eiche, Buche und Ahorn komplett ausfallen könnten. Deshalb müsse der Rehwildbestand im Revier dringend reduziert werden, wenn der angestrebte Wechsel zu Mischbeständen gelingen solle.
Aus der Tatsache, dass sich der Wildverbiss nach bisher erst einmaliger Verkürzung der Schonzeit nicht merklich verbessert habe, dürfe man nicht voreilig darauf schließen, dass die Maßnahme "nichts bringe", betonte das Gericht. Wie sich der vermehrte Abschuss auswirke, könne man frühestens nach Ablauf eines Jagdjahres bewerten.