Umweltfragen

Öl im Erdreich versickert?

Sachverständiger widerlegt den Verdacht: Grundstückseigentümer muss das Gutachten nicht bezahlen

Auf einem Abstellplatz für Lkws und Baumaschinen wurden schwarze Brocken im Erdreich gefunden. Das Landratsamt befürchtete, das Grundwasser könnte verseucht sein: Möglicherweise sei Öl versickert. Ein Ingenieur wurde beauftragt, ein Gutachten zu erstellen. Die Angelegenheit entpuppte sich jedoch als harmlos: Nur bis zur Tiefe von zehn Zentimetern fanden sich Ölspuren, eine Umweltgefährdung konnte ausgeschlossen werden.

Das hinderte das Landratsamt jedoch nicht daran, dem Grundstückseigentümer die Gutachterkosten aufzuerlegen. Begründung: Er sei der Anlass für die Untersuchung gewesen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hob diese Kostenentscheidung auf (22 B 91.3523). Es sei zwar richtig, dass man einen Grundstückseigentümer sozusagen als "Veranlasser" von Kosten einstufen könne, wenn sich auf seinem Grund eine Gefahrenquelle befinde.

Da ihre Befürchtungen aber durch das Gutachten entkräftet worden seien, müsse die Behörde die Kosten tragen. Sie sei in diesem Fall nämlich im Interesse der Allgemeinheit tätig geworden. Anders wäre nur zu entscheiden, wenn der Grundstückseigentümer das Einschreiten der Behörde provoziert hätte. Dafür gebe es aber keine Anhaltspunkte.

Mächtige Linde stört den Nachbarn

WEG muss überhängende Äste so weit zurückschneiden, wie es die Baumschutzverordnung erlaubt

Im Garten einer Wohnungseigentumsanlage steht eine mächtige Linde — direkt an der Grundstücksgrenze. Ihre ausladende Krone von ca. zwölf Metern ragt weit ins angrenzende Grundstück hinein und verschattet das Wohnhaus des Nachbarn. Wegen des Lichtmangels sind schon einige seiner Mieter vorzeitig ausgezogen. Die Wurzeln des Baums dringen im Nachbargrundstück an die Oberfläche, Wurzeln und Blätter verstopfen das Siel zum Kellereingang.

Nach vielen Beschwerden des Nachbarn beantragte die Eigentümergemeinschaft (WEG) beim Bezirksamt Hamburg-Altona die Erlaubnis, die Linde zu fällen. Das komme bei so einem gesunden Baum nicht in Frage, teilte die Behörde mit. Schatten auf dem Wohnhaus rechtfertige es nicht, eine vitale Linde abzuholzen. Das verstieße gegen die Baumschutzverordnung. Das Bezirksamt genehmigte nur einen Pflegeschnitt der Baumkrone.

Dem Nachbarn dauerten die Verhandlungen mit der Behörde zu lange, einen Pflegeschnitt hielt er sowieso für unzureichend. Er zog vor Gericht und verlangte von der WEG, die Äste und Wurzeln der Linde bis zur Grundstücksgrenze zurückzuschneiden — vorausgesetzt, dies werde vom Bezirksamt erlaubt. In Bezug auf die Äste setzte sich der Nachbar beim Amtsgericht Hamburg-Altona durch (317 C 18/22).

Grundsätzlich müssten Grundstückseigentümer dafür sorgen, dass überhängende Zweige die Nachbarn nicht beeinträchtigten, so das Amtsgericht. Allerdings dürften Eingriffe nicht gegen die Hamburger Baumschutzverordnung verstoßen: Naturschutz gehe vor, wenn ein Baum — wie die Linde — grundsätzlich erhaltenswert sei. Eingriffe würden nur ausnahmsweise genehmigt, wenn ein Baum das Eigentum des Nachbarn unverhältnismäßig beeinträchtige, d.h. massiver, als dies bei Bäumen üblich sei.

Nach dem Gutachten des Baumsachverständigen sei ein Rückschnitt der Krone akzeptabel, wenn keine Äste beschnitten würden, die dicker als fünf Zentimeter seien. Soweit dürfe und müsse die WEG die Lindenkrone stutzen. Ein Rückschnitt der Wurzeln würde dagegen die Standsicherheit des Baumes gefährden.

Auf diese Maßnahme habe der Nachbar keinen Anspruch, weil die Wurzeln keine besonderen Nachteile verursachten. Überirdisches Wurzelwachstum gehöre zu den typischen Begleiterscheinungen von Bäumen, die in der Regel hinzunehmen seien. Außerdem sei das Wachstum hier auch auf eine fehlerhaft verlegte Wurzelsperre zurückzuführen, die man eventuell korrigieren könne.

Verbotene Pflanzenschutzmittel

Der Schutz der Bienen darf nicht durch eine Notfallzulassung für Pestizide ausgehebelt werden

Die Pestizide Clothianidin und Thiamethoxam waren 1991 von der Europäischen Union (EU) als Pflanzenschutzmittel zugelassen worden. Doch 2018 wurden sie von der EU verboten, weil inzwischen klar geworden war, dass sie für Bienen eine große Gefahr darstellen. Die Wirkstoffe sollen für das Bienensterben (mit-)verantwortlich sein. Seit 2018 dürfen daher Pflanzen aus Saatgut, das mit diesen Wirkstoffen besprüht wurde, nur im Gewächshaus gezogen werden und keinesfalls ins Freiland gelangen.

Trotzdem genehmigte das belgische Landwirtschaftsministerium den Einsatz beider Stoffe und erklärte dies zur "Notfallzulassung": Gemüsebauern dürften sie vorbeugend bei Saatgut von Zuckerrüben, Kopfsalat, Chicorée und anderem Gemüse anwenden, das fürs Freiland bestimmt sei.

Dagegen klagten ein Imker und einige Naturschutzverbände. Der belgische Staatsrat legte das Verfahren dem Europäischen Gerichtshof vor, der in dieser Frage ein eindeutiges Stoppschild aufstellte (C-162/21): EU-Mitgliedstaaten dürften Pflanzenschutzmittel, die die EU ausdrücklich verboten habe, auch nicht per Notfallzulassung genehmigen.

Belgien verweise damit zwar auf eine Ausnahmevorschrift in der Pflanzenschutzmittelverordnung. Doch die Ausnahmeregel sei nur auf Wirkstoffe anwendbar, die in dieser Verordnung nicht ausdrücklich genannt seien. Ziel der EU-Pflanzenschutzmittelverordnung sei es, die Gesundheit von Menschen und Tieren zu schützen. Diese Aufgabe habe Vorrang vor dem Ziel, die Pflanzenproduktion zu effektivieren.

Vier Eichen gefällt und Hecke entfernt

Verstoß gegen das Naturschutzgesetz: Landwirt muss die Gehölze wieder anpflanzen

Ein Landwirt hatte auf seinen Ackerflächen eine 110 Meter lange Weißdornhecke abgeholzt und vier alte Eichen fällen lassen. Das Holz verwertete er als Brennholz und für einen Zaun. Die Hecke pflanzte er am Rand einer Bundesstraße neu. Dennoch brachte ihm der Kahlschlag Ärger mit der Naturschutzbehörde ein.

Der Landwirt müsse die Bäume, die Teil eines Biotops gewesen seien, neu anpflanzen, lautete der Bescheid. Auf intensiv bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen seien Hecken und Bäume Unterschlupf für viele Tierarten. Das Naturschutzgesetz verbiete es, ohne vernünftigen Grund wilde Pflanzen zu beseitigen und "Lebensstätten wild lebender Tiere" zu zerstören. Dafür sei zumindest eine Ausnahmeerlaubnis zu beantragen.

Gegen die "Pflicht zur Wiederherstellung" zog der Landwirt vor Gericht: Hier gehe es nicht um wilde Pflanzen, sondern um eine von ihm kultivierte Hecke und um Bäume, die dem landwirtschaftlichen Betrieb dienten. Mit Bedacht habe er reife, alte Bäume gewählt, das Holz "geerntet" und bestimmungsgemäß verwendet. Er müsse auch Landschaftselemente verändern und dem Bedarf anpassen können. Die Behörde dürfe auf Nutzflächen keine absolute Veränderungssperre erlassen.

Doch auch beim Verwaltungsgericht (VG) Hannover ging die Abwägung zwischen Naturschutz und den Interessen des Landwirts zu dessen Ungunsten aus (12 A 2491/18). Eichen seien keine angebauten Nutzpflanzen wie Obstbäume, so das VG: Hecken und Baumreihen seien wild lebende Pflanzen und Fortpflanzungs- und Ruhestätten für viele Vögel und Insekten. "Lebensraum" für diverse Tierarten abzuholzen, sei rechtswidrig.

Der Landwirt habe Natur in Kulturlandschaft umgewandelt. In erster Linie habe er die Gehölze entfernt, um die Bewirtschaftung des Ackerlands zu effektivieren — Fläche dazuzugewinnen und zwei Teilflächen zu vereinen. Nach den Maßstäben des Naturschutzgesetzes stelle das keinen "vernünftigen Grund" für das Beseitigen von Bäumen dar. Auch nach den Leitlinien der Landwirtschaftskammer seien solche "naturbetonten Strukturelemente" zu erhalten, weil sie wichtige Funktionen für das biologische Gleichgewicht und den Klimaschutz erfüllten.

Wenn die strengen Vorschriften Landwirte wirtschaftlich übermäßig belasteten, müssten sie Befreiung beantragen. Sinn dieses Verfahrens: Sie sollten nicht eigenmächtig in die Natur eingreifen. Und wenn ein Eingriff im landwirtschaftlichen Interesse ausnahmsweise genehmigt werde, solle die zuständige Fachbehörde zugleich über geeignete Ausgleichsmaßnahmen entscheiden.

Zoff um Abgase in der Tiefgarage

BMW-Fahrer darf den Motor nur noch 90 Sekunden lang warmlaufen lassen

In einer privaten Tiefgarage gerieten zwei Nutzer benachbarter Stellplätze aneinander. Herr A fand es unmöglich, dass Herr B seinen BMW 525 in der Garage mehrere Minuten lang warmlaufen ließ, bevor er wegfuhr. Er wies ihn auf den Ausstoß von Kohlenmonoxid hin, mit dem er die Garage "verpeste". Da stieß Herr A aber bei Herrn B auf wenig Verständnis. Nach einigen Streitereien zog A vor Gericht, um sein Anliegen durchzusetzen.

Andere Nutzer von Stellplätzen müssten die von B verursachten Abgase nicht unbeschränkt dulden, bestätigte das Landgericht Berlin (67 S 44/22). Abgase konzentrierten sich in einer Tiefgarage schneller als auf offener Straße und beeinträchtigten die Luftqualität, vom Lärm einmal ganz abgesehen. B dürfe den Motor also nicht unnötig laufen lassen. Unnötig sei der Betrieb eines Motors allerdings nur, wenn dafür kein technischer Grund vorliege.

Herr B habe eingeräumt, dass er den Motor jeweils ein bis zwei Minuten warmlaufen lasse, und betont, das sei technisch notwendig, wenn der Wagen länger gestanden habe. Denn nach der Starthilfe sorge das Leerlaufventil erst ca. 60 bis 70 Sekunden, nachdem das Fahrzeug angesprungen sei, für gleichmäßigen Leerlauf. Ein gewisser zeitlicher Vorlauf, bevor der BMW-Besitzer den Wagen bewege, sei ihm also zuzubilligen.

Das schließe aber die Forderung von A nicht aus, dass B möglichst "abgasarm" starten solle. Herr B müsse künftig seinen BMW baldmöglichst nach der Starthilfe aus der Tiefgarage herausfahren — höchstens aber 90 Sekunden nach der Zündung des Motors. Länger als 90 Sekunden dürfe er den Motor nicht mehr warmlaufen lassen.

Keine Freizeitfischerei im "Fehmarnbelt"

Im Naturschutzgebiet in der Ostsee soll vor allem der Dorsch geschützt werden

Zwischen der deutschen Ostseeinsel Fehmarn und der dänischen Ostseeinsel Lolland liegt das Naturschutzgebiet Fehmarnbelt, das zum europäischen ökologischen Netz "Natura 2000" gehört. Auf 23 Prozent der Fläche des Naturschutzgebiets, genannt "Zone", ist Freizeitfischerei verboten.

Dagegen klagten Fischer, die mit ihren Fischkuttern gegen Entgelt Angelfahrten für Freizeitfischer anbieten: Das Verbot gefährde ihre wirtschaftliche Existenz, so ihr Argument. Die Kunden seien in erster Linie daran interessiert, in der "Zone" Dorsche zu angeln.

Das zu verhindern, sei gerade der Sinn des Verbots, erklärte das Verwaltungsgericht Köln (14 K 325/20). Schutzwürdig und schutzbedürftig sei das gesamte Naturschutzgebiet aufgrund seiner Riffstrukturen, vor allem aber der Dorsch. Er halte sich vorwiegend in diesem Gebiet auf und befinde sich bereits in einem äußerst schlechten Erhaltungszustand. Das Verbot der Freizeitfischerei sei rechtmäßig, denn es geeignet und erforderlich, um die Dorsche zu schützen.

Umweltschutz besitze Verfassungsrang und überwiege hier das Recht der Kläger, ihr Gewerbe uneingeschränkt zu betreiben. In weiten Teilen des Schutzgebietes und auch außerhalb sei im Rahmen der EU-Vorschriften Freizeitfischerei zulässig. Die Anbieter von Angelfahrten hätten nicht belegen können, dass das Ausweichen auf andere Fanggründe ihren Gewinn wirklich in existenzgefährdendem Umfang reduziert habe. Träfe das zu, könnten sie beim Bundesamt für Naturschutz eine Ausnahmeerlaubnis beantragen.

"Klimaneutraler" Müllbeutel

Ist so eine Werbeaussage auf der Müllbeutel-Verpackung irreführend?

Ein Unternehmen produziert und vertreibt Haushalts- und Hygieneartikel, unter anderem Müllbeutel. Unter dem Markennamen X werden die Beutel in unterschiedlichen Varianten angeboten, darunter auch eine Produktserie "X klimaneutral". "X klimaneutral" steht über der Reklame und auf der Verpackung der Müllbeutel. Daneben findet sich ein blau unterlegter Hinweis, dass das Unternehmen zertifizierte Klimaschutzprojekte unterstützt.

Verbraucherschützer beanstandeten die Werbung als unlauter: Ohne CO²-Ausstoß könne man keine Müllbeutel herstellen. Deshalb müssten die Werbung und der Aufdruck auf der Verpackung als irreführend verboten werden. Zumindest seien sie um zusätzliche Informationen zu ergänzen.

Die Angabe "klimaneutral" sei nicht irreführend, fand dagegen das Oberlandesgericht Schleswig: Es wies die Klage ab (6 U 46/21). Die Werbeaussage behaupte nicht, dass das Unternehmen ausschließlich klimaneutrale Ware produziere. Diesen falschen Schluss könne der Verbraucher schon deshalb nicht ziehen, weil der Hersteller in den Supermärkten neben den "klimaneutralen" Müllbeuteln auch deutlich preiswertere Müllbeutel der Marke X ohne den Zusatz "klimaneutral" anbiete.

Vor allem enthalte der Begriff "klimaneutral" — anders als der unscharfe und durchaus erläuterungsbedürftige Begriff "umweltfreundlich" — eine eindeutige Aussage. "Klimaneutral" bedeute, dass die so beworbene Ware eine ausgeglichene CO²-Bilanz aufweise. Damit sei nichts Unmögliches gemeint, da werde keineswegs eine emissionsfreie Produktion versprochen.

Vielmehr werde auf der Verpackung gut sichtbar darauf aufmerksam gemacht, dass Klimaneutralität durch Kompensation, also durch die Unterstützung von Klimaschutzprojekten erreicht werde. Genauere Erläuterungen zu den Projekten fänden sich auf einer Internetseite, die auf der Verpackung ebenfalls angegeben sei.

Biotope fast trockengelegt?

Landwirt muss Entwässerungsmaßnahmen im Naturschutzgebiet rückgängig machen

2018 hatte ein Landwirt in einem Naturschutzgebiet mit drei geschützten Biotopen Grund gepachtet, den er als Grünlandfläche nutzte. Flache Gräben (Grüppen) dienen auf dem Grundstück der Entwässerung, eingerahmt wird es von größeren Gräben (Vorfluter). Im Herbst 2020 reinigte der Landwirt die Grüppen mit einer Fräse und installierte an ihren Enden fünf Meter lange Rohre, um sie mit den Vorflutern direkt zu verbinden.

Die Naturschutzbehörde ordnete an, die ungenehmigt eingebauten Rohre zu entfernen und den ursprünglichen Zustand der Entwässerung wiederherzustellen. Die verrohrten Grüppen befänden sich teils in direkter Nähe zu den Biotopen und sogar innerhalb einer Sumpfdotterblumenwiese. Biotope seien auf feuchte Umgebung angewiesen. Durch die Rohre würden sie zunehmend entwässert und so beeinträchtigt. Beim Einbau habe der Pächter zudem Pflanzen zerstört.

Vergeblich wehrte sich der Landwirt gegen die Anordnung. Sie sei gerechtfertigt, entschied das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (4 ME 95/22). Anders als der Pächter meine, hätte die Naturschutzbehörde nicht konkret nachweisen müssen, dass seine Entwässerungsmaßnahmen die Feuchtgrünlandbiotope bereits zerstört hätten. Vielmehr sei es so: Das Bundesnaturschutzgesetz verbiete alle Maßnahmen, deren Folgen ein geschütztes Biotop auch nur "wahrscheinlich" beeinträchtigen könnten.

Da die Entwässerung mit den Rohren über das bisherige Maß hinausgehe, werde sich diese Maßnahme sogar sehr wahrscheinlich negativ auswirken. Die auf dem vom Landwirt gepachteten Flurstück vorhandenen Feuchtgrünlandbiotope benötigten eine feuchte Umgebung — das liege in der Natur der Sache. Wenn er nun die Entwässerungsmaßnahmen rückgängig machen müsse, werde das aber keineswegs die landwirtschaftliche Nutzung des Flurstücks verhindern.

Bevor der Landwirt die Rohrverbindung zu den Gräben hergestellt habe, sei es ihm ja offenbar auch möglich gewesen, die Fläche zu bewirtschaften. Zudem sehe das Naturschutzgesetz selbst Kompromisse zwischen Landwirtschaft und Naturschutz vor: Sollte die Anordnung der Behörde den Landwirt tatsächlich unzumutbar belasten, könne er bei der Naturschutzbehörde Befreiung vom "Biotop-Zerstörungsverbot" beantragen. Wenn dies nicht möglich sei, könne er finanzielle Entschädigung beantragen.

Wärmedämmung für den Klimaschutz

Berliner Hauseigentümer müssen auch grenzüberschreitende Dämmschichten dulden

Eine Berliner Wohnbaugesellschaft wollte die Fassade eines 1906 gebauten Gebäudes sanieren lassen. Unter anderem sollte an der Giebelwand des Altbaus eine 16 Zentimeter dicke Dämmschicht angebracht werden, die allerdings über die Grundstücksgrenze ins Nachbargrundstück hineingeragt hätte. Als die Eigentümerin des Nachbarhauses der Maßnahme widersprach, pochte das Wohnbauunternehmen auf das Berliner Nachbargesetz: Demnach müssen Nachbarn auch grenzüberschreitende Dämmschichten akzeptieren.

Diese Regelung greife rechtswidrig in ihr Eigentumsrecht ein und sei verfassungswidrig, argumentierte die Nachbarin. Doch ihre Klage gegen die Wärmedämmung scheiterte in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof (V ZR 23/21). Das rigide Berliner Nachbargesetz sei gerade noch mit dem Schutz des Eigentums vereinbar, fanden die Bundesrichter.

Die Regelungen anderer Bundesländer seien weniger strikt: Dort könnten Nachbarn grenzüberschreitende Dämmung abwehren, wenn sie "unzumutbar" sei. Das berücksichtige die Interessen der betroffenen Nachbarn besser, während das Berliner Gesetz ganz klar auf Energieeinsparung im Gebäudebestand und damit auf mehr Tempo beim Klimaschutz abziele. In Berlin könnten Nachbarn die Dämmung nicht abwehren, bekämen dafür aber eine finanzielle Entschädigung. So habe Berlin langwierige Streitigkeiten um Dämmmaßnahmen verhindern wollen.

Denn hier gehe es eben nicht nur um gegensätzliche Interessen zweier Grundstückseigentümer, sondern vor allem um Klimaschutz und damit um das Allgemeinwohl. Um im Interesse aller Bürger Heizenergie einzusparen, sollten so viele Bestandsgebäude so schnell wie nur möglich wärmegedämmt werden.

Klimaschutz habe Verfassungsrang: Weil das Ziel des Wohnbauunternehmens, Energiekosten zu sparen, mit dem Interesse der Allgemeinheit am Klimaschutz übereinstimme, habe im konkreten Nachbarschaftsstreit dieses Ziel Vorrang vor dem Eigentumsrecht der Nachbarin.

Schonzeit für Bläss- und Saatgänse bleibt ganzjährig

Landwirte und Jagdpächter klagten erfolglos gegen eine niedersächsische Jagdregelung

Landwirte und Jagdpächter klagten gegen eine Verordnung des Landwirtschaftsministeriums zum Niedersächsischen Jagdgesetz. Das Ministerium hat für Gänsearten, die in ihrem Bestand gefährdet sind, eine ganzjährige Schonzeit angeordnet. Bläss- und Saatgänse inklusive. Erklärter Zweck des Jagdverbots ist es, Fehlabschüsse bedrohter Arten zu verhindern.

Das Verbot sei überflüssig und rechtswidrig, wandten die Kläger ein: Bläss- und Saatgänse verursachten erhebliche Schäden auf landwirtschaftlichen Flächen, gegen die man nun aufgrund der Verordnung nichts mehr tun könne. Dabei sei ja nicht der Bestand der Bläss- und Saatgänse selbst bedroht.

Bedroht seien vielmehr die Zwerggans, die so ähnlich aussehe wie die Blässgans, und die braune Tundrasaatgans, die der Waldsaatgans gleiche. Bei waidgerechter Jagdausübung seien aber Verwechslungen der verschiedenen Gänsearten auszuschließen.

Beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Lüneburg drangen die Landwirte und Jäger mit ihren Einwänden gegen die Verordnung nicht durch (10 KN 40/18 u.a.). Das Jagdverbot verfolge den legitimen Zweck, einen artenreichen Wildbestand zu erhalten, so das OVG. Das Aussehen der betreffenden Gänsearten sei fast identisch — auch für Kenner seien sie kaum zu unterscheiden. Daher bleibe die ganzjährige Schonzeit auch für Bläss- und Saatgänse bestehen, um die gefährdeten Arten zu schützen.

"Die Schöne und das Biest"

Widerrechtliche Plakataktion der Stadt Frankfurt

Die Stadt Frankfurt am Main warb mit einer Plakatkampagne dafür, Müll zu vermeiden. Auf einer Abbildung unter dem Motto "Gib dem Müll 'nen Korb" wurde eine Mehrwegflasche als "Schöne" und ein Getränkekarton als "Biest" dargestellt. Dagegen wehrte sich ein Hersteller von Getränkekartons: Die Kommune habe kein Recht, seine Produkte aufs Korn zu nehmen.

Vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof unterlag die Stadt Frankfurt (14 TG 1743/93). Nach der Gemeindeordnung dürften die Bürger natürlich über wichtige Fragen der Verwaltung informiert werden. Es sei aber nicht vorgesehen, ihr Verhalten zu lenken. Auch aus der Zuständigkeit für das Einsammeln von Abfällen lasse sich nichts anderes schließen. Damit fehle es der Kommune an der Befugnis, Empfehlungen für die Müllvermeidung zu geben. Die Plakataktion sei daher nicht zulässig.

PS: Dieses Urteil zeigt, wie politische Vorgaben und Zeitgeist die Justiz beeinflussen. Über Geschmack lässt sich immer streiten. Die Urteilsbegründung würde aber heute nicht mehr so formuliert werden - weil es als allgemeines Anliegen gilt, die Abfallberge zu reduzieren.

Naturschützer klagen gegen Wolfsabschüsse

Die behördliche Ausnahmeerlaubnis ist trotz einiger Nutztier-Risse umstritten

In den niedersächsischen Gebieten, in denen die Wolfsrudel "Schiffdorf" und "Garlstedt" unterwegs sind, hatten Wölfe einige Schafe, Rinder und Minipferde gerissen. Deshalb genehmigte die zuständige Behörde den Abschuss (juristisch beschönigend "Entnahme" genannt) von Wölfen aus diesen Rudeln. Nicht alle konkreten Übeltäter standen fest. Also sollte erst einmal ein Exemplar der geschützten Tierart getötet und dann abgewartet werden, ob im Revier die Risse von Nutztieren aufhörten.

Naturschützer wandten sich gegen die Ausnahmeerlaubnis: Ihr liege eine unzutreffende Gefahrenprognose zugrunde. Einige Risse seien klar zwei Jungwölfen auf Wanderschaft zuzuordnen, die den Rudeln gar nicht angehörten. Bei keinem der aufgezählten Risse hätten die Wölfe landwirtschaftliche Schutzmaßnahmen überwunden (Elektrozaun mit Untergrabschutz, Herdenschutzhunde): Nur dann dürfe aber eine Ausnahmeerlaubnis erteilt werden.

Das Verwaltungsgericht (VG) Oldenburg stoppte deren sofortigen Vollzug (5 B 294/22). Ausnahmen vom Tötungsverbot lasse das Naturschutzgesetz nur zu, um ernste landwirtschaftliche Schäden abzuwenden, so das VG. Diese Regelung beziehe sich auf einzelne Wölfe, die sicher Nutztiere gerissen hätten und zu deren "gefestigtem Jagdverhalten" es gehöre, Schutzvorkehrungen zu überwinden. Nur, wenn man Risse keinem bestimmten Wolf zuschreiben könne, dürften nacheinander Rudelmitglieder geschossen werden, bis weitere Risse ausbleiben.

Im konkreten Fall sei jedoch die Ausnahmeerlaubnis sogar auf zwei Rudel bezogen, so das VG. Das sei doch eher zweifelhaft, denn: Keinen einzigen der Rissvorfälle, die die Behörde ihrer Schadensprognose zugrunde legte, habe sie sicher einem Wolf aus dem "Garlstedter" Rudel zuordnen können. Dagegen könne man einem bestimmten Wolf des "Schiffdorfer" Rudels mehrere Risse eindeutig zuschreiben, doch der werde in der Genehmigung nicht konkret benannt.

Die Risse von Wanderwölfen dürften nicht berücksichtigt werden, wenn es um den Abschuss von Rudelmitgliedern gehe. Dazu komme: Bei mehreren Rissen seien Weidetiere dem Wolf schutzlos ausgeliefert gewesen. Dass ernster Schaden drohe, sei aber (laut Wolfsverordnung) erst anzunehmen, wenn Wölfe mindestens zwei Mal wolfsabweisenden Schutz, z.B. einen funktionstüchtigen Elektrozaun, überwunden hätten. Alles in allem habe die Behörde die Genehmigung dafür, nicht als "Täter" identifizierte Tiere aus zwei Rudeln abzuschießen, unzureichend begründet.

Keine Kabel-Stolperfalle auf dem Gehweg

Hausbesitzer darf seine Elektrofahrzeuge nicht vor dem Grundstück aufladen

Bei der Stadt Oberursel beantragte ein Hauseigentümer eine "Sondernutzungserlaubnis für den öffentlichen Verkehrsraum". Er wollte direkt vor seinem Grundstück seine zwei Kraftfahrzeuge aufladen: ein Plug-In-Hybridfahrzeug und ein Elektroauto.

Die Idee des passionierten Klimaschützers: zwei Kabelleitungen über den Gehweg hin zur Straße verlegen und die Elektroleitungen mit Kabelbrücken abdecken. Die Kabelbrücken seien höchstens 4,3 cm hoch und auffällig gelb-schwarz markiert, so dass Fußgänger die Leitungen gefahrlos überqueren könnten.

Daran mochte die Kommune jedoch nicht glauben. Sie hielt die Kabel für Stolperfallen und lehnte den Antrag ab. Dagegen klagte der Hauseigentümer: Die Kommune tue nichts für Klimaschutz und für die Mobilitätswende, stelle kaum Ladesäulen auf. Er benötige also eine Sondererlaubnis für die Kabel, um seine Fahrzeuge jederzeit aufladen zu können.

Doch das Verwaltungsgericht Frankfurt gab der Stadt Oberursel Recht (12 K 540/21.F). Sie habe sich korrekt nur am Gesichtspunkt "Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs" orientiert. Kabelbrücken auf dem Gehweg stellten generell eine Stolperfalle und für Personen mit Gehbehinderung ein Hindernis dar. Für Menschen, die auf einen Rollstuhl oder auf einen Rollator angewiesen seien, würden sie zur Barriere — und das bei jedem Ladevorgang vier bis sechs Stunden lang.

Gehwege müssten barrierefrei sein. Dieses öffentliche Interesse sei höher zu bewerten als das private Interesse des Autofahrers, seine Elektroautos direkt vor dem Haus aufladen zu können. Dass Klimaschutz zu den Zielen des deutschen Staates gehöre, ändere daran nichts. Daraus könne der Hauseigentümer kein Recht auf eine Sondernutzungserlaubnis für das Verlegen von Kabelleitungen ableiten. Mobil bleibe er ja trotzdem jederzeit. Da er über zwei Fahrzeuge verfüge, könne er diese nacheinander zu einer Ladestation bringen.

Verordnung beschränkt Düngemitteleinsatz

Gewässerschutz geht vor: Landwirt muss Einschränkungen beim Düngen und Ertragseinbußen hinnehmen

Ein Landwirt aus Mittelfranken zog gegen eine bayerische Verordnung vor Gericht, die den Einsatz von Düngemitteln auf bestimmten landwirtschaftlichen Flächen einschränkt. Um belastete Gewässer zu schützen, werden rote Gebiete (belastet mit Nitrat) und gelbe Gebiete ausgewiesen (Flächen in der Nähe von eutrophierten Gewässern, d.h. Gewässern, die mit Stickstoff und Phosphat belastet sind, was zu Algenbildung und Sauerstoffmangel führt).

Diese Verordnung dürfe nicht umgesetzt werden, beantragte der Landwirt: Dass sie ihm verwehre, Teile seiner landwirtschaftlichen Flächen unbeschränkt zu düngen, verletze sein Eigentumsrecht und sein Grundrecht auf Berufsfreiheit. Die Vorgaben seien unverhältnismäßig, weil sie pauschal auf jeden Betrieb angewandt würden, ohne Härtefälle zu berücksichtigen. Schließlich sei mit erheblichem Ertragsrückgang zu rechnen, deutlich über zehn Prozent. Dann könne er seinen Betrieb nicht mehr wirtschaftlich führen.

Der Schutz der Natur sei eine Aufgabe von hohem Rang und liege im Interesse der Allgemeinheit, hielt ihm der Verwaltungsgerichtshof München entgegen (13a NE 21.2474). Gewässerschutz sei ein so hohes Gut, dass dieses Ziel auch Vorschriften rechtfertige, die das Recht auf Eigentum einschränkten. Den Landwirten werde aber nicht etwa ihr Eigentum entzogen. Vielmehr würden die Nutzungsmöglichkeiten der betroffenen Flächen geregelt und das in durchaus verhältnismäßiger Art und Weise.

Erstens seien die Maßnahmen geeignet, den bezweckten Gewässerschutz zu gewährleisten. In den belasteten Gebieten das Düngen zu reduzieren, verringere mittelfristig die Belastung der Gewässer mit Nitrat und Phosphor erheblich. Zweitens gebe es auch keine milderen Mittel, mit denen man das Ziel Gewässerschutz ohne Einschränkungen für die Landwirte erreichen könnte.

Laut Verordnung müsse der Düngemitteleinsatz in nitratbelasteten Gebieten durchschnittlich um 20 Prozent reduziert werden. Das bedeute aber nicht zugleich einen Ertragsrückgang um 20 Prozent. Je nach angebauter Kultur werde der Ertrag bis zu zehn Prozent sinken. Das erscheine angesichts der herausragenden Bedeutung des Trinkwassers für die Allgemeinheit zumutbar. Das Grundrecht auf Eigentum schütze nicht die "einträglichste Nutzung des Eigentums".

Windpark nahe am Gestüt

Pferdezüchter klagt vergeblich gegen die Baugenehmigung für sechs Windkraftanlagen

Der Inhaber eines Gestüts im Saarland züchtet Jungpferde und bildet Dressurpferde für internationale Turniere aus. Obendrein bietet das Gestüt Trainingsmöglichkeiten für Gastpferde. Die zuständige Behörde hat in der Nachbarschaft einen Windpark mit sechs Windrädern genehmigt, eines nur 360 Meter von einer Pferdekoppel entfernt. Gegen den Behördenbescheid klagte der Pferdezüchter und machte Gefahren für die Tiere geltend.

Die Behörde habe die negativen Wirkungen des Windparks für das Gestüt ignoriert. Die Genehmigung sei daher rechtswidrig, weil sie gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoße. Die maßgeblichen Geräusch-Immissionswerte seien für Arbeitsräume in Gebäuden berechnet, nicht aber für scheue Fluchttiere wie Pferde, die sich tagsüber artgerecht draußen auf der Koppel aufhalten. Dazu kämen Beeinträchtigungen durch Infraschall und den Schattenwurf der Windräder.

Für wertvolle und besonders sensible Dressurpferde werde angesichts der Windkraftanlagen kein Koppelgang mehr möglich sein. Das Argument der Gegenseite, dass sich Pferde an Windräder gewöhnten, treffe nicht zu. Einen Gewöhnungseffekt gebe es nur bei gleichbleibenden Umweltreizen, nicht bei unregelmäßig laufenden Windrädern. Außerdem kämen immer neue Pferde ins Gestüt. Letztlich gefährde der Windpark den ganzen Betrieb.

Das Verwaltungsgericht Saarlouis wies die Einwände ziemlich schroff zurück (5 K 956/21). Die Stellungnahme des Züchters erschöpfe sich darin, dass er behaupte, seine Pferde seien empfindlich. Es fehlten Beobachtungen, wie Pferde auf Windkraftanlagen in deren unterschiedlichen Betriebszuständen tatsächlich reagierten. Dass die optischen und akustischen Reize wirklich Fluchtverhalten auslösten, sei ebenso wenig belegt wie andere nachteilige Effekte.

Der Pferdehalter müsse die Tiere eben behutsam an die Anlagen gewöhnen und so eventuellen Unfallrisiken vorbeugen. In der Rechtsprechung sei man sich da einig: Pferde — auch wertvolle! — würden durch Windenergieanlagen nicht erheblich beeinträchtigt, jedenfalls nicht intensiver als durch Automotoren oder ähnliche Geräusche.

Dagegen könne der Züchter nicht einwenden, seine Sportpferde seien extrem sensibel. Bei der Prüfung, welche Störungen unter Nachbarn zumutbar seien - und damit mit dem Gebot der Rücksichtnahme vereinbar —, spielten besondere Empfindlichkeiten keine Rolle. Maßstab für die Rechtsprechung sei prinzipiell eine "durchschnittliche Empfindlichkeit gegenüber nachbarlichen Beeinträchtigungen".

Hochsitze im Jagdrevier genehmigungspflichtig?

Wird ein Hochsitz viel massiver gebaut als üblich, braucht der Jagdpächter dafür eine Baugenehmigung

Der Pächter eines gemeinschaftlichen Jagdbezirks ließ zwei Hochsitze bauen. Allerdings nicht in "windiger" Holzbauweise, wie man die Hochsitze im Wald eben so kennt. Es handelte sich vielmehr um Hochsitze aus Stahl, die auf massiven Betonfundamenten sechs Meter hoch errichtet wurden. Als das Landratsamt davon erfuhr, stoppte es das Vorhaben: Für solche Bauten sei eine Baugenehmigung erforderlich, lautete der Behördenbescheid.

Sofort zog der Jäger vor Gericht, um das Gegenteil feststellen zu lassen. Er pochte darauf, dass die Ansitzkanzeln nicht einmal vier Quadratmeter (qm) Fläche hätten: Dafür gelte doch eine Ausnahmeregel in der Bauordnung. Doch seine Klage scheiterte beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz (8 A 10120/21). Die Ausnahme von der Genehmigungspflicht beziehe sich auf Hochsitze in herkömmlicher Bauweise, erklärte das OVG, auf "baulich unbedeutende Anlagen".

Als Hochsitz bezeichne man einfache Holzkonstruktionen mit Sitzen, Gerüst und Leiter und einer Grundfläche von höchstens vier qm. Das entspreche dem allgemeinen Sprachgebrauch: Das Duden Online-Wörterbuch definiere Hochsitz als Beobachtungsstand des Jägers, "auf Pfählen gebaut oder auf einem Baum angebracht". Auch die Broschüre "Sichere Hochsitzkonstruktionen" (2019) der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau beschreibe nur Holzkonstruktionen.

Für aufwändige Stahlkonstruktionen mit Zwischenpodesten, die auf einem großflächigen Betonfundament von etwa neun qm gebaut würden, gelte die Ausnahmeregelung nicht. Ob ein derartiger Bau in freier Natur zulässig sei, müsse in einem baurechtlichen Genehmigungsverfahren geprüft werden. So ein Hochsitz könne das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen, was bei einem landschaftsangepassten Hochsitz aus natürlichem Material nicht der Fall sei.

Der Pächter argumentiere mit widrigen Jagdbedingungen an beiden Standorten. Deshalb seien dort für die Jagd höhere und stabilere Hochsitze aus anderem Material erforderlich. Ob das zutreffe, sei dann im Genehmigungsverfahren festzustellen. Normalerweise sollten Hochsitze in einem Jagdrevier nur so aufwändig gebaut werden, wie es für eine ordnungsgemäße Jagd nötig sei — unter größtmöglicher Schonung von Umwelt und Landschaft.

Als landwirtschaftlicher Unternehmer tätig?

Wer auf stillgelegten Äckern ökologische Maßnahmen durchführt, muss sich nicht in der landwirtschaftlichen Krankenkasse versichern

Eine Landwirtin wollte einen Teil ihrer Äcker, auf denen intensive Landwirtschaft betrieben wurde, in Grünland umwandeln. Sie ließ die Flächen in ein so genanntes Ökokonto eintragen. Ihr Ehemann — der seit 2008 Erwerbsminderungsrente bezieht — baute im Jahr 2015 auf gut 10 Hektar Grund Luzerne an.

So sollte der Boden "ausgehagert", d.h. sein Nährstoffgehalt reduziert werden und eine ökologische Ausgleichsfläche entstehen. Andere Landwirte mähten ohne Entgelt die Flächen und erhielten dafür die abgeerntete Luzerne. Einnahmen wurden nicht erzielt — abgesehen von Prämien des Landwirtschaftsamts für die Ausgleichsfläche (ca. 2.200 Euro).

Die landwirtschaftliche Kranken- und Pflegekasse verlangte vom Rentner Versicherungsbeiträge: Er sei im Jahr 2015 als landwirtschaftlicher Unternehmer versicherungspflichtig tätig gewesen. Dagegen wehrte sich der Mann: Er sei kein Unternehmer, sondern lebe von seiner Rente. Die Fördermittel, die seine Frau bekommen habe, hätten kaum ausgereicht, um die Kosten der ökologischen Maßnahmen zu bestreiten.

Das Landessozialgericht Thüringen verneinte eine Versicherungspflicht (L 2 KR 1548/17). Dass kein Gewinn erwirtschaftet wurde, sei dabei allerdings nicht der ausschlaggebende Punkt. Entscheidend sei vielmehr, dass es sich hier nicht um landwirtschaftliche Bodenbewirtschaftung gehandelt habe — z.B. mit dem Ziel, Futtermittel zu produzieren.

Der Rentner habe zwar Luzerne ausgesät und gelegentlich den Boden bearbeitet, jedoch ausschließlich im Interesse der Umwelt. Seine Tätigkeit sollte die vormaligen Ackerflächen in einen naturnahen Zustand zurückversetzen, den Eintrag von mineralischem Dünger und von Pflanzenschutzmitteln reduzieren. Auch das Abernten und die Abfuhr des Mähguts seien in diesem Zusammenhang als ökologische Pflegemaßnahmen anzusehen.

Deren Sinn sei es gerade, auf diesen Flächen keine Landwirtschaft mehr zu betreiben, sondern sie im Rahmen nationaler Umweltprogramme und EU-Förderprogramme dem Naturschutz zu widmen. Wer auf landwirtschaftlich stillgelegten Flächen ökologische Pflegemaßnahmen durchführe, sei nicht als landwirtschaftlicher Unternehmer tätig und in der landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegekasse nicht versicherungspflichtig.

Chinesische Muntjaks im Jagdbezirk

Die Eigentümerin des Jagdbezirks muss es dulden, wenn die Naturschutzbehörde die invasive Art abschießen lässt

Ist im Kreis Rendsburg-Eckernförde (Schleswig-Holstein) echt "Gefahr im Verzug"? Durch niedliche kleine Hirsche mit braunem Fell und Knopfaugen? Kaum zu glauben, aber es handelt sich tatsächlich um eine so genannte invasive Art: gebietsfremde Eindringlinge also. Chinesische Muntjaks stehen seit 2016 auf einer EU-Liste von Tierarten, für die nicht nur ein Besitz- und Transportverbot gilt. Wenn sie in freier Natur auftreten, sind Naturschutzbehörden sogar gesetzlich verpflichtet, sie sofort zu "beseitigen".

Hintergrund: Befürchtet wird in erster Linie, dass Muntjaks, die sich schnell vermehren, vor allem im Winter zu einer Nahrungskonkurrenz für das einheimische Rehwild werden. Der Wildbestand in Schleswig-Holstein ist nach Ansicht von Öko-Experten ohnehin sehr groß. So würden die Muntjaks wohl schnell auch zum Problem für die Landwirtschaft werden, starke Verbissschäden an jungen Gehölzen drohten.

Seit dem Frühjahr 2020 wurden immer wieder einzelne Muntjaks im Kreis Rendsburg-Eckernförde gesehen. Vermutlich wurden sie ausgesetzt — was verboten ist — oder sie sind entlaufen. Das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume bittet, gesichtete chinesische Muntjaks hier zu melden: invasive.arten@llur.landsh.de. Darüber hinaus hat die Naturschutzbehörde die Jägerschaft aufgefordert, die Muntjaks abzuschießen. Im Amtsdeutsch: "mit dem Ziel der Bestandserschöpfung aus der Natur zu entnehmen".

Dagegen sperrte sich die Eigentümerin eines Eigenjagdbezirks im Landkreis Rendsburg-Eckernförde vergeblich: Sie müsse die behördlichen Maßnahmen zur Beseitigung des chinesischen Muntjaks auf ihrem Grund dulden, entschied das Oberverwaltungsgericht Schleswig (5 MB 22/21). Die Anordnung der Naturschutzbehörde sei verhältnismäßig, erklärte das Gericht.

Die Eigentumsgarantie stelle keinen Freibrief dafür dar, notwendige Maßnahmen zu blockieren. In allen anliegenden Jagdbezirken hätten die Jäger freiwillig die Anordnung umgesetzt. Im konkreten Fall müsse man sie ohne Zustimmung der Jagdbezirks-Eigentümerin durchsetzen und zwar umgehend, bevor die Muntjak-Population sich ausbreite: Es sei Gefahr im Verzug.

Umstrittenes Artenschutzprojekt

Forstwirte müssen es nicht länger hinnehmen, dass Wisente ihre Buchen abknabbern

In Absprache mit Landkreis und Bezirksregierung siedelte ab 2010 ein gemeinnütziger Verein in einem Landschaftsschutzgebiet Wisente an, die in Deutschland fast ausgerottet waren. Ziel war die "Wiederansiedlung und Erhaltung des Wisents im Rothaargebirge" (Nordrhein-Westfalen). Nach einer Versuchsphase in einem Gehege wurden die Tiere dort, wissenschaftlich überwacht, im Projektgebiet ausgewildert. Die Herde bestand zuletzt aus 21 Tieren.

Umstritten war das Artenschutzprojekt seit langen, weil die ausgewilderten Wisente durch das Gebirge wanderten und auch außerhalb des Projektgebiets auf Nahrungssuche gingen. In erster Linie ernährten sie sich von Rinden der dort wachsenden Rotbuchen. Die Grundeigentümer, die den Wald dort bewirtschaften, wurden für die beträchtlichen Schäden an den Bäumen zwar regelmäßig entschädigt (vom Verein, finanziert durch Spenden, z.T. auch mit öffentlichen Mitteln). Dennoch wollten sich einige Forstwirte nicht mehr mit der Beeinträchtigung ihres Baumbestands abfinden.

Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht Hamm (5 U 153/15). Die Waldbesitzer könnten vom Trägerverein des Artenschutzprojekts verlangen, dass er die Wisente mit geeigneten Maßnahmen von ihren Wäldern fernhalte. Während der Phase der Auswilderung hätten sie im Interesse des Projekts die Herde dulden müssen. Während der so genannten Freisetzungsphase hätten die Biologen des Vereins Erfahrungen sammeln wollen und beobachten, wie sich die Wisente in Freiheit verhalten (z.B. wie weit sie wanderten).

Diese Phase sei aber abgeschlossen und der damit verfolgte Zweck erreicht, wie der Verein in einem früheren Rechtsstreit 2016 selbst erklärt habe. Damit sei es für die Grundstückseigentümer unzumutbar, die Schäden an ihrem Baumbestand noch länger hinzunehmen. Seit mindestens fünf Jahren hätten der Trägerverein und die beteiligten Behörden abschließend entscheiden können, wie es mit dem Artenschutzprojekt weitergehen solle — unverständlich, warum das bis jetzt nicht gelungen sei.

Gründe, warum die Waldbesitzer noch länger auf eine Entscheidung warten und inzwischen erhebliche Nachteile ertragen sollten, seien nicht jedenfalls ersichtlich. Das bedeute nicht zwingend das Ende des Projekts, wenn die Beteiligten (Verein, Landratsamt, Bezirksregierung) nun endlich einen Plan vorlegten, wie der Aktionsradius der Tiere eingeschränkt werden könne. Sei es durch Zäune oder durch lenkende Fütterungen — man müsse die Wisente dazu bringen, nur noch durch das Projektgebiet zu streifen.

Landwirte klagen gegen Landesdüngeverordnung

Die Nitratbelastung des Grundwassers wird in Schleswig-Holstein korrekt ermittelt

Die seit 2018 geltende Landesdüngeverordnung des Landes Schleswig-Holstein verschärfte die bundesweiten Vorgaben für das Düngen in der Landwirtschaft. Im Süden von Schleswig-Holstein wurden zum Schutz des Grundwassers weite Landstriche als so genannte "Rote Gebiete" mit besonderen Schutzanforderungen ausgewiesen. Landwirte, deren Ackerflächen hier liegen, kritisierten dies als rechtswidrig.

Ihre Begründung: Der chemische Zustand des Grundwassers in diesen Gebieten sei zu Unrecht als "schlecht" eingestuft worden, weil nicht die aktuellsten Messdaten herangezogen wurden. Die Nitratbelastung sei nicht anhand geostatistischer Verfahren ermittelt worden. Die neuen Bedingungen für das Anwenden stickstoffhaltiger Dünger verletzten sie daher in ihrer Berufsfreiheit, so das Argument der Kläger.

Doch das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein wies die Klage der Landwirte ab: Die Nitratbelastung des Grundwassers sei korrekt ermittelt worden (5 KN 5/20 u.a.). Ob dessen Zustand als "schlecht" anzusehen sei, richte sich nach der Einstufung im Bewirtschaftungsplan der zuständigen Landesbehörden. Die 2015 für den Bewirtschaftungsplan erhobenen Daten würden durch aktuellere Messwerte nicht in Frage gestellt.

Das Grundwasser sei nur dort als "gut" einzustufen, wo der für Nitrat definierte Schwellenwert von 50 mg/l an keiner Messstelle überschritten werde. In dem betreffenden Gebiet sei der Schwellenwert jedoch im jährlichen Durchschnitt an mehreren Messstellen überschritten worden. Daraus ergebe sich per Schätzung, dass mindestens ein Drittel der Fläche mit Nitrat belastet sei.

Dieser Wert sei zwar nicht per geostatistischem Verfahren ermittelt worden, doch die Düngeverordnung gebe keine bestimmte Methode für die Schätzung vor. Die hier gewählte Methode sei jedenfalls nicht zu beanstanden.

Zudem weiche der von den Landwirten vorgetragene Schätzwert — Nitratbelastung auf maximal 31 Prozent der Fläche — vom Schätzwert der zuständigen Behörden so geringfügig ab, dass er weder die Schätzmethode, noch ihr Ergebnis in Frage stelle. Das gelte umso mehr, als Ergebnisse von Schätzungen naturgemäß nie 100-prozentig genau seien.