Tierhaltung

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Sind Käfigbatterien erlaubt?

Unklarheit über die "Hennenhaltungsverordnung"

Der Inhaber eines Betriebes, der Legehennen in Auslaufhaltung hielt, zog bis vor den Bundesgerichtshof. Er bezichtigte einen Konkurrenten, unlauteren Wettbewerb durch Käfighaltung zu betreiben. Zwar sei die Käfighaltung nach der Hennenhaltungsverordnung erlaubt, diese widerspreche jedoch eindeutig dem Tierschutzgesetz.

Die Hennen müssten bei Haltung in Käfigen erhebliche Schmerzen erleiden, weil Größe und Ausstattung der Käfige kein artgerechtes Verhalten zuließen. Die billigere Käfighaltung bedeute einen nicht gerechtfertigten Wettbewerbsvorteil für die Inhaber von Legebatterien.

Die Karlsruher Richter stellten jedoch lediglich klar, dass die Hennenhaltungsverordnung nicht am Tierschutzgesetz zu messen sei: Die einschlägige EG-Richtlinie erlaube die Käfighaltung in jedem Fall (I ZR 4/93). Die Anforderungen auf EU-Ebene seien geringer als in Deutschland. Da EU-Recht höherrangig sei, sei bereits aufgrund der EU-Richtlinie die Käfighaltung von Legehennen erlaubt. Ob die Hennenhaltungsverordnung wirksam sei, entscheide also letztlich der Europäische Gerichtshof.

PS: Der Kläger bekam im Nachhinein Recht. Das Bundesverfassungsgericht hat die Hennenhaltungsverordnung 1999 für verfassungswidrig erklärt, die hier angeführte EU-Richtlinie wurde ebenfalls geändert.

Reiterin durch Pferdetritt verletzt

Ist eine Reitbeteiligung vereinbart, schließt das eine Haftung der Tierhalterin nicht aus

Mit Frau B, der Besitzerin einer Araber-Schimmelstute, hatte Reiterin A eine Reitbeteiligung vereinbart. Als Frau A das Pferd im Stall striegelte, schlug es plötzlich aus und traf sie am Knie. Die gerissenen Bänder mussten lange ärztlich behandelt werden.

Von Frau B verlangte die Reiterin Schadenersatz für die Unfallfolgen und zudem Schmerzensgeld, insgesamt ca. 20.000 Euro: Tierhalter müssten — unabhängig von persönlichem Verschulden — für Schäden einstehen, die ihr Tier anrichte.

In diesem Fall gelte das aber nicht, meinte die Pferdebesitzerin. Zum einen habe Frau A den Unfall provoziert, weil sie beim Striegeln nach einer Bremse auf der Kruppe des Pferdes geschlagen habe. Das habe die Stute natürlich total erschreckt. Zum anderen habe sie, die Tierhalterin, mit Frau A vertraglich eine Reitbeteiligung und damit auch einen Haftungsausschluss im Schadensfall vereinbart. Bei einer Reitbeteiligung teile man sich die Aufsicht über das Pferd, also treffe die Reiterin auch ein Teil der Verantwortung.

Das Landgericht München I wies beide Einwände zurück und bejahte die Tierhalterhaftung (20 O 2974/19). Der gerichtliche Sachverständige habe einleuchtend dargelegt, dass der von Frau B behauptete Schlag auf die Kruppe mit der Bewegung der Stute nicht zusammenpasse. Auf so einen Schlag würde ein Pferd nicht reagieren, indem es mit dem linken Bein schräg nach vorne trete. Von einem Mitverschulden der Verletzten könne keine Rede sein, so das Fazit des Landgerichts.

Wenn eine Reitbeteiligung vereinbart sei, führe dies außerdem nicht automatisch zu einem Haftungsausschluss für den Pferdehalter. Umgekehrt: Sei der Haftungsausschluss, wie hier, im Vertrag nicht ausdrücklich geregelt, komme er wegen der weitreichenden Konsequenzen nur in Ausnahmefällen in Betracht. Explizit vermerkt sei im Reitbeteiligungsvertrag, dass Frau A in die Tierhalterhaftpflichtversicherung mit aufgenommen werde und zusätzlich eine Unfallversicherung für Reiter abschließen solle. Auch diese Vereinbarung spreche eher gegen einen Haftungsausschluss.

(Die Tierhalterin hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Auch über die Höhe des Anspruchs wird in einem weiteren Verfahren entschieden.)

Alter Hengst kommt auf den Gnadenhof

Eigentümerin muss die "Wegnahme" akzeptieren, da sie das Pferd nicht "tierwohlgerecht" unterbringen kann

Der 28 Jahre alte Hengst N wurde lange auf einem Pferdehof einzeln gehalten. Die Eigentümerin kümmerte sich nicht um ihn. Der Inhaber des Pferdehofs offenbar auch nicht: Das Landratsamt verbot ihm die Pferdehaltung wegen grober Vernachlässigung der Tiere. Daraufhin wollte die Eigentümerin N wieder zu sich nehmen. Doch die Amtstierärzte fanden, sie könne ihn nicht gut unterbringen.

Vergeblich suchte die Behörde in Bayern nach einem anderen Platz. Schließlich ordnete das Landratsamt an, den Hengst auf einen Gnadenhof in Polen zu transportieren: Dort könne man ihn nach einer Kastration zusammen mit anderen Pferden halten. Hierzulande könne man das Pferd altersbedingt nicht mehr versteigern. Die Eigentümerin zog gegen die Anordnung vor Gericht: Ihr den Hengst wegzunehmen, sei Enteignung, meinte sie.

Doch der Verwaltungsgerichtshof München gab dem Landratsamt Recht (23 CS 20.2354). Auf dem Anwesen der Eigentümerin befinde sich ein Stall, die Koppel sei aber einen Kilometer davon entfernt. Nach dem Gutachten der Tiermediziner sei N ein sensibler Hengst mit schwierigem Charakter, der sich aggressiv verhalte. Deshalb könne die Frau den Hengst und das nötige Beistellpferd nicht allein über die vielbefahrene Straße vom Stall auf die Koppel führen.

Dort könne man Pferde allenfalls im Sommer halten, denn auf der Koppel gebe es keinen Unterstand. Also treffe die Einschätzung der Amtstierärzte zu, dass die Eigentümerin den Hengst nicht "tierwohlgerecht" unterbringen könne. Das von ihr vorgeschlagene Weidezelt auf der Koppel sei auch kein gutes Konzept: Für "Robusthaltung" im Freien tauge das Pferd wegen seines Alters und Gesundheitszustands nicht mehr.

Die Anordnung des Landratsamts greife nicht unverhältnismäßig in das Recht auf Eigentum ein: Tierschutz habe einen hohen Stellenwert und überwiege hier das private Interesse der Pferdebesitzerin. Die Kastration widerspreche dem Tierwohl nicht: Sie mache Hengste sozialverträglicher. So könne man eine Einzelhaltung von N auf dem Gnadenhof vermeiden und das Tier in Polen dauerhaft und artgerecht unterbringen. Der Eingriff werde nur durchgeführt, wenn der Hengst dafür gesund genug sei.

Kühe beschädigten geparktes Auto

Landwirt haftet für den Schaden: Viehtrieb an einer Engstelle verletzt die "Sorgfaltspflicht"

Ein Autofahrer hatte seinen Wagen am Rande eines Feldwegs neben einer Baustelle abgestellt. Auf der angrenzenden Wiese weideten Kühe, die der Bauer über den Feldweg auf eine andere Weide treiben wollte. Zwischen dem geparkten Auto und der Baustelle war nicht viel Platz. Ein Arbeiter auf der Baustelle sagte dem Landwirt, der Autofahrer sei in ungefähr zehn Minuten wieder da und könne dann den Wagen umparken.

So lange wollte der Landwirt aber nicht warten. Er stellte sich vor das Auto und ließ die Kühe vorbeilaufen. Als der Autofahrer zurückkam, entdeckte er eine beträchtliche Delle am Wagen. Die war vorher nicht dagewesen, wie Zeugen bestätigten. Erfolglos verlangte der Autofahrer Ersatz für die Reparaturkosten. Seine Kühe hätten das Auto nicht beschädigt, behauptete der Bauer, da habe er schon aufgepasst. Und außerdem dürfe man an dieser Stelle gar nicht parken.

Das Landgericht Koblenz entschied den Streit zu Gunsten des Autofahrers (13 S 45/19). Aus zwei Gründen könne man davon ausgehen, dass Kühe die Delle verursacht hätten, so das Landgericht: Zum einen hätten Zeugen ausgesagt, dass das Auto gewackelt habe, als die Tiere vorbeizogen. Zum anderen habe man Haare von Kühen am Fahrzeug gefunden.

Warum es so dringlich gewesen sein solle, das Vieh auf der Stelle auf die andere Weide zu treiben, sei nicht nachvollziehbar. Zehn Minuten hätte der Landwirt sicher auf die Rückkehr des Autofahrers warten können.

Dass die Lücke zwischen Auto und Baustelle sehr klein und das Vorhaben riskant gewesen sei, hätte er ohne Weiteres erkennen können, fand das Landgericht. Der Bauer habe so sorgfaltswidrig gehandelt, dass es dagegen nicht ins Gewicht falle, dass das Auto dort verbotswidrig stand. Er müsse für den Schaden haften.

Nachbar schießt auf Katze

Landgericht Frankfurt: Schüsse mit dem Luftgewehr sind keine Tierquälerei

Auf den ersten Blick ein klassischer Streit unter Nachbarn: Eine Frau hält mehrere Tiere, dem Nachbarn gehen sie auf die Nerven, ein nie enden wollender Konflikt.

Nicht ganz alltäglich allerdings die Fortsetzung: Die Tierhalterin brachte eine Katze, der es offenkundig schlecht ging, zum Tierarzt. Der Mediziner fand bei der Untersuchung ein Geschoss, das aus einem Luftgewehr stammte.

Wie die polizeilichen Ermittlungen ergaben, handelte es sich um das Luftgewehr des Nachbarn. Das Amtsgericht verurteilte ihn wegen Tierquälerei zu Geldstrafe. Doch das Landgericht (LG) Frankfurt reduzierte die Geldstrafe um mehr als die Hälfte und stufte die Attacke nur als "Sachbeschädigung" ein (8910 Js 205306/18).

Schüsse aus einem Luftgewehr auf eine Katze stellten keine Tierquälerei dar, fand das LG. Diese Ansicht dürfte das LG ziemlich exklusiv vertreten. Auch wenn es zur Begründung ein tierärztliches Gutachten heranzog, demzufolge ein Schuss aus einem Luftgewehr ein Tier nur leicht bis mittelschwer beeinträchtige. Von Tierquälerei könne erst die Rede sein, wenn ein Tier unter "erheblichen Schmerzen" leide, so das Landgericht. Die Tierhalterin hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.

Katzennetz am Balkon

Gehört ein Katzennetz zum "vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache"?

Die Mieterin einer Berliner Wohnung hielt eine Katze, was selbstverständlich erlaubt ist. Anfang 2019 wollte die Frau für das Tier ein Katzennetz auf ihrem Balkon anbringen. Doch die Vermieterin lehnte ab. Das sei absolut nicht zu verstehen, fand die Mieterin: Schließlich seien schon an elf Balkonen des großen Mietshauses Katzennetze gespannt. Außerdem könne sie das Netz so anbringen, dass das Mauerwerk unangetastet bleibe.

Die Tierhalterin klagte und setzte sich beim Amtsgericht Berlin-Tempelhof-Kreuzberg durch (18 C 336/19). Laut Mietvertrag sei für Anbauten und Installationen der Mieter zwar eine Genehmigung notwendig, räumte das Gericht ein. Im konkreten Fall hätte die Vermieterin die Erlaubnis aber nicht verweigern dürfen, da sie an zahlreichen Balkonen solche Netze schon seit langer Zeit dulde.

Es gehöre zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache, am Balkon ein Katzennetz zu montieren. Das gelte jedenfalls dann, wenn solche Netze bei anderen Mietern nicht beanstandet würden und das neue Netz ohne Eingriff in die Bausubstanz montiert werde. Von optischer Beeinträchtigung der Hausfassade könne angesichts der anderen Netze hier auch nicht die Rede sein.

Zu berücksichtigen sei auch der Gesichtspunkt, dass so ein Netz eine artgerechtere Haltung von Katzen ermögliche — zumindest im Vergleich mit dem ausschließlichen Aufenthalt in Innenräumen. Immerhin könne das Tier so an die frische Luft, ohne die Nachbarn zu stören oder Singvögel zu jagen.

Dalmatiner nicht erlaubt, aber geduldet

Kurzartikel

Hält der Mieter einer 53 qm großen Wohnung einen Dalmatiner, ohne sich um die Erlaubnis des Vermieters zu bemühen, rechtfertigt das keine Kündigung des Mietverhältnisses. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Mieter die Genehmigung hätte verlangen können, wenn der Vermieter die Hundehaltung über längere Zeit duldete und wenn sich kein Hausbewohner über Störungen durch den Hund beklagt hat.

Kühe auf fremder Weide

Tierhaltung ohne eigene Futterproduktion stellt keinen "landwirtschaftlichen Betrieb" dar

Dass Frau F auf ihrem Grundstück im Außenbereich einen Folientunnel als Unterstand für Kühe aufgebaut hatte, rief die Baubehörde des Landratsamts auf den Plan: Ohne Baugenehmigung wäre der Unterstand nur als Provisorium zulässig, das wieder abgebaut werde. Danach sehe das Betonfundament aber nicht aus … Frau F müsse den "Offenstall" entfernen, ordnete die Behörde an. Eine nachträgliche Baugenehmigung komme nicht in Frage: Ihre Tierhaltung stelle keinen landwirtschaftlichen Betrieb dar.

Frau F wehrte sich gegen die Anordnung: Sie führe einen "landwirtschaftlichen Mutterkuhbetrieb" mit ca. 100 Rindern, dem der Unterstand diene. Auch eine Ackerfläche von 60 Hektar für die Futterproduktion sei vorhanden, wenn auch nicht auf eigenem Grund und Boden. Die Nutzung sei aber durch einen langfristigen Kooperationsvertrag mit dem Inhaber der Weiden gesichert. Sie zahle ihm Entgelt für die Nutzung seiner Flächen als Weide und für die Futtererzeugung.

Das Verwaltungsgericht Cottbus entschied den Streit zu Gunsten der Behörde (3 K 418/18). Frau F leite keinen landwirtschaftlichen Betrieb, für den ein Bauvorhaben im Außenbereich zulässig wäre. Sie halte die Tiere nicht einmal auf ihrem eigenen Grund. Das Geschäftsmodell sehe so aus: Die Kühe würden gegen Entgelt dem Inhaber der Weiden von April bis Dezember überlassen. Der Weideinhaber erhalte die dafür genehmigten landwirtschaftlichen Fördermittel. Das Futter für die übrige Zeit des Jahres werde auf seinen Flächen produziert.

Tierhaltung werde nur dann als "landwirtschaftlicher Betrieb" anerkannt, wenn der Landwirt das Futter für die Tiere überwiegend selbst erzeuge. Das setze nicht zwingend eigene Äcker voraus, der Betriebsinhaber müsse aber dauerhaft gesicherten Zugriff auf Flächen haben. Das sei auch bei Pachtland der Fall, wenn es langfristige Pachtverträge gebe. Der von Frau F vorgelegte Pensionsviehvertrag mit dem Weideinhaber könne von diesem jedoch jedes Jahr mit einer Frist von vier Wochen gekündigt werden. Das sei keine "geeignete Futtermittelgrundlage".

Wie viele Pferde sind zu viel?

Pferdestall stinkt dem Nachbarn: Tierhalter darf auf dem Grundstück keine Pferde mehr halten

Weil sich der Nachbar über Geruchsbelästigung durch die Pferdepension beschwert hatte, besichtigten Mitarbeiter des zuständigen Landratsamts das Anwesen. Die Stallanlagen des Tierhalters lagen im vorderen Teil seines Grundstücks, direkt angrenzend das Wohnhaus des Nachbarn. Im Stall waren vier Tiere des Grundstückseigentümers und vier Pensionspferde untergebracht.

Zum Wohnhaus des Nachbarn bestehe praktisch kein Abstand, notierten die Behördenmitarbeiter: Der mit Pferdemist beladene Hänger stehe direkt unter seinen Fenstern, die Gerüche seien unzumutbar. Zudem sei die Pferdehaltung illegal, schrieb das Landratsamt dem Pensionsbetreiber: Für diese Nutzung des Grundstücks fehle ihm die erforderliche Baugenehmigung, also müsse er die Pferdehaltung einstellen.

Gegen den Behördenbescheid wehrte sich der Tierhalter: Nur im Winter ständen acht Pferde im Stall, im Sommer seien es höchstens drei oder vier. Außerdem sei es in diesem Dorfgebiet doch ortsüblich, Rinder und Pferde zu halten. Allgemeines Wohngebiet oder Dorfgebiet — das spiele hier keine Rolle, entschied jedoch das Oberverwaltungsgericht Magdeburg (2 M 41/20).

Mit Hilfe einer Abstandsrechnung gemäß VDI-Richtlinie 3894 habe die Behörde ausgerechnet, dass die Gerüche die Nachbarschaft unzumutbar belästigten. Und zwar selbst dann, wenn man den Grenzwert für Dorfgebiete zugrunde lege. (VDI: Die "Richtlinien des Vereins Deutscher Ingenieure" enthalten Regeln zum Stand der Technik.)

Werte für Geruchsimmissionen würden auf Basis der Häufigkeit und Dauer der Gerüche festgelegt, unterschiedlich je nach Tierart und nach Lage des Stalls. Wie viele Stunden im Jahr Gerüche auftreten, sei ein sachgerechtes Kriterium dafür, ob man sie als erheblich belästigend einstufen müsse. Im konkreten Fall würde der einschlägige Richtwert sogar dann überschritten, wenn auf dem Grundstück nur drei Pferde untergebracht wären — weil der Stall eben direkt neben dem Nachbarhaus stehe.

"Aus" für Sandreitplatz im Wohngebiet

Grundbesitzerin muss die Pferdehaltung aufgeben und aufgeschütteten Sand entfernen

Anwohner hatten sich beim Landratsamt über erhebliche Belästigung durch Sandstaub beschwert: Eine Nachbarin hielt auf ihrem Grundstück am Ortsrand fünf Pferde und betrieb dort einen mit Sand aufgefüllten, ca. 900 Quadratmeter großen Reitplatz. Wind wehe Sand vom Reitplatz auf die angrenzenden Grundstücke, so die Anwohner: Bei lebhaftem Wind könnten sie sich im Sommer nicht auf ihren Terrassen aufhalten. Die Baubehörde müsse gegen den Reitplatz einschreiten.

Es liege keine Erlaubnis dafür vor, auf dem Grundstück Pferde zu halten und es als Sandreitplatz zu nutzen, erklärte das Landratsamt. Die Baugenehmigung dafür nachträglich zu erteilen, komme nicht in Frage: Das wäre in einem allgemeinen Wohngebiet unzulässig. Die Reiterin müsse auf die Anwohner, deren Häuser nur wenige Meter entfernt lägen, Rücksicht nehmen, d.h. die Pferdehaltung aufgeben und den Sand entfernen.

Die Frau wehrte sich gegen die Anordnung der Behörde, verlor jedoch den Rechtsstreit vor dem Oberverwaltungsgericht Magdeburg (2 M 88/17). Der Sandplatz sei nicht nur ein Auslauf für die Tiere, wie die Grundeigentümerin behaupte, stellte das Gericht fest. Auf Fotos seien Hindernisse zu erkennen, wie man sie üblicherweise für das Sprungtraining verwende. Ein Reitplatz, auf dem Pferde trainiert werden, stelle eine bauliche Anlage dar, für die eine Baugenehmigung erforderlich sei.

Bauliche Anlagen müssten so beschaffen sein, dass sie Nachbarn nicht belästigten. Genau das sei hier aber der Fall, denn Wind wirble in erheblichem Umfang Sandstaub auf. Wenn starker Wind den — mit Ausscheidungen der Pferde versetzten — Sand in die umliegenden Gärten wehe, sei es nicht mehr möglich, im Freien bedenkenlos Lebensmittel zu konsumieren. Zudem steige bei sommerlichen Temperaturen die Zahl von Fliegen, Mücken und Bremsen.

Solche Störungen seien für die Anwohner in einem allgemeinen Wohngebiet unzumutbar. Die von der Reiterin angeführten ehemaligen (!) Vierseithöfe in der Gemeinde belegten nicht, dass die Umgebung immer noch ein "ländlich geprägtes Dorfgebiet" und kein Wohngebiet sei. Auch in einem allgemeinen Wohngebiet sei Pferdehaltung zwar nicht von vornherein ausgeschlossen. Eine Ausnahme komme aber nur in Betracht, wenn auf einem sehr großen Grundstück Stallungen oder ein Reitplatz ausreichend entfernt von Wohnhäusern errichtet werden könnten.

Hund läuft vors Fahrrad

Mitverschulden der gestürzten Radfahrerin, weil sie die Tierhalter nicht durch Klingeln warnte

An einem warmen Sommerabend war ein Ehepaar auf einem Geh- und Radweg mit dem Fahrrad unterwegs. 30 bis 40 Meter vor seiner Frau fahrend, überholte der Mann vier Fußgänger. Darunter ein Paar, das seine Rhodesian Ridgeback-Hündin ausführte. Der Radfahrer war schon an der Gruppe vorbei, als das nicht angeleinte Tier zur Seite lief und mit dem Vorderrad der Radfahrerin zusammenstieß. Sie stürzte und brach sich dabei Daumen und Ellenbogen.

Vom Tierhalter verlangte die Verletzte Schadenersatz und Schmerzensgeld. Der Hund sei völlig überraschend in ihre Fahrlinie gesprungen, erklärte sie, für die Folgen müsse der Tierhalter bzw. seine Tierhalterhaftpflichtversicherung zu 100 Prozent aufkommen. Ihr Mann habe rechtzeitig geklingelt und so die Gruppe auf die Radfahrer aufmerksam gemacht.

Beim Oberlandesgericht (OLG) Hamburg hatte die Radfahrerin mit ihrer Klage überwiegend Erfolg (1 U 155/18). Unabhängig von eigenem Verschulden hafteten Tierhalter für die Folgen, wenn ihre Tiere Schaden anrichteten. Zweifellos habe sich hier das unberechenbare Verhalten des Hundes, die so genannte Tiergefahr, ausgewirkt. Einem Impuls folgend sei der Hund plötzlich von den Tierhaltern weg auf die andere Seite des Weges gelaufen.

Allerdings müsse sich die Radfahrerin eine Mitschuld von einem Drittel anrechnen lassen, entschied das OLG. Denn sie sei ohne Klingelzeichen an Fußgängern vorbeigefahren. Selbst wenn ihr Mann vorher geklingelt habe: Als sie sich der Gruppe von hinten näherte, sei er vorausgefahren. Ohne zweites Klingelzeichen müssten Fußgänger nicht damit rechnen, dass ein weiterer Radfahrer von hinten herankomme. Auf einem kombinierten Geh- und Radweg müssten sie sich nicht ständig nach Radfahrern umschauen, sie dürften auf Klingelzeichen vertrauen.

Die viel schnelleren Radfahrer dagegen müssten beim Überholen bremsbereit sein und damit rechnen, dass Fußgänger "die Spur wechselten". Bei einer Personengruppe mit einem Hund sei erst recht Vorsicht geboten. Bei gehöriger Aufmerksamkeit habe die Radfahrerin einen so großen Hund nicht übersehen können, zumal auf gerader Strecke. Wäre sie langsamer gefahren und hätte rechtzeitig geklingelt, hätten die Tierhalter reagieren und den Hund bei Fuß halten können.

Landwirt muss Betriebsprämie zurückzahlen

Rückforderung des Landwirtschaftsamts ist nach Tierquälerei rechtens

Das bayerische Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) hatte einem Landwirt 2011 eine Betriebsprämie in Höhe von 15.715,15 Euro bewilligt. Kurz darauf kontrollierte die Veterinärbehörde des Landratsamts unangekündigt die Ställe des landwirtschaftlichen Betriebs.

Dabei entdeckte der Amtstierarzt sechs Mastbullen, die auf 10,5 Quadratmetern gehalten wurden, so dass sie sich nicht gemeinsam hinlegen konnten. Ein völlig dehydrierter Bulle lag vor dem Futtertrog fest und konnte nicht mehr zur Tränke gehen. Wegen zahlreicher Druckgeschwüre und Verletzungen am Schwanz musste der Bulle getötet werden. Bei der Untersuchung wurde festgestellt, dass er schon mehrere Tage verletzt gewesen sein musste: Wahrscheinlich waren andere Bullen auf das Tier getreten.

Der Landwirt wurde zu Geldstrafe verurteilt, weil er einem Tier vorsätzlich erhebliches Leid zugefügt hatte (§ 17 Tierschutzgesetz). Aus diesem Grund forderte das AELF auch die Betriebsprämie zurück. Dagegen wehrte sich der Landwirt mit dem Argument, das wäre eine unzulässige Doppelbestrafung. Außerdem dürfe das Amt bei Verstößen gegen den Tierschutz nicht die gesamte Prämie zurückverlangen.

Bei so einer Tierquälerei schon, erwiderte das AELF: Der Landwirt habe es tagelang versäumt, den verletzten Bullen abzusondern. Das Verwaltungsgericht (VG) Ansbach gab der Behörde Recht (AN 14 K 16.01508). Das Strafverfahren habe nichts mit der Betriebsprämie zu tun, erklärte das VG. Die Prämie sei aber nun einmal daran gekoppelt, dass der betreffende landwirtschaftliche Betrieb Vorschriften beim Umweltschutz und Tierschutz, bei Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit erfülle.

Bei Verstößen seien Kürzungen zwingend vorgesehen. Entscheidungsspielraum habe das AELF nur, wenn es um deren Höhe gehe. Wie viel gekürzt werde, hänge davon ab, wie schwer, wie lang und häufig ein Landwirt gegen Vorschriften verstoßen habe. Und im konkreten Fall gehe es wegen des tagelang qualvoll leidenden Mastbullen zweifellos um eine schwerwiegende Verletzung des Tierschutzgesetzes. Diese Straftat reiche für sich genommen aus, um eine Kürzung der Betriebsprämie um 100 Prozent zu rechtfertigen.

Hundeschule ist im Dorfgebiet zulässig

Ein Dorfgebiet ist geprägt durch gemischte "landwirtschaftliche und gewerbliche Nutzung"

Ein Hundeliebhaber hatte einen ehemaligen Bauernhof am Rand einer kleinen Gemeinde in Niedersachsen gekauft. Beim Landratsamt beantragte er die Erlaubnis, den Hof künftig als Hundepension und als Hundeschule für Schutz- und Jagdhunde zu nutzen. Die Behörde genehmigte dies für maximal 40 Tiere. Dagegen erhob ein Nachbar Einspruch: Der Betrieb einer Hundepension sei hier wegen des zu erwartenden Lärmpegels unzulässig, denn der Hof liege in einem allgemeinen Wohngebiet.

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg erklärte die Baugenehmigung für rechtmäßig (1 ME 133/19). Die frühere landwirtschaftliche Hofstelle und das Anwesen des Nachbarn lägen an der Grenze zum Außenbereich, der Ortsteil sei durch Landwirtschaft und Gewerbe geprägt. Es handle sich um ein Dorfgebiet: Hier gebe es einige Betriebe und viel Hobby-Tierhaltung, beides wäre im allgemeinen Wohngebiet verboten.

Gestützt auf Informationen der Baubehörde und auf Luftaufnahmen, zählte das Gericht auf: zwei aktive Landwirte, private und gewerbliche Pferdehaltung auf ehemaligen landwirtschaftlichen Hofstellen inklusive Reitplatz. In dem Ort würden Kühe, Ziegen, Schafe und Hühner gehalten. Landwirtschaftliche Maschinen seien zu sehen. Neben dem Wohnhaus des Nachbarn werde — in einem Maß, das in einem Wohngebiet unzulässig wäre — Brennholz gelagert und auch verarbeitet.

Diese Mischung sei für ein gewachsenes Dorfgebiet typisch. Auch bei wohlwollender Betrachtung liege die Annahme fern, es könnte sich um ein allgemeines Wohngebiet handeln. Daher sei hier eine Hundepension mit Hundeschule zulässig, jedenfalls in dem geplanten, relativ kleinen Umfang. Auch wenn die große Wiese neben der Scheune des ehemaligen Bauernhofs für die Hundeausbildung genutzt werden solle, werde sich laut Sachverständigengutachten die "Störungsintensität" in Grenzen halten. Die in einem Dorfgebiet zulässigen Lärmgrenzwerte würden nicht erreicht.

Pferd verletzt sich in der Pferdepension

Kann die Ursache nicht geklärt werden, ist von einer Pflichtverletzung des Pensionsinhabers auszugehen

Mit dem Inhaber der Pferdepension hatten die Tierhalter einen Pferdeeinstellvertrag abgeschlossen. Demnach sollte er ihr Pferd A in seinen Stallungen unterbringen, es füttern und sich allgemein um sein Wohlergehen kümmern. Schon drei Tage nach seiner Ankunft wurde das Tier morgens von einer Mitarbeiterin der Pferdepension, die es aus der Box ins Gehege herausführen wollte, schwer verletzt vorgefunden.

Ein Tierarzt diagnostizierte eine frontale Oberarmfissur, Ellenbogenfraktur und Lockerung des Fesselträgerursprungs. Wie und warum sich das Pferd in der Nacht diese Verletzungen zugezogen hatte, war nicht aufzuklären. Die Pferdebesitzer verklagten den Inhaber der Pferdepension auf Schadenersatz für die Behandlungs- und Medikamentenkosten von rund 9.000 Euro. Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt (15 U 21/16).

Da der Pensionsinhaber A in Obhut genommen habe, lägen die möglichen Ursachen für den Schadensfall allein in seinem Verantwortungsbereich, stellte das OLG fest. Um sich zu entlasten, hätte er also beweisen müssen, dass er seine vertraglichen Pflichten nicht verletzt habe. Das bedeute: Er hätte die Schadensursache klären und belegen müssen, dass er diese nicht zu vertreten habe.

Der Zeugin sei nichts Ungewöhnliches in der Box oder im Laufgang aufgefallen. Der gerichtliche Sachverständige habe erläutert, bei diesem "Verletzungsmuster" komme ein Unfall beim so genannten Festlegen des Pferdes in Frage: Dann wäre die Verletzung auf das Verhalten des Tieres selbst zurückzuführen. Das sei aber nicht zwingend. Ebenso gut könnte das Pferd in der Boxengasse oder auf dem Paddock über Hindernisse gestürzt sein.

Wenn aber nicht feststehe, ob sich das Pferd aufgrund angeborener Risiken der Pferdenatur verletzt habe oder infolge eines schuldhaften Pflichtenverstoßes des Pensionsinhabers, sei von einer Pflichtverletzung auszugehen. Daher müsse er für die Unfallfolgen aufkommen.

Rinder ohne Ohrmarken

Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht rechtfertigt Kürzung der landwirtschaftlichen Betriebsprämie

Ein Landwirt verkaufte Futter von seinen Wiesen an seine Schwester. Sie hielt in offener Herde etwa 280 Rinder. Im Sommer weideten die Tiere, die nicht mit eingezogenen Ohrmarken gekennzeichnet waren, auf den Wiesen des Bruders. Da es schon früher mit dem Geschwisterpaar wegen fehlender Ohrmarken Streit gab, ging das Regierungspräsidium Tübingen von einem vorsätzlichen Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht aus.

Deshalb reduzierte die Behörde die landwirtschaftliche Beihilfe, die dem Landwirt an sich zustand: EU-Recht schreibe bei Rindern Ohrmarken zwingend vor. Wenn eine Tierseuche auftrete, müsse die Herkunft genau nachvollziehbar sein.

Der Landwirt wehrte sich gegen die Kürzung der Fördermittel: Für die Ohrmarken sei er nicht zuständig. Schließlich halte er selbst keine Rinder, sondern liefere nur das Futter. Dieses Argument ließ der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg nicht gelten (10 S 2447/17). Der Verstoß sei auch ihm zuzurechnen.

Denn der Landwirt habe die nicht markierten Tiere auf seinem Grund weiden lassen. Solange sie sich auf seinen Wiesen aufhielten, sei er als (Mit-)Tierhalter einzustufen. Generell gelte: Wer in erheblichem Umfang seine Flächen Dritten zum Beweiden zur Verfügung stelle, sei auch mitverantwortlich. Schließlich habe gerade der Grundeigentümer den direkten Zugriff auf die Rinder, der bei einer Tierseuche wichtig sei.

Darüber hinaus sei die berufliche Beziehung zwischen den Geschwistern sehr eng: Die Haltung der Uria-Rinder sei am Rinderhof vom Vater begründet worden. Die Grünflächen der Geschwister lägen eng beieinander. Unter diesen Umständen müsse man die Rinderhaltung der Schwester im Sommer und den Futtermittelanbau des Landwirts als einheitliche, sich gegenseitig bedingende Bewirtschaftung der Flächen ansehen.

Illegal gebauter Pferdestall muss weg!

Hobby-Pferdezüchter und Obstbauer beruft sich darauf, dass der Bau einem landwirtschaftlichen Betrieb dient

Auf einer Streuobstwiese hatte der Grundstückseigentümer ohne Baugenehmigung einen Pferdestall für drei Pferde gebaut — acht Meter lang und vier Meter breit. Die Baubehörde des Landkreises ordnete den Rückbau an, weil der Stall illegal errichtet worden sei und zudem ein Biotop beeinträchtige: In freier Natur seien nur Bauvorhaben zulässig, die einem landwirtschaftlichen Betrieb dienten. Von einem Betrieb könne hier keine Rede sein.

Der Reiter wehrte sich gegen diese Entscheidung: Den Obstanbau wolle er als landwirtschaftlichen Nebenerwerb weiter intensivieren, sein Bio-Obst werde zunehmend nachgefragt. Das besondere Betriebskonzept bestehe darin, den Grund als Weidefläche für die Pferdezucht und als Obstplantage gleichzeitig zu nutzen. Durch das Weiden der Pferde müsse er kaum noch mähen.

Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt (OVG) konnte der Obstbauer jedoch nicht überzeugen (2 L 95/18). Mit seinem Obstanbau könne er weder aktuell, noch zukünftig nachhaltig Gewinn erzielen, so das OVG. Dagegen sprächen die geringe Zahl von Obstbäumen, der hohe Pflückaufwand bei den alten Hochstämmen und die schwierige Vermarktung. Umfang und Art der Pferdehaltung ließen erst recht keine Einkünfte erwarten. Er habe noch nie ein Pferd verkauft und keine schlüssige Rentabilitätsberechnung vorgelegt.

Selbst wenn man den Obstanbau als landwirtschaftlichen Betrieb anerkennen würde: Dafür benötige der Grundeigentümer keinen Pferdestall mitten auf der Obstwiese, auch wenn es möglicherweise ökologisch sinnvoll sei, hier Pferde weiden zu lassen. Für eine Baugenehmigung im Außenbereich reiche es nicht aus, wenn ein Bauvorhaben für einen Betrieb irgendwie förderlich sei — es müsse für ihn funktional notwendig sein.

Zudem gehörten Streuobstwiesen zu den geschützten Biotopen: Es sei verboten, sie zu zerstören oder zu beeinträchtigen. Dass sich der Pferdestall auf die Wiese nachteilig auswirke, sei unbestreitbar. Auf der Fläche des Gebäudes und beim Bau drumherum sei der Unterwuchs vernichtet worden. Diese Fläche stehe den Insekten und anderen Tierarten nicht mehr zur Verfügung.

Reitunfall bei Gefälligkeit oder Arbeitsunfall?

Reiter stürzte beim Korrekturberitt der Stute einer Vereinsfreundin

Frau S bildete ihre vierjährige Stute als Dressurpferd aus. Da sie mit den Fortschritten unzufrieden war, bat sie einen Freund aus dem Reitverein, das Pferd zu reiten und sie danach zu beraten. Vor allem beim Angaloppieren im Rechtsgalopp habe sie Probleme.

Der versierte Reiter H übernahm den "Job" gegen ein Entgelt von 30 Euro für Fahrtkosten. Am nächsten Tag traf man sich in einer Reithalle. Beim Galopp buckelte die Stute so plötzlich, dass sich H nicht mehr im Sattel halten konnte. Der Reiter stürzte und verletzte sich an der linken Schulter.

Seine Krankenkasse DAK forderte die Berufsgenossenschaft auf zu prüfen, ob Herr H möglicherweise einen Arbeitsunfall erlitten habe. Immerhin habe er im Auftrag von Frau S deren Pferd geritten. Falls ein Arbeitsunfall vorläge, müsste die Berufsgenossenschaft als Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung die Behandlungskosten übernehmen.

Nicht nur die Krankenkasse sah die Unfallversicherung in der Pflicht, auch die Tierhalterin argumentierte so — um H nicht selbst Entschädigung zahlen zu müssen. Mit seinem Einverständnis verklagte Frau S die Berufsgenossenschaft, als diese Leistungen ablehnte. Doch das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen gab der Unfallversicherung Recht (L 15 U 23/18).

Die Tätigkeit, bei der Herr H stürzte, sei mit der eines Arbeitnehmers nicht vergleichbar, erklärte das LSG. Arbeitnehmer arbeiteten "fremdbestimmt", d.h. nach Weisung und nicht im eigenen Interesse. Frau S habe den Reiter um Hilfe bei der Pferdeausbildung gebeten, weil er über große Sachkunde verfüge. Aus dem gleichen Grund habe sie ihm beim Korrekturritt völlig freie Hand gelassen.

Zudem habe Herr H öfters für Freunde Pferde beritten, weil ihm diese Herausforderung Spaß machte. Der Verletzte sei also am Unfalltag (zumindest auch) eigenen Interessen nachgegangen, da er eben gut und gerne reite. Gegen eine arbeitnehmerähnliche Tätigkeit spreche auch die Tatsache, dass sich Herr H und Frau S aus dem Reitverein seit langem kannten.

Letztlich habe er den Korrekturberitt übernommen, um Frau S einen Gefallen zu tun, eine unter Reiterfreunden übliche Hilfeleistung. Das sehr bescheidene Entgelt von 30 Euro habe nicht mehr als die Fahrtkosten abdecken sollen. Demnach habe es sich hier nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt.

Hunderauferei mit Folgen

Welcher Hund einen der beiden Hundehalter verletzte, blieb strittig: Schmerzensgeld?

Am Stadtrand von Weinheim führte Herr A seine Bulldogge an der Leine spazieren. In der Nähe parkte Frau B ihr Auto, die ebenfalls ihren Hund ausführen wollte. Als sie die Heckklappe öffnete, sprang der Terrier sofort heraus und lief laut bellend auf die Bulldogge zu. Bei der nun folgenden Hunderauferei fiel Tierhalter A hin — gezogen von der Leine — und wurde ins Gesicht gebissen.

Ein Arzt nähte die Bisswunden des Freiberuflers am Ohr und unter einem Auge. Herr A war fünf Tage lang arbeitsunfähig, eine Narbe blieb. Er verlangte von Frau B Schmerzensgeld und Schadenersatz für den Verdienstausfall. Doch die Terrier-Halterin winkte ab: Wahrscheinlich sei A gar nicht von ihrem Hund, sondern von seiner eigenen Bulldogge gebissen worden. Es sei alles so schnell gegangen, dass niemand mitbekommen habe, welcher Hund es gewesen sei.

Das Landgericht Mannheim wies die Zahlungsklage des Verletzten aus diesem Grund ab. Damit war das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe nicht einverstanden (7 U 86/18). Hier komme es nicht darauf an, von wem der Tierhalter gebissen wurde. Unabhängig davon stehe nämlich fest, dass der Terrier die Verletzung indirekt verursacht habe, indem er mit Gebell und Geknurre auf den anderen Hund zustürmte.

Der aggressive Terrier habe sofort die Bulldogge — die er laut Frau B noch nie mochte — attackiert und die Rauferei begonnen. Die Hundehalterin hätte dafür sorgen müssen, dass er nicht ohne Leine vom Auto weglaufen konnte. Wie aggressiv ihr Hund war, habe sie sehr gut gewusst. Denn schon einige Wochen vorher habe er einen anderen Terrier angegriffen und dessen Halterin in die Hand gebissen.

Dass A durch unglückliches Eingreifen in das Gerangel den Biss mit-verschuldet habe, sei nicht ersichtlich, so das OLG. Daher hafte Frau B für den gesamten Schaden, den ihr Tier angerichtet habe: Sie müsse den Verdienstausfall von 3.100 Euro ersetzen und zusätzlich für die Bissverletzungen 2.000 Euro Schmerzensgeld zahlen.

Rinderexport gestoppt

Transport von 150 trächtigen Kühen nach Usbekistan wurde zu Recht nicht genehmigt

Ein Viehhändler aus dem Kreis Steinfurt (Nordrhein-Westfalen) beantragte beim zuständigen Veterinäramt die Erlaubnis für einen Rindertransport nach Usbekistan. Die Behörde lehnte den Antrag ab. Aufgrund der Auskünfte der zuständigen Stellen in der Russischen Föderation müsse sie davon ausgehen, dass die Versorgungsstellen für Rinder derzeit nicht in Betrieb seien, lautete die Begründung.

Hintergrund: Das EU-Recht regelt Tiertransporte in Drittländer außerhalb der Europäischen Union ziemlich genau. Rinder müssen nach 14 Stunden Transport spätestens eine Stunde Ruhezeit mit Tränke erhalten, danach kann wieder 14 Stunden gefahren werden. Dieses Vorgehen zu wiederholen, ist nur zulässig, wenn die Tiere an einer zugelassenen Kontrollstelle entladen, gefüttert und getränkt werden (mit 24 Stunden Ruhezeit).

Ohne "OK-Stempel" der Behörde darf kein Transport stattfinden: Sie kontrolliert vorher das Fahrtenbuch des Transporteurs. Im konkreten Fall wehrte sich der Viehhändler gegen die verweigerte Erlaubnis: Das Veterinäramt müsse das Fahrtenbuch abstempeln und vom Amtstierarzt abzeichnen lassen, forderte der Unternehmer per Eilantrag. Doch das Verwaltungsgericht Münster teilte die Bedenken der Behörde (5 L 446/20).

Der Viehhändler habe zwar behauptet, dass die — nach der geplanten Route notwendige — zweite Versorgungsstation in der Region Samara zur Verfügung stehe und gut genug ausgestattet sei. Belegt sei das aber nicht, es gebe vielmehr anderslautende Informationen. Deutsche Tierärzte, die im Sommer 2019 die Russische Föderation bereisten, hätten über andauernde Bauarbeiten an dieser Kontrollstelle berichtet. So auch die Auskunft des Dienstes für veterinärrechtliche Überwachung in der Russischen Föderation.

Zudem fehle in dem Antrag des Viehhändlers ein Datum für den geplanten Transport. Das Gericht könne also nicht einmal überprüfen, ob während des Transports an den Versorgungsstationen für die 150 Kühe genügend Platz vorhanden wäre.

Widersetzliches Dressurpferd

Bundesgerichtshof: Rittigkeitsprobleme stellen nicht automatisch einen Mangel des Pferdes dar

Auf einer Pferdeauktion hatte Frau V für fast 32.000 Euro das fünf Jahre alte Dressurpferd "Santiano" erstanden, das bereits erfolgreich an Turnieren teilgenommen hatte. Ihre Tochter, eine Pferdewirtin, sollte den Wallach weiter ausbilden.

Etwa eineinhalb Jahre nach der Auktion erklärte Frau V den Rücktritt vom Kaufvertrag, weil "Santiano" gravierende Rittigkeitsprobleme an den Tag lege. Das Pferd blockiere, teilte sie dem Verkäufer mit. Dieser Mangel sei mit Sicherheit auf ein Gesundheitsproblem zurückzuführen: verengte Dornfortsätze der Wirbelsäule, so genannte "Kissing Spines".

Da sich der Verkäufer weigerte, den Kaufpreis zurückzuzahlen, klagte Frau V. Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg entschied den Streit zu ihren Gunsten: Zwar habe der Sachverständige betont, "Kissing Spines" träten auch bei gesunden Tieren auf, Leistungssport sei trotzdem möglich. Wenn es dadurch aber zu Gehorsamsproblemen komme, sei von einem Sachmangel auszugehen, so das OLG — zumal der Wallach auf einer Elite-Auktion als Sportpferd verkauft wurde.

Gegen das Urteil legte der Verkäufer erfolgreich Revision zum Bundesgerichtshof ein (VIII ZR 315/18). "Kissing Spines" alleine seien kein krankhafter Zustand, so die Bundesrichter. Bisher habe sich daraus keine klinische Symptomatik entwickelt (Schmerzen, Lahmen, eingeschränkte Beweglichkeit) und das sei auch künftig nicht zu erwarten. Nur dann wäre der Engstand der Dornfortsätze als Sachmangel des Tieres einzustufen.

Einen Zusammenhang von Rittigkeitsproblemen mit "Kissing Spines" könne es zwar durchaus geben, etwa, wenn ein Pferd wegen Rückenschmerzen blockiere. Aber im konkreten Fall sei dies nicht belegt. Der Sachverständige habe den Wallach untersucht und beim Reiten beobachtet und habe keine krankhafte Schmerzempfindlichkeit feststellen können.

"Santiano" sei für die Verwendung als Reitpferd geeignet, auch wenn er sich nicht wie gewünscht verhalte. Gehorsamsprobleme stellten keinen Mangel dar — es sei denn, im Vertrag sei eine besondere Beschaffenheit vereinbart wie z.B. die Eignung als Anfängerpferd. Widersetze sich ein Pferd dem Reiter, könne dies viele Ursachen haben: klinische Symptome, den Reitstil oder unzureichende Verständigung zwischen Pferd und Reiter.

So eine Disharmonie könne auch ohne reiterliche Fehler bei einem Lebewesen mit individuellen Anlagen vorkommen. Pferdekäufer hätten keinen Anspruch auf einen reibungslosen Umgang mit dem Tier oder darauf, dass die erhofften Ausbildungsfortschritte und Wettkampferfolge wirklich eintreten.