Steuern

Zu viel Glück im Spiel

Flugkapitän muss Preisgelder aus Pokerturnieren als gewerbliche Einkünfte versteuern

Hauptberuflich ist der Mann Flugkapitän. Wenn er nicht fliegt, spielt er am liebsten Karten — das scheint noch lukrativer zu sein als sein wohldotierter Job. Jedenfalls meldete sich 2009 die Steuerfahndung beim Finanzamt und teilte mit, der Flugkapitän nehme seit Jahren an Pokerturnieren teil und habe dabei insgesamt eine Million Dollar (!) Preisgelder eingeheimst.

Nach Ansicht der Steuerfahnder war der Mann als Berufskartenspieler einzustufen und die Preisgelder als gewerbliche Einkünfte. Die Höhe des Gewinns aus Pokerturnieren schätzten sie mithilfe einer Poker-Datenbank im Internet (The Hendon Mob Poker Database) für das Jahr 2008 auf 73.508 Euro. Diesen Betrag sollte er laut Einkommensteuerbescheid 2008 versteuern. Gegen diesen Bescheid klagte der Flugkapitän: Pokern sei sein Hobby, das betreibe er nicht, um Geld zu verdienen. Außerdem müssten Gewinne aus Glücksspielen sowieso nicht versteuert werden.

Mit dieser Argumentation hatte der Pokerspieler jedoch vor Gericht keinen Erfolg. Jede selbständige und nachhaltige Beschäftigung, mit der ein Steuerzahler "am wirtschaftlichen Verkehr teilnehme" und die mit der Absicht ausgeführt werde, Gewinn zu erzielen, sei als gewerblich einzustufen, so der Bundesfinanzhof (X R 43/12). Auf ein Glücksspiel wie zum Beispiel eine Lotterie treffe das in der Tat nicht zu. Doch Pokern sei kein reines Glücksspiel, sondern eine Mischung aus Zufall und Elementen von Geschicklichkeit.

Zumindest in den vom Flugkapitän praktizierten Varianten "Texas Hold’em" und "Omaha" komme es auf die Geschicklichkeit des Spielers an. Dabei profitiere er auch von der mathematischen Ausbildung für Piloten, die seine spielerischen Fähigkeiten erhöhe. Im Gegensatz zu einem Durchschnittsspieler könne er den Ausgang von Pokerspielen sehr wohl beeinflussen. Der Erfolg im Spiel, also die Preisgelder, hänge sogar überwiegend von seinem Geschick ab.

Auch die Art und Weise, wie sich der Pilot als Turnierpokerspieler betätige, spreche für gewerbliche Einkünfte. Sie sei nachhaltig und offenkundig einträglich. Als Teilnehmer eines Pokerturniers biete er den Veranstaltern an, seine Fähigkeiten öffentlich zu demonstrieren und diese stellten als Gegenleistung Preisgeld in Aussicht, dessen Höhe von der Platzierung abhänge. Darüber hinaus vermarkte der Pokerspieler seinen Erfolg, indem er Pokerspiele im Fernsehen kommentiere, als Autor eines Poker-Internetblogs und mit einer Poker-Schulungs-DVD.

Zweifellos spiele er nicht nur um des Geldes willen, dieser Betätigung liege sicher auch Spielleidenschaft zugrunde. Trotzdem sei sie als gewerblich anzusehen: Dafür reiche es laut Einkommensteuergesetz aus, wenn die "Gewinnerzielungsabsicht" zumindest einen Nebenzweck der Betätigung darstelle. Nach diesem Urteil des Bundesfinanzhofs wird der Pokerspieler wohl seine Preisgelder künftig mit dem Fiskus teilen müssen.

Vorsteuerabzug für GmbH-Gründer?

Der Gesellschafter einer noch zu gründenden Ein-Mann-GmbH kann keinen Vorsteuerabzug für Beratungsleistungen geltend machen

Ein Arbeitnehmer plante, eine GmbH zu gründen — mit ihm als Alleingesellschafter — und unternehmerisch tätig zu werden. Seine GmbH sollte die Betriebsmittel einer anderen Firma erwerben, die mit Bauelementen handelte. Der Mann ließ sich von einem Unternehmensberater zur Existenzgründung und von einem Rechtsanwalt zum Kauf der Vermögensgegenstände der Bauelemente-Firma beraten.

Sowohl die Gründung der GmbH als auch der Erwerb der Betriebsmittel unterblieben. Trotzdem machte der verhinderte Gründer bei der Umsatzsteuerjahreserklärung für 2008 Vorsteuerabzug für seine Ausgaben für Beratungsleistungen geltend. Das Finanzamt lehnte das ab.

Auch der Bundesfinanzhof verneinte einen Anspruch auf Vorsteuerabzug und wies die Klage des Steuerzahlers gegen den Steuerbescheid ab (V R 8/15). Nach nationalem und nach EU-Recht stehe der Vorsteuerabzug nur Unternehmern zu. Der Unternehmensgründer wäre dazu berechtigt gewesen, wenn er die Bauelemente-Firma selbst hätte kaufen wollen, um sie als Einzelunternehmer weiter zu führen. Doch als Gesellschafter einer noch zu gründenden GmbH sei er nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, denn eine GmbH sei rechtlich eigenständig.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dürften GmbHs und Gesellschafter zwar — im Hinblick auf die beabsichtigte wirtschaftliche Tätigkeit der GmbH — ausnahmsweise auch bereits vor deren Gründung Vorsteuerabzug geltend machen, aber nur für Investitionskosten. Das komme in Betracht, wenn der Gesellschafter Betriebsmittel wie zum Beispiel ein Grundstück erwerbe, um diese auf die GmbH zu übertragen bzw. in die GmbH einzubringen.

In diesem Fall führten die Ausgaben bei der GmbH zu einem "Investitionsumsatz". Doch Beratungsleistungen seien keine "übertragungsfähigen" Vermögensgegenstände: Dadurch entständen keine auf eine GmbH übertragbaren Vermögenswerte, das sei nur bei Investitionsgütern der Fall.

Ein Esstisch ist keine Büroeinrichtung

Ein Unternehmer kann seine Esstischgruppe nicht als Betriebsausgabe von der Steuer absetzen

Ein Esszimmertisch mit sechs Stühlen ist selbst dann nicht als Büroeinrichtung steuerlich absetzbar, wenn ein Unternehmer gelegentlich in seinem Esszimmer Besprechungen mit Kunden abhält oder am Tisch für den Betrieb arbeitet, urteilte das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (6 K 1996/14).

Der konkrete Fall: Ein Bauleiter ist als Ein-Mann-Unternehmen selbständig tätig. 2008 kaufte er zum stolzen Preis von 9.927 Euro einen Esszimmertisch aus Nussbaum und sechs weiße Lederstühle. Tisch und Stühle platzierte der Unternehmer in seinem Eigenheim, im zum Wohnzimmer hin offenen Esszimmer.

Bei seiner Einkommensteuererklärung für 2008 beantragte er, die Kosten dieser Anschaffung als Betriebsausgaben anzuerkennen und ihm Vorsteuerabzug zu gewähren, d.h. Abzug der beim Kauf gezahlten Umsatzsteuer. Er brauche die Möbel für sein Unternehmen, behauptete der Bauleiter. Nur hier könne er größere Pläne ausbreiten, Akten bearbeiten und vor allem Besprechungen mit Kunden oder Geschäftspartnern abhalten. Er nutze die Esstischgruppe zu mindestens 3/7 beruflich und nur am Wochenende auch zu privaten Zwecken.

Das Finanzamt lehnte den Antrag des Bauleiters ab: Möbel für ein Esszimmer dienten eindeutig der Einrichtung eines privaten Raumes und stellten keine Büroeinrichtung dar. Vergeblich klagte der Steuerzahler dagegen. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz gab der Finanzbehörde Recht.

Es gebe Gegenstände (z.B. Kraftfahrzeuge), die ihrer Art nach betrieblich und privat genutzt werden könnten, so das Gericht. Bei einer Esszimmereinrichtung treffe das jedoch grundsätzlich nicht zu.

Auch die Höhe der Kosten lasse darauf schließen, dass der Kläger den privaten Essbereich nach seinem Geschmack habe möblieren wollen und dabei nicht das Kriterium der Zweckmäßigkeit für Büroarbeiten im Vordergrund stand. Doch selbst wenn das zuträfe, könnte man die Kosten nicht als Betriebsausgabe einstufen: Denn der Anteil der betrieblichen Nutzung im Verhältnis zur privaten Nutzung sei dafür zu gering. Auch in der Zeit, in der die Möbel gar nicht gebraucht werden, dienten sie als Einrichtung eines Esszimmers und damit einem privaten Zweck. Kalkuliere man diese Zeit mit ein, betrage der Anteil der unternehmerischen Nutzung nur 2,9 Prozent.

Anschaffungskosten für Gegenstände, die sowohl betrieblich als auch privat genutzt werden, seien nur dann als Betriebsausgaben steuerlich zu berücksichtigen, wenn der Anteil der unternehmerischen Nutzung bei mindestens zehn Prozent liege. Darüber hinaus habe der Bauleiter, wie seinen Aufzeichnungen zu entnehmen sei, nur Einzelgespräche mit Kunden geführt. Für vier der sechs Stühle sei also überhaupt keine unternehmerische Nutzung ersichtlich.

Ärztliche Gemeinschaftspraxis als Gewerbebetrieb?

Ist eine Ärztin und Gesellschafterin faktisch keine Mitunternehmerin, sind die Praxiseinnahmen als gewerbliche Einkünfte zu versteuern

Ärzte sind Freiberufler und erzielen Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 18 Einkommensteuergesetz), für die keine Gewerbesteuer anfällt. Doch das kann sich schnell ändern, wenn eine Praxis typisch gewerbliche Tätigkeiten ausführt, zum Beispiel mit Medizinprodukten handelt. Steuerexperten sprechen dann von "gewerblicher Infizierung" der selbständigen Einkünfte. Dieser Fall kann auch eintreten, wenn Praxisinhaber die Behandlung der Patienten an angestellte Ärzte delegieren.

Ärzte dürfen zwar medizinisch qualifiziertes Fachpersonal einstellen. Die Praxisinhaber müssen aber an der praktischen ärztlichen Arbeit persönlich teilnehmen und "in jedem Einzelfall der Tätigkeit der Mitarbeiter ihren Stempel aufdrücken". Behandelt das angestellte Personal die Patienten eigenverantwortlich, wird die Praxis als Gewerbebetrieb eingestuft — und der steuerliche Status des Freiberuflers ist dahin. Um die Gewerbesteuer zu umgehen, werden deshalb Ärzte des Öfteren als Mitunternehmer deklariert, obwohl sie im Prinzip wie Angestellte bezahlt werden.

Um so eine rechtliche Konstruktion ging es auch im konkreten Fall: Eine Gemeinschaftspraxis (eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts — GbR) mit zwei Ärzten hatte eine dritte Ärztin aufgenommen. Laut Gesellschaftsvertrag sollte sie freiberuflich, "leitend und eigenverantwortlich tätig" sein. Die neue Gesellschafterin sollte erst 37%, später 42% vom eigenen Honorarumsatz bekommen, sofern Gewinn in entsprechender Höhe erzielt würde. An den materiellen Werten der GbR (Praxiseinrichtung, Bankguthaben) war sie nicht beteiligt.

Das Finanzamt kam deshalb 2009 bei einer Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass die Ärztin nicht als Mitunternehmerin anzusehen sei, sondern als "Scheingesellschafterin". Praxiseinrichtung und Bankguthaben seien nur den Praxisinhabern zuzurechnen, die laufenden Betriebskosten und Darlehensverbindlichkeiten übernähmen sie ebenfalls. Gleichzeitig behandle die Ärztin ihre Patienten völlig selbständig, ohne jede Kontrolle durch die Praxisinhaber.

Aufgrund dieses Ergebnisses stufte das Finanzamt die Einnahmen der Gemeinschaftspraxis als gewerbliche Einkünfte ein. Dagegen klagten die Praxisinhaber und Alt-Gesellschafter erfolglos: Auch das Finanzgericht Düsseldorf und der Bundesfinanzhof (BFH) bewerteten die ärztliche Gemeinschaftspraxis in vollem Umfang als Gewerbebetrieb (VIII R 63/13). Der Gesellschaftsvertrag habe der neuen Gesellschafterin nicht wirklich die Stellung einer Mitunternehmerin eingeräumt, so der BFH, und erläuterte die dafür wesentlichen Kriterien.

Obwohl im Gesellschaftsvertrag von "Gewinnbeteiligung" die Rede sei, sei die Ärztin nicht voll am Gewinn der Praxis beteiligt gewesen und habe nur ein geringes Mitunternehmerrisiko getragen. Ihr Anteil am Gewinn hing nur vom Umsatz ab, den sie selbst erwirtschaftete. Laut Vertrag hätte sie im Fall ihres Ausscheidens aus der Praxis keine Abfindung erhalten, die Ärztin habe also auch an den immateriellen Werten der Praxis (= Patientenstamm) keinen Anteil gehabt.

Zwar regle der Vertrag die "gemeinsame Geschäftsführung" der drei Ärzte, doch habe man der Ärztin nur wenige Kompetenzen eingeräumt. Neuinvestitionen seien nicht im Namen der GbR, sondern nur im Namen der Praxisinhaber getätigt worden. Praxisinventar und Neuinvestitionen gehörten zu deren Sonderbetriebsvermögen. Nicht einmal über die Konten und die Barkasse der Praxis habe die Neu-Gesellschafterin verfügen dürfen. Alles in allem habe sie auf Basis dieses Gesellschaftsvertrags nicht die Möglichkeit gehabt, "wie ein Unternehmer das Schicksal der GbR maßgeblich zu beeinflussen".

Umsatzsteuer für ein Tanzstudio?

Ob eine Tanzlehrerin von der Umsatzsteuer befreit wird, hängt von der Art ihrer Leistungen ab

Von 2007 bis 2012 hatte eine Tanzlehrerin für ihr eigenes kleines Tanzstudio Umsatzsteuererklärungen abgegeben. 2013 beantragte sie beim Finanzamt, die Umsatzsteuerbescheide für diese Jahre zu ändern und das Tanzstudio — rückwirkend und in Zukunft — als "unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck" dienende private Schule von der Umsatzsteuer zu befreien (§ 4 Nr. 21 a Umsatzsteuergesetz).

Die Unternehmerin legte zugleich eine Bescheinigung des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kultur vor. Darin wurde bestätigt, dass der Ballettunterricht der Tanzschule Schüler und Schülerinnen auf den Beruf des Tänzers bzw. der Tänzerin und auf entsprechende Prüfungen vorbereitet.

Auf den Antrag reagierte das Finanzamt mit einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung. Fazit des Prüfers: Eine Befreiung von der Umsatzsteuer komme nicht in Frage, weil die Tanzlehrerin auch Kurse anbiete, die mit Schul- oder Berufsbildung überhaupt nichts zu tun hätten (z.B. "Mütter — Baby — Fitness", "Zumba", "Fit for 50"). Sie gehörten in den Bereich der Freizeitgestaltung. Anhand der Buchführungsunterlagen die Umsätze in steuerpflichtige und steuerfreie Umsätze aufzuteilen, sei unmöglich. Daher seien alle Leistungen steuerpflichtig.

Daraufhin zog die Tanzlehrerin vor das Niedersächsische Finanzgericht und erreichte immerhin einen Teilerfolg (5 K 316/14). Der Steuerzahlerin die Steuerbefreiung pauschal zu versagen, sei rechtswidrig, so das Finanzgericht. Der Ballettunterricht sei nicht umsatzsteuerpflichtig. Alle EU-Mitgliedstaaten befreiten gemäß EU-Recht Schul- und Hochschulunterricht, Fortbildung und berufliche Umschulung von der Umsatzsteuer. Eine private Schule erfülle die Voraussetzungen dafür, wenn sie Ausbildung ermögliche, fördere, ergänze oder erleichtere.

Für die Steuerbefreiung komme es nicht auf die Ziele der Personen an, die das Tanzstudio besuchten. Entscheidend seien vielmehr die generelle Eignung des Unterrichts zur beruflichen Aus- und Fortbildung, unabhängig davon, wie viele Teilnehmer davon Gebrauch machten. Wie hoch der Anteil der Schüler sei, die den Ballettunterricht tatsächlich wegen einer Berufsausbildung besuchten und Tänzer geworden seien, spiele daher keine Rolle.

Der Ballettunterricht des Tanzstudios sei nach Einschätzung des Kultusministeriums nicht als Freizeitgestaltung einzustufen. Andere Kurse dagegen dienten ausschließlich der Freizeitgestaltung. Kurse für Senioren oder für Hochzeitstänze z.B. könnten nicht von der Umsatzsteuer befreit werden. Das seien keine Schulungsmaßnahmen, die dem Erwerb oder der Erhaltung beruflicher Kenntnisse dienten.

Wenn einzelne Kurse die Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung erfüllen und andere nicht, stellt sich die Frage, wie die beiden unterschiedlichen Kategorien aufzuteilen sind. Das Finanzgericht entschloss sich, den Anteil der steuerfreien Leistungen zu schätzen. Es zog das Kursangebot des Tanzstudios während einer "typischen" Woche heran und orientierte sich an der Verteilung der Erlöse in dieser Woche. 20 Prozent der Erlöse ordnete das Finanzgericht dem steuerfreien Bereich Ballettunterricht zu. Gemäß dieser Richtschnur müsse das Finanzamt künftig die Umsatzsteuer berechnen, die Steuerbescheide für die zurückliegenden Jahre seien entsprechend zu ändern.

"Sensibilisierungswoche" für Arbeitnehmer

Ein Seminarangebot kann als "geldwerte Leistung" des Arbeitgebers wie Arbeitslohn zu versteuern sein

Ein großes Unternehmen bot allen Mitarbeitern die Möglichkeit, an einem einwöchigen Seminar teilzunehmen, das grundlegende Erkenntnisse zum gesunden Lebensstil vermittelte: "Sensibilisierungswoche" nannte der Arbeitgeber das Angebot, das dazu beitragen sollte, Motivation und Leistungsfähigkeit der Belegschaft zu erhalten.

Zwischen 2008 und 2010 nahmen 16,5 Prozent der Mitarbeiter an einer "Sensibilisierungswoche" teil. Dafür mussten sie Zeitguthaben oder Urlaubstage einsetzen. Die Teilnahmekosten von 1.300 Euro trug (mit Ausnahme der Fahrtkosten) der Arbeitgeber, zwei Krankenkassen beteiligten sich daran mit Zuschüssen. Während des Seminars bestand Anwesenheitspflicht.

Das Finanzamt erklärte, mit der Teilnahme an diesem Seminar erhalte der Arbeitnehmer einen geldwerten Vorteil, der wie Arbeitslohn vom Unternehmen zu versteuern sei. Vergeblich pochte das Unternehmen darauf, dass Maßnahmen der allgemeinen Gesundheitsvorsorge doch überwiegend im Interesse des Betriebs lägen und somit keinen Arbeitslohn darstellen könnten.

Doch das Finanzgericht Düsseldorf gab dem Finanzamt recht (9 K 3682/15 L). Nur dann, wenn Vorsorgemaßnahmen speziell dazu dienten, berufsbedingte Krankheiten zu vermeiden, stehe das Interesse des Betriebs eindeutig im Vordergrund. Nicht aber bei einem Seminar zum gesunden Lebensstil ohne jeden Bezug zu berufsspezifischen gesundheitlichen Problemen.

Zwar liege auch allgemeine Gesundheitsvorsorge irgendwie im Interesse des Unternehmens — in erster Linie aber im persönlichen Interesse der Mitarbeiter, denen so eine Fortbildung zugutekomme. Wenn sich Arbeitnehmer an einer "Sensibilisierungswoche" beteiligten, sei dieses Angebot als Zuwendung des Arbeitgebers mit "Entlohnungscharakter" einzustufen. Derlei Leistungen seien wie Arbeitslohn zu versteuern.

Dienstwagen als Betriebsausgabe?

Ein (auch) selbständig tätiger Unternehmensberater will Autokosten von der Steuer absetzen, die die Arbeitgeberin finanziert

Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) kann ein Arbeitnehmer, der den von der Arbeitgeberin gestellten Dienstwagen auch für seine freiberufliche Tätigkeit nutzen darf, Ausgaben für den Wagen nicht als Betriebsausgaben geltend machen, wenn die Arbeitgeberin alle Fahrzeugkosten trägt und der Arbeitnehmer den geldwerten Vorteil durch die Nutzung des Wagens pauschal versteuert (III R 33/14).

Ein Unternehmensberater arbeitete für eine Firma und war nebenbei selbständig tätig. Die Arbeitgeberin stellte ihm einen Dienstwagen zur Verfügung, den der Unternehmensberater ohne Einschränkungen nutzen konnte: für Dienstfahrten als Angestellter, für private Fahrten und im Rahmen seiner freiberuflichen Tätigkeit. Sämtliche Ausgaben für das Fahrzeug übernahm die Arbeitgeberin.

2008 legte der Unternehmensberater mit dem Dienstwagen insgesamt 60.000 Kilometer zurück. 37.000 Kilometer entfielen auf die nicht-selbständige Tätigkeit, 18.000 Kilometer auf die selbständige Tätigkeit und 5.000 Kilometer auf privat motivierte Fahrten. Den geldwerten Vorteil durch die privaten Fahrten mit dem Auto versteuerte der Mann nach der so genannten Ein-Prozent-Regel. Das bedeutet: Er zahlte für jeden Monat pauschal ein Prozent vom Brutto-Listenpreis des Autos (zum Zeitpunkt der Erstzulassung) als Lohnsteuer.

Der Brutto-Listenpreis des Dienstwagens betrug 41.400 Euro, also wurden für den Wagen 2008 4.968 Euro Lohnsteuer fällig. Bei seiner Einkommensteuererklärung für 2008 wollte der Unternehmensberater von den Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit Betriebsausgaben in Höhe von 3.889 Euro für den Wagen abziehen. Diese Summe ermittelte er, indem er die Steuer für das Auto nach betrieblichen Fahrten (18.000 km = 78,3%) und privaten Fahrten (5.000 km = 21,7%) aufteilte.

Das Finanzamt lehnte es jedoch ab, die Fahrzeugkosten als Betriebsausgaben einzustufen und steuermindernd zu berücksichtigen. Die Klage des Unternehmensberaters gegen den Steuerbescheid scheiterte beim Finanzgericht und der BFH bestätigte das Urteil.

Das wesentliche Argument des BFH gegen den Abzug: Wenn ein Steuerpflichtiger im Rahmen der Einkünfte aus selbständiger Arbeit Betriebsausgaben geltend machen wolle, müssten ihm vorher durch die selbständige Tätigkeit Aufwendungen entstanden sein — und zwar ihm selbst und nicht dritten Personen oder Unternehmen.

Im konkreten Fall habe aber die Arbeitgeberin sämtliche Kosten getragen, die für den Dienstwagen anfielen. Der Unternehmensberater müsse nicht einmal die Fahrten selbst finanzieren, die er für seine freiberufliche Tätigkeit durchführe. Bei der Ein-Prozent-Regel spiele es keine Rolle, ob und wofür der Arbeitnehmer den Dienstwagen tatsächlich einsetze.

Die Bewertung des geldwerten Vorteils erfolge also unabhängig von individuellen Besonderheiten hinsichtlich der Art und der Nutzung des Dienstwagens. Ob er tatsächlich aus privaten Gründen gefahren werde oder nicht, spiele bei der pauschalen Versteuerung keine Rolle.

Der Fall könnte sich eventuell anders darstellen, wenn der Unternehmensberater ein Fahrtenbuch geführt und so genau dokumentiert hätte, welche Fahrten privaten Zwecken dienten und welche der freiberuflichen Tätigkeit. Bei dieser Methode werde der geldwerte Vorteil separat je nach Verwendungszweck ermittelt, die Steuer richte sich nach der konkreten Nutzung des Fahrzeugs. Doch diese Frage habe der BFH hier nicht entscheiden müssen.

Angestellte oder Unternehmerin?

Gutachterin im Medizinischen Dienst der Krankenversicherung will keine Umsatzsteuer mehr zahlen

In einem Prozess vor dem Finanzgericht Niedersachsen ging es darum, ob eine Gutachterin im Medizinischen Dienst ihre berufliche Tätigkeit selbständig ausübt und damit als Unternehmerin Umsatzsteuer zu zahlen hat. Im Vertrag mit dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Niedersachsen (MDKN) war das klar geregelt.

Die Frau sollte als "freie Pflegekraft" potenzielle Pflegefälle begutachten und die Patienten den unterschiedlichen Pflegekategorien gemäß Pflegeversicherungsgesetz zuordnen. Für die freie Mitarbeiterin werde die Krankenversicherung keine Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge abführen, wurde ausdrücklich vereinbart.

Für 2007 und 2008 reichte die Gutachterin Umsatzsteuererklärungen beim Finanzamt ein. Danach vertrat sie die Ansicht, sie sei nun beim MDKN abhängig beschäftigt und nicht mehr selbständig tätig, also nicht mehr umsatzsteuerpflichtig. Das begründete die Frau so: Für jeden Arbeitstag bekomme sie vom MDKN regelmäßig sechs Aufträge, er erstelle den Tourenplan für die Fahrten zu den Patienten und koordiniere die Termine. Sie sei also genauso in die Arbeitsorganisation einbezogen wie die angestellten Gutachter.

Mit dieser Argumentation überzeugte die Gutachterin weder die Finanzbehörde, noch das Finanzgericht Niedersachsen (16 K 222/13). Sie sei im MDKN nicht so "eingegliedert", dass sie nach dessen Weisungen arbeiten müsse. Wesentliche Kriterien für ein festes Beschäftigungsverhältnis seien: Der Arbeitgeber bestimme Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit, es gebe feste Arbeitszeiten und Bezüge, Anspruch auf Urlaub und Vergütung für krankheitsbedingte Ausfallzeiten. Nach diesen Maßstäben sei die Gutachterin nicht als Angestellte, sondern als Unternehmerin einzustufen.

Bei den Arbeits- und Tourenplänen des MDKN würden die Wünsche der externen Mitarbeiter berücksichtigt. Anders als die angestellten Gutachter könnten sie es ablehnen, einzelne Fälle zu übernehmen, ohne dies begründen zu müssen. Die Frau sei also nicht verpflichtet, ihre gesamte Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen: Sie könne auch weniger arbeiten und dafür auf Einnahmen verzichten. Die Gutachterin handle also auf eigene Rechnung, was ihre Stellung als selbständige Unternehmerin unterstreiche.

Laut ihrem Vertrag mit der MDKN habe die Gutachterin auch keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Wenn sie krank sei, müsse sie das per E-Mail melden, aber kein Attest vorlegen. Wann und wie lange sie Urlaub machen wolle, bestimme die Pflegekraft selbst. Demnach sei die Gutachterin als freie Mitarbeiterin selbständig für den MDKN tätig.

Studienkosten sind keine Betriebsausgaben

Unternehmensberater will Ausbildungskosten seiner Kinder von der Steuer absetzen

Nach einem Urteil des Finanzgerichts Münster stellen die Studienkosten der eigenen Kinder selbst dann keine Betriebsausgaben dar, wenn sich die Kinder verpflichten, nach Abschluss des Studiums für eine gewisse Zeit im elterlichen Unternehmen zu arbeiten (4 K 2091/13 E).

Ein selbständiger Unternehmensberater hatte mit seinen beiden Kindern schriftlich vereinbart, sein Unternehmen werde für ihre Studienkosten aufkommen. Als Gegenleistung sollten sie nach dem Studium drei Jahre lang das Ein-Mann-Unternehmen unterstützen oder die Studienkosten zurückzahlen. Die Kinder studierten Betriebswirtschaftslehre bzw. "Business and Management" und waren nebenbei im Büro des Vaters geringfügig beschäftigt. Bei den Einkommensteuererklärungen 2006 bis 2009 machte der Unternehmensberater die Ausbildungskosten als Betriebsausgaben geltend.

Doch das Finanzamt lehnte es ab, die Studiengebühren steuerlich zu berücksichtigen: Ausbildungsunterhalt für die Kinder gehöre zu den — nicht abziehbaren — privaten Lebenshaltungskosten. Vergeblich pochte der Steuerzahler darauf, die Übernahme der Studienkosten sei betrieblich veranlasst gewesen. Mit den vertraglichen Vereinbarungen habe er seine Kinder schon früh ans Unternehmen binden und die spätere Unternehmensnachfolge sichern wollen. Denn auf dem Arbeitsmarkt qualifiziertes Personal zu finden, sei sehr schwierig.

Die Klage des Unternehmensberaters gegen den Steuerbescheid wurde vom Finanzgericht Münster abgewiesen (4 K 2091/13 E). Ausgaben, die ein Steuerzahler für die Ausbildung oder berufliche Fortbildung seiner Kinder tätige, gehörten prinzipiell zu den Kosten der privaten Lebensführung. Diese Kosten könne er nicht als Betriebsausgaben steuermindernd geltend machen (allenfalls unter bestimmten Bedingungen als außergewöhnliche Belastung).

Eltern seien gesetzlich verpflichtet, ihren Kindern eine angemessene Berufsausbildung zu ermöglichen. Das sei ein privates Motiv für die Kostenübernahme, das die betrieblichen Erwägungen des Unternehmensberaters völlig in den Hintergrund dränge. Den Anspruch auf Rückzahlung der Ausbildungskosten - den er mit den Kindern vertraglich vereinbart habe, falls sie die Arbeit in der Unternehmensberatung abbrechen sollten -, hätte der Unternehmensberater zivilrechtlich gar nicht durchsetzen könne, weil er als Vater dazu verpflichtet sei, das Studium zu finanzieren.

Einkommensteuererklärung per Computer

Für Selbständige ist die elektronische Übermittlung zwingend vorgeschrieben

Wer selbständig tätig ist, muss seine Einkommensteuererklärung in elektronischer Form einreichen. Das ist zwingend vorgeschrieben und für die Steuerzahler zumutbar, urteilte das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (1 K 2204/13).

Im konkreten Rechtsstreit hatte ein Ehepaar die elektronische Übermittlung verweigert. Beide Ehepartner erzielten Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Der Ehemann war darüber hinaus als Fotograf, Autor und Tauchlehrer selbständig tätig, erzielte damit allerdings nur geringfügiges Einkommen. 2011 machte ihn das Finanzamt darauf aufmerksam, dass Selbständige ab sofort gesetzlich verpflichtet seien, ihre Einkommensteuererklärung in elektronischer Form abzugeben.

Der Steuerzahler bat zunächst um "Dispens", weil die Gewinne aus seiner selbständigen Arbeit nur bei etwa 500 Euro im Jahr lägen. Da sich die Finanzbehörde dadurch nicht erweichen ließ, schickte der Fotograf prinzipielle Argumente hinterdrein: Er lehne es grundsätzlich ab, persönliche Daten über das Internet zu versenden, weil er mit Datenmissbrauch üble Erfahrungen gemacht habe.

Internetbetrüger hätten versucht, von ihm und seiner Frau wegen einer angeblichen Notsituation von Verwandten und Freunden im Ausland Geld zu erpressen. Wie diese Personen an ihre Daten gelangt seien, sei nicht nachvollziehbar. Selbst beim Internet-Banking könne niemand absolute Sicherheit garantieren. Die Pflicht zur elektronischen Übermittlung widerspreche außerdem dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Das Finanzamt wies jedoch den Antrag des Paares ab, künftig die Einkommensteuererklärungen in Papierform abgeben zu dürfen: Eine unbillige Härte liege nicht vor. Die elektronische Übermittlung übersteige weder die intellektuellen Fähigkeiten der Steuerzahler, noch ihre technischen Mittel. Das Ehepaar habe Computer und nutze seit Jahren das Steuerprogramm WISO, um seine Einkommensteuererklärungen zu erstellen. Es enthalte eine Schnittstelle für die elektronische Übermittlung mittels der Steuer-Software ELSTER. Die Steuerzahler müssten nur die entsprechende Funktion dieses Programms nutzen.

Nach erfolglosem Einspruch erhob der Fotograf Klage, die jedoch beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz scheiterte: Laut Gesetz sei die elektronische Abgabe zwingend, wenn der Gewinn mehr als 410 Euro betrage. Das sei für den Steuerzahler zumutbar und keineswegs so unsicher, wie er behaupte: Die Übermittlung mittels ELSTER erfolge im zertifizierten Verschlüsselungsverfahren SSL. Das SSL-Protokoll gewährleiste, dass die Daten während der Übertragung nicht gelesen oder manipuliert werden könnten. Sie würden verschlüsselt übertragen und seien auch für die Finanzverwaltung nicht direkt lesbar. Somit sei sichergestellt, dass während des Übertragungsvorgangs fremde Dritte keinen Zugriff auf die Daten hätten.

Trotz aller technischen Sicherungsmöglichkeiten bleibe ein Restrisiko. Hacker-Angriffe auf die gespeicherten oder übermittelten Daten seien nicht zu 100 Prozent auszuschließen. Aber dieses Restrisiko müsse der Steuerzahler im Hinblick auf das vorrangige staatliche Interesse hinnehmen, die Verwaltung zu vereinfachen und Kosten zu sparen. Eine absolute Geheimhaltung von Daten könne ohnehin nicht garantiert werden. Denn auch "analog" in Papierform gespeicherte Daten könnten gestohlen werden, zum Beispiel bei einem Einbruch in die Wohnung. Auch bei der Umsatzsteuer seien elektronische Steuererklärungen vorgeschrieben und in Bezug darauf habe der Bundesfinanzhof bereits entschieden, dass dies trotz "NSA-Affäre" verfassungsmäßig sei.

Hochzeitsredner als Künstler?

Bundesfinanzhof: Steuerermäßigung für darstellende Künstler hängt nicht von Eintrittsgeld ab

Wer Dienstleistungen anbietet, muss das Entgelt prinzipiell nach dem Regelsteuersatz versteuern. Zu den gesetzlich geregelten Ausnahmen gehören die Angebote von Theatern, Konzerten und Museen: Für ihre Einnahmen aus dem Eintrittsgeld gilt der ermäßigte Umsatzsteuersatz von sieben Prozent. Er gilt auch für die "Darbietungen ausübender Künstler", die Theatervorführungen und Konzerten vergleichbar sind. Kürzlich musste der Bundesfinanzhof (BFH) darüber entscheiden, ob Hochzeits- und Trauerredner zu diesem erlauchten Personenkreis zählen (V R 61/14).

Der Berufsredner im konkreten Fall hat evangelische Theologie studiert und hält Reden auf Hochzeiten, auf Geburtstagsfeiern und auf Beerdigungen. Für seine Umsätze machte er bei der Steuererklärung den ermäßigten Steuersatz geltend. Das akzeptierte die Finanzbehörde nicht und berechnete 19 Prozent.

Zu Recht, entschied das Finanzgericht Nürnberg: Reden zu halten, sei keine Kunst. Die Teilnehmer an einer Trauerfeier oder Hochzeitszeremonie zahlten dafür keinen Eintritt, weil es hier nicht um Kunstgenuss gehe. Vielmehr wollten sie ihre persönliche Verbundenheit mit einem Brautpaar oder mit Verstorbenen ausdrücken.

Gegen diese Entscheidung setzte sich der Steuerzahler zur Wehr: Er stimme die Reden individuell ab, das sei sehr wohl eine künstlerische Leistung. Bei Trauerreden würdige er das Leben der Verstorbenen, stelle seine bzw. ihre Persönlichkeit dar, untermalt mit Musik und begleitet von Lichteffekten. Er fungiere bei Hochzeiten gleichzeitig als "Event-Pfarrer" und "Zeremonienmeister"

Der BFH hat den Rechtsstreit noch nicht endgültig entschieden. Er stellte aber grundsätzlich fest: Entgegen dem Urteil des Finanzgerichts könne die Steuerermäßigung für ausübende Künstler nicht davon abhängen, ob die Zuhörer Eintrittsgeld zahlten. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sei der ermäßigte Steuersatz auch dann anzuwenden, wenn ein Künstler sein Entgelt — nicht von Zuschauern, sondern — von einem Veranstalter erhalte. Im Fall des Redners also vom Hochzeitspaar oder von den Angehörigen des Verstorbenen.

Ob der Berufsredner Anspruch auf die Steuerermäßigung habe, hänge daher ausschließlich davon ab, ob er als "ausübender Künstler" einzustufen sei und seine Reden schöpferisch frei gestalte. Mit dieser Frage habe sich das Finanzgericht gar nicht erst befasst, was nun nachzuholen sei: Stellten also die Reden des Steuerzahlers eine eigenschöpferische Leistung dar, in der besondere Gestaltungskraft zum Ausdruck komme? Dann sei er als Künstler anzusehen. Oder beschränkten sie sich darauf, schablonenartig das immer gleiche Redegerüst zu wiederholen? Dann gelte der Regelsteuersatz.

Umsatzsteuer für "Online-Ausleihe"

Für "elektronisch erbrachte Dienstleistungen" gilt nicht der ermäßigte Umsatzsteuersatz

Für Umsätze mit digitalen oder elektronischen Sprachwerken wie E-Books gilt bei der Umsatzsteuer nicht der ermäßigte Steuersatz, urteilte der Bundesfinanzhof (V R 43/13). Denn sie sind nicht als Bücher einzustufen, sondern als "elektronisch erbrachte Dienstleistung", und dafür sei der Regelsteuersatz anzuwenden.

Eigentlich hatte die Bundesregierung im Koalitionsvertrag vereinbart, die Steuerermäßigung für Bücher auch auf "E-Books, E-Paper und andere elektronische Informationsmedien" auszuweiten. Das widerspräche jedoch dem aktuellen europäischen Mehrwertsteuerrecht.

Im konkreten Rechtsstreit ging es um die "Online-Ausleihe" von E-Books. Eine X-GmbH hat Bücher digitalisiert, um sie über das Internet zu verbreiten. Zu ihren Kunden gehörten auch Bibliotheken, die ihr traditionelles Angebot um E-Books erweitern wollten. Ihnen stellte die X-GmbH die virtuelle Bibliothek auf ihren Servern gegen Entgelt zur Verfügung. So konnten Nutzer der Bibliotheken die digitalisierten Bücher über das Internet von den Servern der X-GmbH abrufen und auf ihre Endgeräte laden (E-Book-Reader, Computer).

Die X-GmbH versteuerte ihre Leistungen an die Bibliotheken nach dem ermäßigten Steuersatz für Bücher — doch das Finanzamt beharrte auf dem Regelsteuersatz. Dagegen klagte das Unternehmen und berief sich darauf, dass für die Tätigkeit von Bibliotheken grundsätzlich der ermäßigte Steuersatz gilt. Doch das Finanzgericht war der Ansicht, die Bibliotheken stellten hier nur eine Art von Ausleihplattform dar. Sie vermittelten letztlich nur den Kontakt ihrer Nutzer zu den Servern der X-GmbH. Im Ergebnis bestätigte der Bundesfinanzhof diese Entscheidung.

Laut Umsatzsteuergesetz und nach EU-Recht sei auf die Lieferung von Büchern (Verleih durch Büchereien inklusive) der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent anzuwenden. Als die Steuerermäßigung für Bücher eingeführt worden sei, habe es im Handel nur Bücher in Papierform ("auf einem physischen Träger") gegeben. Aufgrund der technischen Entwicklung seien nun "neue Erscheinungsformen von Schriftwerken" auf dem Markt.

Digitale Sprachwerke seien aber keine Bücher, so der Bundesfinanzhof: Rechtlich sei nur ein Buch in Papierform als Buch anzusehen. Die X-GmbH überlasse den Bibliotheken elektronische Bücher. Das Ausleihen digitalisierter Bücher stelle eine "elektronisch erbrachte Dienstleistung" dar. Und nach EU-Recht komme eine Steuerermäßigung für solche Dienstleistungen (noch) nicht in Frage, es bleibe daher beim Regelsteuersatz.

Die "Nacht der Nächte"

Gehört die Kostümparty eines Karnevalsvereins in der Karnevalswoche zum steuerbegünstigten Brauchtum?

Wenn ein gemeinnütziger Karnevalsverein in der Woche zwischen Weiberfastnacht und Aschermittwoch eine Kostüm- und Tanzparty veranstaltet, ist das steuerrechtlich als "Zweckbetrieb zur Förderung des traditionellen Brauchtums" einzustufen. Für die damit erzielten Umsätze muss der Verein deshalb nur den ermäßigten Umsatzsteuersatz von sieben Prozent zahlen, entschied das Finanzgericht Köln (10 K 3553/13). Das gelte jedenfalls dann, wenn es sich um eine klassische Karnevalssitzung mit typischer Karnevalsmusik und Tanzdarbietungen handle.

Mit der Finanzbehörde hatte ein Karnevalsverein aus dem Bergischen Land gestritten, der seit Jahrzehnten am Karnevalssamstag die "Nacht der Nächte" organisiert. Das ist nach Auskunft des Vereins eine "große Kostümparty", die nicht nur Vereinsmitgliedern offensteht. 2009 nahmen etwa 1.200 kostümierte Karnevalisten teil. Neben Musikbeiträgen typischer Karnevalsinterpreten und Tanzdarbietungen ("Tanzmariechen") standen der Aufzug des Dreigestirns, Büttenreden und Ordensverleihungen auf dem Programm.

Für die Einnahmen aus der Party verlangte das Finanzamt vom Verein den vollen Umsatzsteuersatz von 19 Prozent. Nach Ansicht der Behörde war die "Nacht der Nächte" nämlich keine "Pflege traditionellen Brauchtums". Da gehe es um eine normale Musik- und Tanzveranstaltung, bei der die allgemeine Unterhaltung der Besucher im Vordergrund stehe. Sie sei daher als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb anzusehen.

Wie nicht anders zu erwarten, schlug sich das Finanzgericht Köln (!) auf die Seite der Karnevalisten. Zumindest in der Karnevalswoche könne es nicht entscheidend darauf ankommen, ob bei einer Veranstaltung gesellige Elemente, Musik und Tanz oder aber typische Elemente einer Karnevalssitzung im Vordergrund ständen. Gesellige Veranstaltungen, die durch Kostüme der Teilnehmer, Karnevalsmusik, Karnevalstänze und ausgelassenes Feiern geprägt seien, gehörten jedenfalls zum Wesen der rheinischen Karnevalstradition und damit zum "traditionellen Brauchtum" im Sinn des Steuerrechts.

Laut seiner Satzung widme sich der Verein "der Erhaltung und Pflege heimatlichen Brauchtums, insbesondere der Förderung des Karnevals in seinem historischen Sinne". Und in seiner gewachsenen Form beinhalte Karneval stets auch Geselligkeit und Volksbelustigung. Trotzdem habe der Gesetzgeber den Karneval bewusst in den Katalog förderungswürdigen Brauchtums einbezogen. Dann könne man aber einem Karnevalsverein nicht die — an die Gemeinnützigkeit anknüpfende — Steuervergünstigung mit dem Argument verwehren, seine Veranstaltung sei "zu gesellig".

P.S. Das oberste deutsche Finanzgericht, der Bundesfinanzhof, hat dieses Urteil völlig humorlos aufgehoben und den Karnevalsverein dazu verurteilt, den normalen Umsatzsteuersatz zu zahlen (Urteil vom 30.11.2016 — V R 53/15).

Nur 7 Prozent Mehrwertsteuer für Kochboxen

Auch für Kochboxen gilt der ermäßigte Umsatzsteuersatz für Lebensmittel

Kochboxen liegen im Trend, viele Berufstätige finden sie sehr praktisch. Die Kunden bestellen online Lebensmittel, die auf beigefügte Kochrezepte abgestimmt sind. So können sie kochen, ohne vorher Kochbücher zu wälzen und selbst einzukaufen. Der Kunde hat die Wahl zwischen verschiedenen Rezepten und Lebensmittelsortimenten, kann Boxen zu bestimmten Terminen liefern lassen oder ein Abonnement abschließen.

Ein Kochboxen-Anbieter wirbt für seine Boxen damit, dass die Lebensmittel aus kontrollierter Herkunft stammen, die Zutaten sorgfältig ausgewählt sind und dass er die Rezepte gemeinsam mit Ernährungswissenschaftlern und Kochprofis entwickelt. Das sei also nicht bloß eine Lebensmittel-Lieferung, sondern eine Dienstleistung, schlussfolgerte das Finanzamt, und setzte dafür den regulären Umsatzsteuersatz von 19 Prozent fest.

Gegen den Steuerbescheid wehrte sich der Versandhändler, der seine Umsätze in der Umsatzsteuer-Voranmeldung als "Lieferung von Lebensmitteln zum ermäßigten Steuersatz" deklariert hatte. Zu Recht, entschied das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (5 V 5260/14). Denn im Prinzip handle es sich dabei um eine Lieferung von Lebensmitteln. Die Auswahl der Lebensmittel, ihre Portionierung, die Rezepte und der Versand seien eine Zugabe ("Nebenleistung"), die dabei helfe, die Lebensmittel optimal zu verwenden.

Eine Nebenleistung liege laut Steuerrecht vor, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck habe, sondern nur ein Mittel darstelle, um die Hauptleistung in optimaler Weise nutzen zu können. Und das treffe hier zu: Den Kunden gehe es bei der Bestellung in erster Linie darum, Lebensmittel zu erhalten, mit denen sie schmackhafte Gerichte zubereiten könnten. Darauf komme es den Kunden an und nicht auf die mitgelieferten Rezepte. Diese stellten nur eine Hilfe beim Kochen dar. Die Kunden könnten die Rezepte ohnehin auch im Internet kostenlos abrufen, dafür berechne das Unternehmen nichts extra.

Bleaching durch Zahnarzt steuerfrei?

Auch ästhetische Maßnahmen können von der Umsatzsteuer befreit sein, wenn sie durch eine Heilbehandlung notwendig werden

Unter Umständen kann eine Zahnaufhellung — das so genannte Bleaching — eine umsatzsteuerfreie Heilbehandlung sein, entschied der Bundesfinanzhof (BFH). Das treffe dann zu, wenn Bleaching sachlich mit einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung zusammenhänge (V R 60/14).

Im konkreten Fall hatte eine Zahnarztgesellschaft bei einigen Patienten nach medizinisch notwendigen Maßnahmen — Wurzelbehandlungen — die behandelten Zähne aufgehellt. Das Finanzamt betrachtete diese Leistung als umsatzsteuerpflichtig und setzte Umsatzsteuer fest.

Dagegen klagte die Zahnarztgesellschaft und berief sich darauf, dass eine medizinische Behandlung erst abgeschlossen sei, wenn der Arzt den ursprünglich gesunden Zustand des Patienten wieder hergestellt habe. Also gehöre die Zahnaufhellung ihrem Zweck nach zur notwendigen Heilbehandlung.

Beim BFH setzten sich die Zahnärzte durch. Heilbehandlungen seien laut Umsatzsteuergesetz steuerfrei, so der BFH. Die Steuerbefreiung sei aber nicht auf solche Leistungen beschränkt, die ganz unmittelbar der Diagnose, Behandlung oder Heilung einer Krankheit oder Verletzung dienten. Sie könne auch für Leistungen gelten, die erst als Folge einer Heilbehandlung erforderlich werden. Sollten mit einer medizinischen Maßnahme die negativen Wirkungen der Vorbehandlung beseitigt werden, treffe dies zu.

Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zählten auch Maßnahmen ästhetischer Natur zu den Heilbehandlungen, wenn sie den Zweck verfolgten, Krankheiten zu diagnostizieren, zu behandeln oder zu heilen bzw. die Gesundheit zu schützen und wieder herzustellen. Wesentlich: Die ästhetische Maßnahme müsse sachlich mit der zuvor durchgeführten steuerfreien Zahnbehandlung zusammenhängen.

Nach diesen Grundsätzen sei das Bleaching der Zahnarztgesellschaft steuerfrei: Ihre medizinisch notwendige und korrekt durchgeführte Wurzelbehandlung habe jeweils zur Verdunklung des behandelten Zahnes geführt. Dadurch sei der ästhetische Eingriff, also die optische Aufhellung notwendig geworden.

Fahrschulen vorläufig von der Umsatzsteuer befreit

Finanzgericht weicht von der bisherigen Rechtsprechung zur Fahrausbildung ab

Bisher waren nur Umsätze, die Fahrschulen mit den Führerscheinklassen C, CE, D, DE, T und L erzielen, von der Umsatzsteuer befreit. Denn sie dienen in der Regel der Berufsausbildung. Setzt sich das Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg mit seiner Rechtsansicht durch, könnte die Umsatzsteuerpflicht künftig auch für die Fahrausbildung in den Führerscheinklassen A und B entfallen.

Einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) von 1974 folgend, beurteilt die Finanzverwaltung Fahrschulen nicht generell als allgemeinbildende oder berufsbildende Einrichtungen, deren Leistungen steuerfrei sind. Fahrunterricht der Klassen A und B wurde vielmehr als "Freizeitgestaltung" eingestuft. An diesem Grundsatz rüttelt nun das FG Berlin-Brandenburg und äußerte Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit (5 V 5144/15).

Anlass war die Klage eines Fahrschulinhabers, der seine Fahrschule als Einzelunternehmer betreibt. Er berief sich auf eine EU-Richtlinie zur Mehrwertsteuer, derzufolge für Unterrichtsleistungen von Privatlehrern keine Umsatzsteuer anfällt. Demnach müsse er auch keine Mehrwertsteuer zahlen, argumentierte der Mann, denn er erteile den Unterricht persönlich, ohne angestellte Fahrlehrer.

Das FG Berlin-Brandenburg formulierte den Einwand gegen die Umsatzsteuerpflicht für Fahrschulen prinzipieller: Fahrausbildung beschränke sich nicht darauf, Fahrschülern den Umgang mit dem Fahrzeug beizubringen. Sie vermittle ihnen auch weitergehende Kenntnisse. Laut Ausbildungsordnung solle die Fahrschule die Bereitschaft zum rücksichtsvollen und partnerschaftlichen Verhalten fördern, die Verantwortung der Autofahrer für Leben und Gesundheit, Umwelt und Eigentum behandeln. Sie vermittle also Fähigkeiten, die über das technische Beherrschen des Fahrzeugs und die Kenntnis der Verkehrsregeln hinausgehen. Unterricht in diesem Sinne diene auch dem Allgemeinwohl.

Daher spreche bei summarischer Prüfung vieles dafür, dass Fahrschulunterricht nach Europarecht umsatzsteuerfrei sei. So eine Änderung entspräche auch der neueren Rechtsprechung des BFH, der bereits Schwimmunterricht, Kurse in einem Ballettstudio und Fahrsicherheitstraining als umsatzsteuerfreie Leistungen bewertet habe.

Mit dieser Entscheidung stoppte das FG die Vollziehung in einem laufenden Steuerverfahren. Nun ist die Finanzbehörde am Zug und muss entscheiden, ob sie der Ansicht des Gerichts folgt. Tut sie das nicht, wird der betroffene Fahrschulinhaber wohl klagen und die Rechtsfrage vom Bundesfinanzhof klären lassen.

Elektronischer Einspruch

Steuerzahler können gegen Behördenbescheid mit einfacher E-Mail Einspruch einlegen

Wollen Steuerzahler gegen Bescheide des Finanzamts oder der Familienkasse Einspruch einlegen, müssen sie ihn schriftlich einreichen. Sie können ihn auch elektronisch übermitteln, "soweit der Empfänger hierfür einen Zugang eröffnet hat". Wie ist das zu verstehen und muss so ein elektronischer Einspruch mit einer "qualifizierten elektronische Signatur" versehen werden? Um diese Fragen ging es in einem Rechtsstreit zwischen einer Mutter und der Familienkasse.

Die Familienkasse hatte im Januar 2013 einen früheren Bescheid "kassiert" und das für die Antragstellerin festgesetzte Kindergeld aufgehoben. In dem neuen Bescheid gab die Behörde ihre E-Mail-Adresse an. Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin erst vergeblich per E-Mail Einspruch ein, dann erhob sie Klage. Die wurde vom Finanzgericht jedoch mit der Begründung abgewiesen, die Frau habe ihren Einspruch nicht wirksam eingelegt: Sie habe nämlich der Familienkasse eine einfache E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur geschickt. Daher sei der Bescheid zum Kindergeld jetzt gültig.

Der Bundesfinanzhof (BFH) sah das allerdings anders und gab der Antragstellerin Recht (III R 26/14). Wenn der Gesetzgeber fordere, Bürger müssten Einspruch gegen Behördenbescheide schriftlich einlegen, bedeute das nicht zwingend, dass sie ihn eigenhändig unterschreiben müssten. Ausschlaggebend sei: Aus dem Schriftstück müsse hervorgehen, wer den Einspruch eingelegt habe. Wenn es darauf ankomme, könne auch eine einfache E-Mail — ein elektronisches Dokument ohne qualifizierte elektronische Signatur — einen schriftlichen Einspruch ersetzen.

Dafür formuliere der Gesetzgeber nur eine Bedingung, nämlich dass die Behörde einen Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente eröffnet habe. Das ergebe sich im konkreten Fall bereits daraus, dass die Familienkasse in dem umstrittenen Bescheid ihre E-Mail-Adresse angegeben habe. Eine qualifizierte elektronische Signatur sei nur dann notwendig, wenn ein Antragsteller — nach abgelehntem Einspruch — gegen die Familienkasse klagen und die Klageschrift elektronisch übermitteln wolle.

P.S.: Was bedeutet "qualifizierte elektronische Signatur"?

Zertifizierungsdiensteanbieter stellen das elektronische Pendant zum Namensschild auf Signaturkarten gegen Entgelt aus und garantieren für die Echtheit des Zertifikats. Es handelt sich um einen digitalen "Schlüssel", der mithilfe sicherer kryptographischer Methoden so mit den Daten einer Person verknüpft wird, dass es auffallen würde, wenn die Daten nachträglich verändert werden. Mit Signaturkarte, Kartenleser und entsprechender Software für den PC kann der Karteninhaber elektronische Dokumente eindeutig zurechenbar signieren.

Das häusliche Arbeitszimmer

Steuerlich absetzbar sind nur Räume, die ausschließlich für berufliche Zwecke genutzt werden

Seit einer Gesetzesänderung von 1996 sind die Vorschriften für häusliche Arbeitszimmer rigide: Steuerzahler können ihre Aufwendungen dafür nur von der Steuer absetzen, wenn "für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht". Trifft das zu, berücksichtigt das Finanzamt maximal 1.250 Euro Kosten für das Arbeitszimmer. Ein höherer Abzug ist nur möglich, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung bildet.

Darüber hinaus darf der Raum nur der Berufstätigkeit des Steuerpflichtigen dienen. Bisher sind alle Versuche gescheitert, diese strenge Linie mit Klagen ins Wanken zu bringen. Das niedersächsische Finanzgericht hatte zwar einem Steuerzahler Recht gegeben, der sein Arbeitszimmer beruflich und privat nutzte und die Kosten anteilig absetzen wollte. Doch der Große Senat des Bundesfinanzhofs (BFH), der in diesen Fragen das letzte Wort hat, blieb bei der strikten Interpretation des Gesetzes und hob das Urteil des Finanzgerichts auf (GrS 1/14).

Der konkrete Fall: Ein Eigentümer von Mehrfamilienhäusern hatte beim Finanzamt beantragt, die Kosten eines Wohnraums zu 60 Prozent als Werbungskosten abzusetzen. Hier erledige er alle Arbeiten für die Immobilienverwaltung und Vermietung, gab er an, zu 40 Prozent nutze er den Raum privat. Doch die Finanzbehörde berücksichtigte die anteiligen Kosten für den Raum nicht, weil er "gemischt" verwendet wird.

Das war richtig so, entschied der BFH: Ein Arbeitszimmer sei schon nach allgemeinem Sprachverständnis für die Arbeit da, was jede private Nutzung ausschließe. Der Begriff setze "seit jeher voraus, dass der Raum wie ein Büro eingerichtet" sei und "ausschließlich oder nahezu ausschließlich" genutzt werde, um Einnahmen zu erzielen.

Daher komme es auch nicht in Frage, Aufwendungen für eine so genannte "Arbeitsecke" in einem Zimmer steuerlich geltend zu machen, wenn es seiner Art und Einrichtung nach privaten Wohnzwecken diene. Die Kosten in einen beruflich-betrieblichen und einen privaten Teil aufzuteilen, sei weder vom Gesetzgeber gewollt, noch wäre es für die Finanzverwaltung praktikabel: Denn der Umfang der jeweiligen Nutzung in der Wohnung des Steuerzahlers lasse sich nicht objektiv überprüfen. Hier könne man die Berufstätigkeit nicht sachgerecht von der privaten Lebensführung abgrenzen.

Für Freiberufler, die nur zu Hause arbeiten, ändert sich mit diesem Urteil nichts. Sie können die Kosten des Arbeitszimmers nach wie vor unbeschränkt steuerlich geltend machen — vorausgesetzt, sie nutzen einen büromäßig eingerichteten Raum fast ausschließlich beruflich. "Fast ausschließlich" bedeutet in der Definition des Finanzamts: zu mindestens 90 Prozent.

Der räuberische Aktionär

Wer als Kleinstaktionär erwerbsmäßig AG’s verklagt, muss für die Einnahmen Umsatzsteuer zahlen

Dubios, aber legal ist das Vorgehen eines "räuberischen" Aktionärs. So nennt man Aktionäre, die Beschlüsse der Hauptversammlung von Aktiengesellschaften (AG) gerichtlich anfechten — nicht etwa, weil sie diese für unternehmenspolitisch falsch und für nichtig halten. Die Klage dient allein dem Zweck, sich von der AG dafür bezahlen zu lassen, die Klage wieder zurückzunehmen.

Auf diese Weise verdiente offenbar auch Herr X seinen Lebensunterhalt. Von drei AG’s, an denen er mit einer, zwei bzw. 100 Aktien beteiligt war, ließ er sich 2009 für die Rücknahme von Anfechtungs- und Nichtigkeitsklagen fünfstellige Beträge zahlen. Das Finanzamt stufte die Einnahmen als umsatzsteuerpflichtige Leistungen ein.

Dagegen klagte X. Er war der Ansicht, es handle sich um steuerfreien Schadenersatz. Den hätten ihm die Unternehmen gezahlt, um ihn für den Verlust seiner Rechte aus den Aktien zu entschädigen. Doch das Finanzgericht Köln nahm ihm das nicht ab und gab der Finanzbehörde Recht: X müsse für diese Einkünfte Einkommens- und Umsatzsteuer zahlen (13 K 3023/13).

Um steuerfreien Schadenersatz könne es dabei nicht gehen, weil X nur einen minimalen Aktienbestand (Marktwert zwischen 10 und 500 Euro) besessen habe. Ein so geringer Aktienbesitz könne nicht zu fünfstelligen Summen als Schadenersatz führen.

Die von seinem Anwalt ausgehandelten Vereinbarungen mit AG’s belegten ebenfalls nicht, dass die Unternehmen damit einen Wertverlust ausgleichen wollten. Sie hätten vielmehr gezahlt, weil X mit Anfechtungsklagen dringend notwendige Umstrukturierungen der betroffenen Gesellschaften verzögert habe. Das sei lästig und koste die AG’s viel Geld.

Wenn eine AG Kleinstaktionären Klagen gegen Unternehmensentscheidungen sozusagen "abkaufe", sei dieses Einkommen zu versteuern. X müsse dafür auch Umsatzsteuer abführen: Denn er lasse sich den Verzicht auf die Anfechtung von Gesellschaftsbeschlüssen seit Jahren bezahlen. Also handle er mit "Wiederholungsabsicht" und als Unternehmer.

Betuchte Rentnerin soll Steuern nachzahlen

Rechtswidrige Forderung des Finanzamts, weil es Steuerbescheide erließ, ohne die Rechtslage zu prüfen

Bis 2007 wohnte die Seniorin in Nordrhein-Westfalen, dann zog sie nach Rheinland-Pfalz um. Die wohlhabende Frau hatte 1993 ihrem Sohn das gesamte Vermögen übertragen und bezog dafür von ihm jährlich 90.000 Euro Rente. Das Finanzamt in Nordrhein-Westfalen hatte diese Rente nur mit 17 Prozent (Ertragsanteil) besteuert. Nach dem Umzug übernahm das Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler einfach diesen Steuersatz, ohne die Rechtslage erneut zu prüfen.

Erst 2012 erfuhr der zuständige Finanzbeamte durch eine Kontrollmitteilung des Finanzamts Düsseldorf, dass die Rente vom Sohn der Steuerpflichtigen stammte. Daraufhin änderte er nachträglich die Steuerbescheide für die Jahre 2007, 2008, 2009 und 2010. Denn der Finanzbeamte war der Meinung, diese Art von Rente hätte in voller Höhe besteuert werden müssen. Nun forderte er von der Seniorin 140.000 Euro Nachzahlung für vier Jahre.

Dagegen wehrte sich die Rentnerin und setzte sich beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz durch (5 K 1154/13). Welcher Steuersatz hier richtig sei, könne offen bleiben, so das Gericht, darauf komme es nicht an. Wenn das Finanzamt die Steuerbescheide erlasse, ohne die Rechtslage zu prüfen, dürfe die Behörde nicht nachträglich die — bereits bestandskräftigen — Bescheide mit der Begründung wieder aufheben, die Rechtslage sei anders als gedacht!

Unter diesen Umständen dürfe sich das Finanzamt Bad Neuenahr-Ahrweiler nicht auf Unkenntnis der Rechtslage berufen, um eine Nachforderung zu rechtfertigen. Der Sachbearbeiter hätte vielmehr von vornherein die Unterlagen vom Finanzamt in Nordrhein-Westfalen anfordern müssen, insbesondere den Vertrag zwischen der Steuerpflichtigen und ihrem Sohn.

Selbst wenn der Vertrag dort archiviert oder sogar mit den Altakten vernichtet worden wäre, sei "Unkenntnis der Rechtslage" keine zulässige Ausrede. Sollten archivierte Unterlagen nicht mehr aufzutreiben sein, müsse sich das Finanzamt an die Steuerzahlerin wenden und den Vertrag anfordern. Die Rentnerin treffe jedenfalls keine Schuld: Sie habe in ihrer Einkommensteuererklärung die Rente immer in gleicher Weise angegeben.