Das Hausgrundstück hatte den Eheleuten gemeinsam gehört. Als der Ehemann starb, erbte die Frau seinen Hausanteil und wurde Alleineigentümerin des Einfamilienhauses. Für den geerbten Miteigentumsanteil setzte das Finanzamt keine Erbschaftssteuer fest: Denn wenn ein Ehepartner eine Immobilie erbt und auch danach selbst bewohnt (mindestens zehn Jahre!), bleibt der Erwerb steuerfrei.
Wenig später übertrug die Witwe das Hausgrundstück ihrer Tochter. Beim Notar wurde vertraglich vereinbart, dass ihr ein lebenslängliches Wohnrecht im Eigenheim zustand (juristisch: "Nießbrauch"). Als das Finanzamt davon erfuhr, änderte es den Steuerbescheid: Da die Erbin das Eigentum am Einfamilienhaus aufgegeben habe, entfalle die Steuerbefreiung. Die Witwe müsse für den Erwerb der halben Immobilie Erbschaftssteuer zahlen.
Dagegen klagte die Witwe und pochte darauf, dass die Steuerbefreiung — laut Erbschaftssteuergesetz — nicht davon abhänge, ob sie Hauseigentümerin der geerbten Immobilie bleibe. Sondern davon, ob sie das Familienheim weiterhin selbst nutze. Und das sei der Fall, denn sie habe sich Wohnrecht zusichern lassen. Diese Argumentation verfing beim Finanzgericht Münster nicht (3 K 3757/15 Erb).
Das Gesetz fordere nicht explizit, dass der Erbe Eigentümer der Immobilie bleiben müsse, räumte das Finanzgericht ein. Doch der Sinn der Steuerbefreiung spreche dafür: Immobilienerben ohne Geldvermögen sollten nicht gezwungen sein, das Familienheim zu verkaufen — nur um die Erbschaftssteuer bezahlen zu können. Sie sollten die Möglichkeit haben, die Immobilie zu nutzen. Und das sei nun einmal verknüpft mit der Eigentümerstellung.
Wer das Eigentum an der Immobilie übertrage und sich "Nießbrauch" vorbehalte, verfolge nicht unbedingt die Absicht, weiterhin im Familienheim zu leben. Wohnrecht beinhalte auch das Recht, die Immobilie oder Teile davon zu vermieten. Deshalb sah das Finanzgericht keinen Grund mehr für die Steuerbefreiung: Dass die Witwe das Familienheim selbst bewohne, sei zwar möglich, stehe aber nicht fest. (Die Witwe hat gegen das Urteil Revision zum Bundesfinanzhof eingelegt.)