Der selbständige Physiotherapeut arbeitete allein und verdiente nicht viel. Er hatte weder eigene Praxisräume, noch einen Internetzugang. Bis 2016 berechnete das Finanzamt seine Einkommensteuer auf Basis von handschriftlich ausgefüllten, amtlichen Erklärungsvordrucken. Als es um die Einkommensteuer für 2017 ging, forderte die Behörde den Physiotherapeuten auf, die Einkommensteuererklärung elektronisch zu übermitteln.
Seinen Antrag, von dieser Pflicht befreit zu werden, weil er keinen Internetanschluss habe, lehnte das Finanzamt ab. Da sich aber der Steuerzahler hartnäckig weigerte, die Steuererklärung elektronisch abzugeben, setzte die Behörde schließlich ein Zwangsgeld fest. Dagegen klagte der Mann und setzte sich beim Bundesfinanzhof durch (VIII R 29/19).
Wenn die elektronische Übermittlung für einen Steuerzahler wirtschaftlich oder persönlich unzumutbar sei, müsse die Finanzbehörde darauf verzichten, um unbillige Härten zu vermeiden, betonte das oberste Finanzgericht. Die technischen Möglichkeiten für eine elektronische Datenübertragung zu schaffen, erfordere einen finanziellen Aufwand, der einen "Kleinstbetrieb" durchaus über-fordern könne.
Da der Physiotherapeut 2017 mit selbständiger Arbeit nur Einkünfte in Höhe von 14.534 Euro erzielt habe, sei seine Situation mit der eines Kleinstbetriebs vergleichbar. Hier stehe der Aufwand für das Einrichten einer Übertragungsmöglichkeit (PC oder Laptop mit Internetanschluss) in keinem vernünftigen Verhältnis zu dem Einkommen, das die Pflicht zur elektronischen Abgabe der Steuererklärung auslöse. In so einem Fall sei es rechtswidrig, die elektronische Übermittlung anzuordnen und mit Zwangsgeld durchzusetzen.