Staatliche und private Dienstleistungen

In die Hose gepinkelt

Defekte Zugtoilette mit peinlichen Folgen: Bahnreisende erhält kein Schmerzensgeld

Im Oktober 2014 reiste eine Dame mit der Deutschen Bahn von Düsseldorf nach Trier. Weil ihr Zug am Umsteigebahnhof Koblenz zu spät eintraf, erreichte sie den planmäßigen Anschlusszug nicht mehr und nahm eine Regionalbahn. Schon am Bahnsteig spürte die Reisende leichten Harndrang, stieg aber in die Bummelbahn, um keine Zeit mehr zu verlieren. Dann kam es, wie es kommen musste: Die einzige Zugtoilette war defekt.

Zwar gelang es der Dame während der zweistündigen Fahrt gerade noch, den immer stärkeren Harndrang zu unterdrücken. Doch am Bahnhof Trier schaffte sie es nicht mehr bis zur Toilette. Ihren Worten nach ging auf dem Bahnsteig "alles in die Hose und darüber hinaus".

Von der Deutschen Bahn AG verlangte die Kundin 400 Euro als Entschädigung für den quälenden Harndrang und die "entwürdigende Situation" in Trier. In Koblenz hätte man sie vor der Abfahrt des Zuges darauf hinweisen müssen, dass die Zugtoilette nicht funktionierte.

Doch das Landgericht Trier war der Ansicht, die Dame sei für ihr Missgeschick selbst verantwortlich (1 S 131/15). Bei öffentlich zugänglichen Toiletten seien Funktionsstörungen häufig: Die Deutsche Bahn AG könne nicht jedes Mal sofort den Zug austauschen, um sie zu beheben. Reisende müssten mit Störungen rechnen und sich vor der Abfahrt erkundigen, ob die Zugtoiletten funktionierten.

Im Regionalverkehr entlang der Mosel verkehrten Züge in kurzen Abständen und hielten alle paar Minuten an einer Haltestelle. Daher sei es nicht zwingend erforderlich, den Fahrgästen im Zug den Toilettengang zu ermöglichen. Die Reisende hätte die Fahrt jederzeit unterbrechen können, was sie aber nicht getan habe. Da sie den Harndrang selbst als quälend beschreibe, habe ihr das damit verbundene Risiko bewusst sein müssen.

Unverständlich fand das Gericht das Argument, sie habe wegen ihrer Unsicherheit als allein reisende Frau nicht aussteigen wollen. Die Bahnkundin sei am Nachmittag gefahren. Die Bahnhöfe an dieser Strecke seien keine menschenleeren "Geisterbahnhöfe", sondern lägen in touristisch erschlossenem Umfeld mit vielen Gaststätten. Hätte die Dame die Möglichkeit wahrgenommen, unterwegs eine Toilette aufzusuchen, wäre ihr die erniedrigende Situation am Trierer Bahnhof erspart geblieben. Anspruch auf Entschädigung bestehe daher nicht.

Kein Schmerzensgeld bei unbefugtem Betreten

Reisender stürzte an der S-Bahnstation auf Betriebsanlagen der Bahn

Ein 35-jähriger Fahrgast stürzte an der Münchner S-Bahnstation Donnersberger Brücke. Er war dort ausgestiegen und ging eine Treppe hinunter, an der mehrere Eingänge zu Betriebsanlagen der Bahn führen, zu beschilderten Traforäumen. Im Pflaster vor der ersten Tür war ein kleines Loch, eine Vertiefung von vielleicht drei Zentimetern.

Der Fahrgast trat in das Loch und fiel zu Boden, verstauchte sich dabei die Halswirbelsäule. Von der für das Gelände zuständigen Betreiberfirma verlangte er 500 Euro Schmerzensgeld, weil sie die Gefahrenstelle nicht beseitigt habe und damit für den Unfall verantwortlich sei. Die Firma sah das allerdings anders und bekam vom Amtsgericht München Recht (172 C 5701/14).

Hier handle es sich um Betriebsgelände und nicht um öffentliches Verkehrsgelände, stellte die Amtsrichterin fest. Die Treppe sei ein Zugang zu Betriebsanlagen der Bahn, der Weg führe lediglich zu den Traforäumen. Reisende gehörten nicht zu dem beschränkten Personenkreis, der hier Zutritt habe (Bahnbedienstete, Handwerker). Vielmehr sei es Fahrgästen verboten, solche Anlagen zu betreten. Ihnen gegenüber sei daher die Firma nicht verpflichtet, für sicheren Zugang zu sorgen.

Das Landgericht München I wies die Berufung des Bahnkunden gegen das Urteil zurück und ergänzte es um einen Punkt: Dass der Kläger behaupte, er sei die Treppe hinuntergestiegen, um seine BahnCard im Koffer zu verstauen, sei lebensfremd. Dafür müsse man den Bahnsteig nicht verlassen. Er habe wohl pinkeln müssen und sei anschließend beim Umdrehen einen Schritt rückwärtsgegangen, was an so einem Ort besonders sorgfaltswidrig sei.

Alkoholprobleme bei der Bahn

Wer im Büro trinkt, kommt glimpflicher davon als ein Lokomotivführer

Ein im Büro tätiger Mitarbeiter der Deutschen Bahn wurde eines Tages volltrunken bei der Arbeit angetroffen. Gegen den Beamten wurde daraufhin eine Geldbuße von 600 DM verhängt. Das Bundesverwaltungsgericht hatte darüber zu urteilen, ob die vergleichsweise harmlose Geldbuße ausreicht oder ob ein förmliches Disziplinarverfahren gegen den Mann eingeleitet werden muss.

Die Bundesrichter bestätigten die Geldstrafe (1 D 22.95). Bei "innerdienstlichen Alkoholverfehlungen" von Bahnbeamten komme es darauf an, in welchem Bereich sie arbeiteten: im Betriebsdienst, etwa als Lokomotivführer, oder lediglich im Büro. Betriebsbeamte hätten grundsätzlich Verantwortung für Leben und Gesundheit der Reisenden und des Bahnpersonals. Wenn sie sich Trunkenheit im Dienst leisteten, sei ein förmliches Disziplinarverfahren unumgänglich.

Zwar gelte auch für Beamte, die ausschließlich im Büro arbeiteten, striktes Alkoholverbot. Da ihre Tätigkeit aber niemanden in Gefahr bringen könne, müsse ein Dienstvergehen nicht so streng geahndet werden wie bei Betriebsbeamten. Für Alkoholkonsum im Büro könne eine Geldbuße als Strafe durchaus ausreichen.

"Begrenzt dienstfähig"

Beamten, die nur eingeschränkt einsatzfähig sind, steht mehr Geld zu als Teilzeitbeschäftigten

Ein wichtiges Urteil für Beamte: Eine verbeamtete Lehrerin aus Baden-Württemberg war aus gesundheitlichen Gründen nur noch "begrenzt dienstfähig". Sie konnte nicht mehr so viele Unterrichtsstunden geben wie früher, arbeitete 60 Prozent der regulären Arbeitszeit. Dafür erhielt sie — ebenso wie ein Beamter in Teilzeit — 60 Prozent des Gehalts.

Dagegen klagte die Beamtin: Sie müsse höher besoldet werden als ein Beamter, der genauso lange arbeite wie sie, aber teilzeitbeschäftigt sei. Das Bundesverwaltungsgericht gab der Frau Recht (2 C 50.11). Der Dienstherr müsse allen Beamten — ob sie nun im aktiven Dienst oder pensioniert, dienstunfähig oder krank seien — einen angemessenen Lebensunterhalt zahlen (juristisch heißt das: "Alimentationsprinzip").

Wer Teilzeit arbeite, habe sich bewusst dafür entschieden und nehme aus freien Stücken Abstriche bei der Besoldung in Kauf. Teilzeitbeschäftigte Beamte könnten es sich auch anders überlegen und zur Vollzeit, also zum vollen Gehalt zurückkehren. "Begrenzt dienstfähige" Beamte hätten diese Option dagegen nicht. Denn sie seien aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, Vollzeit zu arbeiten.

Eine Verordnung des Landes Baden-Württemberg habe für diese Gruppe Beamter einen Zuschlag gestrichen. Das habe dazu geführt, dass eingeschränkt arbeitsfähige Beamte und teilzeitbeschäftigte Beamte das gleiche Gehalt bezogen. Diese Verordnung verstoße gegen das Beamtenrecht.

Prinzipiell müsse sich die Besoldung "begrenzt dienstfähiger" Beamter am Gehalt für Vollzeitbeschäftigte orientieren. Dabei könne der Gesetzgeber allerdings die unterschiedlichen Arbeitsleistungen von vollzeitbeschäftigten Beamten und begrenzt dienstfähigen Beamten berücksichtigen.

Beamte als Streikbrecher?

Die Post darf in der aktuellen Tarifauseinandersetzung weiter ihre Beamten einsetzen

Neben der Deutschen Bahn AG befindet sich mit der Post ein weiteres ehemaliges Staatsunternehmen im Tarifkonflikt um Löhne und Arbeitszeiten. Früher waren alle "Postler" Beamte, die nicht streiken dürfen — derzeit sind es noch 38.000 Beamte. Und die Post setzt sie bei Streiks als Ersatz für streikende Angestellte ein. Ein aktuelles Urteil des Amtsgerichts Bonn dazu betrifft auch die Eisenbahner (3 Ga 18/15).

Die Gewerkschaft ver.di sieht die Postbeamten als Streikbrecher an. Nach Warnstreiks im April beantragte sie bei Gericht, den Einsatz von Beamten für bestreikte Tätigkeiten zu verbieten. Das nehme Streiks ihre Durchschlagskraft und schränke so das Streikrecht unzulässig ein. Das Bundesverfassungsgericht habe schon 1993 entschieden, dass bei einem rechtmäßigen Streik keine Beamten als Aushilfen "zwangsrekrutiert" werden dürften.

Das Bundesverfassungsgericht habe nur ihren zwangsweisen Einsatz verboten, erklärte jedoch das Arbeitsgericht Bonn. Wenn Beamte freiwillig bestreikte Tätigkeiten übernehmen, sei das dagegen zulässig.

Ver.di bestreitet das: Beamte könnten offiziell dem Einsatz widersprechen. Aber welcher Beamte werde wohl ablehnen, wenn ein Vorgesetzter ihn dränge, auf einem bestreikten Arbeitsplatz einzuspringen? Oder nachträglich beim Dienstherrn offiziell Beschwerde gegen den Auftrag einlegen?

Dieses Problem sah auch das Arbeitsgericht, obwohl die Post sogar Eidesstattliche Versicherungen von Vorgesetzten vorgelegt hatte: Sie beteuerten alle, während der Warnstreiks nur "Freiwillige" eingesetzt zu haben. Ein Sprecher des Gerichts erklärte dennoch, die Richter hätten nicht mit Sicherheit klären können, ob die mit "Sonderaufgaben betrauten Beamten" damit einverstanden waren oder nicht.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Streitfalls ließ das Arbeitsgericht Bonn die Berufung gegen sein Urteil zu. Nun muss sich das Landesarbeitsgericht Köln mit der Sache befassen, am Ende wird wohl das Bundesarbeitsgericht entscheiden.

"GeilerGucken"

Diese Redewendung ist als Marke für eine Filmfirma ungeeignet

2013 beantragte eine Video-Produktionsgesellschaft beim Deutschen Patent- und Markenamt Markenschutz für die Wortfolge "GeilerGucken". Sie sollte als Marke für Videoaufnahmen und Filmproduktionen, Drehbücher, Shows und Theateraufführungen ins Markenregister aufgenommen werden.

Doch die Markenstelle der Behörde lehnte Markenschutz für "GeilerGucken" ebenso ab wie das Bundespatentgericht (27 W (pat) 80/14). Begründung: Das Wort "geil" werde kaum mehr in der ursprünglichen Wortbedeutung gebraucht. Es stehe in der Alltagssprache (nicht nur) unter Jugendlichen ganz allgemein für etwas Tolles, Besonderes, Gigantisches.

Das Publikum würde diese Wortkombination aus gängigen Worten der deutschen Umgangssprache daher so verstehen: Hier handle es sich um Dienstleistungen, deren Zweck darin besteht, den Zuschauern etwas Tolles zu zeigen. Etwas Herausragendes sehen: Dazu könnten alle Dienstleistungen beitragen, für die hier Markenschutz beantragt sei, und solche Dienstleistungen würden von vielen Firmen angeboten.

Insofern beschreibe die Wortfolge "GeilerGucken" nur Art und Zweck der Dienstleistungen und weise nicht auf das Unternehmen hin, das diese Leistungen erbringe. Die Wortkombination erlaube es nicht, das Angebot der Antragstellerin vom Angebot anderer Dienstleister zu unterscheiden. Sie eigne sich deshalb nicht als Markenname. Verbraucher würden "GeilerGucken" nur als reklamehafte Anpreisung großen Sehvergnügens auffassen und dabei nicht an die betriebliche Herkunft des Videos oder Films denken.

Radunfall am Bahnübergang

Radfahrerin ist dafür trotz zu breiter Schienen-Spurrillen selbst verantwortlich

Zwei Frauen fuhren an einem Sommerabend 2012 mit dem Rad nach Hause. Am Ortsende war ein beschrankter Bahnübergang zu überqueren. Frau H geriet mit ihrem Vorderrad in eine Spurrille, verlor das Gleichgewicht und stürzte. Dabei verletzte sie sich schwer am Kopf.

Von der Deutschen Bahn AG forderte die Radfahrerin Schadenersatz und Schmerzensgeld als Trostpflaster für mehrere Operationen. Dem Unternehmen warf Frau H vor, der Unfall sei auf eine zu breite Spurrille an den Schienen zurückzuführen. Diese Gefahrenquelle hätte die Bahn AG längst beseitigen müssen, zumal Radfahrer nach dem Verlauf des querenden Wegs die Schienen in einem sehr spitzen Winkel überfahren müssten.

Doch das Oberlandesgericht Naumburg hielt diesen Vorwurf für unbegründet und wies die Zahlungsklage von Frau H ab (12 U 38/14). Die Beweisaufnahme des Landgerichts habe zwar gezeigt, dass die Spurrillen an diesem Bahnübergang etwas breiter seien, als es den eigenen Vorgaben der Deutschen Bahn AG entspräche.

Trotzdem sei der Bahnübergang nicht als "überraschende Gefahr" anzusehen, die Verkehrsteilnehmer nicht rechtzeitig erkennen könnten. Das Unternehmen müsse ihn weder "umbauen", um ihn sicherer zu machen, noch Warnschilder aufstellen. Der Bahnübergang sei korrekt ausgeschildert, Gleise und Spurrillen seien gut zu erkennen.

Gleise zu überqueren, stelle für Radfahrer bekanntlich immer ein Risiko dar. Reifen verlören dort an Haftung und rutschten leichter. Gerate ein Reifen in die Schienenspur, könne der Fahrer das Rad nicht mehr lenken. Das wisse jedes radelnde Kind. Radfahrer müssten ihre Fahrweise darauf einstellen, d.h. die Schienen bzw. Spurrillen in angemessenem Tempo und möglichst gerade, in einem Winkel von 90 Grad, überqueren. Sei das unmöglich, müssten sie eben absteigen und schieben.

Dass am fraglichen Bahnübergang die Gleise in einem spitzen Winkel zur Straße verlaufen, sei schon von weitem zu sehen. Sie zu überfahren, sei für Radfahrer vielleicht etwas unbequemer als an anderen Bahnübergängen. Allerdings sei es für sie zumutbar, dennoch im eigenen Interesse die Gleise rechtwinklig zu überfahren oder eben abzusteigen.

Selbstmordversuch mit S-Bahn

Missglückter Selbstmordversuch traumatisiert S-Bahn-Zugführerin

Im Februar 2012 wollte sich eine 23-jährige Münchnerin umbringen. Am Bahnhof Karlsfeld warf sie sich vor die S-Bahn. Die Frau überlebte den Selbstmordversuch, weil die S-Bahn-Zugführerin gerade noch rechtzeitig eine Notbremsung einleitete. Die Zugführerin stand nach diesem Erlebnis unter Schock und war einen Monat lang arbeitsunfähig. Seither leidet sie an einer posttraumatischen Belastungsstörung.

Dafür verlangte die Zugführerin von der lebensmüden Frau, die mittlerweile unter Betreuung steht, eine Entschädigung. Man könne sie für den Unfall und seine Folgen nicht verantwortlich machen, meinte die Münchnerin. Sie habe seinerzeit an einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit gelitten und sei außerstande gewesen, sich frei zu entscheiden.

Das Amtsgericht München entschied den Streit zu Gunsten der Zugführerin und sprach ihr 1.500 Euro Schmerzensgeld zu (122 C 4607/14). Dass die Triebwagenführerin den Unfall psychisch nicht verkrafte und immer noch darunter leide, sei eine typische Reaktion auf Vorfälle dieser Art, so die Amtsrichterin. Die 23-Jährige hätte wissen müssen, dass sie durch einen Sprung vor den einfahrenden Zug beim Zugführer oder bei der Zugführerin psychischen Schaden verursachen würde.

Die von der Münchnerin vorgelegten Atteste ließ die Richterin nicht als Entlastung gelten. Die psychisch kranke Frau war vor dem Selbstmordversuch in einer Klinik wegen einer Tablettenvergiftung behandelt worden und hatte sich mehrmals durch Ritzen selbst verletzt. Ein Psychiater bescheinigte ihr eine emotional instabile Persönlichkeit (Borderlinetyp).

Das entschuldige den Sprung vor die S-Bahn nicht, urteilte die Richterin. Es sei nicht bewiesen, dass die suizidgefährdete Frau am Unfalltag so krank war, dass sie keinen freien Entschluss habe fassen können. Daher müsse man annehmen, dass sie schuldhaft gehandelt und eine Schädigung der Zugführerin bewusst in Kauf genommen habe.

Stromverbrauch explodiert

Ist ein Abrechnungsfehler wahrscheinlich, dürfen Kunden die Zahlung verweigern

Ein Elektriker traute seinen Augen nicht, als er die Stromrechnungen 2010 und 2011 für sein Einfamilienhaus erhielt. In dem Haus wohnten im Abrechnungszeitraum nur seine Frau und die Stieftochter, da das Ehepaar getrennt lebte. Von 2029 Kilowattstunden im vorherigen Abrechnungszeitraum war der Stromverbrauch angeblich auf 33.639 Kilowattstunden gestiegen. Demnach hätte er sich um das Siebenfache erhöht.

Diese "Explosion" beim Verbrauch sei für ihn nicht nachvollziehbar, teilte der Mann dem Energieversorger mit: Das könne nur bedeuten, dass der Stromzähler kaputt sei. Er bezahlte die Rechnungen nicht und verlangte vom Unternehmen, das Messgerät zu kontrollieren. Damit ließ sich der Energieversorger viel Zeit. Stattdessen schickte er mehrere Mahnbescheide und verklagte schließlich den Kunden auf Zahlung.

Doch das Oberlandesgericht Koblenz erklärte dessen Reklamationen für berechtigt und wies die Vorinstanz an, den Fall noch einmal aufzurollen (3 W 343/14). Nach den einschlägigen Vorschriften dürften Kunden die Zahlung verweigern, wenn ein Abrechnungsfehler wahrscheinlich sei und/oder wenn sich der Verbrauch ohne ersichtlichen Grund mehr als verdoppelt habe. Das treffe hier zu.

Ob das Messgerät ordnungsgemäß funktioniere, sei fraglich. Der Energieversorger habe den Zähler zwar von der "Prüfstelle für Messgeräte und Elektrizität" in Essen kontrollieren lassen. Die Prüfstelle habe erklärt, die Messabweichungen lägen "im Rahmen des Üblichen". Das Resultat sei aber nicht zuverlässig. Denn der Stromzähler sei erst Monate nach der ersten Beschwerde des Kunden ausgetauscht und weitere drei Monate später geprüft worden. Dass das Gerät laut Prüfschein nicht mehr eingesetzt werden dürfe, sei wohl auch kein Zufall.

Der Kunde, der vom Fach sei, habe plausibel erläutert, dass ein derart hoher Energieverbrauch zweier Personen bei der vorhandenen elektrischen Installation unmöglich sei. Darüber hinaus habe er angeboten, dies durch ein Sachverständigengutachten zu belegen. Damit müsse sich die Vorinstanz auseinandersetzen: Bei einem Zwei-Personen-Haushalt sei ein Stromverbrauch von jährlich 33.639 Kilowattstunden absurd.

TÜV schockt Schausteller

Auch ältere Oktoberfest-Fahrgeschäfte sollen veränderte technische Normen erfüllen

Der Technische Überwachungsverein (TÜV) versetzte fast hundert Inhaber älterer Oktoberfest-Fahrgeschäfte in helle Aufregung. Die Fahrgeschäfte waren bisher jährlich nach der Norm "DIN 4112" auf ihre Sicherheit hin kontrolliert worden. Nun sollten plötzlich neue technische Standards gelten (DIN EN 13841). Laut TÜV sollten künftig nur noch Fahrgeschäfte, die den neuen Standard erfüllten, eine Genehmigung für das Oktoberfest bekommen.

Ein Schausteller, der mit seinem Fahrgeschäft seit über 20 Jahren auf dem Münchner Volksfest vertreten ist, klagte gegen die Anordnung des TÜV und bekam vom Verwaltungsgericht München Recht (M 9 K 14.4412). Es gebe keine Rechtsgrundlage dafür, Fahrgeschäften die Oktoberfest-Zulassung zu entziehen, die nicht die neuen Vorgaben einhielten. Die veränderte Rechtslage sei den Betroffenen nicht rechtzeitig und nicht klar verständlich mitgeteilt worden.

Fraglich sei auch, ob die Anordnung des TÜV in jedem Einzelfall verhältnismäßig sei. Denn es stehe keineswegs fest, dass die technische Überprüfung nach den neuen Normen überhaupt die Sicherheit der Fahrgeschäfte erhöhen würde. Immerhin seien die älteren Fahrgeschäfte jedes Jahr gemäß dem alten Standard auf Herz und Nieren geprüft worden. (Ob der TÜV gegen dieses Urteil Berufung zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einlegen wird, steht noch nicht fest.)

Diskriminierende Kontrolle im Regionalzug

Ausweiskontrolle mit Datenabgleich ist nur rechtens, wenn die Strecke illegale Einreise ermöglicht

Im Januar 2014 fuhr eine deutsche Familie mit zwei Kindern im Regionalzug von Mainz nach Köln. Bei einem Halt stiegen drei Polizeibeamte zu. Einer von ihnen forderte sofort die Familie auf, ihre Ausweispapiere vorzuzeigen. Dem kamen die Eltern nach. Schließlich telefonierte ein Beamter und gab seinem Gesprächspartner die Personalien durch. Danach gab er den Reisenden ihre Papiere zurück. Die Beamten zogen weiter, kontrollierten aber niemanden mehr.

Die Eltern fühlten sich diskriminiert und zogen vor das Verwaltungsgericht (VG) Koblenz, um prüfen zu lassen, ob die Maßnahme rechtmäßig war (1 K 294/14.KO). Ihrer Ansicht nach war die Kontrolle nur erfolgt, weil sie dunkelhäutig sind. Außer ihnen habe keiner im Zug seinen Ausweis vorlegen müssen. Das Verhalten der Polizisten verstoße gegen das in der Verfassung verankerte Gebot, alle Personen gleich zu behandeln.

Dem widersprach der Staatsanwalt. Bei dieser Strecke handle es sich um einen bekannten Schleuserweg. Personalkontrollen in Zügen seien notwendig, um die illegale Einreise von Personen zu verhindern. Das sei im Prinzip richtig, so das VG. Sie seien aber nicht überall notwendig, sondern nur auf Zugstrecken, die einen Grenzübertritt ermöglichten. Das treffe hier nicht zu.

Der Regionalzug verkehre von Mainz nach Köln, keiner der Endpunkte liege im Ausland. Während der Fahrt passiere der Zug weder einen Flughafen, noch einen Seehafen. Grenzen zu anderen Staaten würden nicht annähernd berührt oder gar überschritten. Hier gehe es um Personennahverkehr ohne jeden Bezug zu irgendwelchen Grenzen, niemand könne mit diesem Zug illegal einreisen.

Für flächendeckende, verdachtsunabhängige Personenkontrollen im Bahnreiseverkehr gebe es keine gesetzliche Grundlage. Wenn der Gesetzgeber sie für erforderlich halte — weil Schleuser illegal eingereiste "Kundschaft" zur Weiterreise auch in Nahverkehrszüge setzen —, müsse er die Befugnisse der Bundespolizei erweitern. Bis dahin seien Ausweiskontrollen mit Datenabgleich auf solchen Strecken rechtswidrig. (Das VG hat die Revision der Staatsanwaltschaft gegen sein Urteil zugelassen.)

Zivildienstleistender richtet mit Sanka 33.000 DM Schaden an

Die Versicherung des Malteser-Hilfsdienstes muss die Kosten übernehmen

Ein Kriegsdienstverweigerer, der beim Malteser-Hilfsdienst Zivildienst leistete, fuhr mit einem Notfallwagen im Einsatz bei Rot über die Kreuzung. Dabei übersah er einen von rechts kommenden Pkq, der bei Grün in die Kreuzung eingefahren war. Für das demolierte Sanitätsfahrzeug zahlte die Versicherung des Malteser-Hilfsdienstes 33.000 DM. Diese Summe wollte sie sich vom Zivildienstleistenden wieder holen, weil dieser allein an dem Unfall schuld sei. Daraus wurde jedoch nichts.

Das Bundesverwaltungsgericht entschied gegen die Versicherung (2 C 20/93). Hier gelte nichts anderes als für Beamte und Soldaten, für deren Dienstpflichtverletzungen gleichfalls der Staat hafte. Die Bundesrepublik Deutschland als Dienstherr könne sich dann - bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Verhalten - wegen Schadensersatzansprüchen an den Zivildienstleistenden wenden. Die Absicht des Gesetzgebers sei es gewesen, die Zivildienstpflichtigen bei einer Verletzung ihrer Dienstpflichten den Soldaten gleichzustellen. Das gelte auch dann, wenn sie nicht direkt beim Staat, sondern bei anerkannten privaten Stellen arbeiteten. Wenn ein Zivildienstleistender seiner privaten Beschäftigungsstelle zum Schadenersatz verpflichtet wäre, wäre die Gleichstellung von Wehrdienst und Zivildienst aufgehoben. Der Sankafahrer muss also an die Versicherung nicht zahlen.

Etwaige Ansprüche des Malteser-Hilfsdienstes gegenüber dem Bund wurden in diesem Verfahren nicht behandelt.

Jurist im Staatsdienst fälscht massenweise Steuerbelege

Seine Karriere wird durch Degradierung gebremst

Ein Beamter des höheren Dienstes entwickelte beachtliche Initiative, um weniger Steuern zahlen zu müssen. Bescheinigungen für Dienstfahrten, Spendenbelege, Rechnungen über Fachbücher und Postbelege veränderte er durch das Anhängen von Ziffern. So erhöhte er die Beträge. Dienstreise-Bescheinigungen erstellte er gleich selbst und fälschte die nötigen Unterschriften. Allein die Zahl der gefälschten Bescheinigungen über Dienstfahrten betrug um die 100, die der gefälschten Spendenbelege 47. Dafür wurde ihm vom Bundesdisziplinargericht das Gehalt für vier Jahre um ein Zwanzigstel gekürzt.

Diese Strafe war dem Bundesverwaltungsgericht zu mild: Es degradierte den Beamten (1 D 57/93). Das Gericht verwies auf zahlreiche Tatsachen, die das Fehlverhalten in einem noch ungünstigeren Licht erscheinen ließen. So sei gerade einem Beamten Steuerhinterziehung besonders vorzuwerfen, weil er Vorbildfunktion habe. Das gelte hier erst recht, weil der Beamte Jurist und Vorgesetzter sei.

Dass das Finanzamt angeblich vor mehreren Jahren Aufwendungen für Dienstreisen zu Unrecht nicht berücksichtigt habe, entlaste den Beamten nicht. Es trage vielmehr egoistische Züge, nach 15 Jahren auf diese Art einen "Schadensausgleich" herbeizuführen zu wollen. Er sei daher keineswegs "schon genug gestraft" damit, dass sein Ansehen nach der Entdeckung seiner Fehltritte gelitten habe. Ihm sei lediglich zugute zu halten, dass er nach der Entdeckung der Taten kooperativ gewesen sei und seine dienstlichen Leistungen bisher "gut bis sehr gut" bewertet worden seien.

Privatauto eines Polizisten mutwillig beschädigt

Dafür gibt es kein Geld vom Dienstherrn

Vor einer Berliner Polizeidienststelle wurde der Privatwagen eines Kriminalbeamten von unbekannten Tätern mutwillig beschädigt. Der Beamte hielt diesen "Anschlag" für einen gezielten Racheakt gegen Polizeibeamte. Da er sein Auto auch für dienstliche Einsätze verwendete, forderte er von seinem Dienstherrn, dem Land Berlin, Ersatz für die Reparaturkosten (1.300 DM).

Das Bundesverwaltungsgericht entschied, dass der Polizist die Reparatur selbst bezahlen muss (2 C 28/94). Es sei kein "gezielter Gewaltakt" gegen Polizeibeamte festgestellt worden. Zwar gehöre es zur beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht des Dienstherrn, für unverschuldete Schäden aufzukommen, die während des dienstlichen Einsatzes am privaten Wagen eines Beamten entstehen. Für eine weitergehende Ersatzregelung gebe es aber keine gesetzliche Grundlage: Sie liege im Ermessen der vorgesetzten Dienstbehörde.

ExtraEnergie GmbH extra knauserig

Energieversorger müssen Guthaben ihrer Kunden sofort erstatten

Verbrauchen Kunden weniger Gas oder Strom, als ihr Energieversorger geschätzt hat, bleibt von den Vorauszahlungen der Kunden etwas übrig. Derartige Abrechnungsguthaben erstattete das Unternehmen ExtraEnergie GmbH erst nach und nach mit den Abschlagszahlungen. Die wurden außerdem nicht nach unten korrigiert, sondern weiterhin in gleicher Höhe kassiert.

Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen beanstandete diese Praxis als unzulässig. Zu Recht, wie das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied (I-20 U 136/14). Verbrauche ein Kunde weniger als geschätzt — was der Energieversorger seinen eigenen Abrechnungen unschwer entnehmen könne —, müsse das Unternehmen die Abschlagszahlungen im nächsten Lieferjahr anpassen. Diese müssten sich am mutmaßlichen Verbrauch der Kunden orientieren.

Gutachten aus Energierechnungen seien sofort und vollständig auszuzahlen oder spätestens mit der nächsten Abschlagszahlung des Kunden zu verrechnen. Das gelte auch dann, wenn ein Guthaben durch einen Bonus des Versorgers entstanden sei. Sei das Guthaben höher als die nächste Abschlagszahlung, müsse der Energieversorger die Differenz spätestens beim übernächsten Abschlag ausgleichen.

Verwaltungsangestellter verfasst ausländerfeindliches Flugblatt

Zur Frage der außerordentlichen Kündigung

Ein 55-jähriger Verwaltungsangestellter, der seit 1971 beim Finanzamt arbeitete, war Mitglied des Kölner Stadtrats. Er gehörte der Fraktion "Die Bürger" an, die laut Verfassungsschutzbericht 1992 mit neonazistischen Gruppierungen in Verbindung stand. Der Angestellte verfasste mehrere Flugblätter, in denen Ausländer, Zigeuner und Asylanten pauschal als "kriminelle Schmarotzer" verunglimpft wurden.

Daraufhin wurde der Mann wegen Volksverhetzung zu einer Geldstrafe verurteilt. Sein Dienstherr, das Bundesland Nordrhein-Westfalen, kündigte ihm aufgrund der Flugblattaktion fristlos. Begründung: Nach dem Bundesangestelltentarifvertrag sei er verpflichtet, sich auch außerhalb des Dienstes so zu verhalten, wie man es von Angehörigen des öffentlichen Dienstes erwarten könne. Gegen diese Pflicht habe er mit seinen Flugblättern verstoßen, die als Volksverhetzung bestraft wurden.

Das Bundesarbeitsgericht bestätigte die Auffassung, dass das Verhalten des Angestellten eine fristlose = außerordentliche Kündigung rechtfertigte (2 AZR 274/95). Seine Äußerungen würden vom Recht auf Meinungsfreiheit nicht mehr gedeckt. Die Vorinstanz habe allerdings nicht alle Umstände gewürdigt, die im Strafverfahren zu einer Strafmilderung hätten führen können. Deshalb habe das Landesarbeitsgericht noch einmal zu entscheiden.

Ausweiskontrolle vor dem Bahnhof

Dafür ist die Bundespolizei auf einem Bahnhofsvorplatz nicht zuständig: Datenabgleich war rechtswidrig

Im Sommer 2008 unterhielt sich ein Mann vor dem Trierer Hauptbahnhof mit mehreren Jugendlichen. Beamte der Bundespolizei vermuteten, dass hier mit Drogen gehandelt wurde. Sie forderten die Gruppe auf, ihre Ausweise vorzuzeigen, stellten die Identität der Personen fest und verglichen die Daten mit der Fahndungsliste. Resultat: Ein Jugendlicher war der Polizei schon mal durch Drogenkonsum aufgefallen, ansonsten lag "nichts vor". Alle erhielten ihre Ausweise zurück und konnten gehen.

Später erhob der Mann Klage, weil er die polizeilichen Maßnahmen für rechtswidrig hielt: Ein bloßer Verdacht rechtfertige so ein Einschreiten mit Datenabgleich nicht, Gefahr für die öffentliche Sicherheit habe nicht bestanden. Außerdem sei die Bundespolizei nur auf den Bahnanlagen der Deutschen Bahn AG für die Sicherheit zuständig.

Das umfasse auch einen Bahnhofsvorplatz, meinte das Oberverwaltungsgericht, und wies die Klage des Mannes ab. Damit war aber das Bundesverwaltungsgericht nicht einverstanden (6 C 4.13). Nur auf Bahnanlagen, die direkt zum Betrieb der Eisenbahn gehörten, sei die Bundespolizei dafür zuständig, Gefahren abzuwehren, die Benutzern der Eisenbahn drohen könnten.

Die von der Polizei kontrollierte Gruppe habe sich vor dem Hauptbahnhof Trier neben der Treppe des Haupteinganges zur Bahnhofshalle aufgehalten. So ein Bahnhofsvorplatz sei keine Bahnanlage: Er beginne da, wo das Bahnhofsgebäude ende. Der Vorplatz sei eine kommunale Verkehrsfläche, also habe hier die Landespolizei für die öffentliche Sicherheit zu sorgen. Kontrolle und Datenabgleich durch die Bundespolizei als Bahnpolizei seien somit rechtswidrig gewesen.

Hausverbot im Jobcenter

Hartz-IV-Empfängerin beschimpfte in der Behörde einen Sicherheitsmann

Nach der tödlichen Messerattacke in Rothenburg sind es nun schon drei Mitarbeiter verschiedener Jobcenter, die wütenden Hilfeempfängern zum Opfer fielen. Jetzt werden wieder die Sicherheitsmaßnahmen an den Sozialbehörden verstärkt, schärfere Sanktionen für Randalierer diskutiert.

Eine erste Warnung für die "Kundschaft" ist das Hausverbot. Jobcenter dürfen es bereits nach einer einmaligen Störung verhängen, wie das Sozialgericht Heilbronn entschieden hat (S 10 AS 3793/14).

Der konkrete Fall: Eine 30-jährige Hartz-IV-Empfängerin erschien im Oktober 2014 im Jobcenter Landkreis Heilbronn, ohne vorher einen Termin vereinbart zu haben. Die Behörde müsse ihr die bewilligten Sozialleistungen sofort bar auszahlen, verlangte die Frau. Als ein Mitarbeiter sie bat, im Wartebereich Platz zu nehmen, reagierte sie äußerst ungehalten und beschimpfte den Sicherheitsmann: "Was möchtest du, du Möchtegernglatzkopf?"

Daraufhin erteilte das Jobcenter der Hilfeempfängerin Hausverbot für zwei Monate. Die Frau legte Widerspruch ein: Das sei doch nur eine "einmalige Taktlosigkeit" gewesen. Ein Hausverbot solle nicht vergangene Fehler bestrafen, sondern präventiv wirken, also künftige Ausrutscher verhindern. Die seien bei ihr aber nicht zu befürchten.

Das Sozialgericht Heilbronn wies den Eilantrag der Frau ab. Eine Behörde müsse zwar auch mit schwierigen Besuchern zurechtkommen und sich deren Anliegen anhören. Aber nur in gewissen Grenzen. Die Hartz-IV-Empfängerin habe den Hausfrieden durch ihr rücksichtsloses Verhalten nachhaltig gestört. Derartiges Verhalten werde im Jobcenter nicht geduldet.

Diese Botschaft solle vom Hausverbot ausgehen, es erfülle somit eine "Warnfunktion". Die Sanktion sei auch nicht unverhältnismäßig, obwohl es sich um den ersten (und eventuell einmaligen) Ausrutscher der Hilfeempfängerin handelte. Das Hausverbot gelte nur knapp zwei Monate. Während dieser Zeit könne sich die Frau schriftlich und telefonisch an ihren Sachbearbeiter im Jobcenter wenden.

Bahnmitarbeiterin verschläft Zugfahrt

Das rechtfertigt keine fristlose Kündigung ohne Abmahnung

Frau X arbeitet in einem Bordbistro der Deutschen Bahn AG. Eines Morgens fühlte sie sich nicht gut, erschien aber pünktlich am Bahnhof. Bevor der Zug nach Basel abfuhr, klagte die 30-Jährige gegenüber dem Zugchef und ihrer Vorgesetzten im Bordbistro über Unwohlsein. Krankmelden wolle sie sich aber nicht …

Kurz darauf sprach Frau X noch einmal mit der Leiterin des Bordbistros. Ihre Vorgesetzte meinte, sie könne sich noch ein wenig ausruhen. Frau X bat darum, bei Bedarf gerufen zu werden und legte sich in einem Kleinkindabteil hin. Da niemand sie weckte, schlief die Mitarbeiterin den Schlaf des Gerechten — sieben Stunden lang bis zur Endstation in Basel.

Dann folgte für die Angestellte das böse Erwachen: Die Deutsche Bahn AG kündigte ihr fristlos. So ein Verhalten stelle einen Vertrauensbruch dar, argumentierte die Arbeitgeberin, denn die Mitarbeiterin habe sich weder am fraglichen Tag, noch rückwirkend krank gemeldet. Außerdem habe man Frau X schon mehrmals abmahnen müssen, weil sie verschlafen habe und nicht rechtzeitig am Zug erschienen sei.

Das Arbeitsgericht Köln erklärte die fristlose Kündigung für unwirksam (7 Ca 2114/14). Die früher ausgesprochenen Abmahnungen seien hier nicht "einschlägig". Der Angestellten wegen einer verschlafenen Zugfahrt zu kündigen, sei jedenfalls unverhältnismäßig.

Ob Frau X wesentliche Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt habe, weil sie sich nicht förmlich krankmeldete und im Abteil einschlief, könne offen bleiben. Selbst dann hätte die Arbeitgeberin vor einer Kündigung eine weitere Abmahnung aussprechen müssen. Erstaunt zeigte sich der Arbeitsrichter ob der fehlenden "kollegialen Fürsorge": In so einem Fall hätte doch mal ein Kollege nach der kranken Frau schauen müssen. Dann wäre sie auch aufgewacht.

Ein Bundesbahnamtsrat kehrt zurück

Die Bahn braucht Zeit, um eine passende Beschäftigung für ihn zu finden

1989 war der Mann in den Dienst der Bahn eingetreten, die damals noch kein privates Unternehmen war, sondern die "Bundesbahn". 2003 beantragte der Beamte Sonderurlaub, um bei der neuen DB Netz AG arbeiten zu können. Das wurde genehmigt. Er startete dort eine zweite Karriere, arbeitete zwischendurch für weitere Bahngesellschaften in Bayern.

Im Jahr 2012 zeichnete sich ab, dass der Bundesbahnamtsrat bei der DB Netz AG aufs Abstellgleis rollen würde. Man bot ihm eine Abfindung an, seine Tätigkeit sollte am 31.08.2012 enden. Im Juni rief der Mann bei seiner alten Dienststelle an und fragte nach einer Möglichkeit der Rückkehr unter Widerruf seiner Beurlaubung. Er nannte aber das Datum 31.8. nicht, sagte nur, er werde sich auch nach Alternativen umsehen.

Erst im August schrieb der Beamte eine E-Mail, in der er erklärte, er wolle am 31.08.2012 seinen Sonderurlaub beenden. Die Deutsche Bahn AG widerrief die Beurlaubung jedoch erst im September, und zwar zum 1.11.2012. Dass er erst ab November wieder einen Dienstposten der Besoldungsstufe A 12 besetzen konnte und zwei Monate ohne Gehalt blieb, wurmte den Beamten sehr.

Doch damit muss er sich abfinden, entschied das Verwaltungsgericht München (M 21 K 13.2804). Wenn der Bundesbahnamtsrat erst im August schriftlich beantrage, seinen Sonderurlaub vorzeitig aufzuheben, müsse er sich über die "Pause" nicht wundern. Hier gehe es nicht nur um seine persönlichen Interessen. Das Unternehmen der Deutschen Bahn AG, in das er wieder einsteigen solle, müsse die Personalplanung koordinieren.

Da der Beamte eigentlich bis Februar 2014 beurlaubt war, habe der künftige Arbeitgeber entsprechende Personaldispositionen getroffen. Um vorzeitig einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden und ihn wieder "in den Dienstbetrieb einzugliedern", benötige die Bahn Zeit. Das "verlorene" Gehalt werde außerdem mehr als ausgeglichen durch die Abfindung von 28.000 Euro, die er von der DB Netz AG für die vorzeitige Vertragsauflösung bekommen habe.