Eine junge Münchnerin, alleinerziehend, suchte 2013 dringend einen Job. Sie bewarb sich auf eine Internetanzeige hin bei einer Hamburger Escort-Agentur (Begleitservice). Die Agenturinhaberin erklärte, vor der Vermittlung an Stammkunden brauche sie von den Begleiterinnen professionelle Fotoaufnahmen. Die müssten die Bewerberinnen bezahlen. Für September vereinbarte man einen persönlichen Vorstellungstermin mit Fotoshooting in Hamburg.
Weil die Fotoaufnahmen 800 Euro kosteten, kamen der Bewerberin Zweifel. Sie rief bei der Agentur an und wollte den teuren Termin absagen. Doch die Agenturinhaberin bot an, den Betrag vorzuschießen. Mit ihren ersten Aufträgen könne die Begleiterin die Fotoaufnahmen "abarbeiten". Sie werde ein Vielfaches verdienen
Daraufhin fuhr die Münchnerin doch nach Hamburg. Da es für Außenaufnahmen im Bikini zu kalt war, buchte der Fotograf spontan zwei Hotelzimmer für das Fotoshooting.
Aufträge erhielt die Bewerberin nie — angeblich wegen ihrer mangelhaften Englischkenntnisse —, stattdessen eine saftige Rechnung. 1.652 Euro sollte sie für die Aufnahmen und die Hotelkosten berappen. Sie zahlte nicht und ließ es auf einen Rechtsstreit ankommen, den das Amtsgericht München zu ihren Gunsten entschied (243 C 8000/16). Die Klausel in den Geschäftsbedingungen der Agentur, nach der die Models für die Bilder zahlen müssten, benachteilige diese einseitig und sei unwirksam, so der Amtsrichter.
Die Fotos würden für die Agentur aufgenommen und gehörten ihr. Sie verbiete es den Bewerberinnen sogar, selbst Bilder anfertigen zu lassen. Ihnen unter diesen Umständen die Kosten aufzubürden, sei unangemessen. Dass diese Praxis "branchenüblich" sei, mache sie nicht akzeptabel. Selbst wenn die Münchnerin, wie von der Agenturinhaberin behauptet, vor Ort eingewilligt hätte, für die Hotelzimmer zu zahlen, könne sich die Geschäftsfrau darauf nicht berufen.
Die Bewerberin sei wegen der Zusage, sie könnte die hohen Kosten abarbeiten, doch zum Fototermin gereist. In Hamburg habe sie die ebenfalls kostspielige Verschiebung des Termins vermeiden wollen. Das Model habe nur wegen der von der Agentur herbeigeführten Zwangslage eingewilligt. Die Agentur habe die Frau treuwidrig unter Druck gesetzt und über den Tisch gezogen.