Im Juli 2012 soll sich bei einem Radausflug dreier Amateur- bzw. Profirennfahrer ein Auffahrunfall ereignet haben. Fahrer A forderte von Fahrer B 3.810 Euro Schadenersatz, weil er ihm bei der Trainingsfahrt auf abschüssiger Straße auf das hintere Schaltwerk aufgefahren sei. Dadurch sei das Schaltwerk abgerissen, durch das Hinterrad gezogen und dabei komplett in seine Einzelteile zerlegt worden.
Fahrer B hatte sich an seine Haftpflichtversicherung gewandt, die für den Schaden aufkommen sollte. Doch die vermutete Versicherungsbetrug und legte ein Gutachten vor, demzufolge der Unfall so nicht stattgefunden haben konnte. Schaltwerk und Rahmen wiesen Kratzspuren auf, die bei einem abgerissenen Schaltwerk nicht entstehen könnten. Daraufhin verklagte Fahrer A seinen Trainingspartner B auf Schadenersatz.
B und seine Versicherung hafteten nicht für den Schaden, entschied das Amtsgericht Gießen (49 C 80/14). Der Amtsrichter "outete" sich als erfahrener Hobbyrennradfahrer. Aus "leidvoller eigener Sachkenntnis" wisse er, dass sich der Unfall so nicht zugetragen haben könne. Wenn B mit einer Geschwindigkeit von 30 km/h von hinten auf das Schaltwerk aufgefahren wäre, wäre er unweigerlich gestürzt. Das bringe das Vorderrad so abrupt aus der Spur, dass der Fahrer das Gleichgewicht verliere. Doch B sei unstrittig nicht gestürzt.
Bs Angaben zufolge sei er außerdem nur wenig schneller gefahren als A. Das bedeute, dass die Krafteinwirkung auf das Schaltwerk von hinten nur minimal gewesen sein könne. Das entspreche den Erfahrungen des Gerichts: Beim Auffahren von hinten habe er, der Amtsrichter, nie einen ähnlichen Schaden am Schaltwerk des Vordermannes verursacht.
Widersprüchliche Angaben zum Unfallhergang verstärkten die Zweifel an den Aussagen der Radfahrer: Einmal solle der Unfall in einer Kurve passiert sein, einmal nach einem Kreisel am Ortsausgang. Einmal solle das Schaltwerk in Einzelteile zersprungen sein, einmal solle es abgebrochen sein, aber noch am Rad gehangen haben.
Last but not least: Weder für die Laufräder, noch für das Schaltwerk habe Fahrer A Kaufbelege vorlegen können, obwohl es sich um ziemlich hochpreisige Komponenten handelte, die er angeblich erst drei Monate vorher gekauft hatte. Es widerspreche jeder Lebenserfahrung, dass der Rennradfahrer die Kaufbelege weggeworfen habe, anstatt sie für eventuelle Gewährleistungsfälle aufzuheben.