Sport

Zeige 16 von 336 Urteilen

Wer soll das bezahlen?

Bergwanderin gegen ihren Willen mit dem Hubschrauber "gerettet"

Beim anstrengenden Aufstieg auf einen Berg bekam eine Frau Kreislaufprobleme und japste nach Luft. Kurz entschlossen rief ein anderer Bergwanderer die Rettungsleitstelle an, die den Luftrettungsdienst alarmierte. Ein Hubschrauber mit einer Notärztin kam und flog die Wanderin - die dem Transport ausdrücklich widersprach - ins Krankenhaus Garmisch-Partenkirchen. Dort schickte man die Frau allerdings sofort nach Hause, weil es ihr wieder gut ging.

Der Rettungsdienst forderte von ihr die Transportkosten von 4.400 Euro: Der Rettungseinsatz sei in ihrem Interesse unternommen worden. Der Frau sei so schlecht gewesen, dass die Notärztin einen Kollaps diagnostizierte und den Transport in eine Klinik für notwendig gehalten habe. Ob die Patientin das wolle, sei unerheblich. Notärzte seien zu so einer Maßnahme verpflichtet.

Unsinn, konterte die Bergwanderin: Sie habe sich nur ein wenig überanstrengt. Sie habe keinen Arzt gebraucht, nur Hilfe beim Abstieg. Die Kosten seien aus ihrer Sicht völlig unnötig angefallen. Nachdem es alle Zeugen aus der Wandergruppe und von der Bergwacht angehört hatte, kam auch das Amtsgericht München zu diesem Schluss (281 C 22204/09). Der Zustand der Frau sei wohl nicht lebensbedrohlich gewesen.

Nach Aussagen der Bergwacht hätten einige ihrer Männer die Wanderin herunter tragen können. Das hätte nur 20 Minuten gedauert. Am Fuß des Berges hätte bereits der VW-Bus eines Bergwachtmitglieds gewartet. Daher sei der Einsatz eines Hubschraubers objektiv nicht notwendig gewesen, die "Gerettete" habe ihn sowieso nicht gewollt. Das habe sie auch unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dabei sei sie "geistig voll da" gewesen.

In so einem Fall sei allein der Patientenwille und nicht der des Arztes entscheidend, erklärte die Richterin - auch wenn die Ärztin die Meinung der Wanderin für unvernünftig hielt. Man dürfe Patienten nicht zu einem horrenden Preis gegen ihren Willen in eine Klinik verfrachten, um ihren Zustand abzuklären. Den unfreiwilligen, ihr aufgezwungenen Transport müsse die Frau nicht bezahlen. Auch wenn der Rettungsdienst geglaubt habe, in ihrem Interesse zu handeln: Objektiv sei der Einsatz nicht notwendig gewesen.

Familie bekommt Hausverbot im Schwimmbad

Kommune muss höhere Fahrtkosten zu einer Therme nicht ersetzen

Eine Münchner Familie - mit fünf Kindern zwischen drei Monaten und fünf Jahren - besuchte im Sommer fast täglich ein kommunales Schwimmbad in der Nähe. Dessen Leiter verbot eines Tages der Familie für die Dauer eines Jahres den Zutritt zum Bad. Begründung: Die Familie halte sich prinzipiell nicht an die Anweisungen des Personals.

Gegen das Hausverbot klagten die Eltern und setzten sich in diesem Punkt durch. Bei einem so langen Verbot hätte die Betreiberin des Schwimmbads vorher eine Abmahnung aussprechen müssen, entschied das Amtsgericht. Ohne Erfolg blieb jedoch der Versuch der Familie, Schadenersatz für die Mehrkosten zu erhalten, die ihr durch Aufenthalte in der Therme Erding entstanden waren.

Dorthin war die Familie in der Zeit des Hausverbots ausgewichen. Da die Stadt München mit dem Verbot "ihre quasi monopolartige Stellung ausgenutzt" habe, argumentierten die Kläger, müsse die Kommune zumindest die 750 Euro Fahrtkosten übernehmen. Doch das Amtsgericht München wies die Klage ab (163 C 21065/09).

Auch wenn im Wohnbereich der Familie nur ein städtisches Bad existiere: Der Leiter des Schwimmbades habe das Verbot für zulässig und notwendig gehalten. Er habe die Familie also keineswegs vorsätzlich sittenwidrig geschädigt. Das Hausverbot habe weder die Gesundheit, noch das Eigentum der Familie verletzt, allenfalls ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht.

In diesem Punkt käme ein Anspruch auf Schadenersatz in Frage, aber nur dann, wenn die Familie öffentlich gedemütigt worden wäre. Das treffe jedoch nicht zu: Das Hausverbot sei schriftlich erteilt und der Familie zugeschickt worden.

Pferd bei Springturnier tödlich verletzt

Der Veranstalter haftet für untauglichen Fangständer - trotz Haftungsausschluss

Auf dem vereinseigenen Parcours hatte ein Reitverein im September 2005 ein Reit- und Springturnier veranstaltet. Bei einer Springpferdeprüfung startete die Tochter des Pferdebesitzers auf der Stute F. Das Pferd verfing sich beim Überspringen eines Kombinationshindernisses (Oxer und Steilsprung) am daneben aufgestellten Fangständer. F verletzte sich so schwer am Knie, dass die Stute später nach erfolgloser medizinischer Behandlung eingeschläfert werden musste.

Der Vater der Reiterin verklagte den Verein auf Schadenersatz: Seiner Tochter sei kein Reitfehler unterlaufen. Vielmehr habe der Verein untaugliche Fangständer aufgestellt und damit eine für die Turnierteilnehmer nicht vorhersehbare Gefahrenquelle geschaffen. So sah es auch der Bundesgerichtshof (BGH): Er bestätigte das Urteil der Vorinstanz, die dem Pferdebesitzer Entschädigung in Höhe des Werts der Stute (35.000 Euro) zugesprochen hatte (III ZR 246/09).

Der Turnierveranstalter hatte zwar vor der Veranstaltung in einer Reiterzeitschrift Teilnahmebedingungen veröffentlicht, in denen er jede Haftung ausschloss (Er "hafte nicht für Schäden, die Besuchern, Teilnehmern und Pferdebesitzern durch leichte Fahrlässigkeit des Veranstalters entstehen"). Doch diese Regelung erklärte der BGH für unwirksam.

Ein Turnierveranstalter könne nicht jede Verantwortung von sich weisen. Die vom Verein verwendeten Fangständer seien für Wettkämpfe untauglich und stellten für Pferde und Reiter ein unkalkulierbares Sicherheitsrisiko dar. Wer ein Reitturnier organisiere, müsse den Wettbewerb sorgfältig vorbereiten bzw. durchführen und die Teilnehmer vor Risiken schützen, mit denen sie nicht zu rechnen brauchten.

"Auffahrunfall" im Skikurs

Wer von hinten kommt, muss so fahren, dass er vorausfahrende Sportler nicht gefährdet

Eigentlich waren es ja lauter geübte Skifahrer, die in der Nähe von Kitzbühel die Carving-Technik lernen wollten. Nacheinander sollten die Kursteilnehmer einen Hang hinunter fahren und unten zum vereinbarten Treffpunkt kommen. Da stand der Lehrer und beobachtete die Skikünste seiner Gruppe.

Was er sah, konnte ihm nicht gefallen: Eine Frau kurvte relativ bedächtig herunter, der folgende Skifahrer wesentlich flotter. Als die Frau unten am Hang vom linken Rand der Piste auf die andere Seite hinüber glitt, rammte sie der Münchner von hinten. Die Skifahrerin stürzte und brach sich das Schlüsselbein. Sie musste mehrmals operiert werden und war lange arbeitsunfähig.

Vom Übeltäter forderte sie Schmerzensgeld. Absurd, fand der Mann: Schließlich mache man so einen Kurs, weil man die Ski noch nicht gut beherrsche. Außerdem hätte die Frau unten am Hang stehen bleiben und ihn vorbei lassen sollen. Er müsse für die Unfallfolgen haften, urteilte dagegen das Oberlandesgericht München: 4.000 Euro Schmerzensgeld seien angemessen (20 U 4661/10). Er habe gegen die FIS-Regel Nr. 3 verstoßen, die auch Skischüler bei einem Kurs beachten müssten.

Der von hinten kommende Skifahrer müsse so fahren, dass er die vor ihm Fahrenden nicht gefährde, und genügend Abstand halten. Wer vorausfahre, habe uneingeschränkt Vorfahrt. Wenn der Münchner bei der Übung die Ski nicht mehr beherrschte, hätte er die "Notbremse" ziehen und sich fallen lassen müssen, um eine Kollision zu verhindern. Von Teilnehmern eines Anfängerkurses wäre das vielleicht zuviel verlangt, aber nicht von Fortgeschrittenen.

Die Ski-Schülerin treffe auch nicht deshalb ein Mitverschulden, weil sie "vor dem Anfahren bzw. Überqueren der Piste nicht nach oben geschaut habe" (Regel Nr. 5). Sie sei nicht "angefahren", sondern vorausgefahren, und müsse sich als Vorausfahrer nicht nach hinten orientieren. Die Frau habe abgebremst und sich langsam der wartenden Gruppe genähert. Damit habe sie ihre Übung genau so beendet, wie es abgesprochen gewesen sei - für den Mitschüler sei ihre Fahrweise also nicht überraschend gewesen.

Fairnessgebot gilt auch beim "American Football"

Helm voraus: Volle Pulle gegen das Knie eines Gegners gesprungen

Zum Glück für den verletzten Spieler war das Football-Spiel auf DVD aufgenommen worden. Das Gericht konnte sich also später das Foul genau ansehen: Spieler X sprang in vollem Lauf mit abgesenktem Kopf, Helm voran, gegen das linke Bein von Spieler Y. Er rammte ihn brutal zu Boden; dabei war "Runningback" Y in dem Augenblick vom ballführenden Spieler etwa drei Meter weit entfernt und konnte gar nicht ins Spiel eingreifen.

Y erlitt einen Kreuzbandriss am linken Knie, musste sich nach der Operation einer aufwändigen Rehabilitationsmaßnahme unterziehen. Seinen Lieblingssport American Football musste er aufgeben. Von X verlangte der Unglücksrabe Schmerzensgeld. Der hielt den Vorgang für ein "Tackling", wie es in diesem Sport üblich sei: Er habe Y am Weiterlaufen hindern müssen.

Doch das Landgericht Kiel kam bei der Videoanalyse zu dem Schluss, dass X weit rabiater zu Werke gegangen war, als es die Spielsituation erfordert hätte (9 O 53/09). Wer an so einem Kampfsport teilnehme, nehme natürlich bewusst das Risiko in Kauf, dabei verletzt zu werden, räumte das Gericht ein. Daher hafteten Spieler nur dann für Schäden, wenn sie in grober Weise die Regeln bzw. das Gebot der Fairness verletzten.

Das treffe hier zu. X habe den Gegenspieler unnötig zu Fall gebracht und auf eine Weise, die weit über die im Charakter des American Football angelegte "gesunde Härte" hinausgehe: mit der Wucht seines gesamten Körpers gegen die Beine. Trotz der Hektik des Spiels habe er in dem Moment klar erkennen können, wie überflüssig das war. Denn Y konnte gar nicht ins Spielgeschehen eingreifen.

Und selbst wenn, wäre ein einfaches Tackling ausreichend gewesen. Dabei werde der Gegner mit Händen oder Schulter zu Fall gebracht. Wer die Filmaufnahme der Szene sehe, frage sich unwillkürlich, was der angreifende Spieler da eigentlich mache ... Angesichts der Folgen für Y sei für diese unerhörte Attacke ein Schmerzensgeld von 6.000 Euro angemessen.

Münchner Fußball-Trainingsplatz mit Pfützen

Rasenexperte und Bauunternehmen streiten um Schadenersatz

1999 hatte ein Münchner Fußballverein ein Spezial-Bauunternehmen damit beauftragt, den Trainingsplatz Nr.1 zu verbessern: Es sollte Leitungen und eine Rasentragschicht einbauen, anschließend dem Platz eine neue Rasenoberfläche verpassen. Das Bauunternehmen schaltete einen Rasenspezialisten ein: Während des Einbaus der Rasentragschicht wurden ihr mehrere Materialproben entnommen und ins Labor des Experten geschickt, um sie zu untersuchen.

Doch das Resultat des Bemühens war unzureichend: Der Fußballverein nahm den Trainingsplatz im Sommer 1999 in Betrieb und rügte schon nach wenigen Wochen, er sei nicht wasserdurchlässig. Nach jedem Regen bildeten sich Pfützen auf dem Rasen. Der Verein forderte vom Bauunternehmen Schadenersatz wegen mangelhafter Arbeit, das Bauunternehmen wiederum verklagte 2002 den Rasenspezialisten.

Erst 2010 beendete das Oberlandesgericht München den Streit und wies die Klage ab (9 U 5711/09). Der Einbau einer Rasentragschicht und verschiedener Leitungen mache den Trainingsplatz nicht zu einem Bauwerk - dann hätte für die Arbeiten eine Verjährungsfrist von fünf Jahren gegolten. Vielmehr handelte es sich hier um Arbeiten an einem Grundstück - darauf begründete Ersatzansprüche verjährten schon innerhalb eines Jahres nach der Abnahme.

Eine ausdrückliche Abnahme sei zwar nicht erfolgt, ihr Zeitpunkt sei aber den Umständen zu entnehmen. Der Experte sollte während der Einbauarbeiten Materialproben prüfen, damit das Bauunternehmen die Rasentragschicht entsprechend anpassen konnte. Seine Tätigkeit sei beendet gewesen, als er dem Bauunternehmen schriftlich das Ergebnis seiner Prüfungen übermittelte (August 1999), spätestens jedoch mit der Abnahme des Trainingsplatzes durch den Verein.

Als das Bauunternehmen 2002 gegen den Experten und Auftragnehmer klagte, sei der Anspruch des Bauunternehmens (= Auftraggebers) bereits verjährt gewesen.

Eisschnellläuferin Pechstein klagte vergeblich:

Sie wollte zurück in die Spitzensport-Förderung der Bundespolizei

Die erfolgreiche Eisschnellläuferin Claudia Pechstein ist seit 1993 beim Bundesinnenministerium als Polizeivollzugsbeamtin tätig. Allerdings nicht wirklich als Polizistin, sondern eben als Spitzensportlerin. 2009 war sie wegen Dopingvorwürfen gesperrt und deshalb von der Bundespolizeisportschule Bad Endorf, wo sie trainiert hatte, an die Bundespolizeiakademie in Lübeck versetzt worden.

Dagegen wehrte sich die Eisschnellläuferin und verlangte, wieder in die Spitzenfördergruppe der Bundespolizei aufgenommen zu werden: Man habe sie zu Unrecht gesperrt. Außerdem zähle sie im Eisschnelllauf weiterhin zur Weltspitze und dürfe jetzt wieder an Wettkämpfen teilnehmen. Doch das Verwaltungsgericht Berlin ließ die Sportlerin abblitzen (VG 36 L 88.11).

Da der Staat den Spitzensport in erster Linie im öffentlichen Interesse fördere, sei es schon zweifelhaft, ob Frau Pechstein sich auf so etwas wie ein subjektives Recht auf Förderung berufen könne, so das Gericht. Auf jeden Fall sei aber die Entscheidung, sie nach Lübeck zu versetzen, sachlich begründet und rechtmäßig.

Angesichts einer geringen Zahl von Förderstellen müsse die Bundespolizei die förderungswürdigen Spitzensportler besonders sorgfältig auswählen. Neben dem Lebensalter der Eisschnellläuferin habe bei der Entscheidung gegen sie vor allem die Tatsache eine Rolle gespielt, dass Frau Pechstein nach den Regeln des Internationalen Olympischen Komitees nicht berechtigt sei, an den Olympischen Spielen in Sotschi 2014 teilzunehmen.

Das Ziel der Sportförderung sei es aber nun einmal, den Geförderten die Teilnahme an Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen zu ermöglichen. Die Sportlerin könne künftig als Lehrkraft an der Lübecker Bundespolizeiakademie arbeiten, wenn sie wolle - das habe man ihr angeboten.

Ingo Steuer darf Sportsoldaten trainieren

Bundeswehr darf den Eiskunstlauftrainer nicht länger boykottieren

Im April 2011 gewann das von Ingo Steuer trainierte deutsche Eiskunstlaufpaar, Aljona Savchenko und Robin Szolkowy, erneut die Weltmeisterschaft. Doch das juristische Nachspiel zu seinen früheren Fehlern scheint nicht enden zu wollen: Als er bei der Bundeswehr als "Sportsoldat" - zuerst als Sportler, später als Trainer - eingestellt wurde, hatte Ingo Steuer seine Tätigkeit für die "Stasi" abgestritten. Als das aufflog, entließ ihn die Bundeswehr 2006 fristlos: Er durfte keine Sportsoldaten mehr trainieren.

Dagegen klagte der Erfolgstrainer: Die Sportfördergruppe der Bundeswehr sei "eine tragende Säule der Förderung für Leistungssportler". Der Boykott der Bundeswehr schade seiner freiberuflichen Tätigkeit als Trainer massiv. Denn jeder Sportsoldat, der sich für ihn entscheide, verliere Status und Einkommen. Das Oberlandesgericht Brandenburg entschied, die Bundeswehr müsse Ingo Steuer als Trainer von Sportsoldaten dulden (6 U 66/10).

Fast alle deutschen Spitzensportler im Eiskunstlauf seien Sportsoldaten. Die Bundeswehr behindere also mit ihrem Boykott zielgerichtet die Berufstätigkeit von Ingo Steuer. Das sei - trotz seines Dienstvergehens - unverhältnismäßig. Ingo Steuer habe sich kurz nach seinem 18. Geburtstag vom Ministerium für Staatssicherheit der DDR als "IM" anheuern lassen, aber offenkundig keiner bespitzelten Person einen konkreten Schaden zugefügt. Zwölf Jahre habe er für die Bundeswehr gearbeitet und höchste Auszeichnungen erhalten. Gegen seine fachliche Eignung gebe es keinerlei Argument.

Die Bundeswehr solle die sportfachliche Entscheidung der Sportverbände respektieren: Letztlich hätten die Deutsche Eislauf Union und der Deutsche Olympische Sportbund keine Einwände mehr dagegen, dass Ingo Steuer Eiskunstläufer trainiere. Wenn ihn Sportsoldaten als Eiskunstlauftrainer wählten, die Eislauf Union ihn damit beauftrage und auch der Deutsche Olympische Sportbund das Engagement befürworte, müsse dies auch die Bundeswehr akzeptieren.

Fußballfan mit Mundschutz unterwegs

Das ist eine verbotene Schutzwaffe im Sinn des Versammlungsgesetzes

Am "Bieberer Berg" in Offenbach fand im Sommer 2009 ein DFB-Fußballpokalspiel statt. Vor dem Stadion wurden die üblichen Personenkontrollen durchgeführt. Bei einem Besucher fanden die Kontrolleure - im Schuh versteckt! - einen schwarzen Mundschutz, wie ihn auch die Boxer während des Kampfes tragen. Der Verein erstattete Anzeige. Das damals 21-jährige Mitglied eines Fanclubs erklärte, er habe sich mit der "passiven Waffe" vor Konflikten zwischen Fans schützen wollen.

Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied, dass so ein Mundschutz zu den "Schutzwaffen" zählt, die laut Versammlungsgesetz während Versammlungen oder Demonstrationen unter freiem Himmel verboten sind (2 Ss 36/11). Schutzwaffen seien dazu bestimmt, den Körper bei kämpferischen Auseinandersetzungen zu schützen. Wer so etwas bei sich trage, sei offenkundig gewaltbereit.

Ein Mund- oder Zahnschutz werde bei Kampfsportarten (Boxen etc.) eingesetzt, um die Mundpartie vor den Auswirkungen von Schlägen zu schützen. Also stelle er eine passive Waffe im Sinne des Versammlungsgesetzes dar. Das werde vom Gesetzgeber als sicheres Indiz für Gewaltbereitschaft, d.h. potenziell aggressives Verhalten gewertet.

Dabei komme es nicht darauf an, ob die Schutzwaffe tatsächlich bestimmungsgemäß benutzt wurde. Bereits das Mitnehmen so eines Abwehrmittels verstoße gegen das Versammlungsgesetz. Über die Sanktion, mit der der Verstoß geahndet werden solle, entscheide das Amtsgericht als Vorinstanz.

Fußballer versteuerte Handgeld nicht

Steuerhinterziehung: VfL Bochum sollte nachträglich die Steuern zahlen

Vor einigen Jahren wechselte ein Fußballprofi zum VfL Bochum. In diesem Zusammenhang zahlte der Verein an einen Spielervermittler 880.000 Euro. Von dieser Summe erhielt der Spieler selbst 690.000 Euro als so genanntes Handgeld - steuerpflichtiges Einkommen, das er nicht versteuerte. Als das aufflog, wurde der Fußballer wegen Steuerhinterziehung zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.

311.488 Euro hätte er dem Finanzamt überweisen müssen. Das tat der Spieler jedoch nicht, sondern klagte den Betrag bei seinem Arbeitgeber ein. Begründung: Sein Vermittler habe mit den Verantwortlichen des VfL Bochum vereinbart, dass er das Handgeld netto bekomme, d.h. dass der Verein die Steuer übernehmen werde. Der Fußballclub bestritt eine derartige Abmachung.

Diese Frage könne im Moment offen bleiben, stellte das Landesarbeitsgericht Hamm fest (3 Sa 660/10). Wenn Nettozahlung vereinbart wurde, hätte der Fußballprofi zwar Anspruch darauf, die Steuer erstattet zu bekommen - aber nur dann, wenn er sie selbst schon ans Finanzamt abgeführt hätte. Derzeit sei jedenfalls die Forderung unbegründet.

Strandsegler fährt Spaziergängerin um

Hohes Schmerzensgeld für dauerhaft gehbehinderte Frau

Eine Richterin aus Nordrhein-Westfalen verbrachte ihren Urlaub an der Nordsee. Am Pfingstwochenende veranstaltete der Yachtclub von St. Peter-Ording eine Strandsegelregatta, zu der auch viele Strandsegler von auswärts anreisten. Zu ihrem Unglück ging die Urlauberin am Strand spazieren, als mehrere auswärtige Strandsegler ausschwärmten, um die Regattastrecke zu testen. Ein Segler fuhr die Frau von hinten um, sie erlitt komplizierte Brüche an beiden Unterschenkeln.

Trotz vieler Operationen bleibt die Frau dauerhaft gehbehindert. Auf ihre Klage hin verurteilte das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig den Strandsegler, die Gemeinde St. Peter-Ording und den Yachtclub, die Behandlungskosten zu übernehmen und ihr zudem 70.000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen (7 U 106/09).

Spaziergänger müssten am Strand nicht ständig auf der Hut vor Strandsegelwägen sein, so das OLG. Vielmehr sei es umgekehrt die Pflicht der Strandsegler, während ihrer "Sondernutzung des Strandes" aufzupassen und auf Fußgänger Rücksicht zu nehmen. Da im konkreten Fall der Sportler rücksichtslos und unkonzentriert gefahren sei, hafte er für den Schaden.

Allerdings nicht alleine, denn auch der Yachtclub und die Kommune seien für den Unfall mit-verantwortlich. Die Gemeinde habe dem Yachtclub das Strandsegeln erlaubt, zumindest den Clubmitgliedern. Der Club hätte schon am Vortag der Regatta die Strecke zum Schutz der übrigen Benutzer des Strandes sichern müssen.

Schließlich wisse niemand besser als die Clubmanager, dass gerade auswärtige Regatta-Teilnehmer am Vortag Erkundungsfahrten unternähmen, um sich mit dem Revier und mit der Strecke vertraut zu machen. Die Gemeinde hätte im Interesse der Bürger und der Urlauber kontrollieren müssen, ob der Yachtclub die nötigen Sicherheitsvorkehrungen traf.

(P.S.: Das Gericht erhöhte das angemessene Schmerzensgeld von 60.000 Euro wegen der "hartnäckigen Verweigerungshaltung" der drei Beklagten um 10.000 Euro: Sie wollten vor dem Urteil nicht einmal einen kleinen Abschlag auf das Schmerzensgeld zahlen.)

Bundesliga: Fans feuerten Raketen ab

Hörgeschädigter Rasenpfleger fordert vom Stadionbetreiber Schmerzensgeld

Während eines Bundesliga-Fußballspiels in der Frankfurter Commerzbank Arena zündeten Fans mehrere Feuerwerkskörper. Einer der Feuerwerkskörper explodierte nahe am Kopf eines Stadionmitarbeiters: Seither leidet der Mann an einem Hörschaden, Kopfschmerzen und Schwindelanfällen. Vom Stadionbetreiber forderte er Schmerzensgeld: Der sei für den Exzess im Stadion verantwortlich, weil die Fans nicht genau genug kontrolliert wurden. Sonst hätte man die verbotenen Sprengkörper entdeckt.

Doch das Oberlandesgericht Frankfurt wies seine Klage ab: Die Sicherheitskontrollen hätten sich im Rahmen dessen gehalten, was bei nationalen und internationalen Sportveranstaltungen üblich sei (3 U 140/10). Kontrollen seien notwendig, weil beim Aufeinandertreffen rivalisierender, teilweise sogar gewaltbereiter Fans das Risiko tätlicher Auseinandersetzungen bestehe. Auch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern sei fast an jedem Spieltag zu beobachten - sei es, um Aufmerksamkeit zu erregen oder um das Spiel zu stören.

Diesen Gefahren habe der Stadionbetreiber aber Rechnung getragen. Alle Zuschauer seien vor dem Betreten des Stadions untersucht worden, ausdrücklich auch daraufhin, ob sie Feuerwerkskörper einschmuggelten. Alle Fans des Gästevereins seien zusätzlich vor dem Betreten des Stadionblocks kontrolliert worden. Stichprobenweise habe man einzelne Fans sogar ein drittes Mal gefilzt.

Auch wenn der Einsatz z.B. von Metalldetektoren - wie heutzutage auf Flughäfen üblich - eine effektivere Kontrolle ermöglichen würde und der Aufwand für die Fußballvereine zumutbar wäre: Ein Verstoß gegen die Pflichten eines Stadionbetreibers, gemessen am technischen Standard im Jahr 2008, liege nicht vor. Es fänden auch Bundesliga-Fußballspiele mit deutlich weniger Kontrollen statt.

Schmerzliches WM-Public-Viewing

Zuschauer stürzte von der Sitztribüne: Eventveranstalter haftet für die Folgen

Während der Fußballweltmeisterschaft 2006 kam das "Public Viewing", das öffentliche Fußball-Gucken, in Deutschland so richtig in Mode. In vielen Städten organisierten gewerbliche Veranstalter (oder die Kommunen selbst) Großleinwände. Eine Event-GmbH ließ für diesen Anlass eine dreistöckige Sitztribüne errichten. Obwohl diese nicht mit Geländern abgesichert war, genehmigte die kommunale Ordnungsbehörde den Bau.

Während eines Spiels, sozusagen im Eifer des Gefechts, sprangen viele Fans auf und sahen dem Länderspiel im Stehen zu. Im Getümmel stürzten zwei Zuschauer vom hinteren Rand der Tribüne (80 cm hoch) auf den Boden. Einer der beiden Unglücksraben brach sich beim Sturz den Arm und war einige Monate arbeitsunfähig. Er verklagte die Event-GmbH auf Ersatz der finanziellen Unfallfolgen und auf Schmerzensgeld.

Zu Recht, wie das Oberlandesgericht Hamm entschied (I-9 U 44/10). Das Gericht sprach dem Mann insgesamt 13.300 Euro zu. Der Veranstalter eines "Public-Viewing-Events" sei für die Sicherheit der Zuschauer verantwortlich. Die Genehmigung der Behörde entlaste die GmbH nicht. Bei so einem Ereignis sei mit tumultartigen Szenen zu rechnen. Daher müsse man eine Sitztribüne mit einem Geländer absichern.

Allerdings: Auch für den Zuschauer sei das Risiko offensichtlich gewesen. Deshalb sei ihm ein Mitverschulden zur Hälfte anzurechnen. Torjubel oder "La Ola"-Wellenbewegungen der Menge seien unkalkulierbar, Drängeleien unter den Fans üblich. Wer sich da an einen ungesicherten Tribünenrand stelle, setze sich der Gefahr aus zu stürzen. Zuschauer müssten auch selbst Vorsicht walten lassen.

Basketball auf desolatem Sportplatz

Kommune haftet nicht für die Verletzung eines 18-jährigen Spielers

Am Maifeiertag 2007 trafen sich vier Kumpels auf dem kommunalen Multifunktionssportplatz, um Basketball zu spielen. Der Tartanboden des Platzes war in einem desolaten Zustand: An mehreren Stellen löste sich der Belag oder stülpte sich auf. Die Löcher waren nicht zu übersehen. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Gemeinde bereits einen Reparaturauftrag vergeben. Zum Pech für einen der Basketballer sollte der Sportplatz jedoch erst im Juli saniert werden.

Es kam, wie es kommen musste: Ein Spieler blieb in einem Loch im Boden hängen und zog sich eine Knieverletzung zu. Von der Kommune forderte der 18-Jährige vergeblich Schmerzensgeld. Sein eigenes Verschulden wiege so schwer, dass eine Haftung der Gemeinde hier nicht in Frage komme, urteilte das Oberlandesgericht Jena (4 U 423/10). Sie hätte zwar den Tartanbelag sofort reparieren lassen oder den Sportplatz bis zur Sanierung schließen müssen.

Doch die Schäden und die Verletzungsgefahr seien offenkundig gewesen. Seine Mitspieler hätten als Zeugen vor Gericht bestätigt, dass der Basketball-Gruppe das Risiko bewusst war: "Uns war schon klar, dass wir uns da verletzen könnten, aber wir wollten ja auf jeden Fall spielen". "Klar haben wir uns auch Gedanken darüber gemacht, dass man sich auf dem Platz verletzen kann. Ich selber bin auch schon einmal in so einem Loch ausgerutscht".

Warum die Basketballer ohne Not dieses Risiko eingingen, anstatt auf einem anderen Platz zu spielen, sei mit vernünftigen Erwägungen nicht zu erklären. Jedenfalls seien volljährige Menschen für ihr Handeln uneingeschränkt verantwortlich und müssten dessen Folgen tragen.

Jens Lehmann contra Tim Wiese

Beleidigung? Schimpfwörter sind im Profifußball an der Tagesordnung, meint das Landgericht München II

Jens Lehmann, früherer Torhüter der deutschen Nationalmannschaft, kritisierte die Spielweise von Tim Wiese (Torwart von Werder Bremen und jetzige Nr. 2 im Tor der deutschen Nationalmannschaft), der einen angeblich haltbaren Torschuss nicht gehalten hatte. Von einem Journalisten mit diesem Kommentar konfrontiert, reagierte Wiese wie eine "beleidigte Leberwurst":

"Der Lehmann soll in die Muppet-Show gehen. Der Mann gehört auf die Couch. Vielleicht wird ihm da geholfen. Einweisen - am besten in die Geschlossene! Was soll ich da bitte machen? Geh ich ein Stück in die Mitte, geht der Ball in die kurze Ecke rein. Ich weiß nicht, warum über so ein Tor diskutiert wird. Schwachsinn!"

Nun war wiederum Jens Lehmann beleidigt. Jedenfalls verklagte er Tim Wiese wegen Beleidigung auf 20.000 Euro Schmerzensgeld. Das Landgericht München II wies die Klage ab und sah keinen Grund für so viel Aufregung (8 O 127/11). Die Aussage von Wiese sei nicht wörtlich zu nehmen, also nicht so zu verstehen, als sollte Lehmann ernsthaft wegen seiner geistigen Gesundheit behandelt werden, so das Gericht.

Wiese habe vielmehr - "in drastischer und pointierter Weise" - ausdrücken wollen, dass er Lehmanns Einschätzung der fraglichen Spielsituation für falsch hielt. Da er sich auch sachlich mit der Stellungnahme des Ex-Kollegen Lehmann auseinandersetzte, liege keine reine "Schmähkritik" vor. Hier müsse man abwägen zwischen Persönlichkeitsrechten und Meinungsfreiheit.

Das Recht auf Meinungsfreiheit decke auch starke Formulierungen oder als unangemessen empfundene Kritik ab. Außerdem seien im Milieu des Profifußballs Schimpfwörter ebenso an der Tagesordnung wie der Umstand, dass Konflikte zwischen Sportlern über die Medien ausgetragen würden. Da dürfe nicht jede Aussage auf die Goldwaage gelegt werden. (Ob Jens Lehmann gegen das Urteil Berufung einlegt, ist noch offen.)

Fußballer setzen Ringer schachmatt

Ringerverein darf sich nicht "AC Eintracht Frankfurt" nennen

Im Namens- und Markenrecht gilt nicht das Recht des Stärkeren, sondern die älteren Rechte, musste ein Frankfurter Ringerverein erfahren. Er hatte sich 2009 in "AC Eintracht Frankfurt" umbenannt. Gleichzeitig sicherte sich der Ringerverein die entsprechende Internetdomain und meldete den neuen Namen als Marke beim Europäischen Markenamt an.

Doch der Fußballverein Eintracht Frankfurt e.V. (und seine Geschäftsabteilung Eintracht Frankfurt Fußball AG) pochte auf seine älteren Rechte. Die Fußballer zogen gegen die Ringer vor Gericht und landeten einen Treffer: Der Ringerverein dürfe den Namen "AC Eintracht Frankfurt" künftig nicht mehr führen, entschied das Landgericht Frankfurt (2-06 O 162/11).

Diese Bezeichnung verletze die Markenrechte des Fußballvereins, der diesen Namen schon seit 1929 trage. Der Ringerverein dürfe die Bezeichnung auch nicht für seine Internet-Domain oder als Marke für Waren und Dienstleistungen verwenden. Er schulde dem Fußballclub Schadenersatz für die Abmahnkosten, denn die Sache sei kein Versehen. Angesichts der Bekanntheit des Fußballvereins könne man ausschließen, dass der Ringerverein von den älteren Rechten der Kicker keine Ahnung hatte.