Arbeitslosengeld: Jobcenter verhängt Sperrzeit gegen eine Frau, die für den Umzug den Job aufgab
Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen macht sich dafür stark, die Benachteiligung unverheirateter Paare beim Arbeitslosengeld zu beenden. Worum geht es? Wenn ein Arbeitnehmer freiwillig ohne "wichtigen Grund" seinen Job aufgibt, erhält er/sie zwölf Wochen lang kein Arbeitslosengeld ("Sperrzeit").
Ehepaare waren da bis jetzt privilegiert: Ein Umzug zum Ehepartner galt als "wichtiger Grund" für eine Kündigung — Familienzusammenführung! Ein Umzug zum Lebensgefährten dagegen nicht. Sollte das Bundessozialgericht das Urteil des LSG bestätigen, wird sich das ändern.
Im konkreten Fall war eine 1955 geborene Verkäuferin aus Schleswig-Holstein zu ihrem Lebensgefährten gezogen, der ca. 175 km entfernt in Niedersachsen wohnt. 2011 hatte sich das Paar kennen gelernt. Zwei Jahre lang besuchte die Frau ihren Freund oft und suchte gleichzeitig an seinem Wohnort Arbeit, allerdings ohne Erfolg.
Der Lebensgefährte arbeitete für ein Seniorenheim als Hausmeister und Gärtner. Für ihn kam ein Umzug nicht in Frage: Angesichts seiner gesundheitlichen Probleme anderswo eine vergleichbare Stelle zu finden, war aussichtslos. 2013 musste sich der damals 60 Jahre alte Mann einigen Operationen unterziehen. Die Freundin kümmerte sich intensiv um ihn, dann wurde ihr die ständige Fahrerei zu viel.
Sie kündigte ihren Halbtagsjob und zog nach Niedersachsen. Beim örtlichen Jobcenter beantragte die Frau Arbeitslosengeld. Doch der Sachbearbeiter verhängte erst einmal zwölf Wochen Sperrzeit: Dass sie mit ihrem Freund zusammen ziehen wolle, rechtfertige keine Kündigung, erklärte er im Einklang mit der bisherigen Rechtsprechung.
Doch das LSG Niedersachsen-Bremen gab der arbeitslosen Frau Recht (L 7 AL 36/16). Sie habe es nicht auf den Bezug von Arbeitslosengeld abgesehen, wie die Vielzahl ihrer Bewerbungen belege. Vielmehr habe die Verkäuferin ihr Arbeitsverhältnis beendet, um eine gefestigte, auf Dauer angelegte Partnerschaft am Wohnort des Partners fortzusetzen. Dass das Paar vorher noch keine gemeinsame Wohnung hatte, ändere nichts daran, dass es sich hier um eine eheähnliche Beziehung handle.
In Fällen wie diesen die Arbeitsaufgabe mit Sperrzeit zu bestrafen, sei zweifelhaft und nicht mehr zeitgemäß. Viele Gründe könnten — unabhängig vom Trauschein — für einen Umzug zum Partner sprechen (die finanzielle Situation, eine Schwangerschaft, der Wohnungsmarkt). Die Sperrzeit sei kein Instrument, um "gesellschaftspolitische, religiöse oder moralische Vorstellungen" durchzusetzen. Sie solle nur den Missbrauch der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung verhindern. (Das LSG ließ wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles die Revision zum Bundessozialgericht zu.)