Eine Frau arbeitete für ihren Braunschweiger Arbeitgeber von zu Hause am Computer. An einem kalten Morgen Ende November brachte sie mit dem Fahrrad ihre kleine Tochter in den Kindergarten. Auf dem Rückweg vom Kindergarten zum häuslichen Telearbeitsplatz rutschte sie mit dem Rad auf Blitzeis weg und brach sich beim Sturz den Ellenbogen.
Der Bruch war kompliziert, die Behandlung kostete die Krankenkasse rund 19.000 Euro. Sie übernahm die Kosten und forderte den Betrag anschließend von der Berufsgenossenschaft, der Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung. Hier sei die Berufsgenossenschaft zuständig, so die Krankenkasse, weil es sich um einen Wegeunfall gehandelt habe.
Dem widersprach die Berufsgenossenschaft und lehnte Leistungen ab: Versichert seien Wegeunfälle, d.h. Unfälle auf dem direkten Weg vom Arbeitsplatz zur Wohnung und umgekehrt. Die Mutter sei vom Kindergarten aus nach Hause gefahren — das sei kein Arbeitsweg, sondern ein privater Heimweg.
Mit dieser Abfuhr wollte sich die Krankenkasse nicht abfinden: Es mache doch keinen Unterschied, ob ein Arbeitnehmer vom Kindergarten zum Arbeitgeber oder zum Telearbeitsplatz fahre, meinte die Krankenkasse und klagte auf Kostenersatz.
Doch die Klage scheiterte beim Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen (L 16 U 26/16). Arbeitgeber oder häuslicher Telearbeitsplatz: Nach geltendem Recht sei genau das der entscheidende Unterschied, betonte das LSG. Eltern, die ihr Kind auf dem Weg zur Arbeit in den Kindergarten bringen, seien gesetzlich unfallversichert. Der Umweg zum Kindergarten zähle zum direkten, also versicherten Arbeitsweg.
Der Weg vom und zum Kindergarten sei jedoch dann als privat anzusehen, wenn Eltern im eigenen Heim arbeiteten. Begrifflich sei ein Wegeunfall ausgeschlossen, wenn sich Wohnung und Arbeitsplatz im gleichen Gebäude befänden — das vermeide ja gerade Gefahren durch den Straßenverkehr.
Allerdings stammten diese Regelungen aus einer Zeit, in der es noch nicht gang und gäbe war, Bürotätigkeiten im "Home-Office" auszuführen, räumte das LSG ein. Um den heutigen Entwicklungen im Arbeitsleben gerecht zu werden, müsste man die Gesetze ändern. Darüber müsse aber der Gesetzgeber entscheiden und nicht die Gerichte.