Soziale Sicherung

Vorbildlicher Gymnasiast darf nach Amerika

Die Sozialbehörde muss die Reisekosten des Hartz-IV-Empfängers nicht übernehmen

Im Herbst 2009 nahm ein Gymnasiast an einem - von der Kultusministerkonferenz und vom Goethe-Institut geförderten - Austauschprogramm mit einer High-School in Arizona teil. Während des einmonatigen USA-Aufenthalts besuchte er die High-School und unternahm eine Studienfahrt von einer Woche durch Arizona, Utah und Kalifornien. Mit 15 anderen Schülern seiner Jahrgangsstufe gehörte der Gymnasiast zu den Auserwählten für den Schüleraustausch - wegen seiner guten Leistungen in der Schule und wegen seines sozialen Engagements.

Die Reisekosten von 1.650 Euro hatten frühere Geschäftsfreunde des Schülervaters vorfinanziert. Denn so viel Geld hatten die Eltern nicht übrig: Die Firma des Vaters war gescheitert, mittlerweile lebt die Familie von Hartz-IV-Leistungen. Vergeblich beantragte der Schüler bei der Sozialbehörde des Landkreises, die Kosten der USA-Reise zu erstatten.

Die Sozialbehörde habe dies zu Recht abgelehnt, entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 13 AS 678/10). Hartz-IV-Empfänger hätten zwar bei Klassenfahrten einen Anspruch auf Kostenübernahme. Sinn dieser Regelung sei es, Schülern aus einkommensschwachen Familien die soziale Ausgrenzung aus ihrer Klasse zu ersparen. Hier handle es sich aber nicht um eine Klassenfahrt. Nur wenige ausgewählte Schüler hätten am Austauschprogramm teilnehmen dürfen.

Sozialhilfeträger muss keine Schuldnerberatung ...

... für Erwerbstätige finanzieren, die (noch) nicht hilfebedürftig sind

Die Angestellte verdiente im Jahr 2005 etwas mehr als 1.400 Euro netto im Monat. Weil sie hoch verschuldet war, bat sie die Schuldnerberatung des Caritas-Verbandes um Hilfe. Für die Kosten des "maßgeschneiderten Sanierungsprogramms" sollte die Sozialhilfe aufkommen. Doch die zuständige Behörde lehnte dies ab: Nur Hilfeempfänger hätten darauf Anspruch, nicht aber erwerbsfähige Personen.

Das Bundessozialgericht bestätigte diesen Standpunkt (B 8 SO 14/09 R). Nach dem Sozialgesetzbuch müsse die Sozialbehörde Schuldnerberatung nicht vorbeugend finanzieren, wenn Hilfebedürftigkeit drohe - sondern nur dann, wenn eine erwerbsfähige Person bereits hilfebedürftig und die Beratung notwendig sei, um den Hilfeempfänger ins Erwerbsleben zu integrieren.

Von Personen, die Arbeit hätten und Geld verdienten, könne man erwarten, dass sie auf eigene Kosten vorbeugende Maßnahmen ergreifen, um nicht hilfebedürftig zu werden.

Umzug ins Pflegeheim

Sozialamt muss vorübergehend doppelte Unterkunftskosten für eine Hilfeempfängerin tragen

Die gehbehinderte Sozialhilfeempfängerin hatte im zweiten Stock eines Mietshauses ohne Aufzug gewohnt. Ihr Zustand verschlechterte sich, schließlich musste sie in eine Klinik. Sie wurde drei Wochen behandelt und einen Monat lang stationär gepflegt. Danach kamen die Ärzte zu dem Schluss, dass man die Patientin in einem Pflegeheim unterbringen müsse.

Daraufhin kündigte sie ihren Mietvertrag und zog um. Der Sozialhilfeträger übernahm die Pflegekosten, weigerte sich jedoch, zusätzlich bis zum Ablauf der Kündigungsfrist von drei Monaten die Wohnungsmiete zu tragen. Doppelte Unterkunftskosten zu finanzieren, komme nicht in Frage, so die Sozialbehörde. Die Hilfeempfängerin hätte den Mietvertrag früher auflösen sollen.

Gegen diesen Behördenbescheid klagte die Frau und hatte beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Erfolg (9 SO 6/08). Sozialhilfeempfänger hätten in so einem Ausnahmefall Anspruch auf Ersatz, erklärten die Richter. Wenn sie aus gesundheitlichen Gründen umziehen müssten und der Umzug nicht nahtlos im Anschluss an das Ende des Mietvertrags organisiert werden könne, müssten Hilfeempfänger die Miete nicht selbst finanzieren.

So liege der Fall hier: Die pflegebedürftige Frau sei nicht verpflichtet gewesen, ihre Wohnung früher zu kündigen. Bis zum Ende ihres Aufenthalts in der Klinik habe sie auf eine Rückkehr in vertraute Umgebung hoffen dürfen. Obwohl sich Mieterin und Vermieterin gemeinsam bemüht hätten, die Wohnung während der Kündigungsfrist anderweitig zu vermieten, sei dies nicht gelungen. Die Hilfeempfängerin habe also alles ihr Mögliche getan, um die Kosten für den Sozialhilfeträger so gering wie möglich zu halten.

Bezieht eine Hartz-IV-Empfängerin ...

... auch Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, sind diese auf die Grundsicherung anzurechnen

Eine junge Frau absolvierte eine dreijährige Ausbildung in einer privaten Berufsfachschule und musste dort monatliche Schulgebühren zahlen. Während dieser Zeit bezog Frau D Grundsicherung (nach Hartz-IV). Als ihr Antrag auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) bewilligt wurde, zog die Sozialbehörde diesen Betrag von den Hartz-IV-Leistungen ab.

Vergeblich klagte Frau D vor den Sozialgerichten gegen die Einstufung der BAföG-Leistungen als "bedarfsminderndes Einkommen". Das Bundessozialgericht entschied, die Schulgebühren seien nicht zu berücksichtigen. Nur eine für Ausbildungskosten bestimmte Pauschale von 20 Prozent des BAföG-Betrags werde nicht verrechnet.

Die Verfassungsbeschwerde von Frau D gegen dieses Urteil wurde vom Bundesverfassungsgericht zurückgewiesen (1 BvR 2556/09). Das Sozialstaatsprinzip beinhalte, dass der Staat Bürgern Mittel für ein menschenwürdiges Dasein zur Verfügung stellen müsse: Da gehe es um das Existenzminimum. Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für den Besuch einer Privatschule sei daraus nicht abzuleiten.

Auszubildende, die eine schulgeldfreie Schule besuchten, würden nicht besser behandelt als Frau D: Wenn sie Hartz-IV-Leistungen bekämen, werde das Schüler-BAföG bei ihnen in gleicher Weise als Einkommen angerechnet. Der Grundsatz der Gleichbehandlung sei also nicht verletzt.

Rollstuhlfahrerin möchte Zugang zur Terrasse

Die Pflegeversicherung muss ihr einen Zuschuss für den Fensterumbau gewähren

Eine pflegebedürftige Dortmunderin, die seit kurzem auf den Rollstuhl angewiesen ist, wohnt in einer Erdgeschosswohnung mit Terrasse und kleinem Garten. Die auf die Terrasse führende Tür im Wohnzimmer war für den Rollstuhl zu eng. Bei ihrer Pflegekasse beantragte die Frau einen Zuschuss: Sie wollte das Küchenfenster in eine behindertengerechte Terrassentür umbauen lassen.

Den Zuschuss verweigerte die Pflegeversicherung mit dem Argument, eine Terrasse gehöre nicht zum engeren "Wohnumfeld". Dem widersprach das Sozialgericht Dortmund und verurteilte die Pflegekasse dazu, den Zuschuss zu zahlen (S 39 KN 98/08 P). Zum Wohnumfeld gehörten auch direkt angrenzende Terrassen oder Balkone.

Der Umbau würde die pflegebedürftige Frau in die Lage versetzen, ohne fremde Hilfe mit ihrem Rollstuhl die Terrasse zu erreichen. Die Pflegeversicherung müsse finanzielle Zuschüsse zur "Verbesserung des individuellen Wohnumfeldes" gewähren, wenn dies die selbständige Lebensführung eines Pflegebedürftigen ermögliche oder verbessere. Das treffe hier zu.

Erwachsener Sohn muss für die Mutter zahlen ...

... obwohl er in der Kindheit von ihr vernachlässigt wurde

Der fast 50-jährige Mann hat seine 1935 geborene Mutter seit 1977 nicht mehr gesehen. Sie war bereits krank, als er noch ein Kind war: Sie leidet an einer Psychose mit schizophrener Symptomatik und Wahnideen. Immer wieder musste die Frau in einer psychiatrischen Klinik behandelt werden. Um ihr Kind konnte sie sich deshalb nur sporadisch kümmern. Nach der Scheidung von ihrem Mann 1973 verließ sie die Familie.

Seit 2005 lebt die Seniorin in einem Pflegeheim, dessen Kosten der Sozialhilfeträger übernahm. Vom Sohn verlangte die Sozialbehörde, sich an den Kosten zu beteiligen. Der fühlte sich überhaupt nicht zuständig und verwies darauf, wie schlecht ihn die Mutter als Kind behandelt habe. Wenn er nun für ihre Unterkunft aufkommen müsste, wäre das ungerecht.

Doch der Bundesgerichtshof blieb hart und pochte auf die "familiäre Solidarität" (XII ZR 148/09). Nur in Ausnahmefällen sei es dem Sozialhilfeträger verwehrt, von erwachsenen Kindern Ersatz für die Sozialleistungen zu verlangen, die er für ihre Eltern erbracht habe.

Im konkreten Fall sei es nicht gerechtfertigt, die Unterhaltslast für die alte Frau dem Staat aufzubürden. Ihre Krankheit sei schicksalsbedingt und kein vorwerfbares, schuldhaftes Fehlverhalten. Wegen ihres früheren Verhaltens verliere die Mutter deshalb nicht den Unterhaltsanspruch gegen den Sohn.

Überlange Verfahrensdauer beim Sozialgericht ...

... hebelt Rechtsschutz aus: Entscheidung ist für den Kläger besonders wichtig

Herr T war früher selbständig tätig und nicht krankenversichert. Er erlitt am 3. Mai 2005 einen Hirninfarkt, lag monatelang in einer Klinik und ist seither pflegebedürftig. Der Klinikträger verlangte Krankenhaus- und Pflegekosten von 86.000 Euro. Nach dem Hirninfarkt meldete eine GmbH Herrn T als Arbeitnehmer zur Sozialversicherung an - ab 1. Mai 2005.

Die betroffene gesetzliche Krankenkasse erklärte die Anmeldung für unzulässig: Herr T sei bei ihr nicht versichert. Gegen diesen Bescheid rief Herr T das Sozialgericht an, im Sommer 2006. Zwei Jahre später war immer noch nichts entschieden: Derzeit bearbeite man Klagen aus dem Jahr 2004, lautete die tröstliche Auskunft des Gerichts für Familie T.

Herr T erhob im Januar 2010 gegen die "überlange Verfahrensdauer" Verfassungsbeschwerde und bekam vom Bundesverfassungsgericht Recht (1 BvR 331/10). Hier gehe es um eine Statusfrage - sozialversichert oder nicht - und das sei für den Kläger angesichts der Forderungen des Krankenhauses von großer Bedeutung. Schwierige juristische Sachfragen seien in diesem Verfahren dagegen nicht zu klären.

Angesichts dessen verletze eine Verfahrensdauer von vier Jahren Herrn T in seinem Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz. Eine Rechtfertigung dafür, dass der Prozess so lange in der Schwebe blieb (im Mai wurde die Klage schließlich vom Sozialgericht abgewiesen), gebe es nicht. Dass das Sozialgericht einen "Berg" von Verfahren vor sich herschiebe, sei ein Umstand, für den der Staat selbst verantwortlich sei. Damit sei die lange Verfahrensdauer nicht zu entschuldigen.

Bundesligaringer als Arbeitnehmer?

Rentenversicherung forderte vom Kraftsportverein Sozialversicherungsbeiträge für den Sportler

Ein Auszubildender aus Frankfurt an der Oder ging beim Kraftsportverein Witten 07 (KSV) seinem Hobby nach. Der Ringer absolvierte für den Bundesligaverein in der Saison 2007/2008 Bundesligaringkämpfe und auch Werbeauftritte mit Sponsoren. Dann meldete sich die Deutsche Rentenversicherung beim KSV: Der Verein müsse für den jungen Mann Sozialversicherungsbeiträge abführen, er sei abhängig beschäftigt.

Das bestritt der KSV und zog gegen die Rentenversicherung vor Gericht: Der Auszubildende sei als freiberufliche Honorarkraft einzustufen. So beurteilte auch das Sozialgericht Dortmund dessen Tätigkeit: Sie sei nicht sozialversicherungspflichtig (S 34 R 40/09). Der Ringer sei nicht in den Verein eingegliedert und entscheide frei über seine sportlichen Aktivitäten.

Er sei nicht verpflichtet, bestimmte Aufträge anzunehmen und könne jederzeit auch andere - vom KSV unabhängige - Wettkämpfe bzw. Werbeauftritte absolvieren. Der Kraftsportler trainiere an seinem Ausbildungsort und gestalte das Training nach Inhalt, Dauer, und Trainingszeiten in Eigenregie.

Auch das "unternehmerische Risiko" trage der Ringer: Der KSV habe sich nicht verpflichtet, ihn in bestimmtem Umfang einzusetzen. Das Honorar sei zumindest teilweise vom Erfolg abhängig. Das spreche alles für eine selbständige Tätigkeit. Dass der Verein bei Kämpfen über Trikots und Kampfzeiten entscheide und ein Trainer Anweisungen gebe, falle demgegenüber nicht ins Gewicht: Das sei bei jedem Sportturnier so.

Pflegebedürftige Eltern in Spanien betreut

Bei der Heimreise erleidet die Tochter einen Unfall - gesetzlich versichert?

Die pflegebedürftigen Eltern von Frau W besitzen in Spanien eine Zweitwohnung. Sie begleitete die Eltern in den Urlaub, um sie dort zu versorgen und zu pflegen. Nach dem Rückflug stürzte Frau W im Flughafen Düsseldorf und zog sich einen komplizierten Schenkelhalsbruch zu.

Frau W ist als Pflegeperson im Sinn des Sozialgesetzbuchs anerkannt und forderte deshalb Leistungen von der gesetzlichen Unfallversicherung. Diese wollte nicht zahlen, weil es nicht zur versicherten Pflegetätigkeit gehöre, die Eltern aus Spanien zurück zur Erstwohnung in Deutschland zu begleiten. Außerdem habe Frau W in Spanien Urlaub gemacht.

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen sah das anders (L 4 U 57/09). Grundsätzlich bestehe für pflegende Angehörige wie Frau W Versicherungsschutz in der gesetzlichen Unfallversicherung. Während des Aufenthalts in Spanien habe sie ihre Eltern betreut und damit eine versicherte Tätigkeit ausgeübt. Sie habe die Eltern begleitet, um sie zu pflegen: Selbst Urlaub in Spanien zu verbringen, habe bei dem Aufenthalt nicht im Vordergrund gestanden.

Zum Unfallzeitpunkt habe sich Frau W auf dem Heimweg vom Ort der versicherten Tätigkeit (Spanien) befunden. Auch der Heimweg zur Wohnung sei vom Versicherungsschutz umfasst. (Weil das Bundessozialgericht die Frage, ob bei einem Wegeunfall nach einer versicherten, nicht erwerbsmäßigen Pflegetätigkeit Versicherungsschutz besteht, noch nicht entschieden hat, ließ das LSG die Revision gegen das Urteil zu.)

Junge beim Sport nach der Schule verletzt

Bei Betreuungsmaßnahmen in Kooperation mit der Schule sind Schüler gesetzlich unfallversichert

Eine Grundschule organisierte für berufstätige Eltern in Zusammenarbeit mit einem Sportverein das Betreuungsprogramm "Schule von 8 - 1". Nach dem Unterricht konnten Kinder, deren Eltern mit dem Sportverein einen Betreuungsvertrag geschlossen hatten, in einer Turnhalle oder im Freien an Sport und anderen Fördermaßnahmen teilnehmen - bis mindestens ein Uhr mittags.

Der neunjährige Schüler U spielte nach dem Unterricht in der Halle mit anderen Kindern Hockey mit kleinen Hockeyschlägern aus Plastik. Als er sich auf die Knie fallen ließ, um einen Ball noch zu bekommen, wurde er von einem anderen Jungen mit dem Schläger am Mund getroffen. Dabei wurden einige Zähne in Mitleidenschaft gezogen.

Seine Eltern zogen vor Gericht und forderten für die schwere Zahnverletzung Entschädigung vom Sportverein und von den zwei Betreuerinnen. Sie hätten ihre Aufsichtspflicht verletzt und das regellose, wilde Spiel nicht verboten. Vor Spielbeginn hätten die Betreuerinnen die Kinder nicht auf Risiken hingewiesen und über Regeln informiert. Die beiden Frauen bestritten die Vorwürfe.

Doch das Amtsgericht Königswinter erklärte, die Schuldfrage spiele hier keine Rolle (9 C 220/09). Schüler seien nicht nur während des Schulunterrichts gesetzlich unfallversichert, sondern auch bei Betreuungsmaßnahmen, die "im Zusammenwirken mit der Schule" durchgeführt würden. Für Schulunfälle springe die gesetzliche Unfallversicherung ein - unabhängig von eventuellem Verschulden von Aufsichtspersonen.

Ansprüche von U gegen die Veranstalter des Sportprogramms seien damit ausgeschlossen. Der Sportverein und die Betreuerinnen hafteten selbst dann nicht für die Unfallfolgen, wenn sie ungenügend aufgepasst hätten. Anders wäre dies nur zu beurteilen, wenn sie den Unfall von U vorsätzlich herbeigeführt oder billigend in Kauf genommen hätten. Das treffe eindeutig nicht zu.

Pensionierter Pfarrer hilft beim Gottesdienst aus ...

... und bricht sich in der Kirche ein Bein: kein Fall für die gesetzliche Unfallversicherung

Der evangelische Pfarrer war schon seit 1997 im Ruhestand, sprang aber gelegentlich ein, wenn in seiner früheren Gemeinde ein Vertreter gebraucht wurde. Im April 2009 wollte der 75-Jährige den Karfreitagsgottesdienst halten. Kurz vorher stürzte er jedoch auf der Treppe zur Orgelempore und brach sich das linke Bein. Noch am gleichen Tag wurde er operiert, anschließend lange im Krankenhaus behandelt.

Die evangelische Kirche meldete der gesetzlichen Unfallversicherung einen Arbeitsunfall: Der Pfarrer im Ruhestand habe freiwillig und quasi ehrenamtlich einen Gottesdienst übernommen, zähle also zu den gesetzlich versicherten Personen. Für die Behandlungskosten müsse die gesetzliche Unfallversicherung aufkommen.

Das bestritt die Berufsgenossenschaft rundweg: Hier gehe es um einen Dienstunfall im Rahmen des Dienstverhältnisses zwischen pensioniertem Pfarrer und Kirche. Daher sei die Kirche zur Unfallfürsorge verpflichtet. So sah es auch das Sozialgericht Frankfurt (S 23 U 250/09). Dass der Verletzte für den Gottesdienst kein Entgelt bekommen sollte, genüge nicht, um seine Tätigkeit als ehrenamtliche zu qualifizieren, so das Sozialgericht.

Anders als bei Beamten ende bei Pfarrern das Dienstverhältnis nicht mit dem Beginn des Ruhestands. Sie behielten alle mit der Ordination erworbenen Rechte und dürften weiter im Namen der Kirche Amtshandlungen durchführen. Also gelte auch die Fürsorgepflicht des Dienstherrn weiter.

Demnach habe der evangelische Pfarrer Anspruch auf Unfallfürsorge durch die Kirche. Der Unfall habe sich bei Ausübung des Dienstes ereignet, die Unfallfürsorge richte sich nach den für Bundesbeamte geltenden Vorschriften. Eine Entschädigung durch die gesetzliche Unfallversicherung sei damit ausgeschlossen.

Kleinkind fiel in Regentonne: schwerbehindert

Sozialhilfeträger fordert vom Vater Schadenersatz für seine Leistungen

Die unverheirateten Eltern eines Kleinkindes lebten nicht zusammen, übten aber das Sorgerecht gemeinsam aus. Der eineinhalb Jahre alte Junge wohnte bei der Mutter und besuchte jedes zweite Wochenende den Vater im Haus der Großeltern. Im Sommer blieb das Kind im Garten kurz allein und da passierte das Unglück: Es fiel in eine ungesicherte Regentonne und blieb etwa zehn Minuten unter Wasser.

Der Junge trug schwere Hirnschäden davon und muss auf Dauer betreut werden. Der zuständige Sozialhilfeträger übernahm Behandlungskosten und zahlte Sozialleistungen für das Kind. Dafür wollte er sich am Vater schadlos halten. Er müsse Schadenersatz zahlen, weil er seine Aufsichtspflicht verletzt habe und für den Unfall verantwortlich sei.

Vor Gericht ging es um die Frage, ob der Vater das "Haftungsprivileg" in Anspruch nehmen kann, das "in häuslicher Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen" zusteht. Was bedeutet das?

Wird ein Kind durch ein Elternteil oder Geschwister geschädigt, haftet der Schädiger nicht. Denn das Kind soll nicht zusätzlich dadurch beeinträchtigt werden, dass ein Angehöriger der Haushaltsgemeinschaft Schadenersatz zahlen muss. Denn so vermindert sich das Einkommen des Haushalts, also auch des Kindes. Ganz zu schweigen vom Konfliktpotenzial in der Familie.

Wenn der schädigende Elternteil nicht mit dem geschädigten Kind zusammenlebe, seien solche negativen Konsequenzen für das Kind nicht zu befürchten, so das Bundesverfassungsgericht (1 BvL 14/09). Daher sei es sachlich gerechtfertigt, dass der Gesetzgeber die Haftung unterschiedlich regle, je nachdem, ob der Familienangehörige mit dem Kind in häuslicher Gemeinschaft oder getrennt von ihm lebe.

Im konkreten Fall sei das Verhältnis von Vater und Kind jedoch fast vergleichbar mit dem Leben in einem Haushalt. Denn der Vater übe das Sorgerecht aus und betreue das Kind regelmäßig im Haus seiner Eltern. Er zahle Unterhalt und gebe vermutlich darüber hinaus mehr Geld für das Kind aus, als er müsste. Wenn das so zutreffe, dürfe der Sozialhilfeträger von ihm keinen Schadenersatz fordern. Das müsse nun die Vorinstanz überprüfen.

Opfer einer Gewalttat erhalten Leistungen ...

... nach dem Opferentschädigungsgesetz nur im ersten Jahr rückwirkend, später erst ab dem Antragsmonat

Eine Frankfurterin wurde 1992 überfallen und erlitt dabei Schusswunden am Bein. Durch eine Fernsehsendung wurde sie neun Jahre später auf die Möglichkeit einer staatlichen Entschädigung aufmerksam. Sie nahm Kontakt zu einem Opferhilfeverein auf, der sie über das Opferentschädigungsgesetz informierte.

Beim Landesversorgungsamt beantragte die Frau entsprechende Leistungen. Das Amt stellte fest, dass ihre Erwerbsfähigkeit durch die Verletzungsfolgen um 50 Prozent gemindert ist und gewährte Leistungen ab dem Antragsmonat. Die 47 Jahre alte Mutter von zwei Kindern verlangte nun Leistungen auch für die vergangenen Jahre.

Sie habe nach der Tat das dramatische Geschehen verdrängt und wegen einer posttraumatischen Belastungsstörung keinen Antrag stellen können, behauptete die Frau. Das nahmen ihr die Richter des Landessozialgerichts Hessen jedoch nicht ab (L 4 VE 11/10).

Wenn Opfer Leistungen nach dem Opferentschädigungsprozess innerhalb eines Jahres nach der Gewalttat beantragten, würden diese rückwirkend gezahlt. Werde der Antrag später gestellt, würden Leistungen erst ab dem Antragsmonat gezahlt - außer, der/die Geschädigte sei außerstande gewesen, den Antrag früher zu stellen.

Abwegig sei die Behauptung, psychische Probleme hätten die jetzt 47-Jährige fast ein Jahrzehnt lang davon abgehalten, eine Entschädigung zu beantragen. Das Versäumnis sei allein darauf zurückzuführen, dass ihr das Gesetz unbekannt gewesen sei. Unkenntnis über die Rechtslage begründe jedoch keine rückwirkenden Ansprüche auf Leistungen.

Risikoschwangerschaft einer Arbeitslosen

Die Bundesagentur für Arbeit entzog ihr wegen des Beschäftigungsverbots die Arbeitslosenhilfe

2003 hatte die junge Mutter ihren Job verloren und meldete sich arbeitslos. Im Anschluss ans Arbeitslosengeld erhielt sie ab April 2004 Arbeitslosenhilfe. Im Sommer wurde die Frau erneut schwanger. Um eine Fehlgeburt zu vermeiden, müsse sie sich sehr schonen, erklärte die Gynäkologin. Nach dem Mutterschutzgesetz bestehe deshalb Beschäftigungsverbot, bis der Mutterschutz beginne.

Als die schwangere Frau das dem Arbeitsamt (so hieß die Arbeitsagentur damals noch) meldete, wurde die Arbeitslosenhilfe gestrichen. Begründung: Wenn sie nicht arbeiten dürfe, also dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe, sei sie nicht mehr als arbeitslos einzustufen. Widerspruch und Klage gegen diesen Bescheid blieben lange erfolglos.

Doch das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen gab der Berufung der Frau statt und bestätigte ihren Anspruch auf Leistungen der Arbeitsagentur (L 11 AL 149/07). Werdende Mütter stünden unter besonderem Schutz des Staates. Deshalb sei die Verfügbarkeit der Schwangeren für den Arbeitsmarkt "zu fingieren" und die Arbeitslosenhilfe trotz des Beschäftigungsverbots auszuzahlen.

Ein Leistungsausschluss wäre mit dem verfassungsrechtlichen Schutz der Familie unvereinbar. Bis zum Beginn der Mutterschutzfrist hätte der werdenden Mutter seinerzeit Arbeitslosenhilfe zugestanden. Gleiches gelte auch bei einem Anspruch auf Arbeitslosengeld. (Die Bundesagentur für Arbeit hat gegen das Urteil Revision zum Bundessozialgericht eingelegt.)

Mutter und Kind zogen nach Kalifornien

Umgangsrecht: Träger der Grundsicherung muss USA-Reisen des Vaters finanzieren

Nach der Trennung des Paares war die Mutter mit dem kleinen Jungen zuerst aus dem Süden Deutschlands nach Berlin gezogen. Dort hatte ihn der Vater regelmäßig besucht. Die Sozialbehörde - der Vater bezog Grundsicherung für Arbeitsuchende - übernahm die Fahrtkosten. 2009 jedoch zogen Mutter und Kind nach Kalifornien. Seither bemühte sich der Mann vergeblich um die Bewilligung von Reisekosten.

Erst beim Landessozialgericht Rheinland-Pfalz setzte er sich durch (L 1 SO 133/10 B ER). In der dem Vater gewährten Regelleistung seien die Kosten nicht enthalten, die für Besuche beim Kind anfielen, so das Gericht. In angemessenem Umfang müsse der Träger der Grundsicherung daher die Kosten für diesen "unabweisbaren, laufenden Bedarf" übernehmen. Immerhin habe der Vater sein Kind schon fast ein Jahr nicht gesehen.

Das sei wichtig, um die bisher enge und gute Verbindung zu dem jetzt sechs Jahre alten Jungen aufrecht zu erhalten. Wie viel Wert der Mann auf den Kontakt lege, zeige die Tatsache, dass er ständig mit dem Kind telefoniere. Auch nach Berlin habe er schon weite Strecken innerhalb Deutschlands zurückgelegt, um den Jungen zu besuchen. Angemessen seien vier Besuche im Jahr von jeweils fünf Tagen Dauer.

Das Umgangsrecht auf telefonische Kontakte einzuschränken, würde zu einer Entfremdung zwischen Vater und Kind führen. Deshalb müsse die Sozialbehörde Besuchskosten in dem Umfang tragen, den auch ein erwerbstätiger Vater vernünftigerweise aufwenden würde. Die Kosten für einen Flug nach Kalifornien und eine Unterkunft (rund 900 Euro) lägen im Übrigen pro Quartal nicht wesentlich höher als die Kosten für die monatlichen Reisen nach Berlin.

Hartz-IV-Empfängerin will ihre Wohnung renovieren

Sozialbehörde übernimmt die Kosten nur, wenn die Mieterin renovieren muss

Eine Empfängerin von Grundsicherung für Arbeitsuchende wollte ihre Wohnung renovieren und beantragte beim Jobcenter die Übernahme der Kosten. Doch der Sachbearbeiter sah im Mietvertrag genau nach und stellte fest, dass der Vertrag fixe Fristen für Renovierungsmaßnahmen vorsah. Solche "starren Fristenpläne" sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung unzulässig, weil sie die Mieter benachteiligen.

Aus diesem Grund lehnte der Sachbearbeiter den Antrag der Mieterin ab: Sie sei - wegen der unwirksamen Klausel zu Schönheitsreparaturen - nicht dazu verpflichtet, die Wohnung zu renovieren. Daher müsse die Sozialbehörde die Kosten nicht tragen. Vergeblich forderte die Frau vom Träger der Grundsicherung die Kostenübernahme. Auch beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen bekam das Jobcenter Recht (L 7 AS 60/09).

Zu den Kosten der Unterkunft, die der Träger der Grundsicherung im Prinzip übernehmen müsse, gehörten zwar auch die Kosten notwendiger Schönheitsreparaturen. Unumgänglich seien diese jedoch nur, wenn der Vermieter darauf einen Rechtsanspruch habe. Entfalle dieser Anspruch wegen einer unwirksamen Klausel im Mietvertrag, müsse die Sozialbehörde nicht einspringen. Das Jobcenter sei nicht verpflichtet, zu Lasten der Allgemeinheit dem Vermieter Renovierungskosten abzunehmen.

Hartz-IV-Empfänger steht größere Wohnung zu ...

... um seine Tochter bei Besuchen angemessen unterbringen zu können

Beim Jobcenter Dortmund hatte ein Langzeitarbeitloser einen Umzug beantragt. Er lebte in einer 40-Quadratmeter-Wohnung. Das sei zu eng, erklärte der Mann, weil seine elfjährige Tochter regelmäßig bei ihm zu Besuch sei: Jedes zweite Wochenende und die Hälfte der Schulferien, so sei sein Umgangsrecht bei der Scheidung geregelt worden. Aktuell habe er die Gelegenheit, eine 64 Quadratmeter große Wohnung anzumieten.

Das Jobcenter lehnte die Kostenübernahme ab, wurde allerdings vom Sozialgericht Dortmund per einstweiliger Anordnung dazu verpflichtet (S 22 AS 5857/10 ER). Da der Vater das Umgangsrecht mit seinem Kind regelmäßig wahrnehme, sei eine größere Unterkunft notwendig, so das Sozialgericht. 40 Quadratmeter seien zu klein, zumal ein Mädchen in diesem Alter ein kleines, eigenes Zimmer benötige.

Die Miete von 259,89 Euro sei akzeptabel und liege nur geringfügig über dem Betrag, der in Dortmund als angemessene Miete für eine Person angesehen werde (246,28 Euro). Außerdem sei die Angelegenheit eilig: Die betreffende Wohnung sei für den Vater nur bis zum 31. Dezember 2010 reserviert. Die Kostenübernahme gelte für dieses konkrete Wohnungsangebot.

Anwalt als Hartz-IV-Empfänger

Jobcenter muss für Selbständige die Beiträge zur privaten Krankenversicherung voll übernehmen

Bis Ende 2008 wurden Empfänger von Hartz-IV-Leistungen automatisch Mitglied in der gesetzlichen Krankenversicherung. Seither ist das nicht mehr so - bei der neuen gesetzlichen Regelung wurden die Freiberufler und Selbständigen wohl "vergessen".

Ein früher selbständig tätiger und privat krankenversicherter Rechtsanwalt, der jetzt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch II (= Hartz-IV-Leistungen) bezieht, musste deshalb in der privaten Krankenversicherung bleiben. Dafür zahlte er monatlich einen Beitrag von 207,39 Euro, fast zwei Drittel seines jetzigen Einkommens.

Weil sich die Sozialbehörde weigerte, den Versicherungsbeitrag zu finanzieren, klagte der Anwalt gegen den Bescheid der Behörde und bekam vom Bundessozialgericht Recht (B 4 AS 108/10 R). Die Sozialbehörde müsse seinen Beitrag zur privaten Krankenversicherung in voller Höhe übernehmen, so die Bundesrichter. Andernfalls bliebe privat versicherten Leistungsempfängern nicht das verfassungsrechtlich garantierte Existenzminimum.

Hier liege eine "gesetzesimmanente Regelungslücke" vor: Wie der offene Beitragsanteil auszugleichen sei, sei im Sozialgesetzbuch nicht geregelt. Die gesetzlichen Vorschriften seien daher entsprechend den Motiven des Gesetzgebers auszulegen und zu ergänzen: Der habe privat Krankenversicherte finanziell nicht überfordern wollen.

Arzt beantragt Kurzarbeitergeld für Mitarbeiterinnen

Patientenzahl in der Praxis ging infolge der Gesundheitspolitik zurück

Ein Hautarzt beantragte für Februar bis Juni 2004 Kurzarbeitergeld für zwei Arzthelferinnen. Begründung: Das seit Anfang 2004 geltende "Gesundheitsmodernisierungsgesetz" habe (nicht nur) in seiner Praxis dazu geführt, dass die Zahl der Patienten massiv eingebrochen sei. Daher habe er die Arbeitszeit für seine Mitarbeiterinnen verkürzen müssen.

Doch die Bundesagentur für Arbeit verwies auf die Regelungen zum Kurzarbeitergeld: Darauf hätten Arbeitnehmer nur Anspruch, wenn wirtschaftliche Gründe vorübergehend zu erheblichem Arbeitsausfall führten. Das treffe nicht zu, wenn eine Arztpraxis unter Änderungen im Gesundheitsrecht "leide". Gegen diesen Bescheid der Bundesagentur für Arbeit zog der Mediziner vor Gericht - ohne Erfolg.

Wirtschaftliche Gründe müssten vorliegen, bekräftigte das Landessozialgericht Hessen: Konjunkturelle und strukturelle Störungen der Wirtschaftslage, die die Auftragslage in Unternehmen beeinträchtigten und zu Arbeitsausfall führten (L 7 AL 80/08). Damit sei der Fall des Mediziners nicht vergleichbar. Hier gehe es nicht um eine vorübergehende Konjunkturschwankung.

Vielmehr habe der Gesetzgeber, um die Gesundheitskosten zu senken, das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung dauerhaft geändert. Daraufhin sei die Patientenzahl in den dermatologischen Arztpraxen signifikant zurückgegangen, allerdings nur im Januar 2004. Wenn man die Betriebseinnahmen des Hautarztes über das ganze Jahr 2004 berücksichtige, könne man nicht von erheblichem Arbeitsausfall sprechen.

Während der Weihnachtsfeier verunglückt

Gesetzliche Unfallversicherung bestreitet den betrieblichen Charakter der Veranstaltung

Ein Arbeitsteam des Jobcenters Lichtenberg traf sich im Dezember 2008 nach Dienstschluss zu einer Weihnachtsfeier in einem Bowlingcenter. Als eine 55-jährige Angestellte von der Bowling-Bahn zu ihrem Tisch zurückging, übersah sie eine Stufe und stolperte. Sie fiel so unglücklich, dass sie sich ein Bein brach. Die Personalabteilung des Jobcenters zeigte den Arbeitsunfall bei der gesetzlichen Unfallversicherung an.

Die bestritt den betrieblichen Charakter des Treffens: Mitglieder des Teams 712 hätten außerhalb der Dienstzeit eine private Fete organisiert - das sei also kein Arbeitsunfall gewesen. Das Sozialgericht Berlin bewertete den "Fehltritt" jedoch als Arbeitsunfall und entschied, dass die Unfallversicherung für die Folgen aufkommen muss (S 163 U 562/09).

Betriebliche Gemeinschaftsveranstaltungen wie Weihnachtsfeiern stünden unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung, wenn sie von der Unternehmensleitung selbst veranstaltet oder wenigstens gefördert werden und wenn alle Beschäftigten eingeladen seien (bei Großbetrieben: alle Mitarbeiter einer Abteilung). Diese Voraussetzungen seien hier gegeben.

Das große Jobcenter Lichtenberg habe so viele Beschäftigte und eine so hohe Fluktuation von Mitarbeitern, dass es sinnvoll sei, im kleinen (Team-)Rahmen zu feiern. Schließlich solle durch eine Betriebsfeier der Teamgeist bei denen gefördert werden, die täglich zusammenarbeiteten. Dass "nur" das Team da war, widerlege daher den betrieblichen Charakter der Veranstaltung nicht.

Sie sei auch nicht "privat organisiert" worden. Die Chefin des Teams, Frau F, habe die Weihnachtsfeier initiiert und einer Mitarbeiterin die Organisation übertragen. Frau F und deren Vorgesetzter, der Bereichsleiter, hätten alle Team-Mitglieder zur Teilnahme aufgefordert und allen per E-Mail "viel Spaß" gewünscht. Dass Frau F selbst dann kurzfristig absagen musste, weil ihr Kleinkind plötzlich erkrankte, ändere daran nichts.

Wann eine Betriebsfeier stattfinde - während oder nach der Dienstzeit, werktags oder sonntags -, sei übrigens für den Versicherungsschutz grundsätzlich bedeutungslos.