Szenen einer Ehe: Nach gescheiterter Paartherapie 2016 bat der Rentner einen Anwalt, seiner Frau schriftlich mitzuteilen, sie möge "aus seinem Haus ausziehen" und sich eine Wohnung suchen. Ende Januar 2017 erstattete die Ehefrau Anzeige: Vor zwei Wochen sei die Situation eskaliert.
Sie habe ihren Mann wieder einmal damit konfrontiert, dass er psychisch sehr krank sei. Darauf sei er immer aggressiver geworden und auf sie losgegangen. Er habe sie gestoßen, bis sie zu Boden gestürzt sei — der Höhepunkt nach 20 Jahren Ehe-Martyrium mit Beleidigungen und psychischer Gewalt. Danach habe sie fluchtartig das Haus verlassen.
Dagegen behauptete der Mann, er habe seine Frau Wochen vorher gebeten, sein Schlafzimmer als Rückzugsort zu respektieren, solange sie noch im Haus wohne. Aber an diesem Tag habe sie unbedingt diskutieren wollen. Trotz der Aufforderung, sich zu entfernen, habe sie einfach keine Ruhe gegeben. Bis er sie aus dem Schlafzimmer hinausgeschoben habe. Von gewaltsamer Attacke könne keine Rede sein.
2019 beantragte die mittlerweile geschiedene Frau eine Opferentschädigung ("Beschädigtenrente"): Arbeiten könne sie infolge ihrer ehebedingten seelischen Leiden nicht mehr. Ihr Antrag wurde abgelehnt. Auch ihre Klage gegen die zuständige Behörde blieb beim Landessozialgericht Baden-Württemberg ohne Erfolg (L 6 VG 1148/22). Hier stehe Aussage gegen Aussage, stellte das Gericht fest. Wie es wirklich gewesen sei, sei also nicht aufzuklären.
Opferentschädigung setze einen vorsätzlichen, rechtswidrigen Angriff voraus, der zu einem Gesundheitsschaden führe — angebliche psychische Gewalt begründe keinen Anspruch. Eine Tätlichkeit sei aber nicht belegt.
Dagegen spreche nicht nur die Aussage des Mannes: Die Frau habe mit der Strafanzeige zwei Wochen gewartet, anstatt sofort die Polizei zu rufen. Zudem sei es unglaubwürdig, dass sie sich von ihm getrennt habe und quasi "geflüchtet" sei. Denn ihr Mann habe bereits 2016 die Beziehung beendet.
Entscheidend sei aber, dass die Frau die Ursache für die aggressive Reaktion des Ehemannes selbst gesetzt habe. Wiederholt habe sie gegen seinen erklärten Willen versucht, ihn zu einem Gespräch über seine vermeintliche psychische Krankheit zu nötigen. Wenn er — ihrer Ansicht nach — krank war und sich von ihr trennen wollte, musste die Frau mit so einer Reaktion rechnen.
Zumindest hätte sie sich sofort zurückziehen müssen, als sie merkte, wie er auf ihr Anliegen reagierte. Wenn das Opfer den Täter provoziere und sich selbst in Gefahr bringe, schließe dies eine Opferentschädigung aus.