Sonstiges

Welcher Hund hat zugebissen?

"Hundetreffen": Wer die Tierhalterin an der Hand verletzte, war nicht aufzuklären

Frau X ging mit ihrem Golden Retriever spazieren und begegnete einem zwölfjährigen Mädchen, das mit seiner Bulldogge unterwegs war. Die nicht angeleinte Bulldogge stürmte auf den anderen Hund zu, den die Halterin an der Leine führte.

Mehrere Zeugen, darunter auch die Zwölfjährige, sagten später aus, die Bulldogge sei um den Retriever herumgesprungen. Doch niemand sah genau, von welchem Hund Frau X in die Hand gebissen wurde.

Mit einem Rettungswagen wurde sie ins Krankenhaus gebracht und erstversorgt. Nach einer Wundinfektion musste die Hundehalterin operiert werden, war lange arbeitsunfähig und kann die Hand bis heute nicht richtig bewegen. Frau X erklärte, die aggressive Bulldogge habe sie gebissen und verklagte die Mutter des Mädchens als (Mit-)Hundehalterin auf Schadenersatz und 5.000 Euro Schmerzensgeld.

Das Landgericht gab ihr Recht: Als Tierhalterin müsse die Mutter für den Schaden einstehen, der durch die Bulldogge entstanden sei. Dabei komme es letztlich nicht darauf an, welcher Hund Frau X nun wirklich gebissen habe. So sah es auch das Oberlandesgericht Hamm (I-7 U 54/22). Wer der Beißer war, sei egal: Auf jeden Fall habe nämlich das für Tiere typische, unberechenbare Verhalten der Bulldogge die Verletzung verursacht.

Eine Interaktion der Hunde habe zwar durchaus stattgefunden. Der Golden Retriever habe die Bulldogge nur angeknurrt, aber auf diese Weise auch zu der "Auseinandersetzung" beigetragen. Diesen kleinen Beitrag ihres eigenen Tieres zum Unfall müsse sich die Verletzte anspruchsmindernd anrechnen lassen (mit 20 Prozent). Im Wesentlichen sei die Aggression jedoch von der Bulldogge ausgegangen.

Anders als die Bulldoggen-Halterin behaupte, treffe Frau X nicht deshalb eine Mitschuld am Hundebiss, weil sie die Leine des Retrievers nicht fallen ließ. Hätten die Hunde einen richtigen Kampf begonnen und Frau X hätte sich eingemischt, um sie zu trennen — wäre sie ein unnötiges Risiko eingegangen.

Doch in der konkreten Situation habe sie sich mit ihrem Verhalten nicht selbst gefährdet. Vielmehr wäre die Auseinandersetzung der Hunde wohl eher eskaliert, hätte sie auch den Retriever von der Leine gelassen. Wie Frau X dadurch den Biss hätte vermeiden können, sei nicht ersichtlich.

Kfz-Werkstatt im allgemeinen Wohngebiet?

Auch ein kleiner, nur samstags geöffneter Nebenerwerbsbetrieb ist im Wohngebiet unzulässig

Ein Hauseigentümer wollte seine Garage in eine Kfz-Werkstatt mit Hebebühne umwandeln. Für so eine Nutzungsänderung ist eine Baugenehmigung erforderlich, die dem Kfz-Mechaniker jedoch von der Bauaufsichtsbehörde verweigert wurde. Ein Kfz-Betrieb mit Hol- und Bringservice sei in einem allgemeinen Wohngebiet generell unzulässig, lautete die Auskunft, auch wenn er nur an einem Tag der Woche offen sei.

Gegen den ablehnenden Bescheid klagte der Mann: So ein kleiner Betrieb störe doch nicht und sei in die dörfliche Struktur der Gemeinde ohne weiteres einzuordnen. Doch das Verwaltungsgericht Mainz blieb hart: Auch eine im Nebenerwerb geführte kleine Kfz-Werkstatt sei bauplanungsrechtlich in einem allgemeinen Wohngebiet unzulässig — unabhängig davon, ob der konkrete Betrieb störe oder nicht (3 K 121/22).

Wohngebiete müssten dem Wohnen vorbehalten bleiben, dieser Gebietscharakter sei gesetzlich geschützt: Daher komme es bei der Prüfung des gewerblichen Vorhabens nicht darauf an, ob ein Betrieb tatsächlich eine Lärmbelästigung darstelle und den Gebietscharakter beeinträchtige. Dennoch sei festzuhalten, dass seine Nebenerwerbswerkstatt dem Ruhebedürfnis der Anwohner tatsächlich zuwiderlaufen würde: Schließlich beabsichtige der Mechaniker, vor allem in den Abendstunden und an Samstagen in seiner Garage zu arbeiten.

Dass Schüler Fehler machen, ist normal

Segelschüler haftet nicht für Bootsschaden durch missglücktes Anlegemanöver

Ein Münchner wollte den Sportküstenschifferschein erwerben. Um sich darauf vorzubereiten, buchte er beim Betreiber einer deutschen Segelschule einen Ausbildungstörn in Kroatien. Dort übte der Segelausbilder mit dem Schüler eine Woche lang. Zwei Tage vor dem Prüfungstermin missglückte dem Schüler das Anlegen am Steg: Entgegen den Anweisungen des Schiffsführers lenkte er das Boot nicht nach Steuerbord — sondern gegen den Betonsteg.

Dabei wurde das gecharterte Boot beschädigt. Der Segelausbilder ersetzte dem Bootsvermieter die Reparaturkosten von 1.991,60 Euro und verlangte anschließend vom Schüler Schadenersatz in dieser Höhe. Doch das Amtsgericht München wies seine Klage ab (191 C 14599/22). Allein der Umstand, dass der Schüler das Ruder entgegen der Anweisung des Ausbilders nicht nach Steuerbord gelenkt habe, stelle keine Pflichtverletzung dar, für die der Segelschüler haften müsste.

Der Ausbilder habe nicht dargelegt, dass ein Schüler mit diesem Ausbildungsstand so ein Anlegemanöver fehlerfrei hätte ausführen müssen. Umgekehrt müsse ein Schiffsführer — vergleichbar einem Fahrlehrer — immer zum Eingreifen bereit sein, wenn der Schüler selbständig ein Manöver durchführen solle. Warum der Segelausbilder dies beim Anlegen nicht getan habe, sei offengeblieben. Es liege in der Natur einer Ausbildung, dass Schüler das Gelernte nicht sofort und fehlerlos umsetzen könnten. Das damit verbundene Risiko trage der Ausbilder und nicht der Schüler.

Zudem sei im Vertrag mit der Segelschule vereinbart, dass der Ausbilder nur für grob fahrlässig verursachte Schäden haften müsse, nicht aber für einfach fahrlässig verursachte Schäden. Dieser Haftungsausschluss für einfache Fahrlässigkeit müsse für den Schüler ebenfalls gelten — auch deshalb, weil ihn der Segelschul-Betreiber über die Haftungsrisiken bei so einem Ausbildungstörn nicht informiert habe.

Türkeiurlauber musste für den Rückflug Aufschlag zahlen

Ausgleichszahlung gemäß EU-Fluggastrechteverordnung steht ihm dafür nicht zu

Herr M hatte eine Pauschalreise in die Türkei gebucht. Die Flüge von München nach Antalya und zurück wurden von Fluggesellschaft X durchgeführt. Da M schon eine Woche früher in die Türkei reiste, nahm er den Hinflug mit Airline X nicht in Anspruch. Als er wie geplant zurückfliegen wollte, verlangte sie einen Aufpreis. Hätte der Kunde den Aufschlag nicht akzeptiert, hätte ihn das Flugunternehmen nicht mitgenommen. Deshalb zahlte M den geforderten Betrag und wurde nach München befördert.

Von Fluggesellschaft X verlangte er eine Ausgleichszahlung von 400 Euro. Darauf habe der Fluggast keinen Anspruch, entschied der Bundesgerichtshof (X ZR 25/22). Die Ausgleichszahlung gemäß EU-Fluggastrechteverordnung solle Passagiere entschädigen, deren Flug annulliert wurde oder denen die Beförderung aus anderen Gründen (z.B. wegen überbuchten Flugs) verweigert wurde. Das setze logischerweise voraus, dass die Beförderung nicht stattfand.

Herr M habe jedoch den Rückflug angetreten — wenn auch gegen tarifliche Zuzahlung. Wenn eine Fluggesellschaft die Beförderung eines Passagiers von einem Aufschlag abhängig mache, sei das zwar unerfreulich. Aber diese Unannehmlichkeit sei nicht mit den Problemen zu vergleichen, mit denen ein Fluggast fertig werden müsse, dessen Flug überbucht war und der am Flughafen zurückbleibe.

Erweise sich der verlangte Aufschlag bei rechtlicher Prüfung als unberechtigt, könne der betroffene Fluggast das Geld zurückfordern. Eine verweigerte Beförderung sei viel ärgerlicher. Sie bedeute nervige Suche nach einem Ersatzflug, oft zusätzliche Übernachtungskosten, verspätete Ankunft oder Rückkehr etc.

Ob Herr M den Aufpreis zurückfordern könne, sei hier nicht zu entscheiden. Dieser Anspruch sei nämlich nicht Gegenstand der Klage, sondern die verlangte Ausgleichszahlung. Und die stehe M nicht zu.

Jagdschein wird nicht verlängert

Ein Jagdpächter nahm regelmäßig die Jagdwaffe in die Wohnung seiner Freundin mit

Bei einer unangekündigten Kontrolle der Waffenaufbewahrung wurde festgestellt, dass eine Repetierbüchse des Jagdpächters fehlte. Er sei in der vergangenen Nacht auf der Jagd gewesen, teilte der Mann mit. Gegen vier Uhr morgens sei er dann mit der Jagdwaffe in die Wohnung von Frau Z gefahren, seiner Freundin. Auch dort habe er einen abschließbaren Waffenschrank.

Daraufhin entzog ihm die zuständige Behörde die Waffenbesitzkarte und lehnte es ab, seinen Jagdschein zu verlängern. Begründung: Den zweiten Waffenschrank habe der Jäger nicht angezeigt. Zudem handle es sich um einen Schrank der Sicherheitskategorie A. In solchen Schränken Langwaffen und Munition aufzubewahren, sei laut Waffengesetz schon seit 2017 unzulässig.

Gegen die Sanktion wehrte sich der Jagdpächter und beantragte im Eilverfahren vorläufigen Rechtsschutz: Vorübergehend, nach der Jagd, dürfe man Waffen auch außerhalb des häuslichen Waffenschranks aufbewahren. Das müsse er doch nicht der Behörde melden. Den Jagdschein benötige er dringend, weil sein Jagdpachtvertrag noch bis 2027 laufe: Er sei alleiniger Jagdausübungsberechtigter und als solcher zum Jagdschutz und zum Bergen von Wild verpflichtet.

Beim Verwaltungsgericht (VG) Schwerin hatte der Jagdpächter jedoch keinen Erfolg mit seinem Antrag (3 B 510/23 SN). Das Jagdrecht könne er auch ohne Jagdschein auf Dritte übertragen, so das VG: Wenn er zuverlässige Unterpächter und Jäger auswähle, müsse er auch nicht fürchten, von der Jagdbehörde als Jagdpächter auf Schadenersatz in Anspruch genommen zu werden, weil seine Jäger die Jagd nicht korrekt ausübten.

Die Erlaubnis, Jagdgewehre vorübergehend nicht im häuslichen Waffenschrank aufzubewahren, beziehe sich nur auf Ausnahmesituationen — wie z.B. eine Jagdreise, während der Jäger Waffen im Hotelsafe deponieren dürften. Diese Erlaubnis gelte aber nicht, wenn ein Jäger nach der Jagd zur Wohnung seiner Freundin fahre, um dort zu übernachten. Außerdem sei dieser Verstoß gegen das Waffengesetz nicht ausnahmsweise erfolgt, sondern wiederholt!

Der Jagdpächter habe die Büchse regelmäßig in einem ungeeigneten Waffenschrank aufbewahrt. Darüber hinaus habe er dies der Waffenbehörde nicht angezeigt und ihr auf diese Weise eine unangekündigte Aufbewahrungskontrolle unmöglich gemacht. Das sei keine situationsbedingte Nachlässigkeit, sondern offenbare einen prinzipiell sorglosen Umgang mit Waffen und Munition. So ein Verhalten rechtfertige die Prognose, dass er Waffen auch künftig nicht sorgfältig verwahren werde.

Schallprognose für Windkraftanlage fehlerhaft?

Landwirt klagt vergeblich gegen die Genehmigung für die Anlage

Das Wohnhaus des Grundeigentümers befindet sich am Rand der Stadt W, einige Ackerflächen südlich davon gehören ihm. Auf einem angrenzenden Waldstück, ca. 800 Meter vom Wohnhaus entfernt, war der Bau einer weiteren Windenergieanlage geplant und vom Landkreis trotz eines nahen Naturschutzgebiets genehmigt worden: Es seien keine zusätzlichen Auswirkungen auf die Umwelt zu befürchten, so das Ergebnis der Umweltprüfung.

Dem widersprach der Landwirt, weil er die Schallprognose für das Bauvorhaben für fehlerhaft hielt: Der Standort sei bei zehn Grad Celsius schalltechnisch vermessen worden. Vor Ort herrschten aber im Winter nachts regelmäßig Temperaturen weit unter "Null". Das wirke sich auf die Ausbreitung des Schalls aus: Die Gesamtbelastung an seinem Haus werde deutlich über dem berechneten Wert liegen und 45 dB(A) überschreiten.

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen konnte diese Befürchtungen nicht nachvollziehen und wies die Klage gegen die Genehmigung für die Windenergieanlage ab (7 D 316/21.AK). Das bei der Umweltprüfung benutzte Prognosemodell gehe von den für die Schallausbreitung günstigsten Witterungsbedingungen aus, erklärte das OVG: Kälte könne daher im Winter den Schallpegel nicht erheblich erhöhen.

Die Sorge des Grundeigentümers, die Lärmwerte könnten durch altersbedingten Verschleiß der Windenergieanlagen ansteigen, sei nicht ganz unberechtigt. Das bedeute aber ebenfalls nicht, dass die Genehmigung rechtswidrig wäre. Sollte sich Verschleiß auf diese Weise auswirken und die Anlagengeräusche den zulässigen Schallpegel überschreiten, wäre die zuständige Behörde des Landkreises verpflichtet, im Rahmen der Anlagenkontrolle einzuschreiten. Dasselbe gelte für den Fall, dass die älteren Windenergieanlagen in der Umgebung die nächtlichen Lärmrichtwerte überschreiten.

Parkausweis im Auto muss gut lesbar sein

Kurzartikel

Ein Autofahrer, der seinen Wagen auf einem Schwerbehinderten-Parkplatz abgestellt hat, kann den "Strafzettel" nicht mit dem Argument abwenden, er habe einen Rollstuhlfahrer befördert und den erforderlichen Parkausweis auf der Mittelkonsole abgelegt. Ein Parkausweis muss so gut sichtbar im Auto liegen, dass ihn die Kontrolleure problemlos mit einem Blick ins Wageninnere kontrollieren können: ohne Hilfsmittel und Zeitaufwand. Das ist unmöglich, wenn die Parkerlaubnis auf der Mittelkonsole liegt.

Betriebliche Videokontrolle

Im Kündigungsschutzprozess sind Überwachungsvideos als Beweis zulässig — trotz Datenschutzbedenken

Am Tor zum Werksgelände einer Gießerei war unübersehbar eine Videokamera installiert, die aufzeichnete, wer wann das Gelände betrat und verließ. Einem Arbeitnehmer wurde nach Auswertung der Videoaufnahmen vorgeworfen, er habe das Werksgelände noch vor Schichtbeginn wieder verlassen. Die Mehrarbeitsschicht habe er sich trotzdem vergüten lassen. Wegen Arbeitszeitbetrugs kündigte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis fristlos.

Zunächst hatte der Arbeitnehmer mit seiner Kündigungsschutzklage Erfolg: Solches Bildmaterial sei nicht "gerichtsverwertbar", fand das Landesarbeitsgericht (LAG). Doch das Bundesarbeitsgericht hat dem LAG in diesem Punkt entschieden widersprochen und den Fall zurückverwiesen (2 AZR 296/22). Dass der Arbeitnehmer das Werksgelände vor Schichtbeginn verlassen habe, stehe fest, so die Bundesrichter.

Davon hätte das LAG bei seiner Entscheidung ausgehen und eventuell auch die betreffende Aufnahme in Augenschein nehmen müssen. So gebe es das EU-Recht vor. Ob die Videokontrolle zu 100 Prozent dem Bundesdatenschutzgesetz entspreche, spiele daher keine Rolle. Auch dann wäre die Aufnahme gerichtsverwertbar: Erstens, weil die Videoüberwachung hier offen und transparent durchgeführt werde. Zweitens, weil es hier um vorsätzlich vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers gehe.

Defektes elektrisches Garagentor verletzt Mieter

Die Hauseigentümerin haftet, wenn sich Gebäudeteile ablösen

Ein Autofahrer durfte für Besorgungen den Wagen seiner Vermieterin benutzen, der in der Garage stand. Als er unter dem elektrischen Garagentor, System "Genie", hindurchging, fiel das Tor schlagartig herunter und verletzte ihn am Kopf. Er verlangte von der Vermieterin Schmerzensgeld: Sie müsse als Eigentümerin des Gebäudes haften, wenn sich Teile davon ablösten und Menschen verletzten. So stehe es im Gesetz.

Das Oberlandesgericht München bejahte den Anspruch des verletzten Mieters (21 U 3056/94). Nach der genannten Vorschrift müsse die Hauseigentümerin für die Folgen geradestehen, wenn das Haus oder Teile des Bauwerks fehlerhaft errichtet oder nachlässig unterhalten wurden. Im konkreten Fall habe der TÜV festgestellt, dass die Art und Weise, wie das Garagentor auf einen elektromechanischen Antrieb umgerüstet worden sei, nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprochen habe.

Prügelei während einer Betriebsfahrt

Keine Leistungen von der gesetzlichen Unfallversicherung für einen verletzten Bauleiter

Mit dem Auto kehrte ein Bauleiter von einem Einsatz zurück zur Baufirma. Er konnte jedoch nicht auf das Betriebsgelände fahren, weil ein Lastwagen die Einfahrt blockierte. Obwohl der Angestellte den Lkw-Fahrer mehrmals dazu aufforderte, fuhr dieser nicht weg. Schließlich ließ der Bauleiter sein Auto draußen stehen und ging zu Fuß zum Büro.

Als er kurz darauf zum Wagen zurückging, um zur nächsten Baustelle zu fahren, lieferten sich die beiden Männer ein hitziges Wortgefecht. Der Lkw-Fahrer beschimpfte den Bauleiter als "egoistisches Arschloch". Daraufhin schloss dieser die Tür seines Wagens wieder und eilte zum Lkw, um "die Sache auszudiskutieren". Im weiteren Verlauf des Streits schlug ihn der Lkw-Fahrer mit der Faust ins Gesicht.

Der Bauleiter musste sein gebrochenes Nasenbein operieren lassen. Bei der zuständigen Berufsgenossenschaft beantragte er Reha-Leistungen. Doch die Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung anerkannte seine Verletzung nicht als Folge eines Arbeitsunfalls. Beim Sozialgericht Berlin scheiterte auch die Zahlungsklage des Verletzten gegen die Berufsgenossenschaft (S 98 U 50/21).

Die Nasenbein- und Kiefernfraktur hänge nicht mit seiner beruflichen Tätigkeit zusammen, erklärte das Sozialgericht. Dass der Bauleiter im betrieblichen Auftrag zum Auto zurückging, ändere daran nichts: Denn er habe den Betriebsweg unterbrochen, um einem privaten Interesse nachzugehen. Wenn der Mann meine, er müsse den Lkw-Fahrer wegen seiner Beleidigung zur Rede stellen, sei das seine Sache.

Unfallversichert seien solche Auseinandersetzungen aber nicht. Wenn sich ein Arbeitnehmer während einer Betriebsfahrt auf einen Streit mit einem anderen Verkehrsteilnehmer einlasse, seien daraus resultierende Verletzungen nicht als Folgen eines Arbeitsunfalls einzustufen. Unabhängig vom Verschulden der Beteiligten im Einzelfall seien sie dem privaten Lebensbereich des Versicherten zuzurechnen.

Sturz beim Berliner Firmenlauf

Ein vielen Teilnehmern offenstehender Lauf ist kein gesetzlich unfallversicherter Betriebssport

Im Mai 2019 nahm Frau U gemeinsam mit Arbeitskollegen auf Inline-Skates am Berliner Firmenlauf im Tiergarten teil. Auf nassem Untergrund rutschte die Skaterin aus, stürzte und brach sich das rechte Handgelenk.

Von ihrer Berufsgenossenschaft verlangte die Angestellte, die Behandlungskosten zu übernehmen: Das sei ein Arbeitsunfall gewesen, weil der Firmenlauf eine betriebliche Veranstaltung sei. Dem widersprach die Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung und zahlte nicht.

Organisiert wird der Firmenlauf von einem Berliner Sportverein. Teilnehmen können sportliche Mitarbeiter vieler Unternehmen und Organisationen sowie Freizeitteams. Nach dem Sport und der Siegerehrung findet traditionell eine "Run-Party" für die Teilnehmer statt.

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entschied den Streit zu Gunsten der Berufsgenossenschaft (L 3 U 66/21). Der Unfall hänge nicht mit der beruflichen Tätigkeit von Frau U zusammen. Um Betriebssport gehe es beim Firmenlauf nicht: Betriebssport zum Ausgleich für die beruflichen Anforderungen finde regelmäßig statt und stehe nur Beschäftigten des jeweiligen Arbeitgebers offen.

Der einmal jährlich veranstaltete Firmenlauf habe eher den Charakter eines Volksfestes, an dem sich viele Firmen und Einzelsportler beteiligen könnten. Die Tatsache, dass Frau U mit einigen Kollegen, die ebenfalls gerne skaten, vorher gelegentlich trainiert habe, führe zu keiner anderen Beurteilung. Das sei ein kleiner, privater Kreis mit dem gleichen Hobby.

Für die übrigen Beschäftigten des Unternehmens habe es an diesem Tag kein spezielles Programm gegeben. Auch wenn der Arbeitgeber die Startgebühr für den Firmenlauf gezahlt habe und die Skater-Gruppe sich als Team mit einem Namen angemeldet habe: Der Firmenlauf sei nicht mit einer Gemeinschaftsveranstaltung dieses einen Arbeitgebers zu verwechseln, die den Zusammenhalt der Arbeitnehmer seinem Betrieb fördern solle.

Radfahrerin stürzt über eine Bodenwelle

Kommunen haften nicht für gut erkennbare und leicht zu bewältigende Verkehrshindernisse

Eine Radfahrerin forderte von der Stadt Wiehl Schadenersatz und Schmerzensgeld für einen Radunfall, für den sie die Kommune verantwortlich machte: Sie sei über eine (10 cm hohe, ca. 30 cm breite) Teererhöhung gefahren, die vor einer Straßeneinmündung die gesamte Fahrbahn querte. Dieses Hindernis habe ihre Fahrt so abrupt abgebremst, dass sie über den Lenker geflogen sei und sich erheblich verletzt habe. Die Bodenwelle sei genauso schwarz wie die Fahrbahndecke der Straße und daher nicht zu erkennen.

Das Landgericht Köln wies die Klage ab (5 O 16/23). Als Verantwortliche für den Straßenbau sei die Stadt verpflichtet, für einen sicheren Zustand der Verkehrswege zu sorgen, so das Landgericht. Das bedeute: Sie müsse Gefahren ausräumen, die auch für achtsame Verkehrsteilnehmer nicht rechtzeitig erkennbar seien bzw. auf die sie sich nicht rechtzeitig einstellen könnten — gefährliche Löcher in Radwegen zum Beispiel.

Im konkreten Fall könne von einer Gefahrenstelle jedoch keine Rede sein. Hier gehe es nicht um einen Straßenschaden, sondern um eine kleine Bodenwelle, die bei Regen Wasser ableiten solle. Radfahrer, die hier ihre Geschwindigkeit ein wenig herabsetzten, könnten diese Unebenheit problemlos überqueren. Offenbar habe die Radfahrerin ihre Fahrweise nicht den Gegebenheiten angepasst.

Außerdem sei sogar auf dem Foto, das die Radfahrerin selbst gemacht habe, gut zu sehen, dass die Teererhöhung dunkler sei als der Straßenasphalt. Die Bodenwelle unterscheide sich deutlich vom Bodenbelag. Ein aufmerksamer Radfahrer hätte dieses Hindernis ohne weiteres rechtzeitig erkennen und bremsen können.

Haus mit undichtem Flachdach erworben

Schadenersatzklage des Käufers wurde zu Unrecht als "schlecht begründet" abgewiesen

Mit notariellem Kaufvertrag erwarb Herr T von einer Immobilienfirma ein Einfamilienhaus. Wie üblich, wurde im Vertrag die Haftung der Verkäuferin für Sachmängel ausgeschlossen. Trotzdem verlangte der Käufer einige Monate nach Vertragsschluss 18.000 Euro Schadenersatz für notwendige Sanierungsarbeiten.

Das Flachdach der Immobilie sei undicht, Wasser dringe ins Gebäude ein, erklärte der Käufer. Diesen Mangel habe ihm die Verkäuferin arglistig verschwiegen, daher greife der vertraglich vereinbarte Haftungsausschluss nicht.

Doch beim Oberlandesgericht (OLG) Koblenz scheiterte seine Klage: Die Höhe der Forderung sei nicht nachvollziehbar, so das OLG. Nach dem Gutachten seines Privatsachverständigen solle es 10.000 Euro kosten, die Abdichtung zu erneuern, 8.000 Euro werde für die Korrektur der fehlerhaften Wandanschlüsse im Dach veranschlagt. Diese sehr grobe Schätzung genüge nicht, um die Klage zu begründen: Im Gutachten werde nicht dargelegt, welche Reparaturen mit welchen Materialien notwendig seien und welcher Zeitaufwand für die Reparatur kalkuliert werde.

Die Behauptung, die Klageforderung sei unzureichend begründet, sei "offenkundig unrichtig", urteilte der Bundesgerichtshof (V ZR 128/22). Mit dieser harschen Kritik verwiesen die Bundesrichter den Rechtsstreit ans OLG zurück.

Wenn es, wie hier, um fachspezifische Fragen gehe, die besondere Sachkunde erforderten, dürfe man an den Sachvortrag eines Klägers keine überzogenen Anforderungen stellen. Um sein Verlangen zu begründen, müsse Herr T keinen detaillierten Kostenvoranschlag für die Sanierung vorlegen, die einzelnen Reparaturschritte darlegen, Material und Zeitaufwand konkret benennen! Das OLG dürfe von einem fachunkundigen Immobilienkäufer keine genaue Kenntnis der fälligen Arbeiten und des dafür nötigen Aufwands erwarten.

Kläger seien auch nicht verpflichtet, sich für einen Prozess um Schadenersatz Fachwissen anzueignen oder sich vorab von Sachverständigen helfen zu lassen. Herr T habe mit dem Auftrag für einen Sachverständigen, den Sanierungsaufwand grob einzuschätzen, ohnehin schon mehr getan, als er für das Gerichtsverfahren hätte tun müssen. Prinzipiell könnten sich Kläger in solchen Fällen mangels eigener Sachkunde darauf beschränken, zunächst nur von ihnen vermutete Tatsachen vorzutragen.

Ausgebüxtes Pferd rannte auf die Landstraße

Die Tierhalterin haftet für den beim Zusammenstoß mit einem Auto verursachten Schaden

An einem Februarabend führten Mitarbeiterinnen eines Reiterhofs auf einem Feldweg zwei Pferde am Zügel. Plötzlich rissen sich die Tiere los — vorneweg Pferd A, das direkt auf die nahegelegene Landstraße rannte. Hier stieß das Tier mit einem Audi zusammen. Das Pferd verletzte sich bei dem Aufprall, die linke Seite des Fahrzeugs wurde erheblich beschädigt.

Die Kaskoversicherung des Autofahrers ersetzte die Hälfte der Reparaturkosten, die Tierhalterhaftpflichtversicherung der Pferdebesitzerin die andere Hälfte. Am Ende kam es jedoch zum Streit über die Kosten des Mietwagens, den der Autofahrer während der Reparatur des Audi benötigt hatte.

Die Tierhalterin hafte für die Unfallfolgen, entschied das Amtsgericht Köln, also auch für die Mietwagenkosten (261 C 118/22). Unstreitig habe ihr Pferd A die Kollision und damit den Autoschaden verursacht. Wenn ein Pferd weglaufe, wirke sich die besondere Gefahr aus, die mit dem unberechenbaren, selbständigen Verhalten von Tieren typischerweise verknüpft sei. Für die Folgen hafteten Tierhalter unabhängig von eigenem Verschulden.

Dem Autofahrer sei kein Mitverschulden an dem Unfall vorzuwerfen. Er sei weder zu schnell gefahren, noch habe er gegen andere Vorschriften verstoßen. Zwar hätten die Zeuginnen behauptet, die Pferde seien auf der Straße gut sichtbar gewesen. Das sei jedoch nicht bewiesen. Zum Unfallzeitpunkt gegen 18.30 Uhr sei es schon fast dunkel gewesen und die Landstraße unbeleuchtet.

Dass der Audi-Fahrer mit unverminderter Geschwindigkeit weitergefahren wäre, wenn er die Pferde rechtzeitig gesehen hätte, sei angesichts des damit verbundenen Unfallrisikos schwer vorstellbar. Zudem seien die Damen vom Reiterhof weit weg von der Straße und sehr aufgeregt hinter den Pferden hergelaufen. In so einer Situation das Geschehen auf der Straße verlässlich zu beobachten, dürfte schwierig sein.

Grundsätzlich gelte: Die Gefahr, die generell von Kraftfahrzeugen ausgehe und die deshalb bei Unfällen manchmal auch ohne Verkehrsverstoß des Fahrers zur Mithaftung führe, trete bei der Kollision mit einem Pferd (oder einem anderen großen Tier) vollständig hinter der Tiergefahr zurück. Die Straße sei nämlich für Fahrzeuge da, während Pferde dort nichts zu suchen hätten.

Hundehaltung erlaubt, Kaution erhöht

Kurzartikel

Verlangt der Vermieter einer Wohnung mit hochwertigem Parkett von den Mietern (zusätzlich zur dreifachen Nettokaltmiete) eine Kaution von 25 Euro pro qm, weil sie mit ihrem Mischlingshund einziehen, verstößt dies nicht gegen die gesetzliche Kautions-Obergrenze. Mit der Zusatzkaution eventuelle Schäden durch den Hund abzusichern, ist zulässig, weil mit der Erlaubnis zur Hundehaltung das Risiko von Parkettschäden deutlich steigt: Hunde können ihre Krallen nicht einziehen.

Heimbewohner starb, bevor über Sozialhilfe entschieden wurde

Das Sozialamt muss dem Altenheim trotzdem die Pflegekosten erstatten

Ein Rentner erkrankte schwer, wurde pflegebedürftig und in einem Altenheim untergebracht. Da seine Rente nicht ausreichte, um die Kosten des Heims zu decken, sollte das Sozialamt den fehlenden Betrag übernehmen. Der Antrag auf Sozialhilfe landete aber erst auf einem Umweg beim zuständigen Landkreis. Der Rentner starb, noch bevor über den Antrag entschieden war.

Das Altenheim verlangte vom Sozialamt des Landkreises, die ungedeckten Pflegeleistungen (über 10.000 DM) zu bezahlen. Die Sozialbehörde lehnte jedoch ab, weil der Anspruch auf Sozialhilfe höchstpersönlicher Natur sei. Nach dem Tod des Berechtigten könne nichts mehr bewilligt werden. Dem widersprach das Oberlandesgericht Köln (7 U 127/93).

Die Beteiligten seien sich einig, dass dem verstorbenen Rentner Sozialhilfe zustand. Also sei der Landkreis als zuständiger Sozialhilfeträger gesetzlich zur Hilfeleistung verpflichtet gewesen. Diese Hilfe habe das Altenheim nur vorfinanziert. Wer aber für einen anderen in dessen Interesse Angelegenheiten besorge, könne Ersatz seiner Ausgaben verlangen. Gemäß diesem Rechtsgrundsatz - die so genannte "Geschäftsführung ohne Auftrag" - müsse der Landkreis die Pflegekosten ersetzen.

Zum Rückbau verpflichteter Eigentümer verkauft Wohnung

Kurzartikel

Ein Wohnungseigentümer war gerichtlich dazu verpflichtet worden, eine unzulässige bauliche Veränderung zu beseitigen. Ohne diese Auflage zu erfüllen, verkaufte er kurz danach die Wohnung. Das Problem wurde er so aber nicht los. Das Amtsgericht entschied, dass die Rückbaupflicht gegen den Ex-Eigentümer mit Zwangsgeld durchgesetzt wird: Dass ihm die Wohnung nicht mehr gehöre, spiele keine Rolle. Der Zahlung könne der Mann nur entgehen, wenn er nachweislich mit allen legalen Mitteln versuche, den Käufer zur Mitwirkung am Rückbau zu bewegen — notfalls mit Hilfe der Justiz.

Portemonnaie mit EC-Karte und PIN geklaut

War die Geheimzahl gut verschlüsselt notiert, ist dem Bankkunden keine Fahrlässigkeit vorzuwerfen

In einer italienischen Autobahnraststätte klauten Trickdiebe einem Münchner das Portemonnaie mit EC-Karte. 20 Minuten später hoben sie in einem nahegelegenen Ort zwei Mal 500 Euro von seinem Girokonto ab. Kurz darauf bemerkte der Mann den Verlust und ließ die Karte sperren.

Seine Bank weigerte sich, den Betrag zu ersetzen und buchte zudem elf Euro Gebühren für zwei Auslandsabhebungen ab. Sie warf dem Kunden grobe Fahrlässigkeit vor: Er habe den Dieben den Missbrauch der EC-Karte leicht gemacht, weil er sie zusammen mit der Geheimzahl im Portemonnaie aufbewahrt habe.

Diesen Vorwurf ließ der Mann nicht auf sich sitzen: Er habe die PIN (4438) nur in verschlüsselter Form notiert. Zuerst habe er sie in Primzahlen zerlegt und die gewonnenen Zahlen 2, 7 und 317 hintereinander auf einen Zettel mit einigen Telefonnummern geschrieben. Die Täter hätten die Abhebung gewiss ohne die Geheimzahl bewerkstelligt. Der Kontoinhaber verklagte die Bank auf Erstattung von 1.011 Euro.

Das Amtsgericht München gab ihm Recht (142 C 19233/19). Nur ein Betrag von 150 Euro sei abzuziehen, da die Bank bei Abhebungen mit gestohlenen EC-Karten einen verschuldensunabhängigen Anspruch auf Schadenersatz in dieser Höhe habe. Den restlichen Betrag müsse das Kreditinstitut dem Konto des Kunden gutschreiben, da ihm keine Pflichtverletzung anzukreiden sei. Dass die Täter beim Geldabheben seine Geheimzahl verwendet hätten, sei nicht bewiesen, so das Amtsgericht.

Wenn eine PIN so komplex verschlüsselt sei, dass Diebe sie nach menschlichem Ermessen nicht entschlüsseln könnten, dürfe man sie auch zusammen mit der Zahlungskarte im Portemonnaie aufbewahren. Im konkreten Fall sei die Verschlüsselungsmethode des Bankkunden sogar sehr sicher: Auch dem gerichtlichen Sachverständigen sei es lange nicht gelungen, die Zahlenfolge 27317 zu dechiffrieren und die PIN daraus zu erschließen, obwohl er sogar die Rechenweise des Kunden kannte.

Zudem habe der Mann diese Zahlenfolge auf einem Zettel mit anderen Nummern notiert ohne jeden Hinweis darauf, dass es sich um eine PIN handelte. Wie es den Tätern innerhalb von 20 Minuten hätte gelingen können, die PIN herauszufinden, sei für das Gericht nicht nachvollziehbar. (Die Bank hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.)

Taschenlampe an der Jagdflinte montiert

Das ist laut Waffengesetz verboten: Jäger muss Waffen und Waffenerlaubnisse abgeben

Bei einem Jäger wurde unangekündigt kontrolliert, ob er die Waffen vorschriftsmäßig aufbewahrte. Dabei stellten die Beamten fest, dass der Mann an einer Bockbüchsflinte mit Klebeband eine Taschenlampe montiert hatte. Vorrichtungen, die das Ziel beleuchten, sind laut Waffengesetz verboten. Deshalb und weil der Jäger auf sie einen "psychisch labilen" Eindruck machte, stellten die Kontrolleure seine Waffen sicher. Die Waffenerlaubnisse wurden widerrufen.

Der Jäger wehrte sich: Die Taschenlampe habe er montiert, um auf seinem Grundstück Zielübungen durchzuführen. Dass das gegen Waffen- und Jagdgesetz verstoße, habe er nicht gewusst. Schließlich dürfe man auch Nachtsichtgeräte und bei der Jagd auf Schwarzwild künstliche Lichtquellen benützen. Psychisch angeknackst sei er keineswegs. Er sei nur wegen seiner Scheidung und wegen der Kontrolle etwas "angespannt" gewesen, müsse zudem aufgrund gesundheitlicher Probleme Medikamente nehmen.

Gegen die Sanktionen zog der Jäger vor Gericht, seine Klage hatte beim Verwaltungsgericht (VG) Schwerin jedoch keinen Erfolg (3 A 807/22 SN). Auf die Ausnahmeregel, die das Jagdrecht für die Jagd auf Schwarzwild vorsehe, könne sich der Jäger nicht berufen, stellte das VG fest: Denn dabei dürfe die künstliche Lichtquelle nicht mit der Waffe verbunden sein, sondern müsse eigenständig verwendet werden.

Indem der Jäger eine Lampe fest auf dem Jagdgewehr montierte, habe er eine verbotene Waffe geschaffen, so das VG. Das stelle eine Straftat dar. Wer eine Straftat begehe, dem fehle es an der für Waffenerlaubnisse notwendigen Zuverlässigkeit. Der Jäger habe eine zentrale Vorschrift des Waffenrechts missachtet, die dem Schutz der Allgemeinheit vor missbräuchlichem Umgang mit verbotenen Waffen diene. Unwissenheit sei da keine Entschuldigung.

Zum einen sei so ein Irrtum leicht zu vermeiden. Über die Vorschriften des Waffenrechts im jeweiligen Bundesland, die man als Waffenbesitzer kennen müsse, könne sich jedermann unschwer auf der Webseite des Deutschen Jagdverbandes informieren. Zum anderen liege auch im Fall eines fahrlässigen Unwissens ein grober Verstoß gegen das Waffengesetz vor. Auch dann drohe Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr.

Fischottern getötet

Die Ausnahmegenehmigungen dafür waren trotz der Verluste der Fischzüchter rechtswidrig

Auf Antrag oberpfälzischer Fischzüchter hatte die Regierung der Oberpfalz 2021 im Rahmen eines Pilotprojekts ausnahmsweise erlaubt, in einigen Teichgebieten jeweils höchstens zwei Fischottermännchen lebend zu fangen und zu töten. Fischotter gefährdeten hier die Fischbestände, so die Begründung. Daher sei die Maßnahme notwendig, um weitere Schäden für die Teichwirtschaft zu verhindern.

Zwei Naturschutzverbände klagten gegen die Maßnahme, das Verwaltungsgericht Regensburg hob die bis Ende 2021 gültigen Ausnahmegenehmigungen im Sommer auf. Gegen diese Entscheidung legte der Freistaat Bayern Berufung ein. Als das Verfahren 2022 stattfand, waren zwar die Ausnahmeerlaubnisse schon abgelaufen. Da die Naturschutzverbände aber befürchteten, solche Genehmigungen könnten sich wiederholen, verlangten sie, die Bescheide nachträglich für unzulässig zu erklären.

Zu Recht, entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (14 B 22.1696). Eine nachträgliche Prüfung sei hier nicht überflüssig, da es nicht ausgeschlossen sei, dass die Behörde nochmals vergleichbare, rechtswidrige Bescheide erlassen könnte. Eine Ausnahmegenehmigung fürs Töten setze den Nachweis voraus, dass das Töten von — in Europa streng geschützten — Fischottern erforderlich und geeignet sei, ernsthafte ökonomische Nachteile für die Fischereiwirtschaft zu vermeiden.

So ein Nachweis auf Basis wissenschaftlicher Daten sei der Regierung der Oberpfalz jedoch nicht gelungen. Sie habe die Ausnahmegenehmigung widersprüchlich begründet. Einerseits gehe die Behörde davon aus, das Töten von Fischottern werde die Schäden in der Teichwirtschaft spürbar verringern. Andererseits formuliere sie selbst die Prognose, die so entstandene Lücke werde wohl bald durch andere Fischottermännchen gefüllt werden … Da läge es doch näher, nach anderen, effizienteren Methoden zu suchen, um die Fischbestände zu schützen.