Sonstiges

Mietkaution in Aktien investiert

Kurzartikel

Ist im Mietvertrag vereinbart, dass der Vermieter den Kautionsbetrag in Aktien investiert, hat der Mieter Anspruch auf Herausgabe der Aktien, wenn das Mietverhältnis endet. Mieter müssen sich in so einem Fall nicht mit der Rückzahlung der Mietsicherheit begnügen. Erträge aus der Kaution stehen dem Mieter zu und zwar unabhängig von der Anlageform: bei Aktien auch etwaige Kursgewinne.

Nerviges Ping-Pong

Anwohnerklage bleibt erfolglos: Auf einem Spielplatz ist Tischtennisspielen erlaubt

Mitten in einem Dorfgebiet liegt der Spielplatz, der einer Anwohnerin Kummer bereitet. In erster Linie ist es das Klack-Klack der Tischtennisbälle, das die benachbarte Hauseigentümerin stört. Vergeblich verlangte sie von der Gemeinde, die Tischtennisplatte zu entfernen. Auch einer Klage war kein Erfolg beschieden.

Lärm auf Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen sei von den Anwohnern hinzunehmen und stelle keine "relevante Störung" dar, entschied das Verwaltungsgericht Trier (9 K 1721/23). Das gelte erst recht, wenn der Spielplatz nicht in einem reinen Wohngebiet liege. Auf einem Spielplatz sollten sich Kinder bis 14 Jahren richtig austoben — dafür sei er gedacht.

Eine Tischtennisplatte ergänze dieses Angebot und solle es den Kindern ebenfalls ermöglichen, ihr ausgeprägtes Bedürfnis nach Bewegung auszuleben. Die Kommune sei daher nicht verpflichtet, das Spielgerät zu entfernen. Auf einem Spielplatz gehe es naturgemäß laut zu. Da ragten einige Anfeuerungsrufe und das unregelmäßige Geräusch der Tischtennisbälle nicht sonderlich heraus. Auch sie seien daher von den Nachbarn zu dulden.

Anders sei es zu bewerten, wenn hier Jugendliche oder Erwachsene außerhalb der festgelegten Öffnungszeiten spielten. Dafür habe die Gemeinde den Spielplatz und die Tischtennisplatte nicht aufgebaut — diese Störung sei ihr deshalb auch nicht zuzurechnen. Wenn so eine Störung auftrete, müsse sich die Anwohnerin an die Polizei und nicht an die Gemeinde wenden.

Flug-Handgepäck nur begrenzt kostenfrei

Kurzartikel

Eine Fluggesellschaft kann die kostenfreie Mitnahme von Handgepäck beschränken auf Gepäckstücke einer gewissen Größe (hier: 40 cm x 30 cm x 25 cm). Für das Befördern von Handgepäck dürfen Flugunternehmen prinzipiell keinen Aufpreis verlangen, wenn Gewicht und Größe vernünftigen Anforderungen entsprechen. Das ist hier aber der Fall: Die von der Airline vorgegebenen Maße sind so angemessen, dass sie nicht dazu führen, dass Passagiere praktisch immer Zuschlag für Gepäck zahlen müssen.

Hauseigentümer will Hecke nicht stutzen

Kurzartikel

Verlangt die Kommune von einem Hauseigentümer den Rückschnitt einer Hecke, die in den schmalen Gehweg hineinragt und so die Verkehrssicherheit gefährdet, kann er den Eingriff nicht mit dem Verweis auf Naturschutz verweigern. Zwar sind von März bis September nur schonende Pflegeschnitte erlaubt. Eine Ausnahme gilt aber dann, wenn eine behördlich angeordnete Maßnahme der Verkehrssicherheit dient.

Hartnäckiger Hausschwamm

Kurzartikel

War ein Haus einmal vom echten Hausschwamm befallen, muss der Hauseigentümer bei einem Verkauf dem Käufer diese Tatsache offenbaren. Das gilt sogar dann, wenn der Schwammbefall vor Jahren von einer Fachfirma technisch einwandfrei beseitigt wurde. Denn auch ein früherer Befall stellt einen Sachmangel des Hauses dar, da Hausschwamm immer wieder auftreten kann.

Einbruch mit einem gestohlenen "richtigen" Schlüssel

Hausratversicherter muss belegen, dass er es dem Täter nicht zu leicht gemacht hat

Einbruchdiebstähle sind in der Regel in der Hausratversicherung mit-versichert. Allerdings enthalten die Allgemeinen Versicherungsbedingungen eine Einschränkung, die "erweiterte Schlüsselklausel": Dringt der Täter mit einem gestohlenen "echten" Schlüssel ein, handelt es sich nur dann um einen versicherten Einbruchdiebstahl, wenn dem Besitzer der Schlüssel nicht durch Leichtsinn fahrlässig abhandengekommen ist.

Gegen diese Klausel sei nichts einzuwenden, urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) und besiegelte damit den schmerzlichen Verlust eines Versicherungsnehmers (IV ZR 118/22). Der Mann hatte — während er einen Termin wahrnahm — seine Aktentasche im Auto liegen lassen. In der Aktentasche befand sich sein Schlüsselbund, darunter auch der Schlüssel zum häuslichen Tresor. Als der Mann zum Auto zurückkehrte, war die Aktentasche verschwunden. In der Wohnung fehlten Wertgegenstände und ca. 64.000 Euro Bargeld.

Vergeblich meldete der Versicherungsnehmer seiner Hausratversicherung den Verlust. Sie verwies nur auf die "Schlüsselklausel": Bei Einbrüchen mit dem passenden Haustürschlüssel ersetze sie die Schäden nicht, wenn der Besitzer den Diebstahl des Schlüssels fahrlässig ermöglicht habe. Im konkreten Fall treffe dieser Vorwurf zu.

Die Zahlungsklage des Mannes gegen seine Hausratversicherung scheiterte in allen Instanzen bis hin zum BGH. Die Aktentasche habe für jedermann sichtbar im Auto gelegen, so die Begründung. Und der Versicherungsnehmer habe nicht beweisen können, dass er den Wagen abgeschlossen habe.

Die in der "Schlüsselklausel" formulierte Bedingung für den Versicherungsschutz entspreche dem allgemeinen Sprachgebrauch und dem Verständnis des durchschnittlich informierten Versicherungsnehmers, erklärte der BGH: Von einem "Einbruchdiebstahl" spreche man nur, wenn Straftäter Haus oder Wohnung gewaltsam öffneten, um etwas zu entwenden. In der Regel umfasse daher der Versicherungsschutz für "Einbruchdiebstahl" auch nur derartige Fälle.

Prozess um gefälschten Impfausweis

Gericht darf die Ergebnisse eines Polizeiberichts nicht ungeprüft übernehmen

2021 erschien eine Frau in einer Aschaffenburger Apotheke, um sich ein digitales Impfzertifikat ausstellen zu lassen. Sie legte einen Impfausweis vor, der dokumentierte bzw. dokumentieren sollte, dass sie zwei Mal gegen Corona geimpft worden war. Die Apothekerin informierte die Polizei, weil sie das Dokument anzweifelte.

Amtsgericht und Landgericht Aschaffenburg kamen aufgrund des Ermittlungsberichts der Polizei zu dem Schluss, dass sich die Frau mit einem gefälschten Impfausweis ein Zertifikat hatte erschleichen wollen. Das Amtsgericht brummte der Frau 3.200 Euro Geldstrafe auf, das Landgericht wies ihre Berufung gegen das Urteil ab.

Bei der Verhandlung vor dem Landgericht wurde der Polizeibericht vorgelesen, der durchaus Argumente beinhaltete, die für eine Fälschung sprachen: Die Frau sei keine Patientin des Arztes gewesen, der sie angeblich geimpft habe. Dessen Praxis sei am vermeintlichen Tag der zweiten Impfung geschlossen gewesen. Und die angeblich verwendeten Impf-Chargen hätten an den Impf-Tagen ihr Verfallsdatum bereits überschritten gehabt. Das Landgericht fand den Bericht so plausibel, dass es den Fall nicht weiter prüfte.

Dieses Vorgehen wurde von der nächsten Instanz, dem Bayerischen Obersten Landesgericht, hart kritisiert: Es verwies den Fall zurück (202 StRR 29/23). Die Beweiswürdigung des Landgerichts sei lückenhaft: Es habe Indizien zugrunde gelegt, die es nur aus dem polizeilichen Ermittlungsbericht abgeleitet habe — ohne sich von der Richtigkeit der Ermittlungsergebnisse zu überzeugen. Dabei stehe nicht einmal fest, wie die Beamten selbst zu diesen Ergebnissen gelangt seien, ob sie z.B. dafür Zeugen befragt hätten.

Auf diese Weise könne das Revisionsgericht (d.h. das Bayerische Oberste Landesgericht) die Beweiswürdigung der Vorinstanz überhaupt nicht prüfen. Es sei nicht erkennbar, auf wessen Angaben die Ermittlungsergebnisse beruhten und ob die Auskunftspersonen glaubhaft über die Tatsachen berichten konnten. Die Beamten seien selbst nur Zeugen vom Hörensagen. Gerichtlich verwertbar seien solche Angaben aus zweiter Hand nur, wenn sie durch weitere Tatsachen gestützt würden. Solche seien dem Urteil aber nicht zu entnehmen.

Außerdem habe das Landgericht aus dem falschen Eintrag im Impfausweis ohne weiteres geschlossen, sie könne nicht vom angeblichen Aussteller — einem Arzt — stammen. Das sei aber ein Trugschluss, wie die Erfahrungen mit falschen Attesten zeigten. Zahlreiche Ärzte hätten falsche Bescheinigungen ausgestellt, um Personen von der Maskenpflicht zu befreien.

Energieversorger gab Kundendaten weiter

Die "anlasslose Übermittlung von Daten" an Auskunfteien ist unzulässig

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) beanstandete die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Stromanbieters Eprimo, genauer: die Datenschutzhinweise des Energieversorgers. Demnach war das Unternehmen berechtigt, bei der Schufa oder anderen Auskunfteien Bonitätsauskünfte über potenzielle Kunden einzuholen. Zudem räumte sich Eprimo das Recht ein, auch selbst Kundendaten an Auskunfteien zu übermitteln, z.B. über das Ende einer Geschäftsbeziehung.

Letzteres verstoße gegen die Datenschutz-Grundverordnung, kritisierten die Verbraucherschützer und forderten, diese AGB-Klausel nicht mehr zu verwenden. Der Energieversorger behalte es sich nicht nur vor, Daten von Kunden weiterzugeben, die sich vertragswidrig verhielten. Vielmehr sei die einschlägige AGB-Klausel so allgemein formuliert, dass Eprimo personenbezogene Daten auch ohne einen derartigen Anlass übermitteln dürfe.

Der vzbv könne als Verband zur Wahrung von Verbraucherinteressen auch gegen Datenschutzverstöße vorgehen, betonte das Landgericht Frankfurt (2-24 O 156/21). Datenschutz und Verbraucherschutz hingen sachlich zusammen. Laut Datenschutz-Grundverordnung dürften Daten nur aus einem anerkannten Grund verarbeitet und weitergegeben werden.

So ein Grund liege vor, wenn Energieversorger bei Auskunfteien die Verletzung vertraglicher Pflichten meldeten, z.B. verzögerte Zahlungen von Kunden. Solche Informationen seien wichtig, um Bonität und Zahlungsmoral von Kunden zu bewerten. Daten dürften auch übermittelt werden, wenn dies für die Vertragsabwicklung notwendig sei oder um berechtigte Interessen des Stromanbieters zu wahren.

Kundendaten ohne so einen Anlass an Schufa und Kollegen weiterzugeben, sei dagegen unzulässig. Die strittige AGB-Klausel sei unwirksam, weil sie so weit gefasst sei, dass man von einer grundlosen "Vorratsdatensammlung" sprechen könne. Eprimo dürfte so den Auskunfteien auch Informationen wie den Stromverbrauch und Vertragslaufzeiten melden. Das könne sogar für vertragstreue Kunden negative Folgen haben. Wer öfter den Anbieter wechsle, werde dadurch geringere Chancen auf einen neuen Vertragsabschluss haben.

WEG-Reparaturen: Drei Kostenvoranschläge sind einzuholen!

Kurzartikel

Soll auf einer Eigentümerversammlung über die Vergabe von Bauaufträgen oder Reparaturaufträgen abgestimmt werden, müssen den Eigentümern vor der Versammlung mindestens drei Angebote von Fachunternehmen vorliegen — ansonsten sind die gefassten Beschlüsse ungültig. Nur mit einem Überblick über die Marktlage können die Eigentümer vernünftig prüfen, ob Honorarvorstellungen der Anbieter angemessen sind, bevor sie sich entscheiden.

Tauben anlocken verboten!

Kurzartikel

Auf dem Gelände einer Wohnanlage Tauben regelmäßig mit Futter anzulocken, ist verboten. Denn Futterreste und Taubenkot beeinträchtigen das Gemeinschaftseigentum und gefährden die Gesundheit der Bewohner. Hält sich ein Eigentümer nicht an das Verbot, muss er der Eigentümergemeinschaft die Kosten ersetzen, die für das Reinigen der Dachrinnen und das Anbringen von Taubenspießen entstehen.

Über neun Stunden Eigentümerversammlung!

Kurzartikel

Auch wenn eine Eigentümerversammlung über neun Stunden getagt hat, können einzelne Eigentümer nicht verlangen, allein deswegen Beschlüsse für ungültig zu erklären. Das gilt jedenfalls dann, wenn es um eine sehr große Eigentümergemeinschaft mit 1.700 Mitgliedern geht und die Tagesordnung nach corona-bedingtem Ausfall der Versammlung im Vorjahr sehr umfangreich war. Zudem wäre es mit hohen Zusatzkosten verbunden, die Tagesordnung zu "halbieren" und die Kongresshalle in der Nachbarstadt zwei Mal für eine Versammlung zu mieten.

Wenn nachts die Hähne krähen

Wird die nachts zulässige Lautstärke überschritten, können Nachbarn Schallschutzmaßnahmen verlangen

Einmal mehr musste sich die Justiz mit dem bayerischen Dorfleben befassen: In einer ländlich geprägten Gegend fühlte sich ein Hauseigentümer durch die drei Hähne des Nachbarn gestört: Sie krähten nämlich besonders gerne in der Nacht. Davon wachten der Hauseigentümer und seine Frau regelmäßig auf. Deshalb erhob er Unterlassungsklage und ließ den Geräuschpegel messen. Resultat: Die Hähne erreichten einen beachtlichen Höchstpegel von bis zu 65 dB (A).

Gemäß TA Lärm ("Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm") ist von 22 Uhr bis 6 Uhr nur eine Lautstärke von 60 dB (A) zulässig. Diesen Grenzwert überschritt also das Krähen, was auch das Amtsgericht einräumte. Es wies dennoch die Klage des Hauseigentümers ab, weil in einem ländlich geprägten Gebiet das Halten von Nutztieren zur Selbstversorgung ortsüblich sei. Der Nachbar müssten daher die Beeinträchtigung hinnehmen.

Der Nachbar legte gegen das Urteil Berufung ein und setzte sich beim Landgericht Mosbach durch (5 S 47/22). Anders als das Amtsgericht verneinte das Landgericht eine "Duldungspflicht": Man könne auch in ländlichen Gebieten nicht jeglichen Lärmschutz mit dem pauschalen Hinweis aushebeln, dass Tierhaltung ortsüblich sei und dass das auch für Tierhaltung aus Liebhaberei gelte.

Die Gesundheit der Anwohner, die unter ständigen Schlafstörungen leide, sei höher zu bewerten als der Wunsch der Nachbarn, ihr Hobby Hühnerzucht ungestört auszuüben. Die Nachbarn müssten dafür sorgen, dass nachts das Krähen unter dem zulässigen Höchstwert bleibe. Die vom Sachverständigen geschätzten Kosten für eine Schallisolierungsmaßnahme (ca. 4.000 Euro) seien für die Hühnerzüchter wirtschaftlich zumutbar.

Betriebsfeier auf dem Partyschiff

Übermütiger Mitarbeiter sprang in den Rhein: Arbeitgeber kündigt wegen Störung des Betriebsfriedens

Offenbar war Herr M, Vertriebsmitarbeiter bei einem Lifthersteller, auch früher schon bei Betriebsfeiern durch, nun ja, leicht exzentrisches Verhalten aufgefallen. Ob "nur" vom Alkohol beflügelt oder auch von anderen Substanzen, blieb vor Gericht strittig.

Jedenfalls hatte der Arbeitgeber den 33-Jährigen einmal nach einer Firmenfeier ermahnt, weil er sich einen Plastik-Flamingo geschnappt und darauf herumgeritten war. Dementi des Arbeitnehmers: Er sei nicht "geritten, sondern mit dem Flamingo durch den Saal getanzt".

Harmlos, verglichen mit seiner tollkühnen Aktion bei der feucht-fröhlichen Betriebsfeier, die auf einem Partyschiff im Rhein stattfand. Trotz der starken Strömung des Flusses sprang M in Unterhose in den Rhein und schwamm — angefeuert von einigen Kollegen — rund um das Schiff. So habe er "die Stimmung auflockern wollen", erklärte M.

Der Arbeitgeber nahm es nicht so locker und kündigte M nach diesem "Event" fristlos. Möglicherweise auch deshalb, weil eine Putzkraft dem Chef berichtet hatte, der Mitarbeiter habe vor dem Sprung auf der Schiffstoilette Kokain geschnupft — was M entschieden bestritt. Offizielle Begründung der Firma: M habe sich selbst und andere mit dieser Aktion gefährdet und massiv den Betriebsfrieden gestört.

Der Betriebsrat stimmte der Kündigung zu, weil er dem Gerücht aufsaß, M sei nackt in den Fluss gesprungen. Dessen Kündigungsschutzklage hatte beim Arbeitsgericht wegen der fehlerhaften Anhörung des Betriebsrats Erfolg: Das Gremium sei von falschen Tatsachen ausgegangen, so das Arbeitsgericht. Mit diesem Punkt hielt sich das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf, das über die Berufung des Arbeitgebers zu entscheiden hatte, gar nicht mehr auf (3 Sa 211/23).

Zwar teilte das LAG die Ansicht des Arbeitgebers, dass der Mitarbeiter gegen seine Pflichten verstoßen und den Betriebsfrieden gestört hatte. Es schlug den streitenden Parteien aber einen Vergleich vor: Der Lifthersteller solle die Kündigung zurücknehmen und Herrn M weiter beschäftigen, wenn der Arbeitnehmer im Gegenzug eine Abmahnung für seinen Pflichtenverstoß akzeptiere. Dem stimmten beide Seiten zu.

Sturz auf der Restaurantterrasse

Gastwirt muss für die Unfallfolgen nicht haften, wenn der Untergrund erkennbar uneben ist

An einem sonnigen Sommerabend ging Herr X in ein Restaurant und ließ sich an einem Tisch auf der Terrasse nieder. Die Terrasse ist mit Natursteinen gepflastert, der Belag uneben. Herr X bestellte etwas zu essen und suchte dann die Toilette auf. Auf dem Rückweg zu seinem Tisch stolperte er, stürzte zu Boden und verletzte sich.

Erfolglos verklagte X den Inhaber des Restaurants auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. Dem Gastwirt sei keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht vorzuwerfen, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt (11 U 33/23). Er sei nämlich nicht verpflichtet, einen absolut "gefahrfreien Zustand" der Terrasse herzustellen.

Gastwirte müssten grundsätzlich nur Sicherheitsmaßnahmen treffen, die Besucher berechtigterweise erwarten könnten. Maßnahmen also, die notwendig seien, um Gefahren abzuwenden, auf die sich Besucher nicht einstellen könnten.

Gegenmaßnahmen seien jedoch überflüssig, wenn Unebenheiten im Boden auf den ersten Blick erkennbar seien — so wie hier die von Natur aus unebenen Steine und die Fugen zwischen den Steinen. Restaurantgäste müssten sich den Bedingungen vor Ort anpassen und beim Gehen auf die Beschaffenheit des Untergrunds achten.

Zu schnell gefahren

Zeugen können Radarfoto "entkräften": Richter darf Beweisantrag nicht übergehen

Ein Amtsrichter verurteilte einen Autofahrer, weil er zu schnell gefahren war. Als Beweis diente ein Radarfoto. Der Betroffene hatte aber im Prozess angegeben, nicht er sei gefahren, sondern ein Fernfahrer aus seinem Betrieb. Diesem Beweisantrag war der Richter nicht nachgegangen: Das Foto sei aussagekräftig genug.

Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg hielt dagegen nicht so viel von der Qualität von Frontfotos einer automatischen Kamera (Ss 337/94). Radarfotos zeigten die Fahrer nur mehr oder weniger deutlich, so das OLG. Daher könne man nicht ausschließen, dass der Richter zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, wenn er das Foto mit einer weiteren Person verglichen hätte. Unter Umständen hätte er dann festgestellt, dass die andere Person abgebildet war. Dem Beweisantrag hätte der Amtsrichter nachgehen müssen: Er müsse sich mit dem Fall noch einmal befassen und ein neues Urteil fällen.

Unfall beim Stapeln von Strohballen

Der verletzte Helfer unterstützte einen befreundeten Landwirt: Ein Fall für die gesetzliche Unfallversicherung?

Im August 2021 waren Gewitter angekündigt. Der Landwirt musste eilig die Strohernte einfahren und die Ballen in der Scheune einlagern. Sohn und Bruder waren verhindert, deshalb rief er einen Bekannten an und bat ihn um Hilfe. Der Maschinenschlosser, dessen Schwester mit der Frau des Landwirts gut befreundet war, hatte auch seinem Onkel schon bei der Strohernte geholfen.

Der Mann sagte zu und unterstützte am nächsten Tag den Landwirt beim Stapeln der Strohballen in der Scheune. Dabei ereignete sich das Unglück: Vom Förderband, das die Strohballen nach oben transportierte, fiel ein ca. 20 Kilogramm schwerer Ballen herunter und traf den Helfer am Rücken. Er sackte zusammen und konnte nicht mehr aufstehen. Gebrochene Wirbel mussten langwierig behandelt werden.

Bei der landwirtschaftlichen Unfallversicherung beantragte der Unglücksrabe Leistungen: Es habe sich um einen Arbeitsunfall gehandelt, da er im Interesse des Landwirts eine "arbeitnehmerähnliche Tätigkeit" verrichtet habe. Doch die Unfallversicherung sah das anders: Gefälligkeiten unter Freunden seien nicht gesetzlich unfallversichert.

Auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg verneinte einen Arbeitsunfall und wies die Klage des Verletzten ab (L 1 U 3333/22). Hier sei es um einen Hilfsdienst gegangen, dessen Motiv die freundschaftliche Verbundenheit zwischen der Familie des Verletzten und der Familie des Landwirts gewesen sei. Über eine Gegenleistung sei am Telefon nicht gesprochen worden, habe der Verletzte selbst betont: "Er helfe eben einfach auch so mal …".

So eine Hilfe diene dazu, eine Freundschaft zu festigen. Sie ähnle damit keineswegs einer Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer: Denn die sei nicht durch uneigennützige Hilfe, sondern durch gegenseitigen Austausch von Leistungen geprägt. Wenn die Pflege einer sozialen Beziehung zum Auftraggeber im Vordergrund stehe, liege keine "arbeitnehmerähnliche Tätigkeit" vor.

Der Schlosser habe den Landwirt ca. fünf Stunden bei der Arbeit unterstützen sollen. Dieser Umfang der Tätigkeit sei bei einer einmaligen Mithilfe in der Landwirtschaft nicht ungewöhnlich und gehe nicht über den Rahmen hinaus, den man unter Freunden erwarten könne.

Supermarkt muss zerdrückte Pfanddosen zurücknehmen

Kurzartikel

Zu Unrecht hat sich eine Lidl-Filiale geweigert, die plattgedrückten Einweg-Dosen eines Kunden zurückzunehmen: Denn durch das Pfand-Logo waren sie trotzdem eindeutig als Pfanddosen zu erkennen. Das Verpackungsgesetz sehe nicht vor, dass die Dosen bei der Rückgabe in gutem Zustand sein müssten, erklärte das OLG Stuttgart. Zudem bestehe objektiv keinerlei Interesse des Supermarkts an pfleglicher Behandlung einer Pfandsache, die ohnehin zerstört werde.

Über löchriges Malervlies im Treppenhaus gestürzt

Wer "sehenden Auges" ein gut erkennbares Risiko eingeht, erhält kein Schmerzensgeld

Auf der Treppe eines Mietshauses lag wegen Bauarbeiten schon seit mehreren Wochen ein Malervlies — ziemlich strapaziert und löchrig. Im Haus hat auch ein Fahrdienst Räume gemietet. Der bauleitende Architekt hatte der Firma mitgeteilt, ihre Fahrer sollten die Treppe möglichst nicht benutzen und das Gebäude über den Hintereingang betreten. Diese Anweisung gab die Firma an die Mitarbeiter weiter.

Doch Fahrer K ignorierte sie und lief immer über die Treppe. Eines Tages blieb er beim Hinuntergehen in einem Loch im Malervlies hängen, stolperte und stürzte die Treppe hinab. Der verletzte Fahrer forderte vom Hauseigentümer und vom bauleitenden Architekten 30.000 Euro Schmerzensgeld. Darauf habe K keinen Anspruch, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Nürnberg (3 U 3080/22).

Ausnahmsweise müsse hier der Verletzte den Schaden alleine tragen, so das OLG. Denn K sei "sehenden Auges ein für jedermann erkennbares Risiko eingegangen". Den Zustand des Malervlieses habe niemand übersehen können. Und K sei mehrmals täglich hier aus- und eingegangen. Dem offenkundigen Risiko, hier zu stolpern, hätte der Fahrer leicht ausweichen können, wenn er den anderen Gebäudeeingang genommen hätte.

Im Vergleich mit seinem Beitrag zum Treppensturz seien die minimalen Beiträge des Bauleiters und des Hauseigentümers zu vernachlässigen. Sie hätten natürlich das Malervlies erneuern sollen — das schon. Aber da es sich hier um eine offenkundige Gefahr handelte, vor der sich K durch Vorsicht ohne Weiteres selbst hätte schützen können, dürften er und andere Benutzer der "Baustelle Treppenhaus" hier keine besonderen Sicherheitsmaßnahmen erwarten.

Vertragsfreiheit beim Grundstückskauf

Verhandlungen können jederzeit abgebrochen werden: kein Ersatz für Aufwendungen

Fast zweieinhalb Jahre verhandelten ein Grundstückseigentümer und ein potenzieller Käufer über ein Grundstück. Der Verkäufer hatte dem Interessenten ein "unverbindliches Kaufangebot" mit den wichtigsten Daten geschickt (Grundstücksgröße, Kaufpreis, Rahmenbedingungen). Außerdem sicherte er dem Interessenten zu, dass er über das Grundstück nicht mit anderen Bewerbern spreche. Daraufhin beauftragte der Kaufinteressent schon mal einen Steuerberater und einen Architekten.

Doch dann überlegte es sich der Grundstückseigentümer anders und verkaufte nicht. Nun forderte der düpierte Kaufinteressent Ersatz für die vergeblich aufgewendeten Kosten: Nach den detaillierten Vertragsverhandlungen habe er davon ausgehen dürfen, dass dem Abschluss des Kaufvertrags nichts mehr im Wege stehe. Nur weil er darauf vertraute, habe er kostenpflichtig einen Architekten und einen Steuerberater beauftragt, Bau und Kaufvertrag vorzubereiten.

Das Landgericht Wuppertal wies die Klage des verhinderten Käufers ab (6 O 101/22). Vertragsfreiheit bedeute: Bis zum endgültigen Vertragsschluss seien die Verhandlungsparteien grundsätzlich frei in ihren Entscheidungen. Das gelte auch dann, wenn eine Verhandlungspartei im Hinblick auf den erhofften Vertragsschluss bereits Geld ausgegeben habe. Anspruch auf Schadenersatz für vergeblich getätigte Aufwendungen bestehe nur in Ausnahmefällen.

Das treffe dann zu, wenn eine Partei ohne triftigen Grund die Verhandlungen abbreche — obwohl sie vorher eindeutig den Eindruck erweckt habe, der Vertrag werde zustande kommen. So sicher habe der Kaufinteressent im konkreten Fall aber nicht mit dem Abschluss des Kaufvertrags rechnen können. Wenn der Grundstückseigentümer sein Interesse am Verkauf absichtlich nur vorgespiegelt hätte, würde so ein Verstoß gegen die Treuepflicht Anspruch auf Schadenersatz begründen. So ein Fehlverhalten sei hier aber nicht ersichtlich.

Wehrdienstunfähiger will Kriegsdienst verweigern

Er muss auf die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer warten, bis er "tauglich" ist

Wer aus Gewissensgründen keinen Wehrdienst leisten will, kann beantragen, als Kriegsdienstverweigerer anerkannt zu werden. Mit dem Antrag eines Wehrpflichtigen wollte sich die zuständige Behörde jedoch gar nicht erst befassen: Es sei festgestellt worden, dass er nicht wehrdienstfähig sei, teilte sie mit, daher stehe er weder für den Wehr- noch für den Zivildienst zur Verfügung.

Damit war der junge Mann nicht einverstanden. Sein Argument: Er müsse mit einer Nachuntersuchung rechnen, bei der sich seine Wehrtauglichkeit herausstellen könnte. Daher wolle er bereits jetzt ausschließen, in Zukunft zum Dienst mit der Waffe herangezogen zu werden. Nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts fehlt dem Betroffenen das Rechtsschutzbedürfnis für das Anerkennungsverfahren (6 B 15.94).

Sollte sich sein Gesundheitszustand bessern und dann eine Einberufung in Frage kommen, sei die Behörde verpflichtet, beschleunigt über seinen Antrag zu entscheiden. Werde der junge Mann noch vor dieser Entscheidung einberufen, würde er ohnehin nur zum waffenlosen Dienst in der Bundeswehr herangezogen. Dass sein Antrag auf Anerkennung zurückgestellt worden sei, verletze daher nicht das Grundrecht auf Kriegsdienstverweigerung.