Sonstiges

Karlsruhe rügt zweierlei Maß beim Weihnachts- und Urlaubsgeld

Auch Einmalzahlungen müssen Einfluss auf das Arbeitslosengeld haben

Die Beiträge zur Sozialversicherung richten sich nach der Höhe des Lohns. Dabei werden auch Beträge wie das Weihnachtsgeld und das Urlaubsgeld herangezogen, die nur einmal im Jahr gezahlt werden. Wenn es aber um die Berechnung der Lohnersatzleistungen geht (Beispiel: Arbeitslosengeld), bleiben diese Einmalzahlungen unberücksichtigt.

Ein Bürger zog dagegen vor das Bundesverfassungsgericht: Diese beiden Regelungen des Sozialrechts passten nicht zusammen und verletzten den Gleichheitssatz des Grundgesetzes.

Die Karlsruher Richter gaben ihm Recht: Sie erklärten die angegriffenen Bestimmungen für verfassungswidrig (1 BvR 892/88). Nicht nur der laufende Lohn, sondern auch einmalige Sonderzahlungen beeinflussten die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers. Und nach der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers müsse sich die Höhe des Arbeitslosengeldes richten. Der Gesetzgeber müsse daher die betreffenden Gesetze ändern.

Langzeitarbeitsloser soll Grundsicherung zurückzahlen

Jobcenter fordert wegen einer vor Jahren abgebrochenen Ausbildung einen hohen Betrag: unverhältnismäßig!

Vor einigen Jahren hatte ein (damals) 20-Jähriger seinen Ausbildungsplatz verloren, weil er wiederholt unentschuldigt fehlte. Danach hatte sich der Mann arbeitslos gemeldet. Wegen des Ausbildungsabbruchs erhielt er vorübergehend 30 Prozent weniger Grundsicherung. Insgesamt bezog der Mann fast vier Jahre lang Grundsicherungsleistungen, bis plötzlich das Jobcenter rund 51.000 Euro zurückforderte.

Begründung: Durch sein sozialwidriges Verhalten habe der Langzeitarbeitslose seinerzeit die Hilfebedürftigkeit grob fahrlässig herbeigeführt. Mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung als Elektroniker hätte er auf dem Arbeitsmarkt sehr gute Chancen gehabt. Gegen die Rückforderung setzte sich der Mann zur Wehr: Dass er immer noch arbeitslos sei, habe mit seinem Verhalten als Auszubildender nichts mehr zu tun.

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen gab ihm Recht (L 11 AS 346/22). Dass der Mann die Kündigung des Ausbildungsvertrags durch den Betrieb mit seinem Verhalten schon fast provoziert habe, sei durchaus als sozialwidrig einzustufen. Mittlerweile seien aber mehrere Jahre vergangen. Das damalige Verhalten sei nicht mehr ursächlich dafür, dass der Mann immer noch Grundsicherung benötige. Konkrete Anhaltspunkte für die Annahme, dass er mit einem regulären Berufsabschluss durchgängig gearbeitet hätte, gebe es auch nicht.

Vor allem sei es unverhältnismäßig, Jahre nach einer "typischen Jugendsünde" einen derart hohen Betrag zurückzuverlangen: Müsste der Arbeitslose diese Summe abstottern, würde dies erst recht jede Erwerbsperspektive für ihn zerstören. Bei jungen Menschen sei es ein weit verbreitetes Phänomen, dass sie die Berufsausbildung vernachlässigten oder abbrechen. Für Außenstehende sei das leichter als unklug und irrational zu erkennen. Doch die Betroffenen seien in der Regel erst später so einsichtig.

Mietnebenkosten: Zu teures Müllmanagement?

Mieter müssen beweisen, dass die Vermieterin gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot verstoßen hat

Fünf aktuelle und ehemalige Mieter eines Düsseldorfer Mietshauses forderten von der Vermieterin Geld zurück. Ihrer Ansicht nach hatte sie ihnen von 2016 bis 2018 für das Müllmanagement einen zu hohen Betrag abgeknöpft (56,04 Euro pro Jahr). Bereits im Jahr 2010 hatte die Vermieterin eine externe Dienstleistungsfirma damit beauftragt, den Müll nachzusortieren, die Restabfallmenge pro Haushalt zu erfassen und die Tonnenstandplätze zu reinigen.

Das Landgericht Düsseldorf gab den Mietern Recht: Die Vermieterin habe nicht dargelegt, dass diese zusätzlichen Kosten erforderlich gewesen seien. Mit diesem Urteil war jedoch der Bundesgerichtshof nicht einverstanden: Er hob es auf und verwies den Rechtsstreit ans Landgericht zurück (VIII ZR 230/21).

Zwar gehöre es zu den vertraglichen (Neben-)Pflichten des Vermieters, den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten, d.h. bei den Betriebskosten auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis zu achten. Im konkreten Fall könne die Vermieterin jedoch mit dem Abschluss ihres (eventuell ungünstigen) Vertrags mit der Dienstleisterin nicht gegen diesen Grundsatz verstoßen haben: Denn 2010 bestanden die Mietverhältnisse der Kläger noch gar nicht.

Ein Verstoß der Vermieterin gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot käme daher nur in Betracht, wenn sie einen eventuell ungünstigen Vertrag später, also während des Mietverhältnisses, hätte korrigieren oder kündigen können, um so beim Müllmanagement ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis zu erreichen.

Dass dies möglich und wirtschaftlich zumutbar gewesen wäre und die Vermieterin diese Möglichkeit trotzdem nicht ergriffen habe, müssten aber die Mieter belegen, wenn sie Rückzahlung forderten. Nicht die Vermieterin sei hier beweispflichtig. Grundsätzlich gelte: Vor Gericht müsse jede Partei die für sie günstigen Tatsachen darlegen und beweisen.

Außerplanmäßige Flugzeug-Inspektion erforderlich

Ist die Hälfte aller Maschinen betroffen, kann eine Airline Flugverspätungen nicht vermeiden

Im Oktober 2019 war ein Flug von Zürich nach Stuttgart mit Airbus A220 annulliert worden. Hintergrund: An diesem Tag war bei so einer Maschine der Fluggesellschaft das Triebwerk ausgefallen. Einige Wochen vorher hatte bereits die amerikanische Luftfahrtbehörde angeordnet, wegen technischer Probleme an den Triebwerken des Airbus A220 nach bestimmten Flugzyklen die Maschinen dieses Typs einer Inspektion zu unterziehen.

Passagiere, die den annullierten Flug nach Stuttgart gebucht hatten und mit einem Ersatzflug fast acht Stunden später dort landeten, verlangten vom Flugunternehmen eine Ausgleichszahlung gemäß der EU-Fluggastrechteverordnung.

Die Fluggesellschaft lehnte die Zahlung ab: Das für die Sicherheit wesentliche technische Problem habe eine Vielzahl ihrer Maschinen betroffen. Daher habe sie den Flug annullieren müssen. Für so einen Fall könne kein Flugunternehmen genügend Ersatzmaschinen vorhalten.

So sah es auch der Bundesgerichtshof: Er wies die Klage auf Ausgleichszahlung ab (X ZR 117/21). Die Flugannullierung sei auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen, die für die Fluggesellschaft nicht beherrschbar gewesen seien, so die Bundesrichter. Mit technischen Defekten einzelner Maschinen müssten Flugunternehmen immer rechnen, das gehöre zu ihrer normalen Tätigkeit.

Ein außergewöhnlicher und nicht beherrschbarer Umstand — der sie von der Pflicht befreie, die Passagiere zu entschädigen — könne aber vorliegen, wenn ein wesentlicher Teil der Flugzeugflotte betroffen sei. Und so liege der Fall hier. Am fraglichen Tag habe die Airline alle ihre Flugzeuge vom Typ Airbus A220 und damit rund die Hälfte ihrer Kurz- und Mittelstreckenmaschinen wegen des Triebwerkausfalls einer außerplanmäßigen Inspektion unterzogen.

Dies sei notwendig gewesen, um technische Defekte der Maschinen dieses Typs und damit ein hohes Risiko für Fluggäste auszuschließen. In so einem Fall müsse das Flugunternehmen Störungen des Flugbetriebs in Kauf nehmen: Sicherheit sei unter diesen Umständen wichtiger, als Verspätungen und Annullierungen von Flügen zu verhindern. Daher stehe den Passagieren keine Ausgleichszahlung zu.

Magenspiegelung ohne Schmerzmittel

Ärzte dürfen eine fehlerhafte Therapie auch auf Wunsch des Patienten nicht anwenden

Wegen häufiger Verdauungsprobleme wurde bei einem 14-Jährigen eine Magen- und Darmspiegelung vorgenommen. Beim Vorgespräch mit dem Anästhesisten äußerte die Mutter des Patienten den Wunsch, dem Jungen vor dem Eingriff ein Schmerzmittel zu verabreichen. Einige Wochen später forderte die Frau im Namen des Minderjährigen vom Ärzteteam 30.000 Euro Schmerzensgeld.

Begründung: Entgegen der Absprache habe ihr Sohn während der Untersuchungen kein Schmerzmittel erhalten, die Sedierung sei unzureichend gewesen. Der Junge habe Schmerzen erlitten und fürchte sich nun schrecklich vor endoskopischen Untersuchungen. Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden wies die Zahlungsklage ab (4 U 1258/22). Laut Sachverständigengutachten habe der Eingriff medizinischem Standard entsprochen.

Nur im Ausnahmefall werde zusätzlich zur Sedierung, die für sich genommen schon riskant sei, Schmerzmittel gegeben. Bei dem Jungen sei das nicht notwendig. Ob ein Behandlungsfehler vorliege oder nicht, richte sich nach dem medizinischen Standard — und nicht nach Vereinbarungen mit Patienten oder Erziehungsberechtigten. Daher könne es offenbleiben, ob der Anästhesist tatsächlich so eine Absprache getroffen habe - was er bestreite.

Auch ein unbedingter Wunsch des Patienten bzw. der Erziehungsberechtigten würde nämlich den Anästhesisten nicht dazu verpflichten, Schmerzmittel zu verabreichen, wenn dies aus medizinischer Sicht bei dieser Untersuchung nicht geboten oder sogar schädlich sei. Ärzte dürften keine medizinisch fehlerhafte Therapie anwenden, auch wenn Patienten dies ausdrücklich forderten. Dies zu unterlassen, könne also keinen Behandlungsfehler darstellen.

Nichts von dem, was die Mutter vorgetragen habe, begründe einen Anspruch auf Schmerzensgeld. Nach der ärztlichen Dokumentation habe der Junge tief geschlafen. Auch die gemessenen Werte sprächen dafür, dass die Sedierung bei dem Eingriff gestimmt habe. Die behaupteten Schmerzen dabei seien eine folgenlose Bagatelle gewesen. Dass der Junge weitere Eingriffe fürchte, sei ebenfalls "normal". In dem geschilderten Ausmaß seien Unwohlsein und Angst vor ärztlichen Untersuchungen alltagstypische Erscheinungen, die in der Bevölkerung weit verbreitet seien.

Landwirt kämpft um Schießerlaubnis

Der Rinderzüchter und Jäger will seine Tiere "stressarm" selbst töten und schlachten

Ein Rinderhalter aus Niedersachsen beantragte bei der Waffenbehörde eine Schießerlaubnis, weil er die Tiere selbst mit Kugelschuss töten und schlachten wollte. Als Jäger hat er zwar sowieso Waffen und einen Waffenschein. Um seine eigenen Rinder auf der Weide erschießen zu dürfen, benötigt er aber laut Waffengesetz eine Extra-Genehmigung.

Die Waffenbehörde lehnte den Antrag ab und gab sich auch nach einem für den Jäger günstigen Urteil des Verwaltungsgerichts nicht geschlagen: Da seien die Belange der öffentlichen Sicherheit nicht berücksichtigt worden, wandte die Behörde ein, z.B. die Gefahr von Querschlägern. Überhaupt sollten so "wenig Waffen wie möglich" im Volk unterwegs sein und ihr Gebrauch auf ein Mindestmaß begrenzt werden.

Gefahren für Dritte könne die Waffenbehörde mit genauen Auflagen für die Schussabgabe vorbeugen, erklärte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg: Sie könne diese konkret vorgeben (11 LA 133/22). Hier gehe es nicht um das Anliegen des Gesetzgebers, den Waffengebrauch möglichst einzuschränken. Als Inhaber eines Jagdscheins besitze der Rinderhalter ohnehin ganz legal Schusswaffen und Munition. Es gebe keinen vernünftigen Grund, ihm die Schießerlaubnis zu verweigern.

Dass die Behörde abstreite, dass hier ein anzuerkennendes Interesse an der Genehmigung bestehe, sei nicht nachvollziehbar. Der Landwirt habe vor Gericht anschaulich geschildert, dass die meisten Tiere seiner Herde, die er das ganze Jahr über im Freien halte, sehr scheu seien. Sie würden sich nur mit sehr großem Widerstand einpferchen oder transportieren lassen.

Der Rinderhalter wolle die Tiere möglichst stressfrei töten und das sei mit einem Kopfschuss, der sie auf der Weide unvermittelt treffe, am besten zu erreichen. Dass der Tierhalter als Landwirt, der das Fleisch seiner Rinder ausdrücklich mit dem Argument bewerbe, diese würden "stressarm geschlachtet", ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse daran habe, eine Schießerlaubnis zu bekommen, liege auf der Hand.

Kein Wohngeld für Langzeitstudentin

Kurzartikel

Studierende können bei überlanger Studiendauer ihren Anspruch auf Wohngeld verlieren. Das gilt vor allem, wenn die Umstände belegen, dass ein Student/eine Studentin das Studium nicht mehr ernsthaft betreibt. Davon kann man nach Ansicht des Verwaltungsgerichts Berlin bei einer Studierenden im 20. Hochschulsemester ausgehen, die nur ca. die Hälfte aller nötigen Klausuren bestanden hat: Wohngeld zu beanspruchen, sei in so einem Fall Rechtsmissbrauch.

Windschutzscheibe mit Frostschutzfolie abgedeckt

Arbeitnehmerin stürzte dabei auf einem Parkplatz nahe dem Betrieb: Arbeitsunfall?

An einem frostigen Wintertag fuhr eine Angestellte mit dem Auto in die Arbeit. Sie stellte den Wagen auf einem Parkplatz ab, der etwa 200 Meter vom Betrieb entfernt liegt. Bevor sie die kurze Strecke zu Fuß zurücklegte, wollte die Frau allerdings noch die Frontscheibe abdecken. Um die Frostschutzfolie anzubringen, ging sie um den Wagen herum. Beim Zurücktreten auf der Beifahrerseite knickte sie um, stürzte und brach sich das Sprunggelenk.

Bei der zuständigen Berufsgenossenschaft — Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung — beantragte die Angestellte, ihren Sturz als Arbeitsunfall anzuerkennen: Sie sei ja auf dem Weg zum Arbeitsplatz verunglückt und bei so genannten Wegeunfällen seien Leistungen der Unfallversicherung vorgesehen. Doch die Berufsgenossenschaft winkte ab: Wenn ein Arbeitnehmer am Auto eine Frostschutz-Abdeckung anbringe, gehöre das nicht zum Arbeitsweg.

Erfolglos klagte die Angestellten Leistungen ein: Auch das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt verneinte einen Arbeitsunfall (L 6 U 61/20). Als sie die Windschutzscheibe des Autos abdeckte, habe die Angestellte ihren Arbeitsweg unterbrochen — aus Gründen, die nicht mit ihrer beruflichen Tätigkeit zusammenhingen.

Vielmehr habe die Frau wegen der Kälte die Frontscheibe geschützt, um sie vor der Heimfahrt nicht enteisen zu müssen. Sie habe also aus einem privaten Motiv heraus die spätere Fahrt vorbereitet. Diese privat motivierte Handlung sei nicht unfallversichert: Die Angestellte habe den Arbeitsweg unterbrochen, um eine vom Weg ganz unabhängige Aktion auszuführen.

Strompreiserhöhung angekündigt

"Vorher — nachher": Energieversorger muss Preisbestandteile einander gegenüberstellen

Ein Energieversorgungsunternehmen hatte im Frühjahr 2018 Sonderverträge für Strom und Gas angeboten und die Kunden per E-Mail darüber informiert, dass es ab Mai 2018 die Strompreise erhöhen werde. Die Nachricht enthielt weder eine Gegenüberstellung des vor und nach der Erhöhung gültigen Preises, noch wurden einzelne Kostenfaktoren aufgeschlüsselt. Aus diesem Grund mahnte ein Verbraucherschutzverein das Unternehmen ab.

Als der Energieversorger darauf nicht reagierte, zogen die Verbraucherschützer vor Gericht und verlangten mehr Transparenz bei der Kundeninformation. Während das Landgericht Köln eine detaillierte Gegenüberstellung der Preisbestandteile für überflüssig hielt, gab das Oberlandesgericht (OLG) Köln dem Verein Recht: Eine so knapp gehaltene Information über eine Preisanpassung sei intransparent, Verbrauchern fehle so jede Grundlage für einen Marktvergleich.

Erfolglos legte das Energieversorgungsunternehmen Revision ein: Der Bundesgerichtshof bestätigte das Urteil des OLG (VIII ZR 199/20). Das Unternehmen habe den Kunden per E-Mail Verbrauchsabrechnungen geschickt und dabei — sozusagen im Anhang — kurz eine Preiserhöhung angekündigt. Diese Information sei in der Tat unzulänglich.

Energieversorger müssten Kunden über beabsichtigte Preisänderungen umfassend unterrichten und zwar unabhängig davon, ob die Verbraucher in der Grundversorgung seien oder nicht. Energielieferanten müssten die einzelnen (nach ihren Geschäftsbedingungen im Strompreis enthaltenen) Preisbestandteile vor und nach der Anpassung aufschlüsseln und einander gegenüberstellen.

Wenn Kunden, so wie hier, nur über Umfang und Anlass der Änderung informiert würden, könnten sie nicht erkennen, auf welchen Kostenfaktoren die Preiserhöhung im Einzelnen beruhe. Unter diesen Umständen könnten die Verbraucher die Angebote verschiedener Versorger nicht richtig vergleichen und auch nicht prüfen, ob es sinnvoll sei, von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch zu machen.

Kriegsdienstverweigerer will keine verwundeten Soldaten pflegen

Mit dieser Begründung kann er den Wehrdienst, nicht aber den Zivildienst verweigern

Anerkannte Kriegsdienstverweigerer müssen keinen Zivildienst leisten, wenn ihnen ihr Gewissen auch dies verbietet und weitere Voraussetzungen vorliegen. Sie müssen dann mindestens ein Jahr länger, als der Zivildienst dauert, im Pflegebereich arbeiten.

Ein junger Mann begründete seine Totalverweigerung damit, dass er in einen Gewissenskonflikt geraten würde, wenn er als Zivildiensthelfer im Kriegsfall verwundete Soldaten versorgen müsste.

Dieses Argument ließ das Bundesverwaltungsgerichts jedoch nicht gelten (8 C 9/93 und 8 C 21/93). Das Gesetz schütze den Totalverweigerer nur dann, wenn sein Gewissen ihm verbiete, sowohl im Frieden als auch im Krieg Zivildienst zu leisten. Hier lehne der Betroffene aber nur die Heranziehung im Krieg ab. Die Begründung sei auch deswegen nicht als "Gewissensentscheidung" anzuerkennen, weil im Verteidigungsfall die Befreiung vom Zivildienst weitgehend aufgehoben sei. Im Krieg könnten Totalverweigerer dem Zivildienst nämlich nur entgehen, wenn sie ohnehin im Pflegebereich arbeiteten.

Gesundheitsgefahr durch Räumung?

Macht die Mieterin einen Härtefall geltend, ist ein Sachverständigengutachten einzuholen

Der langjährigen Mieterin einer Zwei-Zimmer-Wohnung wurde wegen Eigenbedarfs gekündigt. Die Frau hatte kurz vorher ihr Baby verloren und berief sich auf einen Härtefall: Sie leide unter einer Depression und einer Angststörung. Die Wohnung sei für sie der letzte Rückzugsort, im Fall eines Umzugs werde sie wohl nicht mehr eigenständig leben können.

Der Vermieter klagte auf Räumung und bekam vom Amtsgericht Fürstenfeldbruck Recht: Es sah keine Gesundheitsgefahr und ignorierte den Vortrag der Mieterin. Sie ging in Berufung und legte dem Landgericht München II das Attest eines Facharztes für Psychotherapie vor, der die Diagnose einer psychischen Erkrankung bestätigte. Für den Fall einer Räumung sei eine schwerwiegende Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes zu befürchten, so das Fazit des Befunds.

Das Attest habe keine Aussagekraft und sei wenig schlüssig, erklärte das Landgericht München II und ließ die Mieterin abblitzen. Doch die Frau wehrte sich weiterhin und erreichte beim Bundesgerichtshof (BGH) zumindest einen vorläufigen Erfolg (VIII ZR 96/22). Der BGH rüffelte die Münchner Richter: Sie hätten die Einwände der Mieterin mit oberflächlichen Argumenten abgetan, anstatt sie gebührend zu würdigen.

Das verletze den Anspruch der Frau auf rechtliches Gehör. Wenn von ihr vorgetragen werde, dass durch einen Wohnungswechsel Gesundheitsgefahr drohe, könne es sich tatsächlich um einen Härtefall handeln. Das müsse unbedingt gründlich geprüft werden. Und wenn das Gericht das Gutachten des Facharztes für unzureichend halte, müsse es ein weiteres Sachverständigengutachten einholen.

Stattdessen habe das Landgericht das fachärztliche Attest umstandslos und ungetrübt von eigener medizinischer Sachkunde für unverständlich und widersprüchlich erklärt. Dabei seien die vom Landgericht aufgezählten Widersprüche allesamt aus dem Zusammenhang gerissen. Deshalb müsse es sich nochmals mit dem Rechtsstreit befassen, um zu klären, ob ein Härtefall vorliege oder nicht.

Betrüger am Telefon

Gibt ein Bankkunde TANs telefonisch durch, haftet er selbst für die abgebuchten Beträge

Am Telefon hatte sich vermeintlich ein Mitarbeiter der Bank gemeldet. Dem Bankkunden teilte er mit, die Bank müsse seinen TAN-Generator aktualisieren. Zu diesem Zweck sollte ihm der Kontoinhaber freundlicherweise einige TAN durchgeben. Der Bankkunde kam der Aufforderung nach … Beim Lesen der nächsten Kontoauszüge wurde dem Mann dann klar, dass er auf einen Betrüger hereingefallen war.

Die Bank ersetzte die unautorisiert abgebuchten Beträge nicht. Dazu sei sie nicht verpflichtet, erklärte die Bank, weil sich der Kunde grob fahrlässig verhalten habe. So sah es auch das Landgericht Saarbrücken: Es wies die Klage des Bankkunden auf Erstattung ab, weil er seine Sorgfaltspflichten leichtfertig und massiv verletzt habe (1 O 181/20). Daher müsse er für die illegalen Zahlungsvorgänge selbst haften.

Eine TAN am Telefon weiterzugeben, sei immer grob fahrlässig, weil dies nicht dem üblichen Übermittlungsweg der TAN entspreche. Wenn jemand in eine gut gefälschte Eingabemaske am Computer eine TAN eingebe, sei das eher zu entschuldigen. Damit sei das Verhalten des Kunden im konkreten Fall aber nicht vergleichbar.

Für sich genommen sei es zwar nicht total ungewöhnlich, wenn ein Mitarbeiter der Bank einen Kunden anrufe. Sehr ungewöhnlich sei es aber, wenn der Mitarbeiter verlange, telefonisch eine TAN durchzugeben. Wenn ein Kunde schon länger Online-Banking nutze, wisse er, dass mit TANs Zahlungsvorgänge freigegeben würden. Dem Kunden hätte also klar sein müssen, dass es sich nicht um einen regulären Vorgang handelte, sondern um Betrug.

WEG-Sanierungsbeschluss muss präzise sein

Kurzartikel

Beschließt eine Eigentümergemeinschaft Sanierungsmaßnahmen, muss der Beschluss im Wesentlichen festlegen, was wie gemacht werden soll, anstatt dies nur "schlagwortartig" zu benennen. Ein Verweis auf Planungsergebnisse in der Dropbox ist zwar zulässig, als Information für die Eigentümer aber ungenügend, wenn die Dropbox-Unterlagen im Beschluss nicht eindeutig bezeichnet sind.

Gegen Ammoniak und Henna allergisch

Kundin wies die Friseurin darauf hin, die trotzdem Haarfärbemittel mit Spuren dieser Stoffe einsetzte

Die Kundin war im Friseursalon erschienen, um sich die Haare färben zu lassen. Ausdrücklich wies sie die Friseurin darauf hin, dass sie allergisch sei gegen die Stoffe Ammoniak und Henna. Das sind Substanzen, die in geringer Menge in zahlreichen Haarfärbemitteln enthalten sind. Ohne dies weiter zu kommentieren, färbte die Friseurin der Kundin die Haare mit so einem Haarfärbemittel.

Prompt erlitt die Kundin eine allergische Reaktion: Gesicht und Augen schwollen an, an der Kopfhaut entwickelten sich Ekzeme. Von der Friseurin forderte sie deshalb Schmerzensgeld. Zu Recht, wie das Amtsgericht Brandenburg entschied: Denn der Friseurin sei fahrlässige Körperverletzung vorzuwerfen (34 C 20/20).

Wenn eine Kundin vor der Haarbehandlung explizit darauf hinweise, sie sei gegen bestimmte chemische Stoffe allergisch, dürfe eine Friseurin das nicht ignorieren. Die Friseurin könne natürliche Färbemittel ohne diese Substanzen verwenden. Habe sie keine derartigen Färbemittel, müsse sie die Kundin zumindest darüber aufklären, dass beim Einsatz ihrer Haarfärbemittel das Risiko einer Allergie nicht auszuschließen sei.

Am besten hätte die Friseurin das Färben der Haare rundweg abgelehnt. Wenn sie das nicht wolle, müsse sie sich zumindest von der Kundin schriftlich bestätigen lassen, dass die Kundin damit einverstanden sei, das Risiko einzugehen.

2.000 Euro Schmerzensgeld müsse die Friseurin der Frau zahlen, so das Amtsgericht. Dieser Betrag sei angemessen, aber auch ausreichend. Denn die Kundin habe kein Haar verloren und keine Perücke tragen müssen. Auch seien keine Spätfolgen zu befürchten.

Wärmepumpe nach fünf Monaten defekt

Kurzartikel

Plant und montiert ein Handwerker eine Wärmepumpe, schuldet er dem Hauseigentümer ein dauerhaft funktionstaugliches Werk. Funktioniert die Wärmepumpe schon nach einigen Monaten nicht mehr, liegt ein Werkmangel vor — außer, der Defekt entstand durch Bedienungsfehler oder andere äußere Einwirkungen. Der Auftraggeber kann daher vom Handwerker einen Kostenvorschuss für das Beseitigen des Mangels verlangen.

Zu wenig Bedenkzeit vor der Nasenoperation?

Die Zustimmung des Patienten kann auch wirksam sein, wenn er sie sofort nach dem Aufklärungsgespräch erklärt

Nach einer missglückten Nasenoperation, bei der eine Hirnblutung aufgetreten war, verlangte ein Bremer Schadenersatz von der Klinik. Sein Vorwurf: Man habe ihm zu wenig Zeit gelassen, die Entscheidung zu überdenken. Daher sei seine Zustimmung zu dem Eingriff unwirksam gewesen.

Tatsächlich hatte der Patient das Einwilligungsformular drei Tage vor dem Eingriff unterschrieben — allerdings direkt nach dem Aufklärungsgespräch über die Operationsrisiken.

Nach den geltenden Regeln muss die Risikoaufklärung vor einer Operation so früh erfolgen, dass der Patient "wohlüberlegt" entscheiden kann. Dieser Grundsatz sei hier verletzt worden, fand das Oberlandesgericht (OLG) Bremen: Dem Patienten stehe wegen der fehlenden Bedenkzeit nach dem Aufklärungsgespräch Schadenersatz zu. Dem widersprach jedoch der Bundesgerichtshof (VI ZR 375/21).

Hier könne sogar offenbleiben, ob der Patient eventuell beim Gespräch vom HNO-Arzt zu einer schnellen Entscheidung gedrängt worden sei, so die Bundesrichter. Das spiele keine Rolle, weil der Mann drei Tage später wie vereinbart in der Klinik erschienen sei. Also habe er genügend Zeit gehabt, seine Entscheidung zu überdenken. Danach habe er stillschweigend nochmals in die Operation eingewilligt, indem er sich in der Klinik aufnehmen ließ.

Patienten müssten rechtzeitig vor einem Eingriff vom behandelnden Arzt über die damit verbundenen Risiken aufgeklärt werden. Das bedeute aber nicht, dass man unbedingt einen Mindestabstand zwischen dem Aufklärungsgespräch und der Zustimmungserklärung des Patienten einhalten müsse. Vorausgesetzt, die Risikoaufklärung sei korrekt erfolgt, sei es grundsätzlich die Sache des Patienten, wie schnell er sich pro oder contra entscheide.

Der Rechtsstreit wurde ans OLG zurückverwiesen. Es soll nun klären, ob möglicherweise ein Behandlungsfehler vorlag. Damit hatte sich das OLG nicht befasst. Aus seiner Sicht war das folgerichtig, weil es den Anspruch des Patienten auf Schadenersatz bereits wegen der fehlenden Bedenkzeit bejaht hatte.

"Die Frau des Herrn Meier müsste eigentlich 'Dame Meier' heißen"

Unterschiedliche Sprachentwicklung ist nicht diskriminierend

Die Wörter "Frau" und "Mann" seien nur Geschlechtsbezeichnungen. Daher müsse die korrekte weibliche Anrede nicht "Frau", sondern "Dame" heißen. Schließlich würden männliche Zeitgenossen auch nicht mit "Mann" angeredet.

So lautete die Begründung einer Klage. Eine "Dame" forderte, die Anredeform "Frau" und die Bezeichnung des Amtes einer "Landesbeauftragten für Frauenfragen" für rechtswidrig zu erklären.

Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg konnte in diesem Sprachgebrauch jedoch keine Diskriminierung erblicken (2 L 706/91). Sprachgeschichtlich habe sich nun einmal dieses Wort für die persönliche Anrede herausgebildet, während die allgemeine Form der Anrede "Sehr geehrte Damen und Herren" laute. Deshalb könne man diese Entwicklung auch nicht als unlogisch bezeichnen. Eine tatsächliche Benachteiligung durch die übliche und allgemein als korrekt empfundene Anrede "Frau" könne ohnehin nicht festgestellt werden.

Lockdown auf Gran Canaria

Pauschalurlauber können wegen Corona-Einschränkungen den Reisepreis mindern

Ein verbraucherfreundliches Grundsatzurteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Thema Corona und Reisemangel: Für März 2020 hatten Eheleute eine zweiwöchige Pauschalreise auf die Kanarischen Inseln gebucht. Zwei Tage nach ihrer Ankunft ordneten die spanischen Behörden wegen der Corona-Pandemie eine Ausgangssperre an. Strände, Pools und andere Angebote der Ferienanlagen auf Gran Canaria wurden gesperrt.

Die Urlauber mussten einige Tage auf ihren Zimmern bleiben, wurden anschließend nach Deutschland zurückgeflogen. Vom Reiseunternehmen verlangten sie eine Minderung des Reisepreises um 70 Prozent. Der Reiseveranstalter wies die Forderung zurück: Der Urlaub sei an staatlichen Corona-Auflagen gescheitert, für so ein "allgemeines Lebensrisiko" müsse er nicht einstehen.

Das Landgericht München I reichte den Rechtsstreit an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weiter: Er sollte die EU-Pauschalreiserichtlinie auslegen und entscheiden, ob pandemiebedingte Schließungen einen Reisemangel darstellen. Wenn eine Pauschalreise durch staatliche Corona-Maßnahmen beeinträchtigt werde, könnten die Reisenden den Reisepreis mindern, erklärte der EuGH (C-396/21).

Das gelte, obwohl Reiseveranstalter für eine derartige "Störung" nicht verantwortlich seien. Reiseveranstalter müssten nämlich unabhängig von eigenem Verschulden für vertragswidrige, mangelhafte Reiseleistungen haften. Von der Haftung seien Reiseunternehmen nur befreit, wenn ein Reisemangel den Urlaubern selbst zuzurechnen sei.

Dass wegen der Pandemie auch am Wohnort der Urlauber und in vielen anderen Ländern Ausgangssperren und weitere Einschränkungen angeordnet wurden, spiele bei der Haftung keine Rolle. Eine Pandemie stelle trotzdem kein allgemeines Lebensrisiko dar, sondern einen außergewöhnlichen Umstand wie z.B. eine Naturkatastrophe oder unerwartete Kriegshandlungen am Urlaubsort.

Das Landgericht München I muss nun das "Leistungsspektrum" der Gran-Canaria-Reise prüfen und danach entscheiden, welche Preisminderung den beeinträchtigten bzw. ausgefallenen Reiseleistungen entspricht.

"Privatgrundstück": Für Unbefugte verboten!

Eine Gemeinde kann von Grundstückseigentümern nicht verlangen, Hindernisse auf einem Privatweg zu entfernen

Eigentümer eines Grundstücks am Waldrand hatten einen unbefestigten Wirtschaftsweg, der durch das Grundstück und an einem benachbarten Jagdhaus vorbeiführte, mit Baumstämmen und Ketten versperrt. Um Fremde abzuschrecken, stellten sie zusätzlich Schilder auf: "PRIVATGRUNDSTÜCK — Unbefugten ist das Betreten und Befahren verboten" und "BAUMFELLARBEITEN — Durchgang verboten. Lebensgefahr!"

Die Gemeinde, auf deren Gebiet das Grundstück liegt, forderte die beiden Eigentümer auf, die Hindernisse zu beseitigen: Sie dürften den Wirtschaftsweg nicht sperren, der seit jeher von Forstfahrzeugen und von Wanderern genutzt worden sei und im Fall des Falles der Feuerwehr als Rettungsweg diene. Auch Hegemaßnahmen der Jäger seien laut Jagdgesetz auf dem Grundstück zu dulden. Außerdem verstoße die Sperre gegen das Naturschutzgesetz. Letztlich wollten die Eigentümer nur wegen Konflikten mit dem Jagdpächter Unfrieden stiften und ihm die Zufahrt verstellen.

Die Grundstückseigentümer klagten gegen die Anordnung der Gemeinde. Sie sei rechtswidrig. Erstens, weil die Gemeinde sachfremde Interessen verfolge, nämlich die des Jagdpächters, der den Weg als Zufahrt zum Jagdhaus nutze. Zweitens, weil es sich um einen Privatweg handle und nicht um eine öffentliche Straße, die für Rettungsfahrzeuge zur Verfügung stehen müsste. So sah es auch das Verwaltungsgericht Trier: Für die Anordnung gebe es keine Rechtsgrundlage (9 K 2995/22).

Bei Verstößen gegen den Naturschutz müsse die Kreisverwaltung — die für Naturschutz zuständige Behörde — einschreiten. Das Naturschutzrecht ermächtige dazu nicht die Gemeinden. Die Kreisverwaltung wäre auch für Hindernisse im Straßenverkehr zuständig. Von Hindernissen für den Verkehr könne hier aber keine Rede sein. Denn Wirtschaftswege, die nur der Bewirtschaftung land- oder forstwirtschaftlicher Flächen dienten, seien keine öffentlichen Straßen.

Öffentliches Recht verpflichte Grundstückseigentümer nicht dazu, für die Erschließung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke Dritter zu sorgen, d.h. Wege dafür freizuhalten. Aus dem Landesjagdgesetz sei auch keine Pflicht abzuleiten, die Hindernisse zu entfernen: Wer sein Jagdrecht verpachte, müsse zwar auf den verpachteten Flächen Hegemaßnahmen der zur Jagd berechtigten Personen dulden. Die Gemeinde sei aber selbst nicht jagdberechtigt und könne nicht die Rechte Dritter geltend machen.

Deutsche Dogge biss anderen Hund tot

Das Tier wird als "gefährlicher Hund" eingestuft: Haltungsverbot für die Tierhalterin

Frau X hielt zwei Deutsche Doggen. Beide Hunde waren im Frühling 2022 in eine üble Beißerei mit anderen Hunden verwickelt. Eine Dogge biss den "Gegner" tot, die andere Dogge verletzte einen fremden Hund lebensgefährlich.

Die Kommune reagierte, indem sie die zwei Doggen als gefährliche Hunde einstufte, was einige Auflagen für das Halten solcher Tiere nach sich zieht. Unter anderem benötigen Halter dafür einen so genannten "Hundeführerschein", den Frau X nicht besaß.

Deshalb verbot ihr die Gemeinde das Halten der Doggen, ließ die Hunde abholen und in einer Tierpension unterbringen. Dort schlich sich jedoch der Lebensgefährte von Frau X heimlich ein und nahm die Doggen mit. Als die Polizei kurz darauf den Mann beim Spazierengehen mit den Doggen antraf und eine weitere Beißerei zu vermelden war, ordnete die Gemeinde erneut an, die Hunde "in Gewahrsam zu nehmen".

Zu Recht, befand das Verwaltungsgericht (VG) Trier und wies die Einwände der Tierhalterin zurück (8 L 3573/22.TR). Frau X pochte erfolglos darauf, dass der "Beißvorfall" im April 2022 durch andere Hunde provoziert worden sei. Ihre Doggen hätten nur ihr Revier und sich selbst verteidigt, hätten sich also artgerecht verhalten.

Dem widersprach das VG entschieden. Instinktives Territorialverhalten liege vor, wenn ein Hund einen "Eindringling" verbelle und verfolge. Der tödliche Biss sei jedoch keine artgerechte Verteidigung gegen einen Angriff oder auf ein bewusst herausforderndes Verhalten anderer Hunde gewesen, sondern ein Angriff mit absolut übersteigertem Aggressionspotential.

Auf keinen Fall sei es hinzunehmen, wenn Hunde auf ein Eindringen in ihr Territorium mit tödlichen oder lebensgefährlichen Attacken auf andere Tiere reagierten. Dass die Doggen als gefährliche Hunde eingestuft worden seien, sei daher gerechtfertigt. Auch die weiteren kommunalen Anordnungen seien nicht zu beanstanden.