Sonstiges

Hochzeitsveranstalter auf Schadenersatz verklagt

"Entgangener Gewinn" durch Feier mit weniger Gästen in kleinerem Saal?

Der Veranstalter hatte nach dem schriftlichen Vertrag mit dem Brautpaar eine türkische Hochzeit mit 620 Personen durchzuführen. Dafür sollte er ca. 12.000 Euro bekommen, die Hälfte "schwarz". Der Mann wollte die Feier im Veranstaltungssaal des Landkreises ausrichten, der allerdings gerade saniert wurde. Der Saal wurde nicht rechtzeitig fertig, das Brautpaar musste in andere Räume ausweichen. Hier konnte es jedoch nur 400 Personen bewirten.

Nach der Hochzeit beantragten die Eheleute Prozesskostenhilfe für eine Klage gegen den Veranstalter. Begründung: Sie hätten 220 Gäste wieder ausladen müssen. Dadurch seien ihnen Geld- und Goldgeschenke im Wert von mindestens 8.250 Euro entgangen. Diesen Betrag müsse der Veranstalter ersetzen, weil er seinen Vertrag nicht erfüllt habe.

Doch das Oberlandesgericht Frankfurt erläuterte dem erstaunten Paar, dass seine Klage keine Aussicht auf Erfolg habe: Der Vertrag sei nichtig (19 W 29/11). Schon deswegen sei jeder Anspruch auf Schadenersatz zu verneinen. Der Veranstalter habe einen Teil des Entgelts "schwarz" kassieren sollen. Da so eine Vereinbarung darauf abziele, Steuern zu hinterziehen, sei der Vertrag insgesamt unwirksam.

Außerdem sei "entgangener Gewinn" in Form von Hochzeitsgeschenken kein Schaden, für den man Ersatz fordern könnte. Der Veranstalter habe zwar die Feier anders organisiert als vereinbart. Seine vertragliche Verpflichtung habe aber nicht darin bestanden, dem Ehepaar zu Geld- und Goldgeschenken zu verhelfen. Eine Hochzeitsfeier sei keine gewerbliche Veranstaltung mit dem Zweck, Gewinn zu erzielen.

Der Hochzeitsveranstalter schulde dem Paar überhaupt nichts. Daher bekomme es auch keine Unterstützung für einen aussichtslosen Prozess.

Rauchverbot beim Mittagessen

Bistrobesitzerin befolgte das Verbot nur stundenweise: Das ist unzulässig

Die Inhaberin eines Bistros versuchte, das Rauchverbot elegant zu umgehen: Sie teilte den Betrieb der Gaststätte in Zeiten mit und ohne Rauchverbot auf. Mittags bot sie Mittagessen an, dann galt Rauchverbot. Anschließend durfte dann wieder geraucht werden. Dieses "Zeitsplitting" wurde von der Kommune beanstandet: Die Wirtin müsse das Rauchverbot umfassend einhalten.

Die Klage der Gastwirtin gegen den Bescheid der Ordnungsbehörde wurde vom Oberverwaltungsgericht Koblenz abgewiesen (7 A 10011/11.OVG). Das Rauchverbot täglich nur stundenweise zu befolgen, sei unzulässig, so die Verwaltungsrichter.

Das Verbot solle Gäste und Angestellte vor den Gefahren des Passivrauchens schützen. Da sich Rauch in Vorhängen und der ganzen Einrichtung ablagere, könne sich die Gefahr für die Gesundheit auch dann verwirklichen, wenn mittags im Bistro nicht geraucht werde.

Vom Diskotheken-Türsteher abgewiesen

Dunkelhäutiger Besucher verklagt den Inhaber wegen Diskriminierung auf Schmerzensgeld

Es war schon fast Morgen, als vier Personen bei der Diskothek aufkreuzten und Einlass begehrten. Herrn W ließ der Türsteher passieren, nicht aber den dunkelhäutigen Herrn X. Daraufhin zogen die zwei anderen Begleiter mit ihm ab. Doch Herr X wollte die Sache nicht auf sich beruhen lassen und verklagte den Inhaber der Diskothek auf Schmerzensgeld.

Zu Recht, wie das Amtsgericht Bremen entschied (25 C 278/10). Denn ein anderer Grund für die Abweisung als die Hautfarbe des X sei nicht ersichtlich. Die Zeugen hätten alle bestätigt, dass er schick gekleidet gewesen sei. Dass X nur "Hemd und Jeans" trug, wie der Türsteher behauptete, treffe nicht zu. Der Türsteher habe nachträglich nach einer Begründung für die Abfuhr gesucht.

So habe er auch behauptet, X sei betrunken gewesen. Doch alle, die zu der Gruppe gehörten, hatten ähnlich viel Alkohol konsumiert. Sie seien eventuell angetrunken, nicht aber betrunken gewesen. Wenn das der Grund gewesen wäre, hätte der Türsteher auch Herrn W abweisen müssen. Die Argumente seien alle fadenscheinig und widerlegten den Vorwurf der Diskriminierung wegen der Hautfarbe nicht.

Da X allerdings nur unwesentlich beeinträchtigt wurde, sei ein Schmerzensgeld von 300 Euro als Wiedergutmachung ausreichend. Schließlich hätten den Vorfall nur wenige Personen bemerkt, die sich zudem mit X solidarisierten.

Ehepaar hat unentgeltliches Wohnrecht

Sozialhilfeempfänger beantragen trotzdem die Übernahme von Unterkunftskosten

Das Ehepaar bezog Sozialhilfe, der Sohn studierte. Als die Großmutter starb, vererbte sie ihm ein kleines Häuschen. Laut ihrem Testament sollten die Tochter und deren Ehemann darin bis ans Lebensende umsonst wohnen. Trotzdem beantragte die Tochter, dass die zuständige Sozialbehörde als "Hilfe zum Lebensunterhalt" die Miete übernimmt.

Das unentgeltliche Wohnrecht verschwieg die Frau. Sie legte einen Mietvertrag vor, den sie mit ihrem Sohn geschlossen hatte. Als die Sache mit dem Wohnrecht aufflog, erklärte die Antragstellerin ungerührt, der studierende Sohn habe doch kein Einkommen. Er könne es sich nicht leisten, das Haus instandzuhalten. Daher sei er auf Miete angewiesen.

Mit diesem Argument kam die Hilfeempfängerin beim Landessozialgericht Baden-Württemberg nicht durch (L 12 AS 4387/10). Der Mietvertrag mit dem Sohn sei nur geschlossen worden, um weitere Sozialleistungen zu erhalten, stellte das Gericht fest. So ein Vertrag zum Schaden des Sozialhilfeträgers verstoße gegen die guten Sitten und sei nichtig.

Gemäß dem Testament der Großmutter sei der Sohn als Hauseigentümer verpflichtet, die Eltern umsonst im Haus wohnen zu lassen. Die Hilfeempfänger hätten aufgrund dieses Wohnrechts keinen Anspruch auf Übernahme von Unterkunftskosten. Beim Abschluss des Vertrags hätten die "Mieter" gewusst, dass sie selbst keine Miete zahlen könnten. Zweck der Finte sei es gewesen, dem Sohn zu Lasten der Allgemeinheit Einkommen zu verschaffen.

Legionellen im Seniorenheim

Kommunaler Heimträger lässt Trinkwasseranlage nicht kontrollieren

Ein Bewohner des städtischen Seniorenheims war an Legionellose gestorben, eine durch Bakterien hervorgerufene Lungenentzündung. Wasserproben ergaben, dass die Trinkwasseranlage des Heims von Legionellen befallen war. Der kommunale Träger des Heims hatte alle einschlägigen Vorschriften ignoriert (Trinkwasserverordnung, Heimgesetz) und die Anlage nicht regelmäßig von Sanitärfachleuten kontrollieren lassen.

Angehörige des Verstorbenen verklagten den Heimträger auf Zahlung von Schmerzensgeld. Das stehe ihnen zu, entschied das Kammergericht in Berlin, denn das Versäumnis des Gebäudeeigentümers habe die Infektionsgefahr deutlich erhöht (11 U 44/09). Hygienische Kontrollen seien nicht nur dann notwendig, wenn in der Vergangenheit bereits Hygieneprobleme auftraten.

Die Trinkwasseranlage müsse kontinuierlich überwacht werden: Der Heimträger müsse Wasserproben entnehmen und untersuchen lassen. Zwar treffe es zu, dass man eine Kontamination der Trinkwasseranlage mit Legionellen "nicht mit letzter Sicherheit" ausschließen könne. Das ändere aber nichts an der Kontrollpflicht des Gebäudeeigentümers. Er sei für die Trinkwasserinstallation verantwortlich.

Heimbewohner müssten es nicht hinnehmen, dass ein Senioren- oder Pflegeheim nach dem Motto "Alles oder Nichts" überhaupt keine hygienische Kontrolle durchführe bzw. Vorsorge treffe. Durch Inspektion in regelmäßigem Abstand könne man die Kontamination mit Legionellen zumindest früher feststellen und durch Gegenmaßnahmen so reduzieren, dass das Infektionsrisiko sinke.

Frist versäumt: Schriftsatz Minuten zu spät gefaxt

Anwaltsverschulden: Er muss die Uhrzeit am Faxgerät regelmäßig überprüfen

Für einen Mandanten sollte der Anwalt Berufung gegen ein Urteil einlegen. Die Frist dafür lief am 12. April 2010 um 24 Uhr ab. Beim Landgericht kam die Berufungsbegründung des Anwalts per Fax am 13. April um 00.03 Uhr an. In der Absenderzeile des Faxschreibens stand allerdings als Uhrzeit 23.49 Uhr. Um 23.51 Uhr druckte das Faxgerät des Anwalts einen Sendebericht aus, der die vollständige Übertragung des Schriftsatzes bestätigte.

Ursache der Abweichung: Der Dienstleister, der die Kopierer und Faxgeräte der Anwaltskanzlei wartete, hatte die Zeit falsch eingestellt. Vergeblich beantragte der Rechtsanwalt beim Landgericht, seinen Mandanten so zu behandeln, als hätte er die Frist nicht versäumt ("Wiedereinsetzung in den vorigen Stand").

Das komme nicht in Frage, entschied der Bundesgerichtshof, denn für die Verspätung sei der Rechtsanwalt verantwortlich (III ZB 55/10). Wenn er die Zeit bis zum Fristablauf bis zur letzten Minute nutze und sich dabei auf die Zeitanzeige des Faxgeräts verlasse, dann müsse er Vorsorge treffen und die technischen Voraussetzungen schaffen, um die Frist einhalten zu können.

Entweder sei das Faxgerät technisch in der Lage, kontinuierlich selbständig die Zeitanzeige mit der gesetzlichen Zeit abzugleichen. Oder - wenn ein Faxgerät dies nicht könne -, dann müsse der Anwalt für regelmäßige Kontrolle der Zeiteinstellung am Faxgerät sorgen. Er dürfe nicht einfach dem Techniker des Wartungsbetriebs vertrauen, sondern er müsse sein Büropersonal beauftragen, die Zeitanzeige in bestimmten Abständen zu prüfen.

Die Signale müssten am letzten Tag der Frist vom Telefaxgerät des betreffenden Gerichts bis 24 Uhr vollständig empfangen sein. Auf den Zeitpunkt des Ausdrucks des Faxschreibens komme es nicht an.

Familiengericht verordnet Psychotherapie

Mutter wehrt sich gegen Auflage beim Verfahren ums Sorgerecht

Die unverheiratete Frau hatte zwei Kinder, eine 2001 geborene Tochter und einen 2005 geborenen Sohn. Auf Anregung des Jugendamts entzog das Familiengericht der psychisch labilen Mutter 2008 teilweise das Sorgerecht für ihren Sohn. Er wurde in einer Pflegefamilie untergebracht. Jugendamt und Verfahrenspflegerin überredeten die Frau zu einer Psychotherapie, um "im Interesse der Tochter an ihrer eingeschränkten Erziehungsfähigkeit" zu arbeiten.

Bei einem erneuten Verfahren um das Sorgerecht verpflichtete das Amtsgericht die Mutter dazu, die Psychotherapie "bis zu dem Zeitpunkt fortzusetzen, den das Jugendamt - in Abstimmung mit dem jeweiligen Therapeuten - als erforderlich ansieht". Dagegen erhob die Frau Verfassungsbeschwerde und bekam vom Bundesverfassungsgericht Recht (1 BvR 1572/10).

Für diesen Eingriff in die Privatsphäre der Mutter gebe es keine Rechtsgrundlage. Ein Psychotherapeut versuche, in Interaktion mit dem Patienten, persönliche Verhaltensweisen und/oder die Persönlichkeitsstruktur zu ändern, um psychische Störungen bzw. Leiden zu beheben oder zu mindern. So eine Analyse der seelischen Verfassung und der Denkweise fordere vom Patienten intensive Mitarbeit und eine Auseinandersetzung mit sich selbst.

Ob jemand so eine Einflussnahme auf die eigene Person zulassen wolle oder auch nicht, könne der/die Betroffene nur selbst entscheiden. Eine Therapie zwangsweise zu verordnen, wenn der Patient dazu nicht bereit sei, verspreche wenig Erfolg. Sollte sich die Mutter gegen die Therapie entscheiden und ihre psychische Verfassung tatsächlich das Kindeswohl gefährden, müsse das Familiengericht andere Maßnahmen anordnen, um dies zu verhindern (Jugendhilfe, Entzug des Sorgerechts etc.).

Lebensgefährtin erhält keine Witwenrente

Eine Witwe als "Überlebende einer Ehe" zu definieren, ist verfassungsrechtlich korrekt

Eine 1960 geborene Frau lebte etwa 16 Jahre mit ihrem Lebensgefährten zusammen bis zu dessen Tod 2004. Das Paar hat eine gemeinsame Tochter. 2004 schloss es in Frankreich eine Ehe nach buddhistischem Zen-Ritus. Angeblich war auch eine standesamtliche Heirat 2005 geplant. Nach dem Tod des Mannes beantragte die Frau im Dezember 2004 beim Rentenversicherungsträger Witwenrente.

Der Antrag wurde abgelehnt, weil sie keine Witwe war. Die Sozialgerichte wiesen die dagegen gerichtete Klage ab. Nun erhob die Frau Verfassungsbeschwerde: Die Gerichte legten den Begriff "Witwe" in einer viel zu engen, mit dem Grundgesetz nicht zu vereinbarenden Weise aus, kritisierte sie. Doch auch vom Bundesverfassungsgericht erhielt sie die gleiche Auskunft (1 BvR 1883/10).

Wie die Sozialgerichte eine "Witwe" definierten - als "Überlebende" einer zivilrechtlich wirksam geschlossenen Ehe -, sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, so die Bundesrichter. Der Gesetzgeber dürfe die Ehe gegenüber anderen Lebensformen begünstigen: Schließlich stehe sie ausdrücklich unter dem Schutz des Grundgesetzes (Artikel 6 I GG).

Das gelte vor allem im Verhältnis der Ehe zu nichtehelichen Lebensgemeinschaften. Im Falle der Auflösung einer Ehe durch den Tod eines Partners dürfe der Gesetzgeber den überlebenden Partner besser stellen als Personen, die in einer weniger verbindlichen Paarbeziehung zusammenlebten. Wer nicht heirate, erhalte von der gesetzlichen Rentenversicherung keine Hinterbliebenenrente.

Patientin starb an Lungenkrebs

Anästhesist übersah Jahre vorher auf dem für eine Meniskusoperation angefertigten Röntgenbild einen "Rundherd"

Der Witwer verklagte das Krankenhaus auf Schmerzensgeld wegen fehlerhafter Behandlung. Seine Frau war 2003 am Meniskus operiert worden. Der Anästhesist Dr. K ließ im Rahmen der OP-Vorbereitung auch die Lunge der Patientin röntgen. Die radiologische Abteilung der Klinik übergab ihm das Röntgenbild ohne Auswertung. K fand auf der Aufnahme nichts, was für den Eingriff ein Problem hätte darstellen können.

Was er übersah: eine Verdichtungszone, einen so genannten Rundherd, der auf ein Lungenkarzinom hindeuten kann. Die Meniskusoperation verlief erfolgreich, doch ein Jahr später wurde bei der Frau Lungenkrebs festgestellt. Daran starb sie 2006. Der Vorwurf des Witwers an die Klinik: Dr. K hätte die Verdichtung in der Lunge auf dem Bild erkennen und ihre Ursache abklären müssen.

Die Vorinstanz hatte der Klage stattgegeben. Doch der Bundesgerichtshof konnte keinen schwerwiegenden Behandlungsfehler erkennen und hob das Urteil auf (VI ZR 284/09). Zwar müssten Ärzte auch solche Untersuchungen sorgfältig auswerten, die medizinisch nicht zwingend geboten waren, nur aus Vorsicht veranlasst wurden. Vor ihren Ergebnissen, sozusagen "Zufallsbefunden", dürften Mediziner nicht die "Augen verschließen" - vorausgesetzt, sie seien nach den Kenntnissen im jeweiligen Fachbereich erkennbar.

Ein Anästhesist sei jedoch kein radiologischer Facharzt. Die Sachverständigen im Prozess seien uneins gewesen, ob er die Röntgenaufnahme den Radiologen hätte vorlegen müssen oder nicht. Diesen Streit müsse die Vorinstanz noch aufklären. Fest stehe nur, dass der Anästhesist das Röntgenbild falsch interpretiert habe (= Diagnosefehler). Man könne ihm aber nicht vorwerfen, die medizinisch gebotene Erhebung von Befunden versäumt zu haben - weil er eben annahm, "da sei alles in Ordnung".

Dass dieser Irrtum zum Tod der Patientin geführt habe, sei nicht bewiesen. Ob bei richtiger Deutung des Röntgenbilds im Frühjahr 2003 die Krankheit einen günstigeren Verlauf genommen hätte oder die Patientin sogar noch leben könnte, sei ungewiss. Ebenso wahrscheinlich sei es, dass der Tumor bereits damals Metastasen gebildet habe. Eine sichere Aussage dazu sei unmöglich.

Frau stürzt auf der Treppe des Wahllokals

Gemeinde muss die Verletzte nicht entschädigen: Treppenbenutzer müssen aufpassen!

Bei der Wahl der Gemeindevertreter in einem kleinen Ort diente eine Gaststätte als Wahllokal. Nachdem die Abstimmung zu Ende war, ging eine Bürgerin ins Wahllokal, um bei der Stimmenauszählung zuzusehen. Eine breite Außentreppe, die an mehreren Stellen schadhaft war, führte hinauf zum Eingang.

Beim Verlassen der Gaststätte am Abend stürzte die Frau auf der Treppe und brach sich das Sprunggelenk. Sie wurde operiert, verbrachte zwei Wochen im Krankenhaus und konnte monatelang nicht arbeiten. Von der Kommune verlangte die Verletzte 5.000 Euro Schmerzensgeld und Ersatz für die Behandlungskosten.

Das Oberlandesgericht Brandenburg wies ihre Zahlungsklage ab (2 U 54/10). Die Gemeinde sei zwar für den Zustand der Treppe verantwortlich, weil ihr die Gaststätte gehöre und sie die Räume für die Wahl nutzte, räumte das Gericht ein. Das bedeute aber nicht, dass die Gemeinde lückenlos für Sicherheit sorgen müsse.

Wer eine Treppe benutze, müsse aufpassen und sich auf die Gegebenheiten einstellen. Ihr schlechter Zustand sei für jedermann offenkundig gewesen. Die Bürgerin hätte die schadhaften Stellen ohne Weiteres erkennen und den Sturz vermeiden können. Schließlich sei die Frau am Wahltag mehrfach über die Treppe gegangen, zunächst bei der Stimmabgabe und dann noch einmal auf dem Weg zur Stimmenauszählung.

"Oberpfälzer Bierkönigin"

Brauereien streiten um Werbegag: Königinnenwahl ist kein unlauterer Wettbewerb!

Eine Oberpfälzer Brauerei kürte auf einer PR-Veranstaltung mit großem Tamtam eine "Oberpfälzer Bierkönigin". Eine hübsche junge Frau wurde gewählt und absolvierte danach Werbeauftritte für die Brauerei. Das rief eine Brauerei aus dem Landkreis Cham auf den Plan, die gegen die Werbekampagne protestierte.

Da werde der falsche Eindruck erweckt, die "Bierkönigin" repräsentiere die Biere der gesamten Oberpfalz. Dabei mache sie nur Reklame für eine von siebzig Oberpfälzer Brauereien. So täusche man die Verbraucher. Das Oberlandesgericht Nürnberg sah jedoch keinen Grund, die Werbung zu verbieten (3 U 2521/10).

Zwar weise die Brauerei nicht ausdrücklich darauf hin, dass sie die Wahl nur zu Werbezwecken veranstalte. Das sei aber so offenkundig, dass die Reklame nicht als unlauterer Wettbewerb anzusehen sei. Sie beeinträchtige die Konkurrenten nicht: Das Auftreten der gewählten "Hoheit" werde von den Verbrauchern nicht als Aussage über die Qualität der beworbenen Biere (miss-)verstanden.

Selbst wenn einige Leute glauben sollten, die Bierkönigin werde von einer neutralen Stelle gekürt - z.B. von einem Gremium, das alle Oberpfälzer Brauereien repräsentiere -, so durchschauten doch alle Verbraucher, dass diese Wahl eng mit dem Absatzinteresse der betreffenden Brauerei verbunden sei. Das sei ein gelungener Werbegag, darüber täusche sich niemand.

Inzwischen ahmten viele Unternehmen diese Art Werbekampagne nach: Die beklagte Brauerei habe jedoch nichts unternommen, um die Inthronisation weiterer Bierköniginnen durch andere Brauereien zu verhindern. Ihre Reklame setze die Konkurrenz auch nicht durch Vergleiche herab. Allein dadurch, dass eine Bierkönigin bei Veranstaltungen einer Brauerei auftrete, würden die Produkte anderer Brauereien nicht als minderwertig dargestellt. Fazit: Die Aktion stelle keinen unlauteren Wettbewerb dar.

"Zertifizierter Testamentsvollstrecker"

Wenn ein Rechtsanwalt sich so nennt, muss er über einschlägige Kenntnisse und Erfahrungen verfügen

Ein Regensburger Rechtsanwalt bezeichnet sich im Briefkopf als "Zertifizierter Testamentsvollstrecker (AGT)", seit ihm die Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge (AGT) ein Zertifikat ausgestellt hat. Vorher hatte der Anwalt an Leistungskontrollen der AGT teilgenommen. Über zwei Jahre Berufserfahrung als Anwalt verfügte er, mehr setzt die AGT nicht voraus.

Die Rechtsanwaltskammer Nürnberg beanstandete den hochtrabenden Titel "Zertifizierter Testamentsvollstrecker" als irreführend, weil der Betreffende auf diesem Gebiet fast keine praktischen Erfahrungen habe. Erst zwei Mal sei er als Testamentsvollstrecker tätig gewesen. Das genügte auch dem Bundesgerichtshof nicht (I ZR 113/10).

Anders als die Rechtsanwaltskammer meine, widerspreche die Bezeichnung zwar nicht dem Berufsrecht der Anwälte: Die "Kundschaft" wisse schon, dass das eine Tätigkeitsbeschreibung sei und kein Beruf. Und dass jemand sich in diesem Bereich auskenne, sei eine wichtige Information für Rechtssuchende.

Aber diese erwarteten von einem "zertifizierten Testamentsvollstrecker" dann auch besondere theoretische Kenntnisse im Erbrecht und praktische Erfahrungen in diesem Bereich. Daher sei es irreführend, wenn ein Anwalt mit wenig Erfahrung sich so nenne. Ein zweimaliger Einsatz als Testamentsvollstrecker werde diesen Erwartungen nicht gerecht.

In Feldjägeruniform als Amtsperson aufgetreten

Die Verkleidung sollte einem vermuteten Vergewaltiger Angst einjagen

Wäre die Story in der "Yellow Press" erschienen, würde man sie für eine Räuberpistole halten ... Das "Skript" stammt aber vom BGH: Bei einem Treffen mit Freunden berichtete Frau S, ihr Ex-Freund G habe sie sexuell missbraucht. Daraufhin beschloss die Runde, G dafür zu bestrafen und zu verprügeln. Herr M bereitete die Racheaktion akribisch vor.

Am Computer entwarf er einen quasi-amtlichen "Durchsuchungsbeschluss" für die Wohnung von G. Das Schriftstück trug ein Bundeswehrkreuz, einen Bundesadler und einen schwarz-rot-goldenen Farbstreifen (die Insignien lud M aus dem Internet herunter). Er unterschrieb es mit "Hauptmann M". Auf die gleiche Weise dekorierte er einen "Vollzugsbefehl", in dem er sich selbst die sofortige Festnahme des Verdächtigen G erlaubte.

M besaß eine Feldjägeruniformen, obwohl er nicht der Bundeswehr angehört. M und sein Freund P zogen sie an und streiften eine Armbinde mit den Buchstaben "MP" (Militärpolizei) über. Mit Gaspistolen ausgestattet, fuhren sie zum Haus von G. Da er nicht allein war, gab das "Rachekommando" den Plan auf, ihn zu verprügeln. P hielt G die Pistole vor die Nase. M gab ihm die vorbereiteten Schriftstücke, während P anfing, die Räume zu durchsuchen.

G hielt die beiden Männer tatsächlich für Amtspersonen und gab dem M sogar ein Messer, als dieser nach Waffen oder Drogen im Haus fragte. Auch ein Tütchen mit Marihuana steckte M ein (die er später seiner Freundin schenkte). Nach einer halben Stunde verließen M und P den verängstigten G. Das "konfiszierte" Messer warf er weg.

Für diesen Auftritt wurde M vom Landgericht wegen schweren Raubes in Tateinheit mit Amtsanmaßung, Urkundenfälschung und Missbrauchs von Amtsabzeichen zu einer Freiheitsstrafe verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hin hob der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil auf und verwies die Sache zurück (4 StR 40/11). Der BGH kritisierte in erster Linie den Schuldspruch wegen Raubes.

Traktoren verlieren Hydrauliköl

Die Gemeinde hat auch einen zivilrechtlichen Anspruch auf Schadenersatz für die Straßenreinigung

Anscheinend fuhren in einer ländlichen Gegend mehrere Landwirte mit defekten Traktoren herum. Jedenfalls trat in (und zwischen) zwei kleinen Gemeinden eine Menge Hydrauliköl aus und verschmutzte die Straßen. Die Kommunen beauftragten ein privates Unternehmen damit, die Ölspuren zu entfernen. Es reinigte die Straßen und berechnete dafür jeder Gemeinde ca. 3.000 Euro.

Zu viel für ihre knappen Kassen, fanden die. Die Gemeinden traten dem Reinigungsunternehmen ihre Ansprüche gegen die Fahrzeughalter und deren Haftpflichtversicherer ab. Das Unternehmen verklagte diese auf Schadenersatz, scheiterte damit jedoch bei den Vorinstanzen: Kommunen könnten nur von Amts wegen auf Kostenerstattung bestehen (d.h. einen öffentlich-rechtlichen Anspruch geltend machen), so die Begründung.

Das sah der Bundesgerichtshof anders (VI ZR 184/10 und VI ZR 191/10). Ölspuren verletzten das Eigentum der Gemeinden an den Straßen, daraus lasse sich durchaus auch ein zivilrechtlicher Anspruch auf Schadenersatz ableiten. Der erfülle einen anderen Zweck als der öffentlich-rechtliche Anspruch auf Kostenersatz und sei durch diesen nicht ausgeschlossen.

Wenn eine Gemeinde Maßnahmen treffe, um Gefahren für die Bürger abzuwenden und/oder die Folgen von Feuer, Unglücksfällen oder von öffentlichem Notstand zu beseitigen, könne sie für ihre einschlägigen Ausgaben meist finanziellen Ausgleich von Betroffenen verlangen - aber keineswegs immer. In solchen Fällen könne sie unter Umständen mit einer zivilrechtlichen Schadenersatzklage finanzielle Einbußen vermeiden.

Mandant linkt Anwalt

Honorarvereinbarung, die das Mindestentgelt unterschreitet, ist unwirksam

Ein Münchner engagierte einen Rechtsanwalt für einen Prozess. Sie vereinbarten ein Stundenhonorar von 220 Euro. Zunächst enthielt der Vertrag auch die Klausel, dass als Mindestentgelt das gesetzliche Honorar gelten sollte. So eine Klausel sei bei einem Bagatellverfahren überflüssig, meinte der Mandant, und strich sie mit Einverständnis des Rechtsanwalts. Die Vorhersage lag daneben, der Anwalt benötigte deutlich mehr Zeit als gedacht.

Schließlich stellte er (entsprechend dem vereinbarten Stundensatz) seinem Mandanten 9.680 Euro in Rechnung. Doch der Mandant erklärte, mehr als die gesetzlichen Gebühren von 3.135 Euro werde er nicht zahlen. Die Honorarvereinbarung sei unwirksam: In gerichtlichen Angelegenheiten dürfe nämlich kein Honorar vereinbart werden, das die gesetzliche Vergütung unterschreite. Genau das sei jedoch geschehen, weil die Klausel zum gesetzlichen Honorar gestrichen wurde.

Darauf habe der Mandant doch selbst bestanden, wunderte sich der Anwalt, damit könne er doch jetzt nicht die Honorarvereinbarung aushebeln. Kann der Mandant doch, erfuhr der Rechtsanwalt vom Amtsgericht München, das seine Klage auf Zahlung des Differenzbetrags abwies (223 C 21648/10). Die Vereinbarung verstoße gegen die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO), so der Amtsrichter.

Um Preiswettbewerb im Bereich der Rechtspflege zu verhindern, verbiete es die BRAO, geringere Gebühren und Auslagen zu vereinbaren als im Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vorgesehen. Die ursprünglich im Vertrag enthaltene Klausel habe dies berücksichtigt: Sie zu streichen, sei unzulässig. Das müsse ein Anwalt wissen. Deshalb spiele es jetzt keine Rolle mehr, dass der Vorschlag - anscheinend wohl überlegt - vom Mandanten stammte. Wenn ein Rechtsanwalt, um den Auftrag nicht zu verlieren, etwas Gesetzwidriges vereinbare, müsse er die Konsequenzen tragen.

Schwimmbad-Kassenkraft soll Deutschkurs besuchen

Es ist keine Diskriminierung, für die Arbeit nötige Kenntnisse zu erwerben

Seit 1985 arbeitet eine aus Kroatien stammende Frau in einem kommunalen Schwimmbad: zuerst als Reinigungskraft, seit 14 Jahren auch als Aushilfe an der Kasse, wenn die regulären Kassenkräfte krank oder in Urlaub sind. 2006 forderte der Betriebsleiter die Mitarbeiterin auf, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern. Auf eigene Kosten und außerhalb der Arbeitszeit sollte sie einen Sprachkurs absolvieren.

Da es die Stadt als Arbeitgeberin ablehnte, einen Kurs zu finanzieren, verweigerte die Arbeitnehmerin die Fortbildung. Deswegen wurde sie abgemahnt. Nun forderte die Frau von der Kommune 15.000 Euro Entschädigung: Man habe sie wegen ihrer ethnischen Herkunft diskriminiert.

Doch die Arbeitsgerichte bis hin zum Bundesarbeitsgericht konnten hier keinen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz erkennen (8 AZR 48/10). Wenn die Arbeitsaufgabe Sprachkenntnisse voraussetze, dürften Arbeitgeber von Mitarbeitern verlangen, einen Sprachkurs zu besuchen - gleichgültig, ob es sich um Kenntnisse der deutschen Sprache oder einer Fremdsprache handle.

Im Einzelfall könne es gegen die Regeln eines Tarifvertrags oder gegen den Arbeitsvertrag verstoßen, wenn der Arbeitnehmer nicht während der Arbeitszeit lernen dürfe und aufgefordert werde, den Kurs selbst zu bezahlen. Aber eine Benachteiligung aufgrund der ethnischen Herkunft - die einen Anspruch auf Entschädigung begründen würde - stelle das nicht dar.

Streit zwischen Münchner Nachbarn ...

... um einen kaputten Zaun gehört vor die Schlichtungsstelle

Ein klassisches Tauziehen zwischen Nachbarn: Neben dem Holzlattenzaun an der Grenze zwischen zwei Anwesen wuchs (auf dem Grundstück von A) eine Kiefer mit den Jahren zu stattlicher Größe heran. Nachbar B stellte eines Tages fest, dass sich die Querlatten am Zaun verschoben hatten und von den senkrechten Pfosten ablösten. Die Baumwurzeln "quollen als dunkle Masse" aus dem Boden.

B forderte A auf, den Zaun zu reparieren. Der Wildwuchs der Kiefer zerstöre den Zaun. A wies das zurück und konterte, ein Grenzzaun sei von beiden Seiten zu pflegen. B habe aber auch "nie was dran gemacht". Nach diesem Streitgespräch zog B vor Gericht, um feststellen zu lassen, dass A zur Reparatur verpflichtet war. Doch das Amtsgericht München erklärte den Kontrahenten, sie seien hier an der falschen Adresse (173 C 33578/10).

Nach dem "Bayerischen Schlichtungsgesetz" seien Streitigkeiten zwischen Nachbarn, die sich direkt oder indirekt um "Überwuchs an der Grundstücksgrenze" drehten, erst einmal einer Schlichtungsstelle vorzulegen. Diese Regelung gelte auch für Folgeschäden, die indirekt durch Baumbestand an der Grenze hervorgerufen würden.

Schlichtungsstellen - Notare, zugelassene Rechtsanwälte u.a. - sollten die Gerichte entlasten und dazu beitragen, Konflikte rascher und günstiger zu lösen. Darüber hinaus sei damit die Idee verbunden, dass eine erfolgreiche Schlichtung nicht nur den aktuellen Konflikt lösen, sondern allgemein das (dem Konflikt zugrunde liegende) persönliche Verhältnis der Nachbarn befrieden könne.

P.S.: Das Amtsgericht München empfiehlt zu diesem Thema eine Broschüre des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz: "Schlichten ist besser als Prozessieren".

Bundesliga: Fans feuerten Raketen ab

Hörgeschädigter Rasenpfleger fordert vom Stadionbetreiber Schmerzensgeld

Während eines Bundesliga-Fußballspiels in der Frankfurter Commerzbank Arena zündeten Fans mehrere Feuerwerkskörper. Einer der Feuerwerkskörper explodierte nahe am Kopf eines Stadionmitarbeiters: Seither leidet der Mann an einem Hörschaden, Kopfschmerzen und Schwindelanfällen. Vom Stadionbetreiber forderte er Schmerzensgeld: Der sei für den Exzess im Stadion verantwortlich, weil die Fans nicht genau genug kontrolliert wurden. Sonst hätte man die verbotenen Sprengkörper entdeckt.

Doch das Oberlandesgericht Frankfurt wies seine Klage ab: Die Sicherheitskontrollen hätten sich im Rahmen dessen gehalten, was bei nationalen und internationalen Sportveranstaltungen üblich sei (3 U 140/10). Kontrollen seien notwendig, weil beim Aufeinandertreffen rivalisierender, teilweise sogar gewaltbereiter Fans das Risiko tätlicher Auseinandersetzungen bestehe. Auch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern sei fast an jedem Spieltag zu beobachten - sei es, um Aufmerksamkeit zu erregen oder um das Spiel zu stören.

Diesen Gefahren habe der Stadionbetreiber aber Rechnung getragen. Alle Zuschauer seien vor dem Betreten des Stadions untersucht worden, ausdrücklich auch daraufhin, ob sie Feuerwerkskörper einschmuggelten. Alle Fans des Gästevereins seien zusätzlich vor dem Betreten des Stadionblocks kontrolliert worden. Stichprobenweise habe man einzelne Fans sogar ein drittes Mal gefilzt.

Auch wenn der Einsatz z.B. von Metalldetektoren - wie heutzutage auf Flughäfen üblich - eine effektivere Kontrolle ermöglichen würde und der Aufwand für die Fußballvereine zumutbar wäre: Ein Verstoß gegen die Pflichten eines Stadionbetreibers, gemessen am technischen Standard im Jahr 2008, liege nicht vor. Es fänden auch Bundesliga-Fußballspiele mit deutlich weniger Kontrollen statt.

Kosten für Zivilprozesse ...

... sind künftig unter bestimmten Bedingungen von der Steuer absetzbar

Gut für die Steuerzahler: Wer mit genügend Aussicht auf Erfolg einen Zivilprozess führt, kann künftig die Gerichtskosten als außergewöhnliche Belastung von der Steuer absetzen, entschied der Bundesfinanzhof (BFH) - und änderte damit seine Rechtsprechung. Bisher wurden Prozesskosten nur als außergewöhnliche Belastung anerkannt, wenn es um Rechtsstreitigkeiten von "existenzieller Bedeutung" für den Steuerzahler ging.

Der konkrete Fall: Eine Angestellte war 2004 länger krank. Nach dem Ende der Lohnfortzahlung erhielt sie Leistungen von der Krankentagegeldversicherung. Als nach einem halben Jahr feststand, dass sie dauerhaft berufsunfähig war, zahlte die Krankenversicherung kein Krankentagegeld mehr. Erfolglos verklagte daraufhin die Angestellte die Versicherung auf Fortzahlung.

Die Kosten des verlorenen Rechtsstreits (etwa 10.000 Euro) wollte die Frau bei ihrer Einkommensteuererklärung für 2004 steuermindernd berücksichtigt wissen. Das wurde vom Finanzamt und vom Finanzgericht abgelehnt. Begründung: Die Angestellte lebe in intakter Ehe und könne auf ein Familieneinkommen von ca. 65.000 Euro jährlich "zurückgreifen".

Doch der BFH hob das Urteil auf (VI R 42/10). Unabhängig vom Gegenstand des Prozesses können künftig Zivilprozesskosten als außergewöhnliche Belastung der Steuerzahler berücksichtigt werden. Unter zwei Voraussetzungen: Die Selbstbeteiligung (abhängig vom Einkommen) für außergewöhnliche Belastungen darf nicht überschritten sein. Und die Klage darf nicht "mutwillig erscheinen", d.h. sie muss hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten. Ein Erfolg muss "mindestens ebenso wahrscheinlich sein wie ein Misserfolg".

Um dies im Fall der Angestellten zu überprüfen, verwies der BFH den Streit ans Finanzgericht zurück.

Schmerzliches WM-Public-Viewing

Zuschauer stürzte von der Sitztribüne: Eventveranstalter haftet für die Folgen

Während der Fußballweltmeisterschaft 2006 kam das "Public Viewing", das öffentliche Fußball-Gucken, in Deutschland so richtig in Mode. In vielen Städten organisierten gewerbliche Veranstalter (oder die Kommunen selbst) Großleinwände. Eine Event-GmbH ließ für diesen Anlass eine dreistöckige Sitztribüne errichten. Obwohl diese nicht mit Geländern abgesichert war, genehmigte die kommunale Ordnungsbehörde den Bau.

Während eines Spiels, sozusagen im Eifer des Gefechts, sprangen viele Fans auf und sahen dem Länderspiel im Stehen zu. Im Getümmel stürzten zwei Zuschauer vom hinteren Rand der Tribüne (80 cm hoch) auf den Boden. Einer der beiden Unglücksraben brach sich beim Sturz den Arm und war einige Monate arbeitsunfähig. Er verklagte die Event-GmbH auf Ersatz der finanziellen Unfallfolgen und auf Schmerzensgeld.

Zu Recht, wie das Oberlandesgericht Hamm entschied (I-9 U 44/10). Das Gericht sprach dem Mann insgesamt 13.300 Euro zu. Der Veranstalter eines "Public-Viewing-Events" sei für die Sicherheit der Zuschauer verantwortlich. Die Genehmigung der Behörde entlaste die GmbH nicht. Bei so einem Ereignis sei mit tumultartigen Szenen zu rechnen. Daher müsse man eine Sitztribüne mit einem Geländer absichern.

Allerdings: Auch für den Zuschauer sei das Risiko offensichtlich gewesen. Deshalb sei ihm ein Mitverschulden zur Hälfte anzurechnen. Torjubel oder "La Ola"-Wellenbewegungen der Menge seien unkalkulierbar, Drängeleien unter den Fans üblich. Wer sich da an einen ungesicherten Tribünenrand stelle, setze sich der Gefahr aus zu stürzen. Zuschauer müssten auch selbst Vorsicht walten lassen.