Sonstiges

Im Hotel gestürzt

Eine ungewöhnlich hohe Kante zwischen Flur und Hotelzimmer muss auffällig gekennzeichnet sein

Ein Rentner-Ehepaar nahm an der Busreise eines Reiseveranstalters in die Schweiz teil. In einem 3-Sterne-Hotel stieg die Reisegruppe ab. Vom Zimmer des Ehepaares führte eine Türe mit einer hohen Türschwelle zum Flur hinaus: Der Boden des Flurs lag höher als der Zimmerfußboden. Obwohl die Urlauberin am ersten Tag ihres Aufenthalts einige Male unbeschadet aus- und eingegangen war, stolperte sie dort am nächsten Morgen über die hohe Kante. Die Frau stürzte und brach sich den Oberarm.

Vom Reiseveranstalter verlangte sie Schmerzensgeld: Die Kante der Türschwelle - 5,4 cm hoch, wie ihr Mann gemessen habe - sei eine gefährliche Stolperfalle. Von dunkelgrauer Farbe, sei sie vom dunkelblauen Teppichboden kaum zu unterscheiden. Das Oberlandesgericht Hamm sprach der Frau 4.000 Euro Entschädigung zu (9 U 192/08).

Für Sicherheitsdefizite in seinen Vertragshotels sei der Reiseveranstalter verantwortlich. Er müsse diese regelmäßig kontrollieren. Im fraglichen Hotel hätte er schon längst Abhilfe schaffen können und müssen, da die hohen Schwellen seit über 20 Jahren vorhanden seien. Solche Kanten seien weder in der Schweiz, noch im übrigen Mitteleuropa üblich. Damit müssten Hotelgäste also nicht rechnen.

Bei so einem Niveauunterschied zwischen Boden und Türschwelle sei die Gefahr groß, dass Hotelgäste mit dem Fuß an der Kante hängen blieben und stürzten. Um so wichtiger, sie deutlich zu markieren - z.B. durch Lackieren in Signalfarbe -, damit zumindest durchschnittlich aufmerksame Gäste das Hindernis erkennen könnten.

Für die gravierenden Unfallfolgen stünden der Urlauberin 8.000 Schmerzensgeld zu. Der Betrag werde allerdings wegen ihrer Unaufmerksamkeit, die ein Mitverschulden begründe, um die Hälfte gekürzt. Zum Unfallzeitpunkt sei es im Hotelzimmer bereits taghell gewesen. Hätte die Frau etwas besser aufgepasst, hätte sie die Kante bemerkt und wäre nicht gestolpert.

Arbeitnehmer kündigte...

... um die Arbeitslosigkeit um einen Tag vorzuverlegen: keine Sperrzeit

Im Zuge der Arbeitsmarktreformen 2003 wurde der Anspruch auf Arbeitslosengeld auf zwölf Monate begrenzt. Nur ältere Arbeitnehmer, die vor dem 31. Januar 2006 arbeitslos wurden, sollten noch in den Genuss der früheren Regelung kommen. Sie sah für ältere Arbeitnehmer sehr viel längere Bezugszeiten vor.

Ein 1953 geborener Arbeitnehmer war seit 1968 bei seiner Firma beschäftigt. Zum 31. Januar 2006 wurde ihm aus betriebsbedingten Gründen gekündigt. Nach altem Recht hätte er 26 Monate lang Arbeitslosengeld bekommen. Um sich das nicht entgehen zu lassen, kündigte er seinen Arbeitsvertrag kurzerhand selbst - zum 30. Januar 2006.

Daraufhin sperrte ihm die Bundesagentur für Arbeit für drei Wochen das Arbeitslosengeld, weil er seinen Arbeitsplatz freiwillig aufgegeben habe. Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz bewertete die Sanktion als rechtswidrig (L 1 AL 50/08). Der Mann habe die Arbeitslosigkeit nicht wirklich freiwillig herbeigeführt, denn die Kündigung habe bereits festgestanden.

Der Arbeitnehmer habe die Arbeitslosigkeit nur um einen Tag vorverlegt, um in den Genuss einer für ihn vorteilhaften Übergangsregelung zu kommen. Dass sich ein Arbeitnehmer einen Anspruch auf Arbeitslosengeld länger sichern wolle, sei als Grund für eine Eigenkündigung akzeptabel. Sie dürfe deshalb nicht mit Sperrzeit bestraft werden.

Finanzamt schickte Computer-Fax

Elektronische Verwaltungsakte sind nur mit qualifizierter elektronischer Signatur gültig

Nachdem das Finanzamt seinen Einspruch gegen den Steuerbescheid abgewiesen hatte, wollte ein Steuerzahler gegen die Ablehnung klagen. Beinahe wäre er daran gescheitert, dass er die Klagefrist versäumte. Das Finanzamt hatte ihm die negative Entscheidung per Computer-Fax übermittelt und konnte auch den entsprechenden Sendebericht vorlegen. Doch der Steuerzahler behauptete, er habe das Faxschreiben nicht erhalten.

Darauf komme es gar nicht an, entschied das Finanzgericht Köln (6 K 3931/08). Eine elektronisch übersandte Entscheidung über einen Einspruch sei ein Verwaltungsakt. Elektronische Verwaltungsakte seien nichtig, wenn sie - so wie hier - nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen seien. So ein Fax entfalte dann keine Rechtswirkung und setzt damit auch die Klagefrist nicht in Gang.

Die qualifizierte elektronische Signatur soll sicherstellen, dass ein elektronisches Dokument, z.B. eine E-Mail, tatsächlich vom Absender stammt und unverfälscht übermittelt wurde. Sie wird allerdings im elektronischen Rechtsverkehr kaum verwendet, obwohl sie dafür vom Gesetzgeber vorgeschrieben ist.

Das Finanzgericht hat gegen das Urteil die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, da in der Rechtsprechung bisher nicht abschließend geklärt ist, ob ein Computer-Fax überhaupt ein elektronisches Dokument ist und ob bei der Entscheidung über einen Einspruch eventuell auf eine qualifizierte elektronische Signatur verzichtet werden kann.

Online-Rätselspiel

Lobt der Veranstalter einen Preis aus, ist das bei einem Wissensspiel verbindlich!

Das Vorbild für das auf einer Webseite präsentierte Rätselspiel ist wohl eine bekannte Quiz-Sendung im Fernsehen. Auf zehn Schwierigkeitsstufen gibt es für jede Frage jeweils vier Lösungsvorschläge, von denen nur einer stimmt. 30 Sekunden haben die Teilnehmer Zeit, eine Frage zu beantworten. Wer die richtige Antwort anklickt, erreicht die nächste Stufe.

Nach einer so genannten Qualifikationsrunde können sich die Spieler registrieren, dafür ist eine Gebühr von 9,90 Euro zu zahlen. Ab Schwierigkeitsstufe 2 winken den Teilnehmern Preise: zwei Euro auf Stufe 2, fünf Euro auf Stufe 3 und so weiter bis zu einer Million Euro auf Stufe 10.

Ein Münchner schaffte es bis zum glorreichen Ende und verlangte anschließend vom Veranstalter des Internetspiels die Million. Doch der verwies aufs Gesetz: Spiele oder Wetten begründeten keine verbindlichen Forderungen (§ 762 BGB).

Doch das Amtsgericht München stellte klar: Für Rätselspiele gelte diese Vorschrift nicht. Sie sei nur für Spiele einschlägig, bei denen das Element des Zufalls im Vordergrund stehe (222 C 2911/08). Die zuständige Amtsrichterin gab dem Spieler Recht, der allerdings nur 1.000 Euro eingeklagt hatte, um das Kostenrisiko gering zu halten und erst einmal die Rechtslage klären zu lassen.

Das Online-Spiel sei kein Glücksspiel, so die Richterin, über dessen Ausgang allein (oder zumindest wesentlich) der Zufall entscheide. Vielmehr seien hier Wissen, Aufmerksamkeit und Geschick gefragt. Rätselspiele seien Wissensspiele, bei denen es jeweils nur eine Lösung gebe. In vorgegebener Zeit seien die Fragen richtig zu beantworten. Ob jemand diese Aufgabe bewältige, hänge von den geistigen Fähigkeiten des Spielers ab und nicht vom Zufall. Wenn dafür ein Preis versprochen werde, sei das als verbindliche Gewinnzusage einzustufen.

Am Weg des Rosenmontagszugs ...

... darf eine Kommune rechtswidrig geparkte Autos abschleppen lassen

Ein gehbehinderter Mann hatte am Rosenmontag 2009 seinen Wagen vormittags gegen 9 Uhr 30 in der Stadt abgestellt: außerhalb markierter Parkflächen und zudem an einer Straße, durch die wenig später der Koblenzer Rosenmontagszug ziehen sollte. Polizeibeamte ermittelten den Halter des Fahrzeugs, konnten ihn aber per Handy nicht erreichen.

Deshalb riefen sie den Abschleppwagen. Kaum waren alle Vorbereitungen getroffen, um den Wagen wegzubringen, erschien der Autobesitzer. Das ersparte ihm das Abschleppen, nicht aber die Gebühren: Die Kommune forderte von ihm die Kosten des "abgebrochenen Abschleppvorgangs".

Der Mann wollte nicht zahlen und verwies auf seinen Schwerbehinderten-Ausweis: Er habe den Wagen dort geparkt, um einen dringenden Arzttermin wahrzunehmen. Den Arzt habe er angetroffen, allerdings sei er umsonst gekommen: Die Praxis sei geschlossen gewesen.

Das sei offenkundig eine Ausrede, fand das Verwaltungsgericht Koblenz (4 K 536/09). Der als Zeuge vernommene Arzt habe ausgesagt, dass er an diesem Tag nicht in der Stadt war. Es sei auch keine Mitarbeiterin in der Praxis gewesen. Auf seine Ausnahmegenehmigung fürs Parken könne sich der Mann daher nicht berufen: Das Abschleppen war zulässig.

Zum einen sei es ohnehin ein Verkehrsverstoß, im verkehrsberuhigten Bereich der Stadt außerhalb der markierten Parkflächen zu parken. Zum anderen sei die Maßnahme wegen des unmittelbar bevorstehenden Karnevalsumzugs geboten gewesen, auch wenn das Auto gegen 11 Uhr noch niemanden konkret behindert habe.

Beim Einkaufen über einen Rollcontainer gestolpert

Inhaber eines Supermarkts haftet nicht für Unfälle durch Unaufmerksamkeit

Eine ältere Kundin fiel im Supermarkt hin und zog sich beim Sturz einen Oberschenkelhalsbruch zu. Später behauptete die Frau, sie sei mit dem Fuß an der quer stehenden Rolle eines Rollcontainers hängen geblieben und habe dadurch das Gleichgewicht verloren. Dafür sei der Betreiber des Supermarkts verantwortlich, denn sein Personal dürfe den Rollgitterwagen nicht so schlampig stehen lassen. Es müsse die Räder oder Rollen der Container gerade stellen, um Unfälle zu vermeiden.

Die verletzte Kundin forderte vom Supermarkt-Inhaber 12.000 Euro Schmerzensgeld. Ihre Zahlungsklage wurde jedoch vom Landgericht Coburg abgewiesen (11 O 748/08). Inwiefern der Unternehmer hier seine Verkehrssicherungspflicht verletzt haben könnte, sei nicht nachvollziehbar, erklärte das Gericht.

Rollcontainer würden in Supermärkten benötigt, um die Waren zu den Regalen zu fahren und diese aufzufüllen. Ihre Rollen stünden immer etwas über die Gitterwagen hinaus. Das Risiko, dass Kunden hängen blieben, bestehe - allerdings nur dann, wenn sie sehr nah daran vorbeigingen und nicht aufpassten. Letztlich habe sich die Frau den Unfall selbst zuzuschreiben: Wäre sie ein wenig aufmerksamer gewesen, hätte sie den Sturz ohne weiteres vermeiden können.

Der Gang zwischen den Regalen sei an der Unfallstelle so breit, dass die Kundin an dem Container problemlos in einigem Abstand vorbei gekommen wäre. Auch einen anderen Durchgang hätte sie wählen können. Übersehen könne man so einen Rollgitterwagen auch nicht: Das geringfügige Risiko sei also gut erkennbar gewesen. Inhaber von Einkaufsmärkten könnten die Kunden nicht vor allen denkbaren Gefahren beschützen.

Versorgungsehe ohne gemeinsame Wohnung

Trotzdem soll die Pension des Ehemanns beim Arbeitslosengeld II berücksichtigt werden

Die heute 56 Jahre alte, arbeitslose Frau hatte 2005 einen 18 Jahre älteren Bekannten geheiratet, einen pensionierten Beamten. Auch nach der Heirat lebte jeder in seiner eigenen Wohnung. Die Eheleute vereinbarten Gütertrennung. Gelegentlich aßen sie zusammen oder gingen spazieren. Wie früher auch besuchte die Frau ihren Mann drei, vier Mal in der Woche vormittags zum Fernsehen oder zu Gesprächen.

Das Jobcenter vertrat den Standpunkt, das Paar sei als Bedarfsgemeinschaft anzusehen. Deshalb sei die Pension des Ehemannes bei der Berechnung des Arbeitslosengelds II für die Frau zu berücksichtigen. Gegen die Kürzung der Sozialleistungen wehrte sich die Frau mit einer Klage.

Während ihr das Landessozialgericht (LSG) Recht gab - weil sich durch die Heirat nichts Wesentliches verändert habe -, verlor die Hilfeempfängerin den Rechtsstreit beim Bundessozialgericht (B 4 AS 49/09 R). Die obersten Sozialrichter stuften das Verhältnis der Ehepartner zwar als reine Versorgungsehe ein. Das müsse aber dem Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft nicht notwendig widersprechen, erklärten sie.

Eine Bedarfsgemeinschaft wäre nur zu verneinen, wenn die Eheleute dauernd getrennt lebten. Das sei allein durch das Fehlen einer gemeinsamen Wohnung noch nicht belegt, sondern setze voraus, dass ein Partner die eheliche Gemeinschaft ablehne und deshalb nicht mit dem anderen zusammenleben wolle. Das sei hier nicht der Fall.

Allerdings müsse das LSG noch die Höhe der Einkünfte des Ehemannes und dessen Bedarf prüfen, um den Fall endgültig entscheiden zu können. Die Sache werde deshalb zurückverwiesen.

Polizist sollte "Gefährder" beruhigen

Psychische Probleme nach "üblichem Dienstbetrieb" sind nicht die Folge eines Dienstunfalls

Ein heikler Auftrag war es für den Polizeibeamten schon: 2004 sollte er einen potenziellen Gewalttäter von einer Straftat abhalten (das heißt im Amtsdeutsch: "Gefährderansprache"). Der Mann hatte seine frühere Ehefrau einige Male telefonisch bedroht, die deswegen die Polizei alarmiert hatte. Mehrfach versuchte der Polizist, ihn in seiner Wohnung zu besuchen, traf ihn aber nicht an. Schließlich sprach er mit ihm am Telefon. Am Tag darauf erschoss der Mann seine Ex-Frau.

Der Vorfall wurde in der Dienststelle besprochen. Weil die Familie des Opfers Zweifel am Vorgehen des Polizeibeamten formulierte, wurde später noch eine interne Untersuchung durchgeführt. Beide Male kam man zu dem Ergebnis, dass der Beamte korrekt gehandelt hatte.

Doch die Erfahrung belastete den Mann so sehr, dass ihm ein Facharzt 2005 Angstzustände und eine posttraumatische Belastungsstörung bescheinigte. Er ging vorzeitig in den Ruhestand und kämpft darum, dass seine psychische Erkrankung als Folge eines Dienstunfalls anerkannt wird. Keine Chance, befand das Verwaltungsgericht Arnsberg (2 K 833/07).

Was den früheren Polizisten belaste, sei ein "Vorgang im Rahmen des normalen Dienstbetriebes" und kein Unfall. Wenn er darauf so stark reagiere, sei das einer seelischen Veranlagung zuzuschreiben. Der Beamte habe mit dem späteren Täter telefoniert, der alle Vorwürfe bestritten und das Gespräch abgebrochen habe. Das Tötungsdelikt sei dann Gegenstand einer Dienstbesprechung gewesen.

Schnell sei klar geworden, dass niemand dem Polizisten ein Fehlverhalten vorwerfen konnte. Auch nach der internen Untersuchung habe die Staatsanwaltschaft dies so gesehen und keine Ermittlungen eingeleitet. Niemand habe den Beamten verbal angegriffen oder für das Geschehen verantwortlich gemacht. Wenn er es nicht verkrafte, müsse dafür nicht der Dienstherr mit Unfallfürsorge einstehen.

Berliner Bürogebäude in ein Wohnhaus umgebaut

Es liegt direkt neben einer Diskothek - Nutzung zu Wohnzwecken gestoppt

2005 hatte eine Berliner Grundstückseigentümerin von der Stadt die Baugenehmigung dafür erhalten, ein ehemaliges Büro- und Verwaltungsgebäude in ein Wohnhaus umzubauen. Direkt dahinter liegt das Grundstück eines Diskothekenbesitzers: Seit Jahrzehnten betreibt er hier - gewerberechtlich genehmigt - die Diskothek "Knaack-Club".

Die Baugenehmigung für den Umbau enthielt keinen Hinweis auf die Diskothek und sah auch keinerlei Auflagen für den Lärmschutz vor. Als der Umbau beendet war, beschwerten sich Mieter im Wohnhaus über die nächtliche Lärmbelästigung durch den Club. Messungen ergaben, dass die zulässigen Grenzwerte erheblich überschritten wurden. Daraufhin legte der Diskothekenbesitzer Widerspruch gegen die Baugenehmigung ein.

Da niemand den Nachbarn über den Umbau und die Baugenehmigung informiert habe, komme der Widerspruch nicht zu spät, entschied das Verwaltungsgericht Berlin (VG 13 L 219/09). Der Diskothekenbesitzer wende sich zu Recht gegen die Baugenehmigung, weil sie das baurechtliche Gebot auf Rücksichtnahme verletzt habe. Zu Rücksichtnahme sei nicht nur derjenige verpflichtet, von dem Lärmbelästigung ausgehe, sondern auch derjenige, der in unmittelbarer Nähe einer Lärmquelle ein Wohngebäude errichte.

Es sei rücksichtslos, an so einem Ort ein Gebäude zu Wohnzwecken zu bauen. Denn dass Störungen eintreten werden, stehe von vornherein fest. Dann dürfe die Grundstückseigentümerin aber nicht hinterher auf die Schutzbedürftigkeit der Anwohner pochen und gegen die lärmintensiven nächtlichen Veranstaltungen der Diskothek vorgehen.

Zeckenbiss als Dienstunfall

Eine Lehrerin hatte Grundschüler beim Spielen im Wald beaufsichtigt

Eine Lehrerin begleitete ihre Grundschulklasse auf einen Bauernhof. Hier wurden die Kinder einige Tage unterrichtet. In den Pausen hielten sie sich in der bewaldeten Umgebung auf. Auch in dieser Zeit musste die Lehrerin die Schüler beaufsichtigen und betreuen.

Während einer solchen Pausenaufsicht wurde die Frau von einer Zecke gebissen. Einige Monate später erkrankte sie an Borreliose, die von Zecken übertragen wird. Die Lehrerin musste in einer Klinik behandelt werden. Um vom Dienstherrn mehr finanzielle Unterstützung zu erhalten, kämpfte die Frau darum, dass das Geschehen als Dienstunfall eingestuft wurde.

Die Vorinstanz hatte dies abgelehnt. Begründung: Es gehöre zum allgemeinen Lebensrisiko, in der freien Natur von einer Zecke gebissen zu werden. Doch beim Bundesverwaltungsgericht setzte sich die Lehrerin durch (2 C 81.08). Laut ärztlichem Gutachten ständen Tag und Ort des Zeckenbisses genau fest, so die Bundesrichter. Daher könne man das Ereignis eindeutig der schulischen Veranstaltung zuordnen.

Die Lehrerin sei ja nicht einfach im Wald spazieren gegangen. Der Aufenthalt auf dem Land sei beruflich bedingt gewesen. Während der Pausen die Schulkinder zu beaufsichtigen, habe zu den Dienstpflichten der Beamtin gehört. Sie habe sich also aus dienstlichen Gründen "im natürlichen Lebensraum von Zecken" aufhalten müssen.

Crash durch Verkehrsrowdy

Trägt die schwer verletzte Autofahrerin Mitschuld, weil sie keinen Gurt trug?

Ein Verkehrsrowdy fuhr in der Stadt mit seinem Auto viel zu schnell, nämlich etwa 90 km/h. Und das bei Regen. Auf der nassen Straße verlor er die Gewalt über den Wagen und schleuderte auf die Gegenfahrbahn. Der Wagen krachte frontal gegen ein anderes Fahrzeug, in dem drei Personen saßen. Die Autofahrerin A, ihr Ehemann und ein Bekannter wurden schwer verletzt.

Der Ehemann starb kurz nach dem Unfall. Frau A verbrachte mehrere Monate im Krankenhaus und in einem Rehabilitationszentrum, leidet immer noch unter großen körperlichen Einschränkungen und ist auf fremde Hilfe angewiesen. Sie forderte vom Kfz-Versicherer des Unfallgegners 40.000 Euro Schmerzensgeld und Ersatz für Schäden, inklusive der Kosten für eine Haushaltshilfe.

Im Rechtsstreit ging es im Wesentlichen um die Frage, ob Frau A ein Mitverschulden anzurechnen war, weil sie beim Unfall keinen Sicherheitsgurt angelegt hatte. Die Versicherung verlangte, ihr eine Mitschuld von einem Drittel zu geben. Die Verletzte argumentierte, sie habe wegen ihres Übergewichts Schwierigkeiten beim Anschnallen. Im konkreten Fall spiele der Verstoß gegen die Anschnallpflicht keine Rolle, entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe (14 U 42/08).

Angesichts des außerordentlich schwerwiegenden Fehlverhaltens des Unfallverursachers könne man diesen Umstand vernachlässigen. Zudem hätte der Sicherheitsgurt der Frau nach Aussagen eines Kfz-Sachverständigen bei dieser Art von Zusammenstoß nichts genützt. Sie wäre mit Gurt genauso schwer verletzt worden. Der Kfz-Versicherer müsse die Forderungen von Frau A zu 100 Prozent erfüllen.

Kinder, die im Ausland leben ...

... erhalten keinen Unterhaltsvorschuss aus öffentlichen Mitteln

Nach der Scheidung erhielt die Mutter das Sorgerecht für ihre zwei minderjährigen Kinder. Sie zog mit ihnen auf die spanische Insel Mallorca. Der Vater der Kinder blieb im Wohnort der Familie, in einem pfälzischen Landkreis. Den Kindern schuldete er Unterhalt, den er jedoch nicht zahlte.

Deshalb beantragte die Mutter bei der zuständigen Behörde - der Kreisverwaltung - Unterhaltsvorschuss für die Kinder. Das sei nicht drin, erklärte das Oberverwaltungsgericht Koblenz (7 A 10994/09.OVG). Nach dem Unterhaltsvorschussgesetz stehe einem Kind vor Vollendung des zwölften Lebensjahres ein Vorschuss nur zu, wenn es bei einem Elternteil in Deutschland aufwachse.

Diese deutsche Regelung widerspreche keineswegs dem Recht auf Freizügigkeit in Europa. Denn der Anspruch auf staatliche Unterstützung richte sich nach den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen in Deutschland. Deshalb dürfe sie davon abhängig gemacht werden, dass die Empfänger einen deutschen Wohnsitz haben.

Fotomontage stellt Oberbürgermeisterin ...

... beim Pinkeln dar: Politische Karikatur und/oder Beleidigung?

Die Stadt Düsseldorf hatte eine frequentierte öffentliche Toilettenanlage in einem Naherholungsgebiet aus Kostengründen geschlossen. Um diese höchst umstrittene Entscheidung ging es wohl einem unbekannten "Künstler", der heimlich eine Fotomontage in den Briefkasten einer Stadtrats-Fraktion einwarf.

Darauf waren zwei Frauen zu sehen, die im Freien auf einer Wiese nebeneinander hocken und pinkeln. Auf einen Kopf war ein Foto mit dem Gesicht der Oberbürgermeisterin geklebt. Überschrift: "Neues aus Ruhrbania: Freiluftgeschäfte am Wasserbahnhof". In der Geschäftsstelle der Fraktion wurde darüber diskutiert, ob die Fotomontage für eine politische Kampagne taugen könnte.

Ein Mitarbeiter der Fraktion mailte die Fotomontage an Fraktionsmitglieder weiter, erwähnte jedoch nicht, dass sie für die politische Arbeit eingesetzt werden sollte. Die Oberbürgermeisterin verklagte diesen Mitarbeiter wegen Beleidigung: So eine Fotomontage hätte er niemals weitergeben dürfen.

Selbst wenn die Montage beleidigenden Charakter hätte, wäre dies im konkreten Kontext vom Grundrecht auf freie Meinungsäußerung gedeckt und nicht strafbar, erklärte das Oberlandesgericht Düsseldorf (III 4 RVs 193/09). Hier gehe es nämlich nicht darum, die Person der Oberbürgermeisterin abzuwerten und ihre Ehre anzugreifen, sondern darum, die Sparpolitik der Kommune anzuprangern.

Der Urheber wolle darauf aufmerksam machen, dass die Oberbürgermeisterin mit der Schließung der Toilettenanlage die Bürger zu "Freiluftgeschäften" nötige. Das sei zwar in geschmackloser Weise geschehen. Dennoch stelle die Fotomontage eine Auseinandersetzung in der Sache dar und überschreite die Grenze zur beleidigenden Schmähkritik nicht.

Altenpflegerin heiratete Heimbewohner

Nach sechs Monaten Versorgungsehe erhält sie keine Witwenrente

Der 89 Jahre alte, pflegebedürftige Mann fühlte sich im Seniorenheim überhaupt nicht wohl. Da hörte er wohl gerne, was ihm die 27 Jahre jüngere Altenpflegehelferin versprach: Sie werde ihn da herausholen und daheim pflegen, wenn er sie heirate. Die beiden kannten sich acht Monate, als die Frau 2008 bei einer Notarin erschien, um das Testament des Seniors zu ihren Gunsten ändern zu lassen. Das ließ die Notarin jedoch nicht zu.

Ein paar Wochen später heiratete die Pflegehelferin den Senior: Niemand erfuhr etwas davon, weder das Heim, noch die Familie. Doch die Frau hielt ihr Versprechen nicht, der Ehemann blieb im Seniorenzentrum. Ein halbes Jahr später starb er. Am Tag danach beantragte die Pflegehelferin Witwenrente. Die Deutsche Rentenversicherung lehnte ihren Antrag ab, weil die halbjährige Ehe ausschließlich der sozialen Absicherung gedient habe.

So beurteilte auch das Sozialgericht Düsseldorf den Fall und wies die Klage der Frau gegen den Rentenbescheid ab (S 52 (10) R 22/09). Bei Ehen unter einem Jahr Dauer werde nur im Ausnahmefall eine Hinterbliebenenrente bewilligt - wenn feststehe, dass keine Versorgungsehe vorliege. Im konkreten Fall sprächen jedoch alle Umstände für das Gegenteil: Alleiniger Zweck der Ehe sei es gewesen, finanzielle Ansprüche zu erwerben.

Der Ehemann sei sehr krank und sehr alt gewesen, mit seinem baldigen Tod habe man rechnen müssen. Nachdem der Versuch der Pflegerin mit dem Testament schiefgegangen war, habe sie ihn geheiratet. Anschließend habe die Frau unberechtigt und gegen den Willen des Seniors öfter Geld von seinem Konto abgehoben. Aus dem Heim habe sie ihn nicht geholt, obwohl das eindeutig sein größter Wunsch gewesen sei. Und nach seinem Tod habe sie sofort Geld von den Erben, den Kindern des Verstorbenen verlangt. (Die trauernde Witwe hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.)

Münchnerin rutschte auf Blitzeis aus

Die kommunale Räum- und Streupflicht steht "unter dem Vorbehalt des Zumutbaren"

Am 15. Februar 2008 bildete sich ab etwa sechs Uhr morgens im gesamten Münchner Stadtgebiet Blitzeis. Alle Wege und Straßen waren sehr glatt. Eine Frau verließ kurz nach acht Uhr ihre Wohnung in der N-Straße, rutschte aus und brach sich den linken Arm. Sie kann ihn bis heute nicht mehr richtig bewegen. Von der Stadt München forderte die Frau 5.000 Euro Schmerzensgeld, weil der kommunale Winterdienst angeblich versagt hatte.

Das Oberlandesgericht München konnte allerdings keine Pflichtverletzung der Kommune erkennen und wies die Zahlungsklage des Glatteis-Opfers ab (1 U 3243/09). Ab fünf Uhr morgens sei an diesem Tag gestreut worden. Doch bei so ungünstiger Witterung, wenn der städtische Streudienst ohnehin im Dauereinsatz sei, müsse man beim Räumen und Streuen Prioritäten setzen.

Die N-Straße sei eine für den Verkehr wenig bedeutsame Nebenstraße. Angesichts dieser Tatsache sei es nicht zu beanstanden, dass hier nur in größeren Zeitabständen gestreut werde. Die Räum- und Streupflicht der Kommune bestehe nicht uneingeschränkt, sondern stehe unter dem Vorbehalt des Zumutbaren.

Freie Gehwege von sechs Uhr bis 22 Uhr könne eine Stadt - jedenfalls im winterlichen Bayern - nicht mit vertretbaren Mitteln gewährleisten. Für den seltenen Fall eines Eisregens müsse die Stadt auch kein zusätzliches Notfall-Personal einstellen. Das wäre für die Kommune unbezahlbar. Sie müsse nur das vorhandene Personal zielgerichtet und planvoll gegen die Glätte einsetzen. Und das sei geschehen.

Kommune darf Weihnachtsmarkt nicht privatisieren

Soziale und kulturelle Aufgaben dürfen Gemeinden nicht vollständig auf Dritte übertragen

Die Stadt Offenbach am Main hatte 1996 entschieden, den traditionellen Offenbacher Weihnachtsmarkt nicht mehr selbst auszurichten. Sie übertrug diese Aufgabe der ProOf GmbH Veranstaltungsgesellschaft. Der Betreiber eines Imbissstandes, der mit der ProOf GmbH jedes Jahr um seine Teilnahme am Weihnachtsmarkt streiten musste, verklagte schließlich die Stadt.

Die ProOf GmbH sei ihm gegenüber voreingenommen, argumentierte der Standinhaber, ihre Geschäftsführer seien direkte Konkurrenten und somit befangen. Die Stadt sei nicht berechtigt, Entscheidungen über Zulassungsanträge von Bewerbern für Standplätze auf kommunalen Märkten voll und ganz privaten Veranstaltern zu übertragen. Sie müsse diese Entscheidungen selbst treffen. Mit diesem Anliegen konnte sich der Imbissstand-Besitzer zunächst nicht durchsetzen.

Doch das Bundesverwaltungsgericht sprach 2009 ein "Machtwort": Einer Kommune sei es nicht erlaubt, so eine Aufgabe, die sie freiwillig übernommen habe, uneingeschränkt abzuschieben. Mit dieser Vorgabe wurde der Rechtsstreit an den Verwaltungsgerichtshof Kassel zurückverwiesen, der nun dem Kläger Recht geben musste (8 A 2613/09).

Offenbach habe die Verantwortung für die Auswahl der Marktteilnehmer, für die Marktordnung und die Werbung für den Weihnachtsmarkt vollständig einem privaten Verein übertragen, so die Richter. Diese Privatisierung sei unzulässig: Kommunen dürften Aufgaben besonderer sozialer, kultureller und traditioneller Prägung nicht ganz und gar delegieren. Wenn eine Stadt mit privaten Veranstaltern kooperiere, müsse sie sich zumindest Steuerungsmöglichkeiten vorbehalten: Es müsse gewährleistet sein, dass der traditionelle Markt den Interessen der Bürger entsprechend durchgeführt werde.

Hausverlosung im Internet untersagt

Verbot der Hausverlosung ist rechtens: Es handelt sich um unerlaubtes öffentliches Glücksspiel

Die Eigentümerin eines Hotels kündigte auf ihrer Internet-Webseite dessen Verlosung an. 9.900 Spielteilnehmer sollten sich im Internet zur Teilnahme anmelden und dafür 97 Euro zahlen. Sobald diese Teilnehmerzahl erreicht würde, sollte der Gewinner durch eine Auslosung ermittelt werden. Sollten zu wenig Lose verkauft werden, zahle sie die eingezahlten Beträge zurück, versprach die Veranstalterin.

Die niedersächsische Glücksspielaufsicht untersagte die Hausverlosung als unerlaubtes öffentliches Gewinnspiel. Vergeblich rief die Eigentümerin gegen diese Entscheidung die Justiz zu Hilfe: Das Verwaltungsgericht Göttingen bestätigte das Verbot (1 B 247/09).

Laut Glücksspielstaatsvertrag handle es sich um ein Glücksspiel, wenn bei einem Spiel für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt werde und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhänge. Werde ein Gewinn per Losentscheid vergeben, treffe das eindeutig zu. Öffentlich sei das Glücksspiel "Hausverlosung" auch, denn die Teilnahme sei für einen großen, nicht geschlossenen Personenkreis möglich.

Das Verbot solle Spielsucht und Wettsucht entgegenwirken. Suchtexperten forderten insbesondere, gegen Internetwetten und Online-Glücksspiele konsequent vorzugehen. Denn per Internet zu spielen, sei besonders einfach und bequem und leiste der Sucht in besonderer Weise Vorschub. Die Höhe des Einsatzes trete hier sehr schnell in den Hintergrund.

Von der Kantinenterrasse abgestürzt

Haftet der Kantinenbetreiber für den Unfall auf der ungesicherten Terrasse?

Mitte Mai 2008 ging eine Angestellte in die (nicht vom Arbeitgeber, sondern von privaten Dritten betriebene) Kantine. Sie wählte ihr Mittagessen aus und ging dann mit dem Tablett auf die Terrasse, um draußen zu essen. Dort zwängte sich die Frau auf der Suche nach einem freien Platz durch die engen Stuhlreihen. Am Rand der Terrasse trat sie aus Versehen zu weit zurück und fiel rückwärts von der ungesicherten Terrasse in ein Gebüsch.

Beim Sturz erlitt sie eine Brustbeinprellung. Für die erlittenen Schmerzen müsse ihr der Kantinenbetreiber 1.000 Euro Entschädigung zahlen, verlangte die Angestellte. Nur wegen seiner Nachlässigkeit habe sie sich verletzt: Eine Terrasse müsse man mit einem Geländer sichern. Bei einem Terrassenabsatz von nur 30 Zentimetern Höhe sei das keineswegs notwendig, urteilte dagegen das Amtsgericht München (163 C 1932/09).

Ein Anhaltspunkt dafür, dass hier nichts versäumt wurde, sei die Bayerische Bauordnung. Demnach sei ein Zaun bzw. ein Geländer erst bei einem Terrassenabsatz mit einem Höhenunterschied von 50 Zentimetern oder mehr erforderlich. Bei einem geringeren Höhenunterschied habe also der bayerische Gesetzgeber die Gefahr für minimal gehalten. Daher habe der Kantinenbetreiber seine Terrasse nicht sichern müssen.

Von den Benutzern einer Terrasse könne man verlangen, dass sie auf ihre Schritte achteten, um nichts zu übersehen und Unfälle zu vermeiden. Auch wenn die Stühle auf der Terrasse sehr eng stünden, sei der Absatz der Kantinenterrasse deutlich erkennbar. Außerdem werde eine Kantine ja nur tagsüber und nicht nachts benutzt. Die Angestellte hätte einfach vorsichtiger sein müssen.

Auto des Sohnes umgeparkt und verunglückt

Das ist kein Wegeunfall, für den die Berufsgenossenschaft einspringen muss

Eine 51-jährige Altenpflegerin wollte morgens in die Arbeit fahren. Doch vor der Garage, in der das Auto stand, hatte ihr Sohn seinen Wagen abgestellt. Er lebte mit ihr in dem Einfamilienhaus, war aber gerade nicht da. Die Frau holte einen Ersatzschlüssel für den Wagen und parkte ihn um.

Beim Verlassen des Fahrzeugs vergaß sie, die Handbremse anzuziehen - fatal, weil die Fläche vor Haus und Garage abschüssig war. Kaum war die Altenpflegerin ausgestiegen, setzte sich der Wagen in Bewegung. Sie wurde von der noch offenen Fahrzeugtür erfasst und zu Boden geworfen. Ein Vorderrad rollte über ihr linkes Bein.

Die Berufsgenossenschaft sollte für die Unfallfolgen aufkommen. Doch die Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung lehnte dies ab: Das sei kein Arbeitsunfall gewesen. Dass die Altenpflegerin das Auto ihres Sohnes umparkte, habe nichts mit ihrer Berufstätigkeit zu tun. So sah es auch das Sozialgericht Detmold und wies die Zahlungsklage der Verletzten gegen die Berufsgenossenschaft ab (S 14 U 74/09).

Der Weg zur Arbeitsstelle stehe im Prinzip unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung: Er gehöre sozusagen als "Vorbereitung" zur versicherten Tätigkeit dazu. Für das Wegfahren eines "fremden" Fahrzeugs gelte das jedoch nicht.

Auch wenn die Altenpflegerin den Wagen ihres Sohnes weggefahren habe, um mit dem eigenen Wagen zur Arbeit fahren zu können, bestehe deshalb noch kein sachlicher Zusammenhang zwischen dem Umparken und ihrer Berufstätigkeit. Ob und wie sich die Frau mit dem Sohn abspreche, wo er sein Auto abstellen könne, sei eine innerfamiliäre Angelegenheit. (Die Altenpflegerin hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.)

Beim Fußballspielen in defekten Drahtzaun gelaufen

Gemeinde tolerierte lange den gefährlichen Bolzplatz: Schmerzensgeld

Der Bolzplatz einer kleinen Gemeinde in Ostthüringen war vollkommen verwahrlost - nicht nur der Rasen. Der Maschendrahtzaun, der ihn umgab, war an vielen Punkten mutwillig zerschnitten worden, an einigen Stellen existierten nur noch vereinzelte Spanndrähte. An so einem Spanndraht verletzte sich ein 20-jähriger Fußballspieler, als er einem Ball hinterher lief, der über das Spielfeld hinausflog.

Im Eifer des Gefechts achtete er nur auf den Ball und prallte mit dem Hals gegen den Spanndraht, verletzte sich am Hals, im Gesicht und im Sturz zudem am Ellenbogen. Von der Gemeinde forderte der junge Mann Entschädigung. Das Oberlandesgericht Jena sprach ihm 1.000 Euro Schmerzensgeld zu, weil die Kommune als Eigentümerin des Bolzplatzes ihre Verkehrssicherungspflicht vernachlässigt habe (4 U 594/09).

Die Gemeinde habe die zunehmende Zerstörung des Zauns durch Vandalismus sehenden Auges toleriert, obwohl er eine Gefahr darstellte. Anstatt den Zaun ganz abzumontieren oder ihn durch einen stabileren Zaun zu ersetzen, habe sie gar nichts unternommen. Wenn eine Kommune kein Geld dafür aufbringen könne, eine Sport- und Spielanlage in einem technisch einwandfreien Zustand zu halten, müsse sie die Anlage schließen.

Allerdings habe auch der Fußballspieler ebenso wie alle Mitspieler gewusst, wie gefährlich der defekte Maschendraht war. Deshalb sei ihm - auch wenn er das Risiko im Spieleifer unterschätzt habe - ein überwiegendes Mitverschulden an dem Unfall anzukreiden.