Sonstiges

Nach der betrieblichen Weihnachtsfeier gestürzt

Muss die gesetzliche Unfallversicherung für die Behandlungskosten aufkommen?

Im Prinzip ist eine betriebliche Weihnachtsfeier "Dienst". Daher sind Arbeitnehmer, die daran teilnehmen, während der Feier und auf der Heimfahrt gesetzlich unfallversichert. Doch wie liegt der Fall, wenn unklar ist, ob die Weihnachtsfeier überhaupt zu Ende war? Das Hessische Landessozialgericht hatte so einen außergewöhnlichen Rechtsstreit zu entscheiden.

Nach der Weihnachtsfeier war ein 55-jähriger Angestellter des öffentlichen Dienstes mit seinem Chef versumpft. Bis in die frühen Morgenstunden hatten die zwei Männer gebechert - bis der volltrunkene Angestellte auf dem Weg zur Toilette eine Treppe hinunter stürzte. Er trug ein schweres Schädel-Hirn-Trauma davon. Später forderte er Leistungen von der gesetzlichen Unfallversicherung.

Doch die Unfallkasse Hessen weigerte sich zu zahlen, weil es sich nicht um einen Arbeitsunfall handle. Bedingt durch übermäßigen Alkoholkonsum, habe sich der Unfall Stunden nach der eigentlichen Weihnachtsfeier ereignet. Dem widersprach das Sozialgericht Frankfurt: Das Fest sei nie offiziell beendet worden und der dafür verantwortliche Amtsleiter sei noch da gewesen. Also sei der Unfall während des Dienstes passiert.

Mit dieser Entscheidung war das Hessische Landessozialgericht nicht einverstanden (L 3 U 71/06). Von 25 Kollegen hätten gegen Mitternacht fast alle die Feier verlassen. Nur noch der Unglücksrabe und sein Chef seien zusammen gesessen. Das sei kein Betriebsfest mehr gewesen, sondern ein privates Zusammensein nach der Weihnachtsfeier. Deshalb entfalle hier der gesetzliche Versicherungsschutz.

Rolltreppe stand still

Das ist keine Gefahrensituation, vor der die kommunale Verkehrsgesellschaft warnen muss

Am Anfang und am Ende einer Rolltreppe ist die Tritthöhe der Stufen unterschiedlich. Vielleicht hat deshalb so mancher ein mulmiges Gefühl, wenn er eine stillstehende Rolltreppe hinunterlaufen muss. Doch: Das Risiko zu stolpern, begründet keine besondere Gefahrenlage, die Sicherungsmaßnahmen erforderlich macht, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt (19 U 160/07).

Eine Frau war auf den obersten Stufen einer stillstehenden Rolltreppe gestürzt und hatte von der kommunalen Verkehrsgesellschaft Schmerzensgeld als Ausgleich für ihre Verletzungen gefordert. Die Betreiberin hätte die Rolltreppe sperren oder zumindest Warnschilder aufstellen und darauf hinweisen müssen, dass die Treppe außer Betrieb sei.

Dem widersprach das OLG: Keine Unfallverhütungsregel schreibe dies vor. Wenn eine Rolltreppe stillstehe, sei die Verkehrsgesellschaft keineswegs verpflichtet, Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen - wenn diese ansonsten technisch einwandfrei sei. Nur wenn eine Rolltreppe defekt sei und/oder gewartet, repariert oder überprüft werde, müsse sie abgesperrt werden.

Dass sich die Stufenhöhe bei Rolltreppen ändere und daher eine gewisse Stolpergefahr bestehe, sei allgemein bekannt, so die Richter. Darauf müsse sich jeder Benutzer von Rolltreppen einstellen und aufpassen. Für einen Sturz auf einer stillstehenden Rolltreppe hafte nicht die Betreiberin.

Auf der Kliniktreppe verunglückt

Handlauf muss nicht über die letzte Treppenstufe hinausragen

Eine Besucherin ging im Hauptgebäude einer Universitätsklinik von der ersten Etage ins Erdgeschoss hinunter. Da die Frau die letzte Stufe der Treppe übersah, stürzte sie und brach sich die Fußgelenke. Sie verklagte die Klinik auf Zahlung von Schmerzensgeld, weil die Treppe nicht verkehrssicher sei.

Die Treppe wurde 1938/1939 gebaut und hat auf beiden Seiten ein Geländer. Ihr Handlauf endet über der Mitte der letzten Stufe - und genau das hielt die verletzte Frau für sehr gefährlich. Ein Handlauf müsse die erste und die letzte Stufe überragen, meinte sie. Ihre Zahlungsklage gegen die Klinik scheiterte jedoch beim Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe (19 U 29/07).

Die Klinik sei nicht verpflichtet, die alte Treppe nachzurüsten und den Handlauf zu verlängern, so das OLG. Die Treppe verstoße weder gegen Bauvorschriften, noch gegen irgendwelche Unfallverhütungsvorschriften. Wenn ein Handlauf über der letzten Stufe ende, sei dies ausreichend. Im Treppenhaus sei es auch nicht zu dunkel.

Wer die Treppe halbwegs konzentriert begehe, sehe schon an der Bodenbeschaffenheit, wo sie ende, erklärten die Richter nach einer Ortsbesichtigung. Die Treppe bestehe aus durchgängigem Terrazzo-ähnlichem Material, der Boden aus Fliesen mit Längs- und Querfugen. Die Verletzte habe selbst geschildert, sie habe die letzte Stufe übersehen und gedacht, sie sei schon im Erdgeschoss angekommen. Der Unfall sei allein auf die Unachtsamkeit der Frau zurückzuführen.

Starkstromkästen mit Graffiti besprüht

Das ist keine "gemeinschädliche Sachbeschädigung", wenn ihre Funktion nicht beeinträchtigt wird

Ein Sprayer wurde erwischt, als er Starkstromkästen des öffentlichen Nahverkehrs mit Graffiti in blauer Farbe verzierte. Das Amtsgericht verurteilte ihn wegen "gemeinschädlicher Sachbeschädigung" zu einer Bewährungsstrafe.

Dagegen legte der Angeklagte Berufung ein, die beim Oberlandesgericht (OLG) Jena Erfolg hatte (1 Ss 337/06). Das OLG hob das Urteil auf. Begründung: Dieser Straftatbestand sei an Bedingungen geknüpft, von denen eine nicht erfüllt sei.

Seit das "Graffiti-Bekämpfungsgesetz" gelte, liege eine Sachbeschädigung nicht erst dann vor, wenn die Substanz einer Sache verletzt sei. Da sich die blaue Farbe durch Wegwischen nicht mehr entfernen ließ, sei der Schluss des Amtsrichters richtig, dass der Angeklagte das Erscheinungsbild der Kästen dauerhaft und erheblich verändert habe. Das genüge jedoch noch nicht.

Denn dadurch sei nicht die besondere öffentliche Funktion der Starkstromkästen beeinträchtigt - ihr Nutzen für den Nahverkehr leide unter der Farbe nicht. Deshalb sei es nicht gerechtfertigt, dem Angeklagten - statt einer einfachen Sachbeschädigung - die härter sanktionierte "gemeinschädliche Sachbeschädigung" zur Last zu legen. Der Amtsrichter müsse sich mit der Angelegenheit noch einmal befassen.

Autofahrer bedrängt und überrollt Mountainbiker

Vorsatz: 77-jähriger Übeltäter wird zu Bewährungsstrafe und hohem Schmerzensgeld verurteilt

Knapp vor einem Auto bogen zwei Mountainbiker in eine "Tempo-30-Straße" ein. Weil er glaubte, sie hätten ihm die Vorfahrt genommen, hupte der 77-jährige Autofahrer die Radfahrer an. Er überholte einen von ihnen - der zeigte ihm den Mittelfinger. Voller Wut bremste der Senior den Mountainbiker aus. Als der ihn links zu überholen versuchte, lenkte der Autofahrer den Wagen nach links und drängte den Radfahrer auf die linke Fahrbahn. Der Mountainbiker schlug mit der Hand auf die Motorhaube, trat in die Pedale und schaffte es gerade noch, den Wagen zu überholen.

Nun gab der Autofahrer Gas, rammte den Hinterreifen des Fahrrads. Der Radfahrer stürzte, das Fahrzeug überrollte ihn und schleifte ihn etwa 20 Meter weit mit. Der schwer verletzte 39-Jährige blieb unter dem Wagen eingeklemmt. "Das kommt davon!" sagte der Senior ungerührt zu dessen Begleiter. Erst auf Drängen des Sportsfreundes wurde schließlich der Verletzte mit zwei Wagenhebern befreit.

Für diese Attacke erhielt der greise Verkehrsrowdy eine Freiheitsstrafe auf Bewährung und musste dem Opfer als Bewährungsauflage 8.500 Euro Entschädigung zahlen. Der Mountainbiker forderte mehr. Zu Recht, urteilte das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken. (4 U 276/07). Denn: Vorsätzliches Verhalten führe zu höherem Schmerzensgeld für das Opfer. Der Senior müsse ihm weitere 20.500 Euro überweisen.

Der Autofahrer habe sich für den "Stinkefinger" mit einem brutalen Angriff gerächt, so das OLG. Dass er den Radfahrer verletzen würde, wenn er mit dem Wagen von hinten mit Vollgas gegen das Rad stieß - müsse ihm klar gewesen sein. Das habe der Autofahrer also billigend in Kauf genommen ("bedingt vorsätzliche Körperverletzung"). Es sei nur gerecht, wenn das Unfallopfer so wenigstens einen finanziellen Ausgleich für diese unerhörte Attacke bekomme.

"Jurist und auch sonst von mäßigem Verstand"

Gewerkschaftssekretär soll für Spott über Arbeitgeber-Anwalt büßen

Auf einer Betriebsversammlung ging es um Schichtzuschläge. Der Betriebsrat kündigte an, Anwälte sollten die Angelegenheit prüfen. Daraufhin erklärte ein Gewerkschaftssekretär der IG Metall, ihm fehle jedes Verständnis dafür, dass den Arbeitnehmern keine Vergütungen gezahlt würden, während sich zwei Anwälte kostspielig über die Zuschläge streiten sollten. Da halte er es mit Kurt Tucholsky: "Er war ein Jurist und auch sonst von mäßigem Verstand".

Dieses Zitat (das allerdings nicht von Kurt Tucholsky, sondern von Ludwig Thoma stammt) bezog einer der Anwälte, Verbandsfunktionär von Arbeitgeberverbänden, auf sich und fühlte sich diffamiert. Er verklagte den IG-Metaller auf Unterlassung (mit 5.000 Euro Geldstrafe im Wiederholungsfall) und veranschlagte einen Streitwert von 50.000 Euro. Was bedeutet, dass der Gewerkschaftler 1.400 Euro allein für einen Anwalt hätte zahlen müssen.

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg erklärte sich für unzuständig (9 Ta 2/07). Die Äußerung des Gewerkschaftssekretärs habe offenkundig keinen Bezug zu gewerkschaftlichen Aufgaben und sei damit kein Fall für die Arbeitsgerichtsbarkeit. Mit der Klage des Arbeitgeber-Anwalts müsse sich das Amtsgericht befassen. Der Streitwert sei jedenfalls viel zu hoch angesetzt, der liege höchstens bei 4.000 Euro.

Begründung: Die Beleidigung halte sich in Grenzen. Höchstens Anwalt und Schriftsteller Ludwig Thoma könnte sich gekränkt fühlen, denn, falsch zitiert, werde die Selbstironie nicht deutlich. Schließlich laute das korrekte Zitat aus der Erzählung "Der Vertrag": "Der königliche Landgerichtsrat Alois Eschenberger war ein guter Jurist und auch sonst von mäßigem Verstand." Das beziehe sich auf die Examensnote 1.

Dieser ironische Spruch werde oft zitiert. Und "auch sonst" müssten Juristen wegen einer mit dem Beruf "verbundenen geistigen Prägung gelegentlich als Objekt des Spottes herhalten". Das sei auszuhalten und nicht mehr als 4.000 Euro wert. Man könne sich ob der kampfeserprobten Persönlichkeit des Arbeitgeber-Funktionärs auch kaum vorstellen, dass ihn so eine "hingeschnäuzte Bemerkung" 50.000 Euro tief verletzt haben sollte.

Partnervermittler wirbt mit "Lockvogel"

Kunde erfährt die Adresse der Traumfrau nicht und verlangt das Honorar zurück

In Zeitungsanzeigen von Partnerschaftsvermittlern ist das so üblich: Als Blickfang war eine "attraktive, rassige Frau" abgebildet, die angeblich einen "Mann fürs Leben" suchte. "Bea" hieß die Schönheit auf dem Foto und gefiel einem Mann so gut, dass er sogleich beim Vermittlungsinstitut anrief. Die Frau wolle er kennenlernen, sagte er. Im Vertrag, den der Mann unterschrieb, stand zwar, das "Institut sichere keinen Kontakt zu bestimmten Personen zu". Dennoch glaubte der Kunde an seine Chance, die "Traumfrau" zu treffen - erkauft mit einem Honorar von 7.900 Euro.

Drei Partnervorschläge erhielt der Mann vom Institut, doch "Beas" Adresse erfuhr er nicht. Nun erklärte er den Vermittlungsvertrag für "sittenwidrig" und klagte auf Rückzahlung des Honorars. Der Vertrag sei keineswegs von vornherein sittenwidrig und nichtig, urteilte der Bundesgerichtshof (III ZR 239/06). Wenn es sich wirklich um ein "Lockvogelangebot" gehandelt habe, könne der Kunde den Vertrag jedoch wegen arglistiger Täuschung anfechten.

Die Täuschung wäre darin zu sehen, dass der Vermittler Kunden mit einem "Lockvogel" anlocke, d.h. mit einer vermeintlichen Kundin, die aber in Wirklichkeit gar nicht als Partnerin vermittelt werden solle. Das sei nicht von der Hand zu weisen, so die Bundesrichter. Immerhin habe das Institut mehrere Jahre lang eine Vielzahl von Anzeigen gleichen Inhalts in unterschiedlichen Regionen geschaltet - immer mit dem gleichen Foto von "Bea".

Dennoch müsse sich die Vorinstanz nochmals mit der Sache befassen. Denn nach mehrmaliger Aufforderung durch die Justiz habe das Partnerschaftsvermittlungsinstitut schließlich doch noch eine Zeugin benannt, die mit "Bea" identisch sein sollte, und deren Vertrag sowie Kundenprofil vorgelegt. Wenn "Bea" doch kein Lockvogel gewesen sein sollte, bleibe es allerdings rätselhaft, warum ihre Telefonnummer bzw. Adresse dem Kunden und der Justiz vorenthalten wurden. Das sei noch zu klären. Partnervermittler schuldeten ihren Kunden zwar Diskretion, aber als Zeugin müsse "Bea" trotzdem Auskunft geben.

Baubehörde verbot Zimmereibetrieb

Unternehmer spiegelt andere, zulässige Nutzung einer Halle vor

Eigentlich wollte der Unternehmer in dem Wohngebiet eine Zimmerei aufmachen. Er hatte bereits eine Produktionshalle im Auge, wo er Bauholz und Holzwerkstoffplatten mit einer mobilen Bandsäge zuschneiden und verzimmern wollte. Bei der Baubehörde beantragte er, die Nutzungsänderung für die Halle zu genehmigen. Die Erlaubnis wurde ihm von den kommunalen Beamten verweigert, weil sich so ein Unternehmen "nicht in die nähere Umgebung einfüge".

Darauf reagierte der Unternehmer sehr flexibel und beantragte eine Baugenehmigung für eine Produktionshalle für Holz- und Lehmbau. Für "ökologisches Bauen" sollten nun Holz- und Lehmwerkstoffe gesägt und verarbeitet werden. Der Begriff "Zimmerei" tauchte in dem Antrag nicht mehr auf.

Mit dieser Wendung hatte der Unternehmer kurzfristig Erfolg und erhielt die Genehmigung. Doch sie wurde von einem Nachbarn angefochten, der sich vor Gericht durchsetzte. Die Baugenehmigung sei schon deshalb rechtswidrig, weil sie inhaltlich unbestimmt sei, erklärte das Oberverwaltungsgericht Münster (10 A 4372/05).

Weder aus dem Bauschein, noch aus den Bauvorlagen seien Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten gewerblichen Tätigkeit in der Halle eindeutig zu erkennen. Welche Maschinen und Apparate zum Einsatz kommen würden und welcher Geräuschpegel dadurch entstehen könnte, bleibe offen.

Hier handle es sich offenkundig um Etikettenschwindel - um den Versuch, eine als rechtswidrig untersagte Nutzung der Halle unverändert, aber unter neuem Namen doch noch genehmigen zu lassen.

Unterschenkel-Trümmerbruch schlecht operiert

Heilungsprozess dauert deshalb über zwei Jahre: Schmerzensgeld für Patienten

Bei einem Verkehrsunfall im Februar 2000 hatte der Mann einen Trümmerbruch am linken Schien- und Wadenbein erlitten. In einem Kreiskrankenhaus wurde er operiert. Die Chirurgen setzten eine Platte am Schienbein ein. Das Wadenbein wurde mit einem so genannten Kirschner-Draht stabilisiert. Im Mai stellte der Hausarzt des Verunglückten einen Plattenbruch und eine Pseudarthrose (Falschgelenkbildung) fest.

Im Kreiskrankenhaus entfernte man die gebrochene Platte und befestigte den Knochen mit einem Küntschernagel. Der wurde eineinhalb Jahre später herausgenommen. Die Wundheilung verlaufe "komplikationslos", konstatierten die Mediziner im Kreiskrankenhaus. Doch einen Tag danach wurde der Patient mit starken Schmerzen in eine Universitätsklinik eingeliefert, wo man den Bruch erneut - mit einem Sirusnagel - stabilisieren musste. Vom Träger des Kreiskrankenhauses verlangte der Mann Schmerzensgeld wegen mehrerer Behandlungsfehler.

10.000 Euro seien angemessen, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg (1 U 59/07). Bei der ersten Operation hätten die behandelnden Ärzte eine zu kurze (d.h. zur Stabilisierung ungeeignete) Knochenplatte eingesetzt und obendrein versucht, diese an einer zertrümmerten Knochenstelle zu befestigen, stellte das sachverständig beratene OLG fest. Wie das Wadenbein stabilisiert worden sei, entspreche nicht mehr dem medizinischen Standard. Diese Missgriffe begünstigten die Entwicklung eines falschen Gelenks, das dann wieder operativ beseitigt werden musste.

Der Heilungsprozess des unfallbedingten Bruchs habe deshalb (statt sechs bis neun Monate) zweieinhalb Jahre gedauert. Das bedeutete für den Patienten weitere Behandlungen und Schmerzen (und obendrein ärztliche Ignoranz gegenüber seinen laienhaften Bedenken). Mehr als 10.000 Euro seien ihm dennoch nicht zuzusprechen, weil die Behandlungsfehler glücklicherweise keinen dauerhaften Schaden nach sich zogen. Überwiegend seien die Schmerzen und Operationen doch Folge des Unfalls und nicht Folge der ärztlichen Fehler.

"Anwalt sofort" - "Beratung bei Kaffee und Kuchen"

Werbung einer Anwaltskanzlei stellt keinen unlauteren Wettbewerb dar

An den Fenstern der Kanzleiräume, auf Briefköpfen und Werbeflugblättern stand als Name der Kanzlei "Anwalt sofort". Auf einem der Flyer versprachen die Anwälte "Beratung oder Termin sofort - Rechtsklarheit und -sicherheit - Beratung bei Kaffee und Kuchen". "Anwaltliche Erstberatung" in verschiedenen Rechtsgebieten kostete zwischen 20 und 40 Euro.

Ein Konkurrent beanstandete die Werbung, die unlauteren Wettbewerb darstelle. Diesen Vorwurf konnte das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg nicht nachvollziehen (1 U 70/07). Dass ein Rechtsanwalt unter der Bezeichnung "Anwalt sofort" auftrete, sei nicht zu beanstanden, so das OLG.

Das sei nicht unseriös und unsachlich, sondern bedeute, dass dem Rechtssuchenden in dieser Kanzlei so bald wie möglich Rat zuteil werde. Man räume schneller Beratung einen hohen Stellenwert ein - im Rahmen des Möglichen natürlich. Entgegen der Meinung des Konkurrenten werde da nicht "Rund-um-die-Uhr-Beratung" auch außerhalb üblicher Bürozeiten angepriesen. Auch das Versprechen von "Kaffee und Kuchen" sei keine effekthascherische oder anstößige Reklame.

Das allgemeine Werbeverbot für Freiberufler sei ja Vergangenheit. Heute gelte nur noch das Kriterium, dass Werbung sachlich und berufsbezogen sein müsse. Das Publikum vertraue darauf, dass Anwälte ihre Aufgaben unabhängig, zuverlässig und verschwiegen erfüllten und nicht ausschließlich gewinnorientiert handelten. Dieses Vertrauen dürfe durch Reklame nicht erschüttert werden.

Kirchengemeinde baut Altarraum um

Tochter des Kirchenarchitekten pocht auf das Urheberrecht

Die Kirche St. Gottfried in Münster wurde 1952/1953 erbaut. 2002 ließ die katholische Kirchengemeinde St. Gottfried den Altarraum der Kirche umgestalten. Der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils entsprechend wollte sie so die Kirchenbesucher stärker in den Gottesdienst einbeziehen. Doch die Tochter des (1966 verstorbenen) Architekten des Bauwerks pochte auf das Urheberrecht des Vaters und forderte, die Kirchengemeinde müsse den Umbau des Altarraums rückgängig machen.

Der Urheber eines Werks (hier: der Baukunst) habe zwar grundsätzlich ein Recht darauf, dass es für Zeitgenossen und Nachwelt unverändert erhalten bleibe, betonte der Bundesgerichtshof (I ZR 166/05). Wenn sich aber berechtigte Interessen des Eigentümers und die Belange des Künstlers widersprächen, müsse man die Interessen abwägen.

Der Umbau des Altarraum sei keineswegs nur eine "Frage des guten Geschmacks", wie die Vorinstanz meinte. Es gehe vielmehr darum, wie die Pfarrgemeinde die heilige Messe feiern möchte. Wenn sie der geänderten Liturgie Rechnung tragen wolle, entspreche das ihrem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht. Und das falle schwerer ins Gewicht als das Urheberrecht des Architekten.

Ein Architekt wisse, für welchen Zweck der Eigentümer ein Bauwerk verwenden wolle, und müsse von vornherein damit rechnen, dass sich daraus auch die Notwendigkeit ergeben könne, das Bauwerk zu verändern. Die Kirchengemeinde nutze das Gotteshaus für ihre Gottesdienste und müsse die Möglichkeit haben, den Kircheninnenraum diesem Zweck entsprechend zu gestalten.

Online-Roulette-Spielverträge ...

... sind auch dann nicht sittenwidrig, wenn der Spieler kein Einsatz-Limit angibt

Die Spielbank Wiesbaden bietet Spielern auch im Internet ein Betätigungsfeld: Sie können online Roulette spielen. Die zuständige Behörde genehmigte dies mit Auflagen. Nur Personen ab 21 Jahren, die ihren Hauptwohnsitz in Hessen haben oder sich dort aufhalten, dürfen teilnehmen. Außerdem muss sich jeder Spieler registrieren und dabei ein Limit für seine Spieleinsätze bestimmen.

Ein Koblenzer meldete sich beim Online-Roulette an. Um "reinzukommen", gab er Adresse und Telefonnummer eines hessischen Bekannten an. Ein Limit setzte der Spieler bei der Anmeldung nicht fest. Seinen Einsatz von 4.000 Euro und einige kleine Gewinne verzockte er. Das Geld wurde von seinem Kreditkartenkonto abgebucht, diese Abbuchungen machte er später rückgängig.

Als die Spielbank ihr Geld forderte, stellte sich der Mann auf den Standpunkt, er müsse für den verlorenen Betrag nicht geradestehen. Der Spielvertrag sei sittenwidrig, weil er ohne Limit gespielt habe. Das müsste die Spielbank verhindern. Mit dieser Argumentation kam der Spieler beim Bundesgerichtshof nicht durch (III ZR 190/07). Er müsse die verlorenen Wetteinsätze bezahlen, urteilten die Bundesrichter.

Die offizielle Zulassung der Spielbank umfasse auch das Online-Roulette. Verbotenes Glücksspiel finde also nicht statt. Ein Gesetzesverstoß der Spielbank sei auch nicht daraus abzuleiten, dass der Spieler selbst deren Zulassungspraxis austrickste und die Teilnahme erschlich, indem er einen hessischen "Mittelsmann" einschaltete. Sittenwidrig werde der Spielvertrag auch nicht durch das Weglassen des Limits.

Diese Auflage zum Schutz der Spieler sollte nicht überschätzt werden. Man versuche so, die Spieler vor dem Spielbeginn dazu anzuhalten, sich den Einsatz gut zu überlegen. Doch sei fraglich, ob Spielsüchtige und gefährdete Spieler ihre finanziellen Möglichkeiten realistisch einschätzten. Die Höhe des Limits sei ja frei wählbar und müsse nicht etwa den wirtschaftlichen Verhältnissen des Spielers angepasst sein. Süchtige könne man letztlich nur durch eine wirksame Sperre vor sich selbst schützen.

"Gütesiegel" einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ...

... für Unternehmen erweist sich als falsch: 1 Million Euro Schadenersatz

2004 prüfte eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft den Jahresabschluss einer GmbH. Die Prüfer fanden alles in Ordnung und sagten voraus, das Unternehmen werde sich im kommenden Jahr weiterhin positiv entwickeln. Das erwies sich schon wenige Monate später als verhängnisvoller Irrtum: Die GmbH musste Insolvenz anmelden.

Nun verklagte der Insolvenzverwalter die Wirtschaftsprüfer auf Schadenersatz: Sie hätten schlampig gearbeitet und so großen Schaden angerichtet. Denn bei korrekter Prüfung wäre die desolate Finanzsituation des Unternehmens viel früher erkannt worden. Dann hätte es nicht weitere Verbindlichkeiten in Millionenhöhe angehäuft. Das Landgericht München I prüfte die Prüfer und kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass sie ihre Pflichten sträflich vernachlässigt hatten (14 O 8038/06).

Dass die Finanzlage des verschuldeten Unternehmens bedrohlich war, könne man schon den Zahlen des Jahresabschlusses selbst entnehmen. Darüber hinaus sei den Prüfern entgangen, dass zwölf Prozent der Bilanzsumme (angeblich ein Wert von 2,2 Millionen Euro) aus "Patenten" bestanden, die nichts wert waren. Dabei handelte es sich nur um Patentanmeldungen (technisch weitgehend ohne Neuheitswert und entsprechend geringer Chance, tatsächlich ein Patent zu erhalten).

Das hätten die Prüfer anhand des "Patent"-Kaufvertrags und einer kurzen Internet-Recherche leicht klären können, so das Landgericht. Dann hätten sie statt des ausgewiesenen Gewinns von 475.000 Euro einen Verlust von einer Million Euro festgestellt. Da die Wirtschaftsprüfer die wirtschaftliche Lage der GmbH dramatisch falsch einschätzten und ihre Pflichten als Abschlussprüfer erheblich verletzten, müssten sie für den dadurch verursachten finanziellen Verlust einstehen - bis zur gesetzlichen Höchstgrenze von einer Million Euro. (Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.)

Missratener Grabstein

Käuferin will vom Kauf der Extra-Anfertigung zurücktreten

Nachdem ihr Ehemann gestorben war, bestellte die Witwe beim Steinmetz ein Grabmal. Sie wählte aus einem Katalog einen Grabstein für 5.360 Euro aus und zahlte 2.500 Euro an. Doch der Doppelgrabstein erwies sich als zu breit für das Familiengrab. Die Maße wurden angepasst, der extra angefertigte Grabstein aufgestellt.

Drei Monate später erklärte die Witwe dem Steinmetz, sie trete vom Kauf zurück. Denn der Grabstein sei zu schmal, eine Rille unansehnlich ausgeführt, der rechte Arm des eingemeißelten Kreuzes einen Zentimeter zu kurz und der Stein zu gelb. Zudem wirke die Grabeinfassung zu kurz. Da sich der Handwerksbetrieb weigerte, das Geschäft rückgängig zu machen, traf man sich vor Gericht wieder.

Das Landgericht München I entschied den Streit zu Gunsten des Handwerkers (31 S 3833/07). Da das im Katalog abgebildete Muster zu breit war und andere Maße gewählt werden mussten, änderten sich dadurch naturgemäß bei der handwerklichen Ausführung des Grabsteins auch die Proportionen. Das verstehe sich eigentlich von selbst, betonte das Gericht. Es sei auch allgemein bekannt, dass natürliches Material nicht einheitlich gefärbt sei.

Auch wenn sich die Käuferin den Grabstein vielleicht anders vorgestellt habe: Die Ausführung weiche nicht wesentlich von der Beschaffenheit ab, die sie mit dem Steinmetz vereinbart habe. Dass der Witwe nun der Grabstein nicht gefalle, stelle keinen Mangel der Ware dar, der einen Rücktritt vom Kaufvertrag rechtfertigte.

Unzufriedener Gast wirft mit Döner

Die Kellnerin erhält kein Schmerzensgeld, weil so ein Wurf die Menschenwürde nicht schwer verletzt

War es womöglich Gammelfleisch? Oder hatte der Gast des Dönerlokals einfach schlechte Laune? Jedenfalls kam es zu einem Streit mit der Frau hinter der Theke, weil dem Gast der Döner nicht schmeckte. Als er sein Geld nicht zurückbekam, warf er den Döner weg. So die Version des Kunden. Nach ihr habe er geworfen, behauptete die Döner-Braterin.

Sie verlangte vom unzufriedenen Kunden ein "angemessenes Schmerzensgeld" von 250 Euro. Immerhin habe er sie als "blöde Kuh" beleidigt und den Döner mit voller Wucht gegen sie geschleudert. Zum Glück habe sie schnell genug reagiert und sich gebückt. Der Missetäter stritt alles ab: "Blöde Kuh" sei ihm nie über die Lippen gekommen, beteuerte er. Den Döner habe er nur hinter die Theke und nicht auf die Frau geworfen.

Das Amtsgericht München wies nach gründlicher Befragung aller Zeugen die Klage auf Schmerzensgeld ab (154 C 26660/07). Niemand habe die Beleidigung gehört, also sei die "blöde Kuh" nicht belegt. Daher stehe der Döner-Braterin auch kein Schmerzensgeld zu. Selbst wenn der Gast wirklich mit dem angebissenen Döner auf sie gezielt haben sollte, ändere das nichts. Nur eine schwerwiegende Verletzung der Menschenwürde begründe einen Anspruch auf Schmerzensgeld. Davon könne bei einem Döner-Wurf keine Rede sein.

Kommune verbot Pokerturnier

Öffentliche Glücksspiele gegen Entgelt sind unzulässig

Der Staatsvertrag zum Lotteriewesen definiert das verbotene Glücksspiel so: Da werde "für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt und die Entscheidung über den Gewinn (hänge) ganz oder überwiegend vom Zufall" ab. Um das Verbot zu umgehen, tun Veranstalter gerne so, als nähmen sie keinen Eintritt - und verlangen statt dessen "Anmeldegebühren" oder Spenden.

Ein privater Veranstalter meldete der Stadt Rheine, er werde in einer Gastwirtschaft regelmäßig Pokerturniere durchführen, die zur so genannten Poker-Bundesliga gehörten. Dabei würden von Sponsoren Gewinne ausgelobt. Die Teilnehmer hätten als Unkostenbeitrag ein Eintrittsgeld von 15 Euro zu zahlen.

Die Kommune verbot das Projekt und blieb dabei, obwohl der Veranstalter sein Konzept änderte: Er bot an, die Spieler um eine Spende für eine gemeinnützige Einrichtung zu bitten, statt Eintrittsgeld zu kassieren. Als das nichts half, bat er die Justiz zu Hilfe - ohne Erfolg. Das Verbot sei rechtens, entschied das Verwaltungsgericht Münster (9 L 13/08).

Poker sei ein Glücksspiel, weil die Spieler gegen einen Geldeinsatz um einen vom Zufall abhängigen Gewinn spielten. Wenn dafür Entgelt von den Teilnehmern verlangt werde, sei es verboten. Ob die Veranstalter das Entgelt nun als Eintrittsgeld, Startgeld oder sonst wie ("Charity-Turnier") deklarierten, spiele keine Rolle. Auch der Umstand, dass Sponsoren die Preise stifteten, ändere daran nichts.

Selbst wenn der Veranstalter auf Eintritt verzichte, stehe sein Turnier im Zusammenhang mit dem Gesamtkonzept der "Poker-Bundesliga", mit ihrem Punktekontosystem und der gemeinsamen Präsentation der Turniere im Internet. Jedes örtliche Turnier sei letztlich auch (ebenfalls verbotene) Werbung für entgeltpflichtige Bundesliga-Turniere und für das Online-Casino.

Strafverfahren wegen vermeintlichen Todes eingestellt

Notorischer Urkundenfälscher fälschte seine eigene Todesbescheinigung

Der Mann war kein unbeschriebenes Blatt mehr: Er hatte schon diverse Prozesse wegen Betrugs und Urkundenfälschung hinter sich. Mehrmals hatte er auch versucht, mit gefälschten (angeblich von Amtsträgern oder Rechtsanwälten stammenden) Urkunden den Ausgang von Strafprozessen zu beeinflussen. Sein "Meisterstück" aber lieferte der notorische Urkundenfälscher 2006.

Das Landgericht Aachen hatte ihn wegen Urkundenfälschung und Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Gegen dieses Urteil legte die Verteidigerin des Angeklagten Revision ein. Während des Revisionsverfahrens erhielt das Gericht im November 2006 ein Schreiben, das angeblich vom Vater des Angeklagten stammte: Sein Sohn sei verstorben, teilte er mit. Eine Sterbeurkunde des Standesamts lag bei. Daraufhin wurde das Strafverfahren eingestellt.

Weitere Ermittlungen der Staatsanwaltschaft ergaben allerdings, dass der Sterbeurkunde eine gefälschte Todesbescheinigung zugrunde lag - ausgestellt von einem nicht existierenden Arzt "Dr. W". In Wirklichkeit war der Angeklagte quicklebendig und geflohen. Der Bundesgerichtshof entschied, dass nun das Strafverfahren genau an dem Punkt fortgesetzt werden müsse, an dem es Ende 2006 eingestellt worden war (2 StR 485/06). Denn der Angeklagte sei nicht verstorben, sondern halte sich verborgen.

Teilweise vertrete die Rechtsprechung den Standpunkt, man müsse ein neues Verfahren einleiten, wenn ein Prozess aufgrund einer irrigen Annahme beendet wurde. Das gelte aber jedenfalls dann nicht, wenn der Irrtum - so wie hier - durch eine Täuschung des Beschuldigten selbst aktiv herbeigeführt wurde. Sollte sein Vater den Brief geschrieben haben, sei dem Angeklagten diese Täuschungshandlung ebenfalls zuzurechnen. Die Revision des Angeklagten sei als unbegründet zu verwerfen.

Nun muss der Urkundenfälscher also ins Gefängnis - wenn er denn gefunden wird.

Umstrittene Flatrate-Partys

Alkoholische Getränke zum Schleuderpreis anzubieten, kann verboten werden

Ein Diskothekenbesitzer hatte einige so genannte Flatrate-Partys durchgeführt (dabei können Gäste für einen fixen Preis so viel Alkohol trinken, wie sie wollen). Als ihm das von der Ordnungsbehörde verboten wurde, verlegte er sich auf "10-Cent-Veranstaltungen". Im Internet und mit Werbeblättchen machte der Diskothekenbesitzer Reklame für das "10-Cent-Hammer-Event": An den Event-Abenden sollten die Besucher beliebig viele Wodka-Energy-Mixgetränke zum Preis von je 10 Cent erhalten.

Wieder meldete sich die Ordnungsbehörde: "10-Cent-Veranstaltungen" seien den Flatrate-Angeboten gleichzusetzen, denn dabei werde Alkoholisches "zu einem nicht kostendeckenden Preis als Werbemaßnahme ausgeschenkt". Die Disko dürfe keine "Events" mehr organisieren, bei denen alkoholische Getränke zum Schleuderpreis angeboten würden. Das animiere Jugendliche zum Alkoholmissbrauch und gefährde ihre Gesundheit.

Das war dem Diskothekenbesitzer schnuppe: In seinen Läden gebe es keinen Alkoholmissbrauch, behauptete er. An erkennbar Betrunkene dürfe sein Personal nämlich keinen Alkohol verkaufen. Er klagte gegen die Auflagen der Behörde, scheiterte jedoch beim Verwaltungsgericht Hannover (11 B 3480/07). Die schriftliche Anweisung, Betrunkenen nichts mehr auszuschenken, genüge nicht, so die Richter, um einem kollektiven Alkoholrausch entgegenzuwirken, den die Disko mit ihren Angeboten planmäßig herbeiführe.

Das "10-Cent-Angebot" verleite durch den extrem günstigen Preis - genauso wie eine Flatrate-Party - das überwiegend junge Disko-Publikum zu übermäßigem Alkoholkonsum. Das schaffe gerade in dieser (ebenso gefährdeten wie schutzbedürftigen) Zielgruppe mit geringem Einkommen einen besonderen Anreiz, den "Eintrittspreis abzutrinken". Die Kombination von Musik, Tanz und Treffen mit Gleichaltrigen mache den Alkoholgenuss zum Schleuderpreis noch attraktiver und so gefährlich, dass die Auflagen der Ordnungsbehörde zwingend notwendig seien.

Letzter (?) Akt des Dramas "Greenpeace contra Müller"

Umweltschützer dürfen Milchprodukte von Müller als "Gen-Milch" bezeichnen

In einer Vielzahl von Publikationen und öffentlichkeitswirksamen Aktionen hat die Umweltorganisation Greenpeace in den Jahren 2004/05 Milch- und Molkereiprodukte der Theo Müller GmbH & Co. KG (Marken "Müller", "Weihenstephan", "Sachsenmilch") als "Gen-Milch" kritisiert. Hintergrund: Das Molkereiunternehmen verwendet Milch von Kühen, die mit gentechnisch manipuliertem Futter gefüttert werden. Die Molkereiprodukte selbst sind nicht gentechnisch verändert.

Müller setzte beim Landgericht durch, dass Greenpeace die Verwendung des wenig schmeichelhaften Begriffs "Gen-Milch" verboten wurde. Das Oberlandesgericht hob das Verbot wieder auf. Auch der Bundesgerichtshof fand, das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung überwiege hier die Interessen des Unternehmens (VI ZR 7/07).

Die Bezeichnung "Gen-Milch" bringe - als Obertitel einer Greenpeace-Kampagne - plakativ die Kritik der Umweltorganisation an der Gen-Technik zum Ausdruck. Die Umweltschützer forderten seit langem, dass Produkte als gentechnisch verändert gekennzeichnet werden müssten - und zwar auch dann, wenn die Gentechnik nur am Anfang der Nahrungskette eingesetzt werde.

Ob genmanipulierte DNA aus Futtermitteln in Milch und Milchprodukte übergehen könne, sei nach wie vor wissenschaftlich umstritten. Dennoch enthalte der Begriff "Gen-Milch" einen wahren Kern. Immerhin werde im Rahmen des Produktionsprozesses ein Verfahren zur gentechnischen Veränderung angewandt.

Verschwundenes Kunstwerk

Stadt München hätte es aufbewahren sollen - Künstler fordert Schadenersatz

Die Kollage aus verschiedenen Fahnen war 1991 in der städtischen Galerie im Lenbachhaus ausgestellt gewesen. Schon vor dem Ende der Ausstellung wurde es entfernt, weil die Firma Ruhrgas seinerzeit gegen das Kunstwerk bzw. den Künstler gerichtlich vorgegangen war und ein Ausstellungsverbot erwirkt hatte. Die Stadt München bewahrte das Kunstwerk auf - so dachte jedenfalls der Künstler. Anlässlich seines 70. Geburtstages 2006 erinnerte er sich an seine Kollage und bat die Stadt um Rückgabe.

Doch mittlerweile, nach immerhin 17 Jahren, war das Kunstwerk nicht mehr auffindbar. Die Kommune musste passen und wurde daraufhin vom Künstler auf 11.500 Euro Schadenersatz verklagt. Das Landgericht München I verurteilte die Stadt zur Zahlung (23 O 6414/07).

Die Stadt München habe die Fahnen nicht korrekt gelagert und aufbewahrt, wozu sie auch ohne eine Extra-Vereinbarung verpflichtet gewesen wäre. Damit habe die Kommune das Eigentum des Künstlers verletzt. Er habe es ihr weder geschenkt, noch übereignet. Sein Anspruch auf Schadenersatz sei trotz der großen Zeitspanne auch noch nicht verjährt. (Die Stadt hat gegen das Urteil Berufung eingelegt!)