Bei einer Verkehrskontrolle in Berlin geschah das Unerhörte. Ein jugendlicher Passant ließ gegenüber dem kontrollierenden Polizeibeamten den nötigen Respekt vermissen und rief ihm im Vorbeigehen zu: "Herr Oberförster, zum Wald geht es da lang!" Nun fühlte der sich in seiner Ehre gekränkt und zeigte den frechen Burschen wegen Beleidigung an.
Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten verwarf die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft und lehnte es ab, ein Verfahren zu eröffnen ((412 Ds) 2 JU Js 186/08 (74/08)). Der "ehrverletzende Charakter" dieser Bemerkung verstehe sich keineswegs von selbst, so der Amtsrichter, sei doch die Arbeit im Forstdienst eine ehrenwerte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit.
Auch wenn vielleicht die Assoziation zum "Oberlehrer" naheliege (der ja oft bissige, kaum aber richtig miese Charakterzüge zugeschrieben bekomme), sei das noch kein Angriff auf die Person des Beamten. Kein verständiger Mensch werde diese Äußerung wegen des Zusatzes "Ober" als beleidigend empfinden, ebenso wenig wie sich ein verständiger Revierförster durch die Bezeichnung als "Oberkommissar" in seinem Ehrgefühl verletzt sehen würde.
Und dann komme auch noch der Wald ins Spiel ... Leider habe die Staatsanwaltschaft versäumt, dem Gericht mitzuteilen, inwiefern dies einen Beamten ernstlich kränken könnte. Womöglich liege kein Wald in der Nähe und die mäßig komische Bemerkung des Angeschuldigten sei weitgehend sinnfrei. Ihr einen Sinn abzugewinnen, falle jedenfalls schwer - ehrenrührig werde sie dadurch nicht.
Wenn einem Polizisten auf so einen Spruch keine schlagfertige Antwort einfalle, sollte er ihn am besten übergehen. "Die Staatsanwaltschaft jedenfalls sollte einen solchen Schmarrn nicht anklagen". "Vorsorglich" stellte der Amtsrichter noch klar, er plädiere nicht für Nachsicht gegenüber Beamtenbeleidigung. Aber Beleidigung bedeute, dass eine Person ernsthaft herabgewürdigt werde. Nicht jede flapsige Bemerkung erfülle den Tatbestand der strafbaren Beleidigung.