Sonstiges

"Herr Oberförster, zum Wald geht es da lang!"

Nicht jede flapsige Bemerkung erfüllt den Tatbestand der Beamtenbeleidigung

Bei einer Verkehrskontrolle in Berlin geschah das Unerhörte. Ein jugendlicher Passant ließ gegenüber dem kontrollierenden Polizeibeamten den nötigen Respekt vermissen und rief ihm im Vorbeigehen zu: "Herr Oberförster, zum Wald geht es da lang!" Nun fühlte der sich in seiner Ehre gekränkt und zeigte den frechen Burschen wegen Beleidigung an.

Das Amtsgericht Berlin-Tiergarten verwarf die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft und lehnte es ab, ein Verfahren zu eröffnen ((412 Ds) 2 JU Js 186/08 (74/08)). Der "ehrverletzende Charakter" dieser Bemerkung verstehe sich keineswegs von selbst, so der Amtsrichter, sei doch die Arbeit im Forstdienst eine ehrenwerte, dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit.

Auch wenn vielleicht die Assoziation zum "Oberlehrer" naheliege (der ja oft bissige, kaum aber richtig miese Charakterzüge zugeschrieben bekomme), sei das noch kein Angriff auf die Person des Beamten. Kein verständiger Mensch werde diese Äußerung wegen des Zusatzes "Ober" als beleidigend empfinden, ebenso wenig wie sich ein verständiger Revierförster durch die Bezeichnung als "Oberkommissar" in seinem Ehrgefühl verletzt sehen würde.

Und dann komme auch noch der Wald ins Spiel ... Leider habe die Staatsanwaltschaft versäumt, dem Gericht mitzuteilen, inwiefern dies einen Beamten ernstlich kränken könnte. Womöglich liege kein Wald in der Nähe und die mäßig komische Bemerkung des Angeschuldigten sei weitgehend sinnfrei. Ihr einen Sinn abzugewinnen, falle jedenfalls schwer - ehrenrührig werde sie dadurch nicht.

Wenn einem Polizisten auf so einen Spruch keine schlagfertige Antwort einfalle, sollte er ihn am besten übergehen. "Die Staatsanwaltschaft jedenfalls sollte einen solchen Schmarrn nicht anklagen". "Vorsorglich" stellte der Amtsrichter noch klar, er plädiere nicht für Nachsicht gegenüber Beamtenbeleidigung. Aber Beleidigung bedeute, dass eine Person ernsthaft herabgewürdigt werde. Nicht jede flapsige Bemerkung erfülle den Tatbestand der strafbaren Beleidigung.

Der Ehefrau Detektiv hinterher geschickt

Wegen eines Unterhaltsstreits die Ehefrau mit GPS-Sender zu überwachen, ist rechtswidrig

Die nach einer außerehelichen Affäre der Ehefrau zerrüttete Ehe war 2007 geschieden worden. Dass er dazu verurteilt wurde, seiner Frau monatlich 680 Euro Unterhalt zu zahlen, ließ den Mann nicht ruhen. Er erhob Abänderungsklage. Um die Zahlungspflicht loszuwerden, suchte er nach Beweisen dafür, dass die Untreue nun mit "dem Neuen" in nichtehelicher Lebensgemeinschaft lebte. Deshalb beauftragte der Mann ein Detektivbüro damit, seine Ex-Frau zu überwachen.

Der Detektiv arbeitete (über-)gründlich: Heimlich montierte er an ihrem Auto einen GPS-Sender, der den Standort des Fahrzeugs laufend ortete. Für die totale Kontrolle berechnete er dem Auftraggeber 3.710 Euro. Im Unterhaltsprozess gab die Frau ihre neue Lebensgemeinschaft zu - damit entfiel der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt. Damit nicht genug: Nun forderte der Ex-Mann von ihr auch noch Ersatz für die Detektivkosten.

Seine Zahlungsklage scheiterte jedoch beim Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg (13 WF 93/08). Im Prinzip sei es nicht falsch, in so einem Fall einen Detektiv einzuschalten, so das OLG. Die Frau habe immer wieder wahrheitswidrig erklärt, ihre Beziehung zu Herrn X sei beendet. Für den Unterhaltsprozess habe sich der Ehemann daher Gewissheit verschaffen müssen. Dahert zähle die Ausgabe für den Detektiv durchaus zu den notwendigen Verfahrenskosten.

Dennoch müsse die Frau in diesem Ausnahmefall die Kosten nicht ersetzen. Ein GPS-System einzusetzen, sei nämlich unzulässig. Deshalb hätten die Ergebnisse dieser Überwachung im Prozess gar nicht verwertet werden dürfen. Für den Unterhaltsprozess sei es nur nötig festzustellen, wie oft und wie lange die Frau ihren mutmaßlichen Lebenspartner aufsuche.

Mit einem GPS-System könne man dagegen ein umfassendes Bewegungsprofil einer Person anfertigen: Das sei eine für das angepeilte Ermittlungsergebnis nicht erforderliche totale Kontrolle. Selbst bei Straftätern dürfe so ein System nur unter bestimmten Voraussetzungen eingesetzt werden. Im konkreten Fall habe es sich um einen rechtswidrigen Eingriff in die Privatsphäre der Frau gehandelt.

Im Wald mit dem Fahrrad verunglückt

Eine Treppe aus Balken stellt keine besondere Gefahr dar

Ein 17-Jähriger radelte auf einem privaten Weg durch den Wald. Der Weg verengt sich am Ende und führt über eine achtstufige Treppe - eine Böschung hinab - auf eine asphaltierte Straße. Der Radfahrer kannte das Gelände nicht, bemerkte die Treppe zu spät und konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen. Er stürzte über die Treppe hinunter auf die Straße und verletzte sich schwer.

Die Klage des jungen Mannes auf Schmerzensgeld - gegen den Verband, der mit den Waldeigentümern vereinbart hatte, den Weg zu unterhalten - wurde vom Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf abgewiesen (19 U 28/07). Die Verkehrssicherungspflicht von Waldeigentümern (und damit im konkreten Fall die des Verbandes) beschränke sich darauf, besondere Gefahren zu vermeiden, so das OLG. Das bedeute: Gefahren, die ein Waldbesucher nicht erkennen könne oder mit denen er nicht rechnen müsse.

Wer in den Wald gehe oder fahre, um sich in der Natur zu erholen, müsse sich im Prinzip auf natürliche Risiken einstellen. Die Treppe, über die der bedauernswerte Radfahrer gefallen sei, stelle keine besondere Gefahr dar. Es handle sich nicht um eine steile, künstlich angelegte Steintreppe, sondern um breit angelegte, mäßig ansteigende Stufen aus Holzbalken, wie sie in Wald und Gebirge üblich seien. Sie sollten es Wanderern leichter machen, die Böschung zu erklimmen.

Auf Hindernisse dieser Art müsse man sich im Wald einrichten. Radfahrer müssten also so fahren, dass sie auf einer unübersehbaren Strecke jederzeit anhalten könnten. Mit einem Rad könne man auch im Schritttempo fahren - das wüssten sie aus eigener Erfahrung, betonten die Richter. Wer das nicht beherrsche, müsse notfalls absteigen und das Rad schieben. Im Schritttempo übersehe man so ein Hindernis nicht.

Fahrschülerin rutscht mit dem Motorroller auf Schnee aus

Fahrerlehrer haftet für die Folgen, wenn er nicht auf das besondere Risiko hingewiesen hat

In der dritten Fahrstunde mit dem Motorroller sollte die Fahrschülerin auf einem Parkplatz zum ersten Mal mit einer Geschwindigkeit von 50 km/h eine so genannte "Gefahrbremsung" durchführen (= bremsen mit Vorder- und Hinterradbremse bis zum Stillstand). Das Manöver ging schief, weil der Boden Ende Dezember schneebedeckt war. Auf dem glatten Untergrund rutschte der Motorroller sofort weg. Beim Sturz fiel das Fahrzeug auf das linke Knie der Fahrschülerin, das anschließend operiert werden musste.

Sie verlangte Schmerzensgeld vom Fahrlehrer: Das Landgericht Bonn sprach ihr 6.500 Euro als Entschädigung für die Unfallfolgen zu (2 O 367/06). Überfordert habe der Fahrlehrer die Schülerin nicht, so das Gericht: Denn sie habe sich in den ersten beiden Fahrstunden sehr geschickt angestellt. Daher habe ihr der Fahrlehrer in der dritten Stunde diese Übung schon zugetraut. Außerdem gehöre es nun einmal zur Ausbildung, Schüler allmählich an schwierige Fahrsituationen heranzuführen. Entscheidend sei deren Können, das habe der Lehrer richtig eingeschätzt.

Dennoch habe der Fahrlehrer seine Pflichten verletzt, weil er die Schülerin vor der Übung nicht auf das besondere Risiko durch Schneeglätte aufmerksam gemacht habe. Auf rutschigem Untergrund sei das Bremsen viel schwieriger als auf trockenem Boden. Hätte der Fahrlehrer mit der Schülerin vorher über das Risiko gesprochen, wäre es ihre Entscheidung gewesen, diese Übung auszuführen oder zu verschieben. Allerdings beinhalte die Ausbildung auf einem Zweirad immer ein gewisses Risiko: Anders als ein Fahrschüler im Auto sei der Schüler dabei vollkommen auf sich gestellt und erhalte seine Anweisungen nur per Funk.

Zu viel Kindergeld erhalten?

BVerfG: Staat muss Bedürftigen auch in dieser Frage Beratungshilfe gewähren

Eine Mutter erhielt einen Bescheid der Familienkasse: Sie habe zuviel Kindergeld erhalten, das müsse zurückgezahlt werden. Die mittellose Frau hielt den Bescheid für unberechtigt, kannte sich in Rechtsfragen aber nicht gut aus. Deshalb beantragte sie beim Amtsgericht Beratungshilfe.

Der Amtsrichter verwies auf das Beratungshilfegesetz (§ 2): Beratungshilfe gewähre der Staat Bedürftigen nur in Angelegenheiten des Sozialrechts, nicht aber in solchen des Steuerrechts. Hier gehe es um Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz, Anspruch auf Beratungshilfe habe die Antragstellerin daher nicht.

Deren Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil hatte Erfolg: Das Bundesverfassungsgericht erklärte § 2 Absatz 2 des Beratungshilfegesetzes für verfassungswidrig (1 BvR 2310/06). Dieser Paragraph sei mit dem Gleichbehandlungsprinzip des Grundgesetzes unvereinbar, entschieden die Verfassungsrichter. Hier müsse der Gesetzgeber eine neue, verfassungsgemäße Lösung finden.

Das Recht durchdringe mittlerweile nahezu alle Lebensbereiche, also seien Bürger auf fachkundigen, rechtlichen Rat angewiesen. Für die Wahrnehmung ihrer Rechte vor Gericht könnten mittellose Bürger Prozesskostenhilfe erhalten. Der Gesetzgeber müsse auch im außergerichtlichen Bereich dafür sorgen, dass Bürger mit der Durchsetzung ihrer Rechte nicht von vornherein an mangelnden Einkünften und ungenügendem Vermögen scheiterten.

Das sei im Prinzip mit dem Beratungshilfegesetz geschehen. Dass das Gesetz aber Beratungshilfe in Angelegenheiten des Steuerrechts ausschließe, führe zu einer Ungleichbehandlung von Rechtsuchenden. Beratungshilfe dürfe nicht auf Angelegenheiten des Sozialrechts beschränkt werden: Dafür gebe es keinen sachlichen Grund. Im Steuerrecht begründete Zahlungspflichten könnten auch Bedürftige betreffen - gerade beim Kindergeld, das unabhängig vom zu versteuernden Einkommen gewährt werde.

Streit um Wildfütterung

Im Mundatwald gilt das rheinland-pfälzische Jagdrecht

Der Jagdbezirk Mundatwald liegt in Rheinland-Pfalz, im Grenzgebiet zum Elsass. Nach dem Zweiten Weltkrieg war der Mundatwald durch Besatzungsrecht Frankreich zugeschlagen worden. Erst 1986 wurden die besatzungsrechtlichen Regelungen aufgehoben. Deutschland überließ Frankreich das Eigentum am Mundatwald, inklusive des Nutzungsrechts am Wald (Wasserquellen, Jagd).

So weit der historische Hintergrund eines kurios anmutenden Rechtsstreits. Ein französischer Jagdpächter fütterte das Wild im Jagdbezirk Mundatwald mit Hilfe von Futteranlagen, die dem rheinland-pfälzischen Jagdrecht nicht entsprachen. Die zuständige Kreisverwaltung (Südliche Weinstraße) forderte ihn auf, die Futteranlagen zu entfernen. Dagegen klagte der Jäger und pochte auf französisches Recht.

Damit hatte er bei den deutschen Verwaltungsgerichten allerdings keinen Erfolg. Frankreich sei Eigentümer des Grund und Bodens, so das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (8 A 11351/07.OVG). Aber die mit dem Eigentum verbundenen Nutzungsrechte dürften nur gemäß deutschem Recht ausgeübt werden. Die verwaltungsrechtlichen Befugnisse seien 1986 uneingeschränkt von Frankreich auf Deutschland übergegangen.

Völkerrechtlich gehöre der Mundatwald zu Rheinland-Pfalz und zur Bundesrepublik Deutschland. Im Mundatwald gelte also deutsches Recht. Daher habe die Kreisverwaltung Südliche Weinstraße dem Jagdpächter die nach rheinland-pfälzischem Jagdrecht unzulässige Fütterung verbieten dürfen. Anders ausgedrückt: Sie habe es ihm zu Recht auferlegt, die Futteranlagen zu entfernen.

Rennradfahrer kollidiert mit Auto

Nachlässige Polizisten sperrten während eines Radrennens die Kreuzung nicht konsequent ab

Die Stadt X richtete ein Radrennen für Profis und Amateure aus. Während des Rundkurses kamen die Rennfahrer mehrmals an einer Kreuzung vorbei, an der eigentlich der Querverkehr Vorfahrt gehabt hätte. Dort war ein Polizeifahrzeug mit eingeschaltetem Blaulicht postiert. "Bei Bedarf" - so einer der Beamten bei der späteren Vernehmung - wurde der Autoverkehr auf der übergeordneten Straße angehalten, damit die Rennteilnehmer die Kreuzung gefahrlos überqueren konnten.

Doch bei der letzten Runde ließ anscheinend die Konzentration der Polizisten nach. Als das Hauptfeld der Fahrer "durch" war, unterhielten sie sich und achteten nicht mehr auf den Verkehr. Das wurde einem Nachzügler zum Verhängnis. Bemüht darum, den Anschluss nicht zu verlieren, trat er in die Pedale - ohne zu bemerken, dass von rechts ein Auto kam. Bei dem Zusammenstoß wurde der Radfahrer auf die Straße geschleudert und verletzt.

Er verklagte das Bundesland als Dienstherrn der Polizeibeamten auf Schadenersatz: Die Polizisten hätten pflichtwidrig die Rennstrecke nicht abgesperrt und so den Unfall verursacht, kritisierte der Sportler. Nun behauptete das beklagte Land, die Beamten seien "rein zufällig" am Unfallort gewesen. Daraus könne man keine Amtspflicht ableiten, den Rennfahrern Vorfahrt einzuräumen.

Damit kam das Bundesland beim Oberlandesgericht Hamm nicht durch: 975 Euro Schadenersatz sprachen die Richter dem Radfahrer zu (9 U 156/07). Zu welchem Zweck sonst sollten sich die Polizisten an der Kreuzung aufhalten, fragten die Richter, wenn sie dort nicht den Verkehr für das Rennen regeln sollten? "Ganz zufällig" hätten sie das ja den ganzen Tag lang auch getan, den Radfahrern die sichere Passage ermöglicht und mit eingeschaltetem Blaulicht die Kreuzung zu einer Seite hin abgeschirmt.

Nach den Erfahrungen der vorhergehenden Runden habe der Rennradfahrer dies auch auf der letzten Runde erwarten dürfen - unabhängig davon, ob er als Einzelner oder im Feld ankam. Die Beamten hätten sich ablenken lassen und damit sehr wohl ihre Pflicht verletzt. Allerdings treffe den Rennteilnehmer ein Mitverschulden: Er hätte sehen können, dass die Beamten die Kreuzung nicht mehr seitlich absicherten und deshalb auf Autos achten müssen. Hätte der Radfahrer rechtzeitig gebremst, wäre der Zusammenstoß vermeidbar gewesen.

BSG: Für freigestellten Arbeitnehmer ...

... in Altersteilzeit sind Sozialversicherungsbeiträge zu zahlen

Ein älterer Arbeitnehmer und seine Arbeitgeberin hatten sich für das so genannte "Blockmodell" der Altersteilzeit entschieden. Die erste Hälfte hätte der Mitarbeiter Vollzeit arbeiten sollen, in der zweiten Hälfte der Altersteilzeit wäre er dann freigestellt worden. So war es erst vereinbart. Dann überlegte es sich die Arbeitgeberin anders und stellte den Arbeitnehmer schon in der ersten Hälfte der Altersteilzeit von der Arbeit frei. Sein Gehalt erhielt er weiter.

Darüber war der Mitarbeiter sehr erfreut und unterschrieb eine entsprechende Zusatzvereinbarung. Um keine unangenehme Überraschung zu erleben, fragte die Firma bei der Einzugsstelle nach, ob für den freigestellten Arbeitnehmer weiterhin Sozialversicherungsbeiträge anfielen. Als die Einzugsstelle dies bejahte, klagte die Arbeitgeberin gegen den Bescheid.

Doch das Bundessozialgericht (BSG) bestätigte ihn: Freigestellte Arbeitnehmer seien versicherungs- und beitragspflichtig, solange Entgelt gezahlt werde (B 12 KR 27/07 R). Auch wenn Arbeitnehmer während der Altersteilzeit tatsächlich nicht mehr arbeiteten, seien sie versicherungspflichtig beschäftigt. Denn sie erzielten Entgelt mit einer vor der Altersteilzeit erbrachten Arbeitsleistung. Das gelte auch im konkreten (Sonder-)Fall.

P.S.: Das Urteil widerspricht der Praxis der Sozialversicherungsträger. Sie gingen bis jetzt davon aus, dass Arbeitnehmer mit dem letzten Arbeitstag bei der Sozialversicherung abzumelden sind, wenn beide Arbeitsvertragsparteien unwiderruflich die Freistellung von der Arbeitsleistung vereinbart haben. Das Urteil wird wohl eine Korrektur einleiten.

Rechtsstreit um Hartz-IV-Satz ...

... wird vom LSG Hessen dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt

Eine hessische Familie bezieht als Bedarfsgemeinschaft Arbeitslosengeld II (= Hartz-IV-Leistungen) - die Eltern je 311 Euro, die 14-jährige Tochter 207 Euro. Das liegt unter dem Existenzminimum, fanden die Hilfeempfänger. Ohne Erfolg beantragte die Familie mehr Geld.

Die Sozialbehörde verwies auf das Gesetz, das Sozialgericht auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts: Das habe in allen Verfahren um die Hartz-IV-Leistungen den "weiten Gestaltungsspielraum" des Gesetzgebers betont. Der Rechtsstreit landete beim Landessozialgericht (LSG) Hessen (L 6 AS 336/07).

Das LSG Hessen gab erst einmal einige Gutachten in Auftrag, um zu klären, wie der Bedarf einer Familie mit Kindern richtig einzuschätzen ist. Nach deren Lektüre waren die Darmstädter Richter überzeugt, dass der Regelsatz dem besonderen Bedarf von Familien mit Kindern nicht gerecht wird.

Warum Kinder nur 60 Prozent des Betrags erhielten, der Erwachsenen zustehe, sei nicht nachvollziehbar, so das LSG. Unerklärlich auch, weshalb 14-Jährige trotz höheren Bedarfs mit der gleichen Summe auskommen müssten wie Neugeborene. Bei der Hartz-IV-Gesetzgebung habe die Politik zudem eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ignoriert.

Das BVerfG habe 1998 den damaligen Steuerfreibetrag kritisiert, weil er den außerschulischen Bildungsbedarf von Kindern nicht berücksichtigte. Auch der Hartz-IV-Regelsatz decke das "soziokulturelle Existenzminimum von Familien" nicht. Das LSG kam zu dem Schluss, dass der Hartz-IV-Satz dem Grundgesetz widerspricht und gegen die Menschenwürde verstößt. Es wird deshalb den Fall der hessischen Familie dem BVerfG vorlegen.

Computerspiel "Bully"

Komiker Bully Herbig klagt vergeblich gegen den Titel des Computerspiels

Ein Softwarehersteller vertreibt ein Computerspiel mit dem Titel "Bully - Die Ehrenrunde". Das wurmte den deutschen Komiker und Filmemacher Bully Herbig, zumal das Spiel seiner Ansicht nach "Gewalt verherrlicht". Damit wollte er keinesfalls in Verbindung gebracht werden. Er zog gegen den Spieleproduzenten gerichtlich zu Felde, um den Namen des Spiels verbieten zu lassen.

Doch das Landgericht München I sah dafür keinen guten Grund (33 O 24030/07). Der Begriff Bully sei mehrdeutig: "Bully" nenne man auch einen VW-Transporter oder einen Anstoß beim Eishockey. Diesen Begriff zu verwenden, müsse möglich bleiben. Darauf habe der Komiker kein Monopol.

Außerdem sei der aus Film und Fernsehen bekannte "Bully" mit dem Computerspiel nicht zu verwechseln, so die Richter. Ein Verbot sei schon deshalb unangebracht, weil "Bully" nur ein Bestandteil des Spielenamens sei. Nehme man den Titel als Ganzes, sei unschwer zu erkennen, dass das Spiel nichts mit dem Komiker zu tun habe. Das Wort "Bully" stehe hier in einem anderen Kontext und umgekehrt spiele der Künstlername Bully Herbig im Bereich der Videospiele keine Rolle.

Allerheiligenkirmes in Soest

Gewalttätige Jugendliche müssen "draußen bleiben"

Zwei Brüder aus Soest (17 und 19 Jahre alt) gehören zur "Stammkundschaft" der örtlichen Polizei: Schlägereien, Diebstähle, Sachbeschädigungen gehen auf ihr Konto. Im Vorjahr waren die Jugendlichen besonders während der traditionellen Allerheiligenkirmes unangenehm aufgefallen, weil sie mehrmals betrunken randalierten und andere Kirmesbesucher anpöbelten bzw. angriffen.

Dem wollte die Kreispolizeibehörde dieses Jahr von vornherein einen Riegel vorschieben: Sie untersagte den Brüdern, während der Öffnungszeiten der beliebten Kirmes den betreffenden Stadtteil von Soest aufzusuchen. Gegen das Aufenthaltsverbot legten die beiden jungen Männer Widerspruch ein, der vom Verwaltungsgericht Arnsberg zurückgewiesen wurde (3 L 769/08, 3 L 772/08).

Der Eingriff in das Recht auf Freizügigkeit sei gerechtfertigt, so das Gericht. Die Polizeibehörde habe mit gutem Grund angenommen, dass die vielfach vorbestraften Jugendlichen auch 2008 auf der Kirmes gewalttätig auftreten und friedliche Besucher angreifen würden. Alkoholkonsum erhöhe ihren ausgeprägten Hang zur Gewalttätigkeit noch. Selbst laufende Strafverfahren und "besondere Betreuung" durch Polizeibeamte hätten die Jugendlichen nicht davon abgehalten, weitere Straftaten zu begehen.

Üblicherweise zögen die Brüder mit Gruppen durch die Stadt, die sich gegenseitig "bekriegten". Diese konzentrierten sich bei besonderen Veranstaltungen wie der Kirmes im Innenstadtbereich. Das Aufenthaltsverbot sei daher notwendig, um weiteren Straftaten vorzubeugen. Prävention liege im öffentlichen Interesse und dies überwiege das private Interesse der Jugendlichen, sich auf der Kirmes zu "vergnügen".

Der Vermieter eines Gewerbegebäudes ...

... muss im Winter nicht um sechs Uhr früh die Außentreppe streuen

In einem großen Gebäude hatte u.a. das Unternehmen W Räume gemietet, das regelmäßig auch in Nachtschicht arbeitete. Eine Mitarbeiterin von W verließ das Gebäude an einem frühen Wintermorgen - so gegen sechs Uhr -, nachdem ihre Schicht beendet war. In der Nacht hatte es geschneit. Die müde Arbeitnehmerin rutschte auf der vereisten Außentreppe des Gebäudes aus und verletzte sich bei dem Sturz.

Laut Mietvertrag war für den Winterdienst der Vermieter des Gewerbegebäudes zuständig. Von ihm verlangte die verletzte Frau Schmerzensgeld. Ihre Zahlungsklage wurde vom Oberlandesgericht (OLG) Koblenz abgewiesen (5 U 101/08). Zu dieser frühen Stunde müsse ein Vermieter nicht räumen oder streuen, urteilte das OLG.

Dazu sei er nur während allgemeiner Verkehrszeiten verpflichtet, also vom Einsetzen des allgemeinen Verkehrs ca. 7 Uhr morgens bis zu dessen Ende in den Abendstunden. Wer sich außerhalb dieser Zeiten bewege, dürfe grundsätzlich keine Sicherungsmaßnahmen erwarten. Am Vorabend des Unfalls sei die Treppe noch frei, die Gefahrensituation am Morgen für den Vermieter nicht absehbar gewesen. Ihm sei daher der Unfall nicht anzulasten.

Anders läge der Fall nur, wenn der Vermieter selbst dafür verantwortlich wäre, dass auf seinem Gelände zur Nachtzeit gearbeitet wird und viel Publikumsverkehr stattfindet. Dann müsste er auch in der Nacht dafür sorgen, dass Mitarbeiter das Gebäude gefahrlos betreten und verlassen können. Mit der Arbeitsorganisation des Unternehmens W und dem frühen Schichtwechsel am Unfalltag habe der Vermieter jedoch nichts zu tun.

Lokführer holt nachts mit dem Zug Brennholz

Dass er bei der Bahnfahrt Diesel verbraucht, stellt keinen Diebstahl dar

An das "Königlich Bayerische Amtsgericht" erinnert der Prozess gegen einen Chiemgauer Bahnbeamten: Im Februar war Lokomotivführer L im Pendelverkehr auf der eingleisigen Bahnstrecke zwischen Aschau und Prien am Chiemsee unterwegs. Am Nachmittag beobachtete er Holzarbeiter, die im Auftrag der Deutschen Bahn AG am Streckenrand Bäume lichteten. L bremste und fragte, ob er etwas Brennholz für seinen Kachelofen abzweigen könne. Klar, antworteten die Holzarbeiter, das Holz bleibe sowieso liegen.

Geld für Brennholz gespart, freute sich der Beamte. Auf der letzten Fahrt nach Aschau fuhren selten Passagiere mit. Da wollte er dann den Zug kurz anhalten und Holz einladen. Doch just an diesem Tag stiegen zur letzten Fahrt zwei Reisende ein. Und so musste L noch einmal fahren. Um 23.35 Uhr kehrte er von Aschau aus zurück und holte sich ca. ein Ster Brennholz aus dem Wald. Anschließend meldete er sich vorschriftsgemäß beim Fahrdienstleiter in München ab.

Ärger gab es nun mit der Bahn - nicht wegen des Sters Holz, sondern, weil der Lokomotivführer auf der außerdienstlichen, nicht genehmigten Fahrt Diesel im Wert von 12,13 Euro verpulvert hatte. Klar: Börsennotierte Unternehmen müssen besonders darauf achten, dass Mitarbeiter nichts verschwenden ... Und es fand sich ein Staatsanwalt, der L wegen Diebstahls anklagte.

Auf die Idee, das Holz mit dem Auto zu holen, sei er nicht gekommen, beteuerte L vor dem Amtsgericht Rosenheim. Aber nicht weil er Benzin habe sparen wollen: Er kenne die Zufahrt nicht und hätte die Holzstöße gar nicht gefunden, ohne sich an der Bahnstrecke zu orientieren. Daran, dass er bei der Zugfahrt Diesel verbrauchte, habe er überhaupt nicht gedacht.

Das sei nachvollziehbar und kaum zu widerlegen, fand der Rosenheimer Amtsrichter (7 Cs 450 Js 16852/07). Daher fehle es schon am Vorsatz des Angeklagten, sich den "Dieselkraftstoff anzueignen". L habe nicht Diesel gestohlen, sondern "unbefugt ein Fahrzeug benutzt". Das sei ein anderer Tatbestand. Auch wenn beim unbefugten Gebrauch eines Fahrzeugs naturgemäß Benzin oder anderer Kraftstoff verbraucht werde, sei dies etwas anderes als Diebstahl von Kraftstoff.

Der Amtsrichter sprach L frei: Diebstahl von Brennholz komme als Vorwurf auch nicht in Betracht, weil nicht zu klären sei, wem es gehörte. Deshalb müsse man zu Gunsten des Angeklagten davon ausgehen, dass es sich um "herrenloses Gut" gehandelt habe.

Urheberrechtsschutz für Heiratsannoncen?

Partnervermittlerin schrieb Texte einer Konkurrentin ab

Die beiden Damen - eine Münchnerin und eine Züricherin - erbringen ihre Dienstleistungen nur für einen ganz exklusiven Kundenkreis, die berühmten "oberen Zehntausend". Das schlägt sich in den Annoncen nieder, die sie im Heiratsmarkt von Zeitungen aufgeben. Natürlich sind die nach Liebesglück suchenden Kunden allesamt reich, gutaussehend, mit "viel Charme", "Stil" und 1-A-Umgangsformen gesegnet.

Vielleicht liegt es ja daran, dass sie alle so ähnlich klingen? Im konkreten Fall soll allerdings die Münchner Partnervermittlerin von der anderen abgeschrieben haben. Das fiel der Schweizerin auf, weil ihr die Konkurrentin einen Kunden abspenstig gemacht hatte. Und nun musste sie ihr eigenes Loblied auf den millionenschweren Supertypen in einer Anzeige der Konkurrentin in der International Herald Tribune lesen.

Das lasse ich mir nicht gefallen, sagte sich die Züricher Vermittlerin und ließ die Münchner Vermittlerin abmahnen. Vor dem Landgericht München I ging es schließlich um die Frage, ob Texte von Heiratsannoncen überhaupt vom Urheberrecht geschützt sind (21 O 3262/08). Der Richter bejahte dies: "Die Annoncen der Klägerin sind in Wortwahl und Stil gekonnt auf den angesprochenen (elitären) Personenkreis zugeschnitten; schon darin ist eine individuell-schöpferische Leistung zu sehen".

Die Texte seien auch nicht durch die Persönlichkeit der Kunden vorgegeben, wie die Konkurrentin aus München behaupte. Das gelte vielleicht für die Beschreibung eines Staubsaugers. Wenn es darum gehe, eine Person zu charakterisieren, existiere eine riesige Bandbreite von Ausdrucksmöglichkeiten. Angesichts der Vielfalt der Sprache könne die Konkurrentin niemandem weismachen, der Annoncentext sei nicht abgekupfert.

Jäger als Suffkopf

Alkoholabhängige müssen Waffenbesitzkarten und Jagdschein zurückgeben

Der Polizei war der Mann schon öfter aufgefallen, jedes Mal war er vollkommen betrunken. Einmal stolperte er vor einem Auto und "rächte" sich dafür am unschuldigen Auto durch einen vehementen Fußtritt gegen die Karosserie. Zeugen holten die Polizei, der Alkoholtest ergab ca. 2,7 Promille.

Kurz darauf beschwerte sich eine Nachbarin bei der Polizei wegen überlauter Musik. Die Beamten fanden den betrunkenen Mann schnarchend in der leeren Badewanne. Ein anderes Mal ließ er sich mit einem Bekannten und einigen Dosen Jack Daniels auf der Straße nieder, um zu trinken (2,4 Promille). Die Polizei brachte beide Männer nach Hause.

Die Beamten machten Meldung beim Ordnungsamt. Die Behörde kündigte dem Jäger an, sie werde ihm seinen Jagdschein und seine Waffenbesitzkarten entziehen, weil er alkoholabhängig sei. Diese Sanktion könnte er nur noch durch eine fachärztliche Untersuchung abwenden, wenn ihm der Facharzt bestätige, dass er geistig und körperlich geeignet sei, mit Waffen zu hantieren.

So ein Zeugnis legte der Jäger innerhalb der gesetzten Frist nicht vor, also musste er Waffenbesitzkarten und Jagdschein abgeben.

Gegen die Maßnahme wehrte er sich, scheiterte jedoch mit seiner Klage beim Verwaltungsgericht Ansbach (AN 15 K 07.02213). Im Laufe eines Jahres sei der Jäger fünf Mal mit einem Blutalkoholwert (BAK) von mehr als zwei Promille aufgefallen, stellte das Gericht fest. Die Polizisten hätten ausgesagt, dass der Jäger trotz exzessiven Alkoholkonsums nur leicht schwankte.

Das spreche eindeutig für Alkoholabhängigkeit. Nach gesicherten Erkenntnissen der Alkoholforschung seien Personen mit einer derart hohen BAK und sehr geringen Ausfallerscheinungen überdurchschnittlich an Alkohol gewöhnt. Alkoholabhängige dürften keine Waffen tragen. Jäger und andere Personen, die mit Waffen umgehen, müssten klar im Kopf und zuverlässig sein, d.h. "sich im Griff haben".

Lkw-Fahrer verlor den Job, weil er privat betrunken Auto fuhr

Darf die Agentur für Arbeit deshalb das Arbeitslosengeld sperren?

Der Mann versuchte wohl, seine finanziellen Sorgen in Alkohol zu ertränken. Weil er hoch verschuldet war, hatte der Berufskraftfahrer das Insolvenzverfahren für Verbraucher beantragen müssen. Kurz darauf erwischte ihn die Polizei am Steuer seines Privatwagens mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,92 Promille. Das brachte ihm eine Geldstrafe wegen vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr ein und kostete den Führerschein.

Und den Job obendrein, denn der Arbeitgeber kündigte dem Lkw-Fahrer. Der Mann meldete sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Die Agentur für Arbeit sperrte es jedoch erst einmal für drei Monate, weil der Arbeitnehmer mutwillig seinen Arbeitsplatz aufs Spiel gesetzt habe.

Die Klage des arbeitslosen Fahrers gegen den Bescheid der Agentur hatte beim Sozialgericht Stuttgart Erfolg (S 20 AL 7291/05). Eine Sperrzeit für das Arbeitslosengeld dürfe die Agentur für Arbeit nur verhängen, wenn ein Arbeitnehmer die Kündigung durch vertragswidriges Verhalten provoziere. Davon könne hier aber keine Rede sein, denn der Mann habe nicht gegen das absolute Alkoholverbot während der Arbeitszeit verstoßen.

Außerdienstliches Fehlverhalten dürfe nicht mit einer Sperrzeit sanktioniert werden. Ihr Privatleben könnten Arbeitnehmer frei gestalten, Fehltritte inklusive. Sie müssten es nicht nach den Pflichten des Arbeitsvertrags ausrichten. Da sich der Berufskraftfahrer acht Monate Fahrverbot eingehandelt habe, sei zwar die Kündigung des Arbeitgebers berechtigt. Denn er könne ja nun seine Arbeit nicht mehr erledigen. Eine Sperre für das Arbeitslosengeld rechtfertige dies aber nicht.

Schülerticket darf mehr kosten als ein Seniorenticket

Preisdifferenz bei kommunalen Verkehrsbetrieben ist sachlich begründet

Eine Gymnasiastin fährt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Schule. Das spezielle Schülerticket der kommunalen Verkehrsbetriebe kostet zwei Euro mehr als das Seniorenticket (ab 60). Beide Tarife sind im Vergleich zum Standard-Tarif für Otto Normalverbraucher ermäßigt. Die Schülerin pochte auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und fand, sie bezahle seit Jahren zu viel. Den Differenzbetrag zwischen Schülertarif und Seniorentarifmüssten ihr die kommunalen Verkehrsbetriebe zurückzahlen.

Die Klage der Schülerin wurde vom Amtsgericht Mannheim abgewiesen (10 C 34/08). Objektiv würden Schüler zwar benachteiligt, weil sie für ihr Ticket mehr zahlen müssten. Doch das sei sachlich begründet. Die kommunalen Verkehrsbetriebe wollten mit dem Sondertarif für Senioren den öffentlichen Nahverkehr in den Nebenzeiten besser auslasten. Schüler hätten gar keine andere Möglichkeit, als während der Hauptverkehrszeit zu fahren, also am Morgen und in der Mittagszeit.

Inhaber der Karte ab 60 nutzten dagegen diese Karte relativ gleichmäßig über den Tag verteilt, also auch in den Nebenzeiten. Der ermäßigte Tarif schaffe für sie einen Anreiz, die Verkehrsmittel verstärkt zu nutzen. So seien die Verkehrsmittel in den Nebenzeiten voller und die Verkehrsbetriebe erzielten höhere Einnahmen bei gleichbleibenden Kosten. Diese betriebswirtschaftliche bedingte Maßnahme sei nicht zu beanstanden. Würden die Verkehrsbetriebe den Preisnachlass für Senioren streichen, wäre das für niemanden ein Vorteil.

Betrunken zur Arbeit gefahren ...

Autounfall gilt nicht als Arbeitsunfall: Witwe erhält keine Hinterbliebenenrente

Auf dem Weg zur Arbeit war der Mann mit seinem Wagen gegen einen Baum geprallt: In einer Linkskurve war er einfach weiter geradeaus gefahren. Schon dieser schwere Fahrfehler gab den Polizeibeamten zu denken. Dann fanden sie eine leere Schnapsflasche im Unglückswagen. Der schwer verletzte Autofahrer roch nach Alkohol.

Ein Krankenwagen brachte ihn in die Notfallambulanz einer Klinik, wo man ihm eine Blutprobe entnahm. Wie schon von den Beamten vermutet, ermittelten die Ärzte eine hohe Blutalkoholkonzentration (BAK). Einige Wochen später erlag der Mann seinen schweren Verletzungen.

Als die Witwe von der Berufsgenossenschaft - Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung - eine Hinterbliebenenrente forderte, winkte diese ab. Der Arbeitnehmer sei zwar auf dem Weg zur Arbeitsstelle verunglückt, dabei stehe er im Prinzip unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Doch wer betrunken Auto fahre, verliere jeden Anspruch.

Dass ihr Mann absolut fahruntüchtig gewesen sei, stehe überhaupt nicht fest, konterte die Witwe. Doch das verhalf ihrer Klage gegen die Berufsgenossenschaft nicht zum Erfolg. Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt räumte zwar ein, dass die Blutentnahme nicht nach dem standardisierten Verfahren durchgeführt wurde (L 6 U 39/04).

Das sei wegen der schweren Verletzungen des Arbeitnehmers unmöglich gewesen. Dass er mehr als 1,1 Promille "intus" hatte, sei also tatsächlich nicht belegt (1,1 Promille = nach herrschender Rechtsprechung die Grenze zur absoluten Fahruntüchtigkeit). Er habe aber mindestens eine BAK von 0,5 Promille gehabt und sei damit relativ fahruntüchtig gewesen.

Auch nach den Feststellungen der Polizisten am Unfallort müsse man davon ausgehen, dass der Unfall durch den alkoholbedingten Fahrfehler verursacht wurde. Eine andere Ursache (wie z.B. Eisglätte oder dergleichen) sei auszuschließen. Niemand sonst sei in den Unfall verwickelt gewesen. Daher handle es sich hier nicht um einen Arbeitsunfall (= Wegeunfall), für dessen Folgen die Berufsgenossenschaft einstehen müsste.

Hartz-IV-Empfängerin zog um

Absurder Streit mit der ARGE Bochum um die "Kosten der Unterkunft"

Eine Bochumerin wohnte als Untermieterin bei ihrem Lebensgefährten. Die ARGE Bochum (Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigung) zahlte der Hartz-IV-Empfängerin für die Kosten der Unterkunft monatlich 141,50 Euro. Als der Lebensgefährte aus beruflichen Gründen eine andere Wohnung in einem anderen Stadtteil mietete und die Frau mit ihm umzog, bekam sie Ärger mit der ARGE.

Ihr Wohnkostenanteil hätte nun 159,13 Euro betragen. Doch den wollte die Behörde nicht übernehmen. Man habe dem Umzug nicht zugestimmt, schimpfte die ARGE. Die Leistungsempfängerin hätte in der alten Wohnung bleiben können, da hätte man ihr die vollen Kosten ersetzt. Gegen diesen Bescheid klagte die Langzeitarbeitslose und setzte sich beim Sozialgericht Dortmund durch (S 31 AS 282/07).

Der Frau sei gar nichts anderes übrig geblieben, als mit umzuziehen, erklärten die Richter. Wenn der Mieter kündige, habe sie als Untermieterin kein eigenes Nutzungsrecht und müsse ebenfalls ausziehen. Ihr Mietkostenanteil sei durch den Umzug nur um 17,63 Euro gestiegen. Das sei durchaus noch angemessen.

Höchst unangemessen dagegen der Vorschlag der Behörde: Es könne ja wohl nicht im Interesse des Steuerzahlers liegen, wenn die ARGE Bochum lieber die volle Miete für die alte Wohnung (283 Euro) zahlen wolle als den Betrag von 159,13 Euro, den die Hilfeempfängerin für die Untermiete in der neuen Wohnung beantragt habe.

Streitbarer Mandant nervt Rechtsanwalt ...

... bis dieser kündigt: Honorar steht dem Anwalt trotzdem zu

Der Mandant war offenbar so ein Besserwisser, dass ihn der Anwalt irgendwann nicht mehr aushielt. Er hatte für seinen Prozess vor dem Landgericht München I zwar einen Anwalt nehmen müssen (dort besteht Anwaltszwang). Aber eigentlich wollte er sich selbst verteidigen. Als erstes ließ der Mann den Rechtsanwalt wissen, dass er die Prozessakte durchgearbeitet und schon selbst einen Schriftsatz entworfen habe. Den solle der Anwalt "gleichlautend und ungekürzt" bei Gericht einreichen.

Dem Anwalt wurde bei der Lektüre des Schriftsatzes mulmig, denn sein Mandant unterstellte dem Gegner falsche Aussagen ("Prozessbetrug"). So könne man nicht vorgehen, fand der Rechtsanwalt. Da handle man sich bloß den Verdacht übler Nachrede ein. In der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht erfuhr der Anwalt, dass der Streithansel den Entwurf gegen seinen Rat doch unverändert eingereicht hatte. Außerdem lehnte der renitente Mandant den Richter wegen Befangenheit ab - ohne dies mit dem Anwalt abzusprechen. Der Prozess wurde ausgesetzt.

Nach diesem Auftritt hatte der Anwalt genug und legte das Mandat nieder. Er schickte dem Mann eine Rechnung über 751 Euro. Wer zur Unzeit das Handtuch werfe, könne nicht anschließend Honorar verlangen, fand der Mandant. Das Amtsgericht München entschied den Streit zu Gunsten des Anwalts (222 C 30394/07).

Der Vorwurf, der Anwalt habe das Mandat "zur Unzeit" niedergelegt, gehe ins Leere, so die Richterin. Den Gerichtstermin habe der Rechtsanwalt ja trotz der Meinungsverschiedenheiten wahrgenommen. Anschließend sei der Prozess ausgesetzt worden: Der Mandant habe also Zeit gehabt, sich einen anderen Anwalt zu suchen. Im Prinzip könnten bei diesem Vertragsverhältnis beide Parteien jederzeit kündigen.

Im konkreten Fall habe der Rechtsanwalt dazu guten Grund gehabt: Wenn sich ein Mandant mehrmals unvernünftig über den fundierten Rat seines Anwalts hinwegsetze, erschüttere das die Vertrauensbasis der Zusammenarbeit. Weitere Zusammenarbeit erscheine unzumutbar, wenn sich ein Mandant partout nicht beraten lassen wolle. Dem Anwalt stehe daher trotz der Kündigung Honorar zu.