An das "Königlich Bayerische Amtsgericht" erinnert der Prozess gegen einen Chiemgauer Bahnbeamten: Im Februar war Lokomotivführer L im Pendelverkehr auf der eingleisigen Bahnstrecke zwischen Aschau und Prien am Chiemsee unterwegs. Am Nachmittag beobachtete er Holzarbeiter, die im Auftrag der Deutschen Bahn AG am Streckenrand Bäume lichteten. L bremste und fragte, ob er etwas Brennholz für seinen Kachelofen abzweigen könne. Klar, antworteten die Holzarbeiter, das Holz bleibe sowieso liegen.
Geld für Brennholz gespart, freute sich der Beamte. Auf der letzten Fahrt nach Aschau fuhren selten Passagiere mit. Da wollte er dann den Zug kurz anhalten und Holz einladen. Doch just an diesem Tag stiegen zur letzten Fahrt zwei Reisende ein. Und so musste L noch einmal fahren. Um 23.35 Uhr kehrte er von Aschau aus zurück und holte sich ca. ein Ster Brennholz aus dem Wald. Anschließend meldete er sich vorschriftsgemäß beim Fahrdienstleiter in München ab.
Ärger gab es nun mit der Bahn - nicht wegen des Sters Holz, sondern, weil der Lokomotivführer auf der außerdienstlichen, nicht genehmigten Fahrt Diesel im Wert von 12,13 Euro verpulvert hatte. Klar: Börsennotierte Unternehmen müssen besonders darauf achten, dass Mitarbeiter nichts verschwenden ... Und es fand sich ein Staatsanwalt, der L wegen Diebstahls anklagte.
Auf die Idee, das Holz mit dem Auto zu holen, sei er nicht gekommen, beteuerte L vor dem Amtsgericht Rosenheim. Aber nicht weil er Benzin habe sparen wollen: Er kenne die Zufahrt nicht und hätte die Holzstöße gar nicht gefunden, ohne sich an der Bahnstrecke zu orientieren. Daran, dass er bei der Zugfahrt Diesel verbrauchte, habe er überhaupt nicht gedacht.
Das sei nachvollziehbar und kaum zu widerlegen, fand der Rosenheimer Amtsrichter (7 Cs 450 Js 16852/07). Daher fehle es schon am Vorsatz des Angeklagten, sich den "Dieselkraftstoff anzueignen". L habe nicht Diesel gestohlen, sondern "unbefugt ein Fahrzeug benutzt". Das sei ein anderer Tatbestand. Auch wenn beim unbefugten Gebrauch eines Fahrzeugs naturgemäß Benzin oder anderer Kraftstoff verbraucht werde, sei dies etwas anderes als Diebstahl von Kraftstoff.
Der Amtsrichter sprach L frei: Diebstahl von Brennholz komme als Vorwurf auch nicht in Betracht, weil nicht zu klären sei, wem es gehörte. Deshalb müsse man zu Gunsten des Angeklagten davon ausgehen, dass es sich um "herrenloses Gut" gehandelt habe.