Schadenersatz, Schmerzensgeld

Warteschlange an der Sicherheitskontrolle

Fluggäste hatten am Flughafen rechtzeitig eingecheckt: Entschädigung für verpassten Flug?

Ein Ehepaar wollte von Frankfurt aus in die Dominikanische Republik fliegen. Die Maschine sollte um 11.50 Uhr starten. Das Boarding begann um 10.50 Uhr und endete um 11.30 Uhr. Schon um neun Uhr war das Paar am Check-In. Kurz vor 10 Uhr stellten sie sich bei der Sicherheitskontrolle an — am Ende einer schier endlosen Warteschlange. Als das Ehepaar schließlich das Gate erreichte, war das Boarding bereits abgeschlossen.

Die Fluggäste besorgten sich Tickets für einen Ersatzflug am nächsten Tag und übernachteten in Frankfurt. Für die zusätzlichen Kosten verlangten sie Schadenersatz von der Bundesrepublik Deutschland, in deren Auftrag eine Sicherheitsfirma die Sicherheitskontrolle am Flughafen organisiert: Da sei es völlig chaotisch zugegangen, erklärten die Eheleute, die Wartezeit sei unzumutbar lang gewesen. Sie seien jedenfalls pünktlich am Flughafen angekommen.

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt gab den Fluggästen Recht (1 U 220/20). Grundsätzlich müssten sich Passagiere auf Wartezeiten bei der Sicherheitskontrolle einstellen, betonte das OLG, denn deren Ablauf sei nicht 100-prozentig kalkulierbar. Sie müssten aber nicht unendlich viel Zeit einkalkulieren, sondern dürften sich auf die Empfehlungen des Flughafens und der Fluggesellschaft verlassen.

Demnach sollten Fluggäste bei internationalen Flügen zwei Stunden vor Abflug am Check-In sein. Das Ehepaar habe um neun Uhr früh eingecheckt, also fast drei Stunden vor dem Start. Auch an der Sicherheitskontrolle hätten sich die Passagiere rechtzeitig eingefunden, nämlich 90 Minuten vor dem Ende der Boardingzeit. Nach Ansicht des OLGs reichten 90 Minuten "aller Erfahrung nach" völlig aus, um an Bord zu kommen.

Man könne den Passagieren auch nicht vorwerfen, nach dem Check-In viel Zeit vertrödelt zu haben. Sie hätten erst einmal feststellen müssen, an welchem Gate die Maschine wartete — das Gate habe weder auf den Bordkarte gestanden, noch auf den Anzeigetafeln. Anschließend habe das Paar Gebäck im Bistro erworben und die Toilette aufgesucht. Das könne man nicht als vorwerfbare Zeitverzögerung ansehen. Die Fluggäste treffe keine Mitschuld an dem Malheur.

Reitplatzbesucher von Stein getroffen

Der Kreiselmäher des benachbarten Landwirts schleuderte das Geschoss hoch: Schadenersatz?

Herr B stand am Rande eines Reitplatzes und unterhielt sich mit dem Eigentümer des Reiterhofs. Auf der angrenzenden Weide mähte der Landwirt Gras mit einem vom Traktor gezogenen Kreiselmäher. Plötzlich brach Herr B zusammen — von einem Stein am Auge getroffen, den der Mäher hochgeschleudert hatte. Das Auge war so schwer verletzt, dass man B in einer Augenklinik eine künstliche Linse einsetzen musste.

Vom Landwirt und dessen Kfz-Versicherung verlangte er Schadenersatz und Schmerzensgeld. Doch seine Klage scheiterte in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof (VI ZR 726/20). Ein Verstoß gegen Verkehrssicherungspflichten sei dem Landwirt nicht vorzuwerfen, so die Bundesrichter. Laut Sachverständigengutachten sei der Mäher mit allen nötigen Schutzeinrichtungen ausgerüstet.

Dass so eine Maschine Gegenstände wegschleudere, sei trotzdem nicht ganz zu verhindern. Da Herr B und der Zeuge mindestens 50 Meter vom Mäher entfernt standen, habe der Landwirt aber davon ausgehen dürfen, dass sie sich außerhalb der Gefahrenzone befanden. Zudem habe der Landwirt glaubhaft versichert, er fahre oft mit dem Mäh-Gespann und es seien noch nie Probleme mit hochgeschleuderten Gegenständen aufgetreten.

Die Kfz-Versicherung des Traktors müsse für die Unfallfolgen ebenfalls nicht haften: Denn der Unfall sei nicht durch den Betrieb des Kraftfahrzeugs ausgelöst worden. Der Traktor habe den Kreiselmäher zwar gezogen. Er sei aber nicht als Mittel der Fortbewegung von A nach B eingesetzt worden, sondern als Arbeitsmaschine zum Mähen der landwirtschaftlichen Wiesenfläche.

Dass Traktor und Mäher auf der Weide bewegt wurden, widerspreche dem nicht: Diese Manöver dienten dem Bearbeiten der Fläche und nicht der Fortbewegung. Bei dem Unfall habe sich keine Gefahr verwirklicht, die dem Verkehr zuzuordnen wäre. Nur dafür sei die Kfz-Versicherung zuständig.

Im Strandbad auf der Treppe gestürzt

Am Wattenmeer können Stufen nicht so rutschfest sein wie in überdachten Sportstätten

Der Badeausflug zur "Familienlagune Perlebucht" in Büsum endete für eine Besucherin äußerst schmerzhaft mit einem Treppensturz. Vom Außenbereich des Bades führen mehrere Treppen — je nach Wasserstand — ins Watt oder in die Nordsee. Auf dem Weg nach unten rutschte die Frau auf der ersten unter Wasser liegenden Stufe aus. Beim Sturz brach sie sich ein Bein und musste operiert werden.

Vom Betreiber der "Familienlagune" forderte die Verletzte Schadenersatz: Die Stufen seien aus zu glattem Material, warf sie ihm vor. Zusätzlich hätten Moosablagerungen auf der Treppe zu dem Unfall geführt. Dagegen war das Landgericht Itzehoe der Ansicht, die Besucherin sei dafür selbst verantwortlich. Es wies die Zahlungsklage ab und das Oberlandesgericht Schleswig bestätigte die Entscheidung (11 U 31/21).

Am Wattenmeer könnten Treppen aus Beton schon im Laufe weniger Stunden rutschig werden, weil sich Schwebstoffe ablagerten. Am Meeresstrand sei allemal mit dort typischen Gefahren zu rechnen. Die Badegäste müssten sich auf Schlick, Treibgut, Wellen und Strömungen einstellen, die zu Stürzen führen könnten. Treppen in Strandbädern seien daher üblicherweise mit Handlauf versehen, damit sich Besucher festhalten könnten. In der "Familienlagune" hätten die Treppen sogar einen doppelten Handlauf in der Mitte.

Mehr müsse der Betreiber nicht tun, um die Stufen gegen Rutschgefahr zu sichern. Grundsätzlich könnten und müssten Badegäste dieser Gefahr selbst begegnen, indem sie sich auf den Treppen vorsichtig bewegten. Die Stufen seien auch keineswegs aus ungeeignetem Material.

Treppen direkt am Meer könnten nicht so rutschfest sein wie Barfußbereiche in Bädern, Krankenhäusern oder Duschräumen von Sportstätten. Für deren Bodenbeläge gälten genaue Vorschriften. Doch derartige Anforderungen wären in Bezug auf Anlagen im Watt sinnlos, die ständig den Gezeiten, starkem Wellengang, Frost und Schlickablagerungen ausgesetzt seien.

Passant stürzt auf einer Baustelle in Kellerschacht

Der Bauherr muss die Baustelle sichern, wenn er Passanten durch erleuchtete Schaufenster anlockt

Ein ahnungsloser Passant fand die hell erleuchteten Schaufenster neu eröffneter Ausstellungsräume interessant und wollte sie sich genauer ansehen. Was er dabei übersah oder ignorierte: Der Neubau war noch nicht fertiggestellt. Auf der Baustelle fiel der Mann in einen nicht ordnungsgemäß abgedeckten Kellerschacht. Bei dem Sturz verletzte er sich am Knie, renkte sich die linke Schulter aus und erlitt eine Knochenabsplitterung. Vom Bauherrn verlangte der Verletzte Schadenersatz und Schmerzensgeld.

Das Oberlandesgericht München musste klären, ob der Bauherr für die Unfallfolgen haftet, obwohl er einem Architekten und einem Bauunternehmer die Bauaufsicht übertragen hatte (1 U 5787/93). Das Urteil lautete: Wenn Schaufenster hell erleuchtet seien, müsse man damit rechnen, dass dies Schaulustige anlocken werde. Der Bauherr hätte daher die Baustelle so sichern müssen, dass Passanten nicht zu Schaden kommen konnten.

Da der Kellerschacht schlecht abgedeckt war, sei er dieser Pflicht offenkundig nicht nachgekommen. Daher müsse der Bauherr für die Folgen einstehen. Allerdings müsse sich der Verletzte sein Mitverschulden an dem Unfall anspruchsmindernd anrechnen lassen. Denn: Wer eine (erkennbare) Baustelle betrete, müsse dort mit Gefahren rechnen.

Missglückte Knieoperation

Hätte die Patientin dem Eingriff auch nach korrekter Information über Behandlungsalternativen zugestimmt?

2011 wurde der Patientin ein künstliches Kniegelenk eingesetzt. Vor dem Eingriff legten zwei Narkoseärzte der Klinik einen Doppelkatheter an, um über diesen Zugang die Nerven im Knie zu betäuben. Schon kurz nach der Operation litt die Frau unter Schmerzen, Taubheitsgefühlen im Fuß und in den Zehen. Die Nervenschädigungen im linken Unterbein erwiesen sich als irreparabel.

Die Patientin verklagte die Klinik und die beiden Anästhesisten auf Schadenersatz: Man habe sie fehlerhaft behandelt und vor der Operation nicht richtig über andere Möglichkeiten der Narkose aufgeklärt. Die behandelnden Ärzte widersprachen: Das Risiko einer Nervenschädigung durch den Doppelkatheter sei erläutert worden. Die Patientin habe "eine gute Schmerzausschaltung gewollt", um nach dem Eingriff schnell mobil zu werden. Dies sei nur mit Doppelkatheter möglich, also hätte die Patientin dieser Art Narkose auf jeden Fall zugestimmt.

So sah es auch das Oberlandesgericht (OLG) Hamm: Selbst dann, wenn die Patientin unzulänglich über Behandlungsalternativen informiert worden sein sollte, begründe das im konkreten Fall keinen Anspruch auf Schadenersatz: Denn die Patientin hätte sich auch bei korrekter Aufklärung für den Doppelkatheter entschieden (Juristen nennen das eine "hypothetische Einwilligung" in eine Operation).

Mit dieser Argumentation war der Bundesgerichtshof nicht einverstanden (VI ZR 277/19). Aufklärung über Behandlungsalternativen sei geboten, wenn es — wie hier — für eine Therapie mehrere Methoden gebe, die den Patienten unterschiedlich belasteten und deren Risiken und Erfolgschancen unterschiedlich seien. Nur wenn ein Patient die Alternativen, ihre Vor- und Nachteile kenne, könne er/sie diese selbst abwägen und eine vernünftige Entscheidung treffen.

Man könne bei der Anästhesie für die Knie-OP ohne Katheter arbeiten, nur mit Schmerzmitteln, oder einen einfachen Katheter einsetzen. Dabei sei das Risiko für Nervenschäden geringer. Allerdings werde der Schmerz weniger wirksam abgestellt und der Patient könne sich nicht so schnell wieder bewegen. Die Patientin habe plausibel dargelegt, dass sie bei gründlicher Information über die Alternativen vor einem echten Entscheidungskonflikt gestanden hätte: höheres Risiko contra schnellere Mobilität.

Bei zutreffender Aufklärung hätte sie sich also eventuell anders entschieden und damit den Gesundheitsschaden vermieden. Anders als das OLG meine, setze der Anspruch auf Schadenersatz wegen unzulänglicher Aufklärung nicht zusätzlich voraus, dass der Patient glaubwürdig erläutere, nach gründlicher Information hätte er sich auf jeden Fall gegen die durchgeführte Maßnahme entschieden. Mit dieser Vorgabe verwies der Bundesgerichtshof den Rechtsstreit ans OLG zurück.

Ausgleichszahlung auch für vorverlegten Flug

Wird der Start von der Airline um mehr als eine Stunde vorverlegt, gilt der Flug als annulliert

Ein österreichisches Gericht und das Landgericht Düsseldorf baten den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Klarstellungen zu mehreren Rechtsstreitigkeiten. Laut EU-Fluggastrechteverordnung müssen Fluggesellschaften Passagiere entschädigen, wenn sie einen Flug annullieren oder wenn das Flugzeug mit mehr als drei Stunden Verspätung am Zielort landet.

Die zentrale Frage an den EuGH: Steht Fluggästen auch dann eine Ausgleichszahlung zu, wenn eine Maschine früher als vorgesehen startet? Die Antwort des EuGHs lautete "Ja": Ein Flug sei als annulliert anzusehen, wenn er von der ausführenden Fluggesellschaft um mehr als eine Stunde vorverlegt werde (C-146/20 u.a.).

Das zeitliche Verschieben nach vorne könne für die Passagiere nämlich genauso wie eine Flugverspätung zu erheblichen Unannehmlichkeiten führen. Wenn sie z.B. mit der Bahn zum Flughafen fahren wollten, müssten sie die Anfahrt um-organisieren, um den Flug zu erreichen. Biete die Bahn keine passende Alternative, könne ein Fluggast eventuell das Flugzeug gar nicht nehmen und müsse umbuchen.

Wenn es um den Heimflug von einer Reise gehe, würden Passagiere durch eine Vorverlegung dazu gezwungen, den Urlaub früher zu beenden. Das nehme ihnen die Möglichkeit, am letzten Tag frei über ihre Zeit zu verfügen. Daher stehe in so einem Fall den Passagieren eine Ausgleichszahlung zu. Von dieser Zahlungspflicht seien Fluggesellschaften nur befreit, wenn sie einen Flug nur geringfügig vorverlegten, d.h. um weniger als eine Stunde.

Reitunfall an der Longe

Beim Reitunterricht für Kinder ist besondere Vorsicht geboten

Drei Kinder nahmen Reitstunden in einer Reithalle. Angestellte führten die Ponys an der Longe. Plötzlich fiel ein achtjähriges Mädchen vom Pferd, das dadurch aus dem Tritt geriet und wiederum auf das Kind stürzte. Das Mädchen brach sich ein Bein und verletzte sich an der Schulter. Nach einer Operation in der Klinik musste es sechs Wochen lang im Rollstuhl sitzen.

Die Eltern verklagten den Inhaber der Reithalle im Namen ihres Kindes auf Entschädigung. Zu Recht, entschied das Landgericht und sprach der kleinen Reitschülerin 10.000 Euro Schmerzensgeld zu. Das Oberlandesgericht Oldenburg bestätigte diese Entscheidung (2 U 142/20). Der Betreiber der Reitsportanlage hafte als Tierhalter — unabhängig von persönlichem Verschulden — für den Schaden, den das Pferd durch seine Reaktion verursacht habe.

Dem Kind könne man kein Mitverschulden an dem Unfall ankreiden. Das gelte selbst dann, wenn das Mädchen eventuell die Kommandos der Angestellten falsch verstanden oder falsch ausgeführt haben sollte. Bei Anfängern, erst recht bei Kindern in diesem Alter und ohne jede Reiterfahrung, müsse man grundsätzlich mit Reitfehlern rechnen. Daher sei beim Reitunterricht für Kinder immer besondere Vorsicht geboten.

Der Reithallen-Inhaber könne sich auch nicht mit dem Argument entlasten, dass das gestürzte Pony als sehr ruhig bekannt sei und am Unfalltag "ganz entspannt" wirkte. Das Tier sei schließlich erst seit einem halben Jahr in seinem Besitz. Außerdem sei das Pferd nie explizit daraufhin getestet worden, ob und wie es auf Reitfehler von Kindern reagiere.

Zu spät am Boarding-Gate

19 Minuten nach Boarding-Beginn darf eine Airline die Mitnahme der Passagiere verweigern

Im März 2019 wollte Frau S mit einem Freund nach Ägypten fliegen. Für insgesamt 2.732 Euro hatten sie eine Pauschalreise gebucht. Auf den Flugtickets war die Abflugzeit am Frankfurter Flughafen mit 17:25 Uhr angegeben, das Boarding sollte um 16:55 Uhr beginnen. Gegen 17:14 Uhr erschienen die Urlauber am Gate. Da erklärten ihnen Mitarbeiter der Airline, nun sei es zu spät: Das Boarding sei bereits abgeschlossen.

1.220 Euro zahlte Frau S für Ersatzflüge, die sie bei einer anderen Fluggesellschaft buchte. Diesen Betrag verlangte sie nach dem Urlaub vom Reiseveranstalter zurück und obendrein Minderung des Reisepreises. Begründung: Die mit ihm kooperierende Fluggesellschaft hätte sie und den Freund am Gate nicht zurückweisen dürfen. Es wäre ohne weiteres möglich gewesen, noch einzusteigen: Das Flugzeug habe das Gate erst um 17:39 Uhr verlassen.

Die Flugverspätung sei nur darauf zurückzuführen, dass ihr Gepäck wieder ausgeladen werden musste, erklärte das Amtsgericht München (275 C 17530/19). Anspruch auf Schadenersatz für die Tickets hätten die Reisenden nicht, denn sie seien knapp zwölf Minuten vor dem planmäßigen Abflug der Maschine am Gate erschienen — eindeutig zu spät. Die Fluggesellschaft habe das Boarding keineswegs zu früh beendet: Airlines müssten keine Boarding-Mindestzeit gewährleisten. Ein Reisemangel liege daher nicht vor.

Flugunternehmen seien nicht verpflichtet, Passagiere bis kurz vor dem Start zusteigen lassen. Die Flugunternehmen bestimmten frei, wann sie das Boarding beendeten — gemäß den eigenen Arbeitsabläufen und je nachdem, was für Startvorbereitungen noch zu treffen seien. In Einzelfällen sei es wohl gut möglich, Fluggäste auch nach dem Schließen der Flugzeugtüren noch einzulassen. Wollte man Passagieren aber einen generellen Anspruch darauf zugestehen, würde das den Flugverkehr erheblich stören.

Grundsätzlich müssten Fluggäste das Abfluggate pünktlich zur Boarding-Time erreichen oder jedenfalls wenige Minuten danach. Wer 19 Minuten nach der angegebenen Boarding-Time ankomme, nehmen damit das Risiko in Kauf, nicht mehr befördert zu werden. Die Zusatzkosten hätten die Urlauber selbst verursacht.

Neugeborenes erlitt Hirnschaden

Mutter und Kind wurden nach der Geburt ohne Klingel im Kreißsaal allein gelassen

Nach einer komplikationslosen Geburt ließ die Hebamme die Mutter mit ihrem Baby im Kreißsaal allein. "Zu ruhig" fand die Mutter nach einigen Minuten das Baby. Vielleicht eingeschlafen? Da sich das Neugeborene wenig später immer noch nicht regte, wollte die Mutter klingeln — die Hebamme sollte feststellen, was mit dem Kind los war. Doch am Bett gab es keine Klingel. Geschwächt von der Geburt, konnte die Frau nicht aufstehen.

Nach ungefähr einer Viertelstunde kam die Hebamme zurück und bemerkte, dass beim Baby der Atem ausgesetzt hatte ("Atemdepression" oder "Fast-Kindstod"). Sofort bemühte sich ein Ärzteteam darum, das Kind wiederzubeleben. Trotzdem wurde sein Hirn schwer geschädigt, es blieb dauerhaft behindert. Im Namen des Kindes forderten die Eltern vom Krankenhaus und von der Hebamme Schadenersatz und hohes Schmerzensgeld.

Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht Celle (1 U 32/20). Eine Mutter müsse kurz nach der Geburt die Möglichkeit haben, Ärzte und Hebamme zu alarmieren, ohne aufzustehen. Die meisten Gebärenden seien in dieser Phase nicht in der Lage, selbständig das Bett zu verlassen, um Hilfe zu holen. Daher sei es grob fehlerhaft, wenn eine Mutter kurz nach der Geburt mit dem Kind allein gelassen werde — ohne Klingel oder eine andere Möglichkeit, vom Bett aus Alarm zu schlagen.

So ein Behandlungsfehler dürfe einem Krankenhaus und einer Hebamme schlechterdings nicht passieren. Sie müssten daher für die Folgen einstehen, auch wenn nicht mit 100-prozentiger Sicherheit feststehe, ob ein früherer Alarm die Hirnschädigung verhindert oder zumindest abgemildert hätte. Die Höhe des Anspruchs müsse nun die Vorinstanz — das Landgericht Hannover — noch klären.

Reiseveranstalter insolvent, Flug annulliert

Kurzartikel

Kann eine Flugpauschalreise nach Mexiko nicht stattfinden, weil der Reiseveranstalter Insolvenz anmelden musste, erhalten die Reisenden von der Fluggesellschaft keine Ausgleichszahlung gemäß EU-Fluggastrechteverordnung. Da die Airline die Passagiere hätte befördern können und der Flug nur wegen der Pleite des Veranstalters "gecancelt" werden musste, hat das Flugunternehmen die Annullierung nicht zu verantworten.

Auto auf der Fahrbahn geparkt

Der Fahrzeughalter haftet für einen Auffahrunfall, weil er nicht die Parkbucht benutzte

Ein Autofahrer stellte seinen Wagen auf der Fahrbahn ab, obwohl sich entlang der Straße Parkstreifen mit eingezeichneten Parkbuchten befanden. Das Auto behinderte den fließenden Verkehr, es kam zu einem Auffahrunfall. Nun stellte sich die Frage, ob der Kfz-Halter für den dabei entstandenen Schaden verantwortlich ist.

Das Amtsgericht Berlin-Tempelhof-Kreuzberg entschied, dass der Autofahrer zu hundert Prozent dafür haften muss (305 C 217/93). Der am Straßenrand geparkte Wagen habe den fließenden Verkehr permanent gefährdet und letztlich den Auffahrunfall verursacht. Parkbuchten würden ja gerade eingerichtet, um einen ungestörten Verkehrsfluss zu gewährleisten.

Es komme durchaus häufig vor, dass Verkehrsteilnehmer mit überhöhter Geschwindigkeit und/oder alkoholisiert auf ein verkehrswidrig geparktes Auto prallten, weil sie es auf ihrer Fahrbahn übersehen oder weil sie von ihrer Fahrbahnseite abdrifteten. Diese Unfallkonstellation trete immer wieder auf. Das müssten Autofahrer bedenken, wenn sie ihren Wagen parkten.

Vor der Kundentoilette gestürzt

Der Supermarktbetreiber kann nicht belegen, dass der Boden regelmäßig gereinigt wurde

Frau B, Mitarbeiterin eines Mobilfunkanbieters, war gegen Mittag mit Kollegen in den Supermarkt gegangen, um Getränke zu besorgen. Wie mehrere Kollegen besuchte auch sie die Kundentoilette des Marktes. Als Frau B den Vorraum der Damentoilette verließ und den schlecht beleuchteten Flur betrat, rutschte sie dort aus und stürzte. Dabei verletzte sie sich am rechten Sprunggelenk.

Sechs Wochen lang war die Verletzte arbeitsunfähig, konnte nur mühsam mit Krücken gehen und litt unter erheblichen Schmerzen. Dafür verlangte sie Entschädigung vom Betreiber des Supermarkts: Der Boden sei nass, die Feuchtigkeit wegen der schwachen Lampe nicht erkennbar gewesen. Damit habe der Supermarktbetreiber seine Verkehrssicherungspflicht verletzt.

Während das Landgericht die Klage von Frau B abgewiesen hatte, sprach ihr das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe ein Schmerzensgeld von 1.500 Euro zu (9 U 62/19).

Der Markbetreiber sei verpflichtet, Kunden vor Stürzen auf glattem oder rutschigem Boden zu bewahren, so das OLG. Das bedeute, er müsse überall regelmäßig reinigen lassen und so Nässe und Verunreinigungen auf dem Boden verhindern. Anders als das Landgericht meine, erstrecke sich die Reinigungspflicht nicht nur auf die Verkaufsräume des Supermarkts, sondern auch auf die Kundentoiletten und den Bereich davor.

In einem großen Supermarkt mit 70 Mitarbeitern und 2.300 qm Fläche benützten ständig Kunden die Toilette. Dazu komme hier noch ein Gastronomiebereich mit 35 Sitzplätzen. Daher müsse auch dort der Boden gewischt werden, wenn auch vielleicht nicht so häufig wie im Obst- und Gemüsebereich des Marktes. Da sei ständig mit Verunreinigungen zu rechnen. Ein Abstand von zwei Stunden dürfte in und vor den Toiletten ausreichen. In welchen Intervallen im betroffenen Supermarkt gereinigt wurde, sei jedoch nicht nachvollziehbar.

Der zur Kontrolle in den Toiletten ausgehängte Reinigungs-Stundenzettel sei nicht mehr vorhanden. Mitarbeiter könnten keine Angaben dazu machen, welcher Kollege/welche Kollegin wann und wie oft den Toilettenbereich kontrolliert habe. Eine Mitarbeiterin habe als Zeugin eingeräumt, Reinigungsarbeiten und Kontrollen fänden nur statt, wenn gerade jemand Zeit habe. Die Kontrollzettel würden aus Zeitgründen meistens nicht ausgefüllt. Also sei völlig offen, ob und wann am Unfalltag Reinigungsarbeiten und Kontrollen stattfanden, stellte das OLG fest. Der Supermarktbetreiber müsse deshalb für den Unfall der Kundin haften.

Hotelmitarbeiter mit Corona infiziert

Urlauberinnen mussten nach dem Kontakt zwischen Quarantäne und Heimreise wählen: Reisemangel?

Zwei Frauen aus Hannover hatten bei einem Reiseveranstalter für Sommer 2020 zwei Wochen Urlaub in einer österreichischen Clubanlage gebucht. Das Personal der Anlage wurde regelmäßig auf das Coronavirus getestet. Vor der Anreise der Urlauberinnen waren die Ergebnisse immer negativ gewesen. Doch kurz nach ihrer Ankunft fiel der Test bei einem Mitarbeiter positiv aus. Da die Reisenden mit ihm Kontakt hatten, bestand der Verdacht, sie könnten sich angesteckt haben.

Daraufhin ordnete das lokale Gesundheitsamt an, die Frauen müssten entweder sofort nach Hause fahren oder sich die restlichen zehn Tage im Hotelzimmer isolieren. Bei dieser "Auswahl" entschieden sie sich natürlich für die Heimreise. Der Reiseveranstalter zahlte einen Teil des Reisepreises zurück. Damit fand sich die Kundschaft jedoch nicht ab: Sie klagte auf Rückzahlung des vollen Reisepreises und Schadenersatz für vertane Urlaubszeit.

Darauf hätten die Reisenden nur Anspruch, wenn die Pauschalreise mangelhaft gewesen wäre, erklärte das Amtsgericht Hannover (570 C 12046/20). Auch wenn die Urlauberinnen schuldhaft vom Hotelpersonal geschädigt worden wären, müsste dafür der Reiseveranstalter einstehen, weil er die Auswahl des Personals beeinflussen könne.

Dass die beiden Frauen ihre Reise abbrechen mussten, hänge aber nicht mit unzulänglichen Leistungen des Reiseunternehmens zusammen. Es sei nicht für Infektionen verantwortlich. Den Frauen sei ein Missgeschick passiert, das sie überall hätte ereilen können und nichts mit der Reise zu tun habe. In Hannover, in Österreich, innerhalb und außerhalb der Clubanlage könnten sie Personen begegnen, die mit Corona infiziert seien — das nenne man juristisch "allgemeines Lebensrisiko".

Dass das Personal im Hotel regelmäßig auf Corona getestet werde, um die Ansteckungsgefahr so gering wie möglich zu halten, könnten Reisende erwarten. Der Reiseveranstalter habe aber keinen Einfluss darauf, ob Mitarbeiter der Clubanlage erkrankten. Und auch nicht darauf, welche Maßnahmen dann die Behörden träfen.

Pestizide vom Winde verweht?

Bio-Gemüse kontaminiert: Bio-Landwirt erhält Schadenersatz von konventionell arbeitenden Landwirten

Seit 1989 baut Landwirt H Bio-Gemüse an und führt den Betrieb gemäß EG-Ökoverordnung. Die benachbarten Landwirte wirtschaften konventionell. Ende Oktober 2013 waren am Gemüse von H Rückstände von Pestiziden gefunden worden (der Wirkstoff Pendimethalin). Er konnte das Gemüse von mehreren Feldern nicht mehr verkaufen. Bei den Nachbarn erkundigte sich H, wann sie Pflanzenschutzmittel eingesetzt hätten.

Da einige Landwirte Mitte Oktober das Mittel Malibu mit dem Wirkstoff Pendimethalin auf ihren Feldern ausgebracht hatten, forderte H Schadenersatz. Die Pestizide könnten nur durch Abdrift auf seine Anbauflächen gelangt sein, als die Kollegen ihre nahegelegenen Felder spritzten, meinte er. Dadurch habe er große Verluste erlitten, denn als Bio-Ware könne er kontaminierten Sellerie, Wirsing und Fenchel nicht vermarkten.

Aber auf dem konventionellen Markt hätte er die Ware absetzen können, konterten die Kollegen, dann hätte er keinen Verlust gehabt. Im Übrigen seien sie beim Spritzen vorschriftsmäßig vorgegangen, hätten abdriftmindernde Düsen eingesetzt. Dass sie den Schaden verursacht hätten, sei nicht bewiesen: Bei starkem Wind könne das Pflanzenschutzmittel auch von weiter entfernt liegenden Äckern auf die Gemüsefelder gelangen.

Doch das Oberlandesgericht Hamm war davon überzeugt, dass die Pestizide von zwei der benachbarten Landwirte stammten (24 U 74/16). Sie hätten mit Düsen gearbeitet, die nicht der "guten fachlichen Praxis" entsprächen, mit der man in der Landwirtschaft Abdrift beim Spritzen verhindern könne. Ein Landwirt habe zudem einen ungeeigneten Applikations-Druck verwendet. Dieses Vorgehen widerspreche dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme zwischen ökologischem und konventionellem Landbau.

Dadurch sei das Gemüse des Bio-Betriebs in einem Ausmaß mit dem Wirkstoff Pendimethalin kontaminiert worden, das weit über dem im Ökolandbau zulässigen Höchstwert lag. Da die angebauten Pflanzen infolgedessen nicht mehr "vermarktungsfähig" gewesen seien, müssten die zwei Landwirte dem Bio-Bauern den ausgefallenen Ertrag ersetzen: Einer schulde ihm 10.000 Euro, der andere 40.000 Euro.

Mülltonnen auf dem Radweg

Gestürzter Radfahrer verlangt Schadenersatz von der Abfallentsorgungsfirma

Manche Leute werden richtig kreativ bei der Suche nach Schuldigen für ein Malheur, das sie mit etwas Aufmerksamkeit leicht hätten vermeiden können. So zum Beispiel ein Radfahrer, dem es gelang, auf einem Radweg mit zwei leeren Mülltonnen zusammenzustoßen. Er hatte die Tonnen zwar gesehen, fuhr beim Ausweichmanöver jedoch gegen eine Tonne, stürzte und verletzte sich.

Das Landgericht Frankenthal wies die Schadenersatzklage des Radfahrers gegen die Abfallentsorgungsfirma ab (4 O 25/21). Das Landgericht räumte zwar ein, dass die Müllwerker ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt hatten. Sie dürften auf dem Radweg nicht einfach ein Hindernis aufstellen. Die Tonnen beeinträchtigten natürlich den "Verkehrsfluss".

Allerdings seien sie schon von weitem gut erkennbar gewesen. Der Radfahrer hätte den Mülltonnen also ohne Weiteres ausweichen können, möglichst vorsichtig und weiträumig. Stattdessen sei er so knapp daran vorbeigefahren, dass er eine Tonne streifte und das Gleichgewicht verlor. Nicht die dort abgestellten Mülltonnen hätten den Sturz verursacht, sondern die grob fahrlässige Fahrweise des Radfahrers. Den Unfall habe er sich selbst zuzuschreiben, das schließe jeden Anspruch auf Schadenersatz aus.

Sturz an der Tankstelle

Der gestürzte Autofahrer behauptet einen Glatteisunfall und verlangt Schmerzensgeld

Im Januar 2017 fuhr Autofahrer A am späten Nachmittag zur Tankstelle an seinem Wohnort. Er tankte, bezahlte und kaufte eine Waschkarte. Dann brachte er das Auto in eine SB-Waschbox. Zu Fuß ging er zurück zu einem Abfalleimer bei den Tanksäulen. Dabei stürzte A und verletzte sich am Bein.

Dem Tankstellenbetreiber warf er vor, er habe seine Räum- und Streupflicht vernachlässigt. Angesichts der winterlichen Verhältnisse komme eine andere Ursache für den Sturz nicht in Betracht: Er müsse auf Glatteis ausgerutscht sein, das er wegen der schlechten Sicht nicht erkennen konnte. Mindestens 50.000 Euro Schmerzensgeld hielt der Verletzte für angemessen.

Auf dem Tankstellengelände habe es überhaupt keine eisigen Stellen gegeben, konterte der Tankstellenbetreiber. Ihm sei völlig schleierhaft, wie der Autofahrer zu Fall gekommen sei. Jedenfalls habe A nicht annähernd belegt, dass es eine Gefahrenquelle gab, die er, der verkehrssicherungspflichtige Tankstellenbetreiber, hätte beseitigen müssen. So sah es auch das Oberlandesgericht (OLG) Hamm: Es wies die Zahlungsklage des Autofahrers ab (7 U 106/19).

Räumen und Streuen müssten Verkehrssicherungspflichtige im Winter nur, wenn entweder allgemeine Glätte vorherrsche oder zumindest Gefahren durch vereinzelte, glatte Stellen drohten. Auch bei allgemeiner Glätte bestehe keine uneingeschränkte Räum- und Streupflicht. Der Verkehrssicherungspflichtige müsse die Kunden nur vor Risiken schützen, die diese nicht rechtzeitig erkennen könnten. Eine konkrete Gefahrenlage habe A jedoch nicht dargelegt.

Vor dem Sturz habe er nicht einmal Glatteis wahrgenommen, obwohl er sich fast 15 Minuten auf dem Gelände aufgehalten habe. Der Boden sei eigentlich "griffig" gewesen, habe er ausgesagt. Gleichzeitig behaupte er, neben der Tanksäule sei es glatt gewesen — das sei letztlich nur eine Vermutung "ins Blaue hinein", einzig gestürzt auf die winterlichen Temperaturen an diesem Tag. Über Umfang und Ort der Glättestelle habe A nichts sagen können.

Selbst wenn vor dem Mülleimer der Boden eventuell nicht ganz so "griffig" gewesen sein sollte wie rundherum: Deshalb müsse der Tankstellenbetreiber nicht gleich von einem ernsthaften Risiko für Kunden ausgehen, das ihn zur Abhilfe verpflichte. Dass Autofahrer A neben dem Mülleimer gestürzt sei, sei als bedauerliche Realisierung des allgemeinen Lebensrisikos einzustufen.

Mitfahrerin beschädigt beim Einsteigen die Beifahrertür

Autofahrerin hielt an einem hohen Bordstein: Wer haftet für den Schaden?

Autofahrerin A holte ihre Bekannte B mit dem Wagen ab, um mit ihr eine Veranstaltung zu besuchen. Am vereinbarten Treffpunkt wartete Frau B abends auf dem Gehsteig. Frau A fuhr mit der Beifahrerseite ziemlich nah an den hohen Bordstein und blieb stehen. Die Bekannte öffnete schwungvoll die Beifahrertüre, stieß damit gegen die Bordsteinkante und beschädigte den Lack unten an der Türe.

Der Vorfall führte zu einem ernsthaften Konflikt über die Reparaturkosten. Die Autobesitzerin schaltete sogar einen Anwalt ein und verklagte die Bekannte auf Zahlung von Schadenersatz. Überwiegend zu Recht, entschied das Amtsgericht Remscheid (28 C 111/20). Frau B habe fahrlässig gehandelt und müsse deshalb zwei Drittel der Kosten übernehmen.

Sie hätte sich vergewissern müssen, ob die Türe gefahrlos zu öffnen sei. Da sie auf dem Bordstein stand und der Wagen auf der Straße, sei klar gewesen, dass die Beifahrertür beim Öffnen gegen den Bordstein geraten könnte. Also hätte Frau B die Tür nur langsam oder zunächst nur einen Spalt weit öffnen dürfen. Ihr Hinweis, dass es dunkel war und die Bordsteinkante schlecht zu sehen, entlaste sie nicht. Im Gegenteil: Umso vorsichtiger musste Frau B beim Einsteigen vorgehen, z.B. hätte sie mit dem Handy den Türbereich ausleuchten können.

Ein Drittel der Kosten müsse die Autobesitzerin selbst tragen, weil sie die Stelle bestimmt habe, an der sie Frau B abholen wollte. Hätte die Fahrerin dafür eine besser geeignete Stelle mit niedrigerem Bordstein gewählt, hätte ihre Bekannte problemlos einsteigen können.

Fremde Hunde sollte man nicht streicheln

Hund beißt Taxifahrerin in die Hand - das Schmerzensgeld wird wegen Mitverschuldens reduziert

Eine Hundehalterin nahm ein Taxi und setzte sich mit ihrem Jack-Russel-Terrier auf den Vordersitz. Der Hund saß auf ihrem Schoß und leckte sofort die Hand der Taxifahrerin. Kurz stieg diese noch einmal aus, um Gepäck zu verschieben. Als sich die Taxifahrerin wieder auf den Fahrersitz setzte, streckte sie die Hand aus, um den Hund zu streicheln. Da biss der Terrier herzhaft zu …

Der Frau blieb von der beträchtlichen Bisswunde eine Narbe und eine Hundephobie: Kaum sah sie einen Hund, brach ihr vor lauter Angst der Schweiß aus. Von der Tierhalterin verlangte die Taxifahrerin Schmerzensgeld. Zu Recht, wie das Amtsgericht Rheine entschied (4 C 92/20).

Die Hundehalterin hätte den Terrier zurückhalten oder, noch besser, auf dem Rücksitz unterbringen müssen. Sie hafte jedenfalls dafür, dass ihr Tier die Taxifahrerin verletzt habe. Grundsätzlich stehe dem Bissopfer ein Schmerzensgeld von 1.700 Euro zu. Dieser Anspruch werde jedoch auf 1.190 Euro herabgesetzt, weil sich die Verletzte ein Mitverschulden in Höhe von 30 Prozent anrechnen lassen müsse.

Sie habe die Tatsache, dass ihr der Hund die Hand leckte, falsch interpretiert — so, als wollte sich der Terrier mit ihr anfreunden. Daraus den Schluss zu ziehen, sie könne ohne Bedenken das Tier streicheln, sei verkehrt: Für den Hund sei sie trotzdem fremd geblieben. Wenn eine fremde Person die Hand in Richtung eines Hundes hebe, werde dies in der Regel vom Hund als eine Art Angriff verstanden. Das sei ein völlig normales, für Hunde typisches Verhalten.

Arzt erinnert sich nicht ans Aufklärungsgespräch

Die Behandlungsdokumentation bestätigt, dass er sich ans übliche Aufklärungs-Vorgehen hielt

Einem nierenkranken Patienten sollte in einem Krankenhaus ein Shaldon-Katheter für die Dialyse eingesetzt werden. Das ging jedoch schief. Der Patient verlangte vom Operateur Schadenersatz und Schmerzensgeld wegen Behandlungsfehlern und unterlassener Aufklärung.

Der Arzt konnte sich zwar nicht mehr an das Aufklärungsgespräch mit dem Patienten erinnern, schilderte aber vor Gericht den üblichen Ablauf der Gespräche vor so einem Eingriff. Die Risikoaufklärung funktioniere nach einem fixen Schema, das in der Klinik eisern eingehalten werde, erklärte der Mediziner. Das genügte dem Landgericht Leipzig, um die Zahlungsklage des Patienten abzuweisen.

Das Oberlandesgericht Dresden bestätigte die Entscheidung (4 U 1388/20). Behandlungsfehler seien hier laut Sachverständigengutachten zu verneinen. Letztlich gehe es also nur noch um die Frage, ob ein ärztliches Aufklärungsgespräch durchgeführt wurde oder nicht. Um das zu beweisen, müsse sich der Arzt nicht an das konkrete Gespräch erinnern.

Da Ärzte täglich eine Vielzahl von Gesprächen führten, um Patienten zu informieren und aufzuklären, könne man das nicht erwarten. Der Mediziner habe plausibel dargestellt, wie vor solchen Eingriffen die Risikoaufklärung ablaufe. Die Angaben seien in sich schlüssig gewesen und entsprächen der im Krankenhaus praktizierten ständigen Übung. Zudem habe auch die Behandlungsdokumentation die Angaben des Arztes bestätigt.

Implantate mit Metall eingesetzt

Für eine Behandlung gegen den Willen der Patientin steht dem Zahnarzt kein Honorar zu

Eine Frau benötigte Implantate. Da sich die Zahnarztpraxis nicht an ihrem Wohnort befand, wurden vor der Behandlung einige Absprachen per Mail oder Brief getroffen. Die Patientin schrieb dem Zahnarzt, sie wolle aus gesundheitlichen Gründen auf keinen Fall weiteres Metall im Oberkiefer haben: Sie leide seit vielen Jahren unter starken, elektrisierenden Reaktionen z.B. beim Zähneputzen.

Da ein Kostenvoranschlag mit Keramik verblendete Kronen vorsah, aber keine Vollkeramik, schrieb die Patientin erneut, sie bestehe auf Vollkeramikkronen. Die Implantate müssten vollkommen metallfrei sein. Doch der Zahnarzt ignorierte ihren Wunsch und verwendete Implantate und Abutments (Verbindungsstücke zwischen Implantat und Krone) aus Titan. Die Patientin verlangte von ihm Schmerzensgeld und Rückzahlung des Honorars.

Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg (12 U 173/20). Zwar behaupte der Zahnarzt, die Frau habe dem Titan-Implantat zugestimmt. Doch seine Behandlungsdokumentation beweise das nicht. Der Dokumentation sei zwar zu entnehmen, dass beim Aufklärungsgespräch mit der Patientin besprochen wurde, dass "Ankylos-Implantate" verwendet würden. Ein Hinweis darauf, dass diese Implantate Titan, also Metall enthalten, ergebe sich daraus jedoch nicht.

Diese Information wäre aber zwingend notwendig gewesen. Schließlich habe der Mediziner gewusst, dass er auf Metall verzichten sollte. Über das eingesetzte Material habe er sie offenbar nicht informiert, zumindest sei dies nirgends festgehalten. Es existiere auch kein unterschriebener Aufklärungsbogen.

Der Wille des Patienten sei für Mediziner grundsätzlich bindend — es sei denn, der Patient verlange eine Behandlung, die ärztlichem Standard widerspreche. Das sei hier jedoch nicht der Fall, wie der gerichtliche Sachverständige bestätigt habe: Vollkeramikimplantate ohne Metall würden seit über 20 Jahren problemlos verwendet.

Da der Mediziner die Patientin nicht sachgerecht aufgeklärt und gegen ihren ausdrücklichen Wunsch Implantate aus Metall eingesetzt habe, sei der Eingriff ohne ihre Einwilligung geschehen — und damit rechtswidrig, urteilte das OLG. Der Zahnarzt habe zwar nach ärztlichem Standard gearbeitet. Da er aber nicht die geschuldete Behandlung durchgeführt habe, sei seine Leistung nicht honorarpflichtig. Darüber hinaus stehe der Patientin ein Schmerzensgeld von 1.500 Euro zu.