Ein Ehepaar wollte von Frankfurt aus in die Dominikanische Republik fliegen. Die Maschine sollte um 11.50 Uhr starten. Das Boarding begann um 10.50 Uhr und endete um 11.30 Uhr. Schon um neun Uhr war das Paar am Check-In. Kurz vor 10 Uhr stellten sie sich bei der Sicherheitskontrolle an — am Ende einer schier endlosen Warteschlange. Als das Ehepaar schließlich das Gate erreichte, war das Boarding bereits abgeschlossen.
Die Fluggäste besorgten sich Tickets für einen Ersatzflug am nächsten Tag und übernachteten in Frankfurt. Für die zusätzlichen Kosten verlangten sie Schadenersatz von der Bundesrepublik Deutschland, in deren Auftrag eine Sicherheitsfirma die Sicherheitskontrolle am Flughafen organisiert: Da sei es völlig chaotisch zugegangen, erklärten die Eheleute, die Wartezeit sei unzumutbar lang gewesen. Sie seien jedenfalls pünktlich am Flughafen angekommen.
Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt gab den Fluggästen Recht (1 U 220/20). Grundsätzlich müssten sich Passagiere auf Wartezeiten bei der Sicherheitskontrolle einstellen, betonte das OLG, denn deren Ablauf sei nicht 100-prozentig kalkulierbar. Sie müssten aber nicht unendlich viel Zeit einkalkulieren, sondern dürften sich auf die Empfehlungen des Flughafens und der Fluggesellschaft verlassen.
Demnach sollten Fluggäste bei internationalen Flügen zwei Stunden vor Abflug am Check-In sein. Das Ehepaar habe um neun Uhr früh eingecheckt, also fast drei Stunden vor dem Start. Auch an der Sicherheitskontrolle hätten sich die Passagiere rechtzeitig eingefunden, nämlich 90 Minuten vor dem Ende der Boardingzeit. Nach Ansicht des OLGs reichten 90 Minuten "aller Erfahrung nach" völlig aus, um an Bord zu kommen.
Man könne den Passagieren auch nicht vorwerfen, nach dem Check-In viel Zeit vertrödelt zu haben. Sie hätten erst einmal feststellen müssen, an welchem Gate die Maschine wartete — das Gate habe weder auf den Bordkarte gestanden, noch auf den Anzeigetafeln. Anschließend habe das Paar Gebäck im Bistro erworben und die Toilette aufgesucht. Das könne man nicht als vorwerfbare Zeitverzögerung ansehen. Die Fluggäste treffe keine Mitschuld an dem Malheur.