Schadenersatz, Schmerzensgeld

Beim Nordic Walking vom Begleiter verletzt

Der Sportler haftet für die Folgen, wenn er beim Gehen die Stöcke unaufmerksam falsch einsetzt

Eine 51-jährige Krankenschwester unternahm mit einem Bekannten eine Nordic Walking Tour. Die beiden gingen nebeneinander, als der Mann versehentlich gegen einen seiner Stöcke trat, der dadurch zwischen die Beine der Frau geriet. Sie stolperte über den Stock und verletzte sich beim Sturz am Daumen der rechten Hand. Weil die Krankenschwester den Daumen nicht mehr bewegen konnte und an Schmerzen litt, war sie über ein Jahr arbeitsunfähig.

Die Krankenschwester war immer noch krankgeschrieben, als ihr das Klinikum kündigte. Rund eineinhalb Jahre bezog sie Arbeitslosengeld, mittlerweile arbeitet sie als Arzthelferin. Die Bundesagentur für Arbeit forderte vom Unfallverursacher Schadenersatz für das an die Frau gezahlte Arbeitslosengeld, insgesamt 15.297 Euro. Grundsätzlich hafte der Mann wegen fahrlässiger Körperverletzung, entschied das Landgericht.

Dieser Ansicht war auch das Oberlandesgericht Schleswig, das trotzdem die Klage der Bundesagentur abwies (6 U 46/18). Nordic Walking gehöre nicht zu den Risikosportarten, bei denen jeder Teilnehmer von vornherein mit Verletzungen rechnen müsse — wie z.B. bei Kampfsportarten oder beim Windschatten-Rennradfahren im Pulk. Beim schnellen Gehen würden die Stöcke eng am Körper geführt und stets hinter dem bewegten Bein gehalten.

Wer sie richtig und aufmerksam einsetze, könne nicht gegen den eigenen Stock treten. Verletzungen drohten hier also nicht. Wer müde werde, müsse sich eben noch mehr konzentrieren und mehr Abstand halten. Der Spazierweg sei etwa zwei Meter breit gewesen. Wenn dort beim Walken ein Sportler den anderen gefährde, sei das auf fahrlässige Unaufmerksamkeit zurückzuführen: Deshalb müsse der Sportler dann auch für die Folgen einstehen.

Dennoch habe die Bundesagentur hier keinen Anspruch auf Schadenersatz: Der Bekannte könne sich nämlich darauf berufen, dass die Verletzte den Schaden der Bundesagentur mit-verschuldet habe. Ihr Beitrag bestehe darin, dass sie gegen die unzulässige Kündigung der Klinik nicht vorgegangen sei. Da in diesem Fall eine Kündigungsschutzklage ganz sicher erfolgreich gewesen wäre, hätte sich die Bundesagentur dadurch das Arbeitslosengeld erspart.

Das Kündigungsschreiben verweise nicht auf eine negative Gesundheitsprognose der Arbeitnehmerin und erläutere nicht ansatzweise, warum es unzumutbar sei, sie weiterhin zu beschäftigen. In einer großen Klinik sei es ohne weiteres möglich, eine Krankenschwester an einem anderen, leidensgerechten Arbeitsplatz einzusetzen, z.B. in der Verwaltung. Kein Arbeitnehmer, der Wert auf seinen Arbeitsplatz lege, hätte sich mit einer Begründung wie in diesem Kündigungsschreiben zufriedengegeben.

Tänzerin rutschte auf einer Getränkepfütze aus

Mitarbeiter einer Diskothek müssen die Tanzfläche regelmäßig kontrollieren

Am Rand der Tanzfläche einer Diskothek war eine Besucherin auf einer Getränkepfütze ausgerutscht. Beim Sturz zog sie sich Knochenbrüche an Fuß und Bein zu. Zwei Wochen lang lag die Verletzte im Krankenhaus und musste mehrmals operiert werden. Die gesetzliche Krankenkasse der Arbeitnehmerin übernahm die Behandlungskosten und zahlte während des Verdienstausfalls Krankengeld.

Anschließend forderte die Krankenkasse das Geld vom Inhaber der Diskothek zurück, weil er seine Verkehrssicherungspflicht vernachlässigt habe. Offenkundig sei die Tanzfläche nicht gereinigt worden. Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe verurteilte den Diskothekenbetreiber, der Krankenkasse 37.000 Euro Schadenersatz zu zahlen (7 U 125/21).

Natürlich könne in einer Disko immer mal ein Glas Bier zu Bruch gehen, räumte das OLG ein. Der Betreiber der Diskothek müsste für so ein Malheur nicht haften, wenn er die Tanzfläche regelmäßig hätte kontrollieren lassen. Dann wäre so ein Unfall eben Pech. Davon könne hier aber nicht die Rede sein, denn die Kontrolle sei von vornherein "ungenügend" organisiert gewesen. Die verantwortliche Person habe nur die Anweisung erhalten, von der Bühne aus die Tanzfläche zu überblicken.

Auf diese Weise könne man am Boden einer gut gefüllten Tanzfläche jedoch keine Glasscherben und keine feuchten Flecken erkennen. Zwar müsse nicht "ständig ein Mitarbeiter mit einem Bodenwischer über die Tanzfläche" laufen, um Pfützen oder Scherben wegzukehren. Aber den Fußboden in bestimmten Zeitabständen effektiv zu kontrollieren, sei notwendig — zumal es in dieser Disko erlaubt sei, Getränke auf die Tanzfläche mitzunehmen. Mit verschütteten Getränken müsse man also rechnen.

Wiederbeschaffungswert von Donna Asana umstritten

Tierarzt wehrt sich gegen die hohe Schadenersatzzahlung für das tote Dressurpferd

Im Januar 2020 verurteilte das Oberlandesgericht (OLG) München einen Tierarzt zur Zahlung von 250.000 Euro Schadenersatz an eine Dressurreiterin: Ihr Dressurpferd Donna Asana war nach einer homöopathischen Eigenblutbehandlung an einer allergischen Reaktion gestorben ("anaphylaktischer Schock").

Gegen das Urteil legte der Tierarzt Revision ein, weil der vom OLG beauftragte Sachverständige seiner Ansicht nach den Wert des Pferdes zum Todeszeitpunkt weit überschätzt hatte: Es sei für eine anaphylaktische Reaktion anfällig gewesen, das mindere den Wert des Tieres. Die Klage der Reiterin müsse abgewiesen werden, soweit der Schadenersatz für den Verlust des Pferdes 50.000 Euro übersteige.

Beim Bundesgerichtshof (BGH) erreichte der Mediziner zumindest einen Teilerfolg (VI ZR 87/20). Von Wertverlust habe das OLG nichts wissen wollen, so der BGH, und dies folgendermaßen begründet: Ob das Tier für eine allergische Reaktion besonders anfällig gewesen sei, spiele keine Rolle. Denn bevor so eine Reaktion auftrete, wisse niemand davon. Also hätten potenzielle Käufer des Dressurpferdes diese Anfälligkeit nicht als wertmindernden Faktor berücksichtigt.

Mit dieser Argumentation war der BGH nicht einverstanden: Wenn es darum gehe, den finanziellen Schaden durch den Verlust eines Tieres zu bemessen, komme es auf seine objektiven Eigenschaften an. Wem wann welche Eigenschaften des Pferdes bekannt gewesen seien, sei unerheblich. Man müsse also einen eventuellen Wertverlust bei der Schadenersatzhöhe berücksichtigen — andernfalls würde die Dressurreiterin durch den Schadenersatz finanziell besser dastehen als vor dem Tod des Pferdes.

Der Bundesgerichtshof verwies die Sache ans OLG zurück, der Rechtsstreit geht also in die nächste Runde. Ob der Schadenersatz so drastisch gekürzt wird, wie vom Tierarzt gewünscht, ist allerdings fraglich. Schließlich hat der Mediziner das Dressurpferd vor der tödlichen letzten Dosis sechsmal mit einer Mischung aus Eigenblut und Homöopathika behandelt, wie dem Urteil des OLG zu entnehmen ist.

Und laut Sachverständigengutachten wird eine allergische Reaktion immer wahrscheinlicher, je öfter ein Pferd potenziell Allergie auslösenden Stoffen gespritzt bekommt. Demnach hat der Tierarzt, wenn auch auf Wunsch der Reiterin, die wertmindernde "Anfälligkeit" des Dressurpferdes selbst herbeigeführt.

Patient stirbt in der Klinik an Herzstillstand

BGH: "Grobes Verschulden" von Ärzten ist bei der Bemessung von Schmerzensgeld zu berücksichtigen

Beim Essen geriet Nahrung in die Luftröhre: Der 71 Jahre alte Mann bekam keine Luft mehr und wurde in eine Klinik eingeliefert. Dort zeigte eine um 15.07 Uhr angefertigte Röntgenaufnahme Anzeichen für Herzprobleme, ein EKG (15.33 Uhr) sogar deutliche Hinweise auf einen Herzinfarkt. Dennoch wurde der Mann auf die Normalstation verlegt, wo es um 16.30 Uhr zum Herzstillstand kam. Reanimation, anschließende Herzkatheter-Untersuchung und das Einsetzen von Stents halfen nun nicht mehr: Der Patient starb am nächsten Morgen nach erneutem Herzstillstand.

Die Witwe verklagte die Klinik und die behandelnden Ärzte wegen Versäumnissen auf Zahlung von Schmerzensgeld. Auch das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf bejahte einen groben Behandlungsfehler: Aus dem EKG habe sich der hochgradige Verdacht auf einen Herzinfarkt ergeben. Bei so einer Diagnose müsse man sofort, innerhalb von zehn Minuten, mit der Katheter-Untersuchung beginnen. Dies zu unterlassen, habe zum Kammerflimmern um 16.30 Uhr und schließlich zum Tod des Patienten geführt.

Dennoch sprach das OLG der Witwe nur 2.000 Euro Entschädigung zu. Die Begründung: Das Verschulden des Arztes stehe bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht im Vordergrund, so dass ein grober Fehler die Entschädigung nicht erhöhe. Ärzte wollten dem Patienten ja helfen und nicht schaden. Mit dieser Argumentation war der Bundesgerichtshof nicht einverstanden: Er hob das Urteil auf und verwies den Streit ans OLG zurück (VI ZR 409/19).

Das OLG gehe selbst davon aus, dass es eine "grob fahrlässige Nichtreaktion" der behandelnden Ärzte gewesen sei, den Patienten nicht sofort zu "kathetern". Natürlich sei es ihr Beruf, Patienten zu helfen, so die Bundesrichter. Deshalb könne man aber bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht außer Acht lassen, ob einem Arzt grobes Verschulden zur Last falle.

Im konkreten Fall sei nicht auszuschließen, dass die Verzögerung der Herzkatheter-Untersuchung um mehr als zwei Stunden auf einer unentschuldbaren Pflichtverletzung der behandelnden Ärzte beruhte. Wie weit der objektiv grobe Behandlungsfehler den behandelnden Ärzten als subjektives Verschulden vorzuwerfen sei, müsse das OLG nun klären und gegebenenfalls die Entschädigung erhöhen. Ein nachvollziehbarer Grund für die Verzögerung sei jedenfalls nicht ersichtlich.

Tödlicher Badeunfall im Freibad

Ein Bademeister muss sich nicht ununterbrochen am Beckenrand aufhalten

An einem heißen Augusttag 2015 herrschte in einem kleinen Freibad in Niederbayern Hochbetrieb. Von etwa 150 Badegästen im Schwimmbecken ist die Rede. Nur kurz ging der Bademeister in sein Bademeisterhäuschen am Rande des Beckens, um Wasserproben zu nehmen. Da holte ihn ein Badegast: Offenbar sei da ein Schwimmer in Not … Sie zogen ihn mit vereinten Kräften aus dem Wasser. Doch ihre Versuche, den Verunglückten wiederzubeleben, blieben erfolglos.

Die Familie des ertrunkenen Badegastes verklagte die kommunale Betreiberin des Schwimmbads und den Bademeister auf Schadenersatz: Bei geschätzt 350 bis 400 Badegästen hätte die Badeaufsicht am Beckenrand stehen bleiben müssen, so die Kläger. Von seinem Häuschen aus könne der Bademeister kaum sehen, was unter der Wasseroberfläche vor sich gehe. Bei so vielen Besuchern hätte man zudem eine zweite Badeaufsicht engagieren müssen.

Das Landgericht Landshut hielt die Vorwürfe für unbegründet und wies die Schadenersatzklage ab. Das Oberlandesgericht (OLG) bestätigte die Entscheidung (1 U 7114/20). Das Freibad sei relativ klein. Hier sei auch ein einzelner Bademeister in der Lage, das Treiben zu beaufsichtigen. Durch die verglaste Front des Bademeisterhäuschens könne die Badeaufsicht das Schwimmbecken problemlos überblicken, im Stehen wie auch im Sitzen. Der Bademeister handle also nicht pflichtwidrig, wenn er sich nicht permanent am Beckenrand aufhalte.

Grundsätzlich müsse eine Badeaufsicht nicht jeden einzelnen Schwimmer lückenlos beobachten, so das OLG. Das sei gar nicht möglich. Da nur ein einziger Badegast die Gefahrensituation erkannt habe, sei der Verunglückte wohl ganz plötzlich von der Wasseroberfläche verschwunden. Deshalb hätte ihn der Bademeister wohl selbst vom Beckenrand aus nicht sofort bemerkt: Es hätte sich ja auch um einen tauchenden Freibadbesucher handeln können.

Ob jemand sich unter Wasser bewege oder leblos im Wasser treibe, sei bei Sonneneinstrahlung und Wellenbewegungen nicht auf den ersten Blick zu erkennen. Wie lange der Verunglückte unter Wasser war, sei nicht mehr genau zu klären. Aber zwischen dem Alarm des Zeugen und dem Beginn der Reanimation durch den Bademeister seien höchstens zwei Minuten vergangen.

SUV in der Waschanlage beschädigt

Anlageninhaber haften nicht automatisch für jeden Autoschaden

Ein Autobesitzer ließ sein breites Geländefahrzeug in einer Autowaschanlage reinigen. Vor der ersten Waschrolle wurde der Wagen vom Förderband auf der linken Seite etwas angehoben. Ein Mitarbeiter stoppte die Waschanlage. Doch auch ein zweiter Versuch schlug fehl. Der Wagen blieb schmutzig. Schlimmer noch: Vorne blieben Dellen und Lackkratzer zurück.

Vom Inhaber der Waschanlage forderte der SUV-Fahrer Schadenersatz für die Reparaturkosten. Seine Zahlungsklage scheiterte jedoch beim Landgericht Frankenthal (4 O 50/21). Prinzipiell hafteten Waschanlagenbetreiber für Autoschäden, die bei der Autowäsche entstehen, so das Landgericht. Aber auch von dieser Regel gebe es Ausnahmen, z.B. wenn ein Fahrzeug defekt gewesen sei oder der Kunde sich in der Anlage falsch verhalten habe. Das könne man hier ausschließen.

Darüber hinaus hafte der Anlagenbetreiber für Schäden auch dann nicht, wenn er nachweisen könne, dass er für den Fehler nicht verantwortlich war. Und das treffe hier zu. Die Waschanlage werde regelmäßig und sorgfältig kontrolliert: Sie werde alle sechs Monate gewartet und täglich einer Sichtprüfung mit Testwäsche unterzogen. Dabei gehe ein Mitarbeiter neben dem Förderband her und beobachte den Vorgang.

Sie funktioniere einwandfrei: Weder vor, noch direkt nach dem Schadensfall sei ein Defekt an der Anlage entdeckt worden. Die Mitarbeiter hätten den Betrieb nach dem strittigen Vorfall auch ohne Probleme wieder aufgenommen und fortgesetzt. Anhaltspunkte dafür, dass der Inhaber den Schaden am Geländefahrzeug hätte vermeiden können, seien nicht zu erkennen. (Der Autobesitzer hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.)

Radfahrerin stürzt an Straßenbaustelle

Ist der Straßenbelag aufgefräst, müssen Bauarbeiter die Straße sperren oder Warnschilder aufstellen

Für die Stadtwerke verlegte ein Bauunternehmen an einer abschüssigen Straße Leitungen. Auf der linken Straßenseite hatten die Bauarbeiter den Asphalt aufgefräst und die Rinne provisorisch mit lockeren Steinen wieder aufgefüllt. Bergab fuhr eine Radfahrerin an der Baustelle vorbei. Da die Geradeausfahrt zu diesem Zeitpunkt gesperrt war, musste sie an einer Kreuzung nach links abbiegen und dabei die Rinne queren.

In der Rinne rutschte das Hinterrad weg. Die Frau stürzte, brach sich den linken Ellenbogen und verletzte sich am linken Handgelenk. Sie verspürt immer noch Schmerzen, kann den linken Arm dauerhaft nur eingeschränkt bewegen. Vom Straßenbauunternehmen forderte die Verletzte Schadenersatz und 8.500 Euro Schmerzensgeld. Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht Karlsruhe (9 U 59/19).

Das Unternehmen sei für den Unfall verantwortlich, weil seine Mitarbeiter den Straßenbelag auffrästen und die Straße dann im provisorischen Zustand für den Verkehr freigaben. Die nur mit Sand, Kies und kleinen Steinen aufgefüllte Rinne sei für Radfahrer offenkundig gefährlich gewesen. Daher hätten die Bauarbeiter die Straße sperren oder Warnschilder aufstellen müssen ("Radfahrer absteigen" oder "unebene Fahrbahn").

Anwohner hätten beobachtet, dass an diesem Tag mehrere Radfahrer an der Unfallstelle stürzten oder sich nur mit Müh und Not auf dem Rad halten konnten. Hohe Unfallgefahr habe auch der Sachverständige festgestellt, der in seinem Gutachten das Sturzrisiko für Radfahrer auf 80 Prozent schätzte (d.h. von fünf Radfahrern könne nur einer so eine Rinne problemlos durchfahren). Das gelte erst recht, wenn Radfahrer bergab im Bereich einer Kreuzung eine Kurve fahren müssten.

Die Verletzte sei weder schnell gefahren, noch treffe sie aus anderen Gründen irgendein Mitverschulden. Auf einer asphaltierten Straße in einem Wohngebiet müssten Radfahrer nicht damit rechnen, dass plötzlich — ohne irgendeinen Warnhinweis — der Straßenbelag fehle. Anders als auf einem Waldweg bestehe hier kein Anlass, besonders auf den Boden aufzupassen. Abgesehen davon, habe die Radfahrerin die Rinne schon wegen der Baustellenabsperrung zunächst gar nicht sehen können. Sie habe erst kurz vor dem Queren das lockere Material bemerkt, in dem das Fahrrad keinen Halt fand.

Beim Hallentennis Fensterscheibe zerbrochen

Der Mieter des Hallenplatzes muss den Schaden an der Tennishalle ersetzen

Ein Hobbyspieler mietete regelmäßig einen Platz in der Tennishalle. Eines Tages geriet er im Eifer des Gefechts über die Außenlinie seines Platzes hinaus. Sie liegt 2,50 Meter entfernt von der Außenwand der Halle. Als er versuchte, einen Ball zu erwischen, rannte der Tennisspieler aus Versehen gegen eines der großformatigen Fenster in der Außenwand — die Scheibe zerbrach beim Aufprall.

Zwei Wochen später ließ die Hallenbetreiberin eine neue Scheibe einsetzen. Die Reparatur kostete 2.299 Euro, davon übernahm die Haftpflichtversicherung des Spielers 776 Euro. Doch die Platzvermieterin forderte von ihm nicht nur die Reparaturkosten in voller Höhe, sondern auch Schadenersatz für zwei Wochen entgangene Platzmiete, insgesamt ca. 8.000 Euro.

Das Oberlandesgericht (OLG) Celle wies ihre Klage mit der Begründung ab, dem Tennisspieler sei kein Verschulden vorzuwerfen: Er habe versucht, einen Ball zu retournieren und sich dabei natürlich auf den Ball und nicht auf die Umgebung konzentriert. Nach den Regeln der International Tennis Federation (ITF) dürfe der Rückschläger auch außerhalb der Linien jede Position einnehmen.

Hier gehe es nicht um Tennisregeln, sondern um ein Mietverhältnis, so der trockene Kommentar des Bundesgerichtshofs (XII ZR 46/21).

Mieter seien verpflichtet, die Mietsache pfleglich zu behandeln. Für Schäden an der Mietsache müssten sie einstehen. Diese "Obhutspflicht" gelte auch in der Tennishalle. Wer einen Tennisplatz miete, müsse sich auf den für den Sport gemieteten Raum beschränken. Anders als das OLG meine, sei daher sehr wohl von einem Verschulden des Sportlers auszugehen, der in der Halle eine Scheibe beschädige — das gelte auch dann, wenn er nicht gegen Tennisregeln der ITF verstoßen habe.

Trotz dieses eindeutigen Fazits verwiesen die Bundesrichter den Fall ans OLG zurück: Eventuell sei der Vermieterin Mitverschulden vorzuwerfen, das müsse das OLG nun noch prüfen. Offenbar sei nämlich der Abstand zwischen Außenwand und Seitenlinie des Platzes in dieser Halle geringer als von der ITF empfohlen (nur 2,5 statt 3,05 Meter). Außerdem müsse der Einwand des Spielers geprüft werden, die Qualität der zerstörten Glasscheibe habe nicht der zugelassenen Fensterverglasung für eine Tennishalle entsprochen.

Corona verdarb Kreuzfahrt

Die Reiseveranstalterin ist für die Pandemie nicht verantwortlich, muss dennoch den Reisepreis mindern

Die Karibik-Kreuzfahrt eines Berliner Ehepaares (von 28.2. bis 13.3.2020 zum Gesamtreisepreis von 4.598 Euro) verlief bis zum 7.3.2020 wie vorgesehen. Dann machte sich die gerade ausbrechende Corona-Pandemie bemerkbar. Die geplanten Landgänge in Grenada, Martinique, Trinidad und Tobago wurden von den Behörden verboten. Das Schiff durfte nur in den Häfen ankern, um Lebensmittel aufzunehmen. In den letzten Tagen gab es an Bord keine Buffets und keine Freizeitangebote mehr.

Die Reiseveranstalterin zahlte wegen der Einschränkungen 1.379 Euro zurück. Doch die frustrierten Urlauber forderten Rückzahlung des Reisepreises in voller Höhe. Die Tage ohne jeden Reisehöhepunkt hätten die Kreuzfahrt insgesamt nutzlos gemacht. Die Reise habe einen Wert von Null Euro gehabt.

So weit ging das Amtsgericht Köln nicht, es sprach den Kunden aber weitere 713 Euro Preisminderung zu (133 C 611/20). Dass die Reiseleistungen mangelhaft ausfielen, sei zwar der Pandemie geschuldet und nicht der Reiseveranstalterin zuzurechnen, betonte das Amtsgericht. Reiseveranstalter hafteten jedoch unabhängig von eigenem Verschulden für das Gelingen einer Reise.

Die Corona-Pandemie habe sich direkt auf wesentliche Reiseleistungen ausgewirkt und den Erfolg der Reise teilweise vereitelt. Das Leben an Bord sei eingeschränkt gewesen, die Route sei geändert und Landgänge auf den Inseln verboten worden. Daher sei eine Minderung des Reisepreises für die letzten sechs Tage der Kreuzfahrt angemessen.

P.S.: Andere Amtsgerichte schätzten die Situation anders ein: Einschränkungen aufgrund der Pandemie seien als allgemeines, weltweites Lebensrisiko anzusehen, das jeden überall treffen könne. Reiseveranstalter müssten dafür nicht einstehen. Sie müssten nur für reisespezifische Risiken haften, die unmittelbar ihrer Unternehmenssphäre zuzurechnen seien. Mit diesen unterschiedlichen Sichtweisen wird sich wohl bald der Bundesgerichtshof beschäftigen müssen.

Ferrari bleibt an Gullydeckel hängen

Die Kommune muss für den überwiegend "bauartbedingten" Schaden nicht haften

Ein Gullydeckel wurde einem Sportwagenfahrer zum Verhängnis: Sein Ferrari F40, der nur 12,5 Zentimeter über der Straße liegt, setzte auf. Dabei entstand ein Schaden an der Karosserie, dessen Reparatur rund 60.000 Euro kostete. Der Autobesitzer und seine Kfz-Versicherung forderten Schadenersatz von der Kommune: Die Gemeinde müsse Gefahrenstellen auf ihren Straßen beseitigen oder zumindest Warnschilder aufstellen.

Doch die Haftpflichtversicherung der Kommune sah das ganz anders und lehnte jede Zahlung ab: Bei einem so extrem tiefergelegten Sportwagen müsse der Fahrer selbst darauf achten, wo er fahren könne und wo nicht. Der Unfall sei nur passiert, weil der Ferrari so wenig Bodenfreiheit habe. Das Oberlandesgericht Koblenz gab der Kommune Recht und lehnte die Schadenersatzklage ab (12 U 1012/21).

Die Straßenbehörde müsse nicht sicherstellen, dass alle für den Straßenverkehr zugelassenen Fahrzeuge eine Straße befahren könnten. Autos mit extrem geringer Bodenfreiheit seien eben nicht für alle Straßen geeignet. Ein Ferrari sei nicht generell "alltagstauglich". Im konkreten Fall rage der Gullydeckel nicht nennenswert über die Straßenoberfläche hinaus. Aber die Straße sei gewölbt und falle seitlich zum Gehweg hin ab.

Fahrer tiefergelegter Sportwagen müssten auf solche Bodenunebenheiten besonders achten. Denn durch die spezielle Bauart dieser Fahrzeuge könnten sie leicht aufsetzen: Das Risiko sei aufgrund ihrer geringen Bodenfreiheit weitaus höher als bei "normalen" Autos. Das höhere Risiko müssten Sportwagenfahrer durch Aufmerksamkeit und Vorsicht ausgleichen. Die Tatsache, dass der Ferrari serienmäßig so produziert werde und dennoch für den Straßenverkehr zugelassen sei, ändere daran nichts.

Vorsicht beim Aussteigen aus dem Auto!

Auch in einer verkehrsberuhigten Zone müssen Autofahrer dabei besonders aufpassen

Ein Taxifahrer hielt am rechten Straßenrand an. Er öffnete die Fahrertür, um auszusteigen und sah dabei den Fahrgast auf dem Beifahrersitz an — und nicht zurück auf die Straße. Die Fahrertür stieß beim Öffnen gegen einen gerade von hinten heranfahrenden Renault. Die Renault-Fahrerin forderte vom Taxifahrer und seiner Haftpflichtversicherung Schadenersatz für die Reparaturkosten.

Das Amtsgericht gab ihr Recht. Der Taxifahrer legte mit dem Argument Berufung ein, dass die Autofahrerin im verkehrsberuhigten Bereich mit 20 km/h zu schnell unterwegs gewesen sei. Damit erreichte er beim Landgericht Saarbrücken allerdings nur einen Teilerfolg (13 S 135/21). Grundsätzlich habe die Autofahrerin Anspruch auf Schadenersatz, so das Landgericht, weil der Taxifahrer durch Unachtsamkeit den Unfall verursacht habe.

Auch und gerade in einem verkehrsberuhigten Bereich seien Autofahrer verpflichtet, beim Ein- und Aussteigen darauf zu achten, dass andere Verkehrsteilnehmer durch das Öffnen der Türe nicht geschädigt würden. Sie müssten sich sorgfältig vergewissern, dass sie niemanden gefährdeten und dabei besonders auf den fließenden Verkehr aufpassen. Diese Regeln habe der Taxifahrer ignoriert.

Ein Viertel des Schadens müsse die Renault-Fahrerin jedoch selbst tragen, weil sie sich in der verkehrsberuhigten Zone nicht an die vorgeschriebene Schrittgeschwindigkeit gehalten habe. Wenn der beschädigte Wagen zu schnell vorbeifahre, begründe dies eine Mithaftung wegen "erhöhter Betriebsgefahr".

Reitunfall: "Tiergefahr" oder Reitfehler?

Gestürzte Reitanfängerin scheitert mit Schmerzensgeldklage gegen den Pferdehalter

Das Pferd "Ronald" war nach Aussagen von Zeugen an diesem Tag sehr nervös gewesen — wohl eine zu schwierige Aufgabe für die unerfahrene Reiterin, die das Tier noch nie geritten hatte. Zuerst rutschte sie mit dem Fuß aus dem Steigbügel, musste absteigen und stieg dann wieder auf. Kurz danach wechselte das Pferd vom Trab in den Galopp. Das brachte die Reiterin aus dem Gleichgewicht, sie fiel vom Pferd.

Beim Sturz prallte sie mit dem Kopf gegen einen Holzpfosten der Reithalle und erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma. Freiwillig zahlte die Tierhalterhaftpflichtversicherung des Pferdebesitzers der Frau 2.000 Euro Schmerzensgeld. Die Verletzte verlangte jedoch vom Tierhalter mehr Geld. Tierhalter müssten unabhängig von eigenem Verschulden für Schäden haften, die ihr Tier anrichte. Unfallursache sei das unberechenbare Verhalten des Pferdes gewesen: "Ronald" sei auf einmal durchgegangen.

Diese Version des Unfallhergangs wurde vom Pferdebesitzer rundweg bestritten: Nicht die so genannte "Tiergefahr", sondern ein Reitfehler habe zu dem Sturz geführt. Die Reiterin habe "Ronald" durch Anpressen der Beine sozusagen den Befehl zum Galopp gegeben. Das Tier habe nur gehorcht. Das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg befragte mehrere Zeugen und gab dann dem Tierhalter Recht (2 U 106/21).

Dass das Pferd durchgegangen sei und so den Unfall ausgelöst habe, stehe nicht fest, erklärte das OLG. Eine andere Reiterin habe ausgesagt, das Tier sei normal und sanft in den Galopp übergegangen. Man habe aber vor dem Sturz gemerkt, dass die Chemie zwischen Reiterin und Pferd nicht stimmte — die Frau habe sehr unsicher gewirkt.

Daher sei es gut möglich, so die Schlussfolgerung des Gerichts, dass die Reiterin aus Unsicherheit die Beine angepresst und damit dem Tier den Befehl zum Galopp gegeben habe, ohne dies eigentlich zu wollen. Anspruch auf weiteres Schmerzensgeld habe sie daher nicht.

Hochzeitsfeier wegen Corona ausgefallen

Der vom Brautpaar engagierte Fotograf darf die Anzahlung nicht behalten

Der Termin am Standesamt fand im November 2020 statt, die kirchliche Trauung mit großer Feier war für Mai 2021 geplant. Das Münchner Brautpaar hatte einen Fotografen mit Hochzeitsfotos beauftragt. Zwei Stunden Arbeit am Standesamt, zehn Stunden sollte der Fotograf im Mai knipsen. Als Gesamtpreis wurden 3.000 Euro vereinbart, die halbe Summe zahlte das Paar an.

Am Standesamt konnte der Fotograf seinen Auftrag erfüllen. Doch die kirchliche Trauung und die Hochzeitsfeier musste das Paar absagen, weil im Mai 2021 Veranstaltungen und Feiern wegen der Corona-Pandemie verboten waren. Deshalb forderten die Auftraggeber den Fotografen auf, vom Vorschuss 1.000 Euro zurückzuzahlen. Für die ausgefallene Feier Fotos anzufertigen, sei objektiv unmöglich gewesen. Daher stehe ihnen das Recht zu, vom Vertrag zurückzutreten.

Das Amtsgericht München gab dem Paar Recht (154 C 14319/21). Die vereinbarte Leistung habe der Fotograf nicht erbringen können, da der Auftrag nur zu einem bestimmten Zeitpunkt erfüllt werden konnte (juristisch: Fixschuld). Die Brautleute hätten mit dem Fotografen keinen Ersatztermin vereinbaren können, denn an einer Hochzeitsfeier dieses Kalibers seien eine Menge Leute beteiligt. So einen Termin müsse das Paar mit den Arbeitgebern absprechen, mit der Kirche, mit dem Veranstaltungsort der Feier, mit Lieferanten und mit Gästen.

Alle Beteiligten nochmals zu einem Termin zu versammeln, sei fast ein unmögliches Unterfangen — zumal die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen ja nach Mai 2021 andauerten. Der Fotograf habe am Standesamt zwei Stunden lang Fotos angefertigt. Das entspreche einem Sechstel der vereinbarten Zeit. Ihm stehe daher ein Sechstel der vereinbarten Vergütung zu, d.h. 500 Euro. Die restliche Anzahlung von 1.000 Euro müsse der Fotograf zurückzahlen.

Bergunglück fordert zwei Tote

Überlebender verlangt von einem anderen Bergsteiger wegen lebensgefährlicher Verletzungen Schadenersatz

Zwei Dreierseilschaften, die sich nicht kannten, wollten unabhängig voneinander einen über 4000 Meter hohen Alpengipfel besteigen. Die erste Seilschaft kletterte ungefähr 50 bis 70 Meter über der zweiten und stürzte plötzlich - die Ursache blieb ungeklärt. Die Stürzenden rissen die nachfolgende Seilschaft mit. Alle fielen über eine Abbruchkante in eine Gletscherspalte und erlitten mehr oder weniger schwere Verletzungen.

Zwei der sechs Bergsteiger wurden von nachstürzenden Schneemassen verschüttet und konnten nur noch tot geborgen werden. Ein Bergsteiger der unteren Seilschaft wurde lebensgefährlich verletzt (Rippenbrüche mit Verletzung der Lunge, Trümmerbrüche an Füßen und Beinen, Kopfverletzungen) und musste sich mehreren schweren Operationen unterziehen.

Der Mann verklagte den einzigen Überlebenden der oberen Seilschaft auf Schadenersatz, inklusive Ersatz für Verdienstausfall in zwei Jahren Arbeitsunfähigkeit: Die obere Seilschaft habe leichtsinnig gehandelt. Vor allem seien die Seillängen zwischen den drei Mitgliedern zu groß gewesen, auf den Blankeisflächen hätten die Kletterer keine Eisschrauben gesetzt.

Doch das Oberlandesgericht Stuttgart verneinte einen Anspruch auf Schadenersatz (10 U 77/91). Dem Kletterer sei kein fahrlässiges Handeln vorzuwerfen. Für die Unfallfolgen müsste er nur geradestehen, wenn seine Seilschaft infolge mangelhafter Sicherheitsvorkehrungen gestürzt wäre. Der vom Gericht befragte Sachverständige habe aber überzeugend ausgeführt, dass der Abstand zwischen den Mitgliedern der ersten Seilschaft nicht zu groß war. Die sehr erfahrenen Bergsteiger hätten auch keine Eisschrauben setzen müssen, das sei auf dieser Route nicht üblich.

Voreilige Negativmeldung an die SCHUFA

Die Kreditkarten des Betroffenen wurden gekündigt: Inkassobüro muss Schadenersatz zahlen

Weil Herr X eine Stromrechnung trotz Mahnung nicht bezahlt hatte, schaltete der Energieversorger ein Inkassounternehmen ein. Nach weiteren erfolglosen Mahnungen erwirkten die Geldeintreiber einen Vollstreckungsbescheid beim Amtsgericht. Da belief sich die Forderung mit Zinsen und Mahngebühren auf 493 Euro. Am selben Tag meldete das Inkassobüro Herrn X als säumigen Schuldner der Wirtschaftsauskunftei SCHUFA.

Obwohl der Stromkunde wenige Tage später seine Schuld beglich, blieb die Negativmeldung bei der SCHUFA bestehen ("uneinbringliche Forderung: 493 Euro"). Aus diesem Grund wurden mehrere Kreditkarten des Herrn X gesperrt, eine Immobilienfinanzierung drohte zu scheitern. Vom Inkassobüro verlangte X, sie müsse die Negativmeldung widerrufen und für die wirtschaftlichen Folgen Schadenersatz zahlen. Erst nach dem Widerruf löschte die SCHUFA den Negativeintrag.

Das Landgericht Mainz sprach Herrn X 5.000 Euro Schadenersatz zu (3 O 12/20). Einen konkreten finanziellen Verlust habe er zwar nicht belegt, auch wenn seine Kreditkartenverträge aufgelöst wurden. Doch prinzipiell gelte: Ein negativer SCHUFA-Eintrag beeinträchtige das soziale Ansehen, weil der Betroffene als unwilliger oder unzuverlässiger Zahler und damit nicht mehr als kreditwürdig angesehen werde. Dafür stehe X eine Entschädigung zu.

Die Negativmeldung des Inkassobüros sei rechtswidrig gewesen. Denn zu diesem Zeitpunkt habe nicht festgestanden, ob Herrn X die Mahnbescheide überhaupt wirksam zugestellt worden waren und ob er genügend Zeit hatte, Einspruch einzulegen. Nach dem Vollstreckungsbescheid hätte das Inkassobüro eine Karenzfrist abwarten müssen, bevor es der SCHUFA die Schuldnerdaten übermittelte. Es komme gar nicht so selten vor, dass Schuldner aufgrund von Fehlern bei der Zustellung der Mahnbescheide nicht rechtzeitig reagieren und ihre Schuld begleichen könnten. Herr X habe jedenfalls den Zugang sämtlicher Mahnschreiben bestritten.

Eine Negativmeldung an die Auskunftei setze nach Bundesdatenschutzgesetz voraus, dass der Schuldner mindestens zweimal schriftlich gemahnt worden sei. Wenn die Daten übermittelt würden, müsse die erste Mahnung mindestens vier Wochen zurückliegen. Außerdem müsse der Schuldner in einem Mahnschreiben darüber informiert werden, dass demnächst ein negativer SCHUFA-Eintrag drohe.

Zusammenstoß mit anfahrendem Bus

Linienbusse haben an Haltestellen Vorfahrt, wenn der Fahrer mit dem Blinker das Einfahren in die Straße anzeigt

Der Fahrer eines Linienbusses fuhr von einer Bushaltestelle wieder auf die Straße und stieß dabei mit einem Auto zusammen. Der Autobesitzer verklagte das Busunternehmen auf Zahlung von rund 10.000 Euro Schadenersatz. Seiner Ansicht nach musste das Unternehmen für ein Fehlverhalten seines Arbeitnehmers haften: Der Busfahrer habe den Unfall verursacht, weil er vor dem Wegfahren von der Haltestelle nicht geblinkt habe.

Das Landgericht fand, der Unfallgeschädigte müsse die Hälfte der Reparaturkosten selbst tragen. Immerhin habe der Linienbus an der Haltestelle Vorfahrt, vorbeifahrende Verkehrsteilnehmer müssten diesen Vorrang beachten. Gegen diese Entscheidung legte der Autofahrer Berufung ein. Das Oberlandesgericht (OLG) Celle gab ihm zumindest in der Schuldfrage Recht (14 U 96/21).

Wenn ein Linienbus an einer Haltestelle wegfahre, habe er zwar Vorfahrt, so das OLG. Das setze aber voraus, dass der Busfahrer den anderen Verkehrsteilnehmern mit dem Blinker rechtzeitig anzeige, dass er losfahren und sich wieder in den fließenden Verkehr einfädeln wolle. Wenn der Busfahrer seinen Start nicht anzeige und dann beim Einfahren mit einem Pkw kollidiere, treffe ihn die Schuld an dem Unfall.

Dem Autobesitzer sei kein Verschulden vorzuwerfen. Doch sei die Betriebsgefahr, die generell von einem Auto ausgehe, hier mit 25 Prozent zu berücksichtigen. Daher bekomme er nur 75 Prozent der Reparaturkosten ersetzt.

Reise abgebrochen, weil die Mutter starb

Der Reiseveranstalter muss nur die "ersparten Aufwendungen" zurückzahlen

Herr S hatte für sich und seine Ehefrau bei einem Reiseveranstalter eine lang ersehnte Traumreise nach Neuseeland gebucht. Über Singapur wollten die Urlauber nach Neuseeland fliegen und mit dem Mietwagen zwei Monate lang das Land erkunden. 11.590 Euro hatte Herr S für die Reise gezahlt. Doch: Kaum waren die Reisenden angekommen, erfuhren sie, dass die Mutter von Herrn S gestorben war.

Nach drei Tagen brachen sie den Urlaub ab und flogen zurück. Der Reiseveranstalter schrieb dem Kunden 1.218 Euro auf den Reisepreis gut und erreichte immerhin, dass andere "Leistungsträger" (Autovermieter, Hotels) Kosten nicht in Rechnung stellten. Weitere Rückzahlungen lehnte das Reiseunternehmen ab: Nach dem Reiseantritt komme eine Kündigung des Reisevertrags nur aufgrund von Reisemängeln in Frage. Reisemängel würden aber nicht geltend gemacht.

Herr S klagte auf Rückzahlung des — nach Abzug der Gutschrift — restlichen Reisepreises von 10.372 Euro. Beim Oberlandesgericht (OLG) Köln erreichte er nur einen Teilerfolg (16 U 169/20). Herr S habe den Reisevertrag aus wichtigem Grund gekündigt, indem er mit seiner Frau vorzeitig zurückreiste, stellte das OLG fest. Dem Grunde nach könnten die Reisenden vom Reiseveranstalter also Geld zurückverlangen.

Allerdings hätten die Reisenden die Reise aus einem Grund abgebrochen, der nichts mit den Leistungen des Reiseveranstalters zu tun habe, sondern aus einem Grund, der ihrer "eigenen Sphäre zuzurechnen" sei, nämlich der Tod einer nahen Angehörigen. Unter diesen Umständen könne der Reiseveranstalter die volle Vergütung beanspruchen, er müsse sich nur die "ersparten Aufwendungen anrechnen lassen".

Wenn man vom Reisepreis die Gutschrift des Reiseveranstalters und andere, nicht berechnete Kosten abziehe, bleibe ein Anspruch auf Rückzahlung von 3.800 Euro.

Corona-Quarantäne statt Zypern-Urlaub

Eine behördlich angeordnete Quarantäne stellt keinen Reisemangel dar

Vom 8.3.2020 bis zum 22.3.2020 hatte Ehepaar X eine Pauschalreise nach Zypern gebucht, inklusive Busrundreise auf der Insel. Kurz nach der Ankunft stellte sich heraus, dass eine Mitreisende mit COVID-19 infiziert war. Daraufhin ordnete das lokale Gesundheitsamt für alle Reisegäste und die örtliche Reiseleitung eine befristete Quarantäne bis zum 24.3.2020 an. Die Reiseveranstalterin bezahlte die Unterkunft für die letzten zwei Tage.

Herr X war der Ansicht, sie müsse den Reisepreis zurückzahlen: Reiseveranstalter hafteten auch unabhängig von eigenem Verschulden für das Gelingen der von ihnen angebotenen Reisen. Zudem habe es die Reiseveranstalterin versäumt, die Urlauber über die drohenden außergewöhnlichen Umstände zu informieren. Sie habe die Reise durchgeführt, obwohl die Wirkungen der Corona-Krise den Reiseverkehr schon erheblich beeinträchtigten.

Das Reiseunternehmen wies die Forderung des Kunden zurück: Eine behördlich angeordnete Quarantäne, die der Sicherheit der Urlauber diene, stelle keinen Mangel der Reise dar. Anspruch auf Minderung oder Rückzahlung des Reisepreises bestehe daher nicht. So sah es auch das Amtsgericht München (172 C 23599/20). Unannehmlichkeiten, die nichts mit den Reiseleistungen des Veranstalters oder mit speziellen Risiken einer Reise zu tun hätten, müssten Reisende einfach hinnehmen.

Ohne die Anweisung der Gesundheitsbehörde hätte das Reiseunternehmen die geschuldeten Reiseleistungen einwandfrei erbringen können. Wenn eine Behörde aufgrund der Corona-Pandemie eine Quarantäne anordne, verwirkliche sich damit ein allgemeines Lebensrisiko. Dem Risiko, einer infizierten Person zu begegnen und sich wegen dieses Kontakts isolieren zu müssen, wäre das Ehepaar auch am Wohnort, unabhängig von der Zypernreise ausgesetzt gewesen.

Auch der Vorwurf unzulänglicher Information der Urlauber sei unbegründet. Unstreitig habe zum Reisebeginn noch keine Reisewarnung vorgelegen. Dass sich das Coronavirus ausgerechnet auf der Insel Zypern schon im Februar — als die Pandemie in ganz Europa noch am Anfang stand — besonders verbreitet hätte, habe Herr M einfach mal behauptet, aber natürlich nicht belegen können. Nicht nachvollziehbar sei daher der Vorwurf, die Reiseveranstalterin hätte Anfang März die Reise zwingend abblasen müssen.

"Cover-Up" eines Tattoos missglückt?

Tätowierer soll für die mangelhafte Überarbeitung Schadenersatz zahlen

Der Kunde eines Tätowierstudios war schon reichlich tätowiert. Unter seinen Tattoos befand sich ein Stammesmotiv ("Tribal") am Oberarm, das er in einigen Sitzungen aufhübschen lassen wollte. Durch zusätzliche Schattierungen sollte ein 3D-Effekt entstehen und das Tattoo plastischer wirken.

Für jede Sitzung verlangte der Tätowierer 300 Euro, der Kunde zahlte im Voraus schon mal 600 Euro. Der Tätowierer begann mit einer dunklen Grundierung, die nach dem Abheilen der Haut wieder heller werden und weiterbearbeitet werden sollte. Doch nach drei Sitzungen brach der Kunde die Behandlung ab.

Für ein "Cover-Up" in einem anderen Kölner Studio, das ihm schließlich gefiel, zahlte er 3.750 Euro. Vom ersten Studioinhaber forderte der Kunde diesen Betrag ersetzt sowie die Rückzahlung des Vorschusses und obendrein Schmerzensgeld für psychische Probleme, die der Tätowierer mit dem misslungenen "Cover-Up" des Tribals angeblich ausgelöst hatte.

Das Landgericht Köln wies die Klage ab (4 O 94/19). Der Tätowierer habe keineswegs fehlerhaft gearbeitet und seine vertraglichen Pflichten verletzt. Es sei vielmehr unmöglich, den 3D-Effekt originalgetreu so umzusetzen, wie er auf der ausgedruckten Vorlage des Kunden zu sehen sei. Auf ein gestochenes Tattoo sei so eine Vorlage nicht eins zu eins übertragbar. Der Tätowierer habe den Kunden auch deutlich darauf hingewiesen, dass die neue Tätowierung nicht genauso aussehen werde.

Dass der Tätowierer ohne Schablohne arbeite ("Freestyle"), stelle nicht automatisch einen Mangel dar. Ob die gestochenen Engelsflügel misslungen waren, habe die Sachverständige auf den Fotos nicht erkennen können. Dafür habe die Qualität der Aufnahmen nicht ausgereicht, die der Tattoo-Liebhaber als Beweismittel vorgelegt habe. Die vom Tätowierer verwendeten Farben entsprächen den EU-Vorschriften. Auch die behaupteten Hygienemängel im Studio habe der Kunde nicht nachvollziehbar belegt.

Fünfjähriger an der Vorhaut operiert

18 Jahre später verlangt der Operierte Schadenersatz für "Verstümmelung"

Im Mai 2003 brachte die Mutter den fünfjährigen Jungen in die Ambulanz einer urologischen Klinik. Der Oberarzt diagnostizierte eine Verengung der Vorhaut (Phimose) und riet der Mutter dazu, die Vorhaut operativ entfernen zu lassen. Der Eingriff wurde in der Klinik durchgeführt.

18 Jahre später verlangte der junge Mann vom Oberarzt und vom Klinikträger Schadenersatz: Man habe ihn "irreversibel verstümmelt", was bei ihm eine psychische Erkrankung ausgelöst habe. Er sei sicher, in seinem Fall sei eine Operation überflüssig gewesen. Dies zu belegen, sei aber schwierig, weil keine Behandlungsdokumentation mehr existiere.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf wies die Zahlungsklage ab (8 U 165/20). Soweit sich der medizinische Sachverhalt jetzt noch rekonstruieren lasse, seien keine ärztlichen Fehler zu erkennen. Letztlich habe seinerzeit kein einheitlicher medizinischer Standard existiert, wie eine Phimose optimal zu behandeln sei. In der urologischen Standardliteratur sei jedoch empfohlen worden, die Vorhaut zu entfernen, wenn eine eindeutige Vorhautverengung vorliege — auch wenn keine Beschwerden auftraten.

Ob bei dem kleinen Patienten damals eindeutig eine behandlungsbedürftige Vorhautverengung vorlag, sei nicht mehr zu klären. Nur wenn dies nicht der Fall gewesen wäre, wäre der Eingriff als Behandlungsfehler einzustufen. Dem Kläger diesen Beweis zu ersparen, weil keine Behandlungsdokumentation mehr existiere, komme aber nicht in Frage.

Ärzte und Kliniken müssten Krankenunterlagen grundsätzlich nur zehn Jahre lang aufbewahren. Wenn diese, wie üblich, nach Ablauf dieser Frist vernichtet wurden, dürfe dem Klinikträger und Operateur dadurch kein Nachteil entstehen. Der ehemalige Patient könne seine Ansprüche nicht auf eine fehlende Behandlungsdokumentation stützen.