Eine 51-jährige Krankenschwester unternahm mit einem Bekannten eine Nordic Walking Tour. Die beiden gingen nebeneinander, als der Mann versehentlich gegen einen seiner Stöcke trat, der dadurch zwischen die Beine der Frau geriet. Sie stolperte über den Stock und verletzte sich beim Sturz am Daumen der rechten Hand. Weil die Krankenschwester den Daumen nicht mehr bewegen konnte und an Schmerzen litt, war sie über ein Jahr arbeitsunfähig.
Die Krankenschwester war immer noch krankgeschrieben, als ihr das Klinikum kündigte. Rund eineinhalb Jahre bezog sie Arbeitslosengeld, mittlerweile arbeitet sie als Arzthelferin. Die Bundesagentur für Arbeit forderte vom Unfallverursacher Schadenersatz für das an die Frau gezahlte Arbeitslosengeld, insgesamt 15.297 Euro. Grundsätzlich hafte der Mann wegen fahrlässiger Körperverletzung, entschied das Landgericht.
Dieser Ansicht war auch das Oberlandesgericht Schleswig, das trotzdem die Klage der Bundesagentur abwies (6 U 46/18). Nordic Walking gehöre nicht zu den Risikosportarten, bei denen jeder Teilnehmer von vornherein mit Verletzungen rechnen müsse — wie z.B. bei Kampfsportarten oder beim Windschatten-Rennradfahren im Pulk. Beim schnellen Gehen würden die Stöcke eng am Körper geführt und stets hinter dem bewegten Bein gehalten.
Wer sie richtig und aufmerksam einsetze, könne nicht gegen den eigenen Stock treten. Verletzungen drohten hier also nicht. Wer müde werde, müsse sich eben noch mehr konzentrieren und mehr Abstand halten. Der Spazierweg sei etwa zwei Meter breit gewesen. Wenn dort beim Walken ein Sportler den anderen gefährde, sei das auf fahrlässige Unaufmerksamkeit zurückzuführen: Deshalb müsse der Sportler dann auch für die Folgen einstehen.
Dennoch habe die Bundesagentur hier keinen Anspruch auf Schadenersatz: Der Bekannte könne sich nämlich darauf berufen, dass die Verletzte den Schaden der Bundesagentur mit-verschuldet habe. Ihr Beitrag bestehe darin, dass sie gegen die unzulässige Kündigung der Klinik nicht vorgegangen sei. Da in diesem Fall eine Kündigungsschutzklage ganz sicher erfolgreich gewesen wäre, hätte sich die Bundesagentur dadurch das Arbeitslosengeld erspart.
Das Kündigungsschreiben verweise nicht auf eine negative Gesundheitsprognose der Arbeitnehmerin und erläutere nicht ansatzweise, warum es unzumutbar sei, sie weiterhin zu beschäftigen. In einer großen Klinik sei es ohne weiteres möglich, eine Krankenschwester an einem anderen, leidensgerechten Arbeitsplatz einzusetzen, z.B. in der Verwaltung. Kein Arbeitnehmer, der Wert auf seinen Arbeitsplatz lege, hätte sich mit einer Begründung wie in diesem Kündigungsschreiben zufriedengegeben.