Reise und Erholung

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Fluglinie bietet günstigere Beförderung zum Münchner Flughafen

Kein Wettbewerbsverstoß, wenn die Airline eine Mietwagen-Firma mit Taxigenehmigung beauftragt

Wegen der großen Entfernung zur Stadt ist die Fahrt mit dem Taxi vom und zum Münchner Flughafen bei Erding nicht gerade billig. Eine Fluggesellschaft bot ihren Kunden deswegen einen kostengünstigeren Transfer an, ohne jedoch selbst eine Genehmigung zur Personenbeförderung im Straßenverkehr zu besitzen. Daraufhin wurde sie von einem Taxiunternehmen wegen Wettbewerbsverstoßes verklagt.

Das Oberlandesgericht München wies die Klage ab (6 U 7011/93). Die Fluggesellschaft vermiete keine Autos nach Einzelplätzen und leite auch die Beförderungsaufträge nicht selbst weiter. Daher brauche sie keine Taxigenehmigung. Es sei ausreichend, dass das von ihr beauftragte Mietwagen-Unternehmen die erforderliche Genehmigung besitze.

Doppelzimmer mit vier Betten

Missverständnis bei der Hotelbuchung: Reisende bekommen kein Geld zurück

Für acht Personen hatte eine Münchnerin in einem italienischen Hotel vier Doppelzimmer gebucht. Dachte sie jedenfalls. Doch das Hotel reservierte zwei Doppelzimmer mit Betten für jeweils vier Personen — vermutlich ein sprachliches Missverständnis. Nach dem einwöchigen Kurzurlaub in Italien verlangten die Reisenden wegen der unkomfortabel engen Unterkunft die Hälfte des Reisepreises zurück.

Zu Unrecht, entschied das Amtsgericht München (242 C 403/23). Was unter Doppelzimmer zu verstehen sei, sei nicht so eindeutig, wie man meinen könnte. Zimmer für mehr als zwei Personen würden zwar oft als "Mehrbettzimmer" bezeichnet. Es sei aber auch nicht unüblich, diesen Begriff für Zimmer mit einem Doppelbett und zwei weiteren Schlafgelegenheiten zu verwenden. Offenbar hätten weder die Kundin, noch das Hotel bei der Buchung bemerkt, dass man sich nur scheinbar einig geworden war.

Die Buchungsbestätigung habe das Missverständnis nicht ausgeräumt, weil darin die Anzahl der Zimmer nicht angegeben sei. Allerdings könne man davon ausgehen, dass die Vertragsparteien den Beherbergungsvertrag auch ohne Einigung über die Zimmerzahl geschlossen hätten: Denn die Reisenden hätten die Reise nicht abgebrochen, sondern in den gebuchten zwei Doppelzimmern übernachtet. Darüber hinaus ergebe sich aus dem Reisepreis, dass nur Zimmer für je vier Personen gemeint sein konnten.

Die Urlauber hätten nämlich für einen Aufenthalt von einer Woche in einem Vier-Sterne-Hotel mit Vollpension 5.184 Euro gezahlt, also weniger als 100 Euro pro Tag und Person. Das sei für ein Hotel dieser Kategorie mit All-Inklusive-Leistungen ausgesprochen billig. Vor allem dieser Umstand spreche dafür, zu Gunsten des Hotels einen Reisemangel zu verneinen, der die Kunden zur Minderung des Reisepreises berechtigte: Bei so einem Preis sei "redlicherweise" anzunehmen, dass nur zwei Zimmer für je vier Personen gebucht sein sollten.

Flughafen wegen Drohnenangriffen geschlossen

Prekäre Sicherheitslage rechtfertigt Flugannullierung: Airline muss aber Alternativflüge anbieten

Im Frühjahr 2021 waren in Erbil (Türkei) eine amerikanische Militärbasis und ein türkisches Militärcamp mit Drohnen angegriffen worden. Deswegen schlossen die kurdischen Behörden vorübergehend den Flughafen in Erbil, um die Sicherheitslage zu prüfen. Eine Fluggesellschaft wollte ebenfalls "auf Nummer Sicher" gehen und annullierte nach der Attacke einige Flüge, darunter einen Flug von Erbil nach Düsseldorf.

Düsseldorfer Fluggäste buchten deshalb einen Ersatzflug bei einer anderen Airline und flogen am geplanten Abreisetag nach Düsseldorf zurück. Für den annullierten Flug verlangten sie von der ersten Fluggesellschaft eine Ausgleichszahlung gemäß EU-Fluggastrechteverordnung. Zu Recht, wie das Amtsgericht Düsseldorf entschied (51 C 413/21).

Grundsätzlich könne eine prekäre Sicherheitslage zwar durchaus einen "außergewöhnlichen Umstand" darstellen, dem eine Fluggesellschaft Rechnung tragen müsse. Im Fall einer Flugannullierung sei sie dann von der Pflicht befreit, die Fluggäste dafür zu entschädigen.

Werde ein Flughafen wegen Drohnenangriffen geschlossen, müssten Flugunternehmen politische Stabilität und Sicherheitslage, also ihr Risiko vor Ort selbst einschätzen. Bei dieser Entscheidung müssten sie sich nicht an anderen Airlines orientieren, die den Flughafen trotz eines Anschlags weiterhin anfliegen.

Trotzdem müsse im konkreten Fall die Fluggesellschaft die Düsseldorfer Passagiere für die Flugannullierung entschädigen: Denn das Unternehmen habe es versäumt, den Kunden die nächstmöglichen Alternativen zum annullierten Flug anzubieten. Dazu sei sie aber bei einer Annullierung verpflichtet — und Ersatzflüge habe es offenkundig gegeben.

Irreführende E-Mail von der Fluggesellschaft

Kunde klickt die Option "Ich möchte eine Erstattung anfordern" an und storniert damit die Flugbuchung

Herr H hatte bei einer Fluggesellschaft einen Hin- und Rückflug von Nürnberg über Zürich nach Miami gebucht und dafür rund 4.000 Euro gezahlt. Ein halbes Jahr vor dem USA-Urlaub teilte das Unternehmen per E-Mail mit, in Nürnberg werde die Maschine eineinhalb Stunden später starten als geplant. Der Kunde könne die geänderte Buchung akzeptieren, die Reise verschieben oder eine Erstattung anfordern. Diesen drei Optionen waren Buttons zugeordnet, per Mausklick sollte H eine Option wählen.

H klickte Button 3 an, dessen Text lautete: "Ich möchte eine Erstattung anfordern". Eine Warnung, dass er damit den Beförderungsvertrag kündigte, erfolgte nicht. Die Airline bestätigte auch nicht, dass nun die Buchung storniert war. Zwei Tage später erhielt H ohne weitere Hinweise eine Erstattung von 432 Euro. Er meldete sich beim Online-Service-Center und wurde informiert. Nun forderte er die Airline auf, die Buchung wiederherzustellen: Das sei ja wohl ein Irrtum gewesen.

Da das Unternehmen darauf nicht reagierte, kam es zum Streit über die Ticketkosten. Die Fluggesellschaft müsse sie zurückzahlen, entschied das Amtsgericht Köln: H habe mit dem Klick auf Button 3 die Buchung nicht wirksam storniert (133 C 189/22). Formulierungen auf Buttons zum Anklicken müssten eindeutig sein. Die Regeln für Online-Verbraucherbestellungen seien auch auf standardisierte E-Mails anwendbar, in denen Unternehmen Verbrauchern per Auswahl-Button die Vertragsbeendigung ermöglichten.

Zum Schutz der Verbraucher müssten in beiden Fällen die Schaltflächen verständlich sein und korrekt auf alle Konsequenzen des Klicks hinweisen. Gegen diese Regel werde hier im E-Mail-Text und mit dem Button-Text krass verstoßen. Die Formulierung "Ich möchte eine Erstattung anfordern" sei komplett irreführend: Denn der Kunde erhalte nach den Tarifbedingungen des Unternehmens nicht den Ticketpreis zurück, sondern nur Steuern und Gebühren.

Dabei sei im Begleittext der Mail sogar vom "Recht auf eine Erstattung des Ticketpreises" die Rede. Erst bei Prüfung der Reiseunterlagen könnten Kunden entdecken, dass damit in Wahrheit nicht der Ticketpreis, sondern Steuern und Gebühren gemeint seien. Der E-Mail-Text lasse auch keinen Schluss darauf zu, dass der Kunde mit einem Klick auf Option 3 den Beförderungsvertrag kündige — ohne dazwischen geschaltete Sicherheitsabfrage (Wollen Sie die Buchung wirklich stornieren?) und ohne Aussicht auf Erstattung des Flugpreises.

Medizinische Beratung zum Reiserücktritt

Bietet eine Versicherung Kunden so einen Service an, ist der ärztliche Rat für sie verbindlich

Eine Münchnerin hatte für sich und ihre Freundin S eine kurze Pauschalreise nach Ibiza gebucht und für beide eine Reiserücktrittsversicherung abgeschlossen. Kurz vor der Reise wurde bei ihr ein Knoten in der Schilddrüse festgestellt. Erst für den Tag vor dem Hinflug konnte sie einen Arzttermin zur weiteren Abklärung des Befunds bekommen.

Die Reiserücktrittsversicherung bot als Service eine medizinische Stornoberatung an: "Wir unterstützen Sie bei der Entscheidung, ob und wann sie ihre Reise stornieren sollten", versprach das Unternehmen in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB). Bei diesem Beratungsservice rief nun Frau S an und erhielt von einer Ärztin den Rat, den Ibiza-Urlaub sofort zu stornieren. Daran hielten sich die Freundinnen.

Zu ihrem Erstaunen weigerte sich jedoch das Versicherungsunternehmen, die vom Reiseveranstalter berechneten Stornokosten zu ersetzen. Begründung: Eine "unerwartete schwere Erkrankung" im Sinne der Versicherungsbedingungen habe nicht vorgelegen. Die Stornoberatung gebe nur Empfehlungen zum Zeitpunkt des Reiserücktritts, treffe aber keine Aussage dazu, ob ein "versichertes Ereignis" vorliege (sprich: eine "unerwartete schwere Erkrankung").

Frau S verklagte das Unternehmen auf Zahlung und bekam vom Amtsgericht München Recht (122 C 7243/22). Dass es die Versicherung ablehne, die Stornokosten zu übernehmen, widerspreche eklatant ihren eigenen AVB, stellte das Gericht fest. Da stehe klipp und klar: Wenn die Stornoberaterin empfehle, eine Reise zu stornieren, seien Versicherungsnehmer verpflichtet, dies unverzüglich zu tun.

Zudem empfehle die Versicherung den Kunden, den Beratungsservice bei "Unsicherheit über das Eintreten des Versicherungsfalls" zu kontaktieren. Also gehe es bei der Beratung in erster Linie darum zu klären, "ob" sie stornieren sollten — und nicht nur um das "wann". Ansonsten wäre ja auch eine Rücksprache mit Medizinern überflüssig.

Wenn eine Reiserücktrittsversicherung so einen Service anbiete, müsse sie sich die Auskünfte der Mediziner an ihrem Servicetelefon auch zurechnen lassen. Gemäß den AVB dürften die Kunden jedenfalls darauf vertrauen, dass die ärztliche Empfehlung verbindlich sei. Könnte die Ärztin — anders als in den AVB behauptet — keine Aussage dazu treffen, ob ein Grund für eine Stornierung gegeben sei, dann müsste sie die Versicherungsnehmer darauf beim Beratungsgespräch hinweisen.

Kanada-Flug: Economy statt Business Class

Darf der Kunde wegen des Reiseveranstalter-Fehlers kostenlos von der Reise zurücktreten?

Im September 2022 wollte Herr X mit seiner Frau eine einwöchige Rundreise im Osten Kanadas unternehmen. Sie kostete für das Paar rund 9.500 Euro. Um besonders komfortabel zu fliegen, hatte Herr X mit dem Reiseveranstalter vereinbart, für den Direktflug von Frankfurt nach Toronto sollten Business-Class-Plätze gebucht werden. Das kostete zusätzlich ca. 3.000 Euro pro Person.

Im August erhielt das Ehepaar die Reiseunterlagen mit den Abflugzeiten. Darin war eine Grenze von 23 kg pro Person für "Freigepäck" angegeben. Das machte Herrn X nicht stutzig: Erst beim Online-Check-In am Tag vor dem Abflug stellte er fest, dass eine Mitarbeiterin des Reiseveranstalters versehentlich Economy-Flüge gebucht hatte.

Als er den Veranstalter anrief und sich beschwerte, bot ihm das Unternehmen sofort an, den Aufpreis für die Business-Class-Plätze zurückzuzahlen: Anders könne man den Fehler leider nicht mehr "ausbügeln", lautete die Auskunft, denn die Business-Class sei ausgebucht. Doch darauf ließ sich der Kunde nicht ein: Er trat von der Reise zurück und verlangte den gesamten Reisepreis zurück.

Da der Reiseveranstalter nur 7.000 Euro erstattete, zog Herr X vor Gericht und verlangte weitere 4.800 Euro. Zu Recht, entschied das Landgericht Frankfurt (2-24 O 96/22). Das "Downgrade" auf die Economy-Class verändere eine wesentliche Reiseleistung und rechtfertige hier einen Reiserücktritt. Allgemein gelte zwar: Bei einer Pauschalreise sei der Aufenthalt am Reiseziel wichtiger als der Transport zum Reiseziel. Und die Rundreise in Kanada hätte uneingeschränkt stattfinden können.

Doch im konkreten Fall sei die normalerweise nur "dienende Funktion" des Transports anders zu bewerten. Denn die Kanadareise habe nur acht Tage dauern sollen, so dass An- und Abreise bereits rund ein Viertel der Reisezeit ausmachten. Das Downgrade hätte daher den Erholungszweck der Reise erheblich beeinträchtigt: Das habe der Kunde nicht akzeptieren müssen. Zudem sei allein der Aufpreis für die Business-Class so hoch gewesen wie der Preis von 70 Prozent der Reiseleistungen pro Person.

Den Reisenden sei auch kein Mitverschulden vorzuwerfen, weil sie die Reiseunterlagen nicht aufmerksam genug gelesen und deshalb den Fehler nicht früher bemerkt hätten. Nur Reise-Profis hätten schon an der angegebenen Obergrenze für das Freigepäck erkannt, dass Economy-Class gebucht worden war. Laien wüssten nicht, dass die Grenze von 23 kg nur in der Economy-Class gelte.

Flug-Handgepäck nur begrenzt kostenfrei

Kurzartikel

Eine Fluggesellschaft kann die kostenfreie Mitnahme von Handgepäck beschränken auf Gepäckstücke einer gewissen Größe (hier: 40 cm x 30 cm x 25 cm). Für das Befördern von Handgepäck dürfen Flugunternehmen prinzipiell keinen Aufpreis verlangen, wenn Gewicht und Größe vernünftigen Anforderungen entsprechen. Das ist hier aber der Fall: Die von der Airline vorgegebenen Maße sind so angemessen, dass sie nicht dazu führen, dass Passagiere praktisch immer Zuschlag für Gepäck zahlen müssen.

Regenzeit stellt keinen Reisemangel dar

Urlauberin wollte wegen des schlechten Wetters in Ecuador den Reisepreis mindern

Bei einem Reiseveranstalter hatte Frau T für sich und ihren Partner eine Rundreise durch Ecuador gebucht. Für die Pauschalreise im Dezember 2021 zahlte das Paar rund 18.000 Euro. Doch die Traumreise wurde vor allem wegen des schlechten Wetters zum Flop. Nach der Rückkehr verlangte Frau T vom Reiseveranstalter 6.000 Euro zurück: Ihr stehe wegen diverser Reisemängel eine Minderung des Reisepreises zu, fand die Kundin.

Und ihre Mängelliste war lang: Im Dezember herrsche in Ecuador Regenzeit. Deshalb habe man vom (laut Prospekt) "traumhaft schönen Kratersee" bei der Rundwanderung wegen Nebels nichts gesehen. Auch bei der Fahrt durch die Westkordilleren — Aussicht Fehlanzeige. Zwei Tage habe die Gruppe den Amazonas-Dschungel durchquert, bei starkem Regen habe sich aber kein Tier blicken lassen.

Der Programmpunkt "Besuch einer Fledermaushöhle" sei wegen Überflutung gestrichen worden, auch ein anderer Tagesausflug sei ausgefallen. In einem Hotel habe es kein warmes Wasser gegeben. Bei der mehrtägigen Fahrt auf einem Katamaran sei ein defekter Generator so laut gewesen, dass man nachts nicht habe schlafen können.

Das Landgericht Frankfurt gestand der Frau nur 800 Euro zu (2-24 O 102/22). Für die Wetterbedingungen sei der Reiseveranstalter nicht verantwortlich, betonte das Landgericht: Sie stellten keinen Reisemangel dar. Entgegen der Ansicht von Frau T sei das Unternehmen auch nicht dazu verpflichtet, Reisende darüber zu informieren, dass im Dezember in Ecuador Regenzeit sei. Vielleicht zähle das nicht zum Allgemeinwissen, es sei aber durch eine einfache Internetrecherche leicht herauszufinden.

Der Ausfall einiger Ausflüge, die fehlende Warmwasserversorgung in einem Hotel und die Lärmbelästigung auf dem Katamaran seien dagegen als Mängel der Pauschalreise einzustufen, so das Landgericht. Aus diesem Grund sei der Tagesreisepreis für die betroffenen Reisetage zu mindern. Insgesamt müsse der Reiseveranstalter der Kundin 800 Euro zurückzahlen. (Frau T hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.)

Türkeiurlauber musste für den Rückflug Aufschlag zahlen

Ausgleichszahlung gemäß EU-Fluggastrechteverordnung steht ihm dafür nicht zu

Herr M hatte eine Pauschalreise in die Türkei gebucht. Die Flüge von München nach Antalya und zurück wurden von Fluggesellschaft X durchgeführt. Da M schon eine Woche früher in die Türkei reiste, nahm er den Hinflug mit Airline X nicht in Anspruch. Als er wie geplant zurückfliegen wollte, verlangte sie einen Aufpreis. Hätte der Kunde den Aufschlag nicht akzeptiert, hätte ihn das Flugunternehmen nicht mitgenommen. Deshalb zahlte M den geforderten Betrag und wurde nach München befördert.

Von Fluggesellschaft X verlangte er eine Ausgleichszahlung von 400 Euro. Darauf habe der Fluggast keinen Anspruch, entschied der Bundesgerichtshof (X ZR 25/22). Die Ausgleichszahlung gemäß EU-Fluggastrechteverordnung solle Passagiere entschädigen, deren Flug annulliert wurde oder denen die Beförderung aus anderen Gründen (z.B. wegen überbuchten Flugs) verweigert wurde. Das setze logischerweise voraus, dass die Beförderung nicht stattfand.

Herr M habe jedoch den Rückflug angetreten — wenn auch gegen tarifliche Zuzahlung. Wenn eine Fluggesellschaft die Beförderung eines Passagiers von einem Aufschlag abhängig mache, sei das zwar unerfreulich. Aber diese Unannehmlichkeit sei nicht mit den Problemen zu vergleichen, mit denen ein Fluggast fertig werden müsse, dessen Flug überbucht war und der am Flughafen zurückbleibe.

Erweise sich der verlangte Aufschlag bei rechtlicher Prüfung als unberechtigt, könne der betroffene Fluggast das Geld zurückfordern. Eine verweigerte Beförderung sei viel ärgerlicher. Sie bedeute nervige Suche nach einem Ersatzflug, oft zusätzliche Übernachtungskosten, verspätete Ankunft oder Rückkehr etc.

Ob Herr M den Aufpreis zurückfordern könne, sei hier nicht zu entscheiden. Dieser Anspruch sei nämlich nicht Gegenstand der Klage, sondern die verlangte Ausgleichszahlung. Und die stehe M nicht zu.

Wegen zu langer Sicherheitskontrolle Flug verpasst?

Wer vorher am Flughafen Zeit vertrödelt, hat keinen Anspruch auf Schadenersatz

Um 11.40 Uhr sollte die Maschine nach Faro am Flughafen Köln-Bonn starten. Herr W und seine Lebensgefährtin kamen um 9.20 Uhr am Flughafen an. Um 9.30 Uhr öffnete laut Flughafen-Webseite der Check-In-Schalter. Das Paar gab die Koffer 20 Minuten später auf und ging anschließend mit seinen Sportgeräten zum Schalter für Sperrgepäck. Gegen 10.30 Uhr betraten die Urlauber den Bereich der Sicherheitskontrolle.

Die Kontrolle dauerte so lange, dass sie zum Boarding zu spät kamen. Das Flugzeug nach Faro startete ohne sie. Von der Bundesrepublik Deutschland, Dienstherrin der Sicherheitsbeamten, verlangte Herr W Schadenersatz für die Kosten der Ersatzflüge: Die Sicherheitskontrolle sei von den Beamten der Luftsicherheitsbehörde mangelhaft organisiert worden. Hätten er und seine Freundin da nicht so lange warten müssen, wären sie rechtzeitig am Gate angekommen.

Das Landgericht Köln wies die Zahlungsklage ab (5 O 250/22). Natürlich solle die Luftsicherheitsbehörde das Handgepäck der Passagiere in einer angemessenen Zeitspanne kontrollieren. Es gelte aber auch: Fluggäste müssten sich nach den Empfehlungen der Flughafenbetreiber richten.

Auf der Internetseite des Flughafens Köln-Bonn stehe: "In der Regel öffnet der Check-In am Flughafen 2,5 bis 3 Stunden vor dem Abflug. Es empfiehlt sich, diese Zeit … mindestens einzuplanen und nach dem Check-In zügig zur Sicherheitskontrolle zu gehen."

Die Ausführungen von Herrn W belegten keinerlei Mängel in der Organisation der Kontrollen, die dazu geführt haben könnten, dass er und seine Begleiterin ihren Flug verpassten. Vielmehr hätten sich die Fluggäste einfach zu viel Zeit gelassen. Wer den Sicherheitsbereich erst gegen 10.30 Uhr betrete, dürfe sich nicht darüber beschweren, dass er ihn erst um 11.35 Uhr verlassen konnte. Diese Dauer sei völlig normal.

Da die Passagiere zusätzlich Sperrgepäck dabeihatten, hätten sie so früh wie möglich am Check-In-Schalter sein müssen und die Koffer nicht erst um 9.50 Uhr aufgeben dürfen. Dass für Sperrgepäck mehr Zeit nötig sei, hätte Herr W wissen müssen — er reise ja nicht zum ersten Mal mit Surfbrettern. Hätte das Paar den Check-In kurz nach 9.30 Uhr beendet, hätte es die Maschine nach Portugal erreicht.

Sollte es jedoch entgegen den Informationen auf der Flughafen-Webseite tatsächlich an diesem Tag unmöglich gewesen sein, das Gepäck vor 9.50 Uhr aufzugeben, sei dafür nicht die Luftsicherheitsbehörde, sondern die Fluggesellschaft verantwortlich.

Information über Fluggastrechte

Kurzartikel

Laut EU-Fluggastrechteverordnung müssen Fluggesellschaften den Fluggästen schriftliche Informationen zu ihren Rechten zur Verfügung stellen. Schickt eine Airline einem Passagier nur eine E-Mail mit einem Link zu Informationen über Fluggastrechte auf ihrer Webseite, genügt dies nicht. Denn damit wird dem Kunden unzulässigerweise eine Mitwirkung abverlangt, nämlich den Link anzuklicken und sich die Informationen herunterzuladen.

Vom Reisebüro schlecht beraten

Familie bricht Dubai-Flug ab, weil ihre Hunde nicht mit dem Passagierflugzeug einreisen dürfen

Eine Münchnerin wollte Silvester 2021 mit drei Familienangehörigen und ihren beiden Chihuahuas in Dubai feiern. In einem Reisebüro buchte sie Flüge von München über Zürich nach Dubai. Der Reisebüro-Mitarbeiterin teilte die Frau ausdrücklich mit, dass die Hunde im Passagierraum mitreisen sollten.

Kundin und Mitarbeiterin wussten nicht, dass das unmöglich war. Denn nach den Vorschriften der International Air Transport Association (IATA) müssen Haustiere als deklarierte Fracht nach Dubai transportiert werden. Tierhalter dürfen Haustiere weder im Passagierraum, noch im Frachtraum eines Passagierflugzeugs mitnehmen.

Am Flughafen München teilte man der Familie nur mit, die Hunde seien ab Zürich nicht in der Kabine angemeldet — ohne den Grund dafür zu nennen. Die Reisenden flogen trotzdem nach Zürich. Erst dort erfuhr die Hundehalterin, dass Tiere grundsätzlich nicht in Passagiermaschinen nach Dubai einreisen dürfen. Daraufhin flog die Familie nicht weiter nach Dubai, sondern zurück nach München.

Die Münchnerin weigerte sich, dem Reisebüro die Flugtickets plus Vermittlungsgebühr zu bezahlen: Statt die Flüge selbst im Internet zu buchen, sei sie extra ins Reisebüro gegangen — nur um sicherzustellen, dass die Chihuahuas während des Fluges bei ihr bleiben könnten. Und dann diese Pleite!

Die Zahlungsklage des Reisebüros blieb beim Amtsgericht München erfolglos (114 C 8563/22). Der Auftrag habe gelautet, Flüge für die Kundin, ihre Angehörigen und ihre zwei Chihuahuas zu vermitteln. Dass es der Kundin sehr wichtig war, dass die Hunde in der Kabine befördert werden, habe die Reisebüro-Mitarbeiterin eingeräumt. Dann hätte sie die Flugtickets aber nicht kaufen dürfen, ohne vorher die Transportbedingungen für Tiere zu prüfen.

Dass die Einreise nach Dubai mit Haustieren im Passagierraum rechtlich ausgeschlossen sei, hätte sie ohne Weiteres feststellen können. Die Flugreise sei nicht so möglich gewesen wie gewünscht. Da es das Reisebüro versäumt habe, die Transportbedingungen für Hunde abzuklären, habe es seine Beratungspflichten aus dem Reisevermittlungsvertrag verletzt. Anspruch auf Ersatz der Ticketkosten und auf die Vermittlungsgebühr habe das Reisebüro daher nicht.

Drogenkrieg am Urlaubsort

Lebensgefahr ist nicht auszuschließen: Reiseveranstalter-Kunde darf eine Mexikoreise kostenlos stornieren

Im Sommer 2021 hatte Herr V eine Pauschalreise nach Cancun in Mexiko gebucht: Im Februar 2022 wollte er dem deutschen Winter entfliehen. Doch im Herbst 2021 spitzten sich in Mexiko die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Drogenbanden wieder einmal zu. Im Oktober starben zwei Touristen bei einer Schießerei in Tulum, im November zwei Menschen bei einem Schusswechsel an einem Hotelstrand nahe Cancun. Im Dezember schossen Bandenmitglieder in einem Hotel in Cancun um sich.

Danach entschloss sich Herr V, die Reise zu stornieren. Das Auswärtige Amt habe allen deutschen Touristen geraten, in dieser Gegend von Mexiko die Hotelanlagen nicht zu verlassen. So wolle er keinen Urlaub machen, erklärte V, und selbst in den Hotels sei man offenkundig seines Lebens nicht mehr sicher.

Der Reiseveranstalter akzeptierte die Kündigung, forderte aber vom Kunden Stornogebühr. Herr V ließ es auf einen Rechtsstreit ankommen und zahlte nicht.

Zu Recht, entschied das Amtsgericht Heilbad Heiligenstadt (3 C 223/22). Der Kunde habe aufgrund außergewöhnlicher Umstände am Urlaubsort kostenlos stornieren dürfen. Zwar sei im Sommer 2021, als Herr V die Pauschalreise gebucht habe, schon allgemein bekannt gewesen, dass in Mexiko regelmäßig Drogenbanden aufeinander losgingen. Bisher habe sich jedoch der Drogenkrieg noch nie in gut besuchten touristischen Gebieten abgespielt.

Plötzlich erschien die Sicherheitslage in diesem Gebiet prekär oder zumindest völlig unklar: Die Schießereien in Tulum und Cancum seien außergewöhnlich und nicht vorhersehbar gewesen. Nach dem Tod mehrerer Touristen habe Herr V durchaus davon ausgehen dürfen, dass er am Urlaubsort in Gefahr geraten könnte und zumindest die Reise erheblich beeinträchtigt sein werde. Unter solchen Umständen sei es unzumutbar, eine Reise anzutreten.

Reiseveranstalter änderte die Fluggesellschaft

Das stellt keinen Reisemangel dar, der Kunden zum Rücktritt vom Reisevertrag berechtigt

Herr M hatte bei einem Reiseveranstalter eine einwöchige Pauschalreise nach Griechenland gebucht. Den Flug von Düsseldorf an den Urlaubsort sollte Fluggesellschaft T ausführen. Die Passagiere hatten am Düsseldorfer Flughafen bereits eingecheckt, als man sie darüber informierte, dass der Flug aus technischen Gründen von einer anderen, erst 2020 gegründeten Airline durchgeführt werde. Auf der Stelle erklärte deshalb Herr M den Rücktritt vom Reisevertrag: Ob dieses Unternehmen sicher sei, wisse er nicht.

Vom Reiseveranstalter verlangte M den Reisepreis zurück und zusätzlich Schadenersatz: Bei der Buchung habe er wegen der Flugsicherheit großen Wert auf eine renommierte Fluggesellschaft gelegt. Nur bei bewährten Unternehmen sei außerdem ein guter Bordservice gewährleistet und komfortable Sitzplätze, die er aufgrund seiner Rückenprobleme unbedingt benötige. Durch die extrem kurzfristige Änderung habe er das Ersatzunternehmen nicht überprüfen können.

Auch das Ersatzunternehmen sei vom Luftfahrt-Bundesamt zugelassen und führe europaweit einwandfreie Flüge durch, wandte der Reiseveranstalter ein. Der Flug nach Griechenland sei pünktlich und problemlos angekommen. Da es mit der ursprünglich vorgesehenen Maschine Probleme gegeben habe, habe er als Reiseveranstalter eine andere Gesellschaft beauftragen müssen, um die Passagiere pünktlich zu befördern. Das stelle keinen Reisemangel dar.

Wenn überhaupt, dann sei es jedenfalls kein erheblicher Mangel, der eine Kündigung des Reisevertrags rechtfertigen würde, entschied das Amtsgericht Hannover (540 C 8858/22). Die wesentliche Reiseleistung des Veranstalters bestehe darin, am Urlaubsort das Hotel und All-inclusive-Verpflegung anzubieten. Ein möglicherweise nicht optimal komfortabler Flug beeinträchtige eine Urlaubsreise von einer Woche allenfalls geringfügig.

Anhaltspunkte für Sicherheitsmängel bei Flügen der Ersatz-Fluggesellschaft habe Herr M nicht vorgetragen. Es gebe auch keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass kleine oder neu gegründete Fluggesellschaften unzuverlässiger oder unsicherer seien als ältere oder größere.

Dass M die Reise nach dem Check-In abgebrochen habe, habe er - ohne objektive Anhaltspunkte - nur mit der abstrakten Sorge begründet, die neue Airline könnte ihm eventuell nicht den gewohnten Komfort und die erwartete Sicherheit bieten. Dass hier konkret eine Beeinträchtigung der Reise drohte, sei nicht zu erkennen.

Fluggäste müssen "Aperol Spritz" selbst zahlen

Airlines sind bei einer Flugverspätung nicht verpflichtet, alkoholische Getränke zu finanzieren

Ein Ehepaar flog von Hannover über London nach Miami in den USA. Schon der Hinflug kam mit einer Verspätung von über drei Stunden an. Der Rückflug wurde annulliert und die Fluggäste ersatzweise über Madrid nach Hamburg geflogen. Dort stiegen die Urlauber in die Bahn um und erreichten Hannover mit viereinhalb Stunden Verspätung.

Von der Fluggesellschaft forderte das Paar eine Ausgleichszahlung gemäß EU-Fluggastrechteverordnung und Kostenersatz für die Verpflegung bei den Zwischenaufenthalten in Madrid und London — unter anderem hatten sich die Reisenden in London zwei "Aperol Spritz" genehmigt. Beim Amtsgericht Hannover hatte die Klage der Fluggäste überwiegend Erfolg (513 C 8538/22).

Laut EU-Fluggastrechteverordnung müssten Airlines im Falle einer Flugannullierung oder einer erheblichen Verspätung den Passagieren "Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit" anbieten. Im konkreten Fall habe sich die Fluggesellschaft nicht darum gekümmert. Daher hätten sich die Passagiere am Flughafen auf Kosten des Unternehmens selbst Verpflegung besorgen dürfen. Deren Kosten müsse die Fluggesellschaft ersetzen.

Mit Ausnahme der Kosten für die beiden "Aperol Spritz" allerdings: Alkoholische Getränke seien keine "Erfrischungen", betonte das Amtsgericht. Wenn in der EU-Fluggastrechteverordnung von "Erfrischung" die Rede sei, schließe dies alkoholische Getränke aus. Denn die bewirkten in der Regel das Gegenteil einer Erfrischung. Alkoholfreies Bier könne vielleicht als Erfrischung "durchgehen", "Aperol Spritz" müsse die Fluggesellschaft aber nicht finanzieren.

Marokko-Reise im März 2020 nicht angetreten

Ist die Rückreise pandemiebedingt unsicher, ist für Kunden auch die Anreise unzumutbar

Zwei Freunde hatten im Oktober 2019 bei einem Reiseveranstalter eine einwöchige Motorradtour durch Marokko gebucht, die Mitte März 2020 starten sollte. Zu diesem Zeitpunkt breitete sich bekanntlich die Corona-Pandemie weltweit aus.

Kurz vor dem Hinflug am 14. März teilten die Motorradfreunde dem Veranstalter mit, sie würden die Reise nicht antreten. Die Fluggesellschaft habe ihnen mitgeteilt, der Flughafen in Marrakesch werde wegen der Pandemie ab dem 15. März "dicht gemacht". Sie müssten also damit rechnen, nach der Tour in Marokko festzusitzen … Dieses Risiko wollten die Motorradfahrer nicht eingehen.

Der Reiseveranstalter weigerte sich, den Reisepreis zu erstatten: Bei so einer kurzfristigen Absage stehe ihm eine Entschädigung in Höhe des vollen Reisepreises zu, erklärte er. Den folgenden Rechtsstreit verlor das Unternehmen jedoch in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof (X ZR 23/22).

Der Reiseveranstalter könne keine Entschädigung verlangen, denn die Kunden seien wirksam vom Reisevertrag zurückgetreten, so die Bundesrichter. In diesem Fall sei schon vor der Reise klar gewesen, dass unmittelbar nach dem Hinflug der Flugverkehr sowie alle Fähren nach und von Marokko eingestellt würden. Unter diesen Umständen sei es für die Kunden unzumutbar gewesen, nach Marokko zu reisen.

Dass der Hinflug noch problemlos möglich, vielleicht auch die Motorradtour im Land durchführbar gewesen wäre, ändere daran nichts. Man könne hier Hinflug und Reise nicht isoliert betrachten, ohne die ungewisse Rückkehr mit zu bedenken. Schließlich sei es völlig unsicher gewesen, ob und wie die Motorradfahrer das Land wieder hätten verlassen können. So ein Risiko müssten Kunden nicht in Kauf nehmen.

Reise wegen Krankheit storniert

Kunde hatte den Flug mit Bonusmeilen bezahlt: Reiserücktrittskostenversicherung muss deren Wert ersetzen

Bei einer Fluggesellschaft hatte ein Kunde einen Hin- und Rückflug in die USA gebucht und mit Bonusmeilen aus dem Bonusprogramm des Unternehmens bezahlt. Einige Wochen später erkrankte er und musste die Amerikareise stornieren. Für die Stornogebühr sollte seine Reiserücktrittskostenversicherung aufkommen, die jedoch die Zahlung verweigerte: Da der Versicherungsnehmer die Reise mit Bonusmeilen finanziert habe, stehe ihm keine Entschädigung für die Rücktrittskosten zu.

Zunächst verlor der Mann den Rechtsstreit, erst beim Bundesgerichtshof (BGH) setzte er sich durch (IV ZR 112/22). Der Entschädigungsanspruch des Versicherungsnehmers sei nicht auf Geldleistungen beschränkt, entschied der BGH: Das widerspräche erstens dem Wortlaut der Versicherungsbedingungen, wie ihn ein durchschnittlich informierter Versicherungsnehmer auffasse. Und zweitens dem Sinn und Zweck der Versicherung.

Im Versicherungsvertrag stehe: Wenn der Versicherungsnehmer die Reise nicht antreten könne, entschädige ihn die Versicherung für die dem Reiseunternehmen vertraglich geschuldeten Rücktrittskosten. Der Begriff "Rücktrittskosten" umfasse alle Aufwendungen, die Kunden einsetzten, um die Reise zu finanzieren und die sie nach der Stornierung vom Reiseunternehmen nicht erstattet bekämen. Dazu gehörten auch eingesetzte Bonusmeilen.

So würden jedenfalls verständige Verbraucher die Vertragsklausel interpretieren. Von einer Einschränkung auf Geld oder Gutscheine sei hier nicht die Rede.

Diese Auslegung entspreche auch dem Sinn und Zweck der Versicherung. Eine Reiserücktrittskostenversicherung decke das finanzielle Risiko ab, dass Verbraucher eine gebuchte Reise krankheitsbedingt nicht antreten könnten und stornieren müssten. Viele buchten ihre Reisen schon Wochen oder sogar Monate vor Reisebeginn — daher sei es sinnvoll, sich auf diese Weise abzusichern. Dabei spiele es für die Verbraucher aber keine Rolle, ob sie die Reise mit Geld oder mit Bonusmeilen finanzierten.

Reiserücktritt wegen Corona-Quarantäne

Wer trotz grassierender Pandemie eine Reise bucht, kann nicht wegen der Pandemie kündigen

Ein Münchner hatte im August 2021 für sich, seine Ehefrau und seinen Sohn bei einem Reiseveranstalter Urlaub auf Gran Canaria gebucht. Die einwöchige Reise zum Gesamtpreis von 3.456 Euro sollte im Januar 2022 stattfinden. Doch am ersten Weihnachtsfeiertag 2021 gab das Auswärtige Amt eine Reisewarnung für die kanarischen Inseln heraus und stufte sie als Hochrisikogebiet ein. Infolgedessen hätte die Familie nach der Rückkehr in Quarantäne gehen müssen.

Aus diesem Grund stornierte der Familienvater am 29.12.2021 die Reise und forderte vom Veranstalter den Reisepreis zurück. Wegen der behördlichen Reisewarnung könne er kostenlos vom Reisevertrag zurücktreten, meinte der Kunde. Wenn der Reiseveranstalter behaupte, solange die Corona-Pandemie mit ihren ständig schwankenden Infektionszahlen andauere, sei die Durchführung von Reisen "stets in der Schwebe", hätte er die Reise nicht anbieten sollen.

Dagegen pochte der Reiseveranstalter auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen: Bei einer Stornierung wenige Tage vor Reisebeginn berechne er Stornokosten in Höhe von 85 Prozent des Reisepreises (2.937 Euro). Dieser Betrag stehe dem Reiseunternehmen zu, entschied das Amtsgericht München (159 C 2718/22). Denn als der Kunde die Gran-Canaria-Reise buchte, habe er die mit der Corona-Pandemie verbundenen Risiken gekannt und bewusst in Kauf genommen.

Im August 2021 habe die Pandemie schon fast eineinhalb Jahre gedauert — mit stets auf die aktuelle Infektionslage angepassten staatlichen Auflagen und Einschränkungen. Unter diesen Umständen seien Reisende nicht mehr uneingeschränkt schutzbedürftig. Vielmehr habe der Kunde schon bei der Buchung damit rechnen müssen, dass die Reise möglicherweise durch pandemiebedingte Einschränkungen beeinträchtigt werden würde.

Die Behörden hätten in dieser Zeit ständig — je nach Infektionslage — bestimmte Länder und Inseln als Risikogebiete, Hochrisikogebiete und Virusvariantengebiete eingestuft und wieder zurückgestuft. Gran Canaria sei da nur eines von vielen Beispielen.

Die daraus folgende Quarantänepflicht hätte außerdem erst am Heimatort und nicht am Urlaubsort gegolten. Daher sei schon fraglich, ob diese Pflicht überhaupt noch als Beeinträchtigung der Reise zu bewerten sei. Auf jeden Fall habe der Kunde des Reiseveranstalters dieses Risiko einkalkulieren müssen.

Flug annulliert

Airline wollte zuerst Passagiere eines zuvor wetterbedingt ausgefallenen Flugs befördern: Entschädigung?

Für den 11.2.2020 hatte Herr X einen Flug von München über Abu Dhabi nach Phuket gebucht. Doch die Fluggesellschaft annullierte den ersten Teilflug. Sie wollte zuerst Passagiere nach Abu Dhabi fliegen, die sie am Vortag nicht hatte befördern können: Am 10.2. war der Flug nach Abu Dhabi ausgefallen, weil Sturmtief "Sabine" über München wütete und einen Start unmöglich machte.

Den Passagieren des am 11.2. annullierten Flugs bot die Airline einen Ersatzflug an, mit dem Herr X Phuket erreichte, allerdings mit 24 Stunden Verspätung. Dafür verlangte er vom Unternehmen 600 Euro Ausgleichszahlung gemäß EU-Fluggastrechteverordnung.

Dagegen pochte die Fluggesellschaft auf "außergewöhnliche Umstände": Am 10.2. sei ihr wegen des Sturms nichts anderes übriggeblieben, als den Flug nach Abu Dhabi zu "canceln". Und die Maschine, mit der Herr X am 11.2. nach Abu Dhabi hätte fliegen sollen, habe am 10.2. — auf dem Rückflug von Abu Dhabi nach München — statt in München erst einmal in Mailand landen müssen.

Doch das Amtsgericht Erding sah hier keine "außergewöhnlichen, für das Flugunternehmen nicht beherrschbaren Umstände" (113 C 4971/21). Die Maschine, die wegen des Sturms am Vortag in Mailand habe landen müssen, sei am 11.2. um 9.55 Uhr in München angekommen. Die Fluggesellschaft hätte also den Flug nach Abu Dhabi durchaus noch pünktlich durchführen können.

Diesen Flug habe das Unternehmen nicht wegen widriger Wetterbedingungen annulliert, sondern um die am Vortag gestrandeten Fluggäste zuerst an ihr Ziel zu bringen. Das sei eine freie unternehmerische Entscheidung und somit Bestandteil ihres normalen Geschäfts. Von "höherer Gewalt", der die Fluggesellschaft quasi ausgeliefert gewesen sei und die die planmäßige Durchführung des Flugs unmöglich gemacht habe, könne hier keine Rede sein. Das Unternehmen schulde Herrn X daher 600 Euro Ausgleich für die Flugverspätung.

Insolvente Airline führte Flüge durch

Passagiere können in so einem Fall keinen Ausgleich für eine Flugverspätung verlangen

Im April 2019 hatte Herr B bei einer Airline einen Flug auf die Seychellen gebucht und bezahlt: Der Hinflug sollte am 3.1.2020 in Frankfurt starten, der Rückflug erst am 4.4.2020 erfolgen. Doch im Dezember 2019 musste die Fluggesellschaft bei Gericht Insolvenz anmelden. Aus Kulanz führte sie trotzdem noch einige Flüge durch — für Passagiere, die ihre Tickets bereits bezahlt hatten.

Der Hinflug fand wegen eines technischen Defekts erst am 4.1.2020 statt. Im März führte die Airline im Auftrag des Auswärtigen Amts wegen der Corona-Pandemie Rückholflüge durch, die Herr B jedoch nicht wahrnehmen wollte. Sein Rückflug wurde einige Male umgebucht und wieder abgesagt. Schließlich organisierte B selbst einen anderen Flug für den 1. August.

Von der Fluggesellschaft forderte er Ausgleichszahlung für den verspäteten Hinflug, Rückzahlung des halben Ticketpreises für den Rückflug und Schadenersatz für Hotelkosten: Zwischen dem 4.4. und dem 1.8. habe er auf der Insel für ein Hotelzimmer 4.000 Euro ausgeben müssen.

Im konkreten Fall stehe dem Kunden aufgrund der Insolvenz keine Entschädigung gemäß EU-Fluggastverordnung zu, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt (13 U 280/21).

Wenn einmal über das Vermögen des Flugunternehmens das Insolvenzverfahren eröffnet sei, hätten die Fluggäste keinen Anspruch mehr darauf, dass gebuchte Flüge durchgeführt werden. Das gelte auch für B, dessen Flüge erst für 2020 gebucht waren, also nach dem Insolvenzantrag. Dass die Airline aus Kulanz und um ihren guten Ruf zu wahren, trotzdem 2020 noch einige Passagiere beförderte, sei ohne rechtliche Verpflichtung erfolgt, betonte das OLG.

Daher sei dieser Transport als unentgeltlich bzw. kostenlos anzusehen. Gemäß EU-Fluggastrechte-Verordnung gelte die Verordnung nicht für Fluggäste, die kostenlos oder zu einem reduzierten Tarif reisten, der nicht für jedermann verfügbar sei. Solche Fluggäste, somit auch Herr B, seien von der Verordnung ausgenommen. Auf deren Bestimmungen könne sich B also nicht berufen, um Schadenersatz und Ausgleichszahlung zu erhalten.

Das OLG hat die Revision gegen sein Urteil zum BGH zugelassen: Die Frage, ob eine aus Kulanz gewährte Beförderung eines insolventen Flugunternehmens als kostenlos im Sinne der EU-Fluggastrechteverordnung anzusehen sei, müsse vom obersten Zivilgericht endgültig entschieden werden.