Im Sommer 2019 nahm ein Münchner Ehepaar, passionierte Bergsteiger, an einer sechstägigen geführten Bergtour teil. Ein Münchner Bergreiseveranstalter bot die Tour mit berühmten Viertausendern im Schweizer Wallis zum Preis von 1.030 Euro pro Teilnehmer an. Für die Frau lief es von Anfang an nicht gut. Am Ende verklagte sie den Reiseveranstalter auf Rückzahlung der Bergführerkosten und Schadenersatz für die Kosten der selbst organisierten Heimreise.
Ihre Version der Bergtour: Schon am zweiten Tag habe sie unter Kopfschmerzen, triefender Nase und Atemnot gelitten. Am nächsten Tag habe sie mit Husten und Fieber acht Stunden bis zur Quintino-Sella-Hütte auf 3.600 Metern aufsteigen müssen. Die Bergführer hätten sie "wie einen Hund hinter sich hergezogen". Dann seien Schüttelfrost und eitriges Nasensekret dazugekommen und sie habe die Tour abbrechen müssen.
Sie habe die Bergführer gebeten, sie beim Abstieg zu begleiten oder einen Hubschrauber zu organisieren. Doch man habe ihr erklärt, den einfachen Abstieg könne sie alleine bewältigen. Zu ihrem Mann habe ein Führer gesagt, seine Frau benötige keinen Babysitter. Danach sei ihr Mann weiter aufgestiegen — was er nachträglich als Fehler sehe — und sie habe den langen Rückweg alleine gehen müssen.
In München sei dann ein Paukenerguss (Flüssigkeit im Innenohr, die zu Schmerzen und Schwindelanfällen führt) und eine akute Nasennebenhöhlenentzündung festgestellt worden. Die Bergführer hätten eine Kranke ihrem Schicksal überlassen, anstatt sie zur nächsten Klinik zu bringen — eine eklatante Pflichtverletzung.
Der Bergreiseveranstalter schilderte die Reise ganz anders: Die Teilnehmerin habe am zweiten Tag die Tour auf eigenen Wunsch fortgesetzt. Da ihr Ehemann am vierten Tag nicht absteigen wollte, habe es für die Bergführer keinen Grund für die Annahme gegeben, die Frau könnte den Abstieg allein nicht schaffen. Das Amtsgericht München entschied den Streit zu Gunsten des Reiseveranstalters (123 C 5705/20).
Es wäre sicher sinnvoll gewesen, eine kranke Bergsteigerin bei der Rückkehr zu begleiten, räumte das Gericht ein. Daraus sei aber kein Anspruch auf Rückzahlung von Bergführerkosten abzuleiten. Die Münchnerin habe eine Bergtour mit Führern gebucht. Wenn sie dabei krankheitsbedingt aufgeben müsse, liege das nicht im Verantwortungsbereich des Reiseveranstalters.
Da die Tour mit den anderen Teilnehmern beendet worden sei, habe der Veranstalter durch ihre Abreise keine Kosten für Bergführer eingespart. Und die Kosten für die Heimreise wären auch dann angefallen, wenn ein Bergführer die Frau zu einer Klinik begleitet hätte.