Passagiere können in so einem Fall keinen Ausgleich für eine Flugverspätung verlangen
Im April 2019 hatte Herr B bei einer Airline einen Flug auf die Seychellen gebucht und bezahlt: Der Hinflug sollte am 3.1.2020 in Frankfurt starten, der Rückflug erst am 4.4.2020 erfolgen. Doch im Dezember 2019 musste die Fluggesellschaft bei Gericht Insolvenz anmelden. Aus Kulanz führte sie trotzdem noch einige Flüge durch — für Passagiere, die ihre Tickets bereits bezahlt hatten.
Der Hinflug fand wegen eines technischen Defekts erst am 4.1.2020 statt. Im März führte die Airline im Auftrag des Auswärtigen Amts wegen der Corona-Pandemie Rückholflüge durch, die Herr B jedoch nicht wahrnehmen wollte. Sein Rückflug wurde einige Male umgebucht und wieder abgesagt. Schließlich organisierte B selbst einen anderen Flug für den 1. August.
Von der Fluggesellschaft forderte er Ausgleichszahlung für den verspäteten Hinflug, Rückzahlung des halben Ticketpreises für den Rückflug und Schadenersatz für Hotelkosten: Zwischen dem 4.4. und dem 1.8. habe er auf der Insel für ein Hotelzimmer 4.000 Euro ausgeben müssen.
Im konkreten Fall stehe dem Kunden aufgrund der Insolvenz keine Entschädigung gemäß EU-Fluggastverordnung zu, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt (13 U 280/21).
Wenn einmal über das Vermögen des Flugunternehmens das Insolvenzverfahren eröffnet sei, hätten die Fluggäste keinen Anspruch mehr darauf, dass gebuchte Flüge durchgeführt werden. Das gelte auch für B, dessen Flüge erst für 2020 gebucht waren, also nach dem Insolvenzantrag. Dass die Airline aus Kulanz und um ihren guten Ruf zu wahren, trotzdem 2020 noch einige Passagiere beförderte, sei ohne rechtliche Verpflichtung erfolgt, betonte das OLG.
Daher sei dieser Transport als unentgeltlich bzw. kostenlos anzusehen. Gemäß EU-Fluggastrechte-Verordnung gelte die Verordnung nicht für Fluggäste, die kostenlos oder zu einem reduzierten Tarif reisten, der nicht für jedermann verfügbar sei. Solche Fluggäste, somit auch Herr B, seien von der Verordnung ausgenommen. Auf deren Bestimmungen könne sich B also nicht berufen, um Schadenersatz und Ausgleichszahlung zu erhalten.
Das OLG hat die Revision gegen sein Urteil zum BGH zugelassen: Die Frage, ob eine aus Kulanz gewährte Beförderung eines insolventen Flugunternehmens als kostenlos im Sinne der EU-Fluggastrechteverordnung anzusehen sei, müsse vom obersten Zivilgericht endgültig entschieden werden.