So ein Anruf erreicht die Polizeiinspektion auch nicht alle Tage: Eines Abends teilte eine Frau mit, ihr Mann sei soeben "blau wie ein Veilchen" mit dem Auto nach Hause gekommen und habe einen "Unfall gebaut". Sofort brach ein Streifenwagen auf. Als die Polizisten bei dem Ehepaar eintrafen, beteuerte der notorische Verkehrssünder sofort lautstark, es sei "alles Unsinn". Er sei nicht gefahren.
Der Streit zwischen dem Paar eskalierte derart, dass die Beamten die Eheleute trennen mussten. Tatsächlich war der Betrunkene auf einen Wagen aufgefahren, der vor einer auf Rot geschalteten Ampel gewartet hatte. Dann war er an dem Wagen vorbeigefahren, streifte ihn dabei nochmals. Zuletzt überquerte er auf der Flucht die Kreuzung, während die Ampel immer noch auf Rot stand.
Das Amtsgericht verurteilte den einschlägig vorbestraften Mann wegen Unfallflucht und vorsätzlicher Trunkenheit im Verkehr zu sechs Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung. Der Führerschein wurde ihm entzogen. Da der Verkehrssünder die Tat bestritt und vor Gericht hartnäckig schwieg, stützte der Richter sein Urteil auf die Vorwürfe der Ehefrau. Vor Gericht stand sie dazu allerdings nicht mehr, sondern berief sich auf ihr Recht, die Aussage zu verweigern.
Der Angeklagte legte Revision ein: Ihm sei kein Vorsatz nachzuweisen. Außerdem hätte der Amtsrichter die früheren Angaben seiner Ehefrau ignorieren müssen. Wenn ein Zeuge von seinem Recht Gebrauch mache, in der Hauptverhandlung die Aussage zu verweigern, dürfe das Gericht auch frühere Äußerungen nicht verwerten, räumte das Oberlandesgericht Saarbrücken ein, sonst liefe das Zeugnisverweigerungsrecht ins Leere (Ss 70/2007 (78/07)). Das gelte aber nur für Aussagen, die der Zeuge im Rahmen einer Vernehmung gemacht habe.
Die Ehefrau sei von den Polizeibeamten aber nicht nach einer Auskunft gefragt, geschweige denn verhört worden. Sie habe von sich aus bei der Polizeiinspektion angerufen, als gegen ihren Mann noch keinerlei Tatverdacht bestand. Später habe die Frau vor den Beamten ("ungefragt, spontan und aus freien Stücken") ihre Aussage wiederholt. Deshalb habe das Amtsgericht seine Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten auf diese Aussage stützen dürfen.
Auch der Schuldspruch wegen vorsätzlicher Trunkenheit sei nicht zu beanstanden: Der mehrfach wegen Trunkenheit am Steuer vorbestrafte Angeklagte sei mit 1,81 Promille unterwegs gewesen und habe einige schwere, alkoholbedingte Fahrfehler begangen. Nach dem Unfall sei er weitergefahren, obwohl (oder besser: weil) er genau wusste, dass er betrunken und fahruntüchtig war.