Recht kurios

Kunstinstallation ohne "Wow-Effekt"

Die Auftraggeberin muss das Werk bezahlen, auch wenn es ihr nicht gefällt

Eine Münchnerin wollte mit einer Kunstinstallation ihr Treppenhaus verschönern. Sie suchte bei einer Vermittlerin (Kunstberaterin) im Katalog des Künstlers nach einer Vorlage und bestellte ein Hinterglasbild. Aufgesetzt auf ein Fenster im Treppenhaus, sollte das dort einfallende Licht das Bild auf die gegenüber liegende Wand "werfen" und spiegeln. Laut Auftrag sollte sich der Künstler bei der Installation an den Werken im Katalog orientieren, aber keine Kopie, sondern ein eigenständiges Werk anfertigen.

Mit dem Künstler besprach die Auftraggeberin in ihrem Haus die Konzeption. Im Sommer 2010 wurde das Kunstwerk eingebaut, das 4.500 Euro kostete. Die Kundin zahlte 2.250 Euro, bemängelte aber gegenüber der Kunstberaterin, der erhoffte "Wow-Effekt" durch die Installation stelle sich nicht ein. Es sei ihr darauf angekommen, im Treppenhaus eine Art "Sonnenuntergangsstimmung" zu schaffen. Die sei jedoch ausgeblieben.

Die Münchnerin behielt den Restbetrag und verlangte die Anzahlung zurück. Das ließ sich die Kunstberaterin nicht bieten: Die Installation entspreche den Vorgaben und müsse deshalb bezahlt werden. So sah es auch das Amtsgericht München (224 C 33358/10). Der Auftragnehmer habe seinen Teil des Vertrags erfüllt, dazu sei auch die Auftraggeberin verpflichtet.

Wer ein Kunstwerk in Auftrag gebe, müsse sich vorher mit den künstlerischen Eigenarten und Methoden des Auftragnehmers vertraut machen. Künstler gestalteten ihre Werke frei und in eigener Verantwortung. Der Auftraggeber trage das Risiko, ein Werk zu bekommen, das ihm nicht gefalle. Es sei vertragsgemäß, sofern die tragende Idee umgesetzt werde.

Anders liege der Fall, wenn die künstlerische Freiheit von vornherein vertraglich begrenzt werde. Wenn der Auftraggeber ein Werk nach einem bestimmten Entwurf und genau nach Vorgabe bestelle. So eine Abrede habe es hier aber nicht gegeben, im Gegenteil: Die Kundin habe ein "eigenständiges Werk" bestellt.

"DDR-Bürger" wird Führerschein los

Busfahrer bezweifelt die Existenz der BRD in Thüringen, die Justiz bezweifelt seine Zurechnungsfähigkeit

Nachfolgend ein Beispiel dafür, wie man vor Gericht eher nicht gegen einen Bußgeldbescheid argumentieren sollte … Ein Busfahrer aus Thüringen war 2009 in einer Ortschaft ein bisschen zu schnell gefahren und hatte seinen Sicherheitsgurt nicht angelegt. Das brachte ihm einen Bußgeldbescheid über 50 Euro plus 73,50 Euro Verwaltungskosten und einen Punkt in Flensburg ein. Der Mann zahlte nicht und widersprach dem Bußgeldbescheid, denn ihm ging es ums Grundsätzliche.

Vor dem Amtsgericht legte der Busfahrer richtig los: Er sei "Staatsangehöriger der DDR" und habe "das Recht auf Selbstverwaltung nach Art. 9 einer UN-Resolution". Das Ordnungswidrigkeitengesetz der BRD sei in der DDR aufgehoben. Daher sei das Gericht nicht befugt, ihm Bußgeld aufzuerlegen. Diese Rechtslage müsse erörtert werden und der Richter nachweisen, dass er tatsächlich ein Richter sei.

Das Gericht stellte daraufhin das Verfahren ein — das sollte sich aber für den Verkehrssünder als Pyrrhussieg erweisen. Denn der Amtsrichter schickte die Gerichtsakte zur Führerscheinstelle des Landratsamts und meldete Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit des Autofahrers an.

Als der Busfahrer einige Monate später seine Fahrerlaubnis verlängern lassen wollte, forderte die Behörde ein ärztliches Gutachten: Bei ihm könnten Gesundheitsstörungen vorliegen, die seine Eignung als Kraftfahrer beeinträchtigten. Das müsse überprüft werden. Da der Busfahrer dies ablehnte, entzog ihm die Behörde den Führerschein.

Vergeblich wehrte sich der Mann gegen die Maßnahme: Das Verwaltungsgericht Meiningen billigte sie (2 K 297/11 Me). Wenn der Verkehrssünder kein Sachverständigengutachten vorlege, dürfe die Verkehrsbehörde daraus schließen, dass er zum Führen eines Kfz ungeeignet sei. Nur ein Gutachten könne die Zweifel an seiner Eignung, Kraftfahrzeuge zu führen, ausräumen.

Diese Zweifel gründeten sich nicht auf irgendeinen anonymen Hinweis, sondern hätten eine solide Basis: Immerhin gebe es protokollierte Feststellungen eines Amtsrichters. Wer die Rechtsordnung der BRD nicht respektiere, könnte auch Verkehrsregeln missachten.

Hundezüchter werfen Vereinsmitglied 'raus

Sein Vergehen: Er wollte den Umgang mit Vereinsvermögen diskutieren

Ein Rassehund-Zuchtverein hielt im Mai 2011 eine Mitgliederversammlung ab. Einige Mitglieder hatten vorher schriftliche Anträge gestellt. Die meisten befassten sich kritisch mit den Ausgaben des Vereins. Manche schlugen auch vor, es mit neuen Medien zu versuchen, weil es etwas altmodisch sei, eine Vereinszeitschrift in Papierform zu publizieren.

Während der Versammlung meldete sich Mitglied X und wollte über diese Anträge diskutieren. Die Vorstandsmitglieder fanden das "voll daneben": Sie hielten die Anträge für diffamierend und ehrverletzend. Nach einigem Hin und Her wurde beschlossen, X aus dem Verein auszuschließen. Mitglied X wehrte sich und zog vor Gericht: Er habe niemanden angegriffen und den Verein nicht geschädigt. Der Beschluss sei unwirksam.

So sah es auch das Amtsgericht München (251 C 14702/11). Gerichte könnten das Tun und Lassen von Vereinen zwar nur eingeschränkt kontrollieren, betonte die Amtsrichterin. Grundsätzlich seien diese autonom und regelten ihre Angelegenheiten mit der Vereinssatzung selbst. Im konkreten Fall sei jedoch unbillig und willkürlich vorgegangen worden. Der Ausschluss könne daher keinen Bestand haben.

Die kritische Nachfrage, ob mit dem Vereinsvermögen sparsam genug umgegangen wurde, rechtfertige keinen "Rauswurf". Eine Kassenprüfung sei in einem Verein etwas Alltägliches. Die Verwendung von Geldern zu kontrollieren und darüber Rechenschaft abzulegen, gehöre zum klassischen Aufgabenbereich eines Kassenprüfers. Vorstand und Kassenprüfer müssten sich kritische Fragen dazu gefallen lassen.

Sexuelle Belästigung einer Kollegin ...

… rechtfertigt jedenfalls nach Abmahnung in ähnlichem Fall eine fristlose Kündigung

Der Produktmanager einer Möbelhandelsfirma war 2007 bereits vom Arbeitgeber abgemahnt worden, weil er das Hinterteil einer Verkäuferin getätschelt hatte. 2008 ging der Mann einer 26 Jahre alten Einkaufsassistentin mit anzüglichen Bemerkungen sexuellen Inhalts auf die Nerven. Ob sie wohl für ihn ihre körperlichen Reize so zur Schau stelle, fragte der 58-Jährige, und wie ihr Sexualleben denn so aussehe. Am nächsten Tag machte er ihr explizit ein einschlägiges Angebot.

Die Assistentin meldete die grobe Anmache dem Arbeitgeber, der dem Manager fristlos kündigte. Bei einem Gespräch sagte der Angestellte verständnislos, er habe die Kollegin doch nur "geneckt". Die Abmahnung von 2007 habe sich auf einen Vorfall anderer Art bezogen und dürfe hier keine Rolle mehr spielen. Der Manager hielt die Kündigung deshalb für unwirksam.

Doch seine Kündigungsschutzklage scheiterte beim Bundesarbeitsgericht (2 AZR 323/10). Die Kündigung sei gerechtfertigt, denn der Manager habe die Kollegin wiederholt zum Sexualobjekt erniedrigt, so das Gericht. Für ihn und alle Zeugen sei objektiv erkennbar gewesen, dass seine anzüglichen Sprüche unerwünscht waren. Dass der Arbeitnehmer sein Verhalten selbst anders einschätzte, sei unerheblich.

Anders als die Vorinstanz gingen die Bundesrichter davon aus, dass ähnliche Fehltritte für die Zukunft zu erwarten seien. Die Warnfunktion der Abmahnung habe der Manager ignoriert. Die habe sich nicht nur auf physische "Attacken" beschränkt, wie sie schon vorgekommen waren. Eine Kollegin verbal zu belästigen, gehöre zum gleichen Spektrum des Fehlverhaltens. Der Arbeitgeber sei verpflichtet, sein weibliches Personal effektiv vor weiterer sexueller Belästigung zu schützen.

Hausverlosung im Internet

Öffentliche Glücksspiele im Internet und die Reklame dafür sind unzulässig

Der Hauseigentümer beschäftigte die Justiz schon länger: Zuerst hatte das Innenministerium von Brandenburg sein Vorhaben als öffentliches Glücksspiel verboten. Der Mann hatte eine Erlaubnis dafür beantragt, im Internet sein Haus zu verlosen. Obwohl sie ihm verweigert wurde, warb er weiterhin auf seiner Website für die "erste legale Hausverlosung" in Deutschland.

Und die sollte so ablaufen: Für schlappe 59 Euro konnten sich Internetnutzer ein Los reservieren lassen. 13.900 Lose bot der Hauseigentümer insgesamt an. Sobald sich so viele Mitspieler (d.h. Zahler!) fanden, wollte er die Verlosung durchführen und das Hausgrundstück dem Gewinner übergeben. Doch seine juristischen Schritte gegen das Verbot blieben erfolglos.

Auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg stufte die Hausverlosung als unzulässiges Glücksspiel ein und versagte dem Antragsteller im Eilverfahren den vorläufigen Rechtsschutz gegen das Verbot (OVG 1 S 20/11). Im Internet öffentliche Glücksspiele zu veranstalten (oder zu vermitteln) und dafür zu werben, sei verboten, so die Richter.

Wenn der Hauseigentümer Teilnahmebestätigungen mit der Post verschicke, ändere das nichts. Ohne die Nutzung des Internets sei die Verlosung schlechterdings undurchführbar. Daher sei die ganze Aktion rechtswidrig und strafbar. (Vermutlich hat der Hauseigentümer nicht zufällig mittlerweile seinen Wohnsitz nach Österreich verlegt.)

Darüber müsse zwar im Hauptsacheverfahren noch entschieden werden, betonten die Richter. Doch spreche allein schon der zu erwartende Nachahmungseffekt dagegen, die Verlosung vorläufig freizugeben.

Gezänk um die letzte Ruhestätte

Mutter bestreitet Entscheidungsbefugnis der Lebensgefährtin des verstorbenen Sohnes

Legt jemand z.B. in einer Vorsorgevollmacht fest, wo er begraben werden will, ist das für die Angehörigen verbindlich. Im konkreten Fall wäre auf diese Weise den Beteiligten ein hässliches Tauziehen erspart geblieben, doch der Mann hatte diese Frage nicht geregelt. Vor seinem Tod hatte er ein gutes Jahr lang mit seiner Lebensgefährtin in Dinkelsbühl zusammengelebt. Diese ließ den Leichnam einäschern und auf dem Dinkelsbühler Friedhof beisetzen.

Dagegen klagte die Mutter des Verstorbenen: Die Urne des Sohnes müsse an ihren Wohnsitz in Baden-Württemberg verlegt werden, meinte die Mutter. Ihr Sohn habe sicher nicht in Dinkelsbühl bestattet werden wollen, dort habe er außer seiner Lebensgefährtin keine Angehörigen. Diese Frau habe sich eigenmächtig über ihr Recht als Mutter und nächste Verwandte hinweggesetzt, den Begräbnisort zu bestimmen. Doch: Auch die so gescholtene Lebensgefährtin behauptete, sie habe gemäß dem letzten Willen des Verstorbenen gehandelt.

Da dieser die Angelegenheit nicht selbst geregelt habe und die Hinterbliebenen widersprüchlich argumentierten, so das Landgericht Ansbach, entscheide die Totenfürsorgeberechtigte: Und das sei die Lebensgefährtin (1 S 1054/11). Das Recht der Totenfürsorge übe in erster Linie derjenige aus, den der Verstorbene damit beauftragt habe. Das müssten nicht die Angehörigen sein, wenn der Verstorbene mit seiner Lebensgefährtin in eheähnlicher Gemeinschaft zusammengelebt habe. Sie habe die Beerdigung organisiert und alle damit verbundenen Formalitäten erledigt. Ihr stehe auch das Recht zu, über den Ort der Beisetzung zu entscheiden.

Kölner Karneval ohne Glasflaschen

"Glasverbot" der Stadt Köln für die "tollen Tage" war rechtmäßig

Vor zwei Jahren sprach die Stadt Köln das unerhörte Machtwort: Im Endspurt des Karnevals sei es für die "Jecken" verboten, im Freien Glasflaschen oder Trinkgläser zu benutzen und bei sich zu tragen. Das Verbot galt für Teile der Kölner Innenstadt (Altstadt, Zülpicher Viertel u.a.). Lebensmittelhändler durften dort keine Getränke in Glasflaschen verkaufen.

Ein Bürger und ein Kioskbetreiber klagten gegen diese städtische Anordnung und stießen beim Verwaltungsgericht Köln auf Verständnis: Die Gefahrenschwelle werde durch Trinken aus Gläsern und den Verkauf von Flaschen nicht überschritten.

Die Kommune legte gegen das Urteil Berufung ein, mit der sich das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen kürzlich aus aktuellem Anlass befasste (5 A 2375/10, 5 A 2382/10). Im Straßenkarneval führten die Kölner Karnevalisten massenhaft Gläser und Glasflaschen mit sich, stellte das OVG fest. Häufig genug würden sie ordnungswidrig entsorgt, mit anderen Worten: auf der Straße weggeworfen.

Die unübersehbare Masse an Glas und Scherben in einer Menge dicht gedrängt feiernder Menschen sei gefährlich — auch und gerade wegen des massenhaften Alkoholkonsums. Durch Scherben drohten Schäden wie Schnittwunden, Reifenpannen, die Behinderung von Rettungsfahrzeugen etc. Dass die Stadt dem vorbeugen wolle, sei nicht nur nachvollziehbar, sondern geboten. Das Verbot sei rechtmäßig.

Eifersüchtiger "Angreifer"

Nebenbuhler fährt bei seinem Anblick in Panik mit dem Auto rückwärts an einen Baum

Autofahrer A brachte nach einem Abend in der Disco gegen 2.30 Uhr früh seine neue Freundin K nach Hause. Bei laufendem Motor verabschiedete er sich von ihr. Während dessen kam K‘s Ex-Freund M, bei dem sie noch wohnte, aus der Haustüre. Barfuß und mit freiem Oberkörper, obwohl es Januar war. M lief auf das Auto zu. Da legte A den Rückwärtsgang ein und fuhr langsam an. M riss die Fahrertür auf. A fuhr unbeirrt rückwärts, auch als die Fahrertür gegen einen Laternenpfahl prallte.

M stieß ebenfalls gegen den Pfahl und blieb dann stehen. Trotzdem fuhr A immer weiter rückwärts, streifte einen geparkten Wagen und landete schließlich an einem Baum. Die Reparatur des Autos kostete rund 5.000 Euro. Dafür forderte er von M Schadenersatz. Begründung: Weil der ihm so zusetzte, habe er versucht, der Attacke durch Wegfahren zu entkommen. Also sei M für den Unfall verantwortlich.

Diese Ansicht teilte das Oberlandesgericht Saarbrücken nicht (8 W 182/11). Wenn jemand so bedroht werde, dass er sich in Panik selbst schädige — z.B. aus Angst von einem Balkon springe und verletze —, hafte dafür der Aggressor. Vorausgesetzt, er habe eine der Drohung angemessene Reaktion des Bedrohten geradezu herausgefordert. A’s wilde Flucht sei aber nicht M anzukreiden.

A habe völlig überzogen und unvernünftig reagiert. Es sei nicht nachvollziehbar, warum er blindlings sein Auto zurücksetzte und sogar nach der Kollision mit dem Laternenpfahl noch weitere 40 Meter rückwärts fuhr, bis er gegen den Baum prallte. Offenbar habe das Erscheinen von M bei A eine Panik ausgelöst. Dabei musste er gar nicht befürchten, dass M ihn körperlich angreifen wollte.

Allein der Umstand, dass der Ex-Freund von K barfuß und mit nacktem Oberkörper angerannt kam, belege keinesfalls dessen "unbedingte Bereitschaft, Gewalt anzuwenden", wie A meine. Das bringe nur zum Ausdruck, wie aufgewühlt M gewesen sei. Der eifersüchtige Mann habe den Konkurrenten zur Rede stellen wollen und aufgeregt die Fahrertüre aufgerissen. Das sei kein Angriff, an dem gemessen A’s Reaktion als verständlich und adäquat zu bewerten wäre.

Spielsüchtiger vereinbart mit Casino Sperre

Spielbank darf sie nicht ohne Prüfung der Suchtgefahr aufheben

Jahrelang spielte der Mann und verlor am Roulette-Tisch viel Geld. Anfang 2004 bat er die Casino-Betreiber, ihn deutschlandweit in all ihren Spielbanken vom Spiel auszuschließen. Sie verhängten daraufhin gegen ihn eine Spielsperre für sieben Jahre. Per E-Mail bat der Spieler zweieinhalb Jahre später, die Sperre aufzuheben: Seine finanzielle Lage habe sich "normalisiert".

Die Spielbank-GmbH ließ sich von Creditreform die Bonität des Gesperrten bestätigen und hob die Spielsperre auf. Bis März 2008 verzockte er beim Roulette weitere 240.000 Euro. Nun verlangte seine Ehefrau, der er seine Ansprüche abgetreten hatte, Schadenersatz: Die Spielbank-GmbH habe ihren Mann pflichtwidrig am Glücksspiel teilnehmen lassen.

So sah es auch der Bundesgerichtshof (III ZR 251/10). Eine Spielsperre sei ein Vertrag: Ein Spielsüchtiger erkenne, dass er sich selbst gefährde, und verstelle sich mit Hilfe der Spielbank den Zugang. Sie erkläre sich einverstanden damit, den Spieler vor hoffnungsloser Überschuldung durch Glücksspiel zu bewahren. Dazu sei das Unternehmen dann auch verpflichtet - selbst dann, wenn der Spieler wieder "loslegen" wolle.

Wenn das Casino dem Wunsch, die Sperre aufzuheben, einfach nachgeben dürfte, wäre die Sperre von vornherein sinnlos. Die Spielbank müsse sich vorher vergewissern, dass die Gründe, die dazu geführt haben, nicht mehr bestehen — dass also der Spieler nicht mehr vor sich selbst geschützt werden müsse. Allein ein zeitlicher Abstand gewährleiste nicht, dass der Spieler nun zu kontrolliertem Spiel in der Lage sei.

Ob das zutraf, habe die Spielbank nicht geprüft und damit ihre Pflicht aus dem Sperrvertrag verletzt. Deshalb müsse sie Schadenersatz leisten. Dass sie Creditreform um Auskunft gebeten habe, entlaste die Spielbank nicht. Das Einkommen des Spielers habe nichts mit dem Kern des Problems zu tun. Ein Spieler lasse sich ja nur dann freiwillig sperren, wenn er es sich selbst nicht zutraue, angesichts von Verlusten oder gar drohendem Ruin mit dem Spielen aufzuhören.

Tätowierstudio ohne Preisaushang

Das geht in Ordnung: Preise für so individuelle Leistungen sind nicht vergleichbar!

Gemäß der Preisangabenverordnung müssen Dienstleister wie z.B. Friseure ein Preisverzeichnis in ihrem Laden bzw. im Schaufenster anbringen. Das soll für die Verbraucher Klarheit schaffen und es ihnen ermöglichen, die Preise unterschiedlicher Anbieter für Dienstleistungen zu vergleichen. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg hatte darüber zu entscheiden, ob diese Pflicht auch für Tätowierstudios gilt.

Das OLG verneinte dies und wies die Klage eines Vereins zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs ab (5 U 207/10). Der Verein wollte es einem Tätowierer verbieten lassen, seine Leistungen ohne Aushang eines Preisverzeichnisses anzubieten. Das sei lebensfremd, urteilte das OLG: Die Leistung eines Tätowierstudios sei nicht zu vergleichen mit derjenigen eines Friseurs, der überwiegend standardisierte Leistungen erbringe (Waschen, Schneiden, Föhnen etc.).

Eine Tätowierung verlaufe vollständig individuell — nach den Wünschen und gemäß den physischen Voraussetzungen des Kunden. Da werde erst das Motiv des Tattoos, dessen Größe und die Farben je nach Hautbeschaffenheit ausgewählt, der Tätowierer zeichne dann einen (eventuell zu korrigierenden) Entwurf. Wie viel Zeit er anschließend für das Werk benötige, hänge von dessen Umfang, aber auch vom Ort der Tätowierung auf dem Körper ab.

Angesichts der Bandbreite und Vielfältigkeit von Tätowierungen (belegt durch Fotos des Studios und durch das Fachmagazin "Tattoo-Spirit") sei dies als künstlerische Tätigkeit einzustufen, für die bei den Preisangaben eine Ausnahmeregelung gelte. Derart individuelle Leistungen in das Schema einer Preisliste zu pressen, erscheine kaum praktikabel. So eine Liste würde für die Kunden keine Transparenz herstellen. Denn die Preise seien wegen der Besonderheit der jeweiligen Leistung von vornherein nicht vergleichbar.

Risikoausschluss für Sexspiele

Für die Folgen riskanter Sexspiele muss die private Haftpflichtversicherung nicht aufkommen

Seine Bekannte, Frau R, habe sich schon öfter in seiner Wohnung auf "sexuell motivierte Spielchen" eingelassen, die ihr leichte Schmerzen bereiteten. So schilderte Herr M ihre Beziehung. An einem Abend ging er deutlich zu weit. Frau R legte sich einen Gürtel um den Hals, was M als Aufforderung verstand, eines der "Spielchen" zu wiederholen und den Gürtel zuzuziehen, als wolle er sie strangulieren.

Er zog sie — mit den Worten "Auf die Knie, Sklavin" — zu Boden und führte sie am Gürtel wie einen Hund hinter sich her durch das Wohnzimmer. Kurz vor der Schlafzimmertür wurde Frau R bewusstlos. Als M das bemerkte, lockerte er den Gürtel. Am nächsten Tag wurden bei Frau R u.a. eine Schädelprellung und ein Schleudertrauma an der Halswirbelsäule diagnostiziert.

Wegen fahrlässiger Körperverletzung verdonnerte ihn das Amtsgericht zu einer Geldbuße an die Staatskasse, an Frau R musste er 2.500 Euro Schmerzensgeld zahlen. Das Urteil kostete ihn insgesamt 2.625 Euro. Diesen Betrag verlangte M von seiner privaten Haftpflichtversicherung. Doch die winkte ab und verwies auf ihre Versicherungsbedingungen: Vorsätzlich herbeigeführte Schäden sowie Gefahren durch "ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigungen" seien nicht versichert.

Der Haftpflichtversicherer habe die Leistung zu Recht abgelehnt, entschied das Oberlandesgericht Hamm (20 U 10/11). Vorsätzlich habe M zwar nicht gehandelt, zumindest nicht, was die Verletzungen betraf. Aber ungewöhnlich und gefährlich seien die Sexspiele allemal gewesen.

Dass es objektiv riskant sei, zwecks sexueller Stimulation bei einer Person künstlich Luftnot zu erzeugen, liege auf der Hand. Sie an dem Gürtel auf allen Vieren kriechend durch die Wohnung zu führen, erst recht. M habe den Gürtel einige Male gelockert und wieder zugezogen, um Frau R zum "Weitermachen zu ermuntern". So ein Vorgehen könne die Luftröhre abschnüren und sogar lebensbedrohlich sein.

Gerichtsvollzieher erhält keinen Waffenschein

Dieser Berufsstand braucht keine Waffe für Gefahrensituationen

Herr W ist Gerichtsvollzieher in Baden-Württemberg. Beim Justizministerium beantragte er 2008 einen Waffenschein für den dienstlichen Gebrauch. Begründung: Die Drohungen mit körperlicher Gewalt und Beleidigungen durch teils angetrunkene Schuldner häuften sich. Der Antrag wurde abgelehnt. W's Klage gegen diesen Bescheid blieb beim Verwaltungsgericht Stuttgart ebenfalls ohne Erfolg (5 K 521/10).

Auch wenn es mitunter zu Aggressionen ihnen gegenüber komme: Im Prinzip sei der Berufsstand der Gerichtsvollzieher durch Angriffe auf Leib und Leben nicht erheblich gefährdet. In Baden-Württemberg hätten nur 14 von 566 Gerichtsvollziehern einen Waffenschein, in Bayern etwas mehr.

Herr W habe keine konkrete Gefahr darlegen können, die den Einsatz einer Waffe notwendig machte. Im Fall des Falles könne er knifflige Situationen durch Strategien der Deeskalation, durch das Hinzuziehen von Zeugen, durch die Hilfe von Polizeibeamten oder durch den Abbruch der Zwangsvollstreckung entschärfen.

Bedenklich sei das Argument von W, er müsse Zwangsvollstreckungen schnell und nachdrücklich ausführen. Dazu tauge eine Waffe als Mittel überhaupt nicht. Es gehöre nicht zu den Aufgaben eines Gerichtsvollziehers, eine Zwangsvollstreckung "um jeden Preis" durchzusetzen. Rechtswidrig wäre es, eine Waffe dazu zu gebrauchen, Schuldner zu "nötigen".

Liebenswerter Nachbar

Reihenhausbesitzer müllt Terrasse seines Kontrahenten zu: Unterlassungsklage erfolgreich

In einer Münchner Reihenhausanlage stritten zwei Nachbarn hartnäckig miteinander. Da Herr A lautstark verkündet hatte, er werde das Nachbargrundstück von Herrn B "zumüllen", vermutete jeder in A den Übeltäter, als auf der Terrasse von B ein Berg Hausmüll abgeladen wurde. Doch niemand hatte ihn gesehen.

Anders beim zweiten Mal, als Herr B nach einem Kurzurlaub mit seiner Frau wieder einen Haufen Müll auf der Terrasse vorfand. Diesmal meldete sich sofort eine Nachbarin. Sie habe nachts draußen nach ihrer Katze gesehen und dabei beobachtet, wie Herr A einen Müllsack auf die Terrasse warf.

Nun forderte Herr B vom Störenfried eine Unterlassungserklärung - zu Recht, wie das Amtsgericht München entschied (231 C 28047/10). Als Eigentümer des Grundstücks könne Herr B verlangen, dass A seine Terrasse nicht mehr beeinträchtige. Dass er es war, der beim zweiten Mal den Unrat im Garten abgeladen habe, stehe fest.

Das Gericht ging davon aus, dass Hauseigentümer A auch beim ersten Mal der Täter und zudem finster entschlossen war, die "Müllaktion" zu wiederholen. Sollte sich das bewahrheiten, drohe ihm Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten.

Partnersuche im Internet

Für Partner-Onlineplattformen gelten die vereinbarten Kündigungsfristen

Sind Partner-Onlineplattformen Dienstleister mit besonderer Vertrauensstellung und Verträge mit ihnen daher jederzeit und ohne Angabe von Gründen kündbar? Darum ging es in einem Prozess vor dem Amtsgericht München.

Herr N war 2010 Mitglied bei einer Internetagentur für Partnersuche geworden, erst einmal für drei Monate. Nach den Vertragsbedingungen verlängerte sich die Mitgliedschaft automatisch um ein halbes Jahr, wenn sie nicht spätestens vier Wochen vor Ablauf des Vierteljahres gekündigt wurde. Herr N kündigte eine Woche vor dem Ende der drei Monate.

Nun pochte die Betreiberin der Onlineplattform auf die vereinbarte Kündigungsfrist: Frühestens nach Ende des halben Jahres Verlängerung könne N kündigen, für dieses Halbjahr schulde er ihr 299 Euro. Das bestritt Herr N: Partnerschaftsvermittlungen seien Dienstleister mit besonderer Vertrauensstellung. Solche Dienstverhältnisse (wie z.B. Arzt/Patient) seien jederzeit kündbar.

Das sei im Prinzip richtig, bestätigte das Amtsgericht München, gelte aber nicht für Online-Dienste (172 C 28687/10). In einer klassischen Partnervermittlung erstelle der Vermittler nach persönlichem Gespräch mit dem Kunden ein Persönlichkeitsprofil und unterbreite dementsprechend Partnervorschläge. Dafür seien Diskretion und viel Taktgefühl erforderlich. Deshalb werde hier den Kunden ein außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt, damit sie sich aus dem Vertrag lösen könnten, wenn dieses besondere Vertrauen gestört sei.

Onlineplattformen erstellten für ihre Kunden computergesteuert ein Persönlichkeitsprofil und böten ihnen die Möglichkeit, Kontakt zu anderen Mitgliedern aufzunehmen. Von einem besonderen Vertrauensverhältnis zwischen den Vertragspartnern könne hier keine Rede sein, da kein persönlicher Kontakt zu Beratern bestehe. Die Leistung einer Internet-Partnervermittlung basiere auf mathematischen Algorithmen und vollziehe sich vollautomatisch.

Anders als bei der Beziehung Arzt/Patient oder Anwalt/Mandant oder eben einer klassischen Partnervermittlung sei dies kein "Dienstverhältnis höherer Art", das auf persönlichem Vertrauen gründe. Für Partner-Onlineplattformen gelten daher die vereinbarten Kündigungsfristen.

Endlosstreit um die Marke "Bayerisches Bier"

Unerhört: Anwältin bestreitet die "besondere Qualität" des bayerischen Bieres!

Das lange Tauziehen zwischen dem Bayerischen Brauerbund und der niederländischen Brauerei Bavaria geht in die nächste Runde. Die Bayern sind der Meinung, dass ein niederländisches Bier namens "Bavaria" die geschützte geographische Herkunftsbezeichnung "Bayerisches Bier" verletzt.

Auf Antrag der deutschen Bundesregierung war diese Bezeichnung 2001 EU-weit geschützt worden. Weil die holländische Bavaria-Brauerei aber schon 1995 ihren Namen als Marke in Deutschland hatte registrieren lassen, entschied der Europäische Gerichtshof wegen der älteren Rechte zu ihren Gunsten: Die Bezeichnung "Bayerisches Bier" sei nachrangig - der Bayerische Brauerbund könne deshalb kein Verbot des Namens "Bavaria-Bier" durchsetzen.

Der ließ aber nicht locker und kämpfte bei deutschen Gerichten weiter. Der Bundesgerichtshof verwies den Rechtsstreit zurück ans Oberlandesgericht München und machte den bayerischen Brauern wieder etwas Hoffnung (I ZR 69/04). Nach deutschem Markenrecht könnte trotz der älteren Rechte der Bavaria-Brauerei ergänzender Schutz für die Marke "Bayerisches Bier" möglich sein, wenn bayerisches Bier eine "besondere Qualität" oder einen "besonderen Ruf" habe.

Das verneinte die deutsche Anwältin der niederländischen Brauerei schon im Voraus: In Bayern gebe es "zig, wenn nicht hunderte verschiedener Brauarten, so dass ein typisches bayerisches Bier nicht mehr existiere", erklärte sie den Bundesrichtern. Bayerisches Bier habe weder eine besondere Qualität, noch besonderes Ansehen. Darüber sollen nun die (vermutlich sachkundigen?) Münchner Richter entscheiden.

Bei der Rentner-Wallfahrt verletzt

Eine Seniorin stürzt und reißt eine andere zu Boden: Schmerzensgeld?

Zwei alte Frauen - sie kannten sich nicht - nahmen an einer Rentner-Wallfahrt teil. Zufällig gingen sie nebeneinander her, Frau A auf dem Gehweg und Frau B auf der Straße. Plötzlich stürzte Frau A und riss unabsichtlich Frau B mit um. Während Frau A wieder aufstehen konnte und weiter ging, schlug Frau B beim Hinfallen unglücklich mit dem Kopf auf. Sie verletzte sich am Kopf und erlitt zudem einen Oberschenkelhalsbruch.

Mit dem Rettungswagen wurde Frau B in eine Klinik gebracht und mehrmals operiert. Es folgte eine langwierige Rehabilitationsmaßnahme. Von Frau A forderte die Verletzte 5.000 Euro Schmerzensgeld, weil diese schuldhaft ihren Sturz verursacht habe. Unsinn, meinte die Beschuldigte: Sie habe das Gleichgewicht verloren und sei unfreiwillig hingefallen. Von Schuld könne da doch keine Rede sein.

Doch das Landgericht Mühlhausen sah das anders und sprach Frau B die geforderte Summe zu (1 O 846/10). Im Fallen habe Frau A natürlich keine Kontrolle mehr über ihren Körper gehabt. Sie habe Frau B durch eine unwillkürliche Bewegung mitgezogen. Ihren eigenen Sturz habe sie aber selbst ausgelöst. Warum Frau A stolperte, habe sie nicht erklären können.

Wenn keine Umstände vorlägen, die auf Fremdeinwirkung hindeuteten, gelte in solchen Fällen der Grundsatz: Wer auf einem Gehweg stürze, habe nicht genug aufgepasst. Der Unfall sei auf die Unachtsamkeit von Frau A zurückzuführen, was zumindest den Vorwurf leichter Fahrlässigkeit begründe. Angesichts der gravierenden Folgen für Frau B sei eine Entschädigung von 5.000 Euro angemessen.

Videoüberwachung von Arbeitnehmern

In der Regel nur bei konkretem Verdacht erlaubt, im Casino aber Pflicht

Ob Arbeitnehmer es sich gefallen lassen müssen, bei der Arbeit gefilmt zu werden, hängt weitgehend vom Charakter des Betriebs ab. Grundsätzlich gilt: Verdächtigt ein Arbeitgeber Mitarbeiter, Geld zu unterschlagen, muss er dafür konkrete Anhaltspunkte haben - andernfalls ist eine heimliche Videoaufnahme zur Kontrolle unzulässig.

Das musste zum Beispiel eine Brauerei erfahren, die zwei Mitarbeitern gekündigt hatte: Sie warf ihnen vor, die ausgeschenkten Biere nicht korrekt abzurechnen. Dieser Verdacht war dem Arbeitsgericht Düsseldorf "zu pauschal". Deshalb ließ es die Videoaufnahmen aus dem Schankraum nicht als Beweismittel zu und erklärte die Kündigungen für unwirksam (11 Ca 7326/10).

Ganz anders im Casino: Eine Spielbank darf mit Aufzeichnungen nicht erst dann beginnen, wenn gegen einen Mitarbeiter bereits der dringende Verdacht einer strafbaren Handlung besteht.

Einen entsprechenden Beschluss der Einigungsstelle - das ist ein Gremium, das bei Streitigkeiten zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat vermittelt - kippte das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg (6 TaBV 851/11). Bei Spielbanken widerspreche so eine Praxis den Absichten des Gesetzgebers, betonte das LAG.

Der Gesetzgeber habe angeordnet, dass der Spielbetrieb durchgängig per Video überwacht wird (Spielbankengesetz Berlin). In Spielsälen, an Spieltischen und Spielautomaten, im Kassenbereich und in den Zählräumen müsse das Geschehen laufend aufgezeichnet werden. Dabei sollten grundsätzlich die beteiligten Personen erkennbar sein. Live-Aufnahmen und deren Auswertung seien hier nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Pietätlose Werbung für ein Grabmal?

Nach einem Todesfall dürfen Steinmetzunternehmen nicht sofort Werbeschreiben verschicken …

Eine Steinmetzfirma, die mit Grabsteinen handelt, ließ regelmäßig die Todesanzeigen in der örtlichen Tageszeitung sichten. Wer immer den Tod eines Angehörigen anzeigte, erhielt nach einer Weile auf dem Postweg ein Werbeschreiben von der Firma, in dem sie Grabmale anbot.

Eines dieser Werbeschreiben nahm die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs zum Anlass für eine Klage auf Unterlassung: So eine Werbung in den ersten vier Wochen nach einem Todesfall sei eine unzumutbare Belästigung der Hinterbliebenen.

Strittig war vor Gericht im Wesentlichen die Frist, nach der Reklame für ein Grabmal nicht mehr als pietätlos gelten sollte: Vier, drei oder zwei Wochen? Zwei Wochen genügen, entschied der Bundesgerichtshof (I ZR 29/09). Der Unternehmer müsse zwar nach dem Todesfall eine gewisse Zeit zuwarten. Doch länger als zwei Wochen müsse die Wartefrist nicht sein.

Kirche erteilt "Stalkerin" Hausverbot

Kirchenrechtliche Maßnahmen unterliegen nicht der Kontrolle staatlicher Gerichte

Eine Frau fand an einem katholischen Priester Gefallen und ließ nicht mehr locker. Sie verfolgte ihn mit mehr oder weniger unsittlichen Anträgen - und machte auch vor Auftritten während des Gottesdienstes nicht Halt. Der Priester selbst und mehrere Mitglieder der Kirchengemeinde versuchten vergeblich, die Frau von diesem Treiben abzubringen.

Da dies nicht gelang, sprach die Kirchengemeinde auf Basis des katholischen Kirchenrechts ein Hausverbot aus: Die betroffene Person habe Gottesdienste nur besucht, um persönlichen Kontakt zum Priester herzustellen. Mehrfach habe sie den Gottesdienst gestört. Der Pfarrer und andere Anwesende fühlten sich durch ihr "ungebührliches Betragen" belästigt. Deshalb dürfe die Frau die Kirche nicht mehr betreten.

Um den Beschluss der Kirchengemeinde aufheben zu lassen, zog die Frau vor Gericht. Jedoch ohne Erfolg: Gegen ein kirchliches Hausverbot könne der Staat nichts unternehmen, erklärte ihr das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (13 ME 37/10). Hier liege kein Akt der öffentlichen Gewalt vor, den ein Verwaltungsgericht auf seine Rechtmäßigkeit hin überprüfen könnte.

Religionsgemeinschaften verwalteten - im Rahmen der für alle geltenden Gesetze - ihre Angelegenheiten unabhängig vom Staat. Der Staat erkenne die Kirchen als autonome Institutionen an. Werde im Rahmen des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts eine Maßnahme wie das Hausverbot getroffen, unterliege diese Maßnahme nicht der Kontrolle staatlicher Gerichte.

"Offizielle Gewinnmitteilung"

Unseriöse "Shopping-Firma" wird verurteilt, eine Gewinnzusage einzuhalten

Herr W erhielt per Post den Geschenke-Katalog eines luxemburgischen Versandhändlers, dem eine "offizielle Gewinnmitteilung" beilag. Da wurde vollmundig ein "Glückstreffer" angekündigt: "Und nun halten Sie sich fest, Herr W, das Unglaubliche ist wahr geworden: Die Nationale Glücks-Agentur hat uns mitgeteilt, dass auf ihre persönliche Losnummer ein Gewinn in Höhe von 13.400 Euro entfallen ist".

Der "Glückspilz" klebte seine Losmarke auf die ausgefüllte Gewinnmitteilung und forderte den Gewinn ein. Gleichzeitig bestellte er Waren bei einer Postfach-Adresse. Die Waren erhielt er bald zugesandt, den Gewinn allerdings nicht. Nun verklagte Herr W die "Shopping"-Firma auf Auszahlung des Gewinns. Das Gericht hatte Mühe, die Postanschrift und den wahren Inhaber des Versandunternehmens herauszufinden.

Der Unternehmer redete sich darauf hinaus, dass die Teilnahmebedingungen des Gewinnspiels weitere Voraussetzungen für die Auszahlung eines Gewinns enthielten. Und die seien nicht erfüllt gewesen. Keinesfalls handelte es sich um eine verbindliche Gewinnzusage: Im Text sei nur von einem "Gewinnkandidaten" die Rede, der eine Option auf einen Gewinn habe. Damit kam der dubiose Geschäftsmann jedoch vor Gericht nicht durch.

Er müsse den Gewinn auszahlen, entschied das Oberlandesgericht Köln (21 U 2/10). Das Anschreiben richte sich konkret an Herrn W: Auf seine persönliche Losnummer sei der Gewinn entfallen, stehe da ... Das könne der Empfänger nur so verstehen, als gehöre ihm der Gewinn schon, den er nur noch abzurufen brauche. Das ganze Schreiben erwecke den Eindruck einer Gewinnzusage. Daran änderten auch nichtssagende Bemerkungen im Fließtext nichts, von wegen "Diese Mitteilung wird gültig, wenn ihre persönliche Losnummer identisch mit der gewinnenden Losnummer ist".