Recht kurios

Fluggäste müssen "Aperol Spritz" selbst zahlen

Airlines sind bei einer Flugverspätung nicht verpflichtet, alkoholische Getränke zu finanzieren

Ein Ehepaar flog von Hannover über London nach Miami in den USA. Schon der Hinflug kam mit einer Verspätung von über drei Stunden an. Der Rückflug wurde annulliert und die Fluggäste ersatzweise über Madrid nach Hamburg geflogen. Dort stiegen die Urlauber in die Bahn um und erreichten Hannover mit viereinhalb Stunden Verspätung.

Von der Fluggesellschaft forderte das Paar eine Ausgleichszahlung gemäß EU-Fluggastrechteverordnung und Kostenersatz für die Verpflegung bei den Zwischenaufenthalten in Madrid und London — unter anderem hatten sich die Reisenden in London zwei "Aperol Spritz" genehmigt. Beim Amtsgericht Hannover hatte die Klage der Fluggäste überwiegend Erfolg (513 C 8538/22).

Laut EU-Fluggastrechteverordnung müssten Airlines im Falle einer Flugannullierung oder einer erheblichen Verspätung den Passagieren "Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit" anbieten. Im konkreten Fall habe sich die Fluggesellschaft nicht darum gekümmert. Daher hätten sich die Passagiere am Flughafen auf Kosten des Unternehmens selbst Verpflegung besorgen dürfen. Deren Kosten müsse die Fluggesellschaft ersetzen.

Mit Ausnahme der Kosten für die beiden "Aperol Spritz" allerdings: Alkoholische Getränke seien keine "Erfrischungen", betonte das Amtsgericht. Wenn in der EU-Fluggastrechteverordnung von "Erfrischung" die Rede sei, schließe dies alkoholische Getränke aus. Denn die bewirkten in der Regel das Gegenteil einer Erfrischung. Alkoholfreies Bier könne vielleicht als Erfrischung "durchgehen", "Aperol Spritz" müsse die Fluggesellschaft aber nicht finanzieren.

Vermieter sonnt sich gern nackt im Hof

Kein Mietmangel: Büromieterin kann deshalb nicht die Miete herabsetzen

In einem Mietshaus im Frankfurter Westend sind einige Räume als Büro vermietet. Der Hauseigentümer wohnt im Erdgeschoss. Eine Büromieterin beanstandete Mietmängel und kürzte deshalb die Miete. Als Mängel benannte sie beträchtlichen Baulärm in der Nachbarschaft, Gerümpel im Treppenhaus, Küchengerüche und das unsittliche Treiben des Vermieters. Der sonnte sich nämlich gerne nackt im Garten.

Mit seiner Klage auf Zahlung des Differenzbetrags hatte der Vermieter beim Landgericht und beim Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt überwiegend Erfolg (2 U 43/22). Während umfangreicher Baumaßnahmen in der Nähe habe die Büromieterin die Miete um 15 Prozent kürzen dürfen, so das OLG. Lärm und Staub beeinträchtigten die Nutzung der Räume. Da das Gebäude in einem ruhigen, gehobenen Wohngebiet liege, sei das ruhige, gediegene Ambiente Bestandteil der vertraglich vereinbarten Beschaffenheit der Mietsache.

Die weiteren, von der Büromieterin angeführten Gründe rechtfertigten jedoch keine Mietminderung. Dass im Flur Kinderwagen und Schuhe abgestellt werden und gelegentlich Küchengerüche durch das Treppenhaus waberten, sei in einem Mietshaus mit Wohnungen durchaus üblich. Wenn sich der Vermieter öfters nackt im Hof sonne, stelle dies ebenfalls keinen Mietmangel dar — auch wenn es möglicherweise das ästhetische Empfinden der Mieterin verletze.

Doch die Gebrauchstauglichkeit der Mietsache werde durch diese Gewohnheit des Hauseigentümers nicht beeinträchtigt. Ungehörig oder unsittlich sei sein Verhalten keineswegs. Die Liege des Vermieters stehe in einer Ecke im Hof, die die Mieterin nur einsehen könne, wenn sie sich weit aus dem Fenster lehne. Dies könne sie ja leicht vermeiden. Dass der Vermieter auch nackt durch das Treppenhaus in den Hof gehe, habe die Mieterin nicht belegen können. Der Mann habe jedenfalls glaubhaft bekundet, im Haus stets einen Bademantel zu tragen.

Sex im Parkhaus

Kölner Parkhausbetreiber haftet nicht für Sex-Schäden an einer Motorhaube

Ein Geschäftsreisender hatte seinen Wagen über Nacht im Parkhaus am Kölner Hauptbahnhof abgestellt. Als er das Auto am Morgen abholen wollte, erlebte er eine böse Überraschung: Die Motorhaube hatte Dellen, der Lack war zerkratzt. Auf seine Beschwerde hin gingen Mitarbeiter des Parkhauses der Sache nach. Sie prüften die Videoaufnahmen der Überwachungskamera und bekamen überraschend Sex geboten.

Zwei Personen hatten sich in der Nacht auf der Motorhaube miteinander vergnügt — offenbar sehr intensiv. Zu erkennen waren die "Liebenden" auf der Aufnahme jedoch nicht. Verständlicherweise wollte der Autobesitzer die Folgen des Treibens nicht einfach so hinnehmen. Er forderte vom Parkhausbetreiber 4.700 Euro Schadenersatz für die Reparaturkosten.

Falsche Adresse, meinte jedoch das Landgericht Köln: Den Parkhausbetreiber treffe kein Vorwurf (21 O 302/22). Wie die Videoaufnahme dokumentiere, habe das Liebesspiel auf der Motorhaube nur neun Minuten gedauert. Diese Zeitspanne sei so kurz, dass hier von einer Pflichtverletzung des Betreibers oder seiner Mitarbeiter keine Rede sein könne, erklärte das Landgericht.

Weder der Betreiber, noch seine Mitarbeiter seien verpflichtet, die Videoaufzeichnungen Tag und Nacht ununterbrochen zu beobachten, um mögliche Verstöße gegen Sicherheit und Ordnung festzustellen oder sogar zu verhindern. Und so blieb der Autobesitzer auf dem Schaden sitzen.

Lärmbelästigung durch Staubsaugen?

Mieter sind nicht verpflichtet, jedes störende Geräusch prinzipiell zu vermeiden

In einem sehr hellhörigen Mehrfamilienhaus ohne Trittschaldämmung herrschte jahrelang Dauerknatsch zwischen der Mieterin A im Erdgeschoss und der über ihr wohnenden Nachbarin B. 2021 zog Frau A vor Gericht und verlangte, die Nachbarin müsse die ständigen und unerträglichen Lärmstörungen unterlassen.

Frau B feierte aber keineswegs wilde, nächtliche Partys. Vielmehr ging es um häufiges Staubsaugen gegen 12 Uhr und um Türenknallen und Trampeln kurz nach 7 Uhr früh.

Das Amtsgericht Singen wies die Klage von Mieterin A ab (1 C 235/21). Hier handle es sich um Bagatellen und nicht um Ruhestörung. Mieter dürften tagsüber den Staubsauger anwerfen. Das Schließen von Fenstern und Türen seien punktuell vielleicht mal etwas lauter. Solche Geräusche gehörten aber zum Alltag und seien von den Mitbewohnern hinzunehmen.

Frau A könne von Frau B nicht verlangen, am frühen Morgen behutsam durch die Wohnung zu schleichen und keinen Laut von sich zu geben. Nicht einmal eine Hausordnung könne vorgeben, dass Mieter jedes störende Geräusch prinzipiell vermeiden müssten. Es gebe nun einmal Alltagstätigkeiten wie Staubsaugen, die naturgesetzlich mit Geräuschen verknüpft seien. Die seien zulässig, auch wenn Nachbarn sie als Ruhestörung einstuften.

Prozess um Schuhe vor der Wohnungstür

Gegenstände im Treppenhaus abzustellen, gehört nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache

Vielleicht war der Wohnungsflur etwas eng? Oder wollte die Mieterin ihre Teppiche schonen? Aus welchem Grund auch immer: Regelmäßig ließen die Mieterin und ihre drei Kinder die Schuhe vor der Wohnungstür stehen. Diese Gewohnheit war der Vermieterin ein Dorn im Auge: Sie forderte die Mieterin mehrmals auf, die Schuhe zu entfernen und sich im Treppenhaus nicht so auszubreiten.

Das sah die alleinerziehende Mutter allerdings als ihr gutes Recht an … Nach einer erfolglosen schriftlichen Abmahnung fuhr die Hauseigentümerin gegen die Kinderschuhe schweres Geschütz auf und zog vor Gericht. Das Amtsgericht Frankfurt verbot es der Mieterin, künftig Schuhe vor der Wohnungstür stehen zu lassen — anderenfalls drohe eine Geldbuße (33 C 2354/21).

Laut Hausordnung sei das Abstellen von Gegenständen aller Art im Treppenhaus untersagt, so das Amtsgericht, um für den Fall eines Brandes diesen Rettungsweg freizuhalten. Hier Sachen abzustellen, setze jedenfalls die Zustimmung der Vermieterin voraus, die unstreitig nicht vorliege.

Unabhängig davon, ob diese Frage im Mietvertrag ausdrücklich geregelt sei oder nicht, gelte allgemein: Treppenhäuser und Aufgänge seien Gemeinschaftsflächen. Sie seien nicht mitvermietet und dürften von den Mietern nur genutzt werden, um die angemietete Wohnung zu erreichen. Nicht aber dazu, irgendwelche Gegenstände aufzubewahren oder vorübergehend abzustellen: Das gehöre nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache.

Kaninchen beim Walkürenritt!

Ihr Auftritt auf der Staatsopern-Bühne verstößt nicht gegen den Tierschutz

In Neuinszenierungen der Wagner-Opern Rheingold und Walküre an der Berliner Staatsoper sind 20 lebende Kaninchen mit von der Partie. Die in Käfigen sitzenden Kaninchen sollen - so der Regisseur - ein Forschungslabor in der Götterburg Walhall symbolisieren. Ob Wotan und Co. auf Walhall tatsächlich Tierversuche anstellten, muss hier allerdings offenbleiben.

Das Kaninchen-Experiment an der Oper war jedenfalls dem Tierschutzverein Peta ein Dorn im Auge. Er forderte das zuständige Veterinäramt auf, vor den nächsten Aufführungen gegen den tierschutzwidrigen Auftritt einzuschreiten. Die Karnickel hätten in den Käfigen keine Rückzugsmöglichkeit und würden auf der Bühne in Angst und Schrecken versetzt, führte ein von Peta eingereichtes Gutachten aus.

Daraufhin prüfte eine Amtstierärztin bei den Generalproben, ob der Einsatz die Tiere stresst und ihnen schadet. Nein, lautete das Ergebnis. Deshalb lehnte das Verwaltungsgericht (VG) Berlin den Eilantrag von Peta ab, den Auftritt der Kaninchen zu verbieten (17 L 245/22). Der sachverständigen Stellungnahme von beamteten Amtstierärzten komme in solchen Fragen besonderes Gewicht zu, betonte das VG.

Laut Tierschutzgesetz dürften Tiere bei Filmaufnahmen, Werbung oder anderen Schaustellungen nicht eingesetzt werden, wenn damit Schmerzen oder Schäden verknüpft seien. Nach Ansicht der Amtstierärztin sei das aber an der Oper nicht der Fall: Die Kaninchen seien nur ca. 15 Minuten auf der Bühne. Kein Sänger oder Komparse dürfe an ihre Käfige stoßen oder sich dagegen lehnen. Und auch um das Gehör der Tiere müsse man sich nicht sorgen: Die Musik sei auf der Bühne leiser als im Zuschauerraum.

Altersdiskriminierung?

Legt es ein Job-Bewerber offenkundig darauf an, eine Absage zu provozieren, erhält er keine Entschädigung

Ein pensionierter Bundesbeamter, über 70 Jahre alt, bewarb sich beim Technischen Hilfswerk (THW) um eine Stelle als Bürosachbearbeiter. Die Bundesanstalt suchte für diese Stelle eine freundliche Person, die sich mündlich und schriftlich gut ausdrücken und mit IT-Anwendungen umgehen konnte. Die Bewerbung sollte online über ein Portal erfolgen. Doch der Ruheständler schickte seine Unterlagen mit folgender E-Mail an das THW:

"Sehr geehrte Damen und Herrn, laut meiner u.a. Kontaktdaten bin ich Facharbeiter in nahezu allen Verwaltungsangelegenheit. Aus meine Zeugnissen ersehen Sie bitte, dass ich sicherlich nicht klüger als meine Mitbewerbe bin habe jedoch einen wertvollen Mehrwert- an Lebens,- und Berufserfahrungen. Ich bin geistig und körperlich sehr fit, fleißig, zuverlässig, seriös, flexibel sowie extrem belastbar. Meine monatliche Höchstverdienstgrenze beträgt pensionsbedingt Brutto 1.600,—€. Zurzeit bin ich ehrenamtlich Bereich der EU tätig. Freuen Sie sich auf ein Vorstellungsgespräch."

Als ihn das THW bat, das Bewerbersystem zu benützen, antwortete der Bewerber: "sorry mit Ihnen kann ich nicht arbeiter. Bitte stornieren sie meine Bewerbung." Nachdem das THW seine Daten manuell ins System eingespeist hatte, nahm er dann doch noch am Bewerbungsverfahren teil und erhielt wenig überraschend eine Absage. Nun verlangte der Mann 10.000 Euro Entschädigung, weil man ihn wegen seines Alters abgelehnt habe.

Während ihm die Vorinstanzen sogar 2.500 Euro zugestanden, wies das Bundesarbeitsgericht die Klage ab (8 AZR 238/21). Eine Reihe von Indizien spreche dafür, dass die Bewerbung nicht ernstgemeint gewesen sei, sondern eine Absage provoziert werden sollte, um Entschädigung wegen Altersdiskriminierung zu fordern. Der Senior habe sein Alter betont und im Schreiben das Fehlen der geforderten Qualifikationen demonstrativ herausgestrichen.

Die mangelnde Aufgeschlossenheit für IT-Anwendungen habe er geradezu "zur Schau getragen". Ein Schreiben ohne Anrede und Grußformel spreche nicht für Freundlichkeit. Einem ehemaligen Oberamtsrat im Bundespresseamt müsse auch bewusst sein, dass ein Schreiben voller Rechtschreibfehler und Grammatikfehler keine Empfehlung für eine Bürotätigkeit darstelle. Hier liege keine Altersdiskriminierung durch das THW vor: Ansprüche gemäß dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz seien daher ausgeschlossen.

Riesiges Holzkreuz im Garten

Miteigentümerin fühlt sich von dem überdimensionierten religiösen Symbol gestört

In einem Düsseldorfer Haus mit zwei Wohnungen bildeten zwei Damen eine Eigentümergemeinschaft. Frau X, eine gläubige Rentnerin, ließ im Garten ein riesiges Holzkreuz aufstellen. Es war 7,36 Meter hoch, um ganz genau zu sein. Das war Frau X wichtig, weil der Berg Golgatha, auf dem Jesus gekreuzigt wurde, 736 Meter hoch sei.

Die Miteigentümerin Y teilte, vorsichtig ausgedrückt, ihre religiöse Begeisterung nicht. Frau Y zog vor Gericht und verlangte, Frau X müsse das Kreuz entfernen.

Das riesige Bauwerk störe die Mitbewohnerin bei jedem Blick in den Garten, trug ihr Anwalt vor. Das Kreuz beeinträchtige ihren Lebensalltag ganz erheblich. Nicht nur der Anblick tagsüber: In der Nacht beleuchte Frau X das Kreuz mit einer Leuchtkette, Frau Y könne deshalb kaum Einschlafen.

Das Amtsgericht gab der Miteigentümerin Recht und das Landgericht Düsseldorf bestätigte das Urteil (25 S 56/21). Die Rentnerin müsse das Holzkreuz aus dem Garten entfernen. Auf vernünftige Betrachter wirke es wie ein bedrückender und störender Fremdkörper, durch den der Garten die "Züge einer Gedenkstätte" annehme. Das beeinträchtige Frau Y in ihrem Eigentumsrecht an Haus und Garten.

Doch Frau Y wollte wohl das Urteil nicht mehr abwarten und sich nicht länger mit der Hausnachbarin herumschlagen: Sie hat ihre Wohnung vor der Gerichtsentscheidung verkauft und ist umgezogen.

"Aloha"-Tattoo der bayerischen Polizei unwürdig?

Ein Polizist kämpft hartnäckig darum, das Bundesverfassungsgericht lässt nochmal prüfen

Der Mann meint es offenbar wirklich ernst: Seit fast einem Jahrzehnt zieht ein bayerischer Polizist durch alle Gerichtsinstanzen, weil er sich den Schriftzug "Aloha" auf den Unterarm tätowieren lassen möchte. Der Schriftzug soll ihn an seine Flitterwochen auf Hawaii erinnern ("ein traumhafter Urlaub"). An anderen Körperstellen kommt die Begeisterung des Polizeibeamten für Figuren und Symbole aus dem Hawaiianischen bereits durch mehrere Tattoos zum Ausdruck.

2013 hatte er die Erlaubnis für "Aloha" auf dem Unterarm beim Polizeipräsidium Mittelfranken beantragt und blitzte damit ab. Zuletzt scheiterte der Polizist im Mai 2020 am Bundesverwaltungsgericht: Das Beamtengesetz des Freistaats verbiete es Polizisten, sich am Kopf, am Hals, an Händen und Unterarmen tätowieren zu lassen, hatten die Verwaltungsrichter geurteilt.

Auch dadurch ließ sich der Mann nicht entmutigen: Er legte gegen das Urteil Verfassungsbeschwerde ein. Und das Bundesverfassungsgericht verwies den Fall nun ans Bundesverwaltungsgericht zurück — mit der Auflage, das Anliegen des Beamten nochmals zu prüfen (2 BvR 1667/20).

So direkt stehe das Tattoo-Verbot im bayerischen Beamtengesetz nämlich nicht drin, fanden die Verfassungsrichter. Da stehe vielmehr: Die oberste Dienstbehörde könne zum äußeren Erscheinungsbild von Beamten Näheres bestimmen. Zum "äußeren Erscheinungsbild" zählten auch "Haar- und Barttracht" und andere "sichtbare und nicht sofort ablegbare Erscheinungsmerkmale".

Zu Tätowierungen gebe es in den Bundesländern unterschiedliche Vorschriften. Im "Beamtenstatusgesetz" der Bundesrepublik heiße es: "Das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert."

So eindeutig, wie die Verwaltungsrichter dies sahen, sei die Rechtslage also nicht, geben die Verfassungsrichter zu bedenken: Die Frage, ob in Bezug auf den bayerischen Polizeibeamten die Voraussetzungen für ein Tattoo-Verbot vorlägen, bedürfe "weiterer Klärung".

Radfahrer wie ein Fahrradpolizist gekleidet

Gericht wertet "POZILEI"-Jacke als strafbaren Missbrauch der Polizeiuniform

Es war schon ein merkwürdiger Auftritt in einem seltsamen Outfit: Ein ca. 40 Jahre alter Mann fuhr auf dem Pedelec in Paderborn herum. Dabei trug er eine dunkelblaue Hose und eine neongelbe Jacke mit silbernen Reflektorstreifen und der Aufschrift "POZILEI" in großen, grau-silberfarbenen Druckbuchstaben. An einer Kreuzung klopfte der Radfahrer gegen ein Autofenster und ermahnte eine Autofahrerin wegen ihrer "unmöglichen" Fahrweise.

Dass er Polizist sei, behauptete der Mann allerdings nicht. Den Vorwurf der Amtsanmaßung ersparten ihm deshalb die Polizeibeamten, denen er schließlich aufgefallen war. Sie erstatteten jedoch Anzeige wegen unbefugten Tragens einer Uniform.

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm wertete den Auftritt ebenso und verurteilte den "Pozilisten" zu 1.650 Euro Geldbuße (4 RVs 62/22). Vergeblich pochte der Übeltäter darauf, es sei doch alles nur ein Jux gewesen.

Strafbares "unbefugtes Tragen" einer Uniform sei schon dann zu bejahen, wenn jemand ein Outfit trage, das einer Uniform zum Verwechseln ähnlich sehe, erklärte das OLG humorlos. Dass der Angeklagte eine dunkle Jeans getragen habe, ändere daran nichts: Denn das gesamte Erscheinungsbild habe den Eindruck einer Polizeiuniform erweckt — zumindest für nicht sonderlich sachkundige bzw. nicht genau prüfende Beobachter.

Die neonfarbene Jacke des Angeklagten unterscheide sich von der Jacke der nordrhein-westfälischen Fahrradpolizei nur durch die Aufschrift POZILEI. Und dieser "Buchstabensalat" ziele geradezu auf eine Verwechslung ab. Dass alle vor Gericht geladenen Zeugen aussagten, sie hätten durchaus bemerkt, dass der Pedelec-Fahrer kein Polizeibeamter war, irritierte das OLG in seiner Einschätzung nicht: Die Vorschrift solle schon "vor der bloßen Gefahr von Verwechslungen" schützen.

Online-Glücksspiel mit Kreditkarte

Der Zocker fordert von der Bank den abgebuchten Einsatz zurück, weil das Online-Casino illegal ist!

Mit seiner Kreditkarte, ausgestellt von einer großen deutschen Bank, zahlte ein Münchner im April 2020 über 3.000 Euro bei einem Online-Casino ein. Als die Bank den Betrag von seinem Girokonto abbuchte, veranlasste er eine Rücklastschrift. Der Bankkunde war der Ansicht, er müsse die Kreditkartenrechnung nicht begleichen.

Originell seine Begründung dafür: Das Online-Casino sei verboten, was der Bank seit Januar 2020 bekannt sei. Sie habe auch gewusst, wo er die Kreditkarte einsetzte. Denn Transaktionen an Anbieter von Online-Glückspielen würden bei Kreditkartenzahlung mit einem Buchstabencode gekennzeichnet ("MCC 7995").

Dieses Wissen bestritt die Bank. Außerdem könne der Kontoinhaber die Abbuchung schon deshalb nicht verhindern, weil er den Einsatz der Karte selbst autorisiert habe.

Das Kreditinstitut verklagte den Münchner auf Zahlung und bekam vom Amtsgericht München Recht (173 C 10459/21). Möglicherweise sei der Online-Glücksspielvertrag sittenwidrig. Nichtig sei dann aber nur der Vertrag zwischen dem Zocker und dem Glückspielveranstalter, nicht sein Vertrag mit der Bank. Setze ein Spieler beim illegalen Glücksspiel eine Kreditkarte ein, erfasse dies den Zahlungsdienste-Vertrag mit der Bank nicht. Der Anspruch der Kreditkartenausstellerin entfalle dadurch nicht.

Dass die Zahlungen mit "MCC 7995" gekennzeichnet waren, beweise keineswegs, dass die Bank über das illegale Treiben Bescheid wusste: Dieser Code unterscheide nicht zwischen legalem und illegalem Glücksspiel. Das Kreditinstitut müsse da auch keine Nachforschungen anstellen und dürfe von rechtstreuem Verhalten des Kunden ausgehen.

Die Rechtsansicht des Spielers würde zu einem absurden Ergebnis führen, das dem Willen des Gesetzgebers absolut widerspräche: Könnten Karteninhaber an illegalem Glücksspiel teilnehmen, ohne im Fall von Verlusten der Bank die Verluste erstatten zu müssen, wäre dies ein Freibrief fürs risikolose Zocken zu Lasten der Kreditkarteninstitute. Spieler könnten ihre Gewinne behalten, die Geldinstitute müssten das Verlustrisiko tragen.

Mini-Schwein "Bruce" muss weichen

Vermieterin kündigte dem Mieter wegen seines ungewöhnlichen Haustiers

Der Mieter sah eigentlich gar keinen Grund für so viel Aufregung. Er habe die Hausverwaltung über das neue Haustier informiert, erklärte er. Mehrere Hundehalter im Mietshaus hätten Tiere, die mindestens so groß seien wie sein Bruce — also ungefähr kniehoch. Da mache ja auch niemand Aufhebens davon … Doch die Vermieterin hielt ein Mini-Schwein in einer ihrer Wohnungen für untragbar, zumal das Ein-Zimmer-Appartement des Tierhalters nur 35 qm groß ist.

Vielleicht hatte sie auch nur nach einem weiteren Grund gesucht, dem Tierfreund zu kündigen. Denn es war schon der dritte Versuch der Hauseigentümerin, ihn loszuwerden. Ein anderes Mal hatte sie dem Mieter vorgeworfen, dass er zwei Türen beschädigt habe. Dann wieder sollte er einen Teil des Hofes unerlaubt eingezäunt und als Terrasse genutzt haben: Und dann noch dies: Seine Freundin wohne ohne Genehmigung mit in der Wohnung.

Schließlich erhob die Vermieterin Räumungsklage am Amtsgericht Hannover (468 C 7351/21). Vergeblich pochte der Mieter darauf, dass er zu 80 Prozent schwerbehindert sei und das Hausschwein in erster Linie wegen seiner segensreichen therapeutischen Wirkungen halte.

Da das Gericht eher der Ansicht der Hauseigentümerin zuneigte, stimmte der Mieter schließlich einem Vergleich zu: Er versprach, mit Bruce spätestens bis Ende August auszuziehen. 60 Prozent der Prozesskosten muss der Tierhalter allerdings zahlen, die Vermieterin die restlichen 40 Prozent.

Kein Toilettengeld für Rentner

Sozialbehörde muss nicht wegen fehlender öffentlicher Toiletten in Essen mehr Sozialleistungen zahlen

Der Rentner bezieht "aufstockende Leistungen der Grundsicherung" und lebt in Essen. Von der Sozialbehörde der Stadt forderte er Toilettengeld: Das sei nötig, weil die Kommune schon vor langer Zeit kostenlose öffentliche Toiletten abgeschafft habe, er aber dreimal täglich außer Haus eine Toilette aufsuchen müsse. Das koste durchschnittlich zwei Euro. Berechnet auf einen Monat, ergebe sich also ein zusätzlicher Finanzbedarf von 180 Euro.

Weder das Sozialgericht Duisburg, noch das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen fanden für diese Forderung eine Rechtsgrundlage (L 20 SO 174/21). Der Mangel an öffentlichen Toiletten in Essen und die Tatsache, dass sich der Rentner täglich außerhalb der eigenen Wohnung aufhalte, begründeten keinen Anspruch auf höhere Sozialleistungen, erklärte das LSG.

Ein Mehrbedarf aus medizinischen Gründen liege nicht vor. Nach seinen eigenen Angaben sei der Rentner altersentsprechend gesund und müsse nicht öfter als andere Personen seines Alters auf die Toilette. Daher gehe es um eine selbst gewählte Freizeitgestaltung: Er verlasse eben seine Wohnung öfter als die Durchschnittsbevölkerung. Der Regelbetrag der Grundsicherung enthalte bereits Anteile für die Freizeitgestaltung: für Freizeit/Kultur, für Gastronomie und andere Waren bzw. Dienstleistungen.

Wie der Hilfeempfänger dieses Geld einsetze, sei seine Sache. Wer im Alter Grundsicherungsleistungen benötige, bekomme aber nicht jeden Wunsch erfüllt. Auf die (Toiletten-)Situation vor Ort komme es nicht an. Dass die beklagte Kommune keine öffentlichen Toiletten mehr unterhalte, spiele keine Rolle. Schließlich sei eine Klage vor den Sozialgerichten kein Mittel, um lokalpolitische Forderungen gegen die Stadt durchzusetzen.

Kreissäge stört bei der "Sportschau"

Ein Senior ging wegen der Lärmbelästigung mit dem Knüppel auf den alten Nachbarn los: Schmerzensgeld

Am Samstag setzte sich der 71 Jahre alte A vor den Fernseher, um die Fußballberichte der "Sportschau" anzusehen. Kaum hatte er es sich gemütlich gemacht, warf sein 88-jähriger Nachbar B im gemeinsamen Wohnhof die Kreissäge an. Genervt bat A den B, während der Sportsendung den Krach einzustellen. Diese Aufforderung ignorierte Herr B und musste dafür schwer büßen.

Denn nun erschien A im Hof und prügelte mit einem Knüppel auf ihn ein. Es folgte ein Senioren-Ringkampf, in dem B eindeutig unterlag. A schlug ihm auf den Kopf, biss in das rechte Ohr des Kontrahenten, verdrehte seine Nase. Die medizinische Bilanz auf Seiten des attackierten Nachbarn: eine Prellung der Hüfte und am linken Unterarm, Schürfwunden und diverse Prellungen im Gesicht, Abschürfungen an der rechten Hand.

Für die Prügelattacke musste jetzt wiederum Herr A büßen: Das Amtsgericht Frankfurt verurteilte ihn dazu, dem Opfer der absichtlichen Körperverletzung Schadenersatz und obendrein 800 Euro Schmerzensgeld zu zahlen (32 C 105/21). Zwar sei es von Nachbar B nicht gerade rücksichtsvoll gewesen, seine Kreissägearbeiten nicht zu unterbrechen oder einzustellen, räumte das Amtsgericht ein.

Trotz der Beschwerde von A habe er ungerührt weiter gesägt, womöglich auch, um A zu provozieren. Dennoch sei B kein Mitverschulden vorzuwerfen, er habe sich allenfalls dumm verhalten. Das rechtfertige aber in keiner Weise den Angriff des A. Da A den fast 90 Jahre alten Nachbarn vorsätzlich und massiv attackiert und erheblich verletzt habe, sei ein Betrag von 800 Euro zur Wiedergutmachung durchaus angemessen.

Kloppo ist kein Künstler!

Die Künstlersozialkasse forderte von Opel Versicherungsbeiträge für Werbespots mit Jürgen Klopp

Bei der Definition von Kunst lassen sich Behörden und Sozialkassen anscheinend nur von von einem Gedanken leiten: Hauptsache, es kommt Geld rein! Während der Fiskus einem Diskjockey die künstlerische Kreativität abspricht, um Gewerbesteuer einzunehmen, ernennt die Künstlersozialkasse kurzerhand den Fußballtrainer Jürgen Klopp zum Künstler, um Versicherungsbeiträge zu kassieren.

Autohersteller Opel hatte mit Jürgen Klopp zwischen 2011 und 2015 einige Werbespots gedreht. Dafür forderte die Künstlersozialkasse von Opel eine Nachzahlung von Beiträgen zur Sozialversicherung in sechsstelliger Höhe. Begründung: Der damalige Trainer von Borussia Dortmund sei in den Reklamefilmen als Schauspieler aufgetreten. Daher müsse der Auftraggeber für ihn Versicherungsbeiträge an die Künstlersozialkasse abführen.

Das Unternehmen wies die Forderung zurück und zahlte nicht. Zu Recht, entschied das Sozialgericht Darmstadt (S 8 R 316/17). Aktive Sportler und Trainer erzielten mit Werbespots keine Einnahmen als Schauspieler. Mit Werbung verdienten sie vielmehr zusätzlich Geld, ohne ihren Hauptberuf im Sportbereich aufzugeben. Im Gegenteil: Sie würden ja gerade deswegen als Markenbotschafter und Werbeträger engagiert, weil sie durch den Sport populär seien.

Der Trainerberuf bleibe die Haupttätigkeit des Jürgen Klopp, daher bestehe keine Versicherungspflicht in der Künstlersozialkasse. Für den Auftraggeber, hier also Opel, stehe die erhoffte Wechselwirkung zwischen dem prominenten Werbeträger und dem Produkt im Vordergrund. Künstler sei jemand, der hauptberuflich einen künstlerischen Beruf ausübe. Trete ein hauptberuflicher Schauspieler in Reklamespots auf, müsse für das Entgelt natürlich schon ein Sozialversicherungsbeitrag an die Künstlersozialkasse gezahlt werden.

Baugenehmigung für Hausboote?!

Als Ferienwohnung vermietet, benötigt ein "ortsfest benutztes" Boot eine Baugenehmigung

Die deutsche Bürokratie treibt manchmal seltsame Blüten. Einer Berliner Wirtin, die am Großen Wannsee ein Restaurant betreibt, verbot das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, weiterhin drei Hausboote als Ferienwohnungen zu vermieten. Dafür bräuchte sie nämlich — eine Baugenehmigung.

Die Boote würden quasi als Ferienhäuser genutzt und hätten eine feste Verbindung zum Land. Wahrscheinlich meinte die Behörde damit den fast 100 Meter langen Steg. Deswegen und weil die Boote nicht auf dem See bewegt würden, sei hier das Bauplanungsrecht anzuwenden. Mit anderen Worten: Es fehle für die Boote eine Baugenehmigung.

Vergeblich klagte die Wirtin gegen das Verbot und pochte darauf, die als Sportboote zugelassenen Schiffe würden auch für Ausfahrten genutzt. Das Verwaltungsgericht Berlin gab der Behörde Recht (13 K 326/18). Die Hausboote würden an Hausgäste vermietet, also "überwiegend ortsfest benutzt". Daher seien sie als bauliche Anlagen einzustufen, für die eine Baugenehmigung erforderlich sei.

Und ob die Wirtin eine Baugenehmigung bekäme, sei durchaus fraglich. Denn der Große Wannsee zähle baurechtlich zum geschützten "Außenbereich", in dem öffentliche Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege Vorrang hätten. Ferienhäuser könnten hier die Landschaft, die Umwelt und deren Erholungswert beeinträchtigen.

Restbenzin im Autowrack

Totalschaden: Die Kfz-Versicherung des Unfallverursachers muss nicht das Benzin im Tank ersetzen

Bei einem Unfall wurde das eigene Auto zu Schrott gefahren, schlimm genug. In so einer Situation versucht wohl jeder Autobesitzer, wenigstens noch so viel Schadenersatz wie möglich herauszuschlagen. Man kann es aber auch übertreiben, fand das Amtsgericht Bad Kissingen.

Das Unverständnis des Gerichts galt einem Autobesitzer, der von der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers Schadenersatz für das restliche Benzin im Tank forderte. 62,60 Euro veranschlagte der Unfallgeschädigte dafür. Das Auto mit Totalschaden hatte er zum Restwert verscherbelt.

Beim Verkauf habe er aber den Wert des verbliebenen Benzins nicht realisieren können, erklärte der Autobesitzer: Der Händler habe sich geweigert, das Benzin abzupumpen — weil das Umpumpen mindestens so viel koste, wie das Benzin wert sei. Doch auch beim Amtsgericht Bad Kissingen ging der Unfallgeschädigte in diesem Punkt leer aus (72 C 383/20).

Natürlich gehöre ihm das restliche Benzin im Unfallfahrzeug, so das Amtsgericht, es stelle aber keine "ersatzfähige Einbuße" dar. Die Kfz-Versicherung müsse diesen Verlust nicht ausgleichen. Wenn der Unfallgeschädigte dem Aufkäufer des Fahrzeugwracks das Restbenzin nicht ohne Entgelt überlassen wolle, müsse er es selbst abpumpen.

Bettwanzen in der Mietwohnung

Kann der Mieter wegen Mietmangels die Miete kürzen oder ist ihm mangelnde Hygiene vorzuwerfen?

In einer Mietwohnung tummelten sich Bettwanzen. Der Mieter hielt das für einen Mangel der Mietsache, die ihn dazu berechtigte, die Miete zu kürzen. Dagegen warfen ihm die Vermieter vor, zu wenig auf Hygiene zu achten. Der Streit um die Mietminderung landete schließlich beim Amtsgericht Stuttgart, das zunächst einmal einen Sachverständigen mit der Ursachenforschung beauftragte (35 C 5509/19).

Fazit des Gutachtens: Am häufigsten würden Bettwanzen mit Taschen, Gepäckstücken oder gebrauchten Gegenständen in die Wohnungen "eingeschleppt". So sei es mit Sicherheit auch im konkreten Fall gewesen — mit unzulänglicher Reinigung der Wohnung habe das nichts zu tun, erklärte der Sachverständige.

Daraufhin gab das Amtsgericht dem Mieter Recht: Der Wanzenbefall sei nicht auf ein Fehlverhalten des Mieters zurückzuführen. Offenbar könne man als Mieter so ein Malheur überhaupt nicht verhindern. Effektive Vorbeugung scheine unmöglich, wenn jede außerhalb der Wohnung einmal abgestellte Tasche, der Kauf gebrauchter Gegenstände und selbst der tägliche Einkauf dazu führen könne, dass man unfreiwillig Wanzen in die Wohnung transportiere.

Alle diese Aktivitäten gehörten unzweifelhaft zum üblichen Gebrauch einer Mietsache. Wenn trotz des vertragsgemäßen Verhaltens des Mieters Wanzen die Räume heimsuchten, stelle der Befall einen Mietmangel dar — auch wenn der Vermieter dafür ebenfalls keine Verantwortung trage. Der Mieter könne die Bruttomiete um 60 Prozent mindern.

Zahnprothese landete versehentlich im Ofen

Besucherin muss nicht dafür haften, dass sie die Prothese mit Papiermüll entsorgt hat

Eine Frau hatte die Mutter ihres Lebensgefährten besucht, die krank zuhause im Bett lag. In der Wohnung räumte sie ein wenig auf. Da sich auf dem Nachttisch der Kranken viele benutzte Papiertaschentücher angesammelt hatten, nahm die Besucherin den ganzen Packen und warf ihn in einen brennenden Kohleofen.

Dumm nur, dass sich unter den Taschentüchern auch die in Papier eingewickelte Zahnprothese der Kranken befand. Den Zahnersatz hatte die "Schwiegertochter" in dem Berg gebrauchter Taschentücher nicht bemerkt. Für den Verlust von 11.833 Euro sollte sie nun geradestehen.

Doch das Landgericht wies die Klage der Seniorin ab und auch die Berufungsinstanz, das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz, entschied: Der Besucherin sei kein fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen (8 U 1596/20).

Sie habe nicht gewusst, dass die Zahnprothese der Kranken auf dem Nachttisch lag. Das konnte die Besucherin auch nicht erkennen, weil sie die benutzten Taschentücher sozusagen "im Paket" genommen und in den Kohleofen geworfen habe. Am Gewicht habe die Besucherin auch nicht merken können, was da im Papier steckte, denn die Prothese sei sehr leicht.

Außerdem habe die Kranke die Besucherin auch nicht darauf hingewiesen, dass mitten im Papiermüll ein wertvoller und für sie wichtiger Gegenstand lag. Ohne so einen Hinweis müsse man Abfall vor dem Entsorgen nicht automatisch nach Sachen durchsehen, die nicht weggeworfen werden sollen. Die Taschentücher in den Ofen zu werfen, sei erst recht nicht fahrlässig, sondern sachgerecht: So würden nämlich die mit Keimen belasteten Taschentücher effektiv beseitigt.

Maskenverweigerer fühlt sich diskriminiert

Supermarkt ließ den Mann ohne Mund-Nasen-Schutz nicht einkaufen: Kein Anspruch auf Schmerzensgeld!

Wegen der Corona-Pandemie herrscht in Supermärkten und anderen Läden für Kunden Maskenpflicht, um die Infektionsgefahr zu reduzieren. In einem Bremer Bio-Supermarkt gab es deshalb Zoff mit einem Kunden, der sich hartnäckig weigerte, beim Einkaufen eine Maske zu tragen. Schließlich verbot ihm der Filialleiter den Zutritt zum Laden.

Nun fühlte sich der Kunde diskriminiert und verklagte die Supermarktbetreiberin auf Zahlung von Schmerzensgeld. Er leide aufgrund des Machtmissbrauchs in seiner Kindheit an Ängsten und könne daher keine Masken tragen, behauptete der Mann. Durch Zwang und Willkür steige die Angst noch.

Doch das Amtsgericht Bremen konnte hier weder Willkür, noch Diskriminierung erkennen und wies die Klage ab (9 C 493/20). Das Verkaufspersonal habe den Kunden nicht angesprochen, weil er psychisch beeinträchtigt sei und solche Kunden auf Anweisung der Inhaberin im Ladengeschäft nicht erwünscht wären. Dann könnte man von Diskriminierung sprechen, darum gehe es hier aber nicht.

Das Personal habe vielmehr auf eine verbotene Handlung des Kunden reagiert. Wer es in der aktuellen Pandemie-Situation ablehne, beim Einkaufen eine Maske zu tragen, gefährde das Personal und die anderen Kunden. Die Geschäftsinhaberin müsste außerdem mit Geldbuße durch die Behörden rechnen, wenn sie sich nicht an die Corona-Regeln halten würde. Obendrein würde sie riskieren, dass andere Kunden wegblieben und infiziertes Personal in Quarantäne müsste.

Sollte der Kunde von den städtischen Behörden aufgrund seiner Probleme tatsächlich von der Maskenpflicht befreit worden sein, dann gelte das nur im öffentlichen Raum. Darauf könne sich der Mann im Supermarkt nicht berufen. Denn die Ladeninhaberin könne in ihrem privaten Geschäftsbereich jederzeit Regeln aufstellen, die strenger seien als die behördlich verfügten Regeln.