Medien und Kommunikation

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Geldbuße für Videoaufnahmen im Auto

Datenschutz: Nicht jeder darf im "öffentlichen Straßenraum" filmen

Um ihren BMW X1 zu schützen, ließ eine Münchner Geschäftsführerin im Auto zwei Videokameras installieren. Sie zeichneten permanent den Bereich vor und hinter dem Auto auf. Am 11. August 2016 parkte die Frau von 13 Uhr bis 16 Uhr in der Mendelssohnstraße. Während dieser Zeit streifte ein Wagen ihren BMW und ließ deutliche Lackschäden zurück. Sofort brachte die Geschäftsfrau ihre Videoaufzeichnungen als Beweismittel zur Polizei. Doch dieser "Schuss" ging nach hinten los.

Gegen die BMW-Besitzerin wurde nämlich ein Bußgeldverfahren eingeleitet, weil die Videoaufnahmen das Bundesdatenschutzgesetz verletzten: Sie dürfe im "öffentlichen Raum" nicht einfach drauflos filmen, erklärte man ihr.

Diesen Vorwurf konnte die Dame überhaupt nicht nachvollziehen: Sie habe nur Autokennzeichen aufgenommen, also keine "schützenswerten Daten" erhoben und gespeichert. Die Fahrer der vor dem BMW geparkten Fahrzeuge seien nicht erkennbar. Ihr komme es nur darauf an, nach einer Sachbeschädigung am Auto den oder die Täter ermitteln zu können.

Das Amtsgericht München brummte der Frau trotzdem 150 Euro Geldbuße auf (1112 OWi 300 Js 121012/17). Hier überwiege das Recht der gefilmten Personen auf Persönlichkeitsschutz das Interesse der Autofahrerin, eventuelle Straftaten aufzudecken, so das Amtsgericht. Den Straßenraum vor und hinter dem geparkten Fahrzeug ständig zu filmen, verletze das Recht der Betroffenen am eigenen Bild.

Man stelle sich vor, 80 Millionen Bundesbürger wären immerzu mit Kameras unterwegs, um eigenmächtig Straftaten aufzuklären. Privatbürger dürften im öffentlichen Raum nicht "Big Brother is watching you" spielen. Kameraüberwachung greife in das Recht Unbeteiligter ein, selbst zu bestimmen, wann sie sich wo aufhalten — ohne dass andere Personen dies dokumentierten und bei Behörden verwendeten.

Es bleibe dennoch bei einer relativ geringen Geldbuße, weil die Geschäftsfrau subjektiv betrachtet durchaus Anlass gehabt habe, die Kameras einzusetzen. Offenbar sei das Fahrzeug schon einmal beschädigt worden. (Die BMW-Fahrerin hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.)

"Das beste Netz"

Telekom GmbH wehrt sich gegen irreführende Werbung eines Konkurrenten

Im August und September 2017 startete die Telekommunikationsfirma "1&1 Telekom GmbH" eine groß angelegte Werbekampagne im Fernsehen, im Internet, auf Plakaten und in Zeitschriften. Zentrale Aussage: "Das beste Netz gibt’s bei 1&1". Im TV-Reklamespot setzte die Firma "noch einen drauf": Ein Firmenrepräsentant seilte sich an der Fassade eines Hochhauses ab, um symbolisch ein Telekom-Plakat mit der 1&1-Werbung zu überdecken.

Die Botschaft war klar: Die Telekom war mal die "Nummer 1" mit dem besten Netz, wir haben sie abgelöst! Kein Wunder, dass diese Reklame der Telekom Deutschland GmbH missfiel. Das Unternehmen beantragte eine einstweilige Verfügung gegen die Werbekampagne der Konkurrenz und bekam vom Oberlandesgericht (OLG) Köln Recht (6 W 97/17).

Die Telekommunikationsfirma müsse die Reklame ändern oder einstellen, so das OLG, denn sie sei irreführend. Verbraucher könnten sie so (miss-)verstehen, als betreibe die Firma 1&1 ein eigenes Mobilfunknetz. Tatsächlich nutze sie wesentlich die Netze anderer Anbieter, darunter das Netz der Telekom. Die Kampagne täusche die Verbraucher, daran ändere auch das gute Ergebnis beim aktuellen "Festnetztest" der Zeitschrift "connect" nichts.

Bei diesem Test hatte die Firma 1&1 unter den bundesweiten Anbietern die höchste Punktzahl erreicht. Die Werbeaussage beziehe sich aber gar nicht auf diesen Test und die dort erreichte Auszeichnung als Testsieger, kritisierte das OLG. Vielmehr behaupte die Firma 1&1 ganz einfach — ohne den Inhalt des Tests auch nur annähernd zu erläutern —, über das beste Netz zu verfügen.

Darüber hinaus dürfe die Firma 1&1 in ihrer Reklame nicht die eingetragenen Markenzeichen der Telekom (u.a. das "T"-Zeichen und die Farbe Magenta) verwenden. Zwar sei es nicht grundsätzlich verboten, geschützte Marken der Konkurrenz im Rahmen zulässiger vergleichender Werbung einzusetzen. Das gelte aber nicht für unzulässige, irreführende Werbung.

Filme illegal im Internet verbreitet

Google und YouTube müssen E-Mail-Adressen verdächtiger Internetnutzer bekanntgeben

Eine deutsche Filmgesellschaft fahndete nach Internetnutzern, die ihre Urheberrechte an zwei Filmen verletzt hatten. Die Täter boten die beiden Filme — unter einem Pseudonym — auf der Internetplattform YouTube an. Die Filme wurden mehrere tausend Mal abgerufen. Die Filmgesellschaft wollte die Übeltäter auf Schadenersatz verklagen und verlangte deshalb von YouTube und Google deren richtige Namen und Postanschriften.

Die Medienunternehmen erklärten das für unmöglich: Sie hätten diese Daten gar nicht. Daraufhin forderte die Filmgesellschaft auf dem Klageweg von ihnen Auskunft über E-Mail-Adressen, Telefonnummern und IP-Adressen der Internetnutzer. Das Landgericht wies die Klage ab, doch das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt gab der Filmgesellschaft Recht — zumindest in Bezug auf die E-Mail-Adressen (11 U 71/16).

Derjenige, dessen Urheberrecht "in gewerblichen Ausmaß" verletzt werde, habe laut Gesetz Anspruch auf Auskunft nicht nur gegen den oder die Täter. Sondern auch gegen Personen oder Unternehmen, deren Dienstleistungen für diese Verstöße genutzt wurden. Diese Dienstleister seien verpflichtet, Auskunft über Namen und Anschrift der "Vervielfältiger" geschützter Werke zu erteilen. Unter den Begriff "Anschrift" falle auch die E-Mail-Adresse.

Historisch begründet, habe man unter "Anschrift" ursprünglich nur die Postanschrift verstanden — also den Ort, "an dem man jemanden ‚anschreiben‘ konnte". Das Urheberrechtsgesetz sei 1990 formuliert worden, als der E-Mail-Verkehr praktisch noch kaum eine Rolle spielte. Heutzutage, nach dem Siegeszug des elektronischen Geschäftsverkehrs, bedeuteten die Begriffe "Anschrift" und "Adresse" dasselbe. Der Anspruch auf Auskunft umfasse daher auch die E-Mail-Adresse. Auch sie gebe an, "wohin man schreiben muss, damit das Geschriebene den Empfänger erreicht".

Über Telefonnummer und IP-Adressen müssten Google und YouTube dagegen keine Auskunft erteilen. Nach allgemeinem Sprachgebrauch stellten die "Anschrift" einer Person und deren "Telefonnummer" unterschiedliche Kontaktdaten dar. Bei IP-Adressen handle es sich — trotz des Wortbestandteils "Adresse" — ebenfalls um etwas anderes. Denn der IP-Adresse komme keinerlei Funktion für die Kommunikation zu. Sie diene allein dazu, das Endgerät zu identifizieren, von dem aus eine bestimmte Webseite aufgerufen wurde.

(Das OLG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.)

(Un-)Glücklicher Finder

iPhone gefunden: Doch Hersteller Apple muss es für den neuen Eigentümer nicht freischalten

Im Sommer 2016 hatte Herr T ein iPhone gefunden und im Fundbüro der Kommune abgegeben. Da sich der Verlierer des Smartphones nicht meldete, wurde es nach Weihnachten 2016 Eigentum von Herrn T. So ist es im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt: Dem Finder gehört das Fundstück, wenn der Eigentümer nicht innerhalb eines halben Jahres im Fundbüro erscheint und die verlorene Sache beansprucht (§ 973 BGB).

Doch der Finder hatte nicht viel Freude an seinem neuen, alten Mobiltelefon. Ohne Zugangscode konnte er es nicht benutzen und der Apple Support weigerte sich ohne Angabe von Gründen, das Handy freizuschalten. Vergeblich zog Herr T vor Gericht, um den Apple Support zu verpflichten, das gesperrte und so für ihn wertlose Smartphone freizuschalten: Das Amtsgericht München wies seine Klage ab (213 C 7386/17).

Auf seine Stellung als neuer Eigentümer könne sich der Finder hier nicht berufen, fand die Amtsrichterin. Denn er habe eben — ein halbes Jahr nach dem Fund — das Eigentum an einem gesperrten und für ihn nicht nutzbaren iPhone erworben. Das Mobiltelefon für einen fremden Eigentümer freizuschalten, wäre außerdem vom Standpunkt des Datenschutzes sehr bedenklich.

Damit hätte Herr T Zugriff auf alle Daten, die der ursprüngliche Eigentümer jemals auf dem Handy gespeichert hatte. Um das zu verhindern, würden Mobiltelefone ja gerade gesperrt. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass völlig unklar sei, "wann, wo und unter welchen Umständen das Mobiltelefon dem ursprünglichen Eigentümer abhandengekommen sei."

Schleichwerbung in der TV-"Sprechstunde"

Bei Unzufriedenheit mit Schleichwerbung erhält das Unternehmen vom Fernsehsender kein Geld zurück

Ein Unternehmen beauftragte eine Fernsehanstalt damit, einen 20 Minuten dauernden Fernsehfilm zum Thema Psoriasis (Schuppenflechte) zu produzieren, der in der Sendereihe "Sprechstunde" ausgestrahlt werden sollte. Vereinbart wurde ein Pauschalhonorar von 146.000 DM. Auf Wunsch des Unternehmens sollte der Dokumentarfilm das Firmenzentrum in Israel mit Firmenschild zeigen, kompetente Ansprechpartner nennen und die entsprechenden Adressen einblenden.

Als die Dokumentation ausgestrahlt wurde, blendete die Regie jedoch lediglich Anschrift und Telefonnummer des Gesundheitsamts Landshut ein. Der Film stellte nach Ansicht des Unternehmens eine wirtschaftliche Katastrophe dar: Das sei doch keine Reklame gewesen! Es verklagte den Fernsehsender auf Rückzahlung des Honorars, weil er die "vertraglich vereinbarten Leistungen nicht erbracht habe". Darauf habe das Unternehmen keinen Anspruch, entschied das Oberlandesgericht München (6 U 5255/93).

Nach der gesetzlichen Regelung gelte für Fernsehanstalten der Grundsatz, dass zwischen Programm und Werbung strikt getrennt werden müsse. Es sei also unzulässig, in einem Film für die Sendung "Sprechstunde", der dem Fernsehpublikum als redaktioneller Beitrag vorgestellt werde, versteckt für Unternehmen zu werben. Auf diese Weise die Grenze zwischen Werbung und Dokumentation zu verwischen, sei wettbewerbswidrig. Da die mit dem Unternehmen "vertraglich vereinbarte Leistung" gegen das Wettbewerbsrecht verstoße, sei dem Fernsehsender keine unzulängliche Leistung vorzuwerfen. Er habe sich bei der Ausstrahlung der Dokumentation nur am Gesetz orientiert.

Privates Sexfoto ins Internet gestellt

Ein junger Mann muss seiner Ex-Freundin 7.000 Euro Schmerzensgeld zahlen

Gerade mal 16 Jahre alt war das Liebespaar, da knipste der junge Mann mit dem Smartphone ein Foto: Es zeigte das Paar beim Oralverkehr. Das Mädchen ist auf dem Bild zu erkennen. Zwei Jahre später stellte der Mann nach dem Ende der Beziehung das Foto auf eine Internetplattform, ohne Wissen der Ex-Freundin. Die Internetplattform ist allgemein zugänglich und wurde von Freunden und Bekannten des Paares eifrig benutzt.

Über soziale Netzwerke verbreitete sich das Foto rasend schnell. Als die junge Frau davon erfuhr, forderte sie den Mann auf, das Bild zu entfernen. Das tat er sofort, löschte später auch sein Profil auf der Internetplattform. Doch das intime Foto war nun mal im Netz unterwegs. Darunter litt die Frau so sehr, dass sie psychisch erkrankte. Vom Ex-Freund forderte sie mindestens 5.000 Euro Schmerzensgeld.

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm befragte eine medizinische Sachverständige zu den psychischen Folgen (3 U 138/15). Anschließend sprach das OLG der jungen Frau 7.000 Euro Schmerzensgeld zu. Die Sachverständige habe den Gesundheitsschaden durch die Verbreitung des Bildes überzeugend erläutert, so das OLG. Die Jugendliche habe über Monate hinweg kaum gewagt, das Haus zu verlassen — denn sie sei überall auf das Foto angesprochen worden.

Lange sei sie deshalb außerstande gewesen, eine Berufsausbildung zu beginnen. In diesem Alter sei ein Mädchen besonders verletzlich, wenn es so massiv bloßgestellt werde. Das Sexfoto sei zwar im Einvernehmen entstanden, aber nicht für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen. Und natürlich habe eine Menge von Personen das Bild im Internet entdeckt und heruntergeladen, bekannte und unbekannte Personen. Im Netz sei die Verbreitung eines Fotos nicht zu kontrollieren.

Die Umstände rechtfertigten ein Schmerzensgeld in dieser Höhe. Offenkundig habe der Mann das Bild spontan und stark betrunken hochgeladen, ohne die gravierenden Folgen dieser Handlung zu bedenken. Mittlerweile habe die junge Frau den Wohnort gewechselt und den Schulabschluss geschafft. In neuer Umgebung sei die Chance größer, künftig nicht mehr mit dem Foto konfrontiert zu werden.

Löw contra "Freizeit-Revue"

Boulevardblatt dichtete ihm "neues Glück" an: Bundestrainer Joachim Löw setzt Gegendarstellung durch

Wer prominent ist, dem werden von Boulevardblättern gerne Affären nachgesagt: eine Art Naturgesetz der Regenbogenpresse, die seit jeher von "Fake News" lebt. Nun hat es Fußball-Bundestrainer Joachim Löw getroffen.

Die vom Burda-Verlag herausgegebene Illustrierte "Freizeit Revue" brachte Anfang Mai 2017 eine Titelgeschichte über Löw heraus. Unter der Schlagzeile "Neues Glück!" berichtete sie über eine Beziehung des Bundestrainers zur Schauspielerin Dennenesch Zoudé, die Löw bestreitet.

Bundestrainer Löw strengte schon im Mai ein Eilverfahren gegen den Verlag an: Antragsgemäß verpflichtete das Landgericht Offenburg die "Freizeit Revue" dazu, eine Gegendarstellung zu veröffentlichen. Den Widerspruch des Verlags gegen diese Entscheidung lehnte das Landgericht jetzt ab: Die Illustrierte müsse Löws Gegendarstellung zu ihrem Bericht drucken (3 O 143/17). Und zwar — wie von Löw gefordert — auf der Titelseite des Blattes, wo auch der Bericht erschienen sei.

Die Illustrierte hatte es zwar mit einer Ausrede versucht: Löw und Zoudé würden sich nachweislich kennen, also stünden sie in einer Beziehung zueinander. In dem Bericht werde ja gar nicht behauptet, dass sie auch ein Paar seien. Dieses Argument wurde vom Landgericht zurückgewiesen: Die Anspielungen seien deutlich genug. Niemand müsse Berichte über offenkundig erfundene Liebesaffären hinnehmen. (Gegen die Entscheidung des Landgerichts Offenburg kann der Burda-Verlag beim Oberlandesgericht Karlsruhe Berufung einlegen.)

Telekom möchte Ex-Kunden "beraten"

Gericht kippt Vertragsklausel: Werbung nach Vertragsende benachteiligt die Verbraucher

Wer mit der Telekom Deutschland GmbH im Internet einen Telefonvertrag abschließt, wird darum gebeten, per Mausklick einer "individuellen Kundenberatung" zuzustimmen. Das Unternehmen möchte Kunden und ehemalige Kunden über neue Angebote und Services informieren, per E-Mail, Telefon, SMS oder MMS. Die Erlaubnis zur Nutzung der Vertragsdaten soll bis zum Ende des auf eine Kündigung des Kunden folgenden Jahres gelten.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband beanstandete die vorformulierte Einwilligungserklärung, obwohl Verbraucher die Erlaubnis für die "Kundenberatung" jederzeit widerrufen können. Die Kritik der Verbraucherschützer: Hier würden mehrere Werbekanäle zusammengefasst, die der Kunde pauschal "abnicken" solle. Obendrein gelte die Erlaubnis für einen unzumutbar langen Zeitraum nach Vertragsende.

Das Oberlandesgericht (OLG) Köln gab dem Bundesverband Recht und erklärte die Vertragsklausel für unwirksam (6 U 182/16). Vertragsdaten der Verbraucher auch nach Vertragsende für "individuelle Kundenberatung" — sprich: Reklame — zu verwenden, verstoße gegen das Verbot belästigender Werbung. Wenn der Ex-Kunde Pech habe, werde er von der Telekom auch dann noch kontaktiert, wenn er schon seit fast zwei Jahren Kunde bei einem Konkurrenzunternehmen sei.

Zudem sei die eingeräumte Befugnis unklar definiert, weshalb die Kunden ihr Einverständnis auch nicht in Kenntnis der Sachlage bzw. aller Konsequenzen erteilten. Das OLG hat in seinem Urteil die Frage nicht beantwortet, ob für die unterschiedlichen Werbekanäle jeweils eine extra Erlaubnis zur Kontaktaufnahme eingeholt werden muss. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Falles hat das OLG die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Auskunft zum Filesharing

Vom Telefonanbieter offenbarte Kunden-Bestandsdaten dürfen vor Gericht verwertet werden

Die Nutzungsrechte für das Computerspiel "Dead Island" gehören einer Onlinefirma, die das Spiel im Internet vertreibt. Als "Dead Island" an einer Internet-Tauschbörse illegal zum Herunterladen angeboten wurde, suchte die Firma nach dem Übeltäter, der ihr Urheberrecht verletzte. Sie wandte sich an die Deutsche Telekom AG als Netzbetreiberin: Bei Verletzungen des Urheberrechts kann der Rechteinhaber von Telekommunikations-Dienstleistern Auskunft verlangen.

Die Telekom teilte mit, welche Benutzerkennung und welche IP-Adressen im fraglichen Zeitraum im Spiel waren. Das Urheberrecht war nicht von einer Vertragspartnerin der Telekom, sondern von einer Kundin des Internetdienstleisters X verletzt worden. Dessen Anschlüsse laufen über das Netz der Deutschen Telekom AG. Die Computerspiel-Firma fragte nun Dienstleister X nach den Daten und X übermittelte ihr den Namen und die Anschrift der Kundin, die "Dead Island" rechtswidrig angeboten hatte.

Von der Kundin forderte die Computerspiel-Firma 860 Euro Abmahnkosten plus 500 Euro Entschädigung für das illegale Filesharing. Zunächst ohne Erfolg, denn das Landgericht war der Ansicht, die Auskunft des Dienstleisters X dürfe vor Gericht nicht als Beweis verwertet werden: Laut Telekommunikationsgesetz müsse vor einer Auskunft über "Verkehrsdaten" (= Verbindungsdaten) ein Richter prüfen, ob sie zulässig sei. Der Richter habe aber nur die Auskunft von Netzbetreiber Telekom genehmigt, nicht die Auskunft von Dienstleister X.

Der Bundesgerichtshof sah dagegen keinen Grund, die von X genannten Daten der Internetkundin vor Gericht nicht zu verwenden. Er hob das Urteil der Vorinstanz auf und verwies den Rechtsstreit zurück (I ZR 193/16). Für die Auskunft des Netzbetreibers liege eine richterliche Genehmigung vor und nur dafür sei sie notwendig, weil es dabei um Verbindungsdaten gehe. Die Telekom habe offengelegt, welche Benutzerkennung den ermittelten IP-Adressen zugeordnet war — von welchem Internetanschluss also das Filesharing ausging.

Bei der Auskunft des "Endkundenanbieters" X sei es um die Personendaten (= Bestandsdaten) der X-Kundin gegangen — dafür sei keine richterliche Erlaubnis notwendig. Die Vorinstanz habe die Klage der Computerspiel-Firma zu Unrecht wegen Beweisverwertungsverbots abgewiesen. Sie müsse sich nun inhaltlich mit der behaupteten Urheberrechtsverletzung befassen.

EuGH zu Streamingportalen

Urheberrecht: Nicht nur Filesharing von Filmen, auch Streamen kann illegal sein

So genannte Streaming-Webseiten wie z.B. Kinox.to bieten im Internet Serien und Filme an. Solche Portale mit Hilfe von Computern oder Mediaplayern zu nutzen, galt bisher als mehr oder weniger legal. Denn anders als beim Filesharing werden die geschützten Werke auf diese Weise von den Nutzern nicht weiterverbreitet, sondern nur zwischengespeichert und angesehen.

Doch der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun entschieden, dass auch das rechtswidrig sein kann — vorausgesetzt, der Nutzer weiß, dass er illegal geschützte Werke "konsumiert" (C-527/15).

Im konkreten Fall ging es um das Geschäftsmodell eines Niederländers, der im Internet verschiedene Modelle einer Multimedia-Box ("filmspeler") anbot. Auf den Geräten sind Software und Add-ons installiert, über die man auf illegale Streaming-Webseiten zugreifen kann. Der "Medienabspieler" verbindet das Internet mit dem Fernseher: So können die Nutzer kostenlos auch Filme oder Serien anschauen, die rechtswidrig im Internet zugänglich sind.

Gegen dieses Geschäftsmodell klagte der niederländische Verband "Stichting Brein", der sich für den Schutz von Urheberrechten einsetzt. Das niederländische Gericht, das über den Rechtsstreit urteilen sollte, legte ihn dem EuGH vor. Und der EuGH kam zu dem Schluss: Derartige Geräte zu verkaufen, verletzt das Urheberrecht. Filme oder Serien über Mediaplayer abzuspielen, stelle eine "öffentliche Wiedergabe geschützter Werke" dar.

Viele Personen hätten den "Medienabspieler" gekauft, die vermutlich größtenteils über Internet verfügten. Somit richte sich die Wiedergabe geschützter Werke per "Medienabspieler" an eine unbestimmte Zahl möglicher Adressaten. Diese zahlten für das Gerät, um direkten Zugang zu Werken zu erhalten, die auf Streaming-Webseiten ohne Erlaubnis der Urheber zugänglich gemacht würden. Das beeinträchtige die Verwertung dieser Werke und damit die berechtigten Interessen der Urheber.

Diese Argumente gelten natürlich auch für Computer, die Streaming ermöglichen. Dass das Urteil zu einer Abmahnwelle gegen private Nutzer von Streamingportalen führt, ist vorerst aber nicht zu erwarten. Denn illegale Streamingportale speichern die IP-Adressen ihrer Nutzer nicht. Wer allerdings für solche Dienste Geld überwiesen hat, ist durch den Zahlungsvorgang leicht zu identifizieren und muss künftig mit einer Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung rechnen.

Höchststrafe: Lehrer nimmt Schüler das Handy weg!

Kurzartikel

An einem Freitag geschah das Unerhörte: Der Lehrer einer Berliner Sekundarschule zog wegen Störung des Unterrichts das Mobiltelefon eines 16-jährigen Schülers ein. Erst am Montag händigte es die Schulsekretärin seiner Mutter aus. Das Verwaltungsgericht Berlin sah keinen Anlass, nachträglich zu beurteilen, ob die Maßnahme rechtswidrig und diskriminierend war: Schließlich besuche der Schüler jetzt eine andere Schule. Man könne allerdings festhalten, dass es keinen unzumutbaren Eingriff in die Grundrechte eines Schülers darstelle, wenn er am Wochenende nicht per Smartphone erreichbar sei.

Stadtdirektor als "allergrößte Pfeife" beschimpft

Die Pressefreiheit hat Grenzen: Redakteur muss Schmerzensgeld zahlen

Ein Anzeigenblatt bezeichnete den Stadtdirektor in der Überschrift eines Artikels zum bevorstehenden Amtswechsel als "allergrößte Pfeife". Der Betroffene fühlte sich durch diese Schmähung in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt und verlangte vom Redakteur 15.000 DM Schmerzensgeld.

Das Landgericht Oldenburg stellte sich auf die Seite des beleidigten Stadtdirektors (5 O 932/94). Zwar lasse das Bundesverfassungsgericht bei Äußerungen im politischen Meinungskampf - also zu Themen, die die Öffentlichkeit bewegen - Großzügigkeit walten. Angesichts der heutigen Reizüberflutung aller Art seien "einprägsame und starke" Formulierungen in politischen Debatten hinzunehmen. Allerdings müsse dabei die Auseinandersetzung in der Sache im Vordergrund stehen.

Bei dem strittigen Artikel gehe es dagegen ersichtlich nur darum, die Person herabzusetzen. Deshalb verletze die Überschrift das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen. Den Mann als "allergrößte Pfeife" zu bezeichnen, überschreite die Grenze zur Schmähkritik. Das sei ein Werturteil ohne sachlichen Hintergrund, das nicht mehr durch die Presse- oder Meinungsfreiheit gedeckt sei. Der Redakteur des Artikels müsse deshalb das verlangte Schmerzensgeld zahlen, um die "ideelle" Beeinträchtigung auszugleichen.

Handyverbot beim Autofahren

Wird ein Mobiltelefon "verbotswidrig genutzt", wenn der Fahrer es zum Aufladen in die Hand nimmt?

Das "Handyverbot" beim Autofahren beschäftigt weiter die Gerichte. Erneut wurde einem Autofahrer eine Geldbuße aufgebrummt, weil er während der Fahrt sein Mobiltelefon verbotswidrig genutzt habe. Dabei hatte er sein Handy nur angefasst, um es in die Ladeschale zu stecken — das behauptete jedenfalls der Verkehrssünder, der sich gegen die Geldstrafe wehrte.

Das Amtsgericht Landstuhl stellte sich auf seine Seite und ersparte ihm die 60 Euro Bußgeld: Wer das Mobiltelefon nur aufnehme, um es zum Laden anzuschließen, verstoße nicht gegen das Benutzungsverbot (2 OWi 4286 Js 12961/16).

Anders hatte das Oberlandesgericht Oldenburg entschieden (2 Ss OWi 290/15, Beschluss vom 7.12.2015 — Onlineurteile-Artikel Nr. 54557). Das Verbot gelte auch für Handgriffe wie das Aufladen, die das Benutzen des Mobiltelefons nur vorbereiten sollten, so das Oberlandesgerichts Oldenburg: Denn auch solche Handgriffe lenkten den Fahrer ab, der sich auf den Straßenverkehr konzentrieren solle.

Damit hat das Oberlandesgericht nach Ansicht des Amtsgerichts Landstuhl den Wortlaut der einschlägigen Vorschrift (§ 23 Abs. 1a Straßenverkehrsordnung) unzulässig erweitert. Obwohl der Autofahrer keine Funktion des Smartphones genutzt habe, unterstelle man ihm den bösen Willen, sein Mobiltelefon widerrechtlich während der Autofahrt einzusetzen.

Dabei sei es doch sogar erlaubt, beim Fahren mit Headset oder Freisprechanlage zu telefonieren und dabei das Telefon in die Hand zu nehmen. So habe es zumindest das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden (4 Ss 212/16, Beschluss vom 25.4.2016).

Filesharing am Familien-Internetanschluss

Eltern haften für die Urheberrechtsverletzung eines ihrer volljährigen Kinder

Im Januar 2011 wurde das Musikalbum "Loud" der Sängerin Rihanna im Internet zum kostenlosen Download angeboten: illegales Filesharing. Der Medienkonzern, der die Verwertungsrechte an diesen Musiktiteln innehat, ließ den Internetanschluss ermitteln, von dem die Urheberrechtsverletzung ausgegangen war.

Es handelte sich um einen Familienanschluss: Den teilten sich Eltern und ihre drei volljährigen Kinder, die noch im Haus wohnten. Jedes Familienmitglied hatte einen eigenen Rechner und über den WLAN-Router Zugang zum Internet. Die Eltern erklärten, sie wüssten, welches ihrer Kinder die illegale Aktion ausgeführt habe. Doch den Namen gaben sie nicht preis. Das Landgericht verurteilte sie, dem Medienkonzern 2.500 Euro Schadenersatz zu zahlen und zusätzlich die Abmahnkosten zu erstatten.

Alle Rechtsmittel gegen dieses Urteil blieben erfolglos, auch der Bundesgerichtshof bestätigte es (I ZR 19/16). Wenn von einem Internetanschluss aus das Urheberrecht verletzt wurde, sei der Anschlussinhaber verpflichtet, im Rahmen des Zumutbaren zur Aufklärung beizutragen, betonten die Bundesrichter. Andererseits sollten solche Nachforschungen nicht den Familienfrieden stören: Schutz der Familie und Schutz des geistigen Eigentums müsse man gegeneinander abwägen.

So könne man z.B. von einem Ehepartner nicht verlangen, die Internetnutzung des anderen Partners zu dokumentieren oder dessen Computer auf Filesharing-Software zu durchforsten. Hier liege der Fall aber anders: Denn die Eltern wüssten bereits darüber Bescheid, welches Familienmitglied das Urheberrecht verletzt habe. Unter diesen Umständen müssten sie den Namen offenbaren oder selbst Schadenersatz leisten.

Umstrittene Handy-Rechnung

Kurzartikel

Berechnet ein Mobilfunkunternehmen einer Kundin Gebühren für die Leistungen fremder Anbieter, obwohl die Kundin mehrmals erklärt hat, keine kostenpflichtigen Leistungen anderer Anbieter genutzt zu haben, ist dies unzulässig. Wer Gebühren verlangt, muss auch darlegen, wofür: Mobilfunkunternehmen dürfen bei unberechtigten Rechnungsposten Dritter die Kunden nicht abkassieren und damit vertrösten, sie könnten sich den Betrag per Gutschrift vom Drittanbieter zurückholen.

Satellit statt Kabel?

Vermieterin darf die vereinbarte Art des Rundfunk- und Fernsehempfangs nicht eigenmächtig ändern

Laut Mietvertrag verfügte die Wohnung des Ehepaares V über einen Kabelanschluss für Radio und Fernsehen. Die Mieter hatten sich mit passenden Geräten (TV-Gerät, Receiver, Radio) ausgestattet. Doch da hatten sie die Rechnung ohne ihre Vermieterin gemacht. Eines Tages kündigte sie ohne Vorankündigung den Vertrag mit dem Kabelanbieter und ließ eine Satellitenanlage installieren.

Damit war das Ehepaar V nicht einverstanden und verlangte, den Kabelanschluss wieder herzustellen. Während das Amtsgericht die Klage abwies, waren die Mieter beim Landgericht Kempten erfolgreich (52 S 2137/15). Es sei vertraglich vereinbart, betonte das Landgericht, dass die Mieter Rundfunk und Fernsehen über ein Breitbandkabelnetz empfangen könnten und den Empfang mit den Nebenkosten bezahlen sollten.

Wenn eine Wohnung mit einer bestimmten Art des Empfangs vermietet werde, müsse die Vermieterin dessen Fortbestand gewährleisten. Sie dürfe nicht einseitig die Empfangsart ändern, eine Satellitenanlage installieren und die Mieter vor vollendete Tatsachen stellen. Das Kabelnetz sei nach wie vor vorhanden: Die Vermieterin könne das gekündigte Vertragsverhältnis mit dem Kabelanbieter durchaus wiederbeleben.

Selbst wenn ihr Argument zuträfe, dass das Kabelnetz veraltet sei und die Satellitenanlage demgegenüber den Wohnwert verbessere: Eine Modernisierungsmaßnahme müssten Vermieter vorher ankündigen. Nur dann seien die Mieter verpflichtet, die Maßnahme zu akzeptieren — angesichts des Hauruck-Verfahrens der Hauseigentümerin seien sie das nicht.

Die Vermieterin müsse in der Mietwohnung des Ehepaares V den Breitbandkabelanschluss wieder in Betrieb setzen, damit dort wieder ein "splitterfähiges Kabelsignal" für Radio und Fernsehen ankomme.

Defekte Telefonleitung

Ist in einer Mietwohnung Telefon bzw. Internet nicht verfügbar, stellt das einen Mangel dar

Die Mieterin einer Zwei-Zimmer-Wohnung in Essen verklagte ihre Vermieterin: Sie wollte die Hauseigentümerin verpflichten, die defekte Telefonleitung reparieren zu lassen. Damit erreichte die Mieterin beim Landgericht Essen jedoch nur einen Teilerfolg (10 S 43/16).

Wenn die Telefonleitung defekt sei, sei das als Mangel der Mietsache anzusehen, erklärte das Landgericht. Dieser Mangel rechtfertige eine Minderung der Miete um zehn Prozent. Der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache beinhalte selbstverständlich auch die Möglichkeit, über das Festnetz zu telefonieren und das Internet zu nutzen. Das sei heutzutage essenziell. Die Mieterin müsse sich nicht auf ein Handy oder andere Alternativen verweisen lassen.

Allerdings sei die Vermieterin nicht verpflichtet, die Leitung reparieren zu lassen. Dafür sei das Telekommunikationsunternehmen zuständig, mit dem für das Mietshaus ein entsprechender Vertrag existiere. Die Hauseigentümerin müsse diesem Unternehmen nur den Zugang zur Leitung ermöglichen und den erforderlichen Arbeiten zustimmen bzw. diese dulden.

Edgar-Wallace-Filmausschnitte in TV-Komikserie

Otto Waalkes verletzte keine Urheberrechte, indem er die Originalmusik der Wallace-Filme wegließ

Der Komiker Otto Waalkes drehte eine Sketch-Serie, in der er Ausschnitte alter Edgar-Wallace-Filme bearbeitete: Teils ließ er sich selbst per Computeranimation in die Ausschnitte hineinkopieren, teils drehte er neue Filmsequenzen, die er mit alten Filmausschnitten kombinierte.

Über die Serie beschwerte sich der Inhaber der Filmmusikrechte an den Wallace-Filmen, weil Otto die Originalmusik weggelassen hatte. Die Filmausschnitte ohne die Originalmusik zu verwenden, sei unzulässig und verletze das Urheberrecht, fand der Erbe des Komponisten. Otto müsse wegen unlauteren Wettbewerbs entweder sein Projekt einstellen oder Schadenersatz zahlen.

Das Landgericht Hamburg stellte jedoch sich jedoch auf die Seite von Otto Waalkes (308 O 24/95). Die Comedyserie sei nicht mit den Originalfilmen zu vergleichen: Die Sketche hätten zur Gesamtdramaturgie der Kriminalfilme - und den dort mit Musik unterlegten Szenen - keinerlei Bezug mehr. Otto habe die Ausschnitte vollkommen frei benützt und daraus ein selbständiges Werk mit ganz anderem Charakter gedreht.

In der Komikserie würden keine Kriminalfälle spannend dargestellt. Die Sketche und komischen Szenen in schnellen Schnittfolgen drehten sich um andere Inhalte und um die Person Otto. Hier die Originalmusik einzuspielen, hätte nur eine "Kakophonie" bewirkt. Der Verzicht auf die Originalmusik verletze daher keine Urheberrechte.

"Rabauken-Jäger" ist keine Beleidigung

Journalist berichtete über einen Jäger, der ein totes Reh am Seil mit dem Auto abschleppte

Ein Mecklenburger Jäger war mit dem Auto in Richtung Ostsee unterwegs, wo er ein paar Urlaubstage verbringen wollte. Da rief ihn ein Jagdkollege an: Auf der Bundesstraße liege in seinem Jagdrevier ein totes Reh. Bald darauf entdeckte Jäger T den Kadaver auf der rechten Fahrbahnseite. Natürlich hatte er auf dem Weg in den Urlaub keinen Anhänger dabei, mit dem er das Reh hätte bergen können. Liegen lassen wollte T den Kadaver aber auch nicht, weil er eine Unfallgefahr darstellte.

Kurzerhand befestigte der Jäger das tote Tier mit einem Seil an der Anhängerkupplung und zog es mit Schrittgeschwindigkeit ca. 100 Meter die Straße entlang bis zum Abzweig eines Feldwegs, wo er es vergrub. Einer der nachfolgenden Autofahrer fotografierte die Abschleppaktion und stellte das Bild ins Internet. Sogleich entbrannte im Netz eine heftige Diskussion über den Umgang mit toten Tieren. Der Lokalredakteur einer Zeitung berichtete darüber unter dem Titel: "Rabauken-Jäger erhitzt die Gemüter".

In seinem Artikel gab der Redakteur auch die Stimmung im Internet wieder. Dort wurde der Jagdpächter als "Drecksjäger" und "widerlicher Wildschleifer" bezeichnet, dem "die Jagdlizenz entzogen gehört". Erbost erstattete Jäger T gegen den Journalisten Anzeige wegen Beleidigung. Das Landgericht verurteilte den Redakteur zu einer Geldbuße von 1.000 Euro. Zu Unrecht, entschied das Oberlandesgericht Rostock (20 RR 66/16).

Der Artikel schildere die Reaktion in sozialen Medien auf das Foto und zitiere ehrverletzende Urteile wie "Drecksjäger" nur, ohne sich diese zu eigen zu machen. Das sei grundsätzlich nicht als Beleidigung anzusehen. Mit "Rabauke" bezeichne man normalerweise junge Männer, die sich daneben benehmen. Das sei eine eher harmlose Kritik. Ob der Titel "Rabauken-Jäger" überhaupt eine Beleidigung darstelle, sei daher fraglich.

Allerdings könne diese Frage offen bleiben, denn nicht jede kränkende Äußerung sei strafbar. Es sei denn, es gehe ausschließlich darum, jemanden als Person zu diffamieren und an den Pranger zu stellen.

Das sei hier nicht der Fall: Hier werde Kritik geübt am "nicht weidgerechten" Vorgehen des Jägers. Es gehe also um eine Auseinandersetzung in der Sache, wenn auch in flapsigem Ton. Daher müsse hier der Schutz des Persönlichkeitsrechts hinter dem hohen Gut der Meinungs- und Pressefreiheit zurückstehen.

T habe zwar eine Gefahr für den Verkehr beseitigen wollen (was der Journalist beim Verfassen des Artikels noch nicht wusste), dennoch sei sein Verhalten objektiv kritikwürdig. Jäger müssten sich auch bei der Beseitigung von Fallwild an das Gebot halten, Wild als Geschöpf der Natur zu achten und zu behandeln. Ein totes Reh mit Auto und Seil auf öffentlicher Straße abzuschleppen, werde diesem Gebot nicht gerecht und sei geeignet, das Ansehen der Jägerschaft zu beeinträchtigen.

Actionfilm ins Internet gestellt

Haftet die Inhaberin des Internetanschlusses für illegales Filesharing, wenn sich jemand unberechtigt Zugang zum WLAN verschafft?

2012 kam der Actionstreifen "The Expendables 2" mit Sylvester Stallone in die Kinos. Ein Unbekannter verschaffte sich unbefugt Zugang zum WLAN einer Internetnutzerin — nennen wir sie Frau Müller — und stellte den Film illegal ins Netz, so dass er von jedermann gesehen werden konnte. Der Produzent und Inhaber der Verwertungsrechte an dem Film forderte von Frau Müller Ersatz von Abmahnkosten: Von ihrem Anschluss sei die Verletzung seiner Urheberrechte ausgegangen.

Dagegen wehrte sich die Anschlussinhaberin, die ihren Internet-Router Anfang 2012 installiert hatte. Gesichert war er mit einem WPA2-Schlüssel aus 16 Ziffern, den der Hersteller vergeben und auf die Rückseite des Routers gedruckt hatte. Frau Müller hatte diesen Schlüssel nicht geändert. Sie müsse für die Urheberrechtsverletzung nicht geradestehen, entschied der Bundesgerichtshof (I ZR 220/15).

Inhaber eines Internetanschlusses mit WLAN-Funktion müssten zwar die Sicherheit ihres Routers prüfen: Die Verschlüsselung müsse dem aktuellen, marktüblichen Standard entsprechen, das Passwort müsse individuell, ausreichend lang und sicher sein. Das treffe hier zu: Der Standard WPA2 sei als sicher anerkannt. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass der voreingestellte 16-stellige Zifferncode bereits 2012 unsicher gewesen sein könnte und von Dritten zu entschlüsseln war.

Zudem handelte es sich um ein einmal vergebenes Passwort, nicht etwa um ein Passwort für eine Vielzahl von Geräten. Unter diesen Umständen sei es nicht zu beanstanden, wenn ein Internetnutzer das vom Hersteller voreingestellte WLAN-Passwort beibehalte. Eine bei diesem Routertyp bestehende Sicherheitslücke sei erst 2014 bekannt geworden. Da sich die unbekannte Person 2012 Zugang zum WLAN verschaffte, treffe die Anschlussinhaberin kein Verschulden am illegalen Filesharing.