Medien und Kommunikation

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"Kein Mindestumsatz erforderlich"

Diese Werbung für den Prepaid-Basistarif von "Alditalk" ist irreführend

Im Internet wirbt die Medion AG für den "Basis-Prepaid-Tarif" von "Alditalk" mit dem Versprechen, hier werde "kein Mindestumsatz" verlangt. Das sei falsch, kritisierte der Bundesverband der Verbraucherzentralen: Bei diesem Tarif könne der Kunde (nach Aktivierung der SIM-Karte) das Startguthaben nur zwölf Monate lang nutzen. Nach Ablauf dieses "Aktivitätszeitfensters" sei der Kunde auf dem Handy noch zwei Monate erreichbar, danach werde die SIM-Karte deaktiviert.

Um das Abschalten zu vermeiden, müsse der Kunde das Guthaben aufladen. Werde der Mindestbetrag von fünf Euro aufgeladen, verlängere sich das Zeitfenster um vier Monate, dann müsse man erneut aufladen. Erreichten Kunden das Maximalguthaben von 200 Euro, müssten sie mindestens fünf Euro vom Guthaben "abtelefonieren" — ansonsten könnten sie nicht mehr aufladen und die Nutzung des Handys nicht mehr verlängern.

Das Landgericht Essen gab den Verbraucherschützern Recht und verbot die Reklame als irreführend (1 O 314/21). Wenn Kunden im Prepaid-Basistarif in regelmäßigen Abständen ihr Guthaben auffüllen müssten, um die Abschaltung zu verhindern, könne keine Rede davon sein, dass bei diesem Tarif kein Mindestumsatz verlangt werde.

Die Werbeaussage erwecke den falschen Eindruck, nach dem Erwerb des Starter-Sets müssten Kunden nichts mehr zahlen, um dauerhaft über das Handy erreichbar zu sein. Das treffe jedoch nicht zu, da die (vertraglich zugesicherte) weitere Nutzung der SIM-Karte von einer Zahlung abhänge, die nichts mit dem Verbrauch des Kunden zu tun habe. Wenn Kunden das maximale Guthaben erreichten, müssten sie darüber hinaus Guthaben verbrauchen, um das so genannte "Aktivitätszeitfenster" verlängern zu können.

"Inbox-Werbung" ist unzulässig

Im Posteingangsfach kostenloser E-Mail-Dienste darf Reklame nur mit Erlaubnis des Nutzers eingeblendet werden

Ausgangspunkt des Verfahrens war der Streit zweier Stromlieferanten. Ein Stromunternehmen hatte einen so genannten Freemail-Dienst (d.h. einen kostenlosen E-Mail-Provider wie z.B. GMX oder web.de) damit beauftragt, seine Werbung in den Mail-Eingangs-Ordnern der Kunden anzuzeigen ("Inbox"). Der Konkurrent sah darin einen Wettbewerbsverstoß: Derartige Reklame setze die Einwilligung der Nutzer voraus.

Der Bundesgerichtshof gab dem Konkurrenten Recht (I ZR 25/19). Ohne eine ausdrückliche Genehmigung der Kunden des Mail-Dienstes sei es wettbewerbswidrig, illegal und eine unzumutbare Belästigung, Inbox-Reklame einzublenden.

Natürlich finanzierten sich Freemail-Dienste teils durch Werbung. Nutzer, die pauschal ihr Einverständnis mit Werbeeinblendungen erklärten, um für die Nutzung des E-Mail-Dienstes nichts zahlen zu müssen, stimmten damit aber nicht zugleich der Inbox-Werbung zu.

Vielmehr müssten die Nutzer klar und präzise über die Modalitäten der Verbreitung von Inbox-Reklame informiert worden sein — insbesondere darüber, dass die Werbenachrichten in der Liste der empfangenen privaten E-Mails angezeigt werden. Wenn Nutzer danach trotzdem einwilligten, die Werbenachrichten zu erhalten, sei das Einverständnis wirksam erteilt.

"Unbegrenzt für 0 ct/Min. telefonieren"

Irreführende Werbung von "1&1" für Telefon-Flatrate mit kostenpflichtigen Ausnahmen

Einmal mehr erstritt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) ein Urteil gegen die irreführende Werbung eines Telefonanbieters. Er zog gegen die Internetreklame des Unternehmens "1&1" Telecom vor Gericht, weil sie die Verbraucher täusche: Sie könnten "unbegrenzt für 0 ct/Min. ins deutsche Festnetz telefonieren", werde ihnen da versprochen. Wer einen Mobilfunktarif wähle, erhalte eine Flatrate fürs Festnetz und für alle deutschen Mobilfunknetze.

Klinge erst mal gut, treffe aber nicht zu. Denn nach den Vertragsbedingungen gelte die Flatrate nicht für Servicedienste mit "geographischen Festnetznummern" (Ortsvorwahl), bemängelte der vzbv. Immerhin 100 Seiten lang war die Liste der kostenpflichtigen Festnetznummern … Dazu gehörten u.a. Rufnummern, die es ermöglichen, an Telefonkonferenzen teilzunehmen. Während der Pandemie viel benutzt: Dass dafür trotz Flatrate 2,9 Cent pro Minute fällig wurden, erfuhren viele Homeoffice-Arbeiter erst nachträglich.

Das Landgericht Koblenz gab den Verbraucherschützern Recht und verbot die Reklame als irreführend (3 HK O 43/20). Der Verbraucher verstehe die "1&1"-Werbung so, dass die Flatrate für alle Anrufe ins Festnetz gelte — also über die Entgeltpauschale hinaus keine Kosten anfallen. Wer für eine Telefon-Flatrate werbe, müsse auf kostenpflichtige Ausnahmen klar und unmissverständlich hinweisen, so das Landgericht. Im konkreten Fall seien so viele Servicedienste mit Ortsvorwahl betroffen, dass man kaum noch von Ausnahmen sprechen könne.

Die Reklame für die Festnetz-Flatrate erwecke einen völlig falschen Eindruck und das offenbar absichtlich: Denn der Hinweis auf Ausnahmen und die lange Liste der kostenpflichtigen Rufnummern mit Ortsvorwahl sei auf der Internetseite des Unternehmens schwer zu finden. Während die Flatrate auffällig herausgestrichen werde, müssten Internetnutzer lange klicken und scrollen, um die Informationen zu den kostenpflichtigen Rufnummern zu finden.

"Fake-Account" mit Sexauftritt einer ahnungslosen Frau

Bei Verletzungen des Persönlichkeitsrechts muss Instagram Nutzerdaten herausgeben

Frau X staunte nicht schlecht, als sie von Bekannten und Nachbarn auf "ihren" freizügigen Auftritt im Internet angesprochen wurde. Davon wusste sie nämlich nichts. Dann recherchierte sie auf der Social-Media-Plattform Instagram und staunte noch mehr: Eine unbekannte Person hatte auf Instagram einen Account eröffnet. Der Nutzername bestand aus ihrem Vornamen und der Angabe "wurde gehackt".

Der oder die Unbekannte hatte Bilder von Frau X in Unterwäsche in den Account eingestellt, das Gesicht verdeckt mit einem Smartphone. Dazu Kommentare, die den Eindruck erweckten, die abgebildete Frau werbe um sexuelle Kontakte. Frau X wandte sich an die Plattformbetreiberin und meldete den Vorfall. Daraufhin wurde der Account gesperrt — die Daten des Account-Inhabers rückte Instagram aber nicht heraus.

Zunächst klagte Frau X vergeblich auf Auskunft. Doch das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig stellte sich auf ihre Seite (9 Wx 23/21). Die Auskunft sei für die Betroffene notwendig, so das OLG, um gegen die Verletzung ihres Persönlichkeitsrechts vorgehen zu können. Mit dem Fake-Account und den Fotos werde suggeriert, Frau X wolle sich zur Schau stellen und Internetnutzern ihr sexuelles Interesse kundtun. So werde ihr unsittliches Verhalten "untergejubelt":

Da der rechtswidrige Inhalt des Accounts den Tatbestand der Beleidigung erfülle, müsse die Betreiberin der Plattform Frau X Namen, E-Mail-Adresse und Telefonnummer des Nutzers nennen. Die Beleidigte habe keine andere Möglichkeit, den Ersteller des Nutzerkontos zu ermitteln. Sie sei daher auf die Auskunft der Plattformbetreiberin angewiesen.

Bedeutet "Buchung abschließen" Zahlungspflicht?

Online-Hotelbuchung ist nur wirksam, wenn der Schaltflächen-Text auf die Zahlungspflicht hinweist

Eine Hotelbuchung per "Booking.com" zog ein juristisches Tauziehen nach sich: Ein Verbraucher wollte über die Internet-Plattform für fünf Nächte vier Doppelzimmer in einem Hotel reservieren. Er klickte auf die Schaltfläche "Ich reserviere". Dann gab er seine persönlichen Daten und die Namen der Mitreisenden ein und klickte auf die Schaltfläche "Buchung abschließen". Da zum gebuchten Datum niemand im Hotel erschien, stellte die Hotelinhaberin dem Verbraucher 2.240 Euro Stornierungskosten in Rechnung.

Das Amtsgericht Bottrop hatte über ihre Zahlungsklage zu entscheiden. Das Gericht war der Ansicht, dass die Schaltfläche auf "Booking.com" nicht die Anforderungen des EU-Rechts zum Verbraucherschutz erfüllt. Demnach kommt ein Onlinevertrag mit einem Verbraucher — hier also der "Beherbergungsvertrag" mit dem Hotel — nur zustande, wenn auf der Schaltfläche steht "zahlungspflichtig bestellen". Oder eine andere, ebenso eindeutige Formulierung.

Verbraucher verbänden aber den Begriff "Buchung" nicht zwangsläufig damit, dass sie sich zur Zahlung von Entgelt verpflichten, fand das Amtsgericht. Nach allgemeinem Sprachgebrauch bedeute "buchen" häufig nur "unentgeltlich vorbestellen" bzw. reservieren.

Das Amtsgericht fragte beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) nach, ob der Vertragsschluss ausschließlich von den Worten auf der Schaltfläche abhänge oder ob Gerichte auch die Begleitumstände des Bestellvorgangs berücksichtigen müssten.

Damit ein Vertrag zustande kommt, muss für den Verbraucher bei Online-Bestellungen — wie der strittigen Hotelbuchung — allein aufgrund der Formulierung auf der Schaltfläche klar sein, dass er durch das Anklicken eine Zahlungsverpflichtung eingeht, urteilte der EuGH (C-249/21). Ansonsten spielte er den "Ball zurück".

Wie im deutschen Sprachraum der Begriff "Buchung" verstanden werde, könne nur das deutsche Amtsgericht klären. Verbinde der durchschnittlich informierte, aufmerksame Verbraucher das Wort "Buchung" automatisch mit einer Zahlungspflicht? Sollte die Antwort darauf "nein" lauten, weil der Ausdruck "Buchung abschließen" mehrdeutig sei, entspreche die Schaltfläche von "Booking.com" nicht den Anforderungen der EU-Richtlinie.

Schlechte "Noten" für Immobilienmakler

Makler muss sich eine negative Beurteilung auf einem Bewertungsportal gefallen lassen

Der Immobilienmakler hatte im Internet eine Wohnung zum Kauf angeboten. Herr X meldete sich: Er interessiere sich für die Immobilie, allerdings finde er den Kaufpreis viel zu hoch. X bat den Makler, dem Verkäufer sein — wesentlich niedrigeres — Angebot vorzulegen. Dessen Antwort lautete: "Unseriöse" Angebote gebe er nicht weiter. Dennoch schickte der Makler Herrn X ein Exposé.

Auch ein zweites Kaufangebot von X (höher, aber immer noch unter dem aufgerufenen Kaufpreis) wurde nicht akzeptiert. Der Makler vermittelte die Wohnung einem Interessenten, der mehr zahlte. Auf dem Bewertungsportal "Google Places" gab Herr X dem Immobilienmakler die schlechteste Note (ein Stern) und schrieb dazu: "Ich persönlich empfand Herrn … als arrogant und nicht hilfsbereit. Herr … sagte mir, Kunde ist man, wenn man gekauft hat. Offensichtlich nicht vorher, so habe ich mich auch gefühlt".

Gegen diese Beurteilung zog der Immobilienmakler gerichtlich zu Felde, allerdings ohne Erfolg. Die Bewertung sei nicht rechtswidrig, entschied das Oberlandesgericht Schleswig (9 U 134/21). Kritik an seinem Geschäftsgebaren müsse sich der Makler gefallen lassen, auch wenn das an der Geschäftsehre kratze. Das Werturteil des enttäuschten Kaufinteressenten, der das Auftreten des Maklers arrogant fand, sei vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt.

Zudem zitiere Herr X wörtlich eine Bemerkung des Maklers. Die Bewertung enthalte also eine wahre Tatsachenbehauptung, die dem Werturteil zugrunde liege. Wahre Aussagen müssten auch dann hingenommen werden, wenn sie sich für den Betroffenen nachteilig auswirken könnten. Das Interesse des Maklers, seinen guten Ruf zu wahren, müsse hinter dem Recht des Herrn X auf Meinungsfreiheit zurücktreten.

Bei dieser Abwägung der Interessen müsse man auch berücksichtigen, dass der Makler aktiv den Auftritt im Bewertungsportal nutze, um seine Geschäfte zu befördern. Wenn jemand mit seiner gewerblichen Leistung unzufrieden sei, müsse der Makler dann eben auch schlechte Noten akzeptieren. Zudem seien Online-Kundenbewertungssysteme gesellschaftlich erwünscht, weil sich hier Verbraucher/innen zu Produkten austauschen und ihre Informationsfreiheit wahrnehmen könnten.

Influencer und Marketing

Eine Bloggerin muss Beiträge, in denen sie geschenkte Produkte vorführt, als Werbung kennzeichnen

Gemäß dem Wettbewerbsrecht handelt unlauter und damit rechtswidrig, wer den kommerziellen Charakter seiner geschäftlichen Aktivitäten nicht offenlegt. Nicht zum ersten Mal mahnte der Verband Sozialer Wettbewerb e.V. aus diesem Grund die Influencerin Diana zur Löwen ab: Sie präsentiert auf Instagram regelmäßig Mode und andere Lifestyle-Produkte. Schon 2018 musste die Bloggerin eine Unterlassungserklärung abgeben, weil sie Reklame in ihren Beiträgen nicht kenntlich gemacht hatte.

2019 führte sie wieder einmal auf Instagram Ohrringe und Kleidung vor und empfahl sie den Internetnutzern. Die Kleidung hatte Frau zur Löwen selbst gekauft, die Ohrringe hatte sie vom Hersteller geschenkt bekommen. Klickten Internetnutzer auf so genannte tap tags im Foto, wurden sie auf die Webseite der Verkäufer weitergeleitet. Dass es sich hier um Werbung handelte, blieb unerwähnt.

Diesmal forderten die Wettbewerbshüter von der Influencerin nicht nur Unterlassung, sondern auch eine Vertragsstrafe von 10.000 Euro: Die hatte ihr ein Gericht 2018 für den Fall eines erneuten Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht angedroht. Den Rechtsstreit gewann der Verband in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof (I ZR 35/21).

Wer im Internet Beiträge poste, in denen er/sie fremde Produkte präsentiere, müsse diese Veröffentlichung als Werbung kennzeichnen, so die Bundesrichter. Das gelte jedenfalls dann, wenn Influencer für die Präsentation eine Gegenleistung erhielten. Und eine Gegenleistung könne auch darin bestehen, dass Frau zur Löwen das vorgeführte Produkt vom Hersteller geschenkt bekomme. In Bezug auf die präsentierten Ohrringe stelle der beanstandete Instagram-Auftritt daher Werbung dar, die als solche gekennzeichnet werden müsse.

Soweit Blogger selbsterworbene Ware vorführten, bestehe für die entsprechenden Beiträge keine Kennzeichnungspflicht. Natürlich verkaufe Frau zur Löwen die Waren nicht, für die sie werbe. Dennoch seien ihre Präsentationen im Internet als geschäftliche Aktivität anzusehen — schon deshalb, weil sie mit ihrem Instagram-Profil ihre Bekanntheit und ihren Werbewert steigere. Deshalb müsse sie die Internetnutzer über den kommerziellen Charakter ihres Blogs informieren.

Verfilmter Missbrauchsskandal

Ehemaliger Odenwaldschüler kann nicht verhindern, dass der Film im Fernsehen oder Kino gezeigt wird

Von 1982 bis 1985 war Herr X Schüler der Odenwaldschule, früher berühmt für Reformpädagogik — später für den sexuellen Missbrauch vieler Schüler durch das Lehrpersonal. X gehörte zu den betroffenen Schülern, die Jahre später den Skandal aufdeckten. In einem Dokumentarfilm ("Und wir sind nicht die Einzigen") äußerte er sich dazu, schrieb unter Pseudonym ein Buch darüber.

Den 2014 in der ARD ausgestrahlten Spielfilm "Die Auserwählten" lehnte X dagegen ab: Dass die zentrale Filmfigur namens "Frank Hoffmann" ihn darstellen solle, sei erkennbar. Diese Szenen dürften nicht mehr öffentlich gezeigt werden, forderte Herr X.

Den Rechtsstreit gegen den Regisseur und die Produzentin des Spielfilms verlor er in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof (VI ZR 441/19). Es gehöre zur Kunstfreiheit, an reale Ereignisse anzuknüpfen, erklärten die Bundesrichter. Im Film werde daraus eine neue ästhetische Wirklichkeit geschaffen. Auch wenn die Verfilmung durchaus das Persönlichkeitsrecht von X betreffe: Hier überwiege die künstlerische Freiheit, zumal die verfremdete Darstellung das Leiden der Opfer nicht verharmlose.

Sie würden auch keineswegs herabwürdigend gezeichnet, X selbst sogar mit großer Sympathie. Der Film verfolge in künstlerischer Form dasselbe Ziel wie Herr X, die Öffentlichkeit über die Vorgänge und das Leid der Opfer aufzuklären. Auch der Regisseur wolle zeigen, wie unter scheinbar idyllischen Umständen Machtstrukturen und bestimmte Verhaltensmuster zu einem "institutionalisierten" Missbrauch führen konnten.

Es gebe kein allgemeines Recht darauf, nicht als Vorbild für eine Figur in einem Kunstwerk zu dienen. Zudem könne sich Herr X nicht auf seine Privatsphäre berufen, wenn es um Tatsachen gehe, die er selbst der Öffentlichkeit preisgegeben habe. Alle im Film dargestellten Vorgänge habe er selbst bekannt gemacht, habe seine Sicht der Dinge in verschiedenen Medien dargelegt. In seinem Buch beschreibe er außerdem den Missbrauch weitaus detaillierter als der Film, der ihn immer nur andeute.

"Fake-Vertrag" nach Identitätsdiebstahl

Inkassounternehmen will Geld für einen Mobilfunkvertrag eintreiben, den die Betroffene nicht abgeschlossen hatte

Böse Überraschung im Briefkasten: Frau H erhielt ein Schreiben von einem Inkassounternehmen. Darin wurde sie aufgefordert, für einen im November 2017 abgeschlossenen Mobilfunkvertrag 650 Euro zu zahlen. Allerdings hatte die Frau diesen Vertrag nicht selbst geschlossen — eine andere Person hatte beim Mobilfunkanbieter ihre Daten angegeben.

Frau H war das Opfer eines Identitätsdiebstahls geworden. Leistungen vom Mobilfunkunternehmen (z.B. eine SIM-Karte) hatte sie nie erhalten. Deshalb bat sie einen Verbraucherschutzverband um Hilfe. Der Verband mahnte zunächst das Inkassounternehmen wegen unlauterer Geschäftspraktiken ab. Als die Abmahnung erfolglos blieb, zogen die Verbraucherschützer vor Gericht.

Die Inkassofirma dürfe keine Forderungen erheben, denen kein Vertragsverhältnis zugrunde liege, erklärte der Verband. Das seien unlautere Geschäftsmethoden. So sah es auch der Bundesgerichtshof: Die Zahlungsaufforderung sei unlauter und gegenstandslos, da die Behauptung der Inkassofirma falsch sei, Frau H habe einen Mobilfunkvertrag geschlossen (I ZR 17/21).

Solche unbegründeten Forderungsschreiben könnten die betroffenen Adressaten in die Irre führen. Da per Telefon oder per Klick im Internet schnell mal ein Vertrag geschlossen sei, manchmal auch unfreiwillig, könnten sich auch verständige Durchschnittsverbraucher von solchen Forderungen täuschen lassen. Wer davon ausgehe, versehentlich einem Vertrag zugestimmt zu haben, werde wahrscheinlich der Zahlungsaufforderung nachkommen und die vermeintliche "Schuld" begleichen.

Vodafone‘s "Selbstzahlerpauschale" ist unzulässig

Kurzartikel

Damit die Kunden möglichst ihre Rechnungen per Bankeinzug beglichen, forderte Vodafone Kabel Deutschland eine so genannte "Selbstzahlerpauschale" von 2,50 Euro, wenn Kunden ihre Rechnungen stattdessen mit SEPA-Überweisung bezahlten. Diese Praxis ist seit Januar 2018 unzulässig. Zwar galt die Regelung von Vodafone nur für ältere Verträge, doch der EuGH stellte nun eindeutig klar: Jede Extra-Gebühr für bestimmte Arten der Zahlung ist verboten - unabhängig davon, wann der Vertrag abgeschlossen wurde.

Irreführende Werbung mit 5G-Leistungen

Mobilfunkunternehmen darf nicht so tun, als könnte es den 5G-Standard überall anbieten

Werbung mit 5G-Leistungen beim Telefonieren und Surfen ist unzulässig, wenn der Telekommunikationsanbieter nicht darauf hinweist, dass der 5G-Tarif noch längst nicht überall verfügbar ist, urteilte das Landgericht Koblenz (4 HK O 51/20).

Ein Telekommunikationsunternehmen hatte die Reklame eines Konkurrenten als irreführend beanstandet. Auf seiner Webseite warb der Konkurrent für seine 5G-Tarife (5G ist der neueste Mobilfunkstandard mit der schnellsten Datenübertragung). Ein Kasten mit verschiedenen Flat-Tarifen versprach Preise "ab 9,99 Euro" monatlich.

Zu dem Preis von 9,99 Euro waren die 5G-Leistungen des Anbieters allerdings nirgendwo erhältlich. Und nicht alle Tarife, die in diesem Kasten angeboten wurden, umfassten 5G-Leistungen. Sie sind bisher ohnehin noch nicht bundesweit verfügbar.

Die Unterlassungsklage war beim Landgericht Koblenz erfolgreich. Wenn Reklame für 5G-Leistungen einen "ab … Preis" groß herausstelle, zu dem diese Leistungen jedoch nicht genutzt werden könnten, täusche dies die potenziellen Kunden. Die Werbung müsse außerdem deutlich darauf hinweisen, dass 5G-Leistungen derzeit nur regional verfügbar seien. Darüber wüssten allenfalls besonders technikinteressierte Verbraucher Bescheid.

Vergeblich pochte der beklagte Mobilfunkanbieter darauf, es sei allgemein bekannt, dass sich das 5G-Netz erst im Aufbau befinde. Schließlich seien die 5G-Lizenzen erst vor kurzer Zeit versteigert worden. Diese Argumentation überzeugte das Landgericht nicht: Der durchschnittlich informierte Verbraucher wisse nicht, wie beschränkt derzeit die 5G-Leistungen nutzbar seien. Das sei nur in wenigen Städten möglich: in Berlin, Hamburg, München, Frankfurt am Main und in Köln.

Unzulässige Schwimmhilfen im Online-Angebot

Sind Vorschriften zur Produktsicherheit verletzt, muss eBay weitere Verstöße verhindern

Auf dem Internetmarktplatz eBay boten gewerbliche Verkäufer Schwimmhilfen aus chinesischer Produktion an. Die Schwimmscheiben trugen keine Herstellerkennzeichen und kein CE-Kennzeichen. Für die Produkte gab es auch keine EU-Konformitätserklärung. Schon öfter hatte eine deutsche Herstellerin von Schwimmscheiben diese Angebote gegenüber der Betreiberin von eBay beanstandet, weil sie Vorschriften zur Produktsicherheit verletzten.

Schließlich verklagte das Unternehmen eBay auf Unterlassung und hatte damit beim Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt Erfolg (6 U 244/19). Die Handelsplattform dürfe keine Angebote von Verkäufern schalten, deren Angebote bereits als unzulässig angezeigt worden seien, betonte das OLG. Schwimmhilfen dürften nach EU-Recht in den EU-Mitgliedsstaaten nur vertrieben werden, wenn sie Gesundheit und Sicherheit von Kunden nicht gefährdeten.

Bei den fraglichen Angeboten fehlten vorgeschriebene Kennzeichen und Hersteller-Angaben (Name, Kontaktanschrift). Sie entsprächen weder der EU-Verordnung über persönliche Schutzausrüstungen, noch dem Produktsicherheitsgesetz. Nach Hinweisen auf so eine klare Rechtsverletzung müsse eBay nicht nur das konkrete Angebot sofort sperren. Die Betreiberin des Online-Marktplatzes müsse auch Vorsorge gegen zukünftige Verstöße gegen Produktsicherheitsvorschriften treffen.

Sie sei für die Rechtsverletzungen auf den betroffenen Händler-Accounts verantwortlich. Die Pflicht zu vorbeugenden Maßnahmen sei für die Handelsplattform eBay ohne Weiteres zumutbar, denn die einschlägigen Produkte seien leicht zu identifizieren. eBay könne eine Filtersoftware einsetzen, um Schwimmscheiben-Angebote derjenigen Accounts herauszufiltern, deren rechtsverletzende Angebote bereits gemeldet wurden.

Nach Vertragsende den geliehenen Router behalten

Vodafone darf dem Kunden in so einem Fall nicht den Neupreis des Geräts berechnen

Gelegentlich kommt es vor, dass Kunden mit Internet- bzw. Telefonvertrag den vom Telekommunikationsanbieter geliehenen oder gemieteten Router nach dem Ende der Vertragslaufzeit nicht zurückgeben. Gemäß den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Vodafone-Konzerns mussten die Ex-Kunden dann für das Gerät bis zu 250 Euro berappen.

Gegen diese Abzocke zog die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen vor Gericht und hatte beim Landgericht Düsseldorf Erfolg (12 O 83/20). Wenn Kunden kündigten und dann — entgegen den Vertragsbedingungen — den gemieteten oder geliehenen Router behalten, stehe dem Telekommunikationsanbieter natürlich Schadenersatz zu, erklärte das Landgericht.

Das Unternehmen dürfe ihnen aber nicht den Neupreis in Rechnung stellen, sondern nur den Preis eines gebrauchten Geräts. Vodafone müsse ja in diesen Fällen keinen neuen Router als Ersatzgerät kaufen — das Unternehmen verfüge schließlich über eine Vielzahl von Geräten, die es einsetzen könne.

Und noch einen Erfolg für die Verbraucher konnte die Verbraucherzentrale erreichen: Das Gericht erklärte auch AGB-Klauseln von Vodafone zur Rücksendung des Geräts für unwirksam. Misslang die Rücksendung, sollten Kunden nämlich auch dann Schadenersatz für den Router zahlen, wenn sie für die fehlgeschlagene Rücksendung nicht verantwortlich waren. Diese Regelung widerspricht den gesetzlichen Vorschriften zum Schadenersatz.

Internetnutzung nur mit mobilen Geräten?

Das dürfen Mobilfunkanbieter ihren Kunden nicht vorschreiben: In der EU gilt "Endgerätefreiheit"

Der Mobilfunkanbieter Telefónica hat in seinem Angebot einen Mobilfunk-Tarif mit unbegrenztem Datenvolumen: "O2 Free Unlimited". Doch so richtig frei und unbeschränkt war der Tarif dann auch wieder nicht: Die Vertragsbedingungen enthielten eine Klausel, nach der keine kabelgebundenen Endgeräte genutzt werden durften — also Geräte, die zwecks Stromversorgung per Kabel dauerhaft an einer Steckdose hängen.

"Der mobile Internetzugang kann/darf nur mit Smartphones, Tablets und sonstigen Geräten genutzt werden, die eine mobile Nutzung unabhängig von einem permanenten kabelgebundenen Stromanschluss ermöglichen (nicht z.B. in stationären LTE-Routern)."

Diese Vorschrift benachteilige die Kunden unangemessen, beanstandete der Verbraucherzentrale Bundesverband und verlangte, die Klausel zu streichen. Zu Recht, entschied das Landgericht München I (12 O 6343/20). Telefónica schließe mit der strittigen Klausel viele gängige Geräte fürs Internet aus. Das verstoße gegen die Endgerätefreiheit in der Europäischen Union, die Regelung sei daher unwirksam.

EU-Recht räume Verbrauchern ausdrücklich das Recht ein, im Internet Endgeräte ihrer Wahl einzusetzen, so das Landgericht. Die betreffende EU-Verordnung (Verordnung 2015/2120/EU über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet) sei seit sechs Jahren in Kraft, erklärte die Sprecherin der Verbraucherschützer. Mittlerweile sollte es eigentlich selbstverständlich sein, dass Verbraucher frei entscheiden könnten, welche Endgeräte sie verwenden.

(Der Mobilfunkanbieter hat gegen das Urteil Berufung beim Oberlandesgericht München eingelegt.)

Prämien für Facebook-Likes

Werbemethoden einer Apotheke als wettbewerbswidrig verboten

Wegen einer Klage der Wettbewerbszentrale prüfte das Landgericht Bonn die Werbemethoden einer Bonner Apotheke. Die Apotheken-Inhaberin belohnte Likes auf ihrem Facebook-Account: Wer im sozialen Netzwerk mit einem Like sein Gefallen an der Apotheke kundtat, erhielt "zwei Schlosstaler", die er in der Apotheke gegen Prämien eintauschen konnte. Die Wettbewerbshüter hielten dieses Vorgehen für unlauteren Wettbewerb.

Das Landgericht Bonn gab ihnen Recht und untersagte das Prämienangebot als wettbewerbswidrig (14 O 82/19). Prämien stellten eine Art Entlohnung dar. Also handle es sich hier um Reklame mit Empfehlungen, für die die Apothekerin einen finanziellen Anreiz setze. Die Likes auf Facebook erweckten aber den Anschein objektiver Bewertung durch die Kunden.

Äußerungen (vermeintlich) neutraler Dritter wirkten in der Werbung immer objektiver als Eigenwerbung und erweckten mehr Vertrauen. Verbraucher sähen die Zahl der Likes als Zeichen für Kundenzufriedenheit an. Daher sei diese Art von Werbung irreführend, wenn das Belohnungssystem im sozialen Netzwerk nicht offengelegt werde.

Unzulässig sei es auch, dass die Inhaberin ihre Apotheke auf der Webseite als "exklusive Notfall-Apotheke" bezeichne. Auch wenn die Apotheke tatsächlich länger geöffnet habe: Wenn die Apothekerin am Notdienst teilnehme, sei das kein besonderes Angebot. Denn in der Stadt beteiligten sich alle Apotheken am Notdienst. Daher dürfe die Apothekerin nicht den Eindruck erwecken, sie biete damit eine ganz besondere Dienstleistung.

Illegale "Uploads" auf Youtube

Der Bundesgerichtshof beendet jahrelangen Rechtsstreit um die Auskunftspflicht der Videoplattform

Internetnutzer hatten 2013 und 2014 urheberrechtlich geschützte Filme ("Parker", "Scary Movie 5") illegal auf Youtube hochgeladen, wo man sie kostenlos sehen konnte. Inhaberin des Urheberrechts an diesen Werken ist die Constantin Film Verleih GmbH, die von der Onlineplattform die "User-Daten" forderte. Wer auf Youtube Dateien einstellen will, muss ein Konto einrichten mit Namen und E-Mail-Adresse. Die IP-Adressen der Nutzer werden gespeichert.

Die Forderung der GmbH war der Ausgangspunkt eines langen Rechtsstreits: Denn die Videoplattform gab nur die Namen der Nutzer heraus. Das Landgericht Frankfurt wies die Klage der Constantin Film Verleih GmbH auf Preisgabe von IP-Adressen und E-Mail-Adressen ab, das Oberlandesgericht Frankfurt gab ihr teilweise Recht.

Der Bundesgerichtshof legte den Fall schließlich dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vor, der den Begriff "Adresse" klären sollte. Denn in der EU-Urheberrechtsrichtlinie steht, Gerichte könnten bei Verletzungen des Urheberrechts anordnen, dass eine Onlineplattform Auskunft über die Übeltäter bzw. deren Adresse erteilen muss. Der EuGH entschied, mit "Adresse" sei in der EU-Richtlinie nur die Postanschrift gemeint (Artikel Nr. 56414).

Das Urteil des EuGHs setzte nun der Bundesgerichtshof um und beendete damit das juristische Tauziehen (I ZR 153/17). Die Videoplattform müsse nur Namen und Postanschrift der Nutzer, die das Urheberrecht verletzt haben, an die Inhaberin der Filmrechte herausgeben, so die Bundesrichter: nicht die IP-Adresse, die E-Mail-Adresse oder die eventuell gespeicherte Telefonnummer der Youtube-Kontoinhaber. Es gebe keinen Anhaltspunkt dafür, dass der deutsche Gesetzgeber über den in der EU-Richtlinie vorgesehenen Auskunftsanspruch hinausgehen wollte.

Auf eBay ein Ölgemälde ersteigert

Mit einem Hinweis aufs Monogramm einer Künstlerin wird nicht vereinbart, dass das Bild ein Original ist

Eine Kunsthandelsfirma bot auf eBay ein Ölgemälde an, eine Ansicht von Venedig. In der Beschreibung des Bildes hieß es "monogr. Leonie VON LITTROW (1860-1914)". Das Gemälde trug tatsächlich das Monogramm "LL". Der Käufer, der es für 412 Euro ersteigerte, verlangte anschließend Schadenersatz.

Dass es sich um ein Original von Leonie von Littrow handle, habe ihm die Kunsthandelsfirma mit der Beschreibung auf eBay sozusagen zugesichert. Das Bild stamme aber nicht von der österreichischen Malerin, habe er von Wiener Kunstsachverständigen erfahren, es sei gefälscht. Wäre es echt, wäre das Gemälde 20.000 Euro wert. Deshalb stehe ihm eine Entschädigung von 19.588 Euro zu.

Dem widersprach das Oberlandesgericht München (24 U 4970/20). Das Gemälde sei zwar kein Original von Leonie von Littrow, aber deshalb keineswegs mangelhaft — denn diese Eigenschaft sei zwischen den Parteien nicht vereinbart worden. Nicht einmal dann, wenn ein Auktionskatalog ein Bild einem bestimmten Künstler zuschreibe, stelle das eine verbindliche Beschaffenheitsvereinbarung dar.

Die Echtheit eines Kunstwerks werde nur vereinbart, wenn der Verkäufer/die Verkäuferin dafür ausdrücklich die Gewähr übernehme. Im konkreten Fall habe die Kunsthandelsfirma das Gemälde weder selbst als Original bezeichnet, noch die Expertise eines Sachverständigen vorgelegt, der das Bild als Original eingeschätzt hätte. Sie habe nur im eBay-Angebot auf das Monogramm "LL" verwiesen, das auf eine Urheberschaft der Leonie von Littrow hindeute. Das sei nicht als Zusicherung zu verstehen, dass es sich um ein Original handle.

Tatsächlich existiere von der Künstlerin Leonie von Littrow keine venezianische Ansicht in dieser Stilistik, so die Aussage des Dorotheums in Wien. Das Gemälde sei also auch keine Fälschung eines Originals von Littrow.

Vorwürfe gegen die Verkäuferin seien in jedem Fall fehl am Platz: Die Experten der Kunsthandelsfirma hätten das eBay-Angebot nicht leichtfertig formuliert. Sie hätten das Bild nach bestem Wissen geprüft und für echt gehalten. Zudem stamme es aus dem Nachlass eines renommierten Wiener Kunsthändlers, der einen entsprechenden Vermerk über die Urheberschaft "LL" hinterlassen habe.

Pseudonym oder Klarname?

Facebook darf verlangen, dass Nutzer auf ihren Profilen den richtigen Namen angeben

Lange Zeit war es ganz selbstverständlich, dass Internetnutzer in sozialen Netzwerken unter Pseudonym auftreten. Das deutsche Telemediengesetz sieht sogar ausdrücklich vor, dass Nutzer ihre Meinungen anonym äußern können: "Der Diensteanbieter hat die Nutzung von Telemedien und ihre Bezahlung anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist".

Facebook hat in diesem Punkt eine Kehrtwende hingelegt, weil Hass und Hetze im Netzwerk um sich greifen. In seinen Nutzungsbedingungen schreibt das soziale Netzwerk vor, dass Nutzer auf den Facebook-Profilen ihre Klarnamen angeben müssen. "Wenn Personen hinter ihren Meinungen und Handlungen stehen, ist unsere Gemeinschaft sicherer …", heißt es da. Und Facebook sperrt tatsächlich immer wieder Nutzerkonten, die unter Fantasienamen betrieben werden.

Das Landgericht Ingolstadt hat einer Frau Recht gegeben, die unter Verweis auf das Telemediengesetz gegen die Sperre ihres Kontos geklagt hatte. Die Sperre wurde aufgehoben. Anders entschied das Landgericht Traunstein: In diesem Fall hatte Facebook wegen Hassvideos das Profil eines Mannes so lange gesperrt, bis er seinen richtigen Namen verwendete. Die "Klarnamenpflicht" erhöhe die Hemmschwelle dafür, im sozialen Netzwerk Beleidigungen und Drohungen zu verbreiten, so das Landgericht Traunstein.

Im Fall, der in Traunstein verhandelt wurde, hat das wohl nicht geklappt: Der Nutzer postete wenig später unter seinem Klarnamen ein Video über schwarze Kannibalen und einen tanzenden Adolf Hitler mit dem Kommentar "Weekend yeah :)". Das Konto wurde wegen Verstoßes gegen die moralischen Standards der Facebook-Gemeinschaft wieder gesperrt. Das Oberlandesgericht (OLG) München entschied als Berufungsinstanz in beiden Fällen zu Gunsten des sozialen Netzwerks (18 U 5493/19 und 18 U 2822/19).

Facebook dürfe das Verwenden von Pseudonymen verbieten, so das OLG, um vorbeugend auf die Nutzer einzuwirken. Das sei berechtigt, weil sozialschädliches Verhalten im Internet zunehme. Hasstiraden und Drohungen bis hin zur Ankündigung gravierender Straftaten seien gang und gäbe. Die Pflicht, aus der Anonymität herauszutreten und den eigenen Namen anzugeben, könne Nutzer von rechtswidrigem Treiben abhalten. Nach allgemeiner Lebenserfahrung dämpfe das die Neigung, im sozialen Netzwerk zu pöbeln und andere Menschen verbal herabzuwürdigen.

Kfz-Internetauktion abgebrochen

"Abbruchjäger" erhält Schadenersatz: Das Risiko einer Auktion ohne Mindestpreis trägt der Anbieter

Herr P wollte seinen Wagen über ein Internetauktionshaus verkaufen und startete die Auktion ziemlich mutig mit einem Anfangspreis von 1 Euro. Nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Internet-Plattform kommt dann ein Kaufvertrag mit demjenigen Bieter zustande, der am Ende der Auktionslaufzeit das höchste Gebot abgegeben hat. Dem Höchstbietenden steht die Ware auch zu, wenn der Verkäufer das Angebot vorzeitig zurücknimmt, ohne dazu berechtigt zu sein.

Für den Wagen hatte ein Herr Q — Pseudonym des Bieters — gerade das Höchstgebot von 4.454 Euro abgegeben, als Verkäufer P die Auktion vorzeitig abbrach: Er verkaufte das Auto anderweitig. Vielleicht war ihm mittlerweile klar geworden, dass er bei der Online-Auktion kaum den Wert des Wagens erzielen würde. Der lag laut Schätzung eines Sachverständigen bei ca. 12.000 Euro. Bieter Q verklagte den Anbieter auf Schadenersatz.

Zu Recht, entschied das Oberlandesgericht (OLG) Hamm (28 U 185/18). Nach den AGB des Auktionshauses hätte Herr P das Angebot nicht zurückziehen dürfen. Daher sei ein wirksamer Kaufvertrag mit dem — zu diesem Zeitpunkt — Höchstbietenden Q zustande gekommen. Der Anbieter hätte Q das Auto für 4.454 Euro übereignen müssen, wozu er nach dem Verkauf nicht mehr in der Lage sei.

Daher schulde er dem Bieter die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem geschätzten Wert des Autos (7.500 Euro). Das sei der Schaden, der dem Bieter Q dadurch entstand, dass P, der Anbieter, sich nicht an die Regeln gehalten und die Auktion unberechtigt abgebrochen habe.

Anders als der Verkäufer meine, handle es sich bei dieser Schadenersatzklage nicht um Rechtsmissbrauch, betonte das OLG — auch wenn Q ständig an Internetauktionen teilnehme. "Abbruchjäger" nenne man Bieter, die den angebotenen Gegenstand nicht erwerben wollten, sondern von vornherein auf den Abbruch der Auktion spekulierten, um Schadenersatz verlangen zu können. Dass Q das Auto gar nicht kaufen wollte, sei möglich, aber nicht bewiesen.

Jedenfalls sei es nicht zu missbilligen, wenn jemand bei Internetauktionen gezielt auf Waren biete, die zu einem weit unter dem Marktwert liegenden Anfangspreis angeboten werden. Schnäppchenjagd sei legitim. Mit einem Mindestpreis hätte Anbieter P einen Verkauf unter Wert ohne weiteres verhindern können. Wenn er das Risiko eingehe, ein Angebot ohne Mindestpreis einzustellen, müsse er damit rechnen, dass es genützt werde. Bei solchen Auktionsangeboten trage der Anbietende das Risiko. Darauf zu spekulieren, dass sich das Risiko verwirkliche, sei nicht verwerflich.

Elfjähriger lädt Computerspiel herunter

Versteht ein Kind, dass das Nutzen einer Filesharing-Plattform illegal ist?

Ein elfjähriger Junge hatte 2014 an einem Wochenende seinen Opa besucht. Über den Internetanschluss des Großvaters hatte das Kind das Programm "Bittorent" installiert und damit ein (urheberrechtlich geschütztes) Computerspiel heruntergeladen. Wie das funktioniert, ließ sich der Junge von einem Anleitungsvideo auf Youtube vorführen.

"Bittorent" ist eine Art Vermittlungs-Netzwerk. Die Software hilft Nutzern, die z.B. einen Film oder ein Musikstück suchen, die Datei auf den Rechnern anderer Netzwerk-Teilnehmer zu finden und herunterzuladen. Andere Nutzer können dann wiederum diese Datei auf dem Rechner des Herunterladenden finden … So wird sie illegal im Netz verbreitet. Illegal, soweit es sich um urheberrechtlich geschützte Werke handelt.

Die X-GmbH, Inhaberin der Rechte am Computerspiel, verklagte den Elfjährigen und seinen Großvater auf Schadenersatz: den Jungen wegen illegalen Filesharings und den Großvater, weil er seine Aufsichtspflicht verletzt habe. Er habe dem Kind den Internetanschluss zur Verfügung gestellt, ohne sich um sein Treiben zu kümmern. Doch das Landgericht Frankfurt wies die Klage ab (2-03 O 15/19).

Für Straftaten seien nur Personen verantwortlich, die deren Unrecht einsehen könnten. Auch wenn der Junge intelligent sei: Mit elf Jahren fehle ihm das Verständnis dafür, dass das Herunterladen eines Spiels rechtswidrig sei. Eine Urheberrechtsverletzung sei etwas sehr Abstraktes und nicht ansatzweise zu vergleichen mit einer Körperverletzung. So etwas geschehe in der "realen Welt" und sei für Kinder begreifbar. Wie solle aber ein Kind verstehen, dass es sich bei der Plattform "Bittorent" um ein illegales Filesharing-Netzwerk handle?

Auch der Großvater sei für die Urheberrechtsverletzung nicht verantwortlich. Wenn ein Kind einmal beim Opa übernachte, müsse er das Kind nicht sogleich darüber aufklären, was im Internet alles verboten sei. Anlässlich eines Kurzbesuchs übertragen die Kindeseltern nicht stillschweigend Aufsichtspflicht und Erziehungsaufgaben auf den Großvater. Anders wäre dieser Punkt zu beurteilen, wenn der Junge ohne seine Eltern die großen Ferien beim Opa verbracht hätte.