Land- und Forstwirtschaft

Pferde im allgemeinen Wohngebiet?

Nur in ländlicher "Gemengelage aus Wohn- und Dorfgebiet" ist Pferdehaltung zulässig

Auf ihrem Grundstück in einer pfälzischen Gemeinde baute eine Pferdeliebhaberin ein Wohnhaus. In einer alten Scheune wollte sie fünf Pferde unterbringen, als Auslauf war eine 60 Quadratmeter große Freifläche hinter der Scheune vorgesehen. Bei der Kreisverwaltung Germersheim beantragte die Frau erfolglos eine Genehmigung für das Vorhaben: Das Anwesen sei umgeben von Wohnbauten, lautete der Bescheid der Behörde, Pferdehaltung wäre gegenüber der Nachbarschaft rücksichtslos.

So sah es auch das Verwaltungsgericht Neustadt, es bestätigte das Verbot (4 K 828/12.NW). In einem allgemeinen Wohngebiet könne man für dieses Projekt keine Baugenehmigung erteilen, so die Richter. Als Hobby mehrere Pferde zu halten, komme vielleicht in einer ländlich geprägten Umgebung, in einer "Gemengelage aus Wohn- und Dorfgebiet" in Frage, aber nicht in einem reinen Wohngebiet.

Dass sich auch auf anderen Grundstücken noch vereinzelt Nebengebäude wie Scheunen befänden, ändere nichts am Charakter der Umgebung als Wohngebiet. Die Scheunen würden schon seit Jahrzehnten nicht mehr landwirtschaftlich genutzt.

In einem Wohngebiet wäre höchstens dann eine Ausnahme zulässig, wenn ein Pferdestall abseits am Ortsrand stehe und mehr zur freien Landschaft als zum Wohngebiet gehöre. Das Grundstück der Reiterin liege jedoch nicht "abseits": Es sei in allen Himmelsrichtungen von anderen Wohngebäuden umgeben.

Wildschwein gejagt, Landwirt getroffen

Schütze muss nach einem leichtsinnig verursachten Jagdunfall den Jagdschein abgeben

Zum Leidwesen der Bauern treibt sich im hohen Gestrüpp von Maisfeldern gerne eine gefräßige und ungehobelte Spezies herum: Wildschweine. Um das hungrige Wild zu vertreiben, verabredeten sich an einem goldenen Oktobertag sechs Jäger zur gemeinsamen Jagd.

Ihr Plan: Landwirt T sollte mit dem Häckselfahrzeug das Maisfeld abernten und so zugleich die Wildschweine aufschrecken und verscheuchen. Die am Rand des Feldes aufgestellten Jäger sollten dann die "Flüchtigen" abschießen. So weit, so gut. Allerdings vergaßen die Jäger, ihre Positionen und Schussrichtungen genau miteinander abzusprechen. Ein fataler Fehler, wie sich zeigte.

Landwirt T hatte schon ein gutes Stück Feld gemäht und wollte das Häckselgut loswerden. Er stoppte den vollen Traktor und stieg aus. Jäger A konnte nicht sehen, wo T anhielt. A stand an der Kante zwischen gemähtem und nicht gemähtem Feld und hielt angestrengt Ausschau nach "Beute". Alsbald rannte ein Wildschwein aus den hohen Halmen — gerade mal 100 Meter entfernt von ihm. Vom Jagdfieber gepackt, verfolgte A das Schwein mit seiner Büchse und wollte abdrücken.

Plötzlich machte das Tier kehrt und galoppierte wieder zurück in den lebensrettenden hohen Mais. A zielte und schoss, obwohl ihm die Halme die Sicht versperrten. Das Wild hatte Schwein und entkam, der Schuss traf den armen Landwirt T. Das Projektil blieb in seinem linken Knie stecken und musste im Krankenhaus operativ entfernt werden.

Behält ein Jäger, der kein freies Schussfeld hat und dennoch eine Kugel abfeuert, seine Lizenz zum Schießen? Das Verwaltungsgericht Minden verneinte diese Frage (8 K 1002/12). Jäger A, der vom Amtsgericht wegen fahrlässiger Körperverletzung bereits zu Geldstrafe verurteilt worden war, verlor obendrein den Jagdschein.

Jäger dürften erst schießen, wenn sie niemanden gefährdeten, so das Gericht. Wer aber das Schussfeld nicht überblicke, könne sich dessen nicht sicher sein. Ohne ausreichende Sicht in Richtung Maisfeld zu schießen, wo sich der Traktorfahrer und zwei Jäger aufhielten, sei fahrlässig gewesen.

Dabei kenne ein erfahrener Jäger wie A die Sicherheitsvorschriften für Gesellschaftsjagden sehr gut. Offenbar habe er es in diesem Augenblick für so wichtig gehalten, das Wildschwein zu erwischen, dass er alle Vorschriften ausblendete und damit Menschen gefährdete. Wer Waffen so leichtfertig einsetze, sei als Jäger nicht zuverlässig genug.

Mastschweine im Landschaftsschutzgebiet?

Antrag eines Landwirts auf Genehmigung für den Stallbau blieb erfolglos

Ein Landwirt bewirtschaftete etwas Land und hielt in seinem Betrieb 200 Sauen und 700 Mastschweine. Die Schweinezucht wollte er erweitern und dafür außerhalb des Dorfes einen neuen Maststall (für 3.840 Tiere) mit Güllehochbehälter bauen. Der Haken an der Sache: Das Grundstück, auf dem er den Stall bauen wollte, liegt in einem Landschaftsschutzgebiet.

Aus diesem Grund lehnte das Landratsamt den Antrag des Landwirts auf eine Baugenehmigung ab: Die Behörde sah keinen guten Grund, eine Ausnahme vom allgemeinen Bauverbot im Schutzgebiet zu machen: Das sei nur für kleinere Bauten möglich, die einem landwirtschaftlichen Betrieb dienten. Ein riesiger Schweinemastbetrieb, der sein Futter nicht selbst erzeuge, sei aber kein landwirtschaftlicher, sondern ein Gewerbebetrieb. Große Gewerbebauten stellten "Fremdkörper" in der bäuerlichen Kulturlandschaft dar.

Masttiere zu halten, gehöre zum traditionellen Bild der Landwirtschaft — und zwar unabhängig von der Herkunft des Viehfutters, fand dagegen der Landwirt. Das Landratsamt dürfe die Entfaltung landwirtschaftlicher Betriebe nicht unzumutbar einschränken. Der Landwirt zog vor Gericht, um die Baugenehmigung durchzusetzen. Seine Klage scheiterte jedoch beim Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen (8 A 2252/11).

Hier komme keine Ausnahme vom Bauverbot in Betracht, erklärte das Gericht. Der Landwirt plane einen Gewerbebetrieb ohne eine Fläche, auf der er ausreichend Futter für die Schweine produzieren könne. Zu den landwirtschaftlichen Betrieben zählten z.B. Betriebe mit Garten- oder Obstbau, Ackerbau und Weidewirtschaft — nicht aber riesige Tiermastbetriebe ohne Futtergrundlage. Den Stall aus dem Dorf zu verlegen, wäre zwar wegen der Geruchsbelästigung durch die Schweine wünschenswert.

Aber nicht in ein Landschaftsschutzgebiet! Schon wegen seiner Größe (91 Meter auf 44 Meter, mit einem fünf Meter hohen Güllehochbehälter von 29 Metern Durchmesser) würde der Stallbau am geplanten Standort die Landschaft verunstalten. Die ganze Anlage hätte eine Grundfläche von mehr als 4.000 Quadratmetern. Auch eine Hecke oder Bäume um die Anlage herum würden die optische Wirkung so eines großen, gewerblichen "Fremdkörpers" nicht abmildern.

Schweinische Abgaben

BVerfG kippte Zwangsabgabe — der Schlachthof stellte sie einem Mastbetrieb weiter in Rechnung

Der landwirtschaftliche Betrieb A mästet Schweine zur Schlachtreife und ist Mitglied der Erzeugergemeinschaft Q. Diese vermittelt die Schweine des Mastbetriebs an einen Schlachthof.

Der Schlachthof musste (gemäß Absatzfondsgesetz) pro Schwein einen Betrag von 0,51 Euro an einen Fond zur Absatzförderung der deutschen Landwirtschaft und Ernährung zahlen. Diesen Betrag zog der Schlachthof dem Mastbetrieb vom Kaufpreis ab. Aus dem Mitteln des Fonds wurden z.B. Werbekampagnen der Centralen Marketinggesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft GmbH (CMA) finanziert.

Im Mai 2006 zweifelte das Verwaltungsgericht Köln an der Rechtmäßigkeit dieser pauschalen Abgabe und legte das Problem dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vor. Als die Erzeugergemeinschaft Q davon erfuhr, schrieb sie dem Schlachthof, die CMA-Zwangsabgabe werde ziemlich sicher bald als verfassungswidrig eingestuft. Sie forderte den Schlachthof auf, gegen alle künftigen Beitragsbescheide Widerspruch einzulegen und die Abgabe nur noch unter Vorbehalt zu zahlen.

Darauf reagierte das Unternehmen nicht, zahlte die Beiträge weiterhin vorbehaltlos. Als das BVerfG die CMA-Zwangsabgabe tatsächlich für unzulässig erklärte, verlangte Mastbetrieb A vom Schlachthof Schadenersatz: 0,51 Euro pro Schwein, insgesamt 4883,25 Euro. Zu Recht, wie der Bundesgerichtshof entschied (VIII ZR 220/11).

Auf Basis des Liefervertrags habe der Mastbetrieb die Abgabe durch den Preisabzug finanziert, eigentlich sei aber der Schlachthof zur Zahlung verpflichtet. Also hätte sich auch nur der Schlachthof mit Widerspruch gegen die Abgabe wehren können, nicht jedoch der Mastbetrieb.

In einem Vertragsverhältnis wie diesem könne es auch zu den Pflichten eines Vertragspartners gehören, die Interessen der anderen Seite wahrzunehmen — wenn dem kein berechtigtes eigenes Interesse entgegenstehe. Konträre Interessen des Schlachthofs seien hier nicht ersichtlich.

Sobald mit der Möglichkeit zu rechnen war, dass das BVerfG die Abgabe kippen könnte, hätte das Schlachtunternehmen daher gegen weitere Beitragsbescheide des Förderfonds Widerspruch einlegen müssen.

10 Jahre, 10 Monate und 30.000 Küken

Bei Massentierhaltung ist eine Vertragslaufzeit von zehn Jahren nicht sittenwidrig

Hühnerzüchter S hatte mit einem Unternehmen des W-Konzerns Verträge abgeschlossen: Ihre Laufzeit betrug zehn Jahre; sie verlängerten sich jeweils um ein Jahr, wenn nicht zehn Monate vor Jahresende gekündigt wurde. S musste alle Küken vom W-Konzern beziehen und die gemästeten Hähnchen — 30.000 pro Generation — an zwei Geflügelschlachtereien liefern, die zum Konzern gehörten. Zudem verpflichtete der Vertrag den Hühnerzüchter dazu, das Tierfutter ausschließlich vom W-Konzern zu kaufen.

2010 kündigte der Geflügelzüchter kurzfristig die Verträge. Der W-Konzern verlangte Schadenersatz, weil das gegen die Vereinbarungen verstieß. Daraufhin zog S vor Gericht, um die vertragliche Bindung loszuwerden. Eine Laufzeit von zehn Jahren sei unzumutbar lang, erklärte er. Es handle sich auch deshalb um einen sittenwidrigen "Knebelvertrag", weil er das Futter nur vom W-Konzern beziehen dürfe.

Doch der Befreiungsschlag misslang. Der Hühnerzüchter scheiterte mit seiner Klage in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof (VII ZR 111/11). Die vertraglichen Regelungen seien nicht zu beanstanden, so die Bundesrichter. Die Kündigung sei unwirksam, S hätte sich an die Kündigungsfrist halten müssen. Sittenwidrig wäre die langfristige Bindung an den W-Konzern nur, wenn der Züchter dem Konzern sozusagen "auf Gedeih und Verderb ausgeliefert" wäre. Das treffe aber nicht zu.

Vielmehr entsprächen die Verträge dem Bedarf beider Seiten: In dieser besonderen Branche, der industriellen Landwirtschaft, bräuchten alle Beteiligten Planungssicherheit. Anders funktioniere sie nicht. Bei derartigen Mengen Geflügel könne der W-Konzern kurzfristig keine Ersatz-Partner finden, die termingerecht liefern. Aber auch der Züchter, der seine Ställe auslasten wolle, könnte ohne langfristigen Vertrag nicht kontinuierlich so eine Masse von Küken auf dem freien Markt erwerben und nach der Aufzucht sicher wieder absetzen.

Obendrein seien die Preise für Küken und Futter nicht festgelegt, sondern würden immer wieder neu — entsprechend "handelsüblichen Konditionen" — ausgehandelt. Von einem Preisdiktat des Konzerns könne also keine Rede sein. Angesichts vieler Lebensmittelskandale sei es auch verständlich und legitim, wenn der Konzern unbedingt die Futterproduktion unter Kontrolle haben wolle, um seine Qualitätskriterien zu erfüllen ("Fünffaches D": Elterntiere aus Deutschland, Küken geboren in Deutschland, Hähnchen aufgezogen und geschlachtet in Deutschland, Tiernahrung aus Deutschland).

Plakatanschlagstafel im Dorf

Wenn das Ortsbild nicht darunter leidet, ist eine Werbeanlage am Wohnhaus zu genehmigen

Eine Dorfbewohnerin wollte an der Giebelseite ihres Wohnhauses eine unbeleuchtete Tafel für Werbeplakate anbringen. Da solche Anlagen rechtlich als Bauvorhaben gelten, benötigte Frau M dafür eine Baugenehmigung. Doch die Gemeinde lehnte ihren Antrag mit der Begründung ab, die Werbetafel füge sich nicht ins Ortsbild ein.

Im Umkreis seien nur Wohnbauten und ein beschaulicher Ortskern zu finden, so die Kommune. Außer der Trafostation eines Telekommunikationsanbieters gebe es nur kleine Gewerbebetriebe, einen Metzger, Gaststätten und ein paar kleine Bauernhöfe. Das sei fast ein reines Wohngebiet, dazu passten gewerbliche Nutzung oder Werbetafeln nicht. Die große Plakatanschlagstafel würde auch die Sicht stören, die man von der Hauptstraße aus bei der Einfahrt in den Ort habe.

Gegen den negativen Bescheid zog Hauseigentümerin M vor das Verwaltungsgericht Regensburg und bekam Recht (RO 2 K 12.609). Von einem reinen Wohngebiet könne hier keine Rede sein: Das Haus von Frau M liege in einem Teil des Dorfes, der als Mischgebiet einzuordnen sei. Gewerbliche Nutzung sei da zulässig und vorgesehen, dazu zähle auch eine Anschlagtafel mit Fremdwerbung.

Auch der Einwand der Kommune, eine Plakattafel verschandelte das Ortsbild, wurde vom Gericht zerpflückt: Geplant sei, die Tafel (3,6 Meter x 2,6 Meter) bündig an der Giebelseite des Hauses anzubringen. Sie würde weder über das Gebäude hinausragen, noch mit Beleuchtung besonders ins Auge stechen. Diese Giebelseite liege in Richtung Ortsrand und störe den Dorfkern optisch nicht.

Schützenswert sei zudem nur ein markantes Ortsbild mit einem besonderen Charakter, der "aus dem Üblichen herausrage", so das Gericht. Im konkreten Fall weise die Ortsdurchfahrt keine städtebaulichen Besonderheiten auf, die durch eine Werbetafel beeinträchtigt werden könnten. Es werde auch nicht die Sicht auf "prägende Strukturen" des Ortes (ein Marktplatz, eine Allee) gestört.

Den Antrag von Frau M abzulehnen, sei daher rechtswidrig gewesen: Sie dürfe die Plakattafel an ihrem Haus montieren.

Verbotene Schweinerei

Schweinemastbetrieb stinkt den Nachbarn: Bauer muss öfter ausmisten

Während manche vom Urlaub auf dem Bauernhof schwärmen, erleben andere eine weniger idyllische Seite des Landlebens: Gestank. Der Schweinestall eines Bauernhofs verbreitete selbigen in der Nachbarschaft. Vor allem an warmen Sommertagen, wenn die Bäuerin gerne mal die Stalltore offen stehen ließ, roch es arg nach Mist. Anwohner verbrachten solche Tage lieber im Haus als im Freien und schlossen die Fenster.

Schon 2005 hatten sich Hauseigentümer von nebenan beschwert. In einem Schiedsverfahren war der Bauer dazu verdonnert worden, die Schweineställe mindestens alle 14 Tage auszumisten. Doch die Lage besserte sich nicht dauerhaft. Ein Ehepaar — Mieter der Nachbarn — hielt es nicht aus und kündigte den Mietvertrag. Nun zogen die Hauseigentümer erneut vor Gericht: Die Geruchsbelästigung sei unzumutbar und beeinträchtige ihr Eigentum. Sie hätten Mühe, neue Mieter zu finden.

Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz zeigte Verständnis für die Anwohner (12 U 1473/10). Der Inhaber des Mastbetriebs müsse künftig den Betrieb so führen, dass die Nachbarn nicht mehr mit Gestank belästigt würden. Das OLG glaubte den Nachbarn und mehreren Zeugen, darunter die ehemaligen Mieter: Alle berichteten übereinstimmend, dass der Stall gelegentlich "extrem rieche", auch wenn der Gestank nicht ständig präsent sei. Dann habe man sich im Freien nicht aufhalten können.

Zwar hatte ein Sachverständiger keinerlei Missstände beobachtet: Die Ställe waren bei seiner Inspektion sauber, außerhalb des Hofes konnte er keine besondere Geruchsbelästigung feststellen. Das OLG vermutete jedoch, dass der Schweinemäster vor seinem Besuch besonders gründlich ausgemistet hatte, so dass kein Gestank auftreten konnte. Der Bauer und seine Frau hätten gewusst, wann der Sachverständige komme und standen durch den Gerichtsprozess unter Druck.

Hält sich der Landwirt nicht an die Auflagen des OLG, droht ihm ein Ordnungsgeld. Gegen das Urteil wurde keine Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Das quietschgrüne Melkhaus

Streit um Farbwahl eines Landwirts: Welcher Farbton ist "landschaftlich unauffällig"?

Ein Landwirt im Kreis Tübingen erhielt die Baugenehmigung für einen Milchvieh-Laufstall mit Melkhaus. Das Landratsamt erteilte die Erlaubnis mit folgender Auflage: Wenn er das Melkhaus außen anstreiche, müsse er einen "landschaftlich unauffälligen Farbton" wählen. Welchen genau, bleibe ihm überlassen.

Der Landwirt warf einen Blick in die Landschaft und sah: grün. Das Melkhaus erstrahlte daraufhin in grellgrüner Farbe. "Landschaftlich unauffällig" hatte sich die Behörde jedoch anders vorgestellt: Der Anstrich steche hervor, das Gebäude wirke wie ein Fremdkörper, kritisierte das Landratsamt. Es forderte den Landwirt auf, den Anstrich zu ändern. Ansonsten müsse er ein Zwangsgeld von 400 Euro berappen.

Der Landwirt protestierte: Wie solle er den richtigen Farbton aussuchen, wenn die Auflage so ungenau formuliert sei? Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg gab ihm Recht (8 S 2919/11). Bürger könnten Anordnungen der Behörden nur befolgen und durchsetzen, wenn klar und deutlich sei, was gefordert werde.

Der strittige Verwaltungsakt des Landratsamts erfülle diese Voraussetzung nicht, denn die Formulierung "landschaftlich unauffällig" sei inhaltlich unbestimmt. Ob eine Farbe zur Landschaft passe, hänge nicht zuletzt von Jahreszeiten und Lichtverhältnissen ab. Das könne man subjektiv sehr unterschiedlich einschätzen. Gerade bei "Grün" gebe es eine breite Farbpalette, wie der RAL-Farbkatalog zeige (die Farbskala der Lackindustrie).

Wenn die Behörde Gebäude und Landschaft farblich in Einklang bringen wolle, hätte sie dem Landwirt entweder eine Auswahl von Farbtönen (gemäß dem RAL-Farbkatalog z.B.) vorgeben oder konkrete Farbtöne ausschließen müssen. Da die Auflage unklar sei, habe der Landwirt gar nicht erkennen können, was eigentlich von ihm erwartet werde. Diese Unklarheit habe er nicht aus eigenem Antrieb aufklären müssen. Sie gehe vielmehr zu Lasten der Behörde, die ihm kein Zwangsgeld aufbrummen dürfe.

Undichter Ölkanister läuft im Kofferraum aus

Der Hersteller hätte vor dem Risiko durch schadhafte Schraubverschlüsse warnen müssen

Frau V, Mitarbeiterin auf einem Gestüt, fuhr mit dem Geländewagen des Pferdezüchters zur Tankstelle. Sie erstand einen 20-Liter-Kanister Motoröl, den sie in den Kofferraum legte. Auf dem Gestüt angekommen, wollte sie ihn herausnehmen und stellte mit Erschrecken fest, dass der Kofferraum voller Öl stand. Der Kanister war ausgelaufen, das Öl sogar durch die Rücksitze gedrungen.

Für das Reinigen des Fahrzeugs und eine neue Rückbank forderte der Pferdezüchter Schadenersatz von der Mineralölgesellschaft, die die Kanister herstellt.

Die Vorgeschichte laut Beweisaufnahme des Gerichts: Die Schraubverschlüsse für die Kanister bezieht der Konzern von einem Zulieferer, der 2009 eine fehlerhafte Charge produzierte. Ein Zwischenhändler, der pro Woche etwa 60 Ölkanister abnimmt, hatte sich bei der Mineralölgesellschaft bereits über undichte Verschlüsse beschwert. Daraufhin schickte der Konzern Ersatzdeckel. Doch einige Kanister mit schadhaftem Schraubverschluss waren bereits weiter verkauft worden.

Das Oberlandesgericht Saarbrücken sprach dem Autobesitzer 3.558 Euro Entschädigung zu (4 U 339/10). Beim Zwischenhändler seien einige Kanister mit schadhaftem Deckel angekommen: Nach einem Sprödbruch hätten sich die Deckel vom Schraubverschluss gelöst und Öl sei ausgelaufen. Nach der Reklamation des Händlers habe die Herstellerin darüber Bescheid gewusst, dass manche Verschlüsse einen Konstruktionsfehler aufwiesen und die Kanister dann undicht seien. Darauf habe das Unternehmen nicht richtig reagiert.

Ob die Mineralölgesellschaft verpflichtet gewesen wäre, die in Frage kommenden Chargen der Schraubverschlüsse komplett zurückzurufen, könne offen bleiben. Jedenfalls hätte sie Endkunden vor einer drohenden Leckage warnen müssen. Das sei schon deshalb notwendig gewesen, weil die fehlerhaften Verschlüsse von außen genauso aussahen wie die fehlerfreien. Bei einer Sichtkontrolle wäre das Problem nicht aufgefallen.

In so einer Situation dürfe sich die Herstellerin nicht darauf beschränken, dem Zwischenhändler Ersatz zu schicken und ansonsten "Zukleben" zu empfehlen. Sie hätte die betreffenden Lieferchargen herausfinden und ihre Zwischenhändler bzw. Kunden darüber informieren müssen, dass auch bei auf den ersten Blick unbeschädigten Kanistern ein Schadensrisiko bestehen könne. Hätte der Konzern das getan, wäre am Auto des Pferdezüchters kein Schaden entstanden.

Verwahrloste Schafherde

Gericht beendet das Leiden der Tiere und zwingt die Züchterin, die Herde zu verkleinern

Bei Kontrollen bot sich immer wieder ein schreckliches Bild: bis auf das Skelett abgemagerte Tiere. Mutterschafe, die so schwach waren, dass sie keine Milch mehr geben konnten. Schafe wurden eigenhändig und ohne Betäubung kastriert. Weil die Züchterin den Hütehunden tote Schafe als Futter vorsetzte, griffen diese schließlich auch die lebenden Tiere an. Neugeborene, kranke und verletzte Schafe vegetierten ohne tierärztliche Betreuung dahin.

Über viele Jahre hinweg verstieß die Schäferin ständig gegen das Tierschutzgesetz. Deshalb ordnete das Veterinäramt des Landkreises 2009 endlich an, sie müsse den Bestand von ca. 320 Tieren nach und nach reduzieren. Maximal 50 Mutterschafe dürfe die Frau halten.

Die Tierhalterin zeigte sich allerdings uneinsichtig. Sie versuchte, die skandalöse Behandlung der Schafe mit allerlei Schicksalsschlägen zu entschuldigen: Nach dem Tod ihres Vaters und der Trennung von ihrem Mann sei sie ganz alleine für den Schafbestand verantwortlich … Unumwunden gab die Frau zu, sie habe zu wenig Geld für Futter, Tierärzte und Scherer. Trotzdem kam es für die völlig überforderte Züchterin offenbar nicht in Frage, den Tierbestand abzubauen.

Stattdessen klagte sie gegen die Auflagen des Veterinäramts. Zu Unrecht beeinträchtige die Behörde ihre Berufsausübung, argumentierte die Züchterin. Sie fürchte, mit 50 Mutterschafen könne sie keinen Gewinn mehr erwirtschaften. Damit konnte die Frau vor Gericht allerdings niemanden überzeugen. Wirtschaftliche Interessen des Tierhalters rechtfertigten keine Verstöße gegen das Tierschutzgesetz, stellte der Bayerische Verwaltungsgerichtshof klar (9 ZB 10.1458).

Die Herde müsse drastisch verkleinert werden. Selbst 100 Mutterschafe könne die Züchterin alleine nicht so betreuen und pflegen, wie es notwendig wäre. Dieser Eingriff in ihr Grundrecht auf freie Berufsausübung sei angemessen und verhältnismäßig, weil anders der Tierschutz nicht zu gewährleisten sei. Auf das Interesse der Schäferin habe das Veterinäramt insofern Rücksicht genommen, als sie den Tierbestand nur schrittweise abbauen müsse.

Wie viel Licht braucht ein Rind?

Vernachlässigte Rinder und die Bedingungen artgerechter Tierhaltung

Kein Herz für Tiere schien diese Landwirtin zu haben — jedenfalls nicht mehr als ihr Sohn, dem es das Veterinäramt schon verboten hatte, Rinder zu halten und zu betreuen. Die amtliche Tierärztin stellte beim Besuch der Ställe mehrere Mängel fest. In einem Stall war es zu dunkel, im anderen waren die Kühe nicht gemolken und versorgt. Kälber blieben ohne Wasser. Einige Tiere standen in Kot-Urin-Gemisch, während andere auf feucht-schimmeliger Streu lagen.

Rinder sollten auf dem Trockenen liegen, so der Bescheid des Veterinäramts. Sogar die Lichtverhältnisse bestimmte die Behörde genau: Zehn Stunden am Tag sei eine Beleuchtung von mindestens 80 Lux erforderlich. Wenigstens zwei Mal täglich müsse die Landwirtin die Tiere in Augenschein nehmen und dies dokumentieren. Alleine könne sie das nicht schaffen. Auf dem Hof fehle (mindestens) ein zusätzlicher, sachkundiger Betreuer.

Die Tierhalterin nahm sich diese Gebote jedoch nicht zu Herzen. Deshalb verhängte das Landratsamt Zwangsgeld, um sie zu artgerechter Rinderhaltung zu zwingen. Die Frau setzte sich gegen den Bescheid zur Wehr und erreichte einen Teilerfolg. Das Verwaltungsgericht Oldenburg stellte fest, dass nicht alle Anordnungen rechtens waren (11 A 4220/12).

So fand es die genaue Bestimmung der Lichtverhältnisse übertrieben: Untersagt sei lediglich die Tierhaltung an dunklen Standorten. Dass erwachsene Rinder eine Lichtstärke von 80 Lux brauchten, sei dem Tierschutzgesetz nicht zu entnehmen. In den Niedersächsischen Leitlinien für die Haltung von Milchkühen werde zwar eine Hellphase von 80 Lux empfohlen: Da gehe es aber um optimale Bedingungen, das sei kein zwingend einzuhaltender Mindeststandard.

An den anderen Auflagen hielt das Gericht fest. Die Rinder seien mindestens zweimal täglich zu inspizieren, zu versorgen und zu melken. Weil sie den Großteil des Tages im Liegen verbringen, greife ein von Urin und Kot durchfeuchteter Untergrund auf Dauer Fell und Haut an. Das beeinträchtige die Gesundheit der Tiere. Ihre Liegeflächen müssten trocken und sauber sein.

Mehr Personal sei dafür nötig. Da verweise die Landwirtin auf die Hilfe ihrer zukünftigen Schwiegertochter. Doch die Tierärzte hätten die junge Frau noch nie im Stall angetroffen. Trotz Nachfragen bei jeder Kontrolle sei immer noch ungeklärt, ob sie tatsächlich mitarbeite. Es fehle zudem jeder Beleg dafür, dass sich die Freundin des Sohnes mit Rindern auskenne.

Steuerberatung und Ackerbau

Darf ein Steuerberater gleichzeitig Landwirt sein?

Sechs volle Tage in der Woche arbeitete ein Steuerberater und Wirtschaftsprüfer. Am siebten Tag ruhte er aber nicht, sondern kümmerte sich ein wenig um den landwirtschaftlichen Betrieb (mit 70 Hektar Ackerbau), den er von den Eltern übernommen hatte.

Diese Arbeit nahm zwar nach Einschätzung des Steuerberaters weniger als fünf Prozent seiner Arbeitszeit in Anspruch und beschränkte sich daruf, die Finanzen des Betriebs zu verwalten. Dennoch sah das Verwaltungsgericht Hannover darin eine für Steuerberater unerlaubte gewerbliche Nebentätigkeit, auch weil sich die Einkünfte im "mittleren fünfstelligen Bereich bewegten" (5 A 2906/11).

Mit den Einnahmen unterstütze er fast zu 100 Prozent seine Eltern, argumentierte der Nebenerwerbslandwirt. Doch das verhalf ihm nicht zur erwünschten Ausnahmegenehmigung, weder bei der Steuerberaterkammer, noch vor Gericht.

Laut Steuerberatergesetz dürfen Steuerberater nur ausnahmsweise Nebentätigkeiten ausführen. Damit will der Gesetzgeber Interessenkonflikte zwischen dem Beruf des Steuerberaters und zusätzlichen Erwerbsquellen vermeiden. Steuerberater könnten ansonsten ihre umfassenden Kenntnisse über die wirtschaftlichen Verhältnisse ihrer Mandanten für andere berufliche Zwecke nutzen.

Deshalb ließ das Verwaltungsgericht keine Ausnahme zu - obwohl der Steuerberater versicherte, sein Büro vertrete keine Mandanten aus dem landwirtschaftlichen Bereich. So einen Beschluss könne ein Steuerberaterbüro jederzeit ändern, wandten die Richter ein. Dass er künftig seine Berufspflichten verletzen könnte, sei damit nicht ausgeschlossen. Seine Tätigkeit für den typischen Ackerbaubetrieb sei nicht mit einer reinen Vermögensverwaltung vergleichbar. Dass die Steuerberaterkammer daher die "abstrakte Gefahr" eines Interessenkonflikts bejaht habe, sei nicht zu beanstanden.

Erlaubt hätte das Gericht eine landwirtschaftliche Nebentätigkeit dann, wenn sie für den Steuerberater nur eine "Liebhaberei" gewesen wäre. Dagegen sprachen aber die beträchtlichen Einnahmen. Das habe doch eher gewerblichen Charakter, so die Richter, und gehe über ein Hobby hinaus. Dass der Nebenerwerbslandwirt den Betrieb nicht "von heute auf morgen" verkaufen oder verpachten könne, habe die Steuerberaterkammer ausreichend berücksichtigt, indem sie ihm eine (auf zwei Jahre befristete) Ausnahmegenehmigung erteilte.

Tauziehen um den Sohn

Gericht hebt per einstweiliger Anordnung das gemeinsame Sorgerecht der Eltern auf

Das Ehepaar (sie Psychologin, er Landwirt und Kaufmann) trennte sich Anfang 2004. Tochter Q, geboren 1998, und Sohn U, geboren 2000, zogen mit der Mutter aus dem Bauernhof des Vaters aus. Die ersten Jahre klappte der familiäre Kontakt ganz gut. Der Ton wurde erst rauer, als der Mann 2010 vergeblich versuchte, seiner Ex-Frau den nachehelichen Unterhalt streichen zu lassen. Er verlor den Prozess.

Wütend warf er ihr im Gerichtssaal "geldgeiles Verhalten" vor und forderte sie auf, den Jungen sofort bei ihm abzuholen. Er werde sich jetzt "nicht mehr um seine Kinder kümmern", drohte er im Gehen. Beim nächsten Besuch hetzte der Vater U so gegen die Mutter auf, dass der Junge ihr eine SMS schickte: Wenn sie ihn abhole, werde er mit dem Luftgewehr auf sie schießen. Schließlich brachte der Mann U dann doch zurück.

Während die Tochter den Vater kaum noch besuchte, hielt sich der Junge am liebsten auf dem Bauernhof auf. Ein paar Wochen später wiederholte sich das Drama: U weigerte sich, zur Mutter heimzugehen. Daraufhin beantragte die Frau beim Familiengericht, den Umgang mit dem Vater vorübergehend auszusetzen.

Er manipuliere das Kind massiv und behaupte, U dürfe ihn bald nicht mehr besuchen, weil die "Mutter jetzt das ganze Geld bekomme". Den Vorwurf der Manipulation gab der Vater postwendend zurück: Seine Ex-Frau wolle einfach nicht akzeptieren, dass der Junge sich bei ihm wohler fühle. Deswegen übe sie Druck auf ihn aus, was das Kind psychisch belaste. Doch U wolle nun einmal lieber bei ihm leben, verstehe sich auch mit der neuen Lebensgefährtin gut.

Da die Eltern nur noch stritten, übertrug das Amtsgericht das Sorgerecht vorläufig allein der Mutter. Erfolglos legte der Vater Beschwerde dagegen ein. Bis das familienpsychologische Gutachten fertig und der Prozess ums Sorgerecht abgeschlossen sei, könne man angesichts der Querelen nicht zuwarten, erklärte das Oberlandesgericht Hamm (II-8 UF 86/11).

Jetzt müsse Ruhe einkehren, um U nicht noch weiter zu verunsichern. Um dem Kind einen weiteren Wechsel zu ersparen, bleibe es bei der Mutter, bis das Amtsgericht endgültig über das Sorgerecht entschieden habe. Sie könne Kinder wohl ohnehin besser erziehen. Der Vater dagegen sei oft unbeherrscht und impulsiv, wie z.B. sein Wutausbruch vor Gericht gezeigt habe. Er sei sehr auf sich fixiert, ignoriere die Wirkungen seines Tuns auf die Kinder oder erkenne sie nicht.

Mittlerweile verweigere der Mann jede Absprache mit der Ex-Frau und ermuntere den Jungen ständig, Regeln der Mutter zu missachten. Vor Gericht habe der Mann vorgeführt, wie er die Kinder in einen Loyalitätskonflikt treibe und die Frau vor den Kindern verächtlich mache. Umgekehrt scheine das nicht der Fall zu sein. U habe zur Mutter durchaus eine gute Beziehung, wenn er auch den Bauernhof als seine eigentliche Heimat ansehe.

Solaranlage installiert und durchs Dach gefallen

Für die Sicherheit bei seiner Arbeit ist allein der Handwerker verantwortlich

Der Eigentümer gewerblicher Gebäude schloss mit einer Baufirma einen Rahmenvertrag über die Installation von Photovoltaikanlagen auf den Dächern. Die Baufirma und Generalunternehmerin engagierte Subunternehmer, um diesen Auftrag auszuführen, unter anderem Elektroinstallateur P. Bei den Installationsarbeiten brach P durch ein Dachelement und verletzte sich schwer.

Von der Generalunternehmerin forderte er Schadenersatz: Sie hätte unterhalb der Dächer Absturzsicherungen anbringen müssen, warf er der Baufirma vor. Dem widersprachen das Landgericht und das Oberlandesgericht Frankfurt (10 U 192/12).

Für die Sicherheit bei der Ausführung des Auftrags sei allein der fachkundige Handwerker und Auftragnehmer verantwortlich — nicht der Auftraggeber und nicht die Generalunternehmerin. Wenn diese einen Subunternehmer beauftrage, übernehme sie damit nicht die Verkehrssicherungspflicht für dessen Arbeiten. Das sei Sache des Handwerksbetriebs.

Mit der Baustelle auf dem Dach schaffe der Installateur einerseits eine Gefahrenquelle. Andererseits sei er aufgrund seiner Sachkunde in der Lage, damit umzugehen und Risiken vorzubeugen. Da P und nicht die Baufirma die Arbeiten auf dem Dach erledigen sollte, habe er auch die "Oberaufsicht" über Baugeschehen und Baustelle gehabt. Er hätte sie daher im eigenen Interesse gut sichern müssen. So stehe es auch im Vertrag mit der Baufirma.

Auf einem Radwanderweg vom Ast getroffen

Zur Verkehrssicherungspflicht der Kommune für einen Weg durch Wald und Feld

An einem schönen Herbsttag unternahm Frau G einen Radausflug. Sie war auf einem "Rundweg für Wanderer und Radfahrer" der Gemeinde X unterwegs. Plötzlich stürzte von einem Baum am Wegrand ein Ast auf die Radfahrerin herab, acht Meter lang und ca. 15 cm dick. Am Bein und an der Hüfte verletzt, musste sie im Krankenhaus operiert werden.

Von der Kommune forderte Frau G 3.000 Euro Schmerzensgeld: Wenn sie auf ihrem Gebiet einen Radwanderweg unterhalte, sei die Gemeinde auch für die Kontrolle des Baumbestandes verantwortlich. Der Astbruch lasse darauf schließen, dass diese Kontrolle schuldhaft versäumt oder nachlässig ausgeführt wurde.

Die Schadenersatzklage der Radfahrerin blieb erfolglos. Es stehe nicht fest, dass die Gemeinde ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt habe, erklärte das Oberlandesgericht Celle, das sei zumindest zweifelhaft (8 U 61/12). An belebten, innerstädtischen Straßen müssten Bäume zweimal im Jahr kontrolliert werden (einmal wenn sie Laub tragen und einmal im unbelaubten Zustand).

Bei Wegen durch Wald, Wiesen und Felder wäre das jedoch übertrieben — auch wenn die Kommune im Internet Reklame für den Rundweg mache und ihn als Rad- und Wanderweg ausgeschildert habe. Bei solchen Wegen gelte nicht der gleiche Maßstab wie bei städtischen Rad- und Fußwegen. Die Kommune lasse die Bäume an Wegesrand jedes Jahr im Dezember überprüfen und bei Bedarf schneiden. Intensivere Kontrollmaßnahmen könne man von Gemeinden angesichts ihrer vielfältigen Aufgaben nicht verlangen.

Letztlich komme eine Haftung aber schon deshalb nicht in Frage, weil — selbst wenn ein Versäumnis vorläge — das Versäumnis nicht die Ursache des Unfalls wäre. Den hätte nämlich auch eine zweite Sichtkontrolle der Bäume im Sommer nicht verhindert. Kranke Äste zeigten oft gar keine äußerlich sichtbaren Krankheitssymptome. Bei einer Sichtkontrolle seien manchmal sogar morsche Äste nicht zu erkennen: Sie könnten trotz Holzzerfalls noch grün sein.

Auch der Ast, der Frau G getroffen habe, sei voll belaubt gewesen. Daher hätten die Gemeindemitarbeiter die Gefahr höchstens dann erkennen können, wenn sie den Baum zufällig kurz vor dem Abbruch von unten inspiziert hätten. Zu mehr als einer Sichtkontrolle sei die Kommune nicht verpflichtet: An einem Waldweg — ohne konkrete Indizien für Schäden! — jeden Baum zu ersteigen, um die Krone zu überprüfen, bedeutete einen unzumutbaren Aufwand.

Kreuzhacke auf dem Rapsfeld ...

… wird dem Mähdrescher eines Unternehmers zum Verhängnis: Haftet der Landwirt?

Ein Bauer beauftragte einen landwirtschaftlichen Unternehmer, den auf seinem Feld stehenden Raps zu dreschen. Der Raps war reif und schwer, hatte sich zudem nach starkem Regen abgesenkt. Man spricht dann von "Lagerraps", der bodennah zu ernten ist. Vielleicht hätte sonst der Mähdrescher die im Rapsfeld liegende Kreuzhacke gar nicht erfasst … So aber passierte es: Die Kreuzhacke verfing sich im Mähdrescher, wurde ins Dreschwerk geschleudert und beschädigte es schwer.

Der Unternehmer forderte vom Landwirt Schadenersatz für die Reparaturkosten und die Miete, die er für einen Ersatz-Mähdrescher ausgeben musste: Der Landwirt sei für den Unfall verantwortlich: Einer seiner Mitarbeiter müsse die Kreuzhacke im Feld benutzt und dort liegen gelassen haben. Der Beschuldigte gab den "Schwarzen Peter" zurück: Warum sollte das Versehen nicht einem Mitarbeiter des Unternehmers passiert sein ...

Diese Streitfrage könne offen bleiben, erklärte das Oberlandesgericht: Denn der Landwirt müsse schon deshalb für den Schaden einstehen, weil er seine Fürsorgepflicht gegenüber dem Auftragnehmer schuldhaft verletzt habe. Wenn er jemanden beauftrage, den Raps zu dreschen, müsse der Landwirt sicherstellen, dass sich auf dem Feld keine Fremdkörper befänden, die dessen Geräte beschädigen könnten.

Der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf (VII ZR 98/12). Da habe die Vorinstanz die Fürsorgepflicht des Auftraggebers in übertriebener Weise ausgedehnt. Ohne konkreten Anhaltspunkt dafür, dass bei den Arbeiten für den Auftragnehmer und seinen Mähdrescher Schaden drohe, müsse der Landwirt doch nicht ein fast sechseinhalb Hektar großes Feld absuchen. Weil aus unerfindlichen Gründen immer Fremdkörper oder Werkzeuge aus dem Boden herausragen könnten?

Die Argumentation sei nicht nachvollziehbar. Die Vorinstanz fordere vom Landwirt einen völlig unverhältnismäßigen Aufwand. Anders wäre die Situation zu beurteilen, wenn der Landwirt vor den Drescharbeiten Mitarbeiter mit Kreuzhacken aufs Feld geschickt hätte und man davon ausgehen müsste, dass einer nach der Arbeit das Werkzeug habe liegen lassen. Diese Frage könne daher keineswegs offen bleiben: Die Vorinstanz müsse sie vielmehr nun klären.

Wolf erschossen: Geldstrafe für Jäger

Urteile in einem Satz

Erschießt ein 72-jähriger Jäger einen (geschützten) Wolf, den er für einen wildernden Hund hielt, muss er trotz seines Irrtums eine Geldstrafe von 3.500 Euro zahlen; das Gericht verneinte zwar einen Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz, weil ein Jäger im Westerwald nicht unbedingt mit einem Wolf rechnen muss; dass Experten vor Gericht darüber stritten, ob der Jäger einen Hund oder wirklich einen Wolf erschossen hat, ersparte dem Jäger aber nicht die Geldstrafe: Weil es in jedem Fall gegen das Tierschutzgesetz verstößt, ein "Wirbeltier ohne Grund zu töten". (Er hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.)

Kommunen zahlen keine Jagdsteuer

Urteil in einem Satz

Jagdgenossenschaften müssen Jagdsteuer zahlen, Gemeinden dagegen nicht; wenn eine Kommune einen Jagdbezirk nicht mehr verpachtet und auf diese Einnahmen verzichtet, um das Jagdrecht selbst ausüben zu können, geschieht dies zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben; im Unterschied zu den Einwohnern einer Gemeinde entscheiden Mitglieder einer Jagdgenossenschaft als Eigentümer des Jagdbezirks über das Recht, die Jagd auszuüben, und haben selbst einen engen Bezug zur Jagd.

Jäger müssen Zuverlässigkeitsprüfung bezahlen

Urteil in einem Satz

Weil Waffen gefährlich sind, muss die zuständige Behörde Jäger und andere Waffenbesitzer regelmäßig auf ihre Zuverlässigkeit überprüfen (alle drei Jahre mindestens einmal), d.h. Auskünfte vom Bundeszentralregister, vom staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister und von der örtlichen Polizeidienststelle einholen; die Prüfung ist gebührenpflichtig: Die Gebühr (in der Regel 25,56 Euro) muss ein Jäger auch dann zahlen, wenn die letzte Prüfung erst ca. zwei Jahre zurückliegt und wenn ihm in der Zwischenzeit ein Jahresjagdschein erteilt wurde; einen Mindestabstand zwischen den Regelüberprüfungen schreibt das Waffengesetz nicht vor.

Jagdschein-Pause für Straftäter

Urteile in einem Satz

Wurde ein Bauunternehmer 2007 wegen Beihilfe zur Untreue zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr (ausgesetzt auf Bewährung) verurteilt, ist es rechtmäßig, wenn die zuständige Behörde seinen Jagdschein im Jahr 2010 nicht verlängert; daran ändert auch die Tatsache nichts, dass zwischen der letzten Straftat des Antragstellers (1996) und der Entscheidung der Behörde über den Jagdschein über zehn Jahre vergangen sind — denn maßgeblich ist das Datum des strafgerichtlichen Urteils: Wer rechtskräftig wegen einer Straftat verurteilt wurde, gilt ab diesem Datum zehn Jahre lang als "unzuverlässig" im Sinne des Waffen- und Jagdrechts.