Land- und Forstwirtschaft

Auf Rapssamen ausgerutscht

Auf einem landwirtschaftlichen Wirtschaftsweg muss man mit Ernteabfällen rechnen

Im Sommer 2012 ging Frau M auf dem Land spazieren. Auf einem Flurbereinigungsweg lag — auf ca. zwei Quadratmetern Fläche — Rapssamen verstreut. Darauf rutschte die Spaziergängerin aus, stürzte und brach sich das Becken sowie eine Hand.

Sie beschuldigte Landwirt L, die Rapssamen verstreut zu haben. Andere Rapsfelder in der Nähe seien schon viel früher abgeerntet worden, er habe als letzter in der Umgebung Rapssamen transportiert. Danach hätte der Bauer den Weg reinigen müssen. Frau M forderte von L 8.000 Euro Schmerzensgeld.

Das Landgericht Coburg wies ihre Zahlungsklage ab (22 O 169/13). In der Nähe der Unfallstelle lägen einige Rapsfelder. Selbst wenn andere Felder schon Tage vorher abgeerntet wurden, belege das keineswegs, dass nur L die Samen verloren haben könne. Letztlich könne das aber auch offen bleiben. Denn L müsste für die Unfallfolgen selbst dann nicht haften, wenn die Samen von seinem Transporter gefallen wären.

Auf einem Feldweg oder Wirtschaftsweg für landwirtschaftliche Fahrzeuge gelten nicht die gleichen Anforderungen wie auf normalen Straßen. Landwirtschaftliche Anlieger seien nicht verpflichtet, die Wege zu reinigen, wenn sie verschmutzt seien. Mit Überresten landwirtschaftlicher Arbeiten bzw. Ernteabfällen müsse man auf solchen Wegen rechnen.

Landwirte müssten hier nur außergewöhnliche Hindernisse beseitigen. Eine gut erkennbare Fläche mit verstreutem Rapssamen sei aber kein außergewöhnliches Hindernis.

Arbeitsunfall eines Lagerarbeiters

Die Berufsgenossenschaft muss dem verletzten Nebenerwerbslandwirt keinen Betriebshelfer zur Seite stellen

Geld verdiente der Mann hauptberuflich als Lagerarbeiter, nebenbei bewirtschaftete er den elterlichen Bauernhof. Bei seiner gewerblichen Tätigkeit im Lager erlitt er mit dem Gabelstapler einen Unfall. Dabei verletzte sich der Nebenerwerbslandwirt und konnte vorübergehend seinen Hof nicht mehr versorgen.

Bei der Berufsgenossenschaft, der Trägerin der gesetzlichen Unfallversicherung, beantragte er Unterstützung. Ihm stehe wegen des Arbeitsunfalls nicht nur das Verletztengeld zu, meinte der Lagerarbeiter, die Berufsgenossenschaft müsse auch die Kosten für einen Betriebshelfer auf dem Bauernhof übernehmen.

Das lehnte die Berufsgenossenschaft ab. Zu Recht, wie das Landessozialgericht Bayern entschied (L 18 U 138/11). Anspruch auf Unterstützung im landwirtschaftlichen Betrieb habe der Versicherte nur, wenn ihm als Landwirt ein Arbeitsunfall widerfahre und er dadurch arbeitsunfähig werde.

Auch die landwirtschaftliche Krankenkasse sei für sein Problem nicht zuständig. Nur wenn einem Landwirt wegen einer Krankheit oder eines Unfalls Krankengeld von der landwirtschaftlichen Krankenkasse zustehe, dürfe ihm die Kasse "anstelle von Krankengeld" einen Betriebshelfer finanzieren.

Anspruch auf Krankengeld von der Kasse habe der Nebenerwerbslandwirt jedoch nicht, weil er keinen Arbeitsunfall im landwirtschaftlichen Betrieb erlitt. Also habe die Kasse vorschriftsmäßig gehandelt, als sie sich weigerte, ihm "anstelle von Krankengeld" einen Betriebshelfer zu genehmigen.

PCB-belastete Eier im Hühnerstall

War der Stall verpachtet, muss die landwirtschaftliche Haftpflichtversicherung für den Verlust nicht einstehen

2009 hatte Landwirt H für seinen Hof eine Betriebshaftpflichtversicherung abgeschlossen. Einen Teil der Betriebsfläche inklusive Legehennenstall verpachtete H an eine Landwirtin. Drei Jahre später ereignete sich ein finanzielles Desaster: Lebensmittelkontrolleure stellten fest, dass die Eier mit PCB belastet waren (PCB: polychlorierte Biphenyle, das sind gesundheitsschädliche Kohlenstoffe).

Die Pächterin durfte die Eier nicht verkaufen und musste 420.000 Stück entsorgen. Grund der Schadstoffbelastung war wohl eine Schotterschicht, die H unter den Außenzäunen angebracht hatte: Damit wollte er verhindern, dass sich Füchse unter den Zäunen durch-graben und im Hühnerstall räubern.

Landwirt H hatte die Zusammensetzung der Schotterschicht nicht gekannt, fühlte sich nun aber für den Verlust seiner Pächterin verantwortlich. Er wandte sich an die Haftpflichtversicherung: Für das verpachtete Grünland mit dem Hühnerstall bestehe doch wohl Versicherungsschutz, hoffte er.

Das wurde jedoch vom Landgericht verneint. Auch das Oberlandesgericht Oldenburg wies H's Klage gegen die Versicherung ab (5 U 45/13). Selbst wenn derartige Pachtverhältnisse branchenüblich seien: Eine allgemeine landwirtschaftliche Betriebshaftpflichtversicherung für einen "landwirtschaftlichen Betrieb mit Weidehaltung" umfasse keinen Versicherungsschutz für verpachtete Flächen und Betriebsteile.

Im Versicherungsvertrag hätte der Landwirt explizit vereinbaren müssen, dass der verpachtete Legehennenstall mit Auslauffläche mitversichert sein sollte. Verpachtung sei auch nicht als mitversicherte Nebentätigkeit anzusehen. Denn die Risiken bei Verpachtung seien anders gelagert als die des landwirtschaftlichen Betriebs.

TV-"Farm" ist kein Glücksspiel

Der Sieger dieser Fernsehshow muss sein Preisgeld versteuern

An der Show des privaten Fernsehsenders RTL nahmen zwölf Kandidaten und Kandidatinnen teil. "Die Farm" wurde auf einem total abgelegenen Bauernhof in Norwegen gedreht. Dort wohnten die Teilnehmer einige Wochen — ohne Wasser- und Stromanschluss.

Die Kamera filmte sie dabei, wie sie mit der ungewohnten Situation (nicht) zurechtkamen. Die freiwilligen Versuchskaninchen mussten sich selbst versorgen (Ackerbau und Viehzucht!). In bestimmten Intervallen wurden Teilnehmer durch Ausscheidungsspiele aussortiert, z.B. mussten sie Äxte werfen oder um die Wette Kühe melken.

Wer verlor, musste "Die Farm" verlassen. Jeder Kandidat/jede Kandidatin kassierte eine Wochenpauschale, solange er/sie teilnahm. Dem Sieger der Show winkte ein vertraglich fixierter "Projektgewinn".

Dass er für Gewinn und Wochenpauschalen Steuern zahlen sollte, sah der Sieger - nennen wir ihn Max - überhaupt nicht ein: Gewinne aus Glücksspielen seien doch generell nicht zu versteuern, argumentierte Max. Und dazu zählten auch seine Einnahmen bei der Fernsehshow. Die Resultate der Ausscheidungsspiele auf "Der Farm" hingen doch letztlich vom Zufall ab.

Zuviel der Bescheidenheit, urteilte das Finanzgericht Münster, und wies die Klage des Siegers gegen den Steuerbescheid ab (4 K 1215/12 E). Der Projektgewinn sei alles andere als ein Gewinn im Glücksspiel.

Die Teilnehmer der Fernsehshow müssten in den Ausscheidungsspielen Geschicklichkeit und Wissen unter Beweis stellen: Geschick im Umgang mit Tieren und allen möglichen Schwierigkeiten auf einem verlassenen Hof ohne Annehmlichkeiten des modernen Lebens. Der Sieger habe sich daher keineswegs nur zufällig gegen die anderen Kandidaten durchgesetzt.

Also müsse Max Gewinn und Wochenpauschalen versteuern. Die Einnahmen habe er als Gegenleistung für seine Teilnahme an der Show erhalten, für die ständige Anwesenheit im Bauernhaus und dafür, dass er dem Fernsehsender die Verwertungsrechte am Bild- und Tonmaterial überließ.

Pferdeakupunktur vermasselt?

Tierheilpraktikerin muss für abgebrochene Akupunkturnadel nicht haften

Der Besitzer eines Pferdes verklagte eine Tierheilpraktikerin auf 120.000 Euro Schadenersatz: Seine Bekannte V, die das edle Tier ritt, hatte die Heilpraktikerin mit einer Akupunktur beauftragt. Die Behandlung schlug jedoch fehl, weil eine Akupunkturnadel des Herstellers "Asia med" abbrach. Anschließend warf der Tierhalter der Tierheilpraktikerin Behandlungsfehler und mangelnde Aufklärung über das Behandlungsrisiko vor.

Sie habe wohl ungeeignete Nadeln falsch verwendet. Außerdem habe sie ihn und Frau V nicht über das Risiko informiert, dass bei der Akupunktur Nadeln abbrechen könnten. Damit habe sie schuldhaft ihre Pflichten aus dem Behandlungsvertrag verletzt: Bleibe eine Nadel im Körper, drohten dem Tier Schmerzen und langfristig könnte es für den Reitsport untauglich werden. Die Alternative sei nun eine teure und riskante Operation.

Das Oberlandesgericht Celle wies die Vorwürfe zurück (20 U 12/13). Die Tierheilpraktikerin habe die Akupunktur nach allen Regeln der Kunst durchgeführt, wie ein Experte bestätigte. Es liege kein Behandlungsfehler vor.

Darüber hinaus zähle es zu den Aufgaben der Heilpraktikerin, den Auftraggeber über die Behandlung, ihre Erfolgsaussichten und Risiken aufzuklären. Der Umfang dieser Informationspflicht hänge — nach den "Leitlinien" der Bundestierärztekammer zur "Aufklärung in der Pferdepraxis" — erstens vom wirtschaftlichen Wert des Tieres ab, zweitens von Kosten und Risiken des Eingriffs und von alternativen Möglichkeiten der Behandlung.

Auch wenn es sich hier um ein relativ teures Pferd handle, hafte die Heilpraktikerin nicht für die Folgen der misslungenen Akupunktur, weil ihr keine Versäumnisse vorzuwerfen seien. Die Akupunktur sei eine bewährte und unkomplizierte Behandlungsmethode, die — verglichen mit der Vorgehensweise der Veterinärschulmedizin — wenig Nebenwirkungen habe.

Zudem sei das Risiko eines Nadelbruchs äußerst gering, wie der Sachverständige ausgesagt habe: Bisher sei bei der von der Tierheilpraktikerin eingesetzten Nadelart noch kein einziger Bruch vorgekommen. Sie habe also davon ausgehen dürfen, dass dies ein zuverlässiges und sicheres Produkt sei.

Wenn eine Behandlung einfach und erfahrungsgemäß auch gefahrlos sei, entfalle die Pflicht des Tiermediziners bzw. Tierheilpraktikers zur Risikoaufklärung. Gemäß den "Leitlinien" sei eine Risikoaufklärung bei alltäglichen Eingriffen, bei denen selten Komplikationen auftreten — wie Injektionen oder Punktionen bei Pferden — nicht notwendig. Beim weniger belastenden Setzen von Akupunkturnadeln könnten keine strengeren Maßstäbe gelten.

Kühe tot durch Impfung?

Ist der Zusammenhang unklar, bekommt der Landwirt den Verlust nicht ersetzt

Ein Nebenerwerbslandwirt, der um die 50 Kühe hält, verklagte den Landkreis auf 6.500 Euro Schadenersatz. Fünf Kühe waren nach einer Impfung gegen die Blauzungenkrankheit erkrankt, die eine Tierärztin der Veterinärbehörde zwischen August 2008 und April 2009 durchgeführt hatte.

Zwischen November 2008 und August 2009 seien die Tiere gestorben (bzw. mussten eingeschläfert werden), nur die Impfung könne der Grund dafür sein, meinte der Landwirt. Wenn Tiere infolge einer behördlich angeordneten Impfung verendeten, stehe dem Tierhalter laut Tierseuchengesetz Entschädigung zu.

Doch das Verwaltungsgericht München verneinte einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Impfung und dem Tod der Rinder (M 18 K 11.666). Es wies die Klage des Landwirts daher ab. Einen Kausalzusammenhang nachzuweisen, sei oft schwierig, räumte das Verwaltungsgericht ein. Wenn ein Tier innerhalb von wenigen Stunden nach der Impfung verende, wäre das ein starkes Indiz dafür.

Im konkreten Fall sei es aber keiner Kuh direkt nach der Impfung schlecht gegangen. Zwischen Impfung und Tod lägen jeweils mehrere Wochen bis zu fünf Monaten. Bis auf ein Rind habe man sie auch nicht sezieren können, um der Sache auf den Grund zu gehen. Denn der Landwirt habe die Kadaver entsorgt.

Bei der sezierten Kuh hätten die Tiermediziner eine Darmentzündung festgestellt. Die Krankheiten der fünf Rinder seien ganz unterschiedlich verlaufen. So sei eine Kuh kurz nach einer schweren Geburt (wegen einer verdrehten Gebärmutter) gestorben. Auch das spreche gegen einen Zusammenhang zwischen den Todesfällen und der Impfung.

Der Hoftierarzt habe als Zeuge ebenfalls ausgesagt, dass er daran nicht glaube. Rinder reagierten auf so eine Impfung innerhalb von wenigen Stunden, höchstens zehn Tage danach. Seiner Meinung nach habe Q-Fieber die Symptome ausgelöst. Oder auch Bakterien (Chlamydien), was auf verschimmeltes Futter hindeuten könnte.

Hopfenbauer leidet an Parkinson

Berufskrankheit des Landwirts wegen langjährigen Umgangs mit Pestiziden?

Hopfen und Malz, Gott erhalt's — sagt man in Bayern gern, handelt es sich dabei doch um die Grundstoffe für Bier. Auf einen Hopfenbauern wirkte sich der so gelobte Stoff jedoch wenig segensreich aus, weil er bei dessen Anbau intensiv Pestizide eingesetzt hatte.

Fast 30 Jahre lang baute der Landwirt Hopfen an und versprühte dabei Unmengen an Fungiziden, Unkrautvernichtungsmitteln und Schädlingsbekämpfungsmitteln. Ca. 15 Mal im Jahr verteilte er die gesundheitsgefährdenden Stoffe auf den Feldern und benutzte dabei erst in den letzten Arbeitsjahren eine Atemmaske.

Zehn Jahre, nachdem er den Hopfenanbau aufgegeben hatte, stellte sein Hausarzt fest, dass der Landwirt an der Parkinson-Krankheit litt. Wahrscheinlich sei der Umgang mit Pestiziden der Grund dafür, vermutete der Mediziner. Doch bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft beantragte der ehemalige Hopfenbauer vergeblich Leistungen: Parkinson sei keine Berufskrankheit, so ihr Bescheid.

Zu Recht habe die Berufsgenossenschaft hier Leistungen abgelehnt, entschied das Landessozialgericht Bayern (L 2 U 558/10). Ob Parkinson grundsätzlich durch Pestizide ausgelöst werden könne und als Berufskrankheit anzuerkennen sei, könne hier offen bleiben, so das Gericht. Denn im konkreten Fall lägen zehn Jahre zwischen der Parkinson-Diagnose und dem letzten Mal, dass der Landwirt derartigen Chemikalien ausgesetzt war ("Exposition").

Bei so einem langen Zeitraum könne man einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Krankheit und dem Umgang mit landwirtschaftlichen Schädlingsbekämpfungsmitteln nicht bejahen. Zumindest sei die Exposition als Krankheitsursache nicht "überwiegend wahrscheinlich". Das wäre jedoch die Bedingung dafür, die Parkinson-Erkrankung als Berufskrankheit anzuerkennen.

Alle Pflanzen raus!

Landwirtin muss Maispflanzen aus minimal gentechnisch verändertem Saatgut vernichten

Eine Landwirtin hatte in Ungarn Saatmais besorgt, um Mais anzusäen. Bei einer Untersuchung in Niedersachsen stellte sich heraus, dass es sich bei dieser Sorte Saatmais um gentechnisch verändertes Saatgut handelte. Die Regierung von Oberbayern ordnete an, die Landwirtin müsse alle Pflanzen aus diesem Saatgut beseitigen. Restliches Saatgut dürfe sie nicht mehr aussäen.

Die Frau kam der Order nach, alle Felder umzugraben und die Maispflanzen zu vernichten. Anschließend klagte sie gegen die Regierung von Oberbayern, um feststellen zu lassen, dass die Anordnung rechtswidrig war.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof urteilte jedoch, sie sei zulässig und notwendig gewesen (22 BV 11.1307). Bei den Proben hätten die Experten herausgefunden, dass das konventionelle Saatgut geringfügig mit der gentechnisch veränderten Maislinie NK 603 verunreinigt war (weniger als 0,1 Prozent). Deren Anbau sei in Europa verboten.

Auch Pflanzen aus konventionellem Saatgut müssten beseitigt werden, wenn es mit gentechnisch veränderten Samen durchsetzt sei. Diese Körner dürften nicht keimen und mit der Blüte auskreuzen. Die Maisblüte hätte eine unkontrollierte Verbreitung durch Auskreuzen und durch Bienen nach sich ziehen können.

Derartige Verunreinigungen von Saatgut seien meistens minimal, so auch hier. Doch das Gesetz sehe keine Untergrenze vor, unterhalb derer ein Fund gentechnisch veränderten Saatguts zu vernachlässigen wäre. Die Pflanzen zu beseitigen, sei die einzig richtige Konsequenz: Der Gesetzgeber müsse die natürlichen Lebensgrundlagen schützen, dieser Auftrag schließe auch Risikovorsorge ein.

Vernünftige Zweifel daran, dass die Probenahme und die Probeanalyse fachlich korrekt vorgenommen wurden, gebe es nicht. Zwar seien in diesem Punkt die Gutachter nicht alle einer Meinung. Aber im Ergebnis habe dieser Mais auf Deutschlands Äckern nichts verloren. Mit diesem Ergebnis sanken auch die Chancen der Landwirtin auf Ersatz des wirtschaftlichen Schadens (60.000 Euro).

Rindertuberkulose

Landwirt wehrt sich gegen Quarantäne durch das Landratsamt

Auf einem Bauernhof untersuchte ein Tierarzt des Veterinäramts die Rinder auf Tuberkulose. Bei einem Tier stellte er einen fraglichen Hautdickenbefund fest. Die Blutproben ergaben, dass zumindest eine Kuh "wahrscheinlich" mit Tuberkulose infiziert war. Daraufhin ordnete das Landratsamt an, das Tier zu töten und verhängte über den Bauernhof eine Bestandssperre.

Das bedeutet: Der Landwirt darf ohne Genehmigung des Landratsamts kein Rind mehr verkaufen oder schlachten ("aus dem Bestand entfernen"). Milch der infizierten Kuh musste er beseitigen, Rohmilch der negativ getesteten Tiere zur Untersuchung abgeben.

Gegen den Bescheid des Landratsamts klagte der Landwirt und beantragte zugleich einstweiligen Rechtsschutz, d.h. bis zur Entscheidung über die Klage sollte der Bescheid erst einmal nicht gelten. Sein Betrieb sei ohne triftigen Grund seit 18 Wochen gesperrt, so die Beschwerde des Landwirts. Die Testverfahren seien untauglich und stützten den Verdacht auf Tuberkulose nicht.

Doch der bayerische Verwaltungsgerichtshof in München erklärte die Maßnahmen der Behörde nach einer vorläufigen Prüfung für rechtmäßig (20 CS 13.1145). Die Blutuntersuchungen hätten zumindest den Verdacht auf Rindertuberkulose erhärtet. Wenn das Veterinäramt Indizien für den Ausbruch einer Tierseuche feststelle, müsse das Landratsamt die gesetzlich vorgeschriebenen Anordnungen treffen.

Eine Bestandssperre sei eine Art von Quarantäne: Kühe würden im Stall oder auf der Weide abgesondert und müssten am Standort bleiben. Nur so könne man die Ausbreitung der Seuche wirksam verhindern, daher sei die Bestandssperre keineswegs unverhältnismäßig. Sie sei erst dann aufzuheben, wenn die Krankheit besiegt oder der Verdacht auf Tuberkulose widerlegt sei.

Im übrigen hätte der Landwirt das Ende der — von ihm als "existenzbedrohend" geschilderten — Sperre beschleunigen können, wenn er sich nicht geweigert hätte, die übrigen Tiere auf Tuberkulose untersuchen zu lassen. Nur mit einem weiteren Test könne man den Verdacht entkräften. Den habe der Tierhalter jedoch für unzumutbar erklärt und damit die Sperre nochmals verlängert. Dabei sei der Tuberkulin-Simultantest laut einem vom Veterinäramt vorgelegten Gutachten unschädlich und wirksam.

Milch aus der "Mark Brandenburg"?

Eine Molkerei darf ihre Marke "Mark Brandenburg" nicht mehr benützen

Eine Molkerei vertrieb unter dem geschützten Namen "Mark Brandenburg" Milch in Tüten. Der Markenname prangte auf der Verpackung: über einem kleinen Bild mit stilisierter, bäuerlicher Landschaft. Die Frischmilch stammte allerdings nur zum Teil aus Brandenburg, sie enthielt Milch aus mehreren deutschen Regionen. Abgefüllt wurde die Milch in Köln. Das stand auch — ziemlich unauffällig — auf der Verpackung.

Ein Unternehmer-Verein, der über fairen Wettbewerb wacht, ging gegen den Markennamen "Mark Brandenburg" gerichtlich vor: Er täusche Verbraucher über die Herkunft des Produkts. Die Kunden glaubten natürlich, dass Milch, die mit dem Stempel "Mark Brandenburg — Qualitätsgarantie" verkauft werde, ausschließlich aus dieser Region stamme. Und das treffe eben nicht zu.

Das Oberlandesgericht Stuttgart gab dem Verein Recht und verbot es der Molkerei, den Markennamen weiterhin zu benützen, soweit die Milch in Köln abgefüllt wird und der Hinweis auf den Abfüllort auf der Verpackung nicht mit der gebotenen Deutlichkeit dargestellt wird. (2 U 157/12). Zwar werde ein Teil der frischen Milch tatsächlich in Brandenburg gemolken. Und durchschnittlich informierte Verbraucher wüssten auch, dass Milch nicht neben der Weide abgefüllt, sondern in eine Molkerei gebracht werde.

Womit sie jedoch nicht rechneten (und auch nicht rechnen müssten), sei die Tatsache, dass Milch außerhalb von Brandenburg gemolken, Hunderte von Kilometern bis nach Köln am Rhein transportiert, weiterverarbeitet — und anschließend als Brandenburger Milch beworben werde. Auch die Bezeichnung "Frischmilch" suggeriere eine gewisse Nähe zum Erzeuger, die nicht gegeben sei. Die Verbraucher bekämen keine Milch aus Brandenburg, sondern ein Milchpotpourri.

Auch der Hinweis auf der Milchtüte — "Milch von deutschen Bauernhöfen. Abgefüllt in Köln" — ändere nichts am Irrtum der Verbraucher, den der Markenname hervorrufe. Anders als der auffällig platzierte Markenname sei dieser Hinweis sehr klein gedruckt und gehe mit weißer Schrift im blassen Blau der Verpackung geradezu unter.

Für viele Verbraucher sei die geografische Herkunft eines Produkts wichtig, selbst wenn sie damit nicht unbedingt bestimmte Qualitätsvorstellungen verbänden. Gerade bei Nahrungsmitteln gehe es vielen Menschen heute darum, lange Transportwege zu vermeiden sowie regionale Produkte und Erzeuger zu unterstützen.

Bauernfamilie durch Gestank entzweit

Schwager der Schweinezüchterin klagt gegen Baugenehmigung für Schweineställe

Als der alte Bauer starb, wurde sein Grundstück geteilt. Sohn A bekam den Bauernhof, Sohn B das Wohnhaus nebenan, das 1973 gebaut worden war. B wohnte bis 1980 auf dem Hof, dann zog er in das Wohnhaus um. A züchtete Schweine, damit hatte schon der Vater begonnen. Die Ställe baute A ohne Baugenehmigung aus. Nach seinem Tod beantragte die Witwe 1992 dafür eine nachträgliche Genehmigung beim Landratsamt.

Endlos zog sich das Verfahren hin. Im Jahr 2000 war es immer noch nicht abgeschlossen. Da meldete sich Schwager B bei der Behörde und erhob Einwände: Die Schwägerin dürfe keine Baugenehmigung erhalten, denn die Schweinezucht beeinträchtige sein Grundstück. Der Gestank sei unerträglich.

Das Landratsamt schaltete einen Gutachter ein, der zu dem Schluss kam, dass sich die Situation für B verbessern würde, wenn die mit der Baugenehmigung verbundenen Auflagen erfüllt würden. Daraufhin wurde die Genehmigung erteilt. Ohne Erfolg versuchte Schwager B, sie mit einer Klage abzuwenden.

Seit 1990 habe sich die Situation nicht wesentlich geändert, stellte das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen fest (1 LB 162/13). Nachbar B habe sie seit jeher gekannt und erst 2000 Bedenken angemeldet. Ein Jahr vorher habe er noch — ohne Einwände vorzutragen — sein Wohnhaus ausgebaut. Offenkundig habe B erst nach dem Umbau seine Meinung über die Schweinezucht geändert. Vorher habe sie ihm nicht gestunken.

Doch sein Vater habe den Hof schon in den 70er Jahren auf Schweinezucht umgestellt. Das sei seit vier Jahrzehnten die Lebensgrundlage der Familie. Angesichts des langen Schweigens von B — und aufgrund der Tatsache, dass er selbst vom Hof stamme — habe sich die Schwägerin darauf verlassen dürfen, dass er mit diesem Betrieb einverstanden sei.

Wenn ein Nachbar zehn Jahre lang "untätig" bleibe und einer bestimmten Nutzung von Gebäuden nicht widerspreche, verwirke er damit sein Recht, ihr zu widersprechen.

Nur zwei Jahre Garantie für Solarstrom

Landwirt hat sieben Jahre nach der Anlagen-Montage keine Gewährleistungsansprüche mehr

Bei einem Händler kaufte ein Landwirt im Frühsommer 2004 eine Photovoltaikanlage mit 300 Solarmodulen. Die Module installierte er selbst auf einem seiner Hofgebäude, während der Händler die Montage der Wechselrichter übernahm. Zwei Jahre lang funktionierte die Anlage mehr schlecht als recht, bis der Landwirt dahinter kam, dass die Wechselrichter nicht zu ihr passten. Im November 2006 tauschte der Händler die Wechselrichter und 19 beschädigte Module aus.

Trotzdem meldete sich der Landwirt wieder bei ihm und beklagte, die Photovoltaikanlage produziere längst nicht so viel Solarstrom, wie es ihrer nominellen Leistungsfähigkeit entspreche. Mehrmals "bastelte" der Händler an der Anlage herum, doch nie funktionierte die Solarstromanlage zufriedenstellend. 2011 forderte der Landwirt weitere Nachbesserungsarbeiten.

Diesmal winkte der Händler allerdings ab: Jetzt könne der Käufer wegen der mangelhaften Leistung der Anlage keine Gewährleistungsansprüche mehr geltend machen, die seien längst verjährt. Das Oberlandesgericht Oldenburg gab dem Händler Recht (2 U 47/12).

Im Prinzip gelte für Photovoltaikanlagen die im Kaufrecht übliche Verjährungsfrist von zwei Jahren. Die sei schon abgelaufen gewesen, als der Händler im Herbst 2006 die Wechselrichter austauschte. Andernfalls hätten diese Arbeiten an der Anlage den Ablauf der Verjährung unterbrechen oder hemmen können.

Das wäre im Herbst 2006 nur dann möglich gewesen, wenn hier ausnahmsweise eine Gewährleistungsfrist von fünf Jahren gegolten hätte - wie für Arbeiten an eigenständigen Bauwerken. Für sich genommen, stelle jedoch eine Solarstromanlage kein Bauwerk dar.

Anders wäre die Sache zu beurteilen, wenn zugleich mit der Anlage das Dach des Hofgebäudes neu gebaut oder fertig gebaut worden wäre. Denn für Arbeiten am Dach sei die fünfjährige Gewährleistungsfrist einschlägig, weil damit ein Bauwerk fertig gestellt werde. Diese Frist sei dann auch für alle weiteren Arbeiten entscheidend, die ein Bauunternehmer in diesem Zusammenhang ausführe.

Im konkreten Fall sei die Photovoltaikanlage aber auf dem fertigen Hofgebäude installiert worden. Daher bleibe es hier beim Regelfall, also einer Frist von zwei Jahren für Gewährleistungsansprüche. Der Händler müsse sich um die unzulängliche Leistung der Solarstromanlage nicht mehr kümmern.

Rinder in Panik

Brechen sie wegen einer Treibjagd aus der Weide aus, haften die Jagdpächter für die Folgen

Jagdpächter veranstalteten in ihrem Jagdrevier eine Treibjagd mit mehreren Jägern und Jagdhunden. In unmittelbarer Nähe des Reviers lag ein Bauernhof, auf dessen umzäunter Weide drei Rinder friedlich grasten. In diese Idylle brach in der Abenddämmerung jäh das Unheil herein — in Gestalt eines Jagdhundes.

Er gehörte einem Jagdgast und war nicht angeleint. Der Jagdhund lief auf die Weide, bellte laut und sprang wild herum. Auf diese Weise versetzte er die Rinder so in Panik, dass sie den Weidezaun durchbrachen und ausbüxten. Der Landwirt musste sie mühsam einfangen. Dabei stürzte der Mann und zog sich einen komplizierten Bruch der rechten Hand zu.

Von den Jagdpächtern forderte der Landwirt Schadenersatz. Zu Recht, wie das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg entschied (14 U 80/13). Vor einer Treibjagd müssten sich die Veranstalter vergewissern, ob Tiere im Jagdrevier oder in der Nähe durch jagdtypische Risiken (wie Schüsse, stöbernde Hunde) in Gefahr geraten könnten. Wenn Jagdpächter dies versäumten, hafteten sie für Jagdschäden.

Auch wenn die "Unfallverhütungsvorschrift Jagd" der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft nicht explizit verlange, Landwirte vor einer Treibjagd zu informieren: Um Panik von Nutztieren zu verhindern, gehöre das zu den Pflichten der Jäger. Landwirte müssten rechtzeitig von einer Treibjagd erfahren, damit sie ihre Tiere in den Stall bringen könnten. Die Alternative wäre, dass die Jäger eine Weide mit Nutztieren in großem Abstand umlaufen und die Jagdhunde an die Leine legten.

Vergeblich versuchten die Jagdpächter, dem Landwirt ein Mitverschulden anzuhängen, weil er sich beim Einfangen der Rinder unnötig selbst gefährdet habe. Der Bauer sei sogar verpflichtet, die Rinder einzufangen, betonte das OLG, weil die Tiere ansonsten den Verkehr auf den öffentlichen Straßen in der Nähe gefährdeten.

Da habe er sofort handeln müssen, zumal es bereits dämmerte und er die Rinder in der Dunkelheit nicht mehr gefunden hätte. Wenn der Tierhalter in dieser Situation neben einem Rind herlaufe, um es durch Klopfen am Hals in die Richtung einer Koppel zu bewegen — sei das zwar gefährlich. Aber da ihm in der Not kein anderes Mittel blieb, begründe dieses Verhalten keine Mitschuld an seinem Unfall.

Geladene Pistole unter der Matratze

Urteile in einem Satz

Waffenbesitzer werden von der zuständigen Behörde regelmäßig daraufhin überprüft, ob sie Waffen und Munition vorschriftsmäßig aufbewahren - also so, dass Unbefugte ohne Waffenschein keinen Zugang dazu haben; stellen die Mitarbeiter der Behörde (hier: Landratsamt Trier-Saarburg) bei der Prüfung fest, dass unter der Matratze des Waffenbesitzers eine geladene Pistole liegt, ist es richtig, ihm die Waffenbesitzkarte zu entziehen; Waffe und Munition zusammen an diesem "ebenso ungeeigneten wie ungewöhnlichen" Ort aufzubewahren, begründet erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit des Waffenbesitzers - wer zentrale Vorschriften verletzt, wird Waffen und Munition auch zukünftig nicht sorgfältig aufbewahren.

Kein Jagdschein für Suffköppe!

Der Umgang mit Waffen setzt Zuverlässigkeit und persönliche Eignung voraus

Die Jagdbehörde hatte Herrn Z den beantragten Jagdschein verweigert. Begründung: Wegen Trunkenheit im Straßenverkehr sei er 2007 zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Alkoholisiert habe Z damals einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem er sich schwer am Kopf verletzte. Seither leide er zudem an epileptischen Anfällen. Daher gebe es erhebliche Zweifel an seiner Eignung für die Jagd, die er nur durch ein psychiatrisches Gutachten ausräumen könne.

So ein Gutachten hielt der Mann für überflüssig, weil er mittlerweile seinen Führerschein wieder erhalten hatte: Ein fachärztliches Gutachten habe seine Fahreignung bestätigt, das reiche doch wohl aus, meinte er. Diese Tatsache beeindruckte das Verwaltungsgericht Oldenburg jedoch nicht: Wer einen Wagen lenken dürfe, sei deshalb nicht automatisch qualifiziert für die Jagd (11 A 4807/12).

Von Waffen gehe noch größere Gefahr aus als von Fahrzeugen. Daher seien hier strengere Maßstäbe anzulegen. Die Ausübung der Jagd und der damit verbundene Umgang mit Waffen setzten Zuverlässigkeit und persönliche Eignung voraus. Daran fehle es Z.

Zwei Mal sei er 2010 wegen epileptischer Anfälle ins Krankenhaus eingeliefert worden. Der Amtsarzt habe deshalb sogar das Gutachten angezweifelt, das die Fahreignung bestätigte. Denn Z nehme — entgegen ärztlichem Rat — keine Medikamente, also sei das Risiko weiterer Anfälle keineswegs auszuschließen.

Und er neige zu emotionalen Ausbrüchen, wenn er seine Ziele nicht durchsetzen könne — charakteristisch für ein "hirnorganisches Psychosyndrom". Diese Punkte genügten bereits, um seine Eignung zum Umgang mit Waffen und für die Jagd in Frage zu stellen. Darüber hinaus seien aber auch die Anzeichen für eine Alkoholkrankheit nicht zu übersehen.

Nicht "nur", weil Z im Sommer 2007 stark betrunken einen Verkehrsunfall verschuldet habe. Anfang 2011 habe ein Klinikarzt vermerkt, Z fahre regelmäßig mit dem Auto, auch wenn er Alkohol konsumiert habe. Ende 2011 habe Z bei der Aufnahme in ein Krankenhaus angegeben, am Abend vorher drei Flaschen Wein getrunken zu haben.

Angesichts so starker Indizien für mangelnde Eignung könne Z nur einen Jagdschein erhalten, wenn er mit einem psychiatrischen Fachgutachten belege, dass erstens keine epileptische Anfälle drohten und zweitens keine Alkoholabhängigkeit bestehe.

Seuchenschutz hat Vorrang

Kennzeichnungspflicht für Schafe belastet Landwirte, ist aber zur Herkunftskontrolle notwendig

Nach dem schweren Ausbruch der Maul- und Klauenseuche im Jahr 2001 erließ die Europäische Union 2004 eine für alle Mitgliedsstaaten gültige Verordnung. Darin verpflichtete sie Landwirte und Tierzüchter, bei Schafen und Ziegen zusätzlich zur normalen Ohrmarke ein elektronisches Kennzeichen anzubringen, z.B. am Ohr oder an den Fesseln.

Einem Landwirt aus Baden-Württemberg, der 450 Mutterschafe hielt, stieß das übel auf: Die Verordnung umzusetzen, bedeute für ihn einen riesigen Aufwand, kritisierte er, sie greife unverhältnismäßig in seine unternehmerische Freiheit ein.

Der Schafzüchter erhob Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart, das die Sache alsbald dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Klärung vorlegte (C-101/12). Eine solche Vorlage wird notwendig, wenn die Interpretation Europäischen Rechts unklar, für eine Entscheidung der nationalen Justiz aber wesentlich ist.

Der EuGH räumte dem allgemeinen Interesse am Schutz vor der Maul- und Klauenseuche absoluten Vorrang ein. Man habe 2001 mehrere Millionen Tiere systematisch notschlachten müssen — ein riesiger Verlust, der wesentlich kleiner ausgefallen wäre, hätte man damals schon Abstammung, Transportwege und Aufenthaltsorte der Tiere besser zurück-verfolgen können.

Daher sei die zusätzliche Markierung verhältnismäßig und notwendig, zumal inzwischen die Grenzkontrollen weggefallen seien. Mit dem Chip ließen sich Herkunft und Transport jedes einzelnen Tieres besser nachvollziehen, die Datenübertragung sei zuverlässiger und viel schneller. So könne man die gefährliche Tierkrankheit einfacher und effizienter bekämpfen und früher vorbeugende Maßnahmen treffen.

Finanziell belaste die Kennzeichenpflicht die Landwirte nicht über Gebühr, nicht einmal Züchter mit kleinem Tierbestand. Denn betroffene Landwirte könnten von den nationalen Regierungen Zuschüsse aus EU-Fördermitteln erhalten, um die Zusatzkosten leichter zu stemmen.

Schweine- oder Rinderhalter seien von dieser Regelung nicht betroffen. Das verstoße jedoch nicht gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung, so der EuGH. Denn bei diesen Tieren sei die Gefahr einer Maul- und Klauenseuche geringer, die 2001 eine europaweite Krise im Schaf- und Ziegenbestand ausgelöst habe. Rinder und Schweine würden nicht so häufig transportiert und nicht in so großen Partien versteigert. Zudem ändere sich bei Schafen die Zusammensetzung einer Herde häufiger, was das Ansteckungsrisiko erhöhe.

Jäger erschießt Islandpony

Er verwechselte es mit einem Wildschwein: Waffenschein futsch

Dass das Jagdgelände nicht weit von einem Ponyhof entfernt lag, wusste der Jäger zwar, der im Sommer 2012 auf der Pirsch war. Als er dann aber sah, wie sich ein Tier im Wald bewegte, packte ihn das Jagdfieber. Ohne zu zögern, schoss der Mann auf das vermeintliche Wildschwein. Tatsächlich traf und tötete der Jäger ein Islandpony.

Deshalb entzog ihm die Waffenbehörde den Waffenschein. Der Jäger hielt dagegen: Ein einziger Fehlschuss infolge einer bedauerlichen Verwechslung stelle doch seine Zuverlässigkeit im Umgang mit Waffen nicht in Frage, meinte er. Außerdem sei es bereits dunkel gewesen, als er geschossen habe. Auch das Strafverfahren gegen ihn — wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz — sei am Ende eingestellt worden.

Mit dieser Argumentation konnte der Jäger das Verwaltungsgericht Berlin nicht überzeugen (VG 1 L 251.13). Es verwies ihn auf elementare Verhaltensregeln bei der Jagd: Jäger dürften nur auf Wild schießen, wenn sie sich vorher Klarheit darüber verschafft hätten, was das für ein Tier sei. Bei der geringsten Unsicherheit und Unwägbarkeit dürften sie keinen Schuss abgeben.

Gegen diese Grundregel habe der Jäger verstoßen. Dabei sei die Jagdsituation nicht einmal kompliziert gewesen. Obendrein habe er in der Nähe des Pferdehofes damit rechnen müssen, einem Pony zu begegnen. Mit schlechten Sichtverhältnissen am Abend könne er sein Fehlverhalten erst recht nicht entschuldigen: Wenn ein Jäger das Tier nicht gut sehe, auf das er schießen wolle, müsse er den Schuss sowieso bleiben lassen.

Völlig zu Recht habe daher die Waffenbehörde den Jäger als unzuverlässig eingestuft und den Waffenschein widerrufen. Denn die Annahme sei begründet, dass er Waffen und Munition auch in Zukunft leichtfertig einsetzen würde.

Ohrmarken für Kälber

Urteile in einem Satz

Um den Tierbestand gegen Seuchen zu schützen, sind Rinderhalter verpflichtet, Kälber innerhalb von sieben Tagen nach der Geburt an beiden Ohren mit Ohrmarken zu kennzeichnen; auch wenn eine EU-Verordnung die Möglichkeit vorsieht, diese Frist - für Kälber, die nicht von Milchkühen abstammen - auf sechs Monate zu verlängern, ist es nicht rechtswidrig, wenn der deutsche Gesetzgeber das strenger handhabt: Erstens überlässt die EU die praktische Umsetzung der Kennzeichenpflicht den EU-Mitgliedsstaaten und zweitens dient die deutsche Praxis gleichermaßen dem Tierschutz und den Verbrauchern; Ohrmarken für Kälber erhöhen die Transparenz des Herkunftsnachweises, beschleunigen im Fall des Falles die Bekämpfung von Tierseuchen und stärken so das Vertrauen der Konsumenten in die Qualität von Rindfleisch.

Die ausgehungerten Wildschweine

Jagdrevierpächter haftet für geplündertes Maisfeld eines Landwirts

Im April 2012 säte ein Landwirt auf einer Ackerfläche Mais an, die in einem Jagdgebiet lag. Über die Aussaat fielen nach ein paar Tagen hungrige Wildschweine her — ratzeputz vertilgten sie die Maispflanzen. Der Landwirt beauftragte einen Fachmann damit, den Wildschaden zu ermitteln: Er schätzte ihn auf 1.561 Euro.

Diesen Betrag sollte der Pächter des Jagdreviers dem Landwirt in voller Höhe ersetzen. So lautete der "Vorbescheid über Wildschäden", den die Gemeinde dem Jäger schickte. Dessen Einspruch gegen den Bescheid wurde vom Amtsgericht Soltau abgewiesen: Schließlich wäre es die Aufgabe des Jagdpächters gewesen, die Wildschweine in Schach zu halten und Wildverbiss zu verhindern.

Der Jäger legte gegen das Urteil Berufung ein und warf dem Landwirt Mitverschulden vor: Er hätte ihm mitteilen müssen, dass er auf dem Acker Mais angepflanzt habe. So sah es auch das Landgericht Lüneburg und reduzierte den Schadenersatz (10 S 3/13).

Prinzipiell hafte natürlich der Jagdpächter für Wildschäden in seinem Revier, so das Landgericht. Aber die Bauern müssten laut Jagdgesetz ihre Anpflanzungen auch selbst schützen — das sei hier nicht geschehen. Dabei habe der Landwirt die Leibspeise von Wildschweinen angebaut, Maisfelder seien besonders gefährdet.

Obendrein habe der Jagdpächter nicht wissen können, dass der Landwirt Mais anpflanzen würde. Denn auf dem betreffenden Feld sei erst Winterrogen und dann als Zwischenfrucht Ölrettich angebaut worden. Daher hätte der Landwirt den Jagdpächter über die Aussaat von Maispflanzen informieren müssen. Dann hätte der Jäger vorbeugend tätig werden können.

Da der Landwirt nichts unternommen habe, um den Wildverbiss zu verhindern, müsse er ein Drittel des Schadens selbst tragen. Demnach stehe ihm eine Entschädigung von 1.040 Euro zu.

Versicherungspflicht für Landwirte

Alterskasse muss Nebenerwerbslandwirt nicht von der Beitragszahlung befreien

Viele Jahre stritt der 1968 geborene Herr W mit der "Landwirtschaftlichen Alterskasse Mittel- und Ostdeutschland". Denn die Alterskasse verlangte von ihm Versicherungsbeiträge — zu Unrecht, wie er meinte.

Im Mai 2004 hatte W bei der Berufsgenossenschaft gemeldet, dass er ab sofort eine landwirtschaftliche Fläche von 9,25 Hektar bewirtschafte. Die verpachteten Ackerflächen habe er von einer Bekannten übernommen, die zeitweise in Spanien lebe. Doch die Versicherungsbeiträge zur Alterskasse müsse man ihm erlassen.

Begründung: Eigentlich führe er ja einen Baubetrieb, sei aber nach einem Unfall im Sommer 2003 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Seither beziehe er Krankentagegeld von einer privaten Krankenversicherung. Wer als Landwirt zusätzlich anderes Arbeitseinkommen (über 4.800 Euro im Jahr, abgesehen vom Einkommen aus der Landwirtschaft) beziehe, könne von der Versicherungspflicht befreit werden.

Krankentagegeld von einer privaten Versicherung zähle nicht als Arbeitseinkommen, teilte die Alterskasse mit und bestand auf Nachzahlung der Beiträge. Nach langem Tauziehen um diese Forderung zog Herr W vor Gericht: Er sei krank, habe nur ein wenig im Garten gearbeitet, soweit es seine Kräfte zuließen. Aber eine bäuerliche Tätigkeit mit allem, was dazu gehöre, habe er nie ausgeübt. 2007 habe er die Flächen sowieso aufgegeben.

Landwirte seien auch dann versicherungspflichtig, wenn sie den Boden nicht selbst bewirtschafteten, erklärte ihm das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (L 22 LW 10/11). Seine Arbeitsunfähigkeit als Baufachmann stehe einer Versicherungspflicht als Landwirt nicht entgegen.

Ausschlaggebend für die Beitragspflicht sei, ob das wirtschaftliche Ergebnis des landwirtschaftlichen Unternehmens für ihn unmittelbar einen Vor- oder Nachteil darstellte. Das treffe zu, denn Einkünfte und Ausgaben aus der Verpachtung des Bodens erfolgten auf seine Rechnung.

Dass der Nebenerwerbslandwirt bis Ende 2005 Krankentagegeld erhielt, spiele hier keine Rolle. Zu Recht habe es die Alterskasse abgelehnt, ihn von der Beitragspflicht zu befreien. Denn Leistungen aus einer privaten Versicherung, die im Krankheitsfall Erwerbseinkommen ersetzten, seien nicht als Arbeitseinkommen zu berücksichtigen, das eine Befreiung rechtfertigen würde.

Lediglich für einige Monate im Jahr 2007 müsse die Alterskasse dem ehemaligen Baufachmann die Beiträge erlassen, weil er sich in dieser Zeit nochmals in seinem alten Beruf versuchte und unabhängig von der Landwirtschaft Geld verdiente.