Ein Hobby-Archäologe spürte in einem hessischen Waldstück zwei Merowinger-Gräber mit Grabbeigaben auf (Merowinger: ein fränkisches Königsgeschlecht, ca. 400 bis 751 nach Christus). Die Gräber lagen etwa 50 Meter auseinander und der Mann vermutete sofort, dass sich noch mehrere in der Nähe befanden.
Wer einen Schatz entdeckt, wird zur Hälfte dessen Mit-Eigentümer — die andere Hälfte gehört dem Eigentümer der Sache, in der der Schatz verborgen war (§ 984 BGB).
Im konkreten Fall war das der Eigentümer des Waldes, d.h. das Bundesland Hessen. Dem meldete der Hobby-Archäologe sofort seinen Fund und bekam dafür den so genannten Entdecker-Anteil. Gleichzeitig meldete er bei der zuständigen Behörde weitere Ansprüche an: auf einen Entdecker-Anteil an allen Funden, die bei zukünftigen Grabungen auf dem archäologischen Gelände zu Tage gefördert werden.
Davon wollte die Behörde jedoch nichts wissen: Zwei Gräber aus der Merowinger-Zeit seien kein zusammenhängendes Gräberfeld, erklärte sie, auf dem man weitere wertvolle Funde erhoffen könnte. Wenn zufällig doch, hänge dies nicht mit seiner Entdeckung zusammen.
Daraufhin zog der Hobby-Archäologe vor Gericht, um seinen Anspruch prüfen zu lassen. Das Oberlandesgericht Frankfurt gab ihm Recht (11 U 113/12). Problematisch sei hier zwar, dass der Schatzfund noch nicht freigelegt worden sei. Dessen Umfang — und damit der Anteil des Entdeckers — sei also unklar. Fest stehe aber: Sein Anteil beschränke sich nicht auf den Wert der Gegenstände, die er selbst ausgegraben habe (Waffen, Schmuckstücke).
Das widerspräche dem allgemeinen Interesse daran, historische Fundstätten und Kulturgut zu erhalten. Wer historische Schätze irgendwo finde oder vermute, solle dies den zuständigen Stellen anzeigen und nicht selbst eine historisch bedeutsame Grabungsstätte durchwühlen, um seine Rechte zu sichern. Das würde nur die spätere Arbeit der Archäologen erschweren.
Der Entdecker-Anteil belohne denjenigen, dem der Schatzfund zu verdanken sei. Der Hobby-Archäologe habe zwei Gräber frei gelegt. Dem Erst-Entdecker stehe ein Anteil an Folgefunden zu, wenn er sie auch selbst gefunden hätte — weil sie räumlich und sachlich mit dem ersten Fund zusammenhängen. So liege der Fall hier: Die gesamte Umgebung der Fundstelle sei eine Merowinger-Grabstätte.
Hätte sich der Hobby-Archäologe nicht ans hessische Denkmalschutzgesetz gehalten und selbst weitergegraben — anstatt vorschriftsmäßig die Behörde zu verständigen —, hätte er mit Sicherheit mehr Gräber und Grabbeigaben zu Tage gefördert. Korrektes Verhalten dürfe nicht zu einem Nachteil führen: Sein Anspruch sei gerechtfertigt.