Kultur

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"Nolde-Aquarelle" gefälscht

Die Bilder müssen entsprechend gekennzeichnet werden

Ein Kunstliebhaber hatte von einem Freund zwei Aquarelle erworben, die angeblich von Emil Nolde stammten. Er überließ die Bilder einer Stiftung, deren Aufgabe die Pflege und Verwaltung des Nachlasses von Emil Nolde war, und bat sie, deren Echtheit zu prüfen und zu bestätigen. Der Direktor der Stiftung erstellte Expertisen, kam allerdings zu dem Ergebnis, dass es sich um Fälschungen handelte. Die Stiftung behielt die Bilder und berief sich auf das Namens- und Persönlichkeitsrecht des Malers.

Sie wollte sich aber nicht damit begnügen, die falsche Signatur zu entfernen: Ein Nichtfachmann könnte sich dann immer noch über die Herkunft der Aquarelle täuschen. Die Stiftung schlug vor, das Wort "Fälschung" aufzudrucken. Ansonsten bliebe nichts anderes übrig, als die Bilder zu vernichten. Der Eigentümer der Aquarelle zog daraufhin vor Gericht, um ihre Herausgabe durchzusetzen. Im Gegenzug verlangte die Stiftung von ihm, der Zerstörung der Bilder zuzustimmen.

Der Bundesgerichtshof (BGH) entschied, dass die Stiftung die Bilder zurückgeben muss (I ZR 135/87). Der BGH sah keinen triftigen Grund für eine Vernichtung der Aquarelle: Auf das Namensrecht des Künstlers könne sich die Stiftung schon deshalb nicht berufen, weil dieses Recht mit dem Tod des Malers erloschen sei. Das Persönlichkeitsrecht dagegen bleibe über den Tod eines Menschen hinaus bestehen. So könnten auch die Erben noch dessen Lebensbild gegen schwerwiegende Entstellungen schützen.

Fälschungen könnten - unabhängig von ihrer Qualität - das Gesamtwerk verzerren und so auch nach dem Tode des Künstlers dessen künstlerisches Ansehen beeinträchtigen. Deshalb mmüsse man dafür sorgen, dass sie nicht mit dem Original verwechselt werden könnten. Das sei aber gewährleistet, wenn der Namenszug entfernt werde. Dass ein anderer Maler Bilder "im Stile Noldes" gemalt habe, sei nicht zu beanstanden und kein Grund, sie zu zerstören.

Winnetou als EU-Marke?

Karl-May-Verlag und Constantin Film streiten um den Häuptling der Apachen

Der deutsche Karl-May-Verlag hat 2003 den Namen des edlen Indianerhäuptlings — Hauptfigur einer Romanreihe des Schriftstellers Karl May — als EU-Marke für allerlei schützen lassen: für Filme, Druckereierzeugnisse, Kleidung, Schmuck, Veranstaltungen, Feriencamps etc.

Zehn Jahre später beantragte die deutsche Constantin Film Produktion GmbH beim Markenamt der Europäischen Union (HABM), die Marke "Winnetou" zu löschen. Das HABM kam dem Antrag mit der Begründung nach, der Name beschreibe nur die Art der Produkte — Filme über Indianer etwa — und weise nicht auf den Anbieter der Produkte und Dienstleistungen hin, auf den Karl-May-Verlag also. Damit sei "Winnetou" als Marke ungeeignet.

Gegen die Löschung klagte der Verlag. Das Europäische Gericht gab ihm Recht und hob die Entscheidung des Markenamts auf (T-501/13). Das HABM habe die Marke nicht eigenständig beurteilt, sondern die Entscheidungen deutscher Gerichte "als zwingend angesehen", die den Begriff als "beschreibend" einstuften und deshalb Markenschutz ablehnten. Abgesehen davon, dass das HABM solche Anträge selbständig prüfen müsse, sei die Löschung auch schlecht begründet.

Winnetou bezeichne eine fiktive Figur und werde allgemein vom Publikum gedanklich mit den Begriffen "Indianer" und "Indianerhäuptling" in Verbindung gebracht. Beschreibenden Charakter habe die Marke also z.B. in Bezug auf Indianerfilme. In Bezug auf die sehr unterschiedlichen Waren, die das Markenamt in die Kategorie "Merchandising"-Produkte des Verlags eingeordnet habe, sei das aber so nicht nachvollziehbar.

Gehen Verbraucher wirklich davon aus, dass es sich dabei nur um "Winnetou"-Werbeprodukte handle, ohne auf die betriebliche Herkunft der Waren und Dienstleistungen zu schließen? Um diese Frage zu beantworten, hätte sich das HABM genauer mit der Natur der betreffenden Waren auseinandersetzen müssen. Das müsse das Markenamt nachholen und erneut über den Antrag der Constantin Film entscheiden.

Eintritt für Kunstaustellungen als Werbungskosten?

Kunstlehrerin darf ihre Ausgaben für die Kunst nicht von der Steuer absetzen

Eine Lehrerin für Bildende Kunst am Gymnasium, die im Privatleben auch als freiberufliche Künstlerin tätig ist, wollte die Kosten für den Besuch von Kunstausstellungen und Vernissagen als Werbungskosten von der Steuer abziehen.

Unter Werbungskosten versteht man Ausgaben, die direkt mit der beruflichen Tätigkeit und dem dadurch erzielten Einkommen zusammenhängen. Davon abzugrenzen sind die Kosten, die zur privaten Lebensführung gehören.

Die Lehrerin argumentierte, der Besuch von Kunstausstellungen und Vernissagen diene der Fortbildung. Die so gewonnenen Erkenntnisse beeinflussten auch ihren Unterricht und seien nützlich für das berufliche Fortkommen. Mit anderen Worten: Wenn sie sehr häufig Kunstausstellungen besuche, sei das beruflich motiviert und nicht privaten Interessen geschuldet.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg musste sich die Frage stellen, ob die Ausgaben (Eintrittspreise, Fahrtkosten etc.) einen so engen Bezug zum Beruf als Kunstlehrerin haben, dass private Aspekte hier in den Hintergrund treten (13 K 2981/13). Das wurde eindeutig verneint und der Steuerabzug abgelehnt: Hier handle es sich um Ausgaben für kulturelle Veranstaltungen — ähnlich wie Konzert- oder Theaterbesuche —, an denen das interessierte Publikum regelmäßig aus privaten Gründen teilnehme.

Die Oberstudienrätin sei eine "kulturell interessierte und engagierte Bürgerin", die Kunstveranstaltungen sicher auch unabhängig von ihrer Berufstätigkeit, z.B. nach ihrer Pensionierung, besuchen würde. Da ihr vielfältiges Engagement im Kunstbereich nicht rein beruflich motiviert sei, könnten die Ausgaben nicht als Werbungskosten von der Steuer abgezogen werden.

Hochzeitsredner als Künstler?

Bundesfinanzhof: Steuerermäßigung für darstellende Künstler hängt nicht von Eintrittsgeld ab

Wer Dienstleistungen anbietet, muss das Entgelt prinzipiell nach dem Regelsteuersatz versteuern. Zu den gesetzlich geregelten Ausnahmen gehören die Angebote von Theatern, Konzerten und Museen: Für ihre Einnahmen aus dem Eintrittsgeld gilt der ermäßigte Umsatzsteuersatz von sieben Prozent. Er gilt auch für die "Darbietungen ausübender Künstler", die Theatervorführungen und Konzerten vergleichbar sind. Kürzlich musste der Bundesfinanzhof (BFH) darüber entscheiden, ob Hochzeits- und Trauerredner zu diesem erlauchten Personenkreis zählen (V R 61/14).

Der Berufsredner im konkreten Fall hat evangelische Theologie studiert und hält Reden auf Hochzeiten, auf Geburtstagsfeiern und auf Beerdigungen. Für seine Umsätze machte er bei der Steuererklärung den ermäßigten Steuersatz geltend. Das akzeptierte die Finanzbehörde nicht und berechnete 19 Prozent.

Zu Recht, entschied das Finanzgericht Nürnberg: Reden zu halten, sei keine Kunst. Die Teilnehmer an einer Trauerfeier oder Hochzeitszeremonie zahlten dafür keinen Eintritt, weil es hier nicht um Kunstgenuss gehe. Vielmehr wollten sie ihre persönliche Verbundenheit mit einem Brautpaar oder mit Verstorbenen ausdrücken.

Gegen diese Entscheidung setzte sich der Steuerzahler zur Wehr: Er stimme die Reden individuell ab, das sei sehr wohl eine künstlerische Leistung. Bei Trauerreden würdige er das Leben der Verstorbenen, stelle seine bzw. ihre Persönlichkeit dar, untermalt mit Musik und begleitet von Lichteffekten. Er fungiere bei Hochzeiten gleichzeitig als "Event-Pfarrer" und "Zeremonienmeister"

Der BFH hat den Rechtsstreit noch nicht endgültig entschieden. Er stellte aber grundsätzlich fest: Entgegen dem Urteil des Finanzgerichts könne die Steuerermäßigung für ausübende Künstler nicht davon abhängen, ob die Zuhörer Eintrittsgeld zahlten. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sei der ermäßigte Steuersatz auch dann anzuwenden, wenn ein Künstler sein Entgelt — nicht von Zuschauern, sondern — von einem Veranstalter erhalte. Im Fall des Redners also vom Hochzeitspaar oder von den Angehörigen des Verstorbenen.

Ob der Berufsredner Anspruch auf die Steuerermäßigung habe, hänge daher ausschließlich davon ab, ob er als "ausübender Künstler" einzustufen sei und seine Reden schöpferisch frei gestalte. Mit dieser Frage habe sich das Finanzgericht gar nicht erst befasst, was nun nachzuholen sei: Stellten also die Reden des Steuerzahlers eine eigenschöpferische Leistung dar, in der besondere Gestaltungskraft zum Ausdruck komme? Dann sei er als Künstler anzusehen. Oder beschränkten sie sich darauf, schablonenartig das immer gleiche Redegerüst zu wiederholen? Dann gelte der Regelsteuersatz.

Umsatzsteuer für "Online-Ausleihe"

Für "elektronisch erbrachte Dienstleistungen" gilt nicht der ermäßigte Umsatzsteuersatz

Für Umsätze mit digitalen oder elektronischen Sprachwerken wie E-Books gilt bei der Umsatzsteuer nicht der ermäßigte Steuersatz, urteilte der Bundesfinanzhof (V R 43/13). Denn sie sind nicht als Bücher einzustufen, sondern als "elektronisch erbrachte Dienstleistung", und dafür sei der Regelsteuersatz anzuwenden.

Eigentlich hatte die Bundesregierung im Koalitionsvertrag vereinbart, die Steuerermäßigung für Bücher auch auf "E-Books, E-Paper und andere elektronische Informationsmedien" auszuweiten. Das widerspräche jedoch dem aktuellen europäischen Mehrwertsteuerrecht.

Im konkreten Rechtsstreit ging es um die "Online-Ausleihe" von E-Books. Eine X-GmbH hat Bücher digitalisiert, um sie über das Internet zu verbreiten. Zu ihren Kunden gehörten auch Bibliotheken, die ihr traditionelles Angebot um E-Books erweitern wollten. Ihnen stellte die X-GmbH die virtuelle Bibliothek auf ihren Servern gegen Entgelt zur Verfügung. So konnten Nutzer der Bibliotheken die digitalisierten Bücher über das Internet von den Servern der X-GmbH abrufen und auf ihre Endgeräte laden (E-Book-Reader, Computer).

Die X-GmbH versteuerte ihre Leistungen an die Bibliotheken nach dem ermäßigten Steuersatz für Bücher — doch das Finanzamt beharrte auf dem Regelsteuersatz. Dagegen klagte das Unternehmen und berief sich darauf, dass für die Tätigkeit von Bibliotheken grundsätzlich der ermäßigte Steuersatz gilt. Doch das Finanzgericht war der Ansicht, die Bibliotheken stellten hier nur eine Art von Ausleihplattform dar. Sie vermittelten letztlich nur den Kontakt ihrer Nutzer zu den Servern der X-GmbH. Im Ergebnis bestätigte der Bundesfinanzhof diese Entscheidung.

Laut Umsatzsteuergesetz und nach EU-Recht sei auf die Lieferung von Büchern (Verleih durch Büchereien inklusive) der ermäßigte Steuersatz von sieben Prozent anzuwenden. Als die Steuerermäßigung für Bücher eingeführt worden sei, habe es im Handel nur Bücher in Papierform ("auf einem physischen Träger") gegeben. Aufgrund der technischen Entwicklung seien nun "neue Erscheinungsformen von Schriftwerken" auf dem Markt.

Digitale Sprachwerke seien aber keine Bücher, so der Bundesfinanzhof: Rechtlich sei nur ein Buch in Papierform als Buch anzusehen. Die X-GmbH überlasse den Bibliotheken elektronische Bücher. Das Ausleihen digitalisierter Bücher stelle eine "elektronisch erbrachte Dienstleistung" dar. Und nach EU-Recht komme eine Steuerermäßigung für solche Dienstleistungen (noch) nicht in Frage, es bleibe daher beim Regelsteuersatz.

Irreführende Werbung für Pseudo-Oldies

Statt der Originaltitel einer Beatgruppe waren auf einer CD Neueinspielungen zu hören

Ein Quartett aus Liverpool mit dem Namen "The Merseybeats" hatte in den sechziger Jahren eine gewisse Bekanntheit erlangt. Eine Firma, die jetzt an den Erfolg von damals anknüpfen wollte und eine CD mit dieser Musik vertrieb, kam mit dem Wettbewerbsrecht in Konflikt.

Um ein besseres klangliches Ergebnis zu erzielen, wurden die Stücke nämlich eigens neu eingespielt. Genau dieses "Re-Recording" genannte Verfahren brachte dem Plattenvertreiber eine Klage wegen Irreführung der Kunden ein. Denn auf der CD prangte ein Bild der Gruppe aus den sechziger Jahren.

Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamburg darf die CD nicht mehr als Sammlung von Oldies vertrieben werden (3 U 97/95). Wer die Originalversion eines Musikstückes erwarte, wolle nicht statt dessen eine andere, wenn vielleicht auch klanglich verbesserte Interpretation hören. Das Bild auf dem Plattencover zeige die Gruppe in ihrer ursprünglichen Zusammensetzung, wie sie die Käufer von früher kennen.

Demgegenüber verblasse die kleingedruckte Information auf der CD-Rückseite über das Re-Recording. Den Hinweis nehme der Kunde gar nicht wahr, so unauffällig stehe da: Die "Neuaufnahmen" seien "mit so vielen Mitgliedern der ursprünglichen Gruppe wie möglich eingespielt" worden. Der Käufer werde also getäuscht.

Vergeblich hatte der CD-Anbieter darauf gepocht, bei CDs mit Barockmusik würde auch kein Käufer Original-Einspielungen aus der Zeit des Barocks erwarten. Ein wenig überzeugendes Argument, fand das OLG: Jeder wisse, dass es damals keine Tonaufzeichnungen gegeben habe. Außerdem bildeten in der Rockmusik die Stücke und ihre Interpreten eine Einheit, das sei bei der klassischen E-Musik anders.

Fotograf verklagt Musiklabel

Rihanna darf bei einem Fotografen abkupfern, weil ihr Musikvideo dennoch eine "eigene Schöpfung" ist

Der Fall erinnert ein wenig an die Geschichte von David und Goliath: Ein junger, weitgehend unbekannter Fotograf verklagt einen internationalen Musikkonzern. Allerdings siegte hier der (Musik-)Riese. In einem Musikvideo der Sängerin Rihanna, gedreht Anfang 2011, entdeckte ein deutscher Fotograf Motive aus seiner Fotoserie von 2010 und sah sein Urheberrecht verletzt. Er verklagte das Musiklabel des Superstars auf Unterlassung und 200.000 Euro Schadenersatz.

Die Fotoserie des Künstlers zeigt ein Model in blutrotem Tüllkleid hinter einer durchsichtigen Folie, mit dem Rücken zur Wand stehend. Die Folie war mit schwarzem, kreuzförmig angeordnetem Klebeband an der Wand befestigt, der Hintergrund blau ausgeleuchtet. Mit den Handflächen berührte die Frau die Folie.

In einer ähnlichen Pose steht Rihanna im Musikvideo da, allerdings nicht einmal eine Sekunde. Der Musikkonzern nannte die nachgeahmten Sequenzen "nebensächlich". Im Musikvideo werde im Millisekundentakt von einer Szenerie zur nächsten gesprungen. Der hektische Schnitt erinnere an das Blitzlichtgewitter der Paparazzi, mit denen sich das Video kritisch auseinandersetze. Ansonsten dominiere natürlich die Musik das "Gesamtkunstwerk".

Das Landgericht Stuttgart stellte zunächst fest, dass die Fotos tatsächlich urheberrechtlich geschützt sind (17 O 1775/13). Allerdings gestatte es das Urheberrecht, Werke zu bearbeiten, wenn daraus ein neues Kunstwerk mit eigener schöpferischer Ausdruckskraft geschaffen werde. Die Fotos inszenierten das Motiv und würden durch die Bildkomposition bestimmt. Diese schöpferische Besonderheit der Fotos verblasse aber gegenüber der Eigenart des Musikvideos.

Während die Fotos eine ängstliche, unheimliche Stimmung erzeugten, spiele sich das Video auf einer Bühne ab, erkennbar an Mikrofon und Bühnenvorhang. Diese Szene wirke überhaupt nicht unheimlich. Während auf den Fotos das ausladende rote Kleid die Frau in den Hintergrund rücke, stehe im Video die Sängerin in einem dezenten Kleid im Mittelpunkt und wirke deutlich lebendiger als das Model.

Insgesamt gehe es um eine andere Aussage: Die Fotoserie zeige eine Frau in Bedrängnis. Das Musikvideo problematisiere dagegen das zwiespältige Verhältnis einer Sängerin zur Presse. Reporter träten auf - als handle es sich um eine Pressekonferenz hinter der Folie. Später tauche die Künstlerin in Domina-Outfit mit Peitsche auf. Hier werde eine Art Spiel dargestellt, bei dem sich die Künstlerin einerseits von der Presse bedrängt fühle, andererseits aber auch selbst die Presse in Fesseln lege.

Aufgrund der unterschiedlichen künstlerischen Aussage gerieten die Ähnlichkeiten beim Betrachten des Videos in den Hintergrund. Musik und Schnitttechnik kämen als neue Gestaltungselemente hinzu. Trotz der Übernahme einiger Elemente aus den Fotos stelle daher das Musikvideo ein selbständiges neues Werk dar.

Willy Brandt auf Münzen geprägt

Witwe sieht das "allgemeine Persönlichkeitsrecht" ihres Mannes verletzt

Nach dem Tode des früheren Bundeskanzlers Willy Brandt bot eine Münzprägerei eine "Abschiedsmedaille" mit seinem Bild zum Kauf an. Die Witwe Brandt wollte in einem gerichtlichen Verfahren die Herausgabe der Sammlermünze mit der Begründung verhindern, sie verletze das "allgemeine Persönlichkeitsrecht" ihres Ehegatten.

Der Bundesgerichtshof entschied, dass die Münze auch weiterhin hergestellt und verkauft werden darf (VI ZR 410/94). Bei Willy Brandt handle es sich um eine "absolute Persönlichkeit der Zeitgeschichte". Diese stünden ohnehin im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses und müssten es sich deshalb gefallen lassen, auch ohne ausdrückliche Einwilligung abgebildet zu werden.

Zwar hätten auch solche Personen einen Anspruch darauf, dass die Allgemeinheit Rücksicht auf ihre Privatsphäre nehme. Jedoch dürfe dabei nicht außer acht gelassen werden, dass das Persönlichkeitsrecht des Abgebildeten in einem Spannungsverhältnis zum Interesse der Öffentlichkeit an der Publikation stehe.

Die "Abschiedsmedaille" (Vorderseite: Bild, Name, Geburts- und Todesjahr; Rückseite: Bundesadler, Brandenburger Tor, Friedenstaube) informiere in kurzer Form über Person und politische Leistung des Verstorbenen. Diese Darstellung reiche aus, um ein "schutzwürdiges Publikationsinteresse" anzunehmen. Demgegenüber sei das allgemeine Persönlichkeitsrecht des verstorbenen Willy Brandt zweitrangig.

"Mannheimer Loch" weg!

Stadt Mannheim darf ihr Museum umbauen, auch wenn dafür ein Kunstwerk weichen muss

Mit dem früheren Direktor der Mannheimer Kunsthalle hatte die Künstlerin Nathalie Braun Barends eng zusammengearbeitet. Für das Museum hatte sie eine Lichtinstallation ("PHaradise") und die Installation "HHole (for Mannheim)" geschaffen. Das "Mannheimer Loch" war im Athene-Trakt der Kunsthalle aufgebaut: Mehrere, übereinander liegende Löcher durchzogen einige Stockwerke.

Es hätte alles so schön sein können … wenn die Stadt Mannheim nicht beschlossen hätte, die Kunsthalle umzubauen. Der Innenausbau des Athene-Trakts ging auf Kosten des "Mannheimer Lochs", die Installation wurde entfernt. Die Künstlerin forderte von der Stadt, ihr Werk nach dem Ende der Bauarbeiten wieder aufzubauen. Ansonsten ständen ihr mindestens 250.000 Euro Schadenersatz zu. Darauf ließ sich die Stadt nicht ein und wurde von der Künstlerin verklagt.

Ohne Erfolg allerdings. Das Landgericht Mannheim entschied, dass die Kommune das nach ihr benannte Loch in der Kunsthalle nicht wieder installieren muss (7 O 18/14). Mehrere Trakte der Kunsthalle würden derzeit neu gebaut bzw. umgebaut. Der Stadt stehe es frei, ihr Museum nach ihren Bedürfnissen umzugestalten — auch wenn dafür ein Kunstwerk weichen oder sogar zerstört werden müsse.

Der Künstlerin stehe daher auch kein Schadenersatz dafür zu, dass das "HHole (for Mannheim)" künftig nicht mehr in der Kunsthalle ausgestellt werde. Die Stadt schulde ihr jedoch einen großen Teil der seinerzeit vereinbarten Vergütung. Von der Summe, die der ehemalige Kunsthallendirektor zugesagt habe (70.000 Euro), habe die Künstlerin erst 4.000 Euro erhalten.

Ob die löchrige Affäre damit beendet ist, steht noch nicht fest: Frau Nathalie Braun Barends erwägt, gegen das Urteil Berufung einzulegen.

Kunst oder monotone Tonfolgen?

BGH stellt Urheberrechtsschutz für Musik-Sequenzen in Frage, die Rapper Bushido geklaut haben soll

Im juristischen Tauziehen zwischen Rapper Bushido und der Gothic-Band "Dark Sanctuary", deren Tonfolgen der Rapper "geklaut" haben soll, hatten die französischen Musiker beim Oberlandesgericht (OLG) Hamburg zunächst einen Etappensieg erreicht. Denn: Schadenersatz für verletzte Urheberrechte setzt voraus, dass das kopierte Werk überhaupt urheberrechtlich geschützt ist. Das hatte das OLG im konkreten Fall bejaht.

Die Band "Dark Sanctuary", die schon lange nicht mehr auftritt, hat vor 2004 mehrere Musikalben herausgebracht. Bushido werfen die Bandmitglieder vor, er habe in mehreren Rapstücken Musikabschnitte — jeweils ca. zehn Sekunden lang — aus ihren Originalaufnahmen verwendet. Ohne den Text habe er die Tonfolgen elektronisch kopiert (‚gesampelt‘) und als ständig wiederkehrende Tonschleife seinem Sprechgesang unterlegt.

Über Geschmack kann man bekanntlich streiten. Diese Weisheit gilt immer und überall, auch vor Gericht. Während das OLG die strittigen Musik-Sequenzen nach mehrmaligem Hören für eine originelle, schöpferische Leistung hielt (= urheberrechtlich schutzfähig), stellte dies der Bundesgerichtshof in Frage und hob das Urteil des OLG auf (I ZR 225/12).

Soweit sich die Mitglieder der Band "Dark Sanctuary" auf ihre Urheberrechte als Textdichter beriefen, wiesen die Bundesrichter die Klage sang- und klanglos ab. Bushido habe nur musikalische Sequenzen, nicht aber den Text der Stücke übernommen. Davon sei das Urheberrecht der Bandmitglieder nicht betroffen: Die ursprüngliche Verbindung zwischen Text und Musik sei nicht geschützt.

Über die musikalische Qualität wollten die Bundesrichter einerseits nicht selbst "richten". Sie verwiesen die Klage zurück und forderten das OLG auf, die "schöpferische Eigentümlichkeit der übernommenen Passagen" von einem Sachverständigen begutachten zu lassen. Andererseits formulierten die Bundesrichter aber deutlich ihre Zweifel: Ob die kurzen Musikstücke über ein routinemäßiges Schaffen hinausgingen und unter dem Schutz des Urheberrechts ständen, sei fraglich.

Udo-Lindenberg-Musical

Libretto für biographisches Musical "Hinterm Horizont" ist kein Plagiat

Autor A wandte sich 2005 an den Rocksänger Udo Lindenberg und legte ihm den Entwurf für ein Libretto vor. Die Idee: Das Leben des Sängers dem Publikum in einem Musical vorzuführen und dabei einige seiner Songs einzubauen. Lindenberg lehnte jedoch ab. Vermutlich gefiel ihm das Werk nicht. Vielleicht hatte der Sänger aber auch damals schon Kontakt zu Autor B, der im Prinzip den gleichen Plan verfolgte.

Jedenfalls schrieb B das Libretto zum Musical "Hinterm Horizont", das nun schon einige Jahre in Berlin ("Theater am Potsdamer Platz") mit Erfolg gespielt wird und die Lebensgeschichte von Udo Lindenberg zum Inhalt hat. Das wurmte Autor A, der seine Urheberrechte verletzt sah — vom Sänger, von Autor B und vom Betreiber des Theaters. Er forderte von diesem Trio, als Mitautor genannt und an den Einnahmen beteiligt zu werden.

Das Kammergericht in Berlin wies bereits A‘s Klage auf Auskunft über den finanziellen Ertrag des Musicals ab, die dazu dienen sollte, seine Ansprüche zu berechnen (24 U 3/14). Hier liege kein Plagiat vor, so das Gericht, nicht einmal eine Bearbeitung seines Librettos. Autor B habe keine Textpassagen übernommen. Wenn B einzelne Ideen von A verwendet haben sollte, verletze das nicht das Urheberrecht.

Da es in beiden Texten um die Lebensgeschichte und Karriere von Udo Lindenberg gehe, könnten Ähnlichkeiten gar nicht ausbleiben. Die wesentlichen Elemente des "Drehbuchs" — die Liebesbeziehung des zukünftigen Rockstars zu einer Kommunistin, das legendäre Konzert 1983 im Ostberliner Palast der Republik und der Mauerfall — verdankten sich der Biographie Udo Lindenbergs bzw. der deutschen Geschichte. Sie stammten nicht aus der Feder von Autor A.

Der springende Pudel

Puma zieht gegen eine Persiflage seines Markenlogos gerichtlich zu Felde

Ein Puma im Kampf gegen einen Pudel? Wie zu erwarten, wurde es eine einseitige Angelegenheit. Der Hamburger Designer Thomas Horn hat Spaß daran — und erzielt damit wohl auch einigen Gewinn —, bekannte Markenlogos zu veralbern. Er bedruckt mit seinen Parodien T-Shirts und verkauft sie. Eines seiner "Opfer" ist der Sportartikelhersteller Puma.

Das Unternehmen Puma ist Inhaber einer "Wort-Bild-Marke", d.h. es hält die Rechte am bekannten Logo mit dem Schriftzug PUMA und dem stilisierten Umriss einer springenden Raubkatze. Angelehnt an dieses Puma-Logo entwarf Designer Horn ein Pseudo-Firmenlogo mit dem Umriss eines springenden Pudels und dem Schriftzug "Pudel". Das Pudel-Logo hat Herr Horn als Wort-Bild-Marke für T-Shirts und andere Kleidungsstücke vom Deutschen Patent- und Markenamt schützen lassen.

Puma forderte, diese Marke zu löschen: Das Pudel-Logo sei grafisch genauso gestaltet wie das Puma-Logo. Damit verletze es das Markenrecht des Unternehmens, auch wenn es eine Parodie sein solle.

Vergeblich hoffte der Designer auf Humor bei der Justiz. Puma setzte sich in allen Instanzen durch und auch der Bundesgerichtshof entschied so: Herr Horn muss der Löschung seiner Marke zustimmen (I ZR 59/13). Ein Pudel sei zwar kein Puma, so das Gericht, die Unterschiede seien unübersehbar. Es bestehe keine Gefahr, dass Verbraucher die Marken verwechselten.

Trotzdem: Die beiden Logos ähnelten sich zumindest so, dass die Verbraucher beim Anblick des springenden Pudels an das Puma-Logo dächten. Dass Verbraucher die Marken gedanklich miteinander verknüpften, sei für den Designer die Geschäftsbasis: Der Nachahmer profitiere von der Ähnlichkeit, weil er durch die Parodie eine Aufmerksamkeit für seine Produkte erreiche, die ihm ansonsten verwehrt bliebe. Der Designer nutze die Sogwirkung der bekannten Marke und die Wertschätzung für Puma, um den Umsatz seiner Produkte zu steigern.

Auch auf diese Weise könne man die Markenrechte eines Unternehmens verletzen. Gegen dieses Recht könne sich der Designer nicht mit Erfolg auf die — vom Grundgesetz geschützte — freie künstlerische Betätigung berufen. Künstlerische Freiheit bedeute nicht, dass sich Künstler ein eigenes Markenrecht für identische Waren eintragen lassen könnten. Hier habe das Markenrecht des Unternehmens Vorrang.

"Sexarbeit" als Kunst?

Prostituierte möchte ihren Künstlernamen in den Personalausweis eintragen lassen

Eine Berliner Prostituierte beantragte beim Bezirksamt, ihren Künstlernamen in den Personalausweis einzutragen. Sie benutze diesen Namen auf ihrer Homepage und trete unter diesem Namen öffentlich auf, wenn sie für die Piratenpartei aktiv sei oder sich als Vorstandsmitglied des "Berufsverbandes erotische und sexuelle Dienstleistungen" für die Rechte von Sexarbeiterinnen einsetze.

Das Bezirksamt lehnte den Antrag ab: Ein Künstlername werde nicht im privaten Interesse der Betroffenen, sondern nur zum Zweck der Identitätskontrolle in Ausweispapiere eingetragen. Die Antragstellerin übe keine künstlerische Tätigkeit aus, sondern eine Dienstleistung. Sie sei unter ihrem "Künstlernamen" auch nicht allgemein bekannt.

Die Dame ließ nicht locker und klagte gegen den negativen Bescheid: Als Kämpferin für die sozialen Rechte von Sexarbeitern sei sie sehr wohl bekannt, behauptete sie. Interviews gebe sie nicht unter ihrem bürgerlichen Namen, sondern unter ihrem Pseudonym, um ihre Privatsphäre zu schützen. Es müsse möglich sein, mit dem Künstlernamen auch Verträge zu unterschreiben.

Doch das Verwaltungsgericht (VG) Berlin schlug sich auf die Seite der Behörde (VG 23 K 180.14). Das Pseudonym in den Ausweis einzutragen, würde die Privatsphäre der Sexarbeiterin nicht schützen, im Gegenteil. Da der Personalausweis Namen und Künstlernamen enthalte, bekämen Dritte gerade dadurch Aufschluss über ihre bürgerliche Existenz und ihre Identität als Prostituierte.

Ihren frei gewählten Berufsnamen könne die "Sexarbeiterin" im Berufsleben oder bei öffentlichen Auftritten ohne Weiteres verwenden. Im Personalausweis sei aber so eine Angabe gesetzlich nicht vorgesehen. Außer eben für Künstler.

"Sexarbeit" sei nun einmal keine Kunst: Künstler verarbeiteten Eindrücke oder Erfahrungen schöpferisch und drückten diese individuell aus: musikalisch, auf der Leinwand etc. Eine Sexarbeiterin sei nicht kreativ, sondern befriedige sexuelle Bedürfnisse der Kunden. Damit wischte das VG das Argument der Liebesdame vom Tisch, dass sie ähnlich wie eine Schauspielerin in immer neue Rollen schlüpfe, um dem Kunden ein Spektakel zu bieten.

Außerdem fehle es ihrem Berufsnamen an Medienpräsenz und Bekanntheit, stellte das VG fest — was eine weitere Voraussetzung dafür wäre, ihn als Künstlernamen anzusehen. Ihre Werbung im Internet beschränke sich auf die eigene Webseite. Allenfalls ihre berufspolitischen Aktivitäten hätten eine gewisse öffentliche Wirkung — doch das sei ja gerade nicht ihr eigentlicher Beruf bzw. nicht ihre "Kunst".

Islamfeindliche Collage?

Geldstrafe für Sachbeschädigung wegen vermeintlicher Blasphemie

Eine Frau marokkanischer Herkunft arbeitete in der Bibliothek der Universität Duisburg-Essen an ihrer Doktorarbeit. Dort hatten einige Kunststudenten Collagen ausgestellt, darunter eine aus Bildern und Texten des Comic-Romans "Exit wounds" der israelischen Autorin Rutu Modan.

Unter dem Motto "Terror as usual" wurde eine Straßenszene gezeigt: Personen hielten Schilder mit hebräischen Schriftzeichen hoch. Auf einem anderen Schild stand "Stop the occupation", ein weiteres Schild mit arabischen Schriftzeichen wurde in einen Sack gesteckt.

Die Doktorandin fühlte sich durch die Collage in ihrem religiösen Empfinden verletzt. Ihr Vorwurf: Die arabischen Schriftzeichen bedeuteten flüchtig betrachtet zwar "Beendet die Besatzung". Wenn man einen einzigen Buchstaben verändere, bedeute der Text jedoch "Nieder mit Allah". Deshalb forderte sie einen Mitarbeiter der Bibliothek auf, die Collage zu entfernen. Das könne er nicht tun, antwortete der Mann. Er bot ihr jedoch an, den beanstandeten Schriftzug mit einem Stück Papier zu überkleben.

Das wartete die Frau aber nicht ab, sondern schnitt kurzerhand mit einer Schere die vermeintlich islamfeindliche Stelle aus der Collage heraus. Daraufhin erstattete die Bibliothek Strafanzeige wegen Sachbeschädigung. Das Amtsgericht verurteilte die Doktorandin zu einer Geldstrafe von 400 Euro. Vergeblich ging die Frau in Berufung: Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte das Urteil (5 RVs 7/15).

Die in der Bibliothek ausgestellte Collage sei Bestandteil einer öffentlichen Sammlung. Wer hier ein Werk zerstöre, begehe "gemeinschädliche Sachbeschädigung". Das Grundrecht auf Glaubensfreiheit rechtfertige das Verhalten der Doktorandin keineswegs. Ob die Collage ein islamfeindliches Pamphlet gewesen sei, stehe ohnehin nicht fest. Doch das könne hier offen bleiben.

Jedenfalls hätte die Doktorandin ihr Anliegen, den ihrer Ansicht nach religiös anstößigen Teil der Collage unkenntlich zu machen, auch ohne Sachbeschädigung erreichen können, also auf straflose Weise. Immerhin habe der Bibliotheksmitarbeiter angeboten, die arabischen Schriftzeichen zu überkleben. Sie hätte also die Collage nicht zerschneiden müssen, um ihren Glauben zu verteidigen. Dafür gebe es keine Entschuldigung.

Oscar weiterhin eine Marke

Deutsche Firma legte sich mit der "Academy of Motion Picture Arts and Sciences" an

Eine deutsche Firma X vertreibt Geschenk-, Trend- und Scherzartikel. In ihrem Sortiment führt sie eine Figur namens "Golden Man" oder "Golden Trophy", die der Oscar-Statuette, dem berühmten Filmpreis "Academy Award", täuschend ähnlich sieht.

Zwischen Firma X und der "Academy of Motion Picture Arts and Sciences" — die den Filmpreis vergibt und die Preisverleihung in Hollywood veranstaltet — hatte es deshalb schon einige juristische Scharmützel gegeben. Natürlich achtet die "Academy" genau darauf, dass ihr Oscar, wohl eine der bekanntesten Marken der Welt, nicht nachgeahmt wird. Daran ist auch ein deutscher Fernsehsender interessiert, der das Spektakel der Preisvergabe überträgt.

Firma X wagte eine Retourkutsche und klagte gegen die "Academy", um den Markenschutz für die Figur auszuhebeln. Sie wollte erreichen, dass der "Oscar" aus dem deutschen Markenregister gelöscht wird. Die Bildmarke mit der weltweit bekannten Statuette war 1984 vom Deutschen Patent- und Markenamt geschützt worden: als Marke für Spielfilme und als Marke für die Förderung der Filmindustrie durch die Verleihung von Filmpreisen.

Das Landgericht Berlin gab der deutschen Firma in dieser filmreifen Angelegenheit nur in einem Punkt Recht (16 O 512/11). Nach deutschem Markenrecht sei der Oscar als Marke für die Ware Spielfilm aus dem deutschen Markenregister zu löschen. Denn der Veranstalter der Oscar-Verleihung produziere keine Spielfilme, sondern beurteile ihre Qualität und prämiere hervorragende Filme und schauspielerische Leistungen. Die Verleihung selbst sei kein Spielfilm, sondern eine in Hollywood produzierte Unterhaltungssendung. Allerdings bleibe der Oscar als Marke für Dienstleistungen auf dem Gebiet der Unterhaltung und als Marke für die Förderung der Filmindustrie geschützt.

Für die Preisverleihung werde jedes Jahr im deutschen Fernsehen und auf Postern geworben. Im Internet blende die "Academy" auf ihrer Website, die sich an ein internationales Publikum richte, den Oscar ein. Deutsche Kinoverleiher druckten die Statuette auf Filmplakate, wenn sie einen (Oscar)prämierten Film zeigten, um das Interesse des Publikums zu wecken. Der Werbeeffekt beruhe darauf, dass der deutsche Verbraucher die Oscar-Figur als Filmpreis und als Hinweis auf die "Academy" verstehe.

Nach diesem Urteil wird Firma X ihren "Golden Man" in Deutschland wohl auch künftig nicht verkaufen können, ohne von der "Academy" wegen Verletzung ihres Markenrechts am Oscar belangt zu werden.

Sex ist kein Hobby

Vertreiber von Pornofilmen müssen Abgaben für die Filmförderung zahlen

Mit Pornofilmchen lässt sich offensichtlich recht gut Geld verdienen. Und wo Geld ist, ist der Staat nicht weit, der zur Kasse bittet. Man könnte es natürlich auch für einen Akt ausgleichender Gerechtigkeit halten, wenn sich die Hersteller dieser meist grottenschlechten Machwerke an der Förderung der Filmkultur beteiligen …

Jedenfalls fördert der Staat die Filmbranche und seine Filmförderungsanstalt fordert dafür Beiträge von der Branche. So auch von einem Vertreiber pornographischer DVDs, der 2010 einen Umsatz von 330.000 Euro erzielt hatte. 352,35 Euro sollte die Vertriebsfirma zahlen. Keine ausgesprochen hohe Summe, aber nach Ansicht der Firma zu viel: Zu dieser Sonderabgabe könne man sie nicht heranziehen, meinte sie.

Denn Pornofilme seien, rechtlich gesehen, gar keine Filme. Es handele sich nur um einzelne, nicht zusammenhängende Szenen von ca. 20 Minuten Dauer und nicht um Streifen mit "schöpferischem, künstlerischem Handlungsrahmen". Nach den Vorschriften verpflichte erst eine Laufzeit von 58 Minuten zu Abgaben. Außerdem drehe man nicht mit Schauspielern, sondern nur mit Pornodarstellern. Somit gehe es bei dem Geschäft nicht um Filme, die eine Sonderabgabe rechtfertigten.

Doch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg sah das anders und erklärte, dass auch Pornofilme als Filme im Sinne des Gesetzes einzustufen sind (6 B 11.13). Der Begriff umfasse "jede Abfolge von bewegten Bildern, ohne dass es auf deren Inhalt ankommt". Dazu gehörten auch "nicht programmfüllende Filme". Immerhin würden die Pornofilme auf den DVD-Hüllen als ein Film präsentiert und als ein zusammenhängender Film vertrieben. Dass einzelne Szenen keine 58 Minuten dauerten, tue dem keinen Abbruch.

Schließlich pochte die Filmvertreiberin auch noch auf eine Ausnahmeregelung des Filmförderungsgesetzes, nach der Filme aus dem Hobbybereich von der Abgabepflicht ausgenommen sind. Auch dieser Versuch wurde jedoch vom OVG humorlos abgeschmettert: "Sex ist kein Hobby im Sinne dieser Vorschrift." Also musste die Porno-Filmvertreiberin zahlen.

Markenschutz für "Schloss Neubeuern"

Bundespatentgericht gibt grünes Licht für den Eintrag ins Markenregister

Die Wortkombination "Schloss Neubeuern" sollte ins deutsche Markenregister aufgenommen werden. Die Anmelderin beantragte Markenschutz für "Schloss Neubeuern" als Markennamen unter anderem für Werbung, Hotelbetriebe, für den Betrieb eines Internats und für Schülerferienkurse.

Die Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts lehnte den Antrag ab: "Schloss Neubeuern" sei eine rein beschreibende, geographische Angabe. Sie bezeichne eine Schlossanlage in Oberbayern, in der ein Gymnasium mit Internat und Tagesschule untergebracht sei. So ein Begriff funktioniere nicht als Marke für ein Unternehmen.

Gegen den negativen Bescheid legte die Anmelderin erfolgreich Beschwerde beim Bundespatentgericht ein (27 W (pat) 516/14). Namen wie Bodensee-Arena seien ebenfalls als Marke geschützt: Sie könnten trotz ihres Bezugs zu einem Ort auf die betriebliche Herkunft von Waren oder Dienstleistungen hinweisen.

Das gelte auch für die Namen historischer Gebäude wie zum Beispiel Schloss Neuschwanstein oder eben Schloss Neubeuern. In dem Fall werden die angesprochenen Adressaten — Eltern, die eine Schule oder ein Internat für ihr Kind suchten — den Markennamen als Hinweis auf einen Anbieter schulischer Ausbildung bzw. auf die Leistungen einer Schule sehen.

Auch bekanntes Kulturgut könne eine Marke darstellen und geschäftlich genutzt werden. Verbraucher verständen die Marke dann auch als Herkunftshinweis. Gerade bei Baudenkmälern wie Schlössern rechneten Verbraucher heutzutage sogar mit geschäftlichen Aktivitäten: Private Eigentümer könnten nämlich Kulturdenkmäler wie Schlösser in der Regel nur dadurch erhalten.

"Die schönsten Wanderwege der Wanderhure"

Verleger der Mittelalter-Buchreihe kann den Verkauf dieser Satire nicht verhindern

Die Bestseller-Buchreihe "Die Wanderhure", herausgegeben vom Münchner Verlag Knaur, war ein großer Erfolg. Umso eifersüchtiger wacht der Verleger über seinen "Bücherschatz". Als der Verlag Voland & Quist ein Buch mit dem Titel "Die schönsten Wanderwege der Wanderhure" veröffentlichte, sah der Münchner Verlag seine Titelrechte verletzt und zog vor Gericht.

Dabei ist der Vorwurf, der sächsische Kleinverlag schwimme als "Trittbrettfahrer" in der Erfolgswelle der Mittelalter-Geschichten von der Wanderhure mit, ziemlich abwegig. Denn einige der Kurzgeschichten des Autors Julius Fischer, die unter diesem Titel erschienen, setzen sich gerade ironisch-kritisch mit Bestsellern wie der "Wanderhure" auseinander.

Das Landgericht Düsseldorf hatte den Verkauf des Buches "Die schönsten Wanderwege der Wanderhure" mit der Begründung verboten, der Titel sei nicht als Satire zu erkennen. Also nutze das Werk den Erfolg der Wanderhuren-Buchreihe in unlauterer Weise aus. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf korrigierte diese Bewertung und hob das Urteil der Vorinstanz auf (I-20 U 63/14).

Zwar seien die Bücher der Wanderhuren-Reihe sehr bekannt und ihr Titel schon deshalb gemäß Markengesetz geschützt, so das OLG. Ihn zu einem ironischen neuen Titel umzuformulieren, sei jedoch nicht rechtswidrig, selbst wenn damit die Bekanntheit der Buchreihe ausgenutzt werde. Der Autor knüpfe an die Buchreihe nur an, um sie zu parodieren. Die ironische Formulierung kombiniere kreativ das heutige Vergnügen an "schönen Wanderwegen" mit der mittelalterlichen "Wanderhure".

Der von Fischer gewählte Titel sei selbst Kunst und durch die grundgesetzlich garantierte Freiheit künstlerischen Schaffens gedeckt. Er beziehe sich vor allem auf das erste Kapitel des Buches, in dem der Autor die Wanderhuren-Buchreihe als Beispiel aufgreife, um die aggressive Vermarktung von Bestsellern auf dem Buchmarkt von heute kritisch zu beleuchten. Dieser Kritik müsse sich der Münchner Verlag stellen.

Hitlergruß eines Künstlers

Satirische Internet-Darstellung als Reklame für Kunst ist nicht strafbar

Jonathan Meese ist ein deutscher Künstler (Skulpturen, Videos, Performances). Kurz vor der Kunstausstellung "documenta" 2012 beteiligte er sich an einer Podiumsdiskussion in der Universität Kassel. Anschließend ermittelte die Staatsanwaltschaft gegen ihn wegen "Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen".

Denn der Künstler hatte während der Veranstaltung zweimal den rechten Arm zum "Hitlergruß" erhoben. Auf seiner Website veröffentlichte er ein Bild davon unter der Überschrift: "Öffentliches Propagandagespräch — Größenwahn in der Kunstwelt". Bei der Diskussion meinte er, notwendig sei eine "Diktatur der Kunst": Seit 1945 sei "nichts auf diesem Planeten passiert, keine gute Literatur, nichts."

Das Amtsgericht Kassel sprach Meese frei (240 Cs — 1614 Js 30173/12). Das Gespräch sei kein klassisches Interview, sondern eine Kunstperformance gewesen. Am Anfang habe Meese ein Manifest zur "Diktatur der Kunst" verlesen und über seine Sicht auf die Kunst der Gegenwart gesprochen. Immer mit dem Stilmittel der Übertreibung, laut gestikulierend. Er habe die Veranstaltung indirekt als Reklame für seine Kunstwerke auf der "documenta 13" genutzt.

Der Künstler identifiziere sich nicht mit den Zielen der Nazi-Partei, auch wenn er öffentlich den "Hitlergruß" zeigte. Er habe ihn vielmehr bewusst durch Satire enttabuisieren wollen. Das zeige auch ein zweites Bild auf der Website, das Meese mit einem Einhorn vor Hakenkreuzen stehend zeige. Er verspotte die NS-Kennzeichen und ziehe sie ins Lächerliche, sicherlich auch mit dem Ziel, Aufmerksamkeit zu erregen.

Er gefährde damit jedoch weder den demokratischen Rechtsstaat, noch den öffentlichen Frieden. Vielmehr habe er bei der Podiumsdiskussion betont, jede Ideologie abzulehnen. Statt Menschen solle die "Kunst" herrschen, verstanden als Spiel. Das sei vielleicht eine absurd anmutende Utopie, aber keine Straftat.

Einmal Talkshow-Gast, immer im Fernsehen

Schauspieler-Interview darf auch ohne erneute Erlaubnis weiterhin ausgestrahlt werden

Am 18. Oktober 1985 war der berühmte Schauspieler Klaus Kinski Gast in einer Talkshow des deutschen Fernsehens. Anlass des Auftritts war die Reklame für einen neuen Film. Dazu hatte Kinski aber eigentlich keine Lust. Auf die Fragen der Moderatorin zu antworten, hatte er erst recht keine Lust.

Stattdessen kanzelte der exzentrische Künstler die Frau wegen "sinnloser Fragen" ab und gab frei assoziierend seine Gedanken zum Besten. So erzählte er, er habe in Wien das Publikum vom Husten abgehalten, indem er androhte, die Bühne zu verlassen. Über Kollegen, die so tun, als ginge es ihnen nicht ums Geld, machte er sich lustig.

Vor dem Interview hatte sein Manager mit dem Fernsehsender über Gage und Spesen verhandelt und vereinbart, der Sender könne die Aufnahme uneingeschränkt verwenden. Der Schauspieler starb 1991. Der ARD-Sender wiederholte seinen Auftritt in der Talkshow mehrmals und machte später einen 15-minütigen Zusammenschnitt im Internet zugänglich.

Dagegen wehrten sich die Erben von Kinski. Als Erben stünden ihnen die Nutzungsrechte am Interview zu. Manager B habe diese Rechte nicht abtreten dürfen, das widerspreche dem Urheberrecht. Das Landgericht Berlin befasste sich zunächst mit der Frage, ob für ein TV-Gespräch überhaupt das Urheberrecht gelten könne, das ja nur künstlerische Leistungen schützt (15 O 524/12).

Es beantwortete die Frage mit Ja, weil das Interview so individuell sei. Kinski sei kein typischer Talkshow-Gast, sondern habe auf Fragen eigenwillig mit Kritik, Provokationen und Abschweifungen reagiert. Das unterscheide sich deutlich von der "Masse des täglichen Geplauders". So habe sich Kinski als besondere Persönlichkeit in Szene gesetzt.

Obwohl deshalb der Auftritt des Schauspielers durchaus schützenswert sei, dürfe der Fernsehsender die Aufzeichnungen nach Belieben nutzen. Zum einen habe B damals als Manager für K gehandelt und der Verwertung zugestimmt. Zum anderen habe Kinski aufgrund dieser Abrede vorbehaltlos in der Talkshow mitgewirkt und habe auch später keinen Einspruch erhoben, nachdem die Sendung wiederholt worden war.

Wer an einer Talkshow teilnehme, erteile damit implizit auch sein Einverständnis damit, dass die Sendung weiter vermarktet werde. Jedem Gast einer Fernsehtalkshow sei bewusst, dass es darum gehe, die Sendung im Fernsehen zu zeigen. Deshalb dürfe sie auch ohne erneute Zustimmung mehrmals ausgestrahlt werden.

Auch wenn es 1985 noch kein Internet gab, sei auch diese Art der Nutzung erlaubt. Der Fernsehsender müsse sich bei der Verwertung des Interview-Zusammenschnitts nicht auf die Technik von 1985 beschränken.