Kultur

Zeige 20 von 162 Urteilen

Ehrenamtliches Chormitglied ist unfallversichert

Chorsängerin verunglückte auf der Fahrt zum Adventsingen in der evangelischen Kirchengemeinde

Ein Frauenchor hatte mit dem Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde einen Auftritt vereinbart. In deren Räumen sollte ein öffentliches Adventssingen stattfinden, das die Kirchengemeinde sogar im lokalen Amtsblatt als kirchliche Veranstaltung ankündigte.

Eine Chorsängerin holte zwei andere Sängerinnen mit dem Auto ab. Bei der Fahrt zum Auftritt verunglückte sie auf eisglatter Straße. Während die Mitfahrerinnen nur leicht verletzt wurden, ist die Autofahrerin seither gelähmt.

Von der gesetzlichen Unfallversicherung (d.h. von der für Vereine und Religionsgemeinschaften zuständigen Verwaltungs-Berufsgenossenschaft) verlangte die Schwerverletzte Leistungen. Doch die Berufsgenossenschaft verneinte Versicherungsschutz, ebenso die Unfallkasse, die für ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich engagierte Personen zuständig ist.

Die Klage der Chorsängerin auf Versicherungsleistungen scheiterte beim Landessozialgericht: Die Ehrenamtlerin sei nicht im Auftrag einer öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaft tätig gewesen, so das Gericht. Im Chor singe sie vielmehr aus "Freude am Gesang" und an der Gemeinschaft, also zu ihrem eigenen Vergnügen. Die Chorsängerin pochte dagegen darauf, dass auch private Tätigkeiten im Interesse des Gemeinwohls vom Versicherungsschutz umfasst seien.

So sah es auch das Bundessozialgericht: Die Frau sei auf dem Weg zum Adventssingen in den Räumen einer Kirchengemeinde unfallversichert gewesen (B 2 U 19/20 R). Der Versicherungsschutz sei nicht mehr davon abhängig, dass der/die Betroffene direkt für eine Religionsgemeinschaft tätig sei. Zwar sei der Frauenchor eine private Organisation. Doch das Adventssingen sei von der Kirchengemeinde mit-organisiert worden.

Der Chor sei freiwillig, unentgeltlich und im Interesse des Gemeinwohls im Rahmen einer kirchlichen Veranstaltung aufgetreten. Um an diesem Auftritt teilzunehmen, sei die Chorsängerin bei dem Verkehrsunfall unterwegs gewesen. Der Weg dorthin hänge also mit dem versicherten Ehrenamt zusammen. Dass die Sängerin vor allem singe, weil es ihr Freude bereite, ändere daran nichts. Es gehöre zum Wesen des Ehrenamts, dass es mit Freude ausgeübt werde.

Kaninchen beim Walkürenritt!

Ihr Auftritt auf der Staatsopern-Bühne verstößt nicht gegen den Tierschutz

In Neuinszenierungen der Wagner-Opern Rheingold und Walküre an der Berliner Staatsoper sind 20 lebende Kaninchen mit von der Partie. Die in Käfigen sitzenden Kaninchen sollen - so der Regisseur - ein Forschungslabor in der Götterburg Walhall symbolisieren. Ob Wotan und Co. auf Walhall tatsächlich Tierversuche anstellten, muss hier allerdings offenbleiben.

Das Kaninchen-Experiment an der Oper war jedenfalls dem Tierschutzverein Peta ein Dorn im Auge. Er forderte das zuständige Veterinäramt auf, vor den nächsten Aufführungen gegen den tierschutzwidrigen Auftritt einzuschreiten. Die Karnickel hätten in den Käfigen keine Rückzugsmöglichkeit und würden auf der Bühne in Angst und Schrecken versetzt, führte ein von Peta eingereichtes Gutachten aus.

Daraufhin prüfte eine Amtstierärztin bei den Generalproben, ob der Einsatz die Tiere stresst und ihnen schadet. Nein, lautete das Ergebnis. Deshalb lehnte das Verwaltungsgericht (VG) Berlin den Eilantrag von Peta ab, den Auftritt der Kaninchen zu verbieten (17 L 245/22). Der sachverständigen Stellungnahme von beamteten Amtstierärzten komme in solchen Fragen besonderes Gewicht zu, betonte das VG.

Laut Tierschutzgesetz dürften Tiere bei Filmaufnahmen, Werbung oder anderen Schaustellungen nicht eingesetzt werden, wenn damit Schmerzen oder Schäden verknüpft seien. Nach Ansicht der Amtstierärztin sei das aber an der Oper nicht der Fall: Die Kaninchen seien nur ca. 15 Minuten auf der Bühne. Kein Sänger oder Komparse dürfe an ihre Käfige stoßen oder sich dagegen lehnen. Und auch um das Gehör der Tiere müsse man sich nicht sorgen: Die Musik sei auf der Bühne leiser als im Zuschauerraum.

Ohne Corona-Test kein Gehalt

Arbeitgeber dürfen Tests anordnen — auch die Bayerische Staatsoper

Zu Beginn der Spielzeit 2020/21 mussten Mitarbeiter der Bayerischen Staatsoper einen negativen PCR-Test vorlegen. Andernfalls durften sie nicht an Proben und Aufführungen teilnehmen. Die Oper organisierte die Gratis-Abstriche. Im Laufe der Spielzeit wurden die Musiker alle ein bis drei Wochen stichprobenmäßig auf eine Corona-Infektion kontrolliert (kostenlos im Haus oder extern auf eigene Kosten).

An diesem Hygienekonzept wollte sich eine Flötistin nicht beteiligen, deshalb wurde ihr das Gehalt gestrichen. Als sie sich zwei Monate später doch mal testen ließ, war das Ergebnis positiv. Nun erhielt die Musikerin wieder Geld. Für die Zwischenzeit müsse ihr die Staatsoper zwei Monatsgehälter nachzahlen, verlangte die Frau: Sie habe nun mal Angst vor Nasenbluten und Würgereizen, außerdem gebe es für anlasslose PCR-Tests keine Rechtsgrundlage,.

Arbeitgeber könnten auf der Basis eines betrieblichen Schutz- und Hygienekonzepts Corona-Tests anordnen, entschied das Bundesarbeitsgericht (5 AZR 28/22). Sie müssten die Arbeitsbedingungen so regeln, dass ihre Arbeitnehmer soweit gegen Gesundheitsrisiken geschützt seien, wie es die Natur der Arbeitsleistung gestatte. Die Staatsoper habe eine Fürsorgepflicht für fast 1.000 feste Mitarbeiter, darunter ca. 140 Orchestermusiker.

Dieser Pflicht sei sie z.B. mit Umbauten nachgekommen, mit denen sie den Abstand zwischen den Künstlern vergrößerte. Aber letztlich verschafften nur regelmäßige Tests eine gewisse Sicherheit. Deshalb — und auch, um die gesetzlichen Vorgaben zu erfüllen — habe die Staatsoper mit dem Institut für Virologie der TU München und dem Klinikum rechts der Isar ein Hygienekonzept erarbeitet, das für Orchestermusiker regelmäßige PCR-Tests vorsehe.

Flötisten könnten ja keine Masken tragen und Blasinstrumente wie eine Querflöte verteilten Tröpfchen und Aerosole. Zu Recht habe der Arbeitgeber daher die Gehaltszahlung wegen "fehlenden Leistungswillens" der Flötistin verweigert, weil sie die PCR-Tests strikt ablehnte. Der mit Tests verbundene Eingriff in die körperliche Unversehrtheit der Arbeitnehmer sei minimal und damit verhältnismäßig.

Ungeimpfte Musicaldarstellerin flog raus

Die Kündigung ist wirksam: Arbeitgeber dürfen in ihrem Betrieb ein 2G-Modell durchsetzen

Mit zwei "Event-GmbHs" hatte eine Schauspielerin Arbeitsverträge geschlossen: für Proben und Auftritte in einem Musical. Noch vor Beginn der Proben erfuhren die Arbeitgeberinnen, dass die Darstellerin nicht gegen das Coronavirus geimpft war. Dieses Risiko wollten sie nicht eingehen, obwohl die Frau anbot, täglich einen Testnachweis vorzulegen. Die GmbHs kündigten die Arbeitsverträge fristgerecht.

Die Schauspielerin erhob Kündigungsschutzklage und berief sich auf das "Maßregelungsverbot" im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 612a): Arbeitgeber dürften Arbeitnehmer nicht benachteiligen, weil sie in zulässiger Weise ihre Rechte ausübten. Da es keine Impfpflicht gebe, hätte man ihr also nicht mit der Begründung kündigen dürfen, dass sie ungeimpft sei.

Doch das Arbeitsgericht Berlin erklärte die Kündigung für wirksam (17 Ca 11178/21). Es stehe einem Arbeitgeber frei, in seinem Unternehmen das "2G-Modell" durchzusetzen und nur geimpfte oder von Corona genesene Mitarbeiter zu beschäftigen. Pech für die Schauspielerin, wenn das mit ihrer persönlichen Entscheidung gegen die Impfung unvereinbar sei.

Deshalb liege aber noch lange keine "rechtswidrige Maßregelung" vor. Die Arbeitgeberinnen hätten nicht wegen einer unerwünschten, persönlichen Haltung zur Corona-Schutzimpfung gekündigt. Hier gehe es vielmehr um eine vernünftige unternehmerische Entscheidung für das "2G-Modell".

Täglich negative Corona-Testergebnisse ungeimpfter Mitarbeiter zu prüfen, sei aufwendig und beeinträchtige die Betriebsabläufe. Obendrein stellten die strengeren Quarantäneregeln für Ungeimpfte ein höheres Risiko dar, weil das betroffene Personal länger ausfalle. Die Schauspielerin könne nicht verlangen, dass die "Event-GmbHs" ein aufwendigeres Schutzkonzept umsetzten, um ihr entgegenzukommen. Neben der unternehmerischen Freiheit der Arbeitgeberinnen sei zudem das Interesse der übrigen Belegschaft zu berücksichtigen, sich nicht zu infizieren.

Verfilmter Missbrauchsskandal

Ehemaliger Odenwaldschüler kann nicht verhindern, dass der Film im Fernsehen oder Kino gezeigt wird

Von 1982 bis 1985 war Herr X Schüler der Odenwaldschule, früher berühmt für Reformpädagogik — später für den sexuellen Missbrauch vieler Schüler durch das Lehrpersonal. X gehörte zu den betroffenen Schülern, die Jahre später den Skandal aufdeckten. In einem Dokumentarfilm ("Und wir sind nicht die Einzigen") äußerte er sich dazu, schrieb unter Pseudonym ein Buch darüber.

Den 2014 in der ARD ausgestrahlten Spielfilm "Die Auserwählten" lehnte X dagegen ab: Dass die zentrale Filmfigur namens "Frank Hoffmann" ihn darstellen solle, sei erkennbar. Diese Szenen dürften nicht mehr öffentlich gezeigt werden, forderte Herr X.

Den Rechtsstreit gegen den Regisseur und die Produzentin des Spielfilms verlor er in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof (VI ZR 441/19). Es gehöre zur Kunstfreiheit, an reale Ereignisse anzuknüpfen, erklärten die Bundesrichter. Im Film werde daraus eine neue ästhetische Wirklichkeit geschaffen. Auch wenn die Verfilmung durchaus das Persönlichkeitsrecht von X betreffe: Hier überwiege die künstlerische Freiheit, zumal die verfremdete Darstellung das Leiden der Opfer nicht verharmlose.

Sie würden auch keineswegs herabwürdigend gezeichnet, X selbst sogar mit großer Sympathie. Der Film verfolge in künstlerischer Form dasselbe Ziel wie Herr X, die Öffentlichkeit über die Vorgänge und das Leid der Opfer aufzuklären. Auch der Regisseur wolle zeigen, wie unter scheinbar idyllischen Umständen Machtstrukturen und bestimmte Verhaltensmuster zu einem "institutionalisierten" Missbrauch führen konnten.

Es gebe kein allgemeines Recht darauf, nicht als Vorbild für eine Figur in einem Kunstwerk zu dienen. Zudem könne sich Herr X nicht auf seine Privatsphäre berufen, wenn es um Tatsachen gehe, die er selbst der Öffentlichkeit preisgegeben habe. Alle im Film dargestellten Vorgänge habe er selbst bekannt gemacht, habe seine Sicht der Dinge in verschiedenen Medien dargelegt. In seinem Buch beschreibe er außerdem den Missbrauch weitaus detaillierter als der Film, der ihn immer nur andeute.

DJ als Künstler anerkannt

Das Finanzgericht Düsseldorf erspart dem Diskjockey damit die Gewerbesteuer

Geht es um die Steuer oder um die Versicherungspflicht in der Sozialversicherung, müssen sich Juristen gelegentlich zu Kunstexperten aufschwingen und prüfen, ob eine Tätigkeit das Etikett Kunst verdient. Im konkreten Fall ging es um einen Diskjockey, der bei Hochzeiten, Geburtstagsfeiern und Firmenveranstaltungen Musik auflegte, manchmal auch in Clubs. Das Finanzamt stufte seine Tätigkeit als gewerblich ein.

Begründung: Die Remixe von Liedern ähnelten den Originalsongs, der DJ schaffe keine neuen Musikstücke. Als Künstler müsste er "Klangfolgen mit dominierender eigener Prägung erzeugen". Der DJ verändere die Stücke aber nur mit Software und stelle Übergänge zwischen Liedern her. Das sei schwerpunktmäßig eine eher technische Arbeit. Zudem spiele der DJ nur Musik, die vom Auftraggeber bestimmt und auf das jeweilige Publikum zugeschnitten werde.

Der DJ fühlte sich von der Steuerbehörde verkannt und hielt dagegen: Er schaffe sehr wohl eigene Werke, indem er den Songs andere Beats unterlege, indem er ihre Geschwindigkeit variiere und Spezialeffekte verwende. Manchmal vermische er auch mehrere Musikstücke, indem er Tonfolgen einspiele (Samples). Das verleihe auch bekannten Songs einen neuen Charakter.

Das Finanzgericht Düsseldorf fand diese Argumente überzeugend und ersparte dem Mann die Gewerbesteuer. Der DJ erziele seine Einnahmen als freiberuflicher Künstler, lautete das Urteil (11 K 2430/18 G). Der DJ nutze Plattenteller, Mischpult, CD-Player und Computer sozusagen als Instrumente. Damit mixe er Songs und füge Töne bzw. Geräusche hinzu. Die Kombination von Songs, Samples, selbst hergestellten Beats und Effekten ergäben ein neues Klangerlebnis.

Musikstücke anderer Künstler zu vermischen und ihnen durch die Bearbeitung einen eigenen Stil und einen anderen Charakter zu verleihen, stelle eine eigenschöpferische Leistung dar. Auf welcher Art von Veranstaltungen der moderne DJ auftrete, spiele bei der Frage, ob er ein Künstler sei oder nicht, keine Rolle. Jedenfalls führe er wie eine Live-Band mit "Instrumenten" Tanzmusik unterschiedlicher Art auf.

Was bedeutet "Musik in Zimmerlautstärke"?

Anwohner verklagen ein alternatives Kulturzentrum wegen Lärmbelästigung

Schon seit Jahren streiten Wohnungseigentümer mit einem Verein, der direkt neben der Wohnanlage in einer ehemaligen Fabrikhalle ein alternatives Kulturzentrum betreibt. Auf dem Gelände wohnen auch etliche Personen, doch in erster Linie wurden hier Konzerte und Events aller Art veranstaltet.

In einem Vergleich vor dem Landgericht Köln hatte sich der Verein verpflichtet, an Wochentagen nach 20 Uhr, Samstag ab 22 Uhr nur noch "Lärmimmissionen in Zimmerlautstärke" zuzulassen. Ausnahmen waren an Silvester, im Karneval, für die Eröffnung eines Kulturfestivals vorgesehen. An Sonntagen sollte keine Musik gespielt werden. Bei weiteren Verstößen musste der Verein 5.000 Euro an die betroffenen Wohnungseigentümer zahlen.

2019 meldeten sich die Anwohner erneut bei der Justiz: Im Juni und Juli 2019 habe es wieder zahlreiche Lärmbelästigungen gegeben, die deutlich über das zugestandene Maß an Lautstärke hinausgingen: Trommelsessions, elektronisch verstärkte Musik häuften sich.

Erfolglos berief sich der Verein darauf, er könne nicht das ganze Gelände kontrollieren. Hier musizierten viele Bewohner selbst und oft bei offenen Fenstern.

Wenig glaubwürdig fand das Landgericht Köln diese Ausrede (24 O 307/19). Zum einen habe der Verein auf seiner Facebook-Seite für ein Konzert geworben, das genau an dem Abend stattfand, an dem der Verein angeblich überhaupt nichts organisiert habe … Zum anderen müsse der Verein, wenn tatsächlich Dritte Veranstaltungen durchführten oder musizierten, dafür sorgen, dass dabei die Lärmgrenzen des mit den Nachbarn geschlossenen Vergleichs nicht übertreten würden.

Musik in "Zimmerlautstärke" bedeute: Von dem Grundstück dürften nur Geräusche ausgehen, die in den angrenzenden Wohnungen der Nachbarn bei geschlossenen Fenstern nicht zu hören seien. Nach glaubhaften Angaben mehrerer Anwohner seien jedoch das Trommeln und die elektronisch verstärkte Musik bei geschlossenen Fenstern in den Wohnungen aufdringlich laut gewesen — ohne dass man hätte lauschen müssen. Daher sei hier keine Dezibel-Messung mehr nötig, um die Intensität der Geräusche festzustellen. Der Verein müsse die vereinbarte Geldbuße zahlen.

Solist veranstaltet Konzerte selbst

Ans Finanzamt sind nur sieben Prozent Mehrwertsteuer abzuführen

Der Gesetzgeber hat für eine Reihe von Leistungen die Mehrwertsteuer auf sieben Prozent ermäßigt. Dazu gehört auch das Organisieren von Konzerten durch professionelle Kulturveranstalter. Von einem Musiker, der selbst Solokonzerte veranstaltete, verlangte das Finanzamt allerdings, 15 Prozent der Ticketeinnahmen als Mehrwertsteuer anzuführen: Die Steuerermäßigung gelte nur für Veranstalter, die nicht selbst aufträten.

Der Bundesfinanzhof entschied dagegen, für den Musiker gelte ebenfalls der günstigere Steuersatz (V R 60/93). Obwohl der Begriff "Konzert" nach dem ursprünglichen Wortsinn "Zusammenspiel" bedeute, sich also auf eine Darbietung mehrerer Künstler beziehe, sei auch eine Solodarbietung als Konzert einzustufen.

Man müsse die Vorschrift ohnehin nach ihrem Sinn anwenden: Die Steuerbegünstigung solle in erster Linie den Konzertbesuchern zugute kommen, also den Zugang zur Kultur allgemein fördern. Der normale Satz von 15 Prozent würde zu einer nicht zu verantwortenden Preiserhöhung führen. Daher dürfe es keine Rolle spielen, wer als Veranstalter der Konzerte auftrete.

Rechtsextreme Werbung auf Telefonkarten?

Die Telekom ist nicht verpflichtet, so ein Geschäftsangebot zu akzeptieren

Die rechtsextremistische "Deutsche Nationalzeitung" wollte von der Deutschen Telekom Telefonkarten mit einem Werbeaufdruck herstellen lassen. Obwohl die Telekom schon oft auf ihren Telefonkarten für Zeitungen und politische Parteien geworben hatte, lehnte sie diese Werbung ab. Die Deutsche Nationalzeitung versuchte, sich gerichtlich durchzusetzen.

Das Oberlandesgericht Frankfurt stellte sich auf die Seite der Telekom (11 U (Kart) 4/95). Dabei hatte das Gericht zwei widerstreitende Interessen abzuwägen: Einerseits das Interesse des Verlags, für die "Deutsche Nationalzeitung" Reklame zu machen - andererseits das Interesse der Deutschen Telekom, einen Ansehensverlust durch die Werbung für eine rechtsextremistische Zeitung zu vermeiden. Es sei eine nachvollziehbare unternehmerische Entscheidung der Telekom, nicht für rechtsextremistische Parteien oder Unternehmen zu werben, urteilte das Gericht. Das sei zulässig und verstoße nicht gegen das kartellrechtliche Diskriminierungsverbot.

Vier Skulpturen für 1 Mio. Euro gekauft

Kunsthistorikerin drehte dem Kunstsammler ungenehmigte Nachgüsse an, die Erben verlangen Schadenersatz

Vor einigen Jahren hatte Helge Achenbach für Schlagzeilen gesorgt. Der Kunstberater betreute private Kunstsammlungen reicher Sammler, darunter die des Berthold Albrecht (Miteigentümer von Aldi-Nord). Weil der Berater Herrn A. nach Strich und Faden betrogen hatte, wurde er zur Zahlung von hohem Schadenersatz und sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Die Kinder und Erben des 2012 verstorbenen Sammlers A. verklagten auch die frühere Frau von Achenbach auf Schadenersatz.

Die Kunsthistorikerin hatte dem Sammler 2009 vier Skulpturen eines spanischen Künstlers für insgesamt eine Million Euro verkauft. Die Kunstwerke seien nicht echt, erklärten die Erben, es handle sich um ungenehmigte Nachgüsse, die bis auf den Materialwert von ca. 20.000 Euro wertlos seien. Ihr Vater sei arglistig getäuscht worden.

Im Prozess erklärte die Kunsthistorikerin, sie habe die Skulpturen von ihrem Mann zum 40. Geburtstag als Originale geschenkt bekommen. Sie habe keinen Grund gehabt, das zu bezweifeln. Ihrer Kenntnis nach stammten die Figuren aus einer vom Künstler autorisierten zweiten Serie. Aber genau wisse sie es nicht, bei den Verkaufsverhandlungen sei sie nicht dabei gewesen. Mit dieser Aussage konnte sich die Skulpturen-Verkäuferin nicht entlasten.

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf gab den Erben Recht (3 U 22/19). Es stehe mittlerweile fest, dass die Skulpturen keine autorisierten Nachgüsse und damit mangelhaft seien. Denn die Stiftung, die das Erbe des spanischen Künstlers verwalte, habe erklärt, Herr Achenbach müsse gemeinsam mit der Kunstgießerei unberechtigt Nachgüsse der Originale gefertigt haben. Von diesen vier Skulpturen gebe es keine genehmigten Nachgüsse.

Die Verkäuferin hätte allen Grund gehabt, sich eingehend zu erkundigen, ob es sich tatsächlich um Originale oder jedenfalls autorisierte Exemplare handelte. Das verstand sich angesichts der Methoden des Kunstberaters keineswegs von selbst, so das OLG. Daher hätte die Kunsthistorikerin durch intensive Nachfragen bei ihrem Ehemann klären müssen, ob alles seine Richtigkeit habe mit diesen vier Skulpturen. Das habe sie unterlassen.

Dennoch habe die Verkäuferin beim Verkaufsgespräch ins Blaue hinein behauptet, die Werke stellten Originale oder autorisierte Nachgüsse dar. Sie habe dem Käufer nicht offenbart, dass sie über die Herkunft der Werke nicht genau Bescheid wusste. Das sei arglistig: Denn so habe Herr A., der eine Kunstsammlung aufbauen wollte, natürlich angenommen, die Werke seien authentisch. Schließlich sei die Kunsthistorikerin sachkundig, während der Sammler von moderner Kunst wenig verstand. Die Frau müsse den Erben die Differenz zwischen Kaufpreis und Wert der Skulpturen als Schaden ersetzen.

Corona-Gutschein oder Geld zurück?

Fällt eine Veranstaltung wegen der Pandemie aus, müssen Ticketkäufer den Gutschein akzeptieren

Um die vom Coronavirus besonders gebeutelte Kultur- und Veranstaltungsbranche vor einer Pleitewelle zu bewahren, hat der Gesetzgeber im Frühjahr 2020 die "Gutschein-Regelung" beschlossen: Kann eine Veranstaltung im Bereich Musik, Kultur, Sport und Freizeit wegen der Pandemie nicht stattfinden, dürfen die Veranstalter den Ticketkäufern einen Gutschein übergeben, statt den Eintrittspreis zu erstatten (Art. 240 § 5 Abs.1 EGBGB). Das gilt für Tickets, die vor dem 8. März 2020 gekauft wurden.

Im Dezember hatte eine Frau zwei Tickets für eine Veranstaltung am 31.3.2020 erworben. Einem Münchner Theater- und Gastronomieveranstalter überwies sie dafür 205,80 Euro. Wie alle anderen Veranstaltungen musste auch dieses "Event" Mitte März 2020 wegen der Pandemie verschoben werden. Der Veranstalter bot an, die Tickets in Gutscheine umzuwandeln. Obwohl die Kundin den Eintrittspreis zurückverlangte, sandte der Veranstalter Gutscheine.

Sie trat daraufhin ihre Ansprüche an einen Legal-Tech-Unternehmer ab — ein Online-Dienstleister für Rechtsfragen —, der auf Rückzahlung klagte: Die Gutschein-Lösung sei verfassungsrechtlich zweifelhaft, argumentierte der Unternehmer. Da der Veranstalter wegen des generellen Veranstaltungsverbots die vereinbarte Leistung nicht erbringen könne, müsse er den Ticketpreis erstatten. Das Amtsgericht München wies die Klage ab (154 C 6021/20).

Die Gutschein-Lösung sei derzeit durch das legitime Ziel gerechtfertigt, Insolvenzen von Veranstaltern zu verhindern oder wenigstens zu verzögern. Die finanzielle Unterstützung des Staates allein könne die Ausfälle durch die Pandemie nicht auffangen. Die negativen Folgen der Pandemie sollten auf möglichst Viele verteilt werden. Die Regelung sei auch verhältnismäßig, denn: Wer es sich leisten könne, für kulturellen Genuss Geld auszugeben, sei in der Regel finanziell eher leistungsstark.

Für Ausnahmen habe der Gesetzgeber eine Härtefallklausel vorgesehen. Aber im Normalfall sei es für Ticketinhaber kein finanzielles Problem, den Gutschein zu akzeptieren — zumal sie den Geldbetrag ohnehin bereits für eine ideelle Leistung ausgegeben hatten. In der privaten Finanzplanung stehe der Betrag also nicht mehr auf der "Haben"-Seite. Darüber hinaus verliere der Verbraucher sein Recht auf Erstattung des Eintrittspreises nicht: Er stunde dem jeweiligen Veranstalter den Betrag nur unentgeltlich bis Ende 2021.

Auf eBay ein Ölgemälde ersteigert

Mit einem Hinweis aufs Monogramm einer Künstlerin wird nicht vereinbart, dass das Bild ein Original ist

Eine Kunsthandelsfirma bot auf eBay ein Ölgemälde an, eine Ansicht von Venedig. In der Beschreibung des Bildes hieß es "monogr. Leonie VON LITTROW (1860-1914)". Das Gemälde trug tatsächlich das Monogramm "LL". Der Käufer, der es für 412 Euro ersteigerte, verlangte anschließend Schadenersatz.

Dass es sich um ein Original von Leonie von Littrow handle, habe ihm die Kunsthandelsfirma mit der Beschreibung auf eBay sozusagen zugesichert. Das Bild stamme aber nicht von der österreichischen Malerin, habe er von Wiener Kunstsachverständigen erfahren, es sei gefälscht. Wäre es echt, wäre das Gemälde 20.000 Euro wert. Deshalb stehe ihm eine Entschädigung von 19.588 Euro zu.

Dem widersprach das Oberlandesgericht München (24 U 4970/20). Das Gemälde sei zwar kein Original von Leonie von Littrow, aber deshalb keineswegs mangelhaft — denn diese Eigenschaft sei zwischen den Parteien nicht vereinbart worden. Nicht einmal dann, wenn ein Auktionskatalog ein Bild einem bestimmten Künstler zuschreibe, stelle das eine verbindliche Beschaffenheitsvereinbarung dar.

Die Echtheit eines Kunstwerks werde nur vereinbart, wenn der Verkäufer/die Verkäuferin dafür ausdrücklich die Gewähr übernehme. Im konkreten Fall habe die Kunsthandelsfirma das Gemälde weder selbst als Original bezeichnet, noch die Expertise eines Sachverständigen vorgelegt, der das Bild als Original eingeschätzt hätte. Sie habe nur im eBay-Angebot auf das Monogramm "LL" verwiesen, das auf eine Urheberschaft der Leonie von Littrow hindeute. Das sei nicht als Zusicherung zu verstehen, dass es sich um ein Original handle.

Tatsächlich existiere von der Künstlerin Leonie von Littrow keine venezianische Ansicht in dieser Stilistik, so die Aussage des Dorotheums in Wien. Das Gemälde sei also auch keine Fälschung eines Originals von Littrow.

Vorwürfe gegen die Verkäuferin seien in jedem Fall fehl am Platz: Die Experten der Kunsthandelsfirma hätten das eBay-Angebot nicht leichtfertig formuliert. Sie hätten das Bild nach bestem Wissen geprüft und für echt gehalten. Zudem stamme es aus dem Nachlass eines renommierten Wiener Kunsthändlers, der einen entsprechenden Vermerk über die Urheberschaft "LL" hinterlassen habe.

"Liebe per Telekom"

Journalistin entdeckt voll Erstaunen ihr Bild in einer Illustrierten

Eine Fotojournalistin, die früher auch als Fotomodell gearbeitet hatte, fand in einer Illustrierten einen Artikel über Telefonsex und sich selbst darin als unfreiwilligen "Blickfang" wieder: Ein großes Farbfoto zeigte sie telefonierend hinter einem Schreibtisch als "Traumfrau" und "Nackte im Pelz". Das Foto war vor über zehn Jahren in Zusammenarbeit mit ihrem damaligen Ehemann entstanden.

Die Journalistin bekam daraufhin ständig Anrufe aus ihrem Bekanntenkreis. Viele fragten, ob sie es nunmehr nötig habe, Telefonsex zu betreiben. Deshalb verklagte die genervte Frau den Verlag: Er müsse in der nächsten Ausgabe der Illustrierten darauf hinweisen, dass das Foto ohne ihr Wissen abgedruckt worden sei. Außerdem verlangte sie für die Veröffentlichung nachträglich eine Lizenzgebühr sowie Schmerzensgeld.

Das Oberlandesgericht München bejahte die Ansprüche der Fotojournalistin (29 U 3903/94). Eine falsche Behauptung müsse richtiggestellt werden, auch wenn sie nicht wörtlich formuliert worden sei. Das Foto mit dem Titel "... die Traumfrau, Nackte im Pelz" und dem Beisatz "Liebe per Telekom" lege den Lesern den Gedanken mehr als nahe, dass die Journalistin dem Abdruck zugestimmt habe und Telefonsex anbiete.

Das Gericht sprach der Frau außerdem 8.000 DM Schmerzensgeld zu, um die Rufschädigung auszugleichen, und 4.000 DM als entgangene Lizenzgebühr.

Eigentümerin zerstört Kunstwerke

Künstler können Anspruch auf Schadenersatz haben, wenn der Käufer ihr Werk mit dem Müll "entsorgt"

Die Betreiberin einer Indoor-Minigolfanlage schmückte zwei ihrer Räume mit Kunstinstallationen. Sie wurden von zwei Künstlern eigens für die Minigolfanlage angefertigt: eine originell kombinierte Brunneninstallation und eine rotierende Sterninstallation aus verknüpften, bunt fluoreszierenden Wollfäden, die beim Drehen schöne Lichteffekte erzeugten.

Bald stellte sich heraus, dass die Installationen regelmäßig gewartet werden mussten — ein Ärgernis für die Unternehmerin und ihren Geschäftsführer. Brunnenskulpturen zerbröselten, sitzende Besucher deformierten den Brunnenrand. Manche Besucher nahmen kleine Teile mit. Angeblich war auch die an der Decke befestigte Sterninstallation zu ausladend konstruiert und stieß an ein Heizungsrohr an.

Ob nun wirklich funktionale Mängel den Ausschlag gaben oder ein "neues Raumkonzept": Jedenfalls entfernte die Anlagenbetreiberin nach einigen Jahren die Installationen und entsorgte sie mit dem Müll. Empört pochten die beiden Künstler auf ihr Urheberrecht und forderten Schadenersatz. Zu Recht, entschied das Kammergericht in Berlin (24 U 173/15). Das Recht des Eigentümers, der ein Werk kaufe, setze das Urheberrecht des Künstlers nicht außer Kraft.

Es sei zwar das gute Recht der Unternehmerin, ihre Räume zu verändern und die Installationen zu entfernen. Das rechtfertige es aber nicht, die Werke zu zerstören. Die Installationen seien nicht unlösbar mit dem Gebäude verbunden gewesen. Man hätte sie schonend zerlegen und abbauen können. Die Eigentümerin hätte zuerst die Künstler fragen müssen, ob sie die Werke zurücknehmen wollten. Notfalls hätte sie diese selbst zerlegen und aufbewahren müssen.

Installationen zu vernichten, beeinträchtige die berechtigten geistigen Interessen der Künstler an ihren Werken und verletze deren Urheberrecht. Immerhin habe es sich um Originale gehandelt: eigens für die Minigolfanlage gefertigte Einzelstücke, von denen keine weiteren Vervielfältigungen existierten. Auch die Werbewirkung für die Künstler falle mit den Werken weg. Abbildungen gäben nicht wirklich den Eindruck wieder, den die Installationen durch Beleuchtung und Bewegung vermittelten.

Der Verlust könne nun nicht mehr anders als durch finanzielle Entschädigung ausgeglichen werden. 10.000 Euro sprach das Gericht der Schöpferin des Brunnens zu. Für die Sterninstallation gab es wegen "des hohen Knüpfaufwands" 14.000 Euro.

Kunst? Oder Müll? Auf jeden Fall: Eigentum

Das Urheberrecht eines bekannten Künstlers gilt auch für Werke in der Papiertonne

Das schöne Motto "Ist das Kunst, oder kann das weg?" ist aktuell in Köln wieder aufgelebt. Der bekannte Künstler Gerhard Richter hatte diese Frage für sich bereits entschieden und vier Arbeiten — mit Ölfarbe übermalte Fotografien — in den Müll geworfen. Doch das Schicksal wollte es anders. Der Altpapiercontainer auf seinem Grundstück fiel um und die Werke fielen mit anderem Papierabfall heraus.

Im Papiermüll entdeckte sie ein Besucher des Hauses Richter. Weil er dachte, "Müll gehört ja niemandem", packte er die Skizzen ein. Einige Monate später versuchte der Mann, sie über ein Münchner Auktionshaus zu verkaufen. Gleichzeitig bemühte er sich, vom "Gerhard-Richter-Archiv" der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden Signaturen oder ein Echtheitszertifikat für die Arbeiten zu erhalten.

Da der Münchner auf die Frage nach der Herkunft der Werke auffällig ausweichend reagierte, schaltete das Archiv die Polizei ein. Amtsgericht und Landgericht Köln verurteilten den Mann wegen Diebstahls. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln bestätigte im Wesentlichen den Schuldspruch — nur die Höhe der Geldstrafe muss noch festgelegt werden (III-1 RVs 78/20).

Auch wenn der Künstler die Skizzen aussortiert habe: Er bleibe Eigentümer des Inhalts seiner Papiertonne, so das OLG. Die Arbeiten einfach einzustecken, stelle daher ein Eigentumsdelikt dar. Dass der Besucher geglaubt habe, Müll mitzunehmen sei legal, erspare ihm die Geldstrafe nicht. Denn er hätte durchaus erkennen können, dass sein Tun rechtswidrig war (juristisch formuliert: "vermeidbarer Verbotsirrtum").

Auch wenn jemand einen Gegenstand in der Mülltonne entsorge, ständen ihm weiterhin (Urheber-)Rechte an dieser Sache zu. Das gelte besonders für Werke eines berühmten Künstlers. Wenn der Künstler Skizzen als "nicht gültig" verwerfe und vernichten wolle, müsse dieser Wille respektiert werden. Sie sollten gerade nicht als Kunstwerke von Richter in den Kunsthandel gehen.

Geklaute Riesen-Goldmünze

Eigentümer verklagt nach dem spektakulären Einbruch im Bode-Museum die Versicherung auf vollen Wertersatz

Im März 2017 fand im Berliner Bode-Museum ein spektakulärer Kunstdiebstahl statt: Eine 100 Kilo schwere Goldmünze, genannt "Big Maple Leaf", mit dem Porträt von Queen Elisabeth II. kam abhanden. Die Einbrecher stiegen über ein Fenster ein, zerschlugen die Vitrine der 3,3 Millionen Euro teuren Münze und schleppten das schwere Stück auf einem Rollbrett davon.

Ihr Eigentümer, Unternehmer und Kunstsammler F, hatte die riesige Münze aus besonders reinem Gold dem Museum 2010 zur Verfügung gestellt. Dass er das gute Stück je wiedersieht, ist äußerst unwahrscheinlich. Die Ermittler nehmen an, dass die verurteilten Diebe — Mitglieder einer bekannten, kriminellen Berliner Großfamilie — die Münze längst zerstückelt oder eingeschmolzen haben.

Herr F und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Trägerin des Bode-Museums, sahen die Versicherung in der Pflicht, den Verlust zu ersetzen. Doch die Allianz-Versicherung überwies dem Eigentümer nur 20 Prozent des Münzenwerts, weil das Museum sehr schlecht gesichert war.

Die Vitrine aus Panzerglas war nicht einmal alarmgesichert. Die Diebe konnten das Fenster ganz einfach mit einem Vierkantschlüssel öffnen, weil die elektronische Kontrolle der Fenster seit langem defekt war … Und genau deshalb bleibt der Museums-Mäzen nun auf dem restlichen Schaden sitzen.

Das Landgericht Berlin wies seine Klage auf vollen Schadenersatz ab (4 O 63/19). Das Museum habe die Sicherheit so massiv vernachlässigt, dass das Verlustrisiko deutlich gestiegen sei, erklärte das Landgericht. Die ausgefallene elektronische Überwachung sei weder repariert, noch durch andere Schutzmaßnahmen ausgeglichen worden.

Wenn man es Einbrechern so leicht mache, müsse die Versicherung dafür nicht geradestehen. Die erhöhte Gefahr, für die das Museum verantwortlich sei, müsse sich auch der Eigentümer der Goldmünze zurechnen lassen.

"Tina-Turner"-Plakat verboten

Die Sängerin tritt in der Tina-Turner-Tribute-Show nicht selbst auf: Landgericht sieht Verwechslungsgefahr

Kaum zu glauben: Energiebündel Tina Turner ist 80 Jahre alt geworden. Über diese Huldigung freute sich die Sängerin jedoch nicht: Tourneeveranstalter "Cofo Entertainment" tourt mit einer "Tribute Show" durch halb Europa. Titel: "Simply the best — die Tina Turner Story". In der Show tritt eine Sängerin namens Coco Fletcher auf und singt berühmte Hits von Tina Turner.

Der Veranstalter kündigte die Show so an: "Die Rockdiva hautnah erleben: das Erfolgsmusical um Tina Turner geht auch 2019 wieder auf große Tournee". "Zum 80. Geburtstag auf großer Tour: Die Erfolgs-Show um die Rock-Legende Tina Turner." "Zu Ehren des 80. Geburtstags der "Queen of Rock" geht "SIMPLY THE BEST - die Tina Turner Story" auf große Tournee …".

Stein des Anstoßes für Frau Turner war das Plakat für die Show. Es zeigt ein Bild von Frau Fletcher in typischer Tina-Turner-Pose. Sie ist jünger, sieht Tina Turner aber sehr ähnlich. Das "Original" ärgerte sich darüber, dass andere Leute ohne ihre Erlaubnis mit ihrem Namen und "ihrem" Bild Geld verdienten. Frau Turner forderte vom Veranstalter, das Plakat zurückzuziehen.

Das Plakat täusche niemanden, fand der Konzertveranstalter. Er habe die "Tina Turner Story" schon 100 Mal aufgeführt. Bis jetzt habe sich kein einziger Zuschauer darüber beschwert, dass er nicht die echte Tina Turner gesehen habe. Doch mit diesem Argument konnte das Unternehmen beim Landgericht (LG) Köln nicht punkten (28 O 193/19). In der aktuellen Form sei das Plakat unzulässig, urteilte das LG. Ohne Einwilligung der Sängerin würden Name und Bild zu Werbezwecken eingesetzt.

Obwohl Frau Fletcher wohl um einige Jahrzehnte jünger sein dürfte als Tina Turner, ging das LG auch von Verwechslungsgefahr aus und nannte die Musical-Darstellerin Fletcher eine "Doppelgängerin" der Künstlerin Tina Turner. Deren Name stehe groß auf dem Plakat, das Foto zeige quasi ein "Double" der Sängerin. Da könnte das angesprochene Publikum durchaus denken, Tina Turner habe an dem Musical mitgewirkt oder trete sogar persönlich auf. Diesen Irrtum lege das Plakat jedenfalls nahe.

Der Tourneeveranstalter zeigte sich flexibel und veränderte sofort das Werbeplakat für das Musical. Das Foto bleibe, doch mit dem Zusatz "Starring Dorothea ‚Coco‘ Fletcher" dürfe er das Plakat wohl weiterhin verwenden, erklärte der Veranstalter.

"Klassik-Reise" mangelhaft?

Ändert sich die Besetzung einer Oper, dürfen Kunden deshalb nicht den Reisevertrag kündigen

Bei einem auf Kulturreisen spezialisierten Reiseveranstalter buchte ein Ehepaar eine Klassik-Reise in eine europäische Hauptstadt. Auf dem Programm standen Konzerte und Opernaufführungen. Im Katalog und auf der Webseite beschrieb der Veranstalter die Reise, bebildert mit Fotos vom Opernhaus und von einer bekannten Sopranistin, die dort auftreten sollte.

Eine Woche vor der Reise erhielt das Ehepaar die Reiseunterlagen. Und da stand es schwarz auf weiß: Die Besetzung der Oper hatte sich geändert, die Sopranistin war mittlerweile anderswo engagiert.

Daraufhin kündigten die Kunden den Reisevertrag und verlangten die geleistete Anzahlung zurück. Auf den Auftritt dieser Künstlerin wäre es ihnen besonders angekommen, teilten sie mit. Und der Reiseveranstalter hätte bereits bei der Buchung wissen können, dass die angekündigte Sopranistin zum Reisezeitpunkt nicht am Opernhaus singe.

Das Reiseunternehmen zahlte nicht, verwies stattdessen auf seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Dort und auch in der Reisebestätigung stand: "Besetzungs- und/oder Programmänderungen berechtigen nicht zur Rückgabe oder Umtausch der Eintrittskarten." Der Reiseveranstalter sei nur der Vermittler zwischen den Kunden und den Konzert- bzw. Opernveranstaltern.

Das Amtsgericht Augsburg erklärte die AGB-Klausel für wirksam und wies die Zahlungsklage der Kunden ab (18 C 1936/18). Betrachte man die Reise insgesamt, handle es sich bei der Besetzung einer Oper nicht um eine wesentliche Reiseleistung. Es stelle keinen Reisemangel dar, wenn bei einer Aufführung jemand anderes singe als ursprünglich vorgesehen.

So eine Änderung sei für die Kunden jedenfalls dann zumutbar, wenn die Qualität der Darbietung dadurch nicht erheblich beeinträchtigt werde. Im konkreten Fall sei die "Ersatz-Sängerin" genauso qualifiziert gewesen wie die zunächst benannte Sopranistin. Der Reiseveranstalter sei nicht verpflichtet, bei all seinen Angeboten ständig zu überwachen, ob wirklich die angekündigten Künstler aufträten.

"Früher war mehr Lametta"

Urheberrechtsstreit über ein Loriot-Zitat auf T-Shirts: Der einzelne Satz ist nicht urheberrechtlich geschützt

Die beiden Töchter und Alleinerbinnen von Vicco von Bülow — besser bekannt unter seinem Künstlernamen Loriot — gingen gerichtlich gegen einen T-Shirt-Produzenten aus Leipzig vor. Der Geschäftsmann hatte nämlich den Satz "Früher war mehr Lametta" auf T-Shirts gedruckt: Das ist ein Zitat aus Loriots Sketch "Weihnachten bei Hoppenstedts".

In diesem Sketch beschwert sich Opa Hoppenstedt, gespielt von Loriot selbst, darüber, dass der Weihnachtsbaum zu wenig glitzert. Die Bülow-Töchter waren der Ansicht, der Satz sei urheberrechtlich geschützt, dürfe also ohne ihre Erlaubnis nicht kommerziell verwendet werden. Doch das Landgericht München I sah das anders (33 O 9328/19).

Blende man das chaotische Weihnachtsfest von Familie Hoppenstedt mit dem nörgelnden Opa aus, bleibe nur eine alltägliche Aussage übrig. Dann bringe "Früher war mehr Lametta" entweder schlicht zum Ausdruck, dass tatsächlich früher die Weihnachtsbäume mit mehr Lametta geschmückt wurden. Oder der Satz sei im übertragenen Sinn gemeint: als Bild dafür, dass früher irgendwie alles besser gewesen sei.

Isoliert betrachtet, handle es sich um einen banalen Satz, der schon längst in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen sei — auch über Weihnachten hinaus. Urheberrechtsschutz setze eine originelle Schöpfung voraus. Das sei der Satz aber nur im Zusammenhang mit dem bekannten Sketch: Dessen Situationskomik verleihe ihm Originalität und Besonderheit.

Der T-Shirt-Hersteller darf demnach seine Produkte mit dem Lametta-Satz weiterhin verkaufen. Die Entscheidung des Landgerichts wurde am 14.8.2019 durch Beschluss des Oberlandesgerichts München bestätigt, AZ.: 6 W 927/19.

Violine mit Misston?

Musikerin rügt Wolfton des gekauften Instruments: Gericht verneint einen Sachmangel

Für 10.000 Euro erstand eine Geigerin eine Curt-Jung-Geige für ihre 11-jährige Tochter. Die Orchestermusikerin testete vor dem Kauf das Instrument selbst und fand es gut. Doch einige Wochen später forderte sie vom Verkäufer, das Geschäft rückgängig zu machen.

Auf dem Ton "H" der G-Saite habe die Geige einen so genannten Wolfton, ein "stotterndes Bullern", beanstandete die Käuferin, also sei das Instrument mangelhaft. Der Händler bestritt rundweg jeden Fehler seiner Ware und ließ es auf einen Rechtsstreit ankommen. Das Landgericht Dortmund wies die Klage der Musikerin auf Rückzahlung des Kaufpreises ab (12 O 40/17).

Sie habe die Violine zum Üben für ihre musisch begabte Tochter gekauft, so das Landgericht. Laut Gutachten eines Sachverständigen sei das Instrument dafür absolut geeignet. Wolftöne könnten bei neuen und alten Geigen, bei einfachen und auch bei sehr teuren Geigen auftreten. Sie seien also üblich und kein Mangel der Kaufsache.

Doch selbst dann, wenn man hier einen Sachmangel bejahen würde, könnte die Käuferin nicht vom Kauf zurücktreten. Schließlich habe sie das Instrument selbst gespielt. Wenn ihr dabei bei all ihrer Fachkunde der Misston nicht aufgefallen sei, habe sie die Geige eventuell nicht sorgfältig genug geprüft. Oder, anders formuliert: Ein Wolfton, der beim Testen nicht bemerkbar sei, sei wohl kaum als Mangel einzustufen.