Kommunales

Brandmelder-Alarm durch angebranntes Essen

Betreiberin von Seniorenheimen soll wegen Fehlalarms für Feuerwehreinsätze zahlen

In Bad Kreuznach bietet eine GmbH Appartements für betreutes Wohnen an. Die Wohnungen in den zwei Seniorenzentren sind alle mit Brandmeldern ausgestattet. 2014 lösten die Geräte fünf Mal Alarm aus. Der Grund dafür waren verbrannte Toasts bzw. Waffeln in einem Toaster und auf dem Herd angebranntes Essen. Nach dem Alarm schalteten Mitarbeiter des Seniorenzentrums die Geräte aus und lüfteten, bis sich der Rauch verzogen hatte.

Vorher war jedoch jedes Mal die Bad Kreuznacher Feuerwehr ausgerückt, in unterschiedlicher Mannschaftsstärke. In den Heimen war für die Feuerwehrmänner nichts mehr zu tun. Sie setzten nur die Brandmeldeanlage wieder zurück, um ihr Funktionieren weiterhin zu gewährleisten, und zogen wieder ab. Die Stadt forderte von der Betreiberin der Senioreneinrichtungen für jeden Einsatz rund 600 Euro: Gemäß der kommunalen Feuerwehrsatzung werde diese Kostenpauschale fällig, wenn ein Fehlalarm einen Feuerwehreinsatz auslöse.

Die GmbH akzeptierte den Gebührenbescheid nicht und bekam vom Verwaltungsgericht (VG) Koblenz Recht (3 K 376/17.KO). Um einen Fehlalarm gehe es hier nicht, so das VG. Wenn Kochgut auf einer versehentlich angelassenen Herdplatte anbrenne oder wenn sich Backwaren in einem Toaster verfingen, könne das zu erheblicher Rauchentwicklung führen.

Der Rauch könne ältere und gebrechliche Menschen gesundheitlich stark beeinträchtigen. Dass in so einer Situation die Brandmelder auslösten, entspreche ihrem Zweck und stelle keine Fehlfunktion dar. Schließlich könne aus so einem Missgeschick wirklich ein Brand entstehen.

Im Übrigen sei die in der Satzung fixierte Kostenpauschale unzulässig. Denn der Betrag richte sich nicht nach dem tatsächlichen Aufwand der Feuerwehr, d.h. nach dem Personal- und Sacheinsatz im konkreten Fall. Vielmehr orientiere sich die Höhe der Pauschale am Alarmplan, demzufolge bei Alarm 21 Feuerwehrleute und vier Fahrzeuge zum Einsatz kommen sollten. Tatsächlich seien aber zu den Seniorenzentren stets weniger als vier Feuerwehr-Fahrzeuge mit weniger als zehn Feuerwehrmännern ausgerückt. Auch deshalb seien die Kostenbescheide gegenstandslos.

Behinderte stürzt im Linienbus

Darf der Busfahrer erst anfahren, wenn die Frau einen Sitzplatz erreicht hat?

Eine 60-Jährige fuhr mit einem kommunalen Linienbus. Die Frau ist aufgrund eines Hüftleidens zu 100 Prozent schwerbehindert, was man ihr aber nicht anmerkt. Eine Gehhilfe benützt sie nicht. Beim Einsteigen in den Bus zeigte die Frau ihren Behindertenausweis vor, der auf der Rückseite das Zeichen G trägt: Das bedeutet "gehbehindert".

Sie setzte sich aber weder auf den Schwerbehinderten-Sitzplatz direkt hinter dem Fahrer, noch auf freie Sitzplätze neben dem Eingang. Die Frau ging vielmehr durch den Bus bis zum ersten Ausstieg. Bevor sie sich dort hinsetzen konnte, fuhr der Bus los. Dadurch verlor die Behinderte das Gleichgewicht, stürzte und erlitt einen Oberschenkelhalsbruch.

Vom Busfahrer und vom Arbeitgeber — den kommunalen Verkehrsbetrieben — forderte die Verletzte Schadenersatz und Schmerzensgeld, insgesamt 15.500 Euro. Der Busfahrer sei für den Unfall verantwortlich, meinte sie. Schließlich habe sie ihren Behindertenausweis vorgezeigt. Also hätte er mit dem Anfahren warten müssen, bis sie einen Sitzplatz eingenommen hatte.

Das Oberlandesgericht Hamm verneinte ein Verschulden des Busfahrers und wies die Klage der Frau ab (11 U 57/17). In erster Linie müssten Fahrer auf den Verkehr achten. Man könne nicht erwarten, dass sie immer alle zusteigenden Fahrgäste im Auge behalten. Dazu seien Busfahrer nur verpflichtet, wenn jemand offenkundig schwerbehindert sei und besondere Rücksichtnahme benötige. Das treffe hier aber nicht zu.

Die Frau sei ohne erkennbare Probleme in den Bus gestiegen und habe keinen der nahegelegenen, freien Sitzplätze eingenommen. Allein aus dem Ausweis habe der Fahrer nicht schließen müssen, dass sie sturzgefährdet sein könnte. Einen Behindertenausweis hätten z.B. auch gehörlose Menschen, die keinerlei Hilfe bräuchten, um sich in einem Bus festzuhalten und/oder einen Sitzplatz zu erreichen. Dass die Verletzte dem Fahrer die Ausweis-Rückseite mit dem "G" gezeigt habe, stehe nicht fest — er bestreite das.

Das könne letztlich aber offen bleiben. Generell müssten sich Fahrgäste in einem Bus oder in einer Straßenbahn sofort Halt verschaffen oder einen Sitzplatz suchen. Gehbehinderte Personen, die äußerlich nicht als solche zu erkennen seien, dürften sich nicht auf ihren Ausweis verlassen. Sie müssten den Busfahrer ausdrücklich auf ihre Situation aufmerksam machen und bitten, erst anzufahren, wenn sie einen Sitzplatz erreicht haben.

Falschparker blockiert Straßenbahn

Autofahrer wird dazu verurteilt, den "Schienenersatzverkehr" durch Taxis zu finanzieren

Ein Autofahrer hatte in Offenbach so dämlich geparkt, dass er den Linienverkehr der Straßenbahn von Offenbach in Richtung Frankfurt/Lokalbahnhof stoppte. Die Straßenbahn kam nicht mehr durch, deshalb wurde der Wagen später abgeschleppt. Um in der Zwischenzeit die Fahrgäste zu befördern, organisierten die kommunalen Verkehrsbetriebe einen "Schienenersatzverkehr" durch Taxis.

Für die Taxikosten von ca. 970 Euro forderte die kommunale Verkehrsgesellschaft Ersatz vom Falschparker: Das Personenbeförderungsgesetz verpflichte sie dazu, einen Schienenersatzverkehr einzurichten, wenn die Straßenbahn ausfalle.

Der Autofahrer weigerte sich zu zahlen. Begründung: Wenn sich die städtischen Verkehrsbetriebe mit dem Abschleppen nicht so viel Zeit gelassen hätten, hätte sein Wagen den Verkehr nur kurz behindert.

Mit diesem Argument kam der Falschparker beim Amtsgericht Frankfurt nicht durch (32 C 3586/16 (72)). Könne die Straßenbahn nicht mehr fahren, müsse die kommunale Verkehrsgesellschaft einen Schienenersatzverkehr einrichten, bis das störende Fahrzeug abgeschleppt sei. Wer den Straßenbahnverkehr blockiere, müsse die Folgen der Störung tragen, so das Amtsgericht.

Die vom Unternehmen vorgetragenen Fahrten durch Taxis seien nachweislich durchgeführt worden — und die Rechnungen dafür seien korrekt. Ein weniger aufwendiges Mittel als den Einsatz von Taxis gebe es in der Stadt nicht, um die Passagiere der blockierten Straßenbahn ans Ziel zu bringen.

Besitzer tiefer gelegter Autos klagt gegen Bodenschwellen

Autofahrer haben keinen "Verkehrssicherungsanspruch" gegen die Behörden

Der Besitzer zweier Fahrzeuge, die wegen der besseren Straßenlage tiefer gelegt waren, wohnte in einer verkehrsberuhigten Zone. Um zu erreichen, dass Autofahrer das hier geltende Tempolimit von 30 km/h beachten, hatte die Gemeinde zahlreiche Bodenschwellen verlegen lassen. Der Autobesitzer verklagte deshalb die Straßenbaubehörde: Sie müsse die Verkehrsberuhigungsmaßnahmen so umgestalten, dass er mit seinen Autos in Zukunft passieren könne, ohne Schäden an den Fahrzeugen zu riskieren.

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen erteilte ihm jedoch eine Absage (23 A 2097/93). Der Staat habe zwar die Pflicht, für die nötige Sicherheit im Verkehr zu sorgen. Daraus ergebe sich jedoch kein Recht für den einzelnen Bürger, die Behörden zu einem bestimmten Handeln zu zwingen.

Die Straßenbaubehörde sei lediglich den Interessen der Allgemeinheit verpflichtet und müsse sich außerdem an den finanziellen Möglichkeiten der Kommune orientieren. Bürger müssten sich darauf beschränken, den Staat oder die Kommune auf Schadenersatz zu verklagen, wenn behördliche Maßnahmen zu Schäden geführt hätten. Einen "Verkehrssicherungsanspruch" gebe es aber nicht.

Glatteisunfall auf dem Gehweg

Ein verletzter Münchner verklagt erfolglos eine Hauseigentümerin auf Schmerzensgeld

Am Unglückstag im Januar 2010 hatte Herr S in der Wohnung seiner Lebensgefährtin und heutigen Ehefrau übernachtet. Als er früh zur Arbeit ging, rutschte er auf dem Bürgersteig vor dem Haus auf einer Eisplatte aus. Herr S stürzte und brach sich den Knöchel. Der Winterdienst der Stadt München, die für den öffentlichen Gehweg zuständig ist, hatte ihn geräumt und gestreut — allerdings nicht über die ganze Breite bis zum direkt angrenzenden Hausgrundstück.

Die Hauseigentümerin hatte sich um den Gehweg nicht gekümmert, weil sie ihrer Meinung nach dazu nicht verpflichtet war. Der verletzte Münchner war da anderer Ansicht und verklagte die Vermieterin auf Schadenersatz und Schmerzensgeld. Doch die Klage blieb in allen Instanzen bis hin zum Bundesgerichtshof ohne Erfolg (VIII ZR 255/16).

Grundsätzlich müssten Hauseigentümer nur auf ihrem Grundstück räumen und streuen, insbesondere den Weg vom Hauseingang bis zum "öffentlichen Straßenraum", erklärten die Bundesrichter. Wenn die Stadt den Anliegern — Vermietern und Grundstückseigentümern — nicht die allgemeine Räum- und Streupflicht übertrage, seien diese nicht verpflichtet, über die Grundstücksgrenze hinaus Teile des öffentlichen Gehwegs zu räumen und zu streuen.

Herr S sei nicht auf dem Grundstück der Vermieterin gestürzt, sondern auf einem öffentlichen Bürgersteig. Da ihr die Stadt München den Winterdienst für den Gehweg nicht übertragen habe, sei die Hauseigentümerin dafür auch nicht zuständig. Für Mieter und Besucher sei es zumutbar, den schmalen, nicht geräumten Streifen des Gehwegs vorsichtig zu überqueren, um so heil den Teil des Weges zu erreichen, den der kommunale Winterdienst von Schnee und Eis befreit habe.

Flugblätter in der Fußgängerzone

Scientology braucht für das Verteilen von Werbeblättchen keine Sondergenehmigung

Das Amtsgericht hatte einen Mitarbeiter der "Scientology Kirche" wegen Ordnungswidrigkeit verurteilt, weil er in der Stuttgarter Königsstraße Flugblätter mit einem "Persönlichkeitstest" verteilt hatte. Der Amtsrichter wollte die Tätigkeit der Sekte wohl möglichst schon im Keim ersticken. Seiner Ansicht nach hätte die Werbeaktion für den bei Scientology üblichen Persönlichkeitstest nur mit "Sondererlaubnis" durchgeführt werden dürfen.

Das Oberlandesgericht Stuttgart sprach den Flugblattverteiler jedoch frei (1 Ss 218/95). Die Königsstraße liege in einer Fußgängerzone und diene daher nicht nur der Fortbewegung von Menschen. Sie sei auch eine Ruhezone, die Passanten das Verweilen und den Austausch von Informationen und Meinungen ermögliche. Diese "kommunikative Form der Straßennutzung" sei bei einer Fußgängerzone üblich und erfordere keine Sondererlaubnis. Dass sich um den Scientologen herum mehrere Menschen ansammelten, könne man auch nicht als Behinderung anderer Passanten bewerten, denn die Straße sei breit genug.

Metallrampe zu heiß für nackte Füße

Verbrennt sich ein Kleinkind im kommunalen Schwimmbad an den Fußsohlen, haftet die Gemeinde

Eltern besuchten mit ihrer knapp drei Jahre alten Tochter das kommunale Schwimmbad an einem kleinen Badesee. Um zu den Toiletten und Umkleidekabinen zu gelangen, mussten die Besucher eine Metallrampe überqueren. An dem heißen Sommertag war die Rampe in der Sonne extrem heiß geworden. Als die Eltern einen Moment nicht aufpassten, ging das Kleinkind spazieren und stieg auf die Metallrampe.

Sogleich ertönte lautes Heulen — die Tochter hatte sich die Fußsohlen am aufgeheizten Metall verbrannt. Die Eltern brachten das Kind auf der Stelle ins Krankenhaus, wo die Verbrennungen behandelt wurden. Von der Gemeinde forderten die Eltern Schmerzensgeld. Sie waren der Ansicht, dass die Kommune ihre Verkehrssicherungspflicht nicht erfüllt hatte: Die Metallrampe stelle eine Gefahrenquelle für alle Besucher des Schwimmbads dar, vor allem aber für Kinder.

Dass sich Metall bei Sonneneinstrahlung erhitze, sei allgemein bekannt, erklärten die Verantwortlichen in der Kommunalverwaltung. Derart offensichtliche Gefahren müssten sie nicht "entschärfen". Außerdem hätten die Eltern selbst ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt, sonst hätte das Kind nicht unbemerkt auf die Rampe steigen können. Gemäß ihrer kommunalen Satzung müsse die Gemeinde sowieso nur für vorsätzlich oder grob fahrlässig verursachte Schäden haften.

Das Landgericht Coburg beurteilte den Streit anders und verurteilte die Kommune zur Zahlung (23 O 457/16). Dass sich Metallplatten in der Sonne erhitzten, zähle in der Tat zum Allgemeinwissen, räumte das Landgericht ein. Allerdings nur für Erwachsene. Wie die Gemeinde selbst am besten wisse, werde der kommunale Badesee gerade von Kindern intensiv genutzt, die hier vorzugsweise barfuß herumliefen. Und für Kinder, zumal für Kleinkinder, sei die Gefahr durch die heiße Rampe eben nicht offenkundig.

Deshalb sei die Betreiberin des Schwimmbads verpflichtet, dieses Risiko zu beseitigen und dort z.B. Matten auszulegen. Mit dem Verweis auf ihre eigene Satzung könne sich die Kommune nicht entlasten, dafür fehle eine gesetzliche Grundlage. Sie müsse daher für die Folgen ihres Versäumnisses einstehen, auch wenn es hier "nur" um fahrlässiges Handeln gehe und nicht um Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit. Die Eltern treffe dagegen kein Vorwurf: Sie müssten das Kind im Schwimmbad nicht ständig an der Hand halten oder direkt bei ihm bleiben.

Gewaltspiele im "Laserdrom"

Nur Polizisten und Soldaten dürfen Töten simulieren - als Spiel verstößt das gegen die Menschenwürde

Ein merkwürdiges Freizeit-"Vergnügen": In einem so genannten "Laserdrom" simulierten die Spieler in wirklichkeitsnaher Weise Gewalt- und Tötungssituationen. Ausgestattet mit Laserzielgeräten, die aussahen wie Maschinenpistolen, konnten die Teilnehmer auf feststehende Ziele und auf Gegenspieler schießen. Dabei kam es nach den Spielregeln darauf an, den Gegner "auszuschalten".

Eine Aufsichtsbehörde hielt derartige Gewaltspiele für unzulässig und untersagte den weiteren Betrieb des "Laserdroms". Der Besitzer des Unternehmens wehrte sich erfolglos gegen das Verbot: Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen stellte sich auf die Seite der Behörde (5 B 3187/94).

Es sei grundsätzlich zu missbilligen, wenn im "Laserdrom" Spieler für den Nahkampf übten. Dazu seien nur Polizeibeamte oder Soldaten berechtigt. Ziel des Spieles sei es nämlich, den Gegner zu treffen und kampfunfähig zu schießen. Ein Unterhaltungsspiel, in dessen Zentrum das simulierte Töten von Menschen stehe, verstoße gegen die Menschenwürde. Das "Laserdrom" dürfe deshalb nicht mehr betrieben werden.

Unfall im Erlebnisbad

Plastikstuhl bricht unter übergewichtigem Besucher zusammen: Kommunale Schwimmbad-Betreiberin haftet dafür nicht

Der Besucher eines Erlebnisbades brachte 170 kg auf die Waage. Am Nachmittag nahm das Schwergewicht mit der Familie einen Imbiss in der Cafeteria des Schwimmbades ein. Dabei saß der junge Mann auf einem neuen Plastikstuhl. Als er aufstehen wollte, brach das linke hintere Stuhlbein ab: Der Besucher stürzte nach hinten und prallte mit dem Hinterkopf gegen einen Heizkörper.

Von der kommunalen Betreiberin des Schwimmbades forderte der Verletzte 60.000 Euro Schmerzensgeld. Sie hätte dafür sorgen müssen, dass die Stühle regelmäßig auf Schäden kontrolliert werden. Wenn die Plastikstühle für übergewichtige Personen ungeeignet seien, müsse die Schwimmbad-Betreiberin vor der Benutzung warnen oder wenigstens ein Mindestgewicht angeben, bis zu dem Besucher die Stühle gefahrlos benutzen könnten.

Das Oberlandesgericht Saarbrücken erklärte diese Forderungen für übertrieben und wies die Klage ab (4 U 149/16). Die Gemeinde habe für die Nass-Cafeteria handelsübliche Kunststoffstühle erworben, die für den Publikumsverkehr geeignet seien. Noch nie sei ein Stuhl im Erlebnisbad zusammengebrochen. Dabei seien der Verletzte und seine Familienangehörigen nicht die einzigen Schwergewichte, die das Schwimmbad regelmäßig besuchten.

Von einer besonderen Gefahrenlage könne also hier keine Rede sein. Das verwendete Stuhlmodell sei stabil genug, um Personen aller Gewichtsklassen zu tragen. Selbst wenn das nicht zuträfe, wäre die Gemeinde nicht verpflichtet, auf ein Maximalgewicht hinzuweisen: So eine Kennzeichnung gebe es weder in Bibliotheken, noch in Restaurants oder Cafeterien. Dazu seien nicht einmal Stuhlhersteller verpflichtet. Vom Käufer eines Stuhles weitergehende Angaben zu verlangen, sei völlig unrealistisch.

Das gelte auch für die Forderung, die Betreiberin müsse Plastikstühle regelmäßig kontrollieren lassen. Das könnten Besucher nicht erwarten. In erster Linie müsse das Badepersonal den Badebetrieb beaufsichtigen, gegebenenfalls erste Hilfe leisten und gewährleisten, dass Besucher die Vorschriften zum Badebetrieb einhalten. Mehr als eine tägliche Sichtkontrolle von Einrichtungsgegenständen sei daher unmöglich — und die finde statt.

"Reichsbürger" muss Waffen abgeben

Jagdschein weg: Anhänger der "Reichsbürgerbewegung" gelten als "waffenrechtlich unzuverlässig"

In einem bayerischen Landratsamt hatte der Jäger 2015 einen interessanten Auftritt hingelegt. Er fiel nicht "nur" durch äußerst aggressives Verhalten auf. Der Mann beantragte einen Staatsangehörigkeitsausweis, weil ein Personalausweis die deutsche Staatsangehörigkeit nicht bestätige. In den Antragsformularen gab er als Geburtsstaat und als Wohnort das "Königreich Bayern" an und erklärte, Deutscher sei er gemäß dem Reichsstaatsangehörigkeitsgesetz von 1913.

So kam in der Behörde der Verdacht auf, man habe es hier mit einem "Reichsbürger" zu tun: So nennen sich Personen, die annehmen, das Deutsche Reich bestehe fort. Sie bezweifeln die Existenzberechtigung der BRD und anerkennen ihre Institutionen nicht. Bei einer unangemeldeten Waffenkontrolle stellte sich zwar heraus, dass der Jäger seine 13 Waffen korrekt aufbewahrte. Trotzdem entzog ihm das Landratsamt den Jagdschein und widerrief die Waffenbesitzkarten.

Begründung: "Reichsbürger" seien waffenrechtlich als unzuverlässig einzustufen. Wer deutsche Gesetze prinzipiell nicht als verbindlich anerkenne, werde wohl auch die Vorschriften des Waffengesetzes nicht strikt befolgen.

Vergeblich wehrte sich der Mann gegen die Maßnahme und kritisierte die "behördliche Hexenjagd auf legale Waffenbesitzer": Das Verwaltungsgericht München billigte das Vorgehen des Landratsamtes (M 7 S 17.2906).

Zweck des Waffengesetzes sei es, beim Umgang mit Waffen und Munition die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu gewährleisten. Waffenbesitz sei mit großen Risiken verbunden: Daher werde er nur Personen zugestanden, bei denen damit zu rechnen sei, dass sie mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht korrekt umgehen. Wenn jemand abstruse politische Ansichten vertrete, rechtfertige das allein zwar nicht den Schluss, dass die Person das Waffengesetz ignorieren werde.

Allerdings sprächen Reichsbürger den Behörden der BRD grundsätzlich jede Legitimation ab, ständen ihrer Rechtsordnung ablehnend gegenüber. Deshalb seien durchaus Zweifel an der Rechtstreue des Jägers — und damit eben auch an seiner waffenrechtlichen Zuverlässigkeit — angebracht. Offenkundig habe er sich die Ideologie der Reichsbürgerbewegung zu Eigen gemacht. Andernfalls hätte sich der Mann bei seinem Antrag auf den Staatsangehörigkeitsausweis nicht auf das Gesetz von 1913 berufen.

Todessturz beim Wandern

Gemeinde muss für einen Unfall durch ein instabiles Holzgeländer an ihrem kommunalen Wanderweg haften

Im Herbsturlaub war ein Ehepaar auf dem "Premiumwanderweg Der Bergener" der Gemeinde Losheim unterwegs. An einer Raststätte machten die Wanderer eine kurze Pause. Sie liegt an einer steilen Felskante, die die Kommune mit einem Geländer aus Baumstämmen und Ästen abgesichert hatte. Sehr unzulänglich, wie auf tragische Weise offenkundig wurde: Als sich der Ehemann auf dem Geländer abstützte, gab es nach und er stürzte ca. zehn Meter kopfüber in die Tiefe.

Dabei erlitt der Wanderer tödliche Verletzungen. Zwei für die Wartung zuständige Gemeindebedienstete wurden wegen fahrlässiger Tötung zu Geldstrafen verurteilt, weil das Geländer bekanntermaßen instabil gewesen war. Die Witwe verklagte die Gemeinde und die zwei Bediensteten zudem auf Schadenersatz.

Gemeinsam müssten sie der Frau Beerdigungskosten und Unterhaltsausfall ersetzen (rund 53.000 Euro), urteilte das Oberlandesgericht Saarbrücken (4 U 19/17). Denn sie seien für den tödlichen Sturz des Wanderers verantwortlich.

Das von der Gemeinde an der Steilkante aufgestellte Geländer sei nicht standsicher gewesen, stellte das Gericht fest: Es sei zum einen fehlerhaft gebaut worden. Zum anderen sei das Holz teilweise schon morsch gewesen. Die zuständigen Gemeindebediensteten hätten darüber Bescheid gewusst. Dennoch hätten sie das instabile Geländer nicht instand gesetzt. Die Verantwortlichen hätten zumindest die Gefahrenstelle absichern oder Warnschilder aufstellen müssen.

"Laubwolke" als Unfallursache?

Kommunale Straßenreiniger sollen Autofahrerin mit Laubbläser erschreckt haben

Eine Autofahrerin war mit dem VW Golf ihres Mannes unterwegs und passierte in einer schmalen Fürther Nebenstraße eine Bushaltestelle. Hier reinigten gerade städtische Mitarbeiter mit Kehrmaschine und Laubbläser den Gehsteig von Herbstlaub. Warum die Frau dort gegen ein geparktes Auto fuhr, blieb letztlich ungeklärt.

Jedenfalls behauptete ihr Mann, der Unfall sei auf die kommunalen Reinigungsarbeiten zurückzuführen. Die Reinigungstruppe habe eine "Laubwolke" vor die Windschutzscheibe des Wagens geblasen. Daher habe seine Frau plötzlich nichts mehr gesehen und sei außerdem so erschrocken, dass sie das Lenkrad verrissen habe. Nur aus diesem Grund sei sie auf das geparkte Auto aufgefahren. Der Kfz-Halter forderte von der Stadt Fürth rund 4.400 Euro Schadenersatz.

Mit seiner Klage gegen die Kommune hatte er beim Landgericht Nürnberg-Fürth jedoch keinen Erfolg (4 O 6465/17). Dass wirklich eine Laubwolke den Unfall ausgelöst habe, sei nicht nachgewiesen, stellte das Landgericht fest. Trotzdem formulierte es deutliche Kritik an "fehlenden Sicherungsmaßnahmen" der städtischen Reinigungstruppe.

Die Straßenreiniger hätten es versäumt, Schilder oder Warntafeln aufzustellen, um die Verkehrsteilnehmer auf die Reinigungsarbeiten aufmerksam zu machen. Auch sei der Abstand zwischen dem Laubbläser und der nachfolgenden Kehrmaschine zu groß gewesen. Wer einen Laubbläser einsetze, müsse auch Vorkehrungen treffen, um Gefahren für andere zu vermeiden.

"Treitschke" soll weg

Nürnberg will einen antisemitischen Historiker aus den Straßennamen tilgen

Die Stadt Nürnberg benannte die "Treitschkestraße" in "Steuerwald-Landmann-Straße" um. Begründung: Dem Historiker Heinrich von Treitschke wird der Satz "Die Juden sind unser Unglück" und andere antisemitische Äußerungen zugeschrieben. Einige Anwohner wehrten sich gegen die Änderung und zogen vor das Verwaltungsgericht, um den neuen Straßennamen zu verhindern.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte gegen die Umbenennung nichts einzuwenden (8 B 94.2062). Gemeinden seien unter rechtlichen Gesichtspunkten frei, Straßennamen zu verleihen oder zu ändern, z.B. um verdiente Bürger oder Bürgerinnen zu ehren und örtliche Traditionen zu pflegen. Die Kosten neuer Visitenkarten etc. seien für die Anwohner zumutbar; die letzte Änderung liege immerhin 50 Jahre zurück.

Die Anlieger hätten kein Recht auf bestimmte Straßennamen. Die Gemeinde dürfe allerdings keine "unzumutbaren Namen" wählen, weil die Anwohner zur Identifizierung ihre Anschrift angeben müssten. Das sei aber die einzige Einschränkung. Anspruch auf "schöne", "passende" oder "althergebrachte" Namen hätten die Anlieger nicht. Im konkreten Fall liege zudem ein überzeugender, sachlicher Grund für die Umbenennung vor: Immerhin werde der aktuelle Träger des Straßennamens mit der NS-Weltanschauung in Verbindung gebracht.

Wegsperre im Naturschutzgebiet

Gemeinde wehrt sich im Interesse der Erholung suchenden Bürger

Das holsteinische Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume sperrte einen Wirtschaftsweg durch ein Naturschutzgebiet in Nordfriesland. Das 260 Hektar große, umzäunte Gebiet gehört dem Bundesland Schleswig-Holstein, besteht aus Feuchtgrünlandflächen und einem schmalen Wattstreifen in der Nähe der Eider. Auf den Grünflächen halten private Pächter Galloway-Rinder.

Parallel zum Eiderdeich verläuft durch das Naturschutzgebiet eine Betonspurbahn, die in erster Linie dem Transport von Tieren und Futtermitteln durch die Pächter dient. Früher wurde der Wirtschaftsweg auch eifrig von Radfahrern und Spaziergängern genutzt, die jedoch seit einigen Jahren auf den Eiderdeich ausweichen müssen: Wegen der Galloway-Bullen wurde die Betonspur sicherheitshalber teilweise gesperrt.

2015 ordnete das Landesamt an, den Weg für fünf Jahre ganz zu sperren, um so das "Areal zu beruhigen" und Störungen empfindlicher Wiesenvögel auszuschließen. Nur noch Pächter mit Sondererlaubnis dürften ihn benutzen.

Hier handle es sich um ein wichtiges Brut- und Rastgebiet für Wiesenvögel, Watt- und Wasservögel. Der Bestand an bedrohten Wiesenvogelarten habe sich ab 2000 reduziert und erst wieder erholt, seit die Wegenutzung 2013 eingeschränkt worden sei. Auch durchziehende nordische Nonnengänse suchten die Nahrungsplätze jenseits der landwirtschaftlich genutzten Flächen nur auf, wenn der Weg nicht von Fußgängern oder Radfahrern frequentiert werde.

Vergeblich klagte die benachbarte Gemeinde im Interesse der Erholungsuchenden und Freizeitsportler gegen die Wegsperre. Der Schutz von Natur und Landschaft liege im öffentlichen Interesse, erklärte das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht (1 A 6/16). Die Gemeinde sei für das Gebiet nicht zuständig, auch wenn es zum Teil auf ihrer Fläche liege. Werde eine Fläche unter Naturschutz gestellt, sei sie der kommunalen Planung entzogen. Auf ihre Ideen, wie das Naturschutzgebiet genutzt werden sollte, komme es daher nicht an.

Laut Bundesnaturschutzgesetz sei es zwar allen Menschen gestattet, sich in der freien Landschaft zu erholen. Auch Naturschutzgebiete könnten der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden. Aber nur, soweit es der Schutzzweck erlaube — also von vornherein mit Einschränkungen. Das Landesamt habe die naturschutzfachlichen Gründe für die Wegsperre umfassend erläutert. Sie hätten Vorrang vor etwaigen Belangen der Kommune und der Freizeitsportler. Die Maßnahme sei notwendig und verhältnismäßig.

Höllenlärm am kommunalen Grillplatz

Gemeinde haftet nicht für Ruhestörung durch Missbrauch ihres Freizeitangebots

Hauseigentümer P legte sich mit der Gemeinde an. Dabei ging es um einen kommunalen Grillplatz, der etwa 600 Meter von seinem Wohnhaus entfernt liegt. Immer wieder einmal wurde dort nachts elektronisch verstärkte Musik gespielt. Die Kommune hatte mehrmals Bußgeld gegen die Übeltäter verhängt, danach nahmen die nächtlichen Ruhestörungen ab.

Dennoch verklagte Hauseigentümer P die Gemeinde und forderte, sie müsse den Spuk beenden und den Grillplatz bewachen oder absperren. Der komfortable Grillplatz lade geradezu dazu ein, sich gemütlich niederzulassen und lautstark zu feiern, fand Herr P. Beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg scheiterte seine Klage (10 S 2264/16).

Die Kommune sei für die zweckwidrige Nutzung ihres Grillplatzes nicht verantwortlich, so der VGH. Auf dem Grillplatz elektronische Musikanlagen und Instrumente einzusetzen, habe nichts mit dessen eigentlicher Bestimmung zu tun. Es handle sich um störenden Missbrauch kommunaler Einrichtungen, wie er auf jedem öffentlichen Platz vorkommen könne.

Zudem habe die Gemeinde alle möglichen Gegenmaßnahmen ergriffen, um den nächtlichen Lärm zu verhindern. Auf Schildern werde am Grillplatz auf die unbedingte Nachtruhe ab 22 Uhr hingewiesen und auf das Verbot, dort Musik auf elektronisch verstärkten Anlagen zu spielen. Bei Verstößen gegen das Verbot habe die Kommune Bußgelder verhängt.

In den letzten Jahren habe es daher nur noch wenige Ruhestörungen gegeben und die seien sofort von der Polizei abgestellt worden. Da der Grillplatz nur noch vereinzelt "zweckentfremdet" werde, wäre es unverhältnismäßig, die Kommune zu verpflichten, diese Freizeiteinrichtung rund um die Uhr zu bewachen oder stillzulegen.

Autounfall durch Glatteis

Kommunen sind auf abgelegenen Straßen mit wenig Verkehr nur eingeschränkt zum Winterdienst verpflichtet

Die kurvige Straße "Horringhausen" liegt außerhalb der Stadt Lüdenscheid und schließt nur wenige Häuser an das Straßennetz an. Hier ereignete sich an einem Januar-Nachmittag ein Autounfall. An einer vereisten, abschüssigen Stelle verlor eine Autofahrerin die Kontrolle über den Wagen. Er kam von der Straße ab, überschlug sich und blieb auf der Seite liegen. Die Stadt hatte die Straße nicht gestreut, obwohl eine Anwohnerin etwa zwei Stunden vor dem Unfall angerufen und wegen Glatteis den Winterdienst angefordert hatte.

Der Kfz-Halter, Ehemann der Autofahrerin, verklagte die Kommune auf Schadenersatz für die Reparaturkosten von 11.300 Euro: Sie habe am Unfalltag nicht geräumt und gestreut und damit ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt. So sah es auch das Landgericht und verurteilte die Stadt zu Schadenersatz. Doch beim Oberlandesgericht (OLG) Hamm hatte die Kommune mit ihrer Berufung Erfolg (11 U 17/16).

Die Straße "Horringhausen" liege außerhalb der geschlossenen Ortschaft und sei wenig befahren, stellte das OLG fest. Bei allgemeiner Glätte müssten Kommunen zunächst viel befahrene ("verkehrswichtige") Straßen an gefährlichen Stellen streuen. Erst danach seien weniger bedeutende Straßen und Wege zu sichern. Außerhalb geschlossener Ortslagen sei Winterdienst nur an erkennbar besonders gefährlichen Stellen vorgeschrieben. Deshalb habe das Straßenreinigungsamt trotz des Anrufs den Winterdienst zunächst woanders durchgeführt. Das stelle keine Pflichtverletzung dar.

Müsste die Kommune in diesem hügeligen Gemeindegebiet eine Vielzahl kaum befahrener Straßen streuen, wäre das ein unzumutbarer Aufwand. Anwohner solcher Straßen müssten sich den winterlichen Verhältnissen anpassen, entweder Schneeketten anlegen oder zu Fuß gehen. Im Übrigen sei es für vorsichtige Verkehrsteilnehmer auch am Unfalltag möglich gewesen, auf der "Horringhausen" den Gefahrenstellen auszuweichen. Anderen Anwohnern sei es vor und nach dem Unfall gelungen, die nicht gestreute Straße unfallfrei zu befahren.

Decke einer Mehrzweckhalle eingestürzt

Bauunternehmer und Architekt haften für stümperhaft mit Nägeln befestigte Hallendecke

Angesichts der auch für einen Laien erkennbar falschen Befestigung einer Decke mit glatten, senkrecht von unten hinein getriebenen Nägeln war es erstaunlich, dass die komplette Decke einer kommunalen Mehrzweckhalle erst acht Jahre nach der Einweihung herunterkam. Die Gemeinde verklagte nicht nur die Baufirma, sondern auch den für die Überwachung des Baus verantwortlichen Architekten auf Schadenersatz.

Dieser wehrte sich: Er habe sich darauf verlassen dürfen, dass der Bauunternehmer auch die Arbeiten an Dach und Hallendecke "handwerksgerecht" ausführen würde. Nach dem Urteil des Oberlandesgerichts Celle entgeht der Architekt jedoch nicht der Haftung (6 U 194/92). Er hätte die Deckenbefestigung wenigstens stichpunktartig kontrollieren müssen, hielt ihm das Gericht vor.

Das sei schließlich ein kritischer, weil für die Statik des Gebäudes entscheidender Bauabschnitt. Dass Decken unsachgemäß befestigt werden, komme in der Baubranche auch nicht gerade selten vor. Damit habe der Architekt durchaus rechnen müssen. Die Richter verwiesen auf ihre einschlägige Erfahrung in mehreren Prozessen, in denen es um den Einsturz ähnlicher Deckenkonstruktionen gegangen war.

Zwangsräumung 13 Jahre aufgeschoben

Kommunale Vermieterin wartet zu lange und verwirkt so ihr Recht auf Räumung

Eine Gemeinde bei München hatte im Jahr 2000 eine kommunale Wohnung an ein Ehepaar mit zwei Kindern vermietet. Von Anfang an zahlten die Mieter unpünktlich. Schließlich kündigte die Gemeinde aus diesem Grund das Mietverhältnis. Im Mai 2003 erklärte das Amtsgericht wegen der Mietrückstände von 3.671 Euro eine Räumung für rechtens.

Trotzdem sah die Gemeinde von der Zwangsräumung ab, weil sich die Eltern- und Jugendberatungsstelle des Landratsamts für die Familie einsetzte. Die Berater fürchteten, die Kinder der Mieter würden durch einen Umzug "entwurzelt". Die Tochter wurde damals sozialpädagogisch betreut. Der kleine Sohn hatte nach einigen Problemen in der örtlichen Grundschule gerade erst zu einem regulären Schulalltag gefunden.

Auch nach dem Räumungsurteil zahlte das Ehepaar nur unregelmäßig und unvollständig Miete. Trotzdem war die Gemeinde sehr geduldig. Erst im März 2016 mahnte die Vermieterin die Mieter, die Zahlungsrückstände auszugleichen. "Nach Durchsicht der Mieterkonten" fehle die "Soll-Miete für Januar, Februar und März", schrieb die Gemeinde. Ende 2016 beauftragte sie einen Gerichtsvollzieher damit, die Wohnung zu räumen.

Dagegen klagten nun die Mieter und hatten mit ihrer "Vollstreckungsabwehrklage" beim Amtsgericht München Erfolg (424 C 26626/16). Die Gemeinde habe ihr Recht verwirkt, das Urteil von 2003 umzusetzen und die Wohnung räumen zu lassen, stellte das Amtsgericht fest. 2003 habe sie das Urteil auf Anraten der Eltern- und Jugendberatungsstelle nicht durchgesetzt, wenngleich das als Aufschub und nicht auf Dauer gedacht war. Danach habe die Vermieterin jedoch über ein Jahrzehnt nichts unternommen.

Deshalb hätten die Mieter nicht damit rechnen müssen, dass die Gemeinde nun doch die Räumung verlange. Vielmehr habe selbst die schriftliche Abmahnung das Ehepaar noch in dem Glauben bestärkt, dass die Vermieterin darauf verzichte. Immerhin sei da von "Mieterkonten" die Rede und von "Soll-Miete". Die Gründe, die die Gemeinde seinerzeit bewogen, die Zwangsräumung aufzuschieben, bestünden schon lange nicht mehr. Dennoch habe sie daraus keine Konsequenzen gezogen und das Räumungsurteil nicht vollstreckt. Also durften die Mieter darauf vertrauen, dass die Gemeinde weiterhin so verfahre.

Mountainbiker stürzt über Stacheldraht

Gemeinde und Jagdpächter haften für einen Radunfall aufgrund einer schlecht markierten Drahtsperre

Ein unbefestigter Feldweg nahe der Gemeinde B endete am Waldrand. Dort hatte schon vor Jahrzehnten der frühere Jagdpächter mit dem Einverständnis der Gemeinde eine Absperrung errichtet: ein so genanntes Ziehharmonika-Heck. Zwei verzinkte Stacheldrähte, gespannt zwischen zwei Holzpfosten. Ein Schild wies auf das Fahrverbot für Kraftfahrzeuge hin. Die Gemeinde wollte mit der Drahtsperre illegales Müllabladen am Waldrand eindämmen, der Jagdpächter eine Ruhezone für das Wild schaffen.

Im Sommer 2012 wurde sie einem Bundeswehroffizier zum Verhängnis, der mit seinem neuen Mountainbike die Gegend erkundete. Er bemerkte den quer über den Weg gespannten Stacheldraht zu spät. Kopfüber stürzte der Radfahrer über die Drähte und blieb daran hängen. Da er in Klickpedalen festhing, zog er das Fahrrad hinterher, das schließlich auf ihm liegen blieb. Stunden später fand ihn ein Jagdpächter und alarmierte Krankenwagen und Polizei.

Seit dem Unfall ist der Offizier querschnittgelähmt und pflegebedürftig. Sein Dienstherr, die Bundesrepublik Deutschland, übernahm Behandlungs- und Pflegekosten. Von der Gemeinde und den Jagdpächtern forderte der Staat Schadenersatz, er machte sie für den Unfall verantwortlich: Die schlecht sichtbare Absperrung sei für Radfahrer geradezu eine Falle. Beim Oberlandesgericht Schleswig erreichte die BRD jedoch nur einen Teilerfolg (7 U 28/16).

Die Gemeinde sei für die Sicherheit der Straßen und Wege auf ihrem Gebiet zuständig. Der Bürgermeister habe die Drahtsperre geduldet und sie sogar regelmäßig kontrolliert. Auch die Jagdpächter seien dafür verantwortlich, denn die Drahtsperre sollte als "jagdliche Einrichtung" eine Wild-Ruhezone sichern. Die Pächter hätten bei der Jagd hier ihren Wagen abgestellt und die Sperre regelmäßig genutzt. Auch ihnen hätte auffallen müssen, wie riskant sie war.

Tatsächlich habe man den Stacheldraht erst aus ca. zehn Metern Entfernung erkennen können — eine offenkundige Gefahrenquelle für Radfahrer. Statt Draht hätte man hier rot-weiß markierte Balken oder ähnlich auffälliges Material verwenden müssen. Dass hier lange nichts passiert sei, entlaste die Verantwortlichen nicht: Freizeitsport wie "Biken" auf Feld- und Waldwegen nehme seit Jahren zu, gerade in der Nähe von Großstädten wie Hamburg. Mit "Bikern" müsse man hier also rechnen.

Allerdings müssten die Verantwortlichen nur ein Viertel des Schadens gemeinsam tragen, weil der Verunglückte den Unfall überwiegend selbst verschuldet habe. Er sei mindestens 16 km/h gefahren, in unbekanntem Gelände zu schnell. Zudem habe sich der Radfahrer mit dem Bremsverhalten seines neuen Mountainbikes nicht richtig vertraut gemacht.

Das "Cube" sei ein Sportgerät mit "hoher Überschlagsneigung" bei starkem Bremsen (wegen der hydraulischen Scheibenbremsen). Wäre der Offizier mit nur 13 km/h unterwegs gewesen, hätte er ohne Vollbremsung vor dem Stacheldraht anhalten können. Auch eine geringfügige Gewichtsverlagerung auf dem Sattel nach hinten hätte ausgereicht, um den Überschlag zu vermeiden.

Müllcontainer zerstört Auto

Arbeitgeberin haftet für Sturmschaden am Arbeitnehmer-Auto, wenn das Betriebsgelände unzureichend gesichert war

Während der Arbeitszeit parkte der Arbeitnehmer sein Auto wie immer auf dem Betriebshof der Kommune, seiner Arbeitgeberin. Das war den Mitarbeitern erlaubt. Am Tag, als der Sturm kam, hätte der Mann den Wagen wohl besser anderswo abgestellt. Der Sturm tobte nämlich so heftig, dass er einen Müllcontainer gegen das Auto des Arbeitnehmers wirbelte. Der Wagen hatte hinterher nur noch Schrottwert (juristisch formuliert: wirtschaftlicher Totalschaden).

Die Kfz-Teilkaskoversicherung überwies dem Arbeitnehmer die Differenz von Wiederbeschaffungswert und Restwert, nämlich 1.380 Euro. Anschließend verlangte das Versicherungsunternehmen diesen Betrag von der Kommune ersetzt. Während das Arbeitsgericht die Klage abwies, setzte sich die Versicherung beim Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf durch (9 Sa 42/17).

Das Versicherungsunternehmen könne sich bei der Arbeitgeberin schadlos halten, so das LAG, weil die Kommune ihre Verkehrssicherungspflicht fahrlässig verletzt habe. Schon Tage vorher habe es eine Sturmwarnung vor dem Tief "Zoran" gegeben. Daher hätte die Kommune Mitarbeiter anweisen müssen, das Betriebsgelände zu inspizieren, mögliche Gefahrenquellen festzustellen und Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen.

Dass bei der letzten Leerung des Großmüllbehälters die Feststellbremsen angezogen wurden, reichte nicht aus. Der Container hätte am Tag des Sturms kontrolliert werden müssen. Zwischen dem parkenden Auto und dem Müllcontainer habe zudem ein Tor offen gestanden, das man ohne weiteres hätte schließen können. Angesichts einer Windgeschwindigkeit von 85 km/h (= Windstärke 9) könne sich die Arbeitgeberin auch nicht mit dem Argument entlasten, dass Sicherungsmaßnahmen ohnehin nichts gebracht hätten.

Dem Arbeitnehmer sei kein Mitverschulden vorzuwerfen. Er habe seinen Wagen beim Arbeitsbeginn morgens um 7 Uhr auf dem Betriebshof geparkt und sei den ganzen Tag im Außeneinsatz unterwegs gewesen. Wenn das Gelände den Mitarbeitern offiziell als Parkplatz zur Verfügung gestellt werde, dürften diese auch darauf vertrauen, dass die Arbeitgeberin die erforderlichen Maßnahmen ergreife, um dort geparkte Autos zu sichern.