Gastschüler wird vom Gastschulunternehmen vorzeitig aus den USA nach Hause geschickt
Ein Jahr lang, von August 2010 bis Juni 2011, sollte der Gymnasiast in den USA die Schule besuchen und bei Gasteltern wohnen. Seine Eltern hatten mit einem Unternehmen A, das solche Studienaufenthalte im Ausland organisiert und vermittelt, einen Gastschulvertrag abgeschlossen.
Regel Nr. 2 der A-GmbH lautet: "Die Einnahme von Drogen
ist ohne Ausnahme strengstens untersagt." Allgemein gilt: Schüler, die sich nicht an die A-Regeln, die Regeln der Gastfamilie oder an lokale/nationale Gesetze halten, können vom akademischen Auslandsjahr ausgeschlossen und auf eigene Kosten nach Hause geschickt werden.
Im April 2011 kontrollierte die Schule den Rucksack des deutschen Schülers, als er zu spät aus der Pause zurückkam. In einem Seitenfach versteckt fand sich ein Joint, ein Zigarettenstummel mit Marihuana-Resten. Sein Pullover im Rucksack roch nach Marihuana. Der Junge behauptete, den Joint habe er für einen Freund aufbewahrt. Er unterzog sich freiwillig einem Drogentest, der keinen Nachweis für Drogenkonsum ergab.
Dennoch kündigte das Gastschulunternehmen den Vertrag und setzte den Jungen ins Flugzeug nach Hause. Vergeblich schalteten die Eltern einen Anwalt ein, um das zu verhindern. Eigentlich hatten sie geplant, den Sohn am Ende des Gastschuljahres bei der Gastfamilie abzuholen und gemeinsam in Amerika Urlaub zu machen.
Für die zusätzlichen Kosten durch die vorzeitige Heimreise verlangte der Vater Schadenersatz von der A-GmbH: Sie hätte wegen so einer Bagatelle den Vertrag nicht kündigen dürfen, meinte er. Der winzige Drogenrest habe offenkundig nicht seinem Sohn gehört. Das Oberlandesgericht Frankfurt wies die Klage ab (16 U 231/12).
Auf die Menge der verbotenen Substanz komme es hier nicht an — die hätte weder in den USA noch in Deutschland für ein Strafurteil ausgereicht. Gastschülern sei aber jeder Drogenbesitz verboten und das habe der Junge gewusst. Für die A-GmbH sei es nicht zumutbar, unter diesen Umständen am Gastschulvertrag festzuhalten. Sie trage als Gastschulunternehmen, neben den Gasteltern, erzieherische Mitverantwortung für die minderjährigen Schüler.
Während eines Auslandsaufenthalts könnten die Eltern auf die Jugendlichen keinen Einfluss nehmen. Sie müssten sich darauf verlassen, dass das Unternehmen seine Aufsichtspflicht erfüllt. Dass Gastschüler die Regeln befolgten, liege in ihrem Interesse, aber auch in dem der A-GmbH. Schließlich hänge der Erfolg ihrer Geschäftstätigkeit davon ab, dass die potenziellen Kunden (Eltern und Gasteltern) auf ihre Vertragstreue und Zuverlässigkeit vertrauten.
Das gelte auch und vor allem für den Umgang mit Drogen: Für Eltern, die ihrem Kind ein Gastschuljahr in den USA finanzierten, sei das ein wichtiges Kriterium bei der Auswahl eines Gastschulunternehmens. Verstoße ein Gastschüler gegen die Regeln, zerstöre dies das Vertrauensverhältnis, das für die Abwicklung des Vertrags nötig sei.