Jugend und Ausbildung

Mutter schickt den Sohn nicht zur Schule

Gefängnisstrafe - wegen hartnäckigen Verstoßes gegen die Schulpflicht

Von ihrem Ehemann lebt die Frau getrennt, um ihre Söhne kümmerte sie sich nicht. Zumindest, was deren Schulbesuch betraf. Schon als Zwölfjähriger fing der Jüngste - nennen wir ihn Paul - an, die Schule zu schwänzen. Wenn er doch erschien, störte er den Unterricht, beleidigte Lehrer und Mitschüler. Auf Gespräche mit der Schule oder Kooperation mit dem Jugendamt ließen sich die Eltern trotz zahlreicher Angebote nicht ein.

Mit 15 Jahren ging Paul kaum noch in die Schule. Er hatte den Wissensstand eines Sonderschülers der vierten Klasse, obwohl er altersgemäß die neunte Klasse hätte besuchen müssen. 2009 wurde Paul zum ersten Mal straffällig. Die Mutter wurde wegen Verstoßes gegen die Schulpflicht zu Geldstrafe und Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt - ohne Effekt.

Das Familiengericht entzog den Eltern das Sorgerecht für Paul, der zwischendurch monatelang "von zuhause abgehauen" war. Weil sich die Mutter auch danach "vorsätzlich und hartnäckig" nicht um den Schulbesuch scherte, brummte ihr das Landgericht schließlich die Höchststrafe auf, ein halbes Jahr Gefängnis ohne Bewährung.

Das Oberlandesgericht Frankfurt wies ihre Berufung zurück und bestätigte die Sanktion (2 Ss 413/10). Wenn Eltern ihren Kindern die Teilnahme an Bildungsmöglichkeiten vorenthielten, beeinträchtige dies die Entwicklung ihrer Persönlichkeit erheblich. Es stelle einen aktiven Verstoß gegen die Schulpflicht dar, wenn sie die Kinder mehr oder weniger sich selbst überließen und sich nicht um den Schulbesuch kümmerten.

Nur in gravierenden Fällen - wenn Eltern das Wohl ihrer Kinder ernsthaft gefährdeten - werde solches Fehlverhalten strafrechtlich geahndet. Da hier aber alle milderen Mittel (Zwangstransport des Kindes in die Schule, teilweiser Entzug des Sorgerechts, Anordnung einer Pflegschaft durch das Jugendamt etc.) erfolglos geblieben seien, habe das Landgericht zu Recht die Höchststrafe verhängt.

"Klimaschützer unter sich"

Atomforum darf für AKWs nicht mit einem Foto von Windkraftanlagen werben

Zu der lebhaften öffentlichen Diskussion um die Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke, die im Herbst 2010 beschlossen wurde, leistete auch das Deutsche Atomforum einen Beitrag. Um die Umweltfreundlichkeit der Kernenergie zu unterstreichen, benutzte man kurzerhand konkurrierende Stromerzeuger aus dem Bereich der Erneuerbaren Energien.

Ein Werbeplakat zeigte ein Bild des Kernkraftwerks Unterweser, davor vier Windräder des Windkraftanlagenherstellers Enercon. Die Überschrift lautete: "Klimaschützer unter sich. Kernkraftwerk Unterweser und Windenergie: CO2-Ausstoß = Null". Diese Art von Wertschätzung passte dem Unternehmen Enercon überhaupt nicht: Es klagte auf Unterlassung.

Zu Recht, wie das Landgericht Berlin entschied (91 O 35/11). Denn die Werbung sei irreführend und durch das Grundrecht auf Meinungsfreiheit nicht gedeckt. Das Plakat bilde ein AKW zusammen mit Windrädern ab und vereinnahme auf diese Weise unzulässig die guten Eigenschaften von Windenergie für die Kernkraft.

Das Landgericht bestätigte mit dem Urteil eine einstweilige Verfügung vom Dezember 2010 gegen das Atomforum und verbot ihm endgültig, künftig das Plakat oder Werbeanzeigen mit diesem Bild zu verbreiten oder öffentlich auszustellen. (Das Deutsche Atomforum hat angekündigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen.)

Kindertagesstätte kündigt Betreuungsvertrag

Eine Kündigungsfrist von drei Monaten ist nicht zu beanstanden

Ab Herbst 2007 besuchte der (jetzt fünf Jahre alte) Sohn berufstätiger Eltern eine Münchner Kindertagesstätte mit Ganztagsbetreuung. Das Kind leidet an hochgradiger Allergie. In der Kindertagesstätte deponierten die Eltern deshalb eine Notfallkiste für ihn mit verschiedenen Medikamenten und einem Notfallpass. Ende März 2011 kündigte die Kindertagesstätte den Betreuungsvertrag zum 30. Juni, ohne dies zu begründen.

Dagegen klagten die Eltern: Die Kündigungsfrist von drei Monaten (die allerdings im Betreuungsvertrag so vereinbart war) sei zu kurz. Zudem sollten Kinder aus pädagogischen Gründen die gesamte Kindergartenzeit in einer Einrichtung verbringen. Im Übrigen sei die Kündigung schon deswegen rechtsmissbräuchlich, weil sie letztlich wegen der Allergie und den damit verbundenen Umständen ausgesprochen worden sei. Darüber hätten die Betreuer aber von Anfang an Bescheid gewusst.

Die Kindertagesstätte hielt jedoch das Risiko eines allergischen Schocks für zu groß für die Mitarbeiter. Und die vereinbarte Kündigungsfrist sei wesentlich länger als die gesetzlich vorgeschriebene von zwei Wochen.

So sah es auch das Amtsgericht München: Die Kündigung sei wirksam (222 C 8644/11). Gemäß dem bürgerlichen Gesetzbuch könnten Dienstverträge ohne Angabe von Gründen in den ersten zwei Wochen jedes Monats bis zum Monatsende gekündigt werden. Die Kündigungsklausel im Betreuungsvertrag sehe eine großzügigere Regelung vor und gelte für beide Seiten. Das sei nicht zu beanstanden.

Ein Wechsel der Kindertagesstätte sei nicht ideal, aber zu verkraften. Anders als in der Schule gebe es kein "Kindergartenjahr", das es für den Jungen zwingend notwendig machen würde, in der Einrichtung zu bleiben. Kindergartenplätze seien zwar in München ein knappes Gut. Da der Junge aber über drei Jahre alt sei, hätten die Eltern einen Rechtsanspruch auf einen anderen Kindergartenplatz. Die Kündigungsregelung benachteilige sie daher nicht unangemessen.

Tochter betreut eigenes Kind ...

... und beginnt erst danach ein Studium: Damit verwirkt sie nicht den Ausbildungsunterhalt

2001 hatte die 20-Jährige das Abitur gemacht und anschließend ein freiwilliges soziales Jahr geleistet. Anfang 2003 bekam die unverheiratete junge Frau ein Kind, das sie dreieinhalb Jahre betreute. Ab Oktober 2006 studierte sie Sozialpädagogik und schloss das Studium 2009 ab. Da ihr (geschiedener) Vater keinen Ausbildungsunterhalt zahlte, bekam sie vom BAföG-Amt 585 Euro monatlich als Vorschuss. Vom Vater des Kindes erhielt die Studentin kein Geld.

Ihren eigenen Vater verklagte sie auf Unterhalt, um die Schuldenlast beim BAföG-Amt zu reduzieren. Er müsse der Tochter nachträglich 206 Euro pro Monat zahlen, entschied das Oberlandesgericht Frankfurt. Der Bundesgerichtshof (BGH) bestätigte das Urteil (XII ZR 127/09). Vergeblich wandte der Vater ein, die Tochter habe ihre Ausbildung alles andere als zielstrebig und konsequent betrieben. Daher schulde er keinen Unterhalt.

Die junge Frau habe das Studium verzögert begonnen, aber aus gutem Grund, fand der BGH. Ein "soziales Jahr" sei ihr im Rahmen einer Orientierungsphase zuzugestehen. Und ein Kind zu erziehen, verletze erst recht nicht die Pflicht, sich zügig und ernsthaft um eine Berufsausbildung zu bemühen. Sie habe daher Anspruch auf Ausbildungsunterhalt.

In den ersten drei Lebensjahren sei es geboten, ein Kind persönlich zu betreuen. Danach habe die Tochter zum nächstmöglichen Termin mit dem Studium begonnen und es in der Regelstudienzeit beendet. Der Vater müsse ebenso wie die Mutter für einen Teil des Bedarfs der Tochter einstehen. Dass die Tochter - immer noch traumatisiert durch die Scheidung der Eltern - Kontakt mit ihm ablehne, berechtige ihn auch nicht dazu, den geringen Unterhaltsbetrag zu verweigern.