Jugend und Ausbildung

Islamisches Gebet in der Schulpause

Religiöse Handlungen bergen in einer Multi-Kulti-Schule besonderes Konfliktpotenzial

Ein mittlerweile 16-jähriger muslimischer Schüler besucht ein Berliner Gymnasium. Vor zweieinhalb Jahren löste er einen Grundsatzstreit um das islamische Gebet in öffentlichen Schulen aus: Zusammen mit Mitschülern hatte er sich in der Pause nach der sechsten Unterrichtsstunde in einem abgelegenen Flur hingekniet und gebetet. Die Schulleitung hatte seinerzeit das Ritual verboten.

Da der Schüler Einspruch einlegte und vom Verwaltungsgericht Berlin Recht bekam, stellte ihm die Schulleitung 2009 für das Mittagsgebet einen leer stehenden Raum zur Verfügung. Die Berufung des Landes Berlin gegen dieses Urteil hatte jetzt beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Erfolg (OVG 3 B 29/09). Um andere Verfassungsgüter zu schützen, sei es gerechtfertigt, die freie Religionsausübung des Schülers einzuschränken, urteilte das Gericht.

Am D-Gymnasium seien sämtliche Weltreligionen vertreten, der Islam mit den verschiedenen Glaubensrichtungen Sunniten, Schiiten und Alewiten. Dieses Aufeinandertreffen berge erhebliches Konfliktpotenzial, das schon öfters den Schulfrieden gefährdet habe: So etwa bei Streitereien um Verhaltensregeln, die mit einer bestimmten Interpretation des Islam verbunden seien (Fasten, Kopftuch, Verzehr von Schweinefleisch etc.). Religiöse kultische Handlungen wie das kollektiv verrichtete islamische Pflichtgebet könnten in dieser Situation erst recht Streit provozieren.

Die Schule müsse alle Schüler gleich behandeln, selbst Neutralität bewahren und religiöse Auseinandersetzungen verhindern. Ohne Verbot sei das kaum praktikabel. Der Schulträger könne nicht jeder Glaubensrichtung einen eigenen Raum zur Verfügung stellen. Das übersteige - gerade bei der Vielzahl der am D-Gymnasium vertretenen Religionen und Weltanschauungsgemeinschaften - bei weitem die organisatorischen Möglichkeiten der Schule und würde auch die Konfliktlage nicht völlig beseitigen.

Pädagoge zu Unrecht des Kindesmissbrauchs verdächtigt

Schadenersatz, wenn unnötig viele Personen über den Verdacht informiert wurden

Der Pädagoge arbeitete für einen gemeinnützigen Verein und betreute im Rahmen eines Schülerprojekts Jungen als Fußballtrainer. Ein verhaltensauffälliger Junge aus dem Projekt wurde psychotherapeutisch behandelt. Die Psychotherapeutin vermutete nach einigen Sitzungen mit dem Kind, der Trainer könnte es sexuell missbraucht haben.

Darüber sprach sie mit verschiedenen Personen, auch dem Arbeitgeber teilte sie ihren Verdacht mit. Der Mann verlor deshalb seinen Job und gab seine Trainertätigkeit auf, obwohl das Ermittlungsverfahren gegen ihn eingestellt wurde. Er verklagte die Psychotherapeutin auf Schadenersatz und verlangte, künftig derlei ehrenrührige Behauptungen zu unterlassen. Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt gab dem zu Unrecht Verdächtigten Recht und sprach ihm 2.000 Euro Entschädigung zu (1 U 49/09).

Wer so einen Verdacht hege, müsse selbstverständlich die für Aufklärung zuständigen Behörden - also städtische Stellen für Kinderschutz, Polizei und Staatsanwaltschaft - verständigen, so das OLG. Aber die Psychotherapeutin habe einen unnötig großen Personenkreis - den Arbeitgeber und andere Personen - über ihren Verdacht unterrichtet, obwohl nichts bewiesen war.

Damit habe sie das Persönlichkeitsrecht des Pädagogen verletzt und seinen guten Ruf beschädigt. Vergeblich pochte die Frau darauf, sie habe dies für nötig gehalten, um den Jungen zu schützen. Es hätte genügt, die zuständigen Behörden auf diese Einschätzung hinzuweisen, fand das OLG.

"Unzumutbare Lernbedingungen"

Recht auf Bildung bedeutet nicht unbedingt, dass Unterrichtsstunden 45 Minuten dauern ...

Das Peter-Wust-Gymnasium (PWG) im rheinländischen Wittlich musste ein Nebengebäude schließen und umbauen. Das hatte Folgen. Klassenzimmer an einem zweiten Standort wurden benutzt. Seither müssen Lehrer und Schüler pendeln, oft fielen deshalb die Unterrichtsstunden kürzer aus.

Eltern einer Schülerin zogen gegen diesen Missstand vor Gericht. Sie beriefen sich auf das verfassungsmäßig verankerte Recht auf Bildung und forderten das Land Rheinland-Pfalz auf, dafür zu sorgen, dass regulärer Unterricht in 45 Minuten dauernden Unterrichtsstunden stattfindet. Außerdem müsse der völlig vergammelte Klassenraum der Tochter gestrichen werden.

Die Klage scheiterte beim Verwaltungsgericht Trier (5 K 129/10.TR). Die Situation im Klassenzimmer sei keineswegs unzumutbar, die Gesundheit der Kinder sei nicht gefährdet. Schönheitsreparaturen in Klassenräumen könne der Staat nur eingeschränkt durchführen, sofern öffentliche Mittel dafür verfügbar seien. Fristen für die Renovierung wie im privaten Mietrecht kämen hier nicht in Frage.

Die organisatorischen Probleme am PWG durch das Pendeln seien nicht zu bestreiten, allerdings auch nicht besser lösbar. Die negativen Folgen der Aufteilung auf zwei Standorte würden abgemildert, so gut es eben gehe. Die Schulbehörde versuche, die Situation im Rahmen der aktuell vorhandenen Möglichkeiten zu verbessern.

Vorgesehen für das nächste Schuljahr seien Blockunterricht, zwei große Pausen, eine weitere Lehrstelle. Einen Anspruch darauf, dass das Land ganz bestimmte Maßnahmen ergreife, hätten die Eltern nicht. Der Staat habe im Schulwesen Gestaltungsfreiheit, solange er sich im Rahmen der Verfassung bewege.

Vorbildlicher Gymnasiast darf nach Amerika

Die Sozialbehörde muss die Reisekosten des Hartz-IV-Empfängers nicht übernehmen

Im Herbst 2009 nahm ein Gymnasiast an einem - von der Kultusministerkonferenz und vom Goethe-Institut geförderten - Austauschprogramm mit einer High-School in Arizona teil. Während des einmonatigen USA-Aufenthalts besuchte er die High-School und unternahm eine Studienfahrt von einer Woche durch Arizona, Utah und Kalifornien. Mit 15 anderen Schülern seiner Jahrgangsstufe gehörte der Gymnasiast zu den Auserwählten für den Schüleraustausch - wegen seiner guten Leistungen in der Schule und wegen seines sozialen Engagements.

Die Reisekosten von 1.650 Euro hatten frühere Geschäftsfreunde des Schülervaters vorfinanziert. Denn so viel Geld hatten die Eltern nicht übrig: Die Firma des Vaters war gescheitert, mittlerweile lebt die Familie von Hartz-IV-Leistungen. Vergeblich beantragte der Schüler bei der Sozialbehörde des Landkreises, die Kosten der USA-Reise zu erstatten.

Die Sozialbehörde habe dies zu Recht abgelehnt, entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 13 AS 678/10). Hartz-IV-Empfänger hätten zwar bei Klassenfahrten einen Anspruch auf Kostenübernahme. Sinn dieser Regelung sei es, Schülern aus einkommensschwachen Familien die soziale Ausgrenzung aus ihrer Klasse zu ersparen. Hier handle es sich aber nicht um eine Klassenfahrt. Nur wenige ausgewählte Schüler hätten am Austauschprogramm teilnehmen dürfen.

Studium abgebrochen ...

... und um Ausbildungsplatz bemüht: Tochter steht Ausbildungsunterhalt zu

Eine 1988 geborene junge Frau begann nach dem Abitur, Finanz- und Wirtschaftsmathematik zu studieren. Nach zwei Semestern brach sie das Studium ab. Daraufhin zahlte der Vater keinen Ausbildungsunterhalt mehr. Zehn Monate lang bemühte sich die Ex-Studentin eifrig, aber erfolglos um einen Ausbildungsplatz bei einem Steuerberater oder im Bank- und Finanzdienstleistungsbereich.

Den Vater verklagte sie auf Ausbildungsunterhalt für diese Zwischenzeit - zunächst vergeblich. Ausbildungsunterhalt schuldeten Eltern ihren Kindern nur während einer Berufsausbildung, urteilte das Amtsgericht. Die Studentin habe aber ihr Studium abgebrochen und danach keinen Ausbildungsvertrag abgeschlossen.

So eng dürfe man das nicht sehen, fand dagegen das Oberlandesgericht Naumburg (8 WF 274/09). Unterhaltspflichtige Eltern müssten auch einmal eine Verzögerung der Ausbildungszeit hinnehmen, selbst wenn ihr volljähriges Kind vorübergehend leicht versage. Der Anspruch auf Ausbildungsunterhalt entfalle nur, wenn ein Kind seine Pflichten nachhaltig verletze - d.h. die Ausbildung nicht ansatzweise planvoll und konsequent verfolge.

Dann könne man dem Kind vorwerfen, auf die Interessen der Eltern (bzw. des unterhaltspflichtigen Elternteils) keine Rücksicht zu nehmen. Das treffe hier aber nicht zu. Die Tochter habe sich ernsthaft um einen Ausbildungsplatz beworben, letztlich auch erfolgreich: Seit August 2009 habe sie einen Ausbildungsvertrag. Deshalb stehe der jungen Frau auch für die kurze Phase der Verzögerung Ausbildungsunterhalt zu.

Bezieht eine Hartz-IV-Empfängerin ...

... auch Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, sind diese auf die Grundsicherung anzurechnen

Eine junge Frau absolvierte eine dreijährige Ausbildung in einer privaten Berufsfachschule und musste dort monatliche Schulgebühren zahlen. Während dieser Zeit bezog Frau D Grundsicherung (nach Hartz-IV). Als ihr Antrag auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) bewilligt wurde, zog die Sozialbehörde diesen Betrag von den Hartz-IV-Leistungen ab.

Vergeblich klagte Frau D vor den Sozialgerichten gegen die Einstufung der BAföG-Leistungen als "bedarfsminderndes Einkommen". Das Bundessozialgericht entschied, die Schulgebühren seien nicht zu berücksichtigen. Nur eine für Ausbildungskosten bestimmte Pauschale von 20 Prozent des BAföG-Betrags werde nicht verrechnet.

Die Verfassungsbeschwerde von Frau D gegen dieses Urteil wurde vom Bundesverfassungsgericht zurückgewiesen (1 BvR 2556/09). Das Sozialstaatsprinzip beinhalte, dass der Staat Bürgern Mittel für ein menschenwürdiges Dasein zur Verfügung stellen müsse: Da gehe es um das Existenzminimum. Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für den Besuch einer Privatschule sei daraus nicht abzuleiten.

Auszubildende, die eine schulgeldfreie Schule besuchten, würden nicht besser behandelt als Frau D: Wenn sie Hartz-IV-Leistungen bekämen, werde das Schüler-BAföG bei ihnen in gleicher Weise als Einkommen angerechnet. Der Grundsatz der Gleichbehandlung sei also nicht verletzt.

Freinacht-Streiche prominenter Jugendlicher ...

... im Internet zu "wüster Randale" aufgebauscht: Unzulässige Berichterstattung

Wie viele andere Jugendliche auch, zogen die beiden Söhne des Schauspielers O. in der Nacht zum 1. Mai 2008 - der so genannten "Freinacht" - los, um allerlei Unsinn zu treiben. Der 16-jährige Nachwuchsschauspieler O. tat in einer Telefonzelle so, als hielte ihn der Telefonhörer gefangen - und riss den Telefonhörer ab. Sein Bruder soll einige Tulpen ausgerissen haben. Polizisten nahmen die Brüder auf die Wache mit, die Staatsanwaltschaft interessierte sich für die Sache jedoch nicht weiter.

Eine Internet-Zeitung dafür umso mehr. "Polizei schnappt O-Söhne", berichtete sie. Mit den Fakten nahm sie es dabei nicht so genau: Von "wüster Randale" in der Innenstadt war da die Rede, die Prominentenkinder hätten "Fahrräder traktiert, Blumenbeete zerstört und eine Telefonzelle auseinandergenommen". Der 16-Jährige forderte den Betreiber der Website auf, den Artikel aus dem Netz zu nehmen. Beim Oberlandesgericht Hamburg setzte er sich durch (7 U 33/09).

Den Namen eines Prominenten im Zusammenhang mit einer Straftat zu nennen, verletze dessen Persönlichkeitsrecht und sei unzulässig; zumindest dann, wenn es nur um eine geringfügige Sachbeschädigung gehe. O. habe keine spektakuläre Straftat begangen, sondern sich in der Freinacht übermütig verhalten. Dass der 16-Jährige einem jugendlichen Publikum als Sänger und Schauspieler bekannt sei, begründe noch kein legitimes Interesse der Öffentlichkeit an Information, das es rechtfertigen würde, seine Anonymität aufzuheben.

Derlei Fehlverhalten bekannt zu machen, führe zu einer negativen Bewertung des Betroffenen in der Öffentlichkeit. Im konkreten Fall erst recht, da der Internetbeitrag das Geschehen zu "wüster Randale" aufbausche und den Jugendlichen als Randalierer hinstelle. Das beschädige seinen Ruf und könne sich auf seine weitere Entwicklung im privaten, sozialen und beruflichen Bereich nachteilig auswirken. Auch prominente Jugendliche seien schutzbedürftig. Sie sollten die Chance bekommen, unbehelligt von öffentlichen Diskussionen über jugendtypische Verfehlungen zu "reifen".

Gedrängel an der Schulbus-Haltestelle

Schülerin verletzt - doch der angeblich Schuldige wurde selbst geschubst

Unglück an der Haltestelle eines Schulbusses: Beim Aussteigen gab es ein großes Gedränge. Ein Mädchen wurde von hinten gestoßen, stürzte hinaus und fiel zu Boden. Der rechte Fuß der Schülerin geriet unter den anfahrenden Schulbus, das Kind wurde verletzt. Das Schulbusunternehmen schaltete seinen Haftpflichtversicherer ein, der für die medizinische Behandlung 8.000 Euro aufbringen musste.

Anschließend forderte das Versicherungsunternehmen den Betrag von dem Schüler ersetzt, der das Mädchen "absichtlich geschubst und so den Unfall verursacht" habe. Den Vorwurf bestritt der Schüler vehement - und konnte zu seinem Glück Zeugen dafür benennen, dass er inmitten der allgemeinen Drängelei selbst gestoßen worden war.

Die Zahlungsklage des Versicherers gegen den Schüler wurde deshalb vom Landgericht Coburg abgewiesen (21 O 20/10). Fast alle Zeugen hätten bestätigt, dass der Schüler das Mädchen nicht weggestoßen habe, sondern dass er - selbst von hinten geschubst - gestrauchelt sei und auf die Schülerin fiel, die deshalb aus dem Bus stürzte. So wurde der Unfall sogar von dem verletzten Mädchen geschildert. Wer selbst geschubst werde und auf einen anderen falle, so das Gericht, den treffe kein Verschulden. Der Haftpflichtversicherer blieb daher auf dem Schaden sitzen.

Zehnjähriger läuft in ein Auto

Bei schwerem Verschulden kann auch ein Minderjähriger allein für Unfallfolgen haften

Der Junge hatte es auf dem Weg von der Schule nach Hause eilig. Anstatt bis zu einer Kreuzung zu gehen, lief er durch die wartende Autoschlange hindurch über die Straße. Da er plötzlich hinter einem Lastwagen hervorsprang, war er für einen aus der Gegenrichtung kommenden Autofahrer nicht zu sehen. Der Wagen erfasste und verletzte den Zehnjährigen.

In einem Schadenersatzprozess vor dem Landgericht erklärte ein Verkehrsexperte, der Unfall sei für den Autofahrer unvermeidlich gewesen. Trotzdem verurteilte das Gericht die Haftpflichtversicherung des Fahrers dazu, verschuldensunabhängig - wegen der vom Auto ausgehenden "Betriebsgefahr" - 40 Prozent der Heilbehandlungskosten zu übernehmen.

Die Berufung des Versicherers gegen das Urteil hatte beim Oberlandesgericht Hamm Erfolg (13 U 179/08). Da hier ein objektiv und subjektiv besonders schweres Verschulden des Kindes vorliege, hafte der Junge für die Folgen der Kollision mit dem Auto alleine, so die Richter.

Hier trete die Betriebsgefahr des Wagens völlig zurück. Der Schüler habe an einer gefährlichen Stelle die Straße überquert, ohne im Geringsten auf den Verkehr zu achten. Ein normal entwickeltes Kind dieses Alters könne das Risiko dieses Tuns ohne weiteres einsehen und entsprechend dieser Einsicht handeln. Nur Kinder unter zehn Jahren seien von der Haftung für Schäden befreit, die sie im Straßenverkehr verursachten.

"Anlernvertrag" beim Malermeister

Ausbildung muss prinzipiell im "Berufsausbildungsverhältnis" stattfinden!

Einen richtigen Ausbildungsvertrag könne er ihr nicht anbieten, erklärte der Malermeister der Bewerberin um eine Lehrstelle. Doch wenn sie bereit wäre, einen "Anlernvertrag" für den Beruf "Maler und Lackierer" zu unterschreiben, könne sie in seinem Betrieb auch viel lernen.

Darauf ließ sich die Bewerberin ein und vereinbarte mit dem Handwerker eine Vergütung, die weit unter der branchenüblichen Mindestvergütung für Arbeitnehmer lag. Als die junge Frau den Betrieb verließ, verklagte sie den Malermeister, ihr nachträglich den Differenzbetrag zwischen ihrem "Hungerlohn" und eben dieser Mindestvergütung auszuzahlen.

Das Landesarbeitsgericht verurteilte ihn dazu und das Bundesarbeitsgericht (BAG) bestätigte die Entscheidung (3 AZR 317/08). Wenn ein Betriebsinhaber mit einem Bewerber keinen Ausbildungsvertrag schließen wolle, so das BAG, könne er stattdessen ein Arbeitsverhältnis vereinbaren. Dann sei er allerdings verpflichtet, ihm bzw. ihr die übliche Vergütung zu zahlen.

Ausbildung für einen anerkannten Ausbildungsberuf müsse dagegen grundsätzlich in einem Berufsausbildungsverhältnis stattfinden. Verträge, mit denen ein "Anlernverhältnis" oder dergleichen vereinbart werde, verstießen gegen das Berufsbildungsgesetz und seien nichtig. So ein dubioser Anlernvertrag sei dann wie ein normales Arbeitsverhältnis zu behandeln.

Kindergeld und Berufsausbildung

Es muss nicht zwingend ein klassischer Ausbildungsberuf sein …

Die Familienkasse bestritt den Anspruch von Eltern auf Kindergeld: Deren Tochter war laut Arbeitsvertrag in einem Friseursalon als "Friseurassistentin" mit einer Vergütung von 250 Euro monatlich beschäftigt. Das sei keine anerkannte Berufsausbildung, bemängelte die Familienkasse, sondern nur eine gering bezahlte Beschäftigung. Nach ihren Ermittlungen sei die Tochter bei der Handwerkskammer nicht als Auszubildende gemeldet.

Doch die Eltern beharrten darauf, dass die Tochter nach den Richtlinien der Ausbildungsverordnung für Friseure ausgebildet werde. Außerdem stehe auf ihrer Lohnabrechnung "Ausbildungsvergütung". Der Vater zog für das Kindergeld vor Gericht und bekam Recht. Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz wies die Einwände der Familienkasse zurück (5 K 2542/09).

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs befinde sich ein Kind in Berufsausbildung, wenn es sein Berufsziel noch nicht erreicht habe, sich aber ernsthaft darauf vorbereite. Es komme darauf an, ob die Maßnahme eine berufliche Existenz aufbauen oder sichern solle.

Wenn das zutreffe, müsse man jungen Menschen zubilligen, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten auch außerhalb eines fest umschriebenen Bildungsgangs zu vervollkommnen. Wer das Höchstalter von 25 Jahren noch nicht erreicht habe, könne daher auch Kindergeld beanspruchen, wenn er/sie keine Berufsschule besuche und die Ausbildung in einem Beruf absolviere, der nicht genau den Kriterien des Berufsbildungsgesetzes entspreche.

Dass die Tochter des Klägers vom Friseur - aus welchen Gründen auch immer - nicht als Auszubildende gemeldet worden sei, ändere daran nichts: Sie werde nicht als geringfügig Beschäftigte eingesetzt, sondern im Friseurhandwerk unterrichtet, um sich eine Erwerbsgrundlage zu schaffen. Die junge Frau habe regelmäßig an Schulungen vor Ort und in einer "Hair-School" teilgenommen. Auch das spreche für firmeninterne Ausbildung.

Verwaltungsgericht stoppt Einberufung ...

... eines Studenten mit Verweis auf die geplante Aussetzung des Wehrdienstes

Abiturient A sollte eigentlich jetzt in die Kaserne einrücken. Ab 1. Oktober 2010 sollte er seinen Grundwehrdienst ableisten, so lautete der Einberufungsbefehl des Kreiswehrersatzamts. Dagegen wandte sich der Wehrpflichtige: Er wolle am 1. Oktober ein Studium an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg beginnen. Nach den gesetzlichen Bestimmungen müsse man ihn also vom Wehrdienst zurückstellen.

Dem widersprach die Wehrbehörde: Bei Studenten komme eine Zurückstellung erst ab dem dritten Semester in Betracht. Die für manche dualen Bildungsgänge (dual = Studium plus betriebliche Ausbildung) vorgesehene Ausnahmeregelung gelte für den von A beabsichtigten Studiengang nicht. A bat die Justiz um vorläufigen Rechtsschutz gegen die Einberufung und fand beim Verwaltungsgericht Darmstadt Gehör (1 L 1146/10.DA).

A müsse vorerst nicht einrücken, entschieden die Richter. Zwar müsse Deutschland während einer Übergangszeit, in der die Bundeswehr umstrukturiert werde, weiterhin auf den Einsatz Wehrpflichtiger bauen. Doch dies sei ein besonderer Fall: Wie bei dualen Studiengängen mit der Einberufung zu verfahren sei, hätten Verwaltungsgerichte bisher sehr unterschiedlich beantwortet. Angesichts dessen sei im Fall A zu berücksichtigen, dass die Politik gerade erwäge, die allgemeine Wehrpflicht auszusetzen.

Müsste der Wehrpflichtige den Grundwehrdienst ableisten, verzögerte sich seine berufliche Ausbildung um mindestens ein Jahr. Daher sei ausnahmsweise dessen "persönlichen Interessen der Vorrang einzuräumen gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Erfüllung einer staatsbürgerlichen Pflicht, die aller Voraussicht nach alsbald der Vergangenheit angehören wird".

Kosten der Fahrten zur Schule

Kommune muss dafür nur zahlen, wenn Schüler die nächstgelegene Schule besuchen

Eine Mutter forderte von der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden, die "Schülerbeförderungskosten" für ihre Tochter zu übernehmen. Das Mädchen besuchte die "Helene-Lange-Schule", eine integrierte Gesamtschule, die gut drei Kilometer von der Familienwohnung entfernt liegt. Die Kommune lehnte es ab, die Fahrtkosten zu tragen: Das Kind besuche nicht die nächstgelegene Schule, eine Alternative gebe es in einer Entfernung von nur zwei Kilometern von der Wohnung.

Vergeblich focht die Mutter den negativen Bescheid an. Begründung: Die "Helene-Lange-Schule" sei eine Versuchsschule des Landes Hessen mit besonderer pädagogischer Ausrichtung. Ihr Bildungsgang sei nicht vergleichbar mit dem der näher gelegenen Gesamtschule, die ein anderes pädagogisches Profil und ein anderes Bildungskonzept habe.

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden gab jedoch der Kommune Recht (6 K 579/10.WI). Die beiden Schulen seien sehr wohl vergleichbar, so die Richter, beide seien integrierte Gesamtschulen. Die gesetzliche Regelung zu den Fahrtkosten von Schülern differenziere nicht nach Unterrichtskonzepten oder besonderer pädagogischer Ausprägung.

Kommunen müssten die Fahrtkosten grundsätzlich nur übernehmen, wenn die nächstgelegene Schule mit freien Plätzen, die dem Schüler/der Schülerin den gewünschten Abschluss ermögliche, mehr als drei Kilometer vom Wohnort des Schülers/der Schülerin entfernt liege.

Junge beim Sport nach der Schule verletzt

Bei Betreuungsmaßnahmen in Kooperation mit der Schule sind Schüler gesetzlich unfallversichert

Eine Grundschule organisierte für berufstätige Eltern in Zusammenarbeit mit einem Sportverein das Betreuungsprogramm "Schule von 8 - 1". Nach dem Unterricht konnten Kinder, deren Eltern mit dem Sportverein einen Betreuungsvertrag geschlossen hatten, in einer Turnhalle oder im Freien an Sport und anderen Fördermaßnahmen teilnehmen - bis mindestens ein Uhr mittags.

Der neunjährige Schüler U spielte nach dem Unterricht in der Halle mit anderen Kindern Hockey mit kleinen Hockeyschlägern aus Plastik. Als er sich auf die Knie fallen ließ, um einen Ball noch zu bekommen, wurde er von einem anderen Jungen mit dem Schläger am Mund getroffen. Dabei wurden einige Zähne in Mitleidenschaft gezogen.

Seine Eltern zogen vor Gericht und forderten für die schwere Zahnverletzung Entschädigung vom Sportverein und von den zwei Betreuerinnen. Sie hätten ihre Aufsichtspflicht verletzt und das regellose, wilde Spiel nicht verboten. Vor Spielbeginn hätten die Betreuerinnen die Kinder nicht auf Risiken hingewiesen und über Regeln informiert. Die beiden Frauen bestritten die Vorwürfe.

Doch das Amtsgericht Königswinter erklärte, die Schuldfrage spiele hier keine Rolle (9 C 220/09). Schüler seien nicht nur während des Schulunterrichts gesetzlich unfallversichert, sondern auch bei Betreuungsmaßnahmen, die "im Zusammenwirken mit der Schule" durchgeführt würden. Für Schulunfälle springe die gesetzliche Unfallversicherung ein - unabhängig von eventuellem Verschulden von Aufsichtspersonen.

Ansprüche von U gegen die Veranstalter des Sportprogramms seien damit ausgeschlossen. Der Sportverein und die Betreuerinnen hafteten selbst dann nicht für die Unfallfolgen, wenn sie ungenügend aufgepasst hätten. Anders wäre dies nur zu beurteilen, wenn sie den Unfall von U vorsätzlich herbeigeführt oder billigend in Kauf genommen hätten. Das treffe eindeutig nicht zu.

Elfjährige im Internat von Mitschülerinnen aufgeklärt

Das berechtigt die Mutter nicht dazu, den Schulvertrag zu kündigen

Ein 11-jähriges Mädchen kam in ein Internat. Das erste Schuljahr war noch nicht vorbei, da kündigte die Mutter den Vertrag mit der Schule. Der Aufenthalt im Internat habe ihre Tochter völlig verstört, lautete die Begründung. Die Schulleitung habe es zugelassen, dass das Mädchen mit schädlichen Vorgängen konfrontiert wurde, und damit ihre Aufsichtspflicht verletzt.

Der Hauptvorwurf: Die Zimmergenossin des Kindes habe mit anderen Schülerinnen heimlich geraucht und sich mit ihnen über Sex und die Beziehungen zwischen Schülern und Schülerinnen im Internat unterhalten. Dabei habe ihre Tochter noch geglaubt, die Kinder würden vom Storch gebracht.

Die rauchende Mitschülerin habe einen Verweis erhalten und sei in ein anderes Zimmer verlegt worden, erklärte die Schule. Ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung des Schulvertrags liege nicht vor. So sah es auch das Landgericht Coburg und verurteilte die Eltern zur Zahlung des ausstehenden Schulgelds von 8.000 Euro (23 O 105/10). Ein sofortiger Schulwechsel sei nicht geboten, so das Gericht.

Auch in einem Internat gebe es Einflüsse, die weder Eltern, noch die Schule völlig kontrollieren könnten. Niemand könne es den Schülerinnen verbieten, sich über Dinge zu unterhalten, die sie interessierten. Im Internat seien Kinder verschiedener Altersklassen gemeinsam untergebracht. Deshalb sei von vornherein absehbar gewesen, dass die Tochter hier mit dem Thema Sexualität konfrontiert werden würde.

Dass das Mädchen einmal seinen Glauben an den Klapperstorch verliere, sei unvermeidbar. Daher sei es ohnehin besser, Kinder rechtzeitig auf die Realität vorzubereiten. Dann könnten sie den Einflüssen aus Medien und Umwelt leichter standhalten, denen sie früher oder später ausgesetzt seien. Die Mutter hätte mit der Elfjährigen schon früher über Sexualität sprechen sollen, um sie kindgerecht an das Thema heranzuführen.

Grundschüler mit "sonderpädagogischem Förderbedarf"

Förderstatus stigmatisiert ihn als "Sonderschüler", kritisieren die Eltern

Die Schuleingangsuntersuchung und mehrere Berichte der Klassenlehrerin über einen achtjährigen Schüler führten zu dem Ergebnis, dass ihm "sonderpädagogischer Förderbedarf" beim Lernen bescheinigt wurde: Er habe große Probleme, dem Unterricht zu folgen, seine Aufmerksamkeit lasse schnell nach. Seine Beiträge zum Unterricht seien selten sinnvoll oder sachbezogen und seine Arbeitsweise wechselhaft.

Vergeblich wehrten sich die Eltern gegen den Bescheid, in dem der Förderstatus ihres Jungen festgestellt wurde: Damit werde ihr Kind zum "Sonderschüler" stigmatisiert, wandten sie dagegen ein. Doch das Verwaltungsgericht Berlin ließ am Förderstatus nicht rütteln (VG 3 K 251/10).

Wenn Schülerinnen oder Schüler so schlecht lernten, dass man sie ohne sonderpädagogische Hilfe nicht gut fördern könne, hätten sie Anspruch auf diese Hilfe. Der Bildungs- und Erziehungsauftrag der Schule verpflichte das Bundesland und seine Schulen, solche Kinder durch geeignete Maßnahmen zu fördern. Das stehe weder zur Disposition der Schule, noch zur Disposition der Eltern.

Die Furcht der Eltern, der Förderstatus beeinträchtige das Ansehen der Familie, rechtfertige es nicht, dem Kind den ihm zuerkannten Förderstatus vorzuenthalten. Das Berliner Schulgesetz berücksichtige das Recht der Eltern insofern, als es ihnen die Möglichkeit einräume zu wählen, ob das Kind an einer allgemeinen Schule gefördert werden solle oder an einer Schule mit sonderpädagogischem Schwerpunkt.

Kindliches Trauma durch "Schuss" im Singspiel?

OLG Bamberg: Siebenjährige können zwischen Spiel und Realität unterscheiden

Ein Vater nahm mit seinem sieben Jahre alten Sohn am Zeltlager einer Jugendorganisation teil. Zum Unterhaltungsprogramm gehörte ein Singspiel, an dem der Vater als Schauspieler mitwirkte. In dem Stück wurde der Vater von einem Mädchen mit "Fingerpistole" spielerisch erschossen.

Hinterher behaupteten die Eltern, ihr Junge habe durch dieses "pädagogisch nicht vertretbare" Schauspiel ein psychisches Trauma erlitten. Sie verlangten vom Veranstalter des Zeltlagers 5.000 Euro Schmerzensgeld. Das Landgericht Coburg wies die Zahlungsklage ab, die Entscheidung wurde vom Oberlandesgericht Bamberg bestätigt (5 U 159/10).

Ein Verschulden läge nur vor, wenn der Veranstalter das Risiko eines Traumas hätte vorhersehen können oder müssen. Das treffe aber nicht zu. Seit Jahrzehnten führe der Veranstalter dieses Singspiel auf und niemals seien Teilnehmer oder Zuschauer dadurch psychisch beeinträchtigt worden. Kein Teilnehmer am Zeltlager habe außerdem bei dem Jungen oder seinem Vater nach der Aufführung irgendeine nachteilige Veränderung bemerkt.

Und das sei auch kein Wunder. Bei Kindern im Alter von sieben Jahren könne man voraussetzen, dass sie in der Lage seien, Spiel und Wirklichkeit auseinander zu halten. Der Veranstalter müsse nicht damit rechnen, dass ein Siebenjähriger eine posttraumatische Belastungsstörung entwickle, weil ein anderes Kind mit dem Finger den Vater "erschieße".

Ausbildungsunterhalt: Tochter strebt mittlere Reife an

Eine 17-Jährige kann neben einem Volkshochschulkurs ein wenig Geld verdienen

Eine Jugendliche belegte einige Zeit nach dem Hauptschulabschluss einen Kurs an der Volkshochschule, um so den mittleren Schulabschluss zu erreichen. Der Kurs fand an drei Tagen in der Woche jeweils am Abend von 18.30 Uhr bis 21.30 Uhr statt. Vom Vater forderte die 17 Jahre alte Tochter mehr Ausbildungsunterhalt. Doch der Vater sagte "Nein" und ließ es auf einen Rechtsstreit ankommen.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf erklärte der Tochter, dass sie eine geringfügige Beschäftigung suchen muss (8 WF 117/10). Anspruch auf Ausbildungsunterhalt in voller Höhe hätten Jugendliche nur, wenn die Ausbildung sie daran hindere, selbst etwas zu verdienen. Das sei bei einer "Teilzeitausbildung", wie sie die 17-Jährige absolviere, keineswegs unmöglich oder unzumutbar.

Für Jugendliche über 16 gälten einige Einschränkungen des Jugendarbeitsschutzgesetzes nicht mehr (z.B. für Abendjobs in einer Gaststätte). Da die Tochter nur an drei Wochentagen Unterricht habe, bleibe ihr genügend Zeit, um an den schulfreien Werktagen den Unterricht vorzubereiten und zusätzlich etwas Geld zu verdienen.

Daher werde vom Ausbildungsunterhalt, den der Vater ihr schulde, der Betrag abgezogen, den die Jugendliche durch eine geringfügige Beschäftigung im Umfang von zehn Wochenstunden erzielen könnte.

Klassenfahrt ist kein Privatvergnügen

Angestellte Klassenlehrerin kann Ersatz für Reisekosten verlangen

Die angestellte Lehrkraft arbeitet an einer Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen. Für ihre Klasse beantragte sie eine Studienfahrt nach Berlin. Das Antragsformular für die Dienstreise enthält einen vorgedruckten Abschnitt: Darin mussten Antragsteller auf eine Reisekostenvergütung verzichten, weil dafür angeblich keine Haushaltsmittel vorhanden waren.

Für die Klassenfahrt gab die Klassenlehrerin (Fahrt, Übernachtung, Essen und Musicalbesuch) 234 Euro aus. Von der Schule bekam sie 28 Euro erstattet, den Differenzbetrag klagte die Angestellte ein. Das Bundesland als Dienstherr pochte darauf, dass sie das Formular unterschrieben hatte.

Das spiele keine Rolle, entschied jedoch das Landesarbeitsgericht Nordrhein-Westfalen (11 Sa 1852/10). Denn die Verzichtserklärung sei auf treuwidrige Weise zustande gekommen. Das Schulministerium habe - in der so genannten "Wanderrichtlinie" - die Genehmigung von Klassenfahrten davon abhängig gemacht, dass Lehrkräfte zuvor schriftlich auf die Übernahme der Reisekosten durch den Dienstherrn verzichteten.

Laut Dienstordnung werde es aber von Klassenlehrern und Klassenlehrerinnen erwartet, an Klassenfahrten teilzunehmen. Da widerspreche es der Fürsorgepflicht des Dienstherrn in besonderem Maße, die Klassenlehrer und Klassenlehrerinnen quasi zu "erpressen", indem man sie vor die Alternative stelle, auf die Reisekostenvergütung (die ihnen laut Landesreisekostengesetz grundsätzlich zustehe) zu verzichten oder ihre Klasse im Stich zu lassen.

Klassenfahrten sind kein Sonderbedarf ...

... den der Unterhaltspflichtige zusätzlich zum Kindesunterhalt finanzieren muss

Der minderjährige Gymnasiast hatte an Klassenfahrten und Schüleraustauschprojekten (England und China) teilgenommen. Dafür hatte seine Mutter 1.052 Euro ausgegeben. Der Schüler forderte vom (barunterhaltspflichtigen) Vater, diesen Betrag zusätzlich zum laufenden Kindesunterhalt zu übernehmen. Seiner Ansicht nach stellten die Kosten solcher schulischen Veranstaltungen Sonderbedarf dar.

Doch das Oberlandesgericht Hamm sah das anders (2 WF 285/10). Nur überraschend auftretende, hohe Kosten seien als Sonderbedarf einzustufen - wie z.B. eine unerwartete Operation, die von der Krankenkasse nicht gezahlt werde. Klassenfahrten gehörten nicht dazu.

Als regelmäßiger Bestandteil des Schulprogramms seien die Ausgaben dafür vorhersehbar und einzuplanen. Mutter und Sohn müssten diese Kosten aus dem laufenden Unterhalt bestreiten. Das gelte für die Klassenfahrt zum Biggesee (130 Euro) und für den Englandaustausch (200 Euro).

Die Fahrt nach China sei nicht notwendig gewesen. Geld für Sonderbedarf dürfe der Schüler vom Vater nur verlangen, wenn es darum gehe, "notwendige Lebensbedürfnisse" zu decken. Der Schüleraustausch mit China stelle jedoch ein zusätzliches Angebot der Schule dar, das weit über "normale" Schulveranstaltungen hinausgehe und sich nur an einen Teil der Schüler richtete. Anders wäre die Sache nur zu beurteilen, wenn der Vater außergewöhnlich viel verdiente. Das sei aber nicht der Fall.