Informationstechnologie

Koffer für 1 Euro?

Anbieter aktivierte aus Versehen auf der eBay-Webseite statt Auktion den "Sofortkaufpreis zu 1 €"

Auch einem erfahrenen Verkäufer kann mal ein Fehler unterlaufen. Herr S stellte auf der Internetplattform eBay einen Koffer ein, dessen Neuwert zwischen 300 und 700 Euro liegt. Eigentlich wollte er den Koffer per "Auktion" verkaufen, aktivierte aber aus Versehen den "Sofortkaufpreis zu 1 Euro". Bei diesem Schnäppchen schlug ein Internetnutzer aus Bottrop sofort zu und nahm das Angebot an.

Umgehend antwortete S — dessen Muttersprache nicht Deutsch ist — per E-Mail und lehnte das schlechte Geschäft ab: "Sorry, das war als eine Auktion gedacht! Leider waren Sie schneller, wie ich den Fehler merkte! Ich werde es von meiner Seite Annulieren …". Doch der Interessent ließ nicht locker und verlangte nun an Stelle des Koffers von S Schadenersatz. Der Bottroper schätzte den Wert des Koffers auf 700 Euro und klagte den Betrag ein.

Verkäufer S pochte auf einen Irrtum beim Einstellen des Angebots: Die Buttons für die beiden Verkaufsarten "Auktion" und "Sofortkauf" seien so angeordnet, dass man sie leicht verwechseln könne. Er sei nur kurz auf die Toilette gegangen und habe mit seiner Tochter gesprochen, da habe schon sein Handy vibriert und signalisiert, der Koffer sei verkauft. Aber für einen Euro hätte er ihn niemals hergegeben. Tatsächlich habe er den Koffer mittlerweile per Auktion für 361 Euro an einen anderen Käufer versteigert.

Das Amtsgericht München gab dem Verkäufer Recht (274 C 21792/16). Der Amtsrichter hatte die Webseite von eBay studiert und kam zu dem Schluss, der von S behauptete Fehler könne im Prinzip jedem Internetnutzer passieren. Die betreffenden Eintragsfelder oder Buttons lägen nah beieinander und seien tatsächlich leicht zu verwechseln. Das Internetauktionshaus ändere zudem häufig die Gestaltung der Eingabeseite, so dass auch erfahrene eBay-Nutzer mal den Überblick verlieren könnten.

Dass Herr S sofort auf das Angebot reagiert habe sowie der Inhalt seiner E-Mail sprächen für die Richtigkeit seiner Angaben. Er habe den Preis von 1 Euro aus Versehen angeklickt. An diese Willenserklärung sei er nicht gebunden. Selbst wenn man annehmen würde, dass zunächst ein Kaufvertrag zustande gekommen sei, habe der Schnäppchenjäger keinen Anspruch auf Schadenersatz.

Denn S habe mit seiner E-Mail das Geschäft "storniert". Dass der Verkäufer von "Fehler" spreche statt von "Irrtum" und den Kaufvertrag nicht "anfechte", sondern "annulliere", ändere daran nichts. Man müsse nicht die richtige juristische Terminologie verwenden, um einen Vertrag wirksam anzufechten.

"FACEYOURMUSIC"

Die Betreiberin einer Musikplattform setzt Markenschutz für ihre Wortschöpfung durch

Eine Unternehmerin betreibt im Internet eine Musikplattform, auf der Nutzer kostenlos Musik anhören, eigene Kompositionen hochladen und präsentieren oder sich über Musikthemen austauschen können. Beim Deutschen Patent- und Markenamt wollte sie für ihre Dienstleistungen (Musikdateien und Videos zum Herunterladen, Computersoftware, Streaming, Bereitstellen von Musikdatenbanken etc.) die Wortschöpfung "FACEYOURMUSIC" als Marke schützen lassen.

Die Markenstelle der Behörde verweigerte den Markenschutz: In der deutschen Bedeutung "Wende dich deiner Musik zu" sei diese Wortkombination nicht mehr als ein anpreisender Werbeslogan, der "von jeder x-beliebigen Firma verwendet werden" könne, um auf ihre Produkte und Dienstleistungen hinzuweisen. Gegen diese Abfuhr legte die Unternehmerin Beschwerde ein und bekam vom Bundespatentgericht Recht (26 W (pat) 503/14).

Werbeslogans seien nicht automatisch als Marke ungeeignet. Das gelte vor allem dann, wenn die Wortfolge nicht nur in einer gewöhnlichen Werbebotschaft bestehe, sondern eine gewisse Originalität aufweise und ein Mindestmaß an Interpretation erfordere. Und das treffe auf die Wortfolge "FACEYOURMUSIC" zu. Sie sei weder in der englischen, noch in der deutschen Sprache üblich.

Im deutschen Sprachgebrauch werde Musik üblicherweise gespielt oder gehört oder genossen. "Sich seiner Musik zuzuwenden" oder "zu stellen" sei keine gebräuchliche Ausdrucksweise. Normalerweise seien es eher negative Dinge, denen man "sich stelle", etwa "einer Gefahr" oder "seinem Schicksal". Die Wortfolge "FACEYOURMUSIC" sei vieldeutig und damit interpretationsbedürftig. Schon deshalb werde sie nicht nur als reklamehafte Anpreisung verstanden.

Gerade weil der Aussagegehalt der Wortfolge diffus bleibe, könne man ihr die Eignung als Marke nicht absprechen. Sie sei so eigenartig, dass sie sich den angesprochenen Internetnutzern als Unternehmenskennzeichen dieser bestimmten Internetplattform einprägen könne. Also erfülle sie auch die Funktion, die Dienstleistungen dieser Webseite vom Angebot anderer Internetunternehmen zu unterscheiden.

Internet-Werbeblocker erlaubt

Niederlage für Medienunternehmen: Software, die Werbung auf Webseiten unterdrückt, ist nicht unzulässig

Jeder Internetnutzer hat sich wohl schon mal über nervige Online-Werbung geärgert. Deshalb machen "Surfer" gerne Gebrauch von Software, die lästige Reklame einfach ausknipst. Die so genannten Ad-Blocker, die Werbung im Internet unterdrücken, verstoßen nach einem Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) München weder gegen das Urheberrecht, noch gegen Wettbewerbsrecht.

Gegen das in ihren Augen unlautere Vorgehen hatten die "Süddeutsche Zeitung" und private Fernsehsender geklagt: Sie stellen im Internet kostenlos Artikel zur Verfügung und finanzieren dieses Angebot mit Reklame. Werbeblocker behinderten das Informationsangebot gezielt, so die Medienunternehmen, sie führten zu massiven Umsatzeinbußen. Konkret ging es in dem Streit um den Werbeblocker AdBlock Plus des Kölner Unternehmens Eyeo.

Die Software schlägt Internetnutzern per Filterliste vor, welche Reklame sie blockieren würde — die Nutzer können diese Liste nach eigenen Kriterien ändern. Werbung, die nach den voreingestellten Kriterien des Werbeblockers nicht stört, steht auf einer "Whitelist" und wird gezeigt. Webseitenbetreiber können sich gegen Zahlung einer Lizenzgebühr in diese Whitelist eintragen lassen. Dann können sie auch auf Computern mit AdBlock Plus Reklame zeigen.

Auf diese Weise übe Eyeo in unlauterer Weise Druck auf sie aus, kritisierten die Medienunternehmen: Sie müssten sich sozusagen von AdBlock Plus freikaufen, um das Freischalten von Werbung zu erreichen. Als Internet-Schmarotzer nutze Eyeo die journalistische Leistung von Medien aus, um Kasse zu machen. Das OLG München mochte sich dieser Kritik nicht anschließen (29 U 1917/16, U 2184/15 Kart, U 2225/15 Kart).

Letztlich gewährleisteten Werbeblocker, dass Internetnutzer ihre "digitale Privatsphäre" kontrollieren könnten. Dabei entschieden die Nutzer und nicht der Anbieter von Adblock Plus darüber, ob Reklame abgeschaltet werde. Rechtswidrig sei das nicht. Zur Informationsfreiheit der Bürger gehöre es auch, nicht ständig von unerwünschter Reklame behelligt zu werden.

Die klagenden Medienunternehmen könnten ihrerseits — wie andere Verlage auch — die Werbeblocker blockieren. Mit dem Effekt, dass Internetnutzer mit installiertem Werbeblocker die einschlägigen Webseiten nicht mehr aufrufen und lesen könnten. Das hätten die Medienunternehmen jedoch nicht getan. Sie ermöglichten den Lesern weiterhin Zugang zu ihren Webseiten, auch wenn diese Werbeblocker einsetzten. Damit billigten sie letztlich deren Einsatz. (Das OLG München hat die Revision gegen das Urteil zugelassen: Das letzte Wort in diesem Rechtsstreit wird also der Bundesgerichtshof haben.)

Filme illegal im Internet verbreitet

Google und YouTube müssen E-Mail-Adressen verdächtiger Internetnutzer bekanntgeben

Eine deutsche Filmgesellschaft fahndete nach Internetnutzern, die ihre Urheberrechte an zwei Filmen verletzt hatten. Die Täter boten die beiden Filme — unter einem Pseudonym — auf der Internetplattform YouTube an. Die Filme wurden mehrere tausend Mal abgerufen. Die Filmgesellschaft wollte die Übeltäter auf Schadenersatz verklagen und verlangte deshalb von YouTube und Google deren richtige Namen und Postanschriften.

Die Medienunternehmen erklärten das für unmöglich: Sie hätten diese Daten gar nicht. Daraufhin forderte die Filmgesellschaft auf dem Klageweg von ihnen Auskunft über E-Mail-Adressen, Telefonnummern und IP-Adressen der Internetnutzer. Das Landgericht wies die Klage ab, doch das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt gab der Filmgesellschaft Recht — zumindest in Bezug auf die E-Mail-Adressen (11 U 71/16).

Derjenige, dessen Urheberrecht "in gewerblichen Ausmaß" verletzt werde, habe laut Gesetz Anspruch auf Auskunft nicht nur gegen den oder die Täter. Sondern auch gegen Personen oder Unternehmen, deren Dienstleistungen für diese Verstöße genutzt wurden. Diese Dienstleister seien verpflichtet, Auskunft über Namen und Anschrift der "Vervielfältiger" geschützter Werke zu erteilen. Unter den Begriff "Anschrift" falle auch die E-Mail-Adresse.

Historisch begründet, habe man unter "Anschrift" ursprünglich nur die Postanschrift verstanden — also den Ort, "an dem man jemanden ‚anschreiben‘ konnte". Das Urheberrechtsgesetz sei 1990 formuliert worden, als der E-Mail-Verkehr praktisch noch kaum eine Rolle spielte. Heutzutage, nach dem Siegeszug des elektronischen Geschäftsverkehrs, bedeuteten die Begriffe "Anschrift" und "Adresse" dasselbe. Der Anspruch auf Auskunft umfasse daher auch die E-Mail-Adresse. Auch sie gebe an, "wohin man schreiben muss, damit das Geschriebene den Empfänger erreicht".

Über Telefonnummer und IP-Adressen müssten Google und YouTube dagegen keine Auskunft erteilen. Nach allgemeinem Sprachgebrauch stellten die "Anschrift" einer Person und deren "Telefonnummer" unterschiedliche Kontaktdaten dar. Bei IP-Adressen handle es sich — trotz des Wortbestandteils "Adresse" — ebenfalls um etwas anderes. Denn der IP-Adresse komme keinerlei Funktion für die Kommunikation zu. Sie diene allein dazu, das Endgerät zu identifizieren, von dem aus eine bestimmte Webseite aufgerufen wurde.

(Das OLG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.)

(Un-)Glücklicher Finder

iPhone gefunden: Doch Hersteller Apple muss es für den neuen Eigentümer nicht freischalten

Im Sommer 2016 hatte Herr T ein iPhone gefunden und im Fundbüro der Kommune abgegeben. Da sich der Verlierer des Smartphones nicht meldete, wurde es nach Weihnachten 2016 Eigentum von Herrn T. So ist es im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt: Dem Finder gehört das Fundstück, wenn der Eigentümer nicht innerhalb eines halben Jahres im Fundbüro erscheint und die verlorene Sache beansprucht (§ 973 BGB).

Doch der Finder hatte nicht viel Freude an seinem neuen, alten Mobiltelefon. Ohne Zugangscode konnte er es nicht benutzen und der Apple Support weigerte sich ohne Angabe von Gründen, das Handy freizuschalten. Vergeblich zog Herr T vor Gericht, um den Apple Support zu verpflichten, das gesperrte und so für ihn wertlose Smartphone freizuschalten: Das Amtsgericht München wies seine Klage ab (213 C 7386/17).

Auf seine Stellung als neuer Eigentümer könne sich der Finder hier nicht berufen, fand die Amtsrichterin. Denn er habe eben — ein halbes Jahr nach dem Fund — das Eigentum an einem gesperrten und für ihn nicht nutzbaren iPhone erworben. Das Mobiltelefon für einen fremden Eigentümer freizuschalten, wäre außerdem vom Standpunkt des Datenschutzes sehr bedenklich.

Damit hätte Herr T Zugriff auf alle Daten, die der ursprüngliche Eigentümer jemals auf dem Handy gespeichert hatte. Um das zu verhindern, würden Mobiltelefone ja gerade gesperrt. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass völlig unklar sei, "wann, wo und unter welchen Umständen das Mobiltelefon dem ursprünglichen Eigentümer abhandengekommen sei."

Europäische "Streitbeilegungsplattform"

Gewerbliche eBay-Angebote müssen Link zur OS-Plattform der EU enthalten

Die EU hat als Beitrag zum Verbraucherschutz und zum reibungslosen Funktionieren des Onlinehandels eine Internet-Plattform (OS-Plattform) eingerichtet. Sie soll bei Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Unternehmern unabhängig und schnell eine außergerichtliche Schlichtung ermöglichen. Die entsprechende EU-Verordnung — "Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten" heißt sie in schönstem Beamtendeutsch — schreibt vor, dass alle gewerblichen Webseiten einen Link zu dieser OS-Plattform enthalten müssen.

Das ist der Hintergrund eines Rechtsstreits zweier Onlinehändler. Beide Unternehmen verkaufen im Internet auf gängigen Plattformen Software, auch über das Internetauktionshaus eBay. Händler X bot Anfang 2017 dort ein Windows-Produkt an. Händler Y beanstandete das Angebot, weil es keinen Link auf die OS-Plattform enthielt: Das verstoße gegen die EU-Vorschrift und müsse künftig anders gehandhabt werden, forderte Händler Y.

Die EU-Verordnung gelte nicht für Angebote auf Handelsplattformen wie eBay, konterte Händler X. Im Übrigen seien auf eBay seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen veröffentlicht. In diesem Text verweise er auf die Internetadresse der OS-Plattform. Das genügt nicht, stellte das Oberlandesgericht Hamm fest, und bestätigte damit eine Entscheidung des Landgerichts Bochum (4 U 50/17).

Auch gewerbliche Angebote auf der Internetplattform eBay müssten einen Link zur OS-Plattform enthalten. Die EU-Verordnung verlange ausdrücklich, dass Online-Marktplätze einen Link zur OS-Plattform setzen müssten. Das bedeute umgekehrt aber nicht, dass diese Pflicht für die einzelnen Anbieter auf so einem Online-Marktplatz entfalle. Die EU-Verordnung setze ein weites Verständnis des Begriffs "Webseite" voraus.

Sinn und Zweck der Vorschrift sei, in ganz Europa Auseinandersetzungen über Online-Kaufverträge möglichst ohne Prozess effektiv und transparent abzuwickeln. Derartige Konflikte beträfen selbstverständlich auch Online-Kaufverträge mit Anbietern auf Handelsplattformen. Händler X müsse die Internetadresse der OS-Plattform außerdem "verlinken". Ein "Link" sei nach allgemeinem Verständnis "klickbar" und nicht nur die Wiedergabe einer Internetadresse im Text.

Kein Markenschutz für Ortsnamen

Unternehmer "Auerbach" möchte seinen Namen als Marke für sein IT-Angebot schützen lassen

Herr Auerbach ist Eigentümer eines Unternehmens für Software und Dienstleistungen rund um Internet und Computer. Beim Deutschen Patent- und Markenamt wollte er seinen Nachnamen als Marke für seine Produkte und Dienstleistungen schützen lassen. Dass die Behörde den Antrag ablehnte, weil Auerbach ein Ortsname ist, leuchtete dem IT-Unternehmer überhaupt nicht ein.

Eine derart häufige Ortsbezeichnung tauge doch gar nicht als geografische Herkunftsangabe, so der Antragsteller: Es gebe 19 deutsche Orte mit dem Namen Auerbach. Keiner der genannten Orte sei für ein bestimmtes Produkt bekannt, schon gar nicht für Software oder Angebote zur Datensicherheit. Verbraucher würden seine Produkte und Dienstleistungen gedanklich mit keinem dieser Orte in Verbindung bringen.

Doch das Bundespatentgericht wies die Beschwerde des IT-Unternehmers zurück und bestätigte die Entscheidung der Markenbehörde (25 W (pat) 41/15). Begriffe, die die geografische Herkunft von Waren und Dienstleistungen bezeichnen könnten, dürften laut Markengesetz nicht als Markennamen registriert werden. Sie dürften nicht von einzelnen Unternehmen monopolisiert werden.

Das Argument, dass potenzielle Kunden die Bezeichnung "Auerbach" derzeit nicht mit einem der Orte in Verbindung brächten, gehe fehl. Eine Ortsangabe als Markenname sei nicht nur dann unzulässig, wenn ein Ort bereits als Produktionsstätte oder "Angebotsort" für eine Produktgruppe bekannt sei. Sondern auch dann, wenn es zumindest in Betracht komme, dass sich einschlägige Firmen hier ansiedelten.

Das treffe z.B. auf Auerbach im Vogtland und Auerbach in der Oberpfalz zu. Nach der Art der Waren und Dienstleistungen, um die es hier gehe, seien diese Orte durchaus als Produktionsstandort bzw. "Angebotsorte" geeignet. Entscheidende Kriterien dafür seien die Größe und wirtschaftliche Bedeutung eines Ortes, Lage und Verkehrsanbindung, die Infrastruktur etc.

Patienten sind auch Verbraucher

Internetapotheken dürfen Widerrufsrecht der Kunden bei Medikamentenbestellungen nicht generell ausschließen

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) beanstandete die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Internetapotheke iPill.de. Die Versandapotheke schloss nämlich das Widerrufsrecht der Verbraucher generell aus, sofern die Kunden apothekenpflichtige oder verschreibungspflichtige Medikamente bestellten. Das begründete der Betreiber der Online-Apotheke mit der "Verderblichkeit" von Arzneimitteln.

Dabei haben Verbraucher im Versand- und Onlinehandel (juristisch: Fernabsatzverträge) das Recht, eine Bestellung innerhalb einer bestimmten Frist zu widerrufen. In der Regel dauert die Frist zwei Wochen. Dieses Recht stehe den Kunden prinzipiell zu, so die Verbraucherschützer, das Gesetz sehe keine Ausnahme für Medikamente vor.

Der vzbv forderte, der Versandapotheker dürfe die betreffende Klausel in seinen AGB nicht länger verwenden. Das Oberlandesgericht Naumburg gab dem Bundesverband Recht (9 U 19/17). Die einschlägige AGB-Klausel benachteilige die Kunden rechtswidrig und sei unwirksam.

Darüber hinaus wurde die Internetapotheke vom Gericht ermahnt, weil sie bei einer vom vzbv initiierten Testbestellung von 13 Packungen Paracetamol falsch reagiert hatte: Sie habe dem Besteller diese ungewöhnlich große Menge geschickt und dazu nur mitgeteilt, es gebe Bedenken gegen eine regelmäßig hohe Einnahme dieses Schmerzmittels. Wenn jemand ein Medikament mit "Missbrauchspotenzial" in solchen Mengen bestelle, sei eine "formelhafte Belehrung" unzureichend. Da müssten Apotheker gezielt nachfragen und im Zweifelsfall die Abgabe des Arzneimittels ablehnen.

Spähsoftware am Arbeitsplatz

Arbeitgeber dürfen Mitarbeiter nicht ohne konkreten Verdacht mit einem "Keylogger" überwachen

Arbeitgeber dürfen ihre Mitarbeiter nur im Ausnahmefall mit Spähsoftware am Computer-Arbeitsplatz ausspionieren, urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG): Im Prinzip sei diese Art der Kontrolle im Betrieb unzulässig (2 AZR 681/16).

Im konkreten Fall ging es um den Einsatz eines so genannten Keyloggers: Das ist eine Software, die jede Tasteneingabe am Computer aufzeichnet und Bildschirmfotos anfertigt (Screenshots). Der Arbeitgeber hatte seinen Angestellten zwar mitgeteilt, er werde ihr "Internet-Surfverhalten" künftig kontrollieren. Verschwiegen hatte er aber, dass er auf allen PCs des Unternehmens einen Keylogger installieren ließ.

Mit Hilfe des "Tastenspions" überführte der Arbeitgeber einen Web-Entwickler. Das Medienunternehmen warf dem Angestellten Arbeitszeitbetrug vor, weil er den Dienst-Computer für private Zwecke benutzt hatte: Er hatte ein Computerspiel programmiert und im Internet Arbeiten für seinen Vater erledigt — überwiegend in den Arbeitspausen, manchmal aber auch während der Arbeitszeit. Deshalb kündigte der Arbeitgeber dem Programmierer fristlos.

Dessen Kündigungsschutzklage war in allen Instanzen bis hin zum BAG erfolgreich. Die Kündigung sei unwirksam, so das BAG, weil sich das Unternehmen die digitalen Daten auf rechtswidrige Weise beschafft habe. Sie dürften vor Gericht nicht verwendet werden. Ein so massiver Eingriff in die Persönlichkeitsrechte sei nur gerechtfertigt, wenn der konkrete Verdacht bestehe, dass ein Arbeitnehmer eine Straftat oder eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen habe.

Mitarbeiter ohne so einen Anlass — "ins Blaue hinein" — generell zu überwachen, sei unverhältnismäßig. Wenn Angestellte ihren Dienst-PC während der Arbeitszeit privat zum Surfen im Internet nutzten, verletze das zwar die arbeitsvertraglichen Pflichten. So gravierend sei der Verstoß jedoch nicht, dass er eine Kündigung des Arbeitsvertrags ohne vorherige Abmahnung rechtfertigen würde.

Auskunft zum Filesharing

Vom Telefonanbieter offenbarte Kunden-Bestandsdaten dürfen vor Gericht verwertet werden

Die Nutzungsrechte für das Computerspiel "Dead Island" gehören einer Onlinefirma, die das Spiel im Internet vertreibt. Als "Dead Island" an einer Internet-Tauschbörse illegal zum Herunterladen angeboten wurde, suchte die Firma nach dem Übeltäter, der ihr Urheberrecht verletzte. Sie wandte sich an die Deutsche Telekom AG als Netzbetreiberin: Bei Verletzungen des Urheberrechts kann der Rechteinhaber von Telekommunikations-Dienstleistern Auskunft verlangen.

Die Telekom teilte mit, welche Benutzerkennung und welche IP-Adressen im fraglichen Zeitraum im Spiel waren. Das Urheberrecht war nicht von einer Vertragspartnerin der Telekom, sondern von einer Kundin des Internetdienstleisters X verletzt worden. Dessen Anschlüsse laufen über das Netz der Deutschen Telekom AG. Die Computerspiel-Firma fragte nun Dienstleister X nach den Daten und X übermittelte ihr den Namen und die Anschrift der Kundin, die "Dead Island" rechtswidrig angeboten hatte.

Von der Kundin forderte die Computerspiel-Firma 860 Euro Abmahnkosten plus 500 Euro Entschädigung für das illegale Filesharing. Zunächst ohne Erfolg, denn das Landgericht war der Ansicht, die Auskunft des Dienstleisters X dürfe vor Gericht nicht als Beweis verwertet werden: Laut Telekommunikationsgesetz müsse vor einer Auskunft über "Verkehrsdaten" (= Verbindungsdaten) ein Richter prüfen, ob sie zulässig sei. Der Richter habe aber nur die Auskunft von Netzbetreiber Telekom genehmigt, nicht die Auskunft von Dienstleister X.

Der Bundesgerichtshof sah dagegen keinen Grund, die von X genannten Daten der Internetkundin vor Gericht nicht zu verwenden. Er hob das Urteil der Vorinstanz auf und verwies den Rechtsstreit zurück (I ZR 193/16). Für die Auskunft des Netzbetreibers liege eine richterliche Genehmigung vor und nur dafür sei sie notwendig, weil es dabei um Verbindungsdaten gehe. Die Telekom habe offengelegt, welche Benutzerkennung den ermittelten IP-Adressen zugeordnet war — von welchem Internetanschluss also das Filesharing ausging.

Bei der Auskunft des "Endkundenanbieters" X sei es um die Personendaten (= Bestandsdaten) der X-Kundin gegangen — dafür sei keine richterliche Erlaubnis notwendig. Die Vorinstanz habe die Klage der Computerspiel-Firma zu Unrecht wegen Beweisverwertungsverbots abgewiesen. Sie müsse sich nun inhaltlich mit der behaupteten Urheberrechtsverletzung befassen.

Vorsteuerabzug elektronisch

Bundesfinanzhof: Auch die Kopie einer Rechnungskopie ist eine Kopie der Rechnung

Unternehmen mit Sitz im Ausland erhalten ihre in Deutschland abziehbaren Vorsteuerbeträge vergütet. Um die Vergütung zu beantragen, mussten sie früher die Originalunterlagen ans Bundeszentralamt für Steuern schicken. Seit 2010 sind die Anträge auf elektronischem Weg zu stellen. Statt der Originale übermitteln Antragsteller daher die Rechnungen, aus denen sich die Vorsteuerbeträge ergeben, elektronisch als Kopie.

Eine Firma kopierte nicht das Original einer Rechnung, sondern eine Rechnungskopie (versehen mit dem Zusatz "Copy 1") und mailte die Kopie von der Kopie ans Bundeszentralamt. Die Behörde versagte ihr aus diesem Grund den Vorsteuerabzug. Dagegen klagte die Firma und bekam vom Bundesfinanzhof Recht (V R 54/16).

Auch die Kopie einer Rechnungskopie sei eine Kopie der Rechnung, stellten die Bundesrichter fest, also eine originalgetreue Reproduktion. Wer im Umsatzsteuer-Vergütungsverfahren Rechnungen maile, müsse die elektronische Kopie nicht von einer Originalrechnung anfertigen.

Wichtig: Seit 2015 gelten schon wieder neue Vorschriften. Demnach müssen die Unternehmen eingescannte Originale einreichen.

Das defekte Smartphone

Landgericht Hagen lehnt Entschädigung für den Ausfall des mobilen Internets ab

Die Kundin hatte in einem Mobilfunkladen einen Mobilfunkvertrag abgeschlossen und 79 Euro für ein neues Smartphone gezahlt. Nach drei Monaten brachte sie das Gerät in den Laden zurück und beanstandete, die Touch-Funktion des Displays funktioniere nicht.

Der Händler sandte das Smartphone zur Servicestelle des Mobilfunkunternehmens und bekam es postwendend wieder — nicht repariert. Der Ausfall sei auf grobe Behandlung zurückzuführen, teilte das Unternehmen mit: Es handle sich sicher um einen Sturzschaden, ein Garantiefall sei das jedenfalls nicht.

Diese Auskunft löste einen langwierigen Streit zwischen Händler und Kundin aus. Sie bestand auf Reparatur oder Ersatz für das Gerät, der Händler lehnte ab. Schließlich verklagte die Frau den Händler: Seit Wochen müsse sie darauf verzichten, mobile Internetdienste zu nutzen. Der Computer zu Hause sei dafür kein adäquater Ersatz. Bis zur Lieferung eines neuen, intakten Smartphones müsse der Händler für den Nutzungsausfall Entschädigung zahlen: einen Euro pro Tag.

Das Landgericht Hagen wies die Klage ab (7 S 70/16). Anspruch auf Ausgleich für den Nutzungsausfall bestünde nur, wenn er finanzielle Verluste nach sich ziehen würde, weil die Kundin auf die ständige Verfügbarkeit eines Smartphones für ihre Lebensführung angewiesen sei. Das treffe nicht zu, denn die Kundin sei telefonisch über ein Ersatzhandy erreichbar gewesen und habe Zugang zum Internet am Heimcomputer.

Darüber hinaus mobile Internetdienste — wie etwa einen serverbasierten Kalender — nutzen zu können, sei kein elementarer Bestandteil der Lebensführung. Für einen Großteil der Bevölkerung gehöre es (noch) nicht unverzichtbar zum Alltag, Bankgeschäfte unterwegs mit dem Smartphone durchzuführen, ständig damit zu fotografieren etc. Davon sei trotz der Allgegenwärtigkeit von Smartphones im Alltag nicht auszugehen.

Der Händler müsse der Kundin aber ein vergleichbares, neues Smartphone zur Verfügung stellen. Wenn ein Gerät innerhalb von sechs Monaten nach dem Kauf einen Defekt aufweise, werde zu Gunsten des Käufers angenommen, dass der Defekt auch bei der Übergabe der Kaufsache bereits vorhanden war. Das habe der Händler nicht widerlegen können.

Online-Kochrezepte nur für Profis?

Richtet sich ein Internetangebot nur an "Gewerbetreibende", ist darauf deutlich hinzuweisen

Eine X-GmbH bietet auf ihrer Webseite eine Datenbank mit Kochrezepten an. Das Angebot ist kostenpflichtig: Wer sich als Nutzer anmeldet, zahlt für einen Vertrag mit einer Mindestlaufzeit von zwei Jahren monatlich 19,90 Euro.

In den Erläuterungen auf der Webseite schrieb die X-GmbH, ihr Angebot richte sich an Restaurants und Profiköche. Ganz unten im Text stand der Hinweis, die Datenbank sei für Selbständige und Gewerbetreibende gedacht, nicht für Verbraucher. Der gleiche Hinweis fand sich in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die Kunden bei der Anmeldung bestätigen mussten.

Ein Verein für Verbraucherschutz im Internet kritisierte die Webseite als rechtswidrig: Entgegen den AGB richte sich die Internetseite der X-GmbH nach ihrem gesamten Erscheinungsbild auch an Verbraucher. Doch die gesetzlichen Vorschriften für solche Internetangebote halte sie nicht ein: So fehle jeder Hinweis auf das Widerrufsrecht, das Verbrauchern bei Online-Verträgen zustehe. Der Verein forderte deshalb von der X-GmbH, ihre Webseite zu ändern oder sie abzuschalten.

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm gab den Verbraucherschützern Recht (12 U 52/16). Unternehmer könnten natürlich ihr Internetangebot auf Gewerbetreibende beschränken, betonte das OLG. Das setze aber voraus, dass diese Absicht auf der Webseite so klar zum Ausdruck gebracht werde, dass kein Interessent sie übersehen oder missverstehen könne. Darüber hinaus müsse gewährleistet sein, dass Online-Verträge mit Verbrauchern nicht ohne weiteres zustande kämen.

Diese Voraussetzungen erfülle die Kochrezepte-Webseite nicht. Text und Überschrift stellten nicht eindeutig klar, dass Verbraucher keine Kunden werden könnten. Die entsprechenden Textstellen seien leicht zu übersehen. Im "Blickfang" befänden sich die Eingabefelder für die Kontaktdaten — und hier sei das Feld "Firma" kein Pflichtfeld. Interessenten könnten sich also anmelden, ohne eine Firma oder eine andere gewerbliche Bezeichnung einzutragen.

Neben dem Feld, in dem Interessenten den AGB zustimmen sollten, stehe zwar, dass der Kunde damit seinen gewerblichen Status bestätige. Doch auch dieser Hinweis sei so klein gedruckt, dass Internetnutzer ihn nicht unbedingt wahrnähmen. Zudem klickten sie dieses Feld in der Regel nur an, ohne die AGB zu lesen. Insgesamt genüge die Gestaltung der Webseite nicht den Anforderungen an einen Verbrauchervertrag im elektronischen Rechtsverkehr. Die X-GmbH müsse entweder die Vorschriften für Verbrauchergeschäfte einhalten oder den Gebrauch der Webseite unterlassen.

EuGH zu Streamingportalen

Urheberrecht: Nicht nur Filesharing von Filmen, auch Streamen kann illegal sein

So genannte Streaming-Webseiten wie z.B. Kinox.to bieten im Internet Serien und Filme an. Solche Portale mit Hilfe von Computern oder Mediaplayern zu nutzen, galt bisher als mehr oder weniger legal. Denn anders als beim Filesharing werden die geschützten Werke auf diese Weise von den Nutzern nicht weiterverbreitet, sondern nur zwischengespeichert und angesehen.

Doch der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat nun entschieden, dass auch das rechtswidrig sein kann — vorausgesetzt, der Nutzer weiß, dass er illegal geschützte Werke "konsumiert" (C-527/15).

Im konkreten Fall ging es um das Geschäftsmodell eines Niederländers, der im Internet verschiedene Modelle einer Multimedia-Box ("filmspeler") anbot. Auf den Geräten sind Software und Add-ons installiert, über die man auf illegale Streaming-Webseiten zugreifen kann. Der "Medienabspieler" verbindet das Internet mit dem Fernseher: So können die Nutzer kostenlos auch Filme oder Serien anschauen, die rechtswidrig im Internet zugänglich sind.

Gegen dieses Geschäftsmodell klagte der niederländische Verband "Stichting Brein", der sich für den Schutz von Urheberrechten einsetzt. Das niederländische Gericht, das über den Rechtsstreit urteilen sollte, legte ihn dem EuGH vor. Und der EuGH kam zu dem Schluss: Derartige Geräte zu verkaufen, verletzt das Urheberrecht. Filme oder Serien über Mediaplayer abzuspielen, stelle eine "öffentliche Wiedergabe geschützter Werke" dar.

Viele Personen hätten den "Medienabspieler" gekauft, die vermutlich größtenteils über Internet verfügten. Somit richte sich die Wiedergabe geschützter Werke per "Medienabspieler" an eine unbestimmte Zahl möglicher Adressaten. Diese zahlten für das Gerät, um direkten Zugang zu Werken zu erhalten, die auf Streaming-Webseiten ohne Erlaubnis der Urheber zugänglich gemacht würden. Das beeinträchtige die Verwertung dieser Werke und damit die berechtigten Interessen der Urheber.

Diese Argumente gelten natürlich auch für Computer, die Streaming ermöglichen. Dass das Urteil zu einer Abmahnwelle gegen private Nutzer von Streamingportalen führt, ist vorerst aber nicht zu erwarten. Denn illegale Streamingportale speichern die IP-Adressen ihrer Nutzer nicht. Wer allerdings für solche Dienste Geld überwiesen hat, ist durch den Zahlungsvorgang leicht zu identifizieren und muss künftig mit einer Abmahnung wegen Urheberrechtsverletzung rechnen.

eBay-Verkäufer schlecht gemacht

eBay-Käufer muss seine falsche Bewertung eines Anbieters löschen

Auf der Internet-Handelsplattform eBay bot Verkäufer A einen kaum gebrauchten Vorverstärker für Audiosysteme (Burmester 808 MK3) an. Er versprach in der Beschreibung "Vollausstattung im Best/Neu-Zustand, keine 100 Betriebsstunden". Das Gerät werde "in der Originalverpackung geliefert". Für 7.500 Euro kaufte eBay-Nutzer B das Gerät. Verkäufer A schickte es ihm in der Originalverpackung.

Trotzdem behauptete Käufer B auf dem eBay-Bewertungsportal das Gegenteil: "Keine Originalverpackung; deshalb ist jeglicher Versand mehr als ein Risiko!!!" Daraufhin wurde die bisher tadellose Bewertung des Anbieters A von 100 Prozent auf 97,1 Prozent herabgestuft. Mehrmals forderte der Verkäufer den unehrlichen Käufer auf, seine negative Bewertung zurückzunehmen — ohne Erfolg

B erhob nun sogar den Vorwurf, A habe den Vorverstärker gegen seinen Willen mit einem Paketdienst versandt. Er hätte die Ware lieber persönlich abgeholt oder von einer Spedition seines Vertrauens abholen lassen. Trotzdem habe A das Gerät verschickt und zwar nicht im aktuellen Karton von Burmester.

Das Amtsgericht München verurteilte Käufer B dazu, seine falsche Bewertung zu löschen (142 C 12436/16). Tatsächlich habe es sich um die originale Verpackung gehandelt. Dass A das Gerät gegen den Willen des Käufers versandt habe, treffe ebenfalls nicht zu: Wie die E-Mail-Korrespondenz zeige, habe B den Verkäufer ausdrücklich um die Mitteilung der Sendungsnummer gebeten. Also sei er mit dieser Art der Lieferung einverstanden gewesen. Bestandteil des Kaufvertrags sei auch die Pflicht des Käufers, die Onlineauktion wahrheitsgemäß zu bewerten.

Wer eine falsche Bewertung abgebe, schade dem eBay-Verkäufer. Denn vom Bewertungsprofil hänge sein Verkaufserfolg ab, das sei sein "Aushängeschild". Zudem sei das Bewertungssystem das zentrale Instrument der Internetplattform eBay, wesentlich für das Unternehmen selbst wie auch für die Nutzer. Letztere bekämen dadurch Informationen über frühere Transaktionen und die Verkäufer, die für die Nutzer ja nicht direkt "greifbar" seien. Die Bewertungen stellten Empfehlungen dar oder warnten Kunden vor unseriösen Anbietern.

Streit um "berlin.com"

Hat die deutsche Hauptstadt Berlin ein Monopol auf die Internetdomain "berlin.com"?

Unter der Domain "berlin.de" tritt das Land Berlin schon seit vielen Jahren im Internet auf und informiert über Politik, kulturelle Ereignisse, touristische Höhepunkte etc. in der Stadt. Sehr zum Ärger der Berliner Medienverantwortlichen verbreitet seit 2011 ein weltweit agierender Medienkonzern über die Domain "berlin.com" ebenfalls touristische Informationen über Berlin. Es folgten einige Prozesse um die Domain.

Sie führten immerhin zu einem Entgegenkommen des Konzerns. Seit einiger Zeit erscheint beim Aufruf der Webseite ein Hinweis in englischer und deutscher Sprache: "Berlin.com wird von Berlin Experten betrieben und ist keine Webseite des Landes Berlin". Damit gab sich das Land Berlin jedoch nicht zufrieden. Es zog erneut gegen den Medienkonzern vor Gericht, um ihm das Benutzen seiner Domain verbieten zu lassen und Auskunft über Gewinne durch die Webseite zu fordern.

Doch das Landgericht Berlin ließ das Land Berlin abblitzen (3 O 19/15). Zwar seien nicht nur Markennamen, sondern auch die Namen von Kommunen oder Bundesländern geschützt, betonte das Gericht. Anders als das Land Berlin behaupte, maße sich der Betreiber der umstrittenen Webseite den Namen Berlin aber gar nicht an. Der Hinweis auf der Webseite sei eindeutig: Wer auch immer diese Webseite aufrufe, werde verstehen, dass nicht der Stadtstaat Berlin dahinter stehe.

Heutzutage gebe es eine Vielzahl kommerzieller Webseiten mit Informationen zu "allem und jedem". Daher würden Internetnutzer ohnehin davon ausgehen, dass eine Domain "berlin.com" auf Informationen zu Berlin verweise und nicht auf das Land als Urheber der Webseite. Auch die Gefahr, dass jemand den Medienkonzern mit dem Land Berlin verwechseln könnte, bestehe nicht: Die Top Level Domain "com" sei nicht länderbezogen.

Und wer über eine Suchmaschine Informationen über die Stadt Berlin suche, lande sowieso bei der offiziellen Webseite der Stadt "berlin.de", die auf den Trefferlisten ganz oben stehe. Da tauche die Seite "berlin.com" erst weiter unten auf. Wer sie anklicke, erfahre dann als Erstes, dass dies keine Webseite des Landes Berlin sei. Es gebe also keinen Grund, dem Konzern die Domain "berlin.com" zu verbieten.

Betriebsrat darf bei Facebook-Auftritt mitreden

Wenn es auf der Facebook-Seite eines Unternehmens (auch) um das Verhalten von Mitarbeitern geht, gilt im Internet Mitbestimmung

Im konkreten Fall ging es um einen Konzern, der Blutspendedienste betreibt. Doch das Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts zur Mitbestimmung des Betriebsrats gilt prinzipiell für alle großen Unternehmen und ihre Internetauftritte. Der betreffende Konzern hatte 2013 bei Facebook eine Seite eingerichtet: für Marketing und Kommunikation mit Nutzern, die dort eigene Beiträge einstellen konnten.

Da bei Facebook registrierte Internetnutzer auf dieser Seite regelmäßig auch zu Konzernmitarbeitern und ihren Leistungen Stellung nahmen, forderte der Konzernbetriebsrat Mitsprache. Mit Hilfe der Auswertungsmöglichkeiten, die Facebook biete, könne der Arbeitgeber die Beschäftigten kontrollieren, so die Begründung der Arbeitnehmervertreter: Öffentliche Kommentare zum Verhalten von Arbeitnehmern erzeugten erheblichen Druck.

Während der Betriebsrat mit seinem Anliegen beim Unternehmen und zunächst auch bei den Arbeitsgerichten abblitzte, schlug sich am Ende das Bundesarbeitsgericht (BAG) auf seine Seite (1 ABR 7/15). Laut Betriebsverfassungsgesetz habe der Betriebsrat unter anderem bei der "Anwendung von technischen Einrichtungen" mitzubestimmen, die dazu bestimmt seien, "das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen", stellte das BAG fest.

Das könne unter bestimmten Bedingungen auch auf Internetauftritte zutreffen: Wenn ein Arbeitgeber so genannte "Besucher-Beiträge" (Postings) von Facebook-Nutzern bzw. Kunden direkt veröffentliche, die sich inhaltlich mit dem Verhalten und/oder den Leistungen einzelner Mitarbeiter befassten, habe der Betriebsrat das Recht, auf die Gestaltung der Facebook-Seite Einfluss zu nehmen.

Filesharing am Familien-Internetanschluss

Eltern haften für die Urheberrechtsverletzung eines ihrer volljährigen Kinder

Im Januar 2011 wurde das Musikalbum "Loud" der Sängerin Rihanna im Internet zum kostenlosen Download angeboten: illegales Filesharing. Der Medienkonzern, der die Verwertungsrechte an diesen Musiktiteln innehat, ließ den Internetanschluss ermitteln, von dem die Urheberrechtsverletzung ausgegangen war.

Es handelte sich um einen Familienanschluss: Den teilten sich Eltern und ihre drei volljährigen Kinder, die noch im Haus wohnten. Jedes Familienmitglied hatte einen eigenen Rechner und über den WLAN-Router Zugang zum Internet. Die Eltern erklärten, sie wüssten, welches ihrer Kinder die illegale Aktion ausgeführt habe. Doch den Namen gaben sie nicht preis. Das Landgericht verurteilte sie, dem Medienkonzern 2.500 Euro Schadenersatz zu zahlen und zusätzlich die Abmahnkosten zu erstatten.

Alle Rechtsmittel gegen dieses Urteil blieben erfolglos, auch der Bundesgerichtshof bestätigte es (I ZR 19/16). Wenn von einem Internetanschluss aus das Urheberrecht verletzt wurde, sei der Anschlussinhaber verpflichtet, im Rahmen des Zumutbaren zur Aufklärung beizutragen, betonten die Bundesrichter. Andererseits sollten solche Nachforschungen nicht den Familienfrieden stören: Schutz der Familie und Schutz des geistigen Eigentums müsse man gegeneinander abwägen.

So könne man z.B. von einem Ehepartner nicht verlangen, die Internetnutzung des anderen Partners zu dokumentieren oder dessen Computer auf Filesharing-Software zu durchforsten. Hier liege der Fall aber anders: Denn die Eltern wüssten bereits darüber Bescheid, welches Familienmitglied das Urheberrecht verletzt habe. Unter diesen Umständen müssten sie den Namen offenbaren oder selbst Schadenersatz leisten.

Diskriminierende Stellenanzeige?

IT-Unternehmen suchte Softwareentwickler für ein "junges, hochmotiviertes Team"

Eine 52-jährige Informatikerin bewarb sich bei einem IT-Unternehmen. 2014 schaltete das 2008 gegründete Unternehmen eine Stellenanzeige im Internet. Es beschrieb sich selbst als junges, dynamisches Start-up mit zahlreichen "Daten Scientists". Gesucht wurde ein Softwareentwickler (w/m) für Kundenprojekte mit sehr guten Deutsch- und Englischkenntnissen, Erfahrung mit Programmiersprachen etc. für ein "junges, hochmotiviertes Team".

Als die Bewerberin nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde, verlangte sie vom IT-Unternehmen 10.000 Euro Entschädigung: Man habe sie offenbar wegen ihres Alters und wegen ihrer russischen Herkunft benachteiligt. Sie erfülle alle Anforderungen der Stellenbeschreibung, sei aber keine deutsche Muttersprachlerin. Sehr gute Sprachkenntnisse zu fordern, sei überzogen. Die Formulierung "junges, hochmotiviertes Team" zeige, dass ältere Mitarbeiter unerwünscht seien.

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg wies die Zahlungsklage der abgelehnten Bewerberin ab (19 Sa 27/15). Die Forderung nach sehr guten Englisch- und Deutschkenntnissen sei in einem international handelnden Unternehmen sachlich gerechtfertigt. Laut Stellenanzeige sei die Kommunikation mit Kunden aus aller Welt ein wichtiger Bestandteil der Tätigkeit. Im Übrigen könne jeder, unabhängig von seiner Herkunft, Fremdsprachen erlernen und sehr gut beherrschen.

Die Stellenanzeige lasse auch nicht den Schluss zu, dass die Bewerberin wegen ihres Alters benachteiligt worden sei. Die Formulierung sei keineswegs eindeutig: "Jung" könne sich auf das Lebensalter der Teammitglieder beziehen. Damit könne aber auch gemeint sein, dass das Team "noch nicht lange bestehe": So umschreibe der Duden das Adjektiv "jung". Dieses Verständnis des Wortes "jung" würde zur Selbstdarstellung des Unternehmens passen, das erst seit ca. sechs Jahren existiere und neue Geschäftsfelder erschließe: ein innovatives, flexibles, junges Start-Up-Unternehmen.

Bei dieser Selbstdarstellung gehe es zweifellos um das Alter des Unternehmens. Die Stellenanzeige knüpfe nicht ans Lebensalter potenzieller Bewerber an, was auch die Anforderungen an die Kandidaten zeigten: Nicht nur ein Studium der Informatik sei gefragt, sondern mehrjährige Erfahrung mit Software und Programmiersprachen. Sehr junge Bewerber könnten dieses Anforderungsprofil gar nicht erfüllen. Und: Selbst wenn sich das Team überwiegend aus jungen Mitarbeitern zusammensetzen sollte, sei das nicht gleichbedeutend damit, dass ältere Bewerber keine Chance hätten.

Würde sich Daniel Düsentrieb heute "e-FRIEND" nennen?

Computerdienstleister will "e-FRIEND" als Markennamen schützen lassen

Ein Computerdienstleister — Berater von Unternehmen in Industrie und Medienbranche — meldete beim Deutschen Marken- und Patentamt den Begriff "e-FRIEND" als Markennamen für allerlei Waren und Dienstleistungen an: für Computersoftware (Entwicklung, Wartung, Installation), Magnetkartenleser, Datenübertragung, Erstellen von Netzwerken, von "Internetaktivitätsmodulen", digitale Bildbearbeitung, Online-Shoppingdienste etc.

Die Behörde verweigerte dem Dienstleister den Markenschutz: Im Bereich Elektronik werde das Kürzel "e" stets als Hinweis auf elektronische Waren oder darauf bezogene Dienstleistungen gebraucht. Das englische Wort für "Freund" werde im Sinne von "Helfer, Unterstützer" häufig für technische Geräte bzw. Dienstleistungen verwendet und so verstanden. Daher tauge die Kombination "e-FRIEND" nicht als Markenname: Sie werde als Hinweis auf die Art des Angebots aufgefasst und nicht als Unternehmenskennzeichen.

Gegen den ablehnenden Bescheid legte der Computerdienstleister Beschwerde ein: Der Begriff "e-FRIEND" existiere in Lexika der deutschen Sprache noch nicht, sei eine originelle Schöpfung und damit als Marke sehr einprägsam. Seine gewerblichen Adressaten würden damit keine bestimmten Waren und Dienstleistungen verbinden. Dem widersprach jedoch das Bundespatentgericht und gab dem Markenamt Recht (24 W (pat) 568/14).

Da das Unternehmen nun einmal Computerdienstleistungen anbiete, seien seine Verweise auf alternative Bedeutungen des Kürzels "e" (Tonart "e-moll", E-Klasse bei Autos) ziemlich abwegig. Auch das Wort "Freund" sei in der IT-Branche gängig. Adressaten würden daher den Begriff "e-FRIEND" ohne weiteres als "elektronischer Freund" übersetzen und als Sachhinweis auf Waren und Dienstleistungen bewerten, deren wesentliche Eigenschaft darin bestehe, im Bereich Elektronik und Computer hilfreich zu sein.

Deshalb würde der Begriff nicht die Funktion erfüllen, die ein Markenname erfüllen solle: ein Angebot als von einem bestimmten Unternehmen stammend zu kennzeichnen und so dessen Waren und Dienstleistungen von denjenigen anderer Unternehmen zu unterscheiden. "E-FRIEND" beschreibe stattdessen den Charakter des Angebots. Dass der Begriff sprachlich (möglicherweise) eine Neuschöpfung darstelle und noch nicht in Lexika stehe, ändere daran nichts.