Industrie und Handwerk

Luxusparfüms imitiert?

Verkäufer von Markenware zieht gegen Billiganbieter zu Felde

Wollte die Parfümeriekette so ihr Weihnachtsgeschäft retten? Jedenfalls verklagte die Verkäuferin von teuren Parfüms bekannter Marken eine Drogeriekette. Ihr Vorwurf lautete: Deren billige Parfüms imitierten die Düfte der Markenware. Um den Ramsch besser losschlagen zu können, habe die Drogeriekette ihren Imitaten außerdem Namen gegeben, die bei den Kunden Assoziationen zu den Markenparfüms weckten.

So spiele beispielsweise der Name "Icy Cold" auf das teure Parfüm "Cool Water" von Davidoff an. "Sunset Boulevard" sei zu verstehen als Hinweis auf das Originalprodukt "Sun" von Jil Sander. Wer den Anfangsbuchstaben "J" bei einem Parfüm verwende (so etwa bei "Justice Blue"), wolle ein Originalparfüm der Marke "JOOP!" nachahmen. Geschützte Marken zu imitieren, stelle unlauteren Wettbewerb dar. Deshalb müsse die Billiganbieterin ihre Waren anders nennen, forderte die Parfümeriekette.

Beim Bundesgerichtshof hatte sie damit keinen Erfolg (I ZR 169/04). Einen Verstoß gegen die Regeln des Wettbewerbs habe die Parfümeriekette nicht belegen können. Ihr Verdacht, dass Verbraucher die Bezeichnungen der billigen Dürfte tatsächlich mit teuren Markenparfüms in Verbindung brächten, sei doch eher weit hergeholt. Um die Namen als Anspielung auf die Originalprodukte zu verstehen, müssten Kunden diese "Codes" kennen und sie gleichsam übersetzen. Das sei höchstens Insidern aus der Branche zuzutrauen.

Urheberrechtsabgabe auf Drucker?

"VG Wort" kämpft für die Rechte von Autoren und Verlegern

Autoren und Verleger sollen nach dem Willen des Gesetzgebers einen Ausgleich dafür bekommen, dass unter bestimmten Bedingungen das Kopieren ihrer Werke ohne Erlaubnis und Vergütung zulässig ist. Eigentlich vervielfältigen ja nur die Käufer (oder Mieter) von Kopierern bzw. Scannern Bücher und andere geschützte Werke. Trotzdem müssen auch die Gerätehersteller eine Vergütung an VG Wort zahlen (= Verwertungsgesellschaft Wort ist die Interessenvertreterin der Autoren und Verleger).

Die Vergütungspflicht wollte die VG Wort auf Hersteller und Verkäufer von Druckern ausdehnen. Das lehnte der Bundesgerichtshof ab (I ZR 94/05). Drucker seien nicht zum massenhaften Ablichten von Texten gedacht und geeignet. In Kombination mit PCs eingesetzt, könne man mit ihnen keine fotomechanischen Vervielfältigungen herstellen.

Zum anderen könne die VG Wort nach der heutigen Rechtslage bei Gerätekombinationen (PC, Scanner und Drucker) nur für ein Gerät Vergütung kassieren. Und für Scanner werde schon bezahlt. Ohne gesetzliche Grundlage könne man die Hersteller anderer Geräte nicht mit der urheberrechtlichen Vergütung belasten. (Über die Vergütung bei Multifunktionsgeräten wird im Januar entschieden.)

"Geprüfte Sicherheit"

TÜV-Siegel nur für technische Arbeitsmittel oder fertige Gebrauchsgegenstände

Prangt auf einer Ware eine gute Note der Stiftung Warentest oder ein anderes Gütesiegel, fördert das bekanntlich den Absatz. Wie viele andere Unternehmen strebte daher ein Hersteller von Sicherheitskupplungen für Maschinen danach, für seine Produkte ein anerkanntes Zertifikat zu erhalten. Er wandte sich an den Technischen Überwachungsverein (TÜV) Süd, der nach eingehender Prüfung den Kupplungen das TÜV-Siegel "GS - Geprüfte Sicherheit" erteilte.

Doch dafür wurde der TÜV Süd von der zuständigen Überwachungsbehörde gerüffelt: Das GS-Zeichen dürfe (nach dem Geräte- und Produktsicherheitsgesetz) nur für "technische Arbeitsmittel" oder "verwendungsfertige Gebrauchsgegenstände" verliehen werden. Die Sicherheitskupplungen gehörten nicht zu diesen beiden Kategorien, sie dürften kein Prüfzeichen erhalten.

Verständlicherweise war der Unternehmer von dieser Nachricht wenig erbaut: Zum einen, weil er das Gütesiegel zurückgeben musste. Zum anderen, weil er seine Waren bereits mit dem GS-Aufdruck versehen und die Werbeprospekte geändert hatte. Wenigstens für diese Ausgaben wollte er nun eine Entschädigung sehen. Zu Recht, wie das Landgericht München I entschied (14 HKO 7323/07).

Indem er unzulässigerweise ein GS-Prüfsiegel verlieh, habe der TÜV Süd das Unternehmen zu unnötigen Ausgaben verleitet. Für diesen Schaden müsse der TÜV geradestehen. Hersteller dürften sich darauf verlassen, von einer (staatlich autorisierten) Stelle nur "etwas erteilt zu bekommen, was auch rechtlich möglich sei".

Schornsteinfeger "entlassen"

Handwerker im öffentlichen Auftrag müssen zuverlässig arbeiten

Kamine dürfen in Deutschland nur von Bezirksschornsteinfegermeistern gekehrt, geprüft und gemessen werden (das so genannte Kehrmonopol). Bezirksschornsteinfeger bekommen bestimmte Gebiete zugewiesen und sind sozusagen als öffentlich bestellte Handwerker im Auftrag des Staates tätig. Das Schornsteinfegergesetz regelt ihre Tätigkeit penibel.

Das bekam ein Bezirksschornsteinfegermeister aus dem Kreis Herford jetzt zum wiederholten Mal zu spüren. Schon im Jahr 2000 hatte ihm ein Gericht ein "Warnungsgeld" von 5.000 DM aufgebrummt, weil er entgegen den Vorschriften keinen Gesellen beschäftigte. In den folgenden Jahren häuften sich die Beschwerden über den Schornsteinfeger: Er hatte gelegentlich von Hausbesitzern Gebühren verlangt (ohne rechtliche Grundlage) und kam der Pflicht, sein Tun und Treiben zu dokumentieren, immer nur sehr schlampig nach.

Aus diesem Grund widerrief die Bezirksregierung Detmold die Bestellung des Mannes zum Bezirksschornsteinfeger. Das Verwaltungsgericht Minden wies die Beschwerde des Schornsteinfegers gegen die Entscheidung zurück (3 L 699/07). Für diese Tätigkeit im öffentlichen Auftrag sei ein hohes Maß an Zuverlässigkeit unabdingbar. Die bringe der Herforder Schornsteinfeger offenkundig nicht mit. Daher sei das Verbot rechtens. (Der Schornsteinfeger hat gegen den Beschluss Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht Münster eingelegt.)

Lichtrufanlage defekt?

Hersteller behebt den vermeintlichen Mangel und verlangt vom Käufer Schadenersatz

Elektroinstallationsbetrieb E kaufte beim Hersteller eine Lichtrufanlage und baute diese in einem Altenheim ein. Schon bald meldete der Heimleiter, das System sei gestört. Firma E schickte einen Mitarbeiter, der die Anlage überprüfte, aber die Fehlfunktion nicht beheben konnte. Nun tippte der Elektroinstallateur auf einen Defekt in der Anlage und forderte den Hersteller auf, den Mangel zu beseitigen.

Ein Servicetechniker des Produzenten behob die Störung und berichtete seinem Chef, dass die Lichtrufanlage einwandfrei war. Entweder der Installateur habe eine nötige Kabelverbindung nicht hergestellt oder das Pflegepersonal im Heim habe an der Anlage Einstellungen verändert. Nur deshalb habe sie nicht funktioniert. Daraufhin verlangte das Unternehmen von Firma E Schadenersatz für die Lohn- und Fahrtkosten des Technikers (773,95 Euro).

Zu Recht, wie der Bundesgerichtshof entschied (VIII ZR 246/06). Der Elektroinstallateur habe seine vertraglichen Pflichten als Käufer verletzt. Er bzw. sein Mitarbeiter hätte erkennen müssen, dass die Anlage in Ordnung war und die Ursache für die beanstandete Störung im Verantwortungsbereich der Firma lag. Entweder habe Firma E die Anlage von vornherein verkehrt eingebaut oder ihr Mitarbeiter habe bei der Kontrolle übersehen, dass das Pflegepersonal die Fehlfunktion ausgelöst habe.

Mit dieser Argumentation würden die Rechte des Käufers nicht ungebührlich beschnitten, betonten die Bundesrichter. Käufer könnten allemal von Verkäufern verlangen, Mängel zu beseitigen. Allerdings müssten sie - soweit dies ohne besondere Fachkenntnisse möglich sei - sorgfältig prüfen, ob die Ursache von Fehlfunktionen "im eigenen Einflussbereich" liegen könnte. Bleibe dabei ungewiss, ob tatsächlich ein Mangel vorliege, könne der Käufer reklamieren, ohne Schadenersatzansprüche fürchten zu müssen (selbst wenn sich sein Verlangen im Ergebnis als unberechtigt herausstelle).

Schwarzarbeit in einer Spedition

Für vorsätzlich nicht gezahlte Sozialversicherungsbeiträge haftet ein Unternehmer 30 Jahre lang

Zuerst kamen die Steuerfahnder, weil ihnen am Geschäftsgebaren einer Bochumer Spedition einiges dubios vorkam. Den Finanzbeamten fiel auf, dass die Lohnquittungen der pauschal besteuerten Aushilfskräfte weniger Fahrtstunden aufwiesen als die Tachoscheiben aufgezeichnet hatten. Da war also einiges "unter der Hand gelaufen", als Schwarzarbeit. Das gestand schließlich auch der Geschäftsführer.

Daraufhin verlangte die Deutsche Rentenversicherung Westfalen nachträglich von der Spedition Sozialversicherungsbeiträge für die Jahre 1995 bis 1998 (24.495 Euro zuzüglich 15.820 Säumniszuschläge). Die Forderungen seien längst verjährt, hielt das Unternehmen dagegen. Doch das Sozialgericht Dortmund verurteilte die Spedition zur Zahlung (S 34 R 50/06).

Die konkrete Beitragshöhe für die einzelnen Fahrer sei nicht mehr festzustellen, weil die Spedition die Fahrten nur sehr unzulänglich aufgezeichnet habe. Deshalb werde nun die Summe der Arbeitsentgelte geschätzt und daraus die Sozialversicherungsbeiträge errechnet. Wer Leute schwarz beschäftige, habe auch vor, der Sozialversicherung Beiträge vorzuenthalten. Vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjährten erst nach 30 Jahren.

Pharmaunternehmen spendet Wasserspender

Pharmaindustrie darf Ärzten keine teuren Geschenke machen

Ein großer Pharmahersteller bot Ärzten im Internet einen 700 Euro teuren Wasserspender zum "exklusiven Vorzugspreis" an (minus ca. 40 Prozent). Darüber hinaus konnten sich Mediziner auf Kosten des Pharmaherstellers von externen Unternehmensberatern unterstützen lassen (z.B. beim betriebswirtschaftlichen Praxismanagement).

Ein Verband von Arzneimittelherstellern, der sich für korrekte Zusammenarbeit zwischen Ärzten und pharmazeutischer Industrie einsetzt, wandte sich gegen diese Sorte von "Imagepflege": So motiviere man Ärzte, als Gegenleistung die Medikamente des großzügigen Spenders zu verschreiben. Das sei unlauterer Wettbewerb. Der Verband klagte auf Unterlassung und bekam vom Landgericht München I Recht (1 HKO 13279/07).

Mediziner sollten sich beim Verschreiben allein von den Interessen der Patienten leiten lassen. Alles, was den bösen Schein einer unsachlichen Einflussnahme von außen erwecken könnte, beeinträchtige das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient. Geschenke und Zuwendungen im Wert von mehreren hundert Euro seien geeignet, Ärzte beim Verschreiben von Medikamenten zu beeinflussen. Diese Art von Großzügigkeit sei mit den "guten Sitten im Wettbewerb" unvereinbar.

Im übrigen gehe auch die Pharmaindustrie selbst davon aus, dass an Ärzte nur geringwertige produktbezogene Werbegaben verteilt werden dürften. Das sei zumindest ihren "Verhaltensempfehlungen für die Zusammenarbeit der pharmazeutischen Industrie mit Ärzten" zu entnehmen. (Diese Empfehlungen gedenkt der Pharmahersteller wohl zu ignorieren; zumindest hat er gegen das Urteil Berufung eingelegt.)

EuGH soll über "Bayerisches Bier" entscheiden

BGH verweist die Klage des Bayerischen Brauerbunds gegen "Bavaria Holland Beer" weiter

Auf Antrag der Bundesrepublik Deutschland, gestellt 1994, wurde die Bezeichnung "Bayerisches Bier" 2001 von der Europäischen Kommission als geschützte geographische Angabe registriert. Eine niederländische Brauerei verkauft "Bavaria Holland Beer", eine Marke, die seit 1995 ebenfalls international registriert ist.

Dadurch sahen die bayerischen Brauer ihre geschützte geographische Angabe "Bayerisches Bier" verletzt. Die Niederländer pochten dagegen auf "ältere Rechte". Ihr Markenschutz gelte seit 1995, der für "Bayerisches Bier" erst seit 2001. Der Bundesgerichtshof verwies den Rechtsstreit an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) weiter (I ZR 69/04).

Ob die Bezeichnung "Bayerisches Bier" von 1994 an (Zeitpunkt des Antrags) oder erst ab 2001 (Zeitpunkt der Registrierung) geschützt sei, darüber habe der EuGH zu entscheiden, fanden die Bundesrichter. Wenn ersteres zutreffe, müsste die ältere Bezeichnung "Bayerisches Bier" gegenüber der jüngeren Marke "Bavaria Holland Beer" Vorrang haben.

Das gelte selbst dann, wenn, wie hier, die tatsächliche Herkunft des Bieres (Holland) angegeben werde, also die Verbraucher nicht über die Herkunft des Produkts getäuscht würden. Des weiteren sei vom EuGH zu klären, ob die deutschen Vorschriften zum Schutz geographischer Herkunftsangaben herangezogen werden könnten, falls der Eintrag der Bezeichnung "Bayerisches Bier" ins EU-Register unwirksam sein sollte.

Durch elektronische Fersendämpfung ...

... wird ein Laufschuh nicht zum Elektrogerät!

Der "letzte Schrei" im Sortiment eines bekannten deutschen Sportartikel-Herstellers ist ein Laufschuh, dessen Dämpfung sich beim Laufen automatisch dem Gewicht des Läufers und dem Untergrund anpasst. Ein Mini-Computer ändert den Härtegrad der Dämpfung mit einem Sensor, einem Magneten und einem motorbetriebenen Kabelsystem.

Deshalb war die zuständige Behörde - die Stiftung Elektro Altgeräte Register (EAR), Fürth, unter Fachaufsicht des Umweltbundesamts - der Ansicht, der Laufschuh sei als Elektrogerät (im Sinne des Elektro- und Elektronikgesetzes) anzusehen und gemäß dessen Vorschriften zu registrieren und zu entsorgen. Der Hersteller müsse die Schuhe zurücknehmen, als wären sie Elektroschrott.

Gegen dieses Ansinnen wehrte sich der Hersteller: Trotz aller technischen Finesse bleibe der Schuh ein Schuh, argumentierte er, schließlich könne man damit auch ohne das elektronische Steuerungssystem laufen. Ein Laufschuh mit einem elektronischen Bauteil sei nicht als Elektrogerät einzustufen, bestätigte das Bundesverwaltungsgericht (7 C 43.07).

Das Gesetz gelte nur für bestimmte Elektrogeräte, die im Gesetz festgelegt seien (Haushaltsgeräte, Geräte der Unterhaltungselektronik, Informations- und Telekommunikationstechnik, Elektrische Werkzeuge, Beleuchtungskörper, Sportgeräte). Sportschuhe gehörten keiner dieser Kategorien an. Sie stellten keine "Sportgeräte" dar, sondern zählten zur Bekleidung.

Einwandfreie und doch "funktionsuntaugliche" Heizung ...

Haftet der Installateur für unzureichende Vorleistungen eines anderen Unternehmens?

Das Forsthaus war nicht an das öffentliche Stromnetz angeschlossen. Der Eigentümer beauftragte 2002 einen Unternehmer mit dem Bau eines Blockheizkraftwerks, um das Haus mit Strom und Wärme zu versorgen. Ein Installateur baute eine Heizungsanlage ein und schloss die Anlage an das Kraftwerk an. Dennoch wurde es im Haus nicht richtig warm, denn die Sache hatte einen Haken: Wegen des geringen Strombedarfs des Gebäudes produzierte das Kraftwerk zu wenig Abwärme für die Heizung.

Der Auftraggeber sah darin einen Mangel der Heizungsanlage, trat vom Vertrag mit dem Installateur zurück und verlangte den bereits gezahlten Teil des Werklohns zurück (19.280 Euro). Dagegen hielt der Heizungsbauer seine Leistung für einwandfrei: Mit mit einer anderen Wärmequelle würde die Heizung ja funktionieren, argumentierte er. Er klagte den restlichen Werklohn ein (ca. 10.000 Euro). Das Oberlandesgericht gab dem Handwerker Recht, doch der Bundesgerichtshof hob das Urteil auf und verwies den Rechtsstreit zurück (VII ZR 183/05).

Ob die Arbeit des Installateurs der vereinbarten Beschaffenheit entspreche oder nicht, hänge vor allem davon ab, welche Funktion die Anlage erfüllen sollte, so die Bundesrichter. Demnach sei die Heizungsanlage mangelhaft, weil sie den vereinbarten Zweck nicht erfülle, das Haus ausreichend zu beheizen.

Dass die Heizung schlecht funktioniere, sei zwar auf die unzulängliche Vorleistung eines anderen Unternehmers zurückzuführen. Das befreie den Handwerker aber nicht automatisch von der Haftung für den Mangel: Es komme wesentlich darauf an, ob der Installateur hätte feststellen können, dass das Kraftwerk zu wenig Wärme für die Heizung produzierte.

Wenn er als Fachunternehmer erkennen musste, dass die Vorarbeit nicht für den vorgesehenen Zweck taugte, hafte er für das Nichtfunktionieren der Heizungsanlage. Dann müsse er den Werklohn zurückzahlen bzw. Schadenersatz in gleicher Höhe leisten. Der Auftragnehmer müsse vor Beginn seiner Arbeit die Vorleistungen prüfen und den Auftraggeber, wenn nötig, auf Mängel hinweisen. Habe er diese Pflicht erfüllt, sei er von der Haftung befreit. Das müsse der Handwerker nachweisen.

"Durchrostgarantie"

Mercedes darf die Garantie an regelmäßige Inspektionen in Vertragswerkstätten knüpfen

2002 kaufte ein Mann einen gebrauchten Mercedes (S-Klasse). Die Wartungsdienste ließ er nicht von einer Mercedes-Benz-Werkstatt, sondern von einem anderen Kfz-Meisterbetrieb durchführen. Nach einigen Jahren war die Heckklappe durchgerostet. Der Mercedes-Besitzer wandte sich an den Hersteller und pochte auf das Langzeit-Garantiepaket "mobilo-life", das in solchen Fällen eine kostenlose Reparatur vorsieht.

Doch das Unternehmen verwies auf seine Garantiebedingungen. Die Durchrostgarantie sei an die Bedingung geknüpft, dass die "Wartungsdienste nach Herstellervorgaben in Mercedes-Benz-Werkstätten ausgeführt werden". Das sei zulässig, urteilte der Bundesgerichtshof, der über die Klage des Autofahrers auf kostenlose Reparatur zu entscheiden hatte (VIII ZR 187/06).

Die einschlägige Klausel benachteilige die Kunden nicht unangemessen. Das Unternehmen biete dem Kunden mit der langfristigen "mobilo-life"-Garantie gegen Durchrostung eine zusätzliche Leistung an - um mit diesem Qualitätsmerkmal den Absatz zu fördern - und mache diese Garantie von einer Gegenleistung des Kunden abhängig. Mit dem Garantie-Angebot verfolge der Fahrzeughersteller auch das Ziel, Mercedes-Kunden langfristig an das Vertragswerkstättennetz zu binden. Das sei legitim.

Maler verunreinigt Trinkwasser

Ist die Schadenshöhe nicht abschließend zu beziffern, ist eine Feststellungsklage zulässig

Beim Bau eines Einfamilienhauses unterlief dem Malerunternehmen ein folgenschweres Missgeschick: Die verwendete Farbe ("Mixol Nr. 8 grün") landete in einem Trinkwasserbrunnen und kontaminierte das Trinkwasser. Aus neu installierten Wasserhähnen sprudelte nur noch eine schäumende, grün gefärbte Flüssigkeit.

Der Bauherr verlangte vom Maler Schadenersatz und wollte darüber hinaus festgestellt wissen, dass das Handwerksunternehmen dazu verpflichtet sei, den künftig noch entstehenden Schaden zu ersetzen (= "Feststellungsklage"). Während das OLG diese Feststellung für überflüssig hielt, erklärte der Bundesgerichtshof den Antrag für zulässig (VI ZR 53/07).

Der Sachverständige hatte dargelegt, dass man zumindest Teilbereiche des Leitungssystems austauschen und anschließend die Wasserleitungen spülen müsse. Danach könnte möglicherweise das Wasserleitungssystem wieder funktionieren. Endgültig beurteilen könne man dies aber erst im Nachhinein.

Damit stand für die Bundesrichter fest, dass die Kosten der Schadensbeseitigung noch nicht abzuschätzen waren. Zudem stehe noch nicht fest, für welche Zeit der Bauherr eine Ersatzwohnung finanzieren müsse. Daher sei die Feststellungsklage des Bauherrn zulässig. Das sei immer dann der Fall, wenn Ungewissheit über die Mängel bzw. die aus ihnen folgenden Schäden herrsche und deshalb die Schadenshöhe nicht abschließend zu beziffern sei.

Sturz in offenen Pumpenschacht

Haftet ein Handwerker nach beendeter Arbeit für die Sicherheit am Bau?

Der Mitarbeiter eines Facility-Management-Unternehmens wollte im Hausanschlussraum eines Neubaus den Bauwasserzähler ablesen. Dabei stürzte er in einen Pumpenschacht und verletzte sich schwer. Offensichtlich war der Schacht nicht ausreichend gesichert. Vom Heizungsfachbetrieb, der die Pumpe eingebaut hatte, forderte der Verunglückte Schadenersatz und Schmerzensgeld.

Der Installateur versicherte, er habe den Schacht ordnungsgemäß abgedeckt: Die Abdeckung sei wohl von anderen Handwerkern entfernt worden, die nach ihm im Hausanschlussraum gearbeitet hätten. Dafür hafte der Heizungsinstallateur nicht, entschied das Oberlandesgericht Nürnberg (13 U 1122/06).

Wie Zeugen bestätigten, habe der Installateur den Pumpenschacht mit einer Bohle zugedeckt. Das genüge vollauf, da der Hausanschlussraum im Prinzip abgeschlossen und nur für bauerfahrene Handwerker bzw. Arbeiter zugänglich gewesen sei. Wenn der Heizungsbauer seine Arbeiten (vorläufig) beendet habe, müsse er nicht dafür sorgen, dass andere Handwerker, die dort Folgearbeiten leisteten, anschließend den Schacht wieder abdeckten. Für deren Tun sei er nicht verantwortlich.

Baubehörde verbot Zimmereibetrieb

Unternehmer spiegelt andere, zulässige Nutzung einer Halle vor

Eigentlich wollte der Unternehmer in dem Wohngebiet eine Zimmerei aufmachen. Er hatte bereits eine Produktionshalle im Auge, wo er Bauholz und Holzwerkstoffplatten mit einer mobilen Bandsäge zuschneiden und verzimmern wollte. Bei der Baubehörde beantragte er, die Nutzungsänderung für die Halle zu genehmigen. Die Erlaubnis wurde ihm von den kommunalen Beamten verweigert, weil sich so ein Unternehmen "nicht in die nähere Umgebung einfüge".

Darauf reagierte der Unternehmer sehr flexibel und beantragte eine Baugenehmigung für eine Produktionshalle für Holz- und Lehmbau. Für "ökologisches Bauen" sollten nun Holz- und Lehmwerkstoffe gesägt und verarbeitet werden. Der Begriff "Zimmerei" tauchte in dem Antrag nicht mehr auf.

Mit dieser Wendung hatte der Unternehmer kurzfristig Erfolg und erhielt die Genehmigung. Doch sie wurde von einem Nachbarn angefochten, der sich vor Gericht durchsetzte. Die Baugenehmigung sei schon deshalb rechtswidrig, weil sie inhaltlich unbestimmt sei, erklärte das Oberverwaltungsgericht Münster (10 A 4372/05).

Weder aus dem Bauschein, noch aus den Bauvorlagen seien Inhalt, Reichweite und Umfang der genehmigten gewerblichen Tätigkeit in der Halle eindeutig zu erkennen. Welche Maschinen und Apparate zum Einsatz kommen würden und welcher Geräuschpegel dadurch entstehen könnte, bleibe offen.

Hier handle es sich offenkundig um Etikettenschwindel - um den Versuch, eine als rechtswidrig untersagte Nutzung der Halle unverändert, aber unter neuem Namen doch noch genehmigen zu lassen.

"Gütesiegel" einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ...

... für Unternehmen erweist sich als falsch: 1 Million Euro Schadenersatz

2004 prüfte eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft den Jahresabschluss einer GmbH. Die Prüfer fanden alles in Ordnung und sagten voraus, das Unternehmen werde sich im kommenden Jahr weiterhin positiv entwickeln. Das erwies sich schon wenige Monate später als verhängnisvoller Irrtum: Die GmbH musste Insolvenz anmelden.

Nun verklagte der Insolvenzverwalter die Wirtschaftsprüfer auf Schadenersatz: Sie hätten schlampig gearbeitet und so großen Schaden angerichtet. Denn bei korrekter Prüfung wäre die desolate Finanzsituation des Unternehmens viel früher erkannt worden. Dann hätte es nicht weitere Verbindlichkeiten in Millionenhöhe angehäuft. Das Landgericht München I prüfte die Prüfer und kam ebenfalls zu dem Ergebnis, dass sie ihre Pflichten sträflich vernachlässigt hatten (14 O 8038/06).

Dass die Finanzlage des verschuldeten Unternehmens bedrohlich war, könne man schon den Zahlen des Jahresabschlusses selbst entnehmen. Darüber hinaus sei den Prüfern entgangen, dass zwölf Prozent der Bilanzsumme (angeblich ein Wert von 2,2 Millionen Euro) aus "Patenten" bestanden, die nichts wert waren. Dabei handelte es sich nur um Patentanmeldungen (technisch weitgehend ohne Neuheitswert und entsprechend geringer Chance, tatsächlich ein Patent zu erhalten).

Das hätten die Prüfer anhand des "Patent"-Kaufvertrags und einer kurzen Internet-Recherche leicht klären können, so das Landgericht. Dann hätten sie statt des ausgewiesenen Gewinns von 475.000 Euro einen Verlust von einer Million Euro festgestellt. Da die Wirtschaftsprüfer die wirtschaftliche Lage der GmbH dramatisch falsch einschätzten und ihre Pflichten als Abschlussprüfer erheblich verletzten, müssten sie für den dadurch verursachten finanziellen Verlust einstehen - bis zur gesetzlichen Höchstgrenze von einer Million Euro. (Die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.)

Missratener Grabstein

Käuferin will vom Kauf der Extra-Anfertigung zurücktreten

Nachdem ihr Ehemann gestorben war, bestellte die Witwe beim Steinmetz ein Grabmal. Sie wählte aus einem Katalog einen Grabstein für 5.360 Euro aus und zahlte 2.500 Euro an. Doch der Doppelgrabstein erwies sich als zu breit für das Familiengrab. Die Maße wurden angepasst, der extra angefertigte Grabstein aufgestellt.

Drei Monate später erklärte die Witwe dem Steinmetz, sie trete vom Kauf zurück. Denn der Grabstein sei zu schmal, eine Rille unansehnlich ausgeführt, der rechte Arm des eingemeißelten Kreuzes einen Zentimeter zu kurz und der Stein zu gelb. Zudem wirke die Grabeinfassung zu kurz. Da sich der Handwerksbetrieb weigerte, das Geschäft rückgängig zu machen, traf man sich vor Gericht wieder.

Das Landgericht München I entschied den Streit zu Gunsten des Handwerkers (31 S 3833/07). Da das im Katalog abgebildete Muster zu breit war und andere Maße gewählt werden mussten, änderten sich dadurch naturgemäß bei der handwerklichen Ausführung des Grabsteins auch die Proportionen. Das verstehe sich eigentlich von selbst, betonte das Gericht. Es sei auch allgemein bekannt, dass natürliches Material nicht einheitlich gefärbt sei.

Auch wenn sich die Käuferin den Grabstein vielleicht anders vorgestellt habe: Die Ausführung weiche nicht wesentlich von der Beschaffenheit ab, die sie mit dem Steinmetz vereinbart habe. Dass der Witwe nun der Grabstein nicht gefalle, stelle keinen Mangel der Ware dar, der einen Rücktritt vom Kaufvertrag rechtfertigte.

Musikstücke illegal "aus dem Netz" geladen

Computerbesitzer wird von Musikfirma verklagt: keine Überwachungspflicht

Plattenfirmen geht eine Unmenge Geld verloren, weil sich Computerbesitzer Audiodateien im mp3-Format kostenlos aus dem Internet herunterladen - anstatt CDs oder Platten zu kaufen. Um hier gegenzusteuern, zetteln sie so viele Prozesse wie möglich gegen die Sünder wider das Urheberrecht an. Einer davon hatte Glück und wurde Ende 2007 frei gesprochen.

Die Musikfirma hatte dem Mann vorgeworfen, im September 2006 Musiktitel der Künstlergruppe A heruntergeladen und illegal ins Internet gestellt zu haben. Man habe die Gruppe A unter Vertrag, somit habe der Computernutzer die Verwertungsrechte der Musikfirma verletzt. Zum Zeitpunkt des Downloads sei seinem Computer die IP-Adresse zugeteilt gewesen, unter der die Dateien geladen wurden. Die Musikfirma erstattete Strafanzeige und klagte obendrein vor dem Zivilgericht auf Unterlassung.

Der Computerbesitzer behauptete, weder er noch ein Familienangehöriger habe Songs der Gruppe A heruntergeladen. Alle seien am fraglichen Tag in der Arbeit oder in der Schule gewesen. Zudem sei sein Internetzugang durch ein eigenes Passwort geschützt. Seine Töchter habe er eindringlich vor Urheberrechtsverletzungen im Internet gewarnt. Das konnte nicht widerlegt werden, daher verlor die Musikfirma den Prozess.

Dass der Familienvater selbst gegen das Urheberrecht verstoßen habe, stehe nicht fest, so das Oberlandesgericht Frankfurt (11 W 58/07). Ebenso wenig sei belegt, dass er dem Täter seinen Computer bzw. Internetzugang zur Verfügung gestellt habe. Generell gelte: Wenn jemand seinen Internetanschluss anderen Personen überlasse, sei er nur dann zu Kontrolle verpflichtet, wenn es konkrete Anhaltspunkte für illegale Aktivitäten gebe.

Ein Familienvater müsse nicht überwachen, was die Familienmitglieder am PC und im Internet anstellten - es sei denn, sie hätten schon Dateien illegal vervielfältigt oder ihre Absicht dazu angekündigt. Er dürfe im Normalfall auch darauf vertrauen, dass erwachsenen Familienmitgliedern bekannt sei, dass sie nicht gegen das Urheberrecht verstoßen dürften. Unwiderlegt habe der Vater vorgetragen, seine minderjährige Tochter darüber informiert zu haben.

Letzter (?) Akt des Dramas "Greenpeace contra Müller"

Umweltschützer dürfen Milchprodukte von Müller als "Gen-Milch" bezeichnen

In einer Vielzahl von Publikationen und öffentlichkeitswirksamen Aktionen hat die Umweltorganisation Greenpeace in den Jahren 2004/05 Milch- und Molkereiprodukte der Theo Müller GmbH & Co. KG (Marken "Müller", "Weihenstephan", "Sachsenmilch") als "Gen-Milch" kritisiert. Hintergrund: Das Molkereiunternehmen verwendet Milch von Kühen, die mit gentechnisch manipuliertem Futter gefüttert werden. Die Molkereiprodukte selbst sind nicht gentechnisch verändert.

Müller setzte beim Landgericht durch, dass Greenpeace die Verwendung des wenig schmeichelhaften Begriffs "Gen-Milch" verboten wurde. Das Oberlandesgericht hob das Verbot wieder auf. Auch der Bundesgerichtshof fand, das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung überwiege hier die Interessen des Unternehmens (VI ZR 7/07).

Die Bezeichnung "Gen-Milch" bringe - als Obertitel einer Greenpeace-Kampagne - plakativ die Kritik der Umweltorganisation an der Gen-Technik zum Ausdruck. Die Umweltschützer forderten seit langem, dass Produkte als gentechnisch verändert gekennzeichnet werden müssten - und zwar auch dann, wenn die Gentechnik nur am Anfang der Nahrungskette eingesetzt werde.

Ob genmanipulierte DNA aus Futtermitteln in Milch und Milchprodukte übergehen könne, sei nach wie vor wissenschaftlich umstritten. Dennoch enthalte der Begriff "Gen-Milch" einen wahren Kern. Immerhin werde im Rahmen des Produktionsprozesses ein Verfahren zur gentechnischen Veränderung angewandt.

Schwarzarbeit am Bau

BGH: Trotzdem kann der Bauherr bei Pfusch Schadenersatz verlangen

Leistet ein Schwarzarbeiter schlechte Arbeit, haftet er trotz der unzulässigen "Ohne-Rechnung-Abrede" für Mängel, entschied der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil.

In zwei Fällen führte Schwarzarbeit zu doppeltem Ärger. Der erste Fall: Eine schwarz abgedichtete Terrasse war nicht wirklich dicht. Das belegte nach einem Wolkenbruch ein Wasserschaden in der Einliegerwohnung unter der Terrasse. Der zweite Fall: Nach Vermessungsarbeiten für einen Neubau, die ebenfalls "ohne Rechnung" ausgeführt wurden, standen Einfamilienhaus und Carport an der falschen Stelle.

Die Bauherren verlangten Schadenersatz für den Pfusch am Bau, während die Auftragnehmer jede Gewährleistung mit dem Argument ablehnten, ihre Vereinbarung mit dem Auftraggeber sei gesetzeswidrig und damit nichtig gewesen. Aus dieser Vereinbarung könnten die Auftraggeber keinen Anspruch auf Gewährleistung ableiten. So sahen es auch die Gerichte: Steuerhinterziehung dürfe nicht begünstigt werden.

Erst beim Bundesgerichtshof bekamen die Bauherren Recht (VII ZR 42/07 und VII ZR 140/07). Er hob die Urteile der Vorinstanzen auf. Schwarzarbeiter dürften sich nicht auf die Unwirksamkeit des Vertrags berufen, erklärten die Bundesrichter. Es verstoße gegen das Prinzip von Treu und Glauben, erst Schwarzarbeit zu vereinbaren und anschließend darauf zu pochen, wegen der "Ohne-Rechnung-Abrede" für mangelhafte Leistungen nicht gewährleistungspflichtig zu sein.

Unsicheres "Einscheibensicherheitsglas"

Spezialfirma muss den Auftraggeber über die Möglichkeit von "Spontanbrüchen" informieren

Im Auftrag einer Immobiliengesellschaft heuerte der Bauunternehmer für ein Bauprojekt eine Spezialfirma an, die ein Stahl-Glas-Dach und eine Stahl-Glas-Fassade errichtete. Gemäß dem Leistungsverzeichnis der Auftraggeberin verwendete das Handwerksunternehmen Einscheibensicherheitsglas (ESG). Nach der Abnahme brachen einige Glasscheiben durch Nickelsulfid-Einschlüsse - die bei der Produktion unvermeidlich durch minimale Schmutzpartikel entstehen - "spontan", d.h. ohne Einwirkung von außen.

Die Immobiliengesellschaft beauftragte einen Sachverständigen, die Ursache herauszufinden, und verlangte anschließend vom Fassadenbauer Ersatz für die Gutachterkosten (850 Euro). Das Handwerksunternehmen lehnte dies ab: Seine Arbeit sei einwandfrei. Hier liege kein Mangel vor, weil Spontanbrüche in ESG-Glas nicht vollständig auszuschließen seien. Das sei "in Fachkreisen allgemein bekannt". Da die Auftraggeberin selbst verlangt habe, ESG-Glas einzubauen, habe sie damit auch das Restrisiko in Kauf genommen.

Diese Argumentation überzeugte das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart nicht (4 U 23/07). Zutreffend sei, so das OLG, dass dem Material dieses geringe Restrisiko (im Promillebereich) anhafte. Dieser Nachteil sei nach gegenwärtigem Stand von Wissenschaft und Technik trotz aller Qualitätskontrollen und Tests nicht vermeidbar. Für die gebrochenen Scheiben sei zwar der Auftraggeber verantwortlich, wenn er so ein Material vorschreibe - aber nur in gewissen Grenzen. Ein Auftragnehmer mit speziellen Kenntnissen müsse Anordnungen des Bauherrn oder seines Generalunternehmers prüfen und diesen auf Risiken hinweisen.

Auf eigene Fachkunde der Auftraggeberin (bzw. des Generalunternehmers) habe sich der Fassadenbauer nicht verlassen dürfen. Was "in Fachkreisen" bekannt sei, wisse nicht zwangsläufig auch jeder Bauunternehmer. Über besondere Eigenschaften bestimmter Glasarten wüssten in der Regel nur Spezialisten Bescheid. Daher hätte das - auf Fassaden- und Dachverglasungen spezialisierte - Handwerksunternehmen im Zweifel Bedenken gegen das vorgeschriebene Material anmelden und die Auftraggeberin über die Bruchgefahr informieren müssen. Da er das versäumte, müsse der Fassadenbauer zwei Drittel der Kosten tragen.